Imperialismus heute, Fortsetzung Jänner 2022

ZERSTÖRUNG UND CHAOS ALLERORTEN

Die Frage der letzten Überschrift zum Imperialismus hat sich beantwortet: Auch wenn der „System Change“ nicht hinhaut, so werden die bewährten Methoden zur Destabilisierung ungeliebter „Regimes“ weiterhin eingesetzt und von den Medien beklatscht, auch wenn keinerlei neue stabile, geschweige denn demokratische Herrschaft dabei herauskommt.

Die leeren Worthülsen „Demokratie“, „Meinungsfreiheit“, „Unzufriedenheit“, „Unterdrückung“, „autoritär“, usw. werden weiterhin eingesetzt, aber die Möchtegern-Meinungsmacher haben sich aller Illusionen begeben, daß das beste aller Systeme weiter exportiert werden kann.

Hauptsache, mißliebige Staaten haben Probleme, es gibt dort Tote, Verletzte und wirtschaftliche Schäden, dann fühlt sich der westliche Journalist so richtig wohl.

Ruhig geworden ist es um die Türkei. Sie hat zwar in Libyen für den Westen die Kartoffeln aus dem Feuer geholt und den Einfluß anderer Staaten (Rußland, Ägypten, aber auch Frankreich) zurückgedrängt. In absehbarer Zeit werden sich allerdings ihre außenpolitischen Projekte nicht erfüllen, und die Wirtschaft leidet zusehends unter den militärischen Ambitionen, die schließlich durch die Wirtschaftsleistung finanziert werden müssen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Kreditfrage. Die Pläne der AKP in Sachen Rüstung, Einmischung in Konflikte und Einfluß in der islamischen Welt wurden eine Zeitlang durch den Kauf von Anleihen gestützt und dadurch erst ermöglicht. Aber aus verschiedenen Gründen scheinen diese zahlungskräftigen Freunde der Türkei abhanden gekommen zu sein und damit gerät ihr ganzes Finanzsystem ins Strudeln.

Von Syrien, dem Libanon, Ägypten, Tunesien, Libyen, dem Irak hört man wenig. Auch Afghanistan ist ziemlich abgemeldet, außer man will passende Textbausteine und Photos zu den Themen Unmenschlichkeit, Fanatismus und Frauenfeindlichkeit loswerden.

Für irgendwelche Winterlöcher oder saure-Gurken-Zeiten kann man auch noch über die Probleme von Leuten mit abweichender sexueller Orientierung berichten, da findet sich überall auf der Welt etwas.

Staaten an den Grenzen Rußlands werden aufgemischt und gleichzeitig darüber gezetert, daß dieses unglaublich aggressive Rußland sich da ungehörig einmischt.

Schließlich, nicht zu vergessen, beschäftigt gerade die EU-Staaten und ihre Medien die Energiefrage. Selber würde man gerne mehr als man hat, und vom Ausland importieren ist lästig, wenn man dieses Ausland gerne bekriegen oder doch fertigmachen würde.

Wobei man bei der Abhängigkeit von Importen nicht immer nur an Rußland denken sollte. Auch Nordafrika, die Flüssiggas-Exporteure oder die Ölstaaten sind aufgrund von Inflation, logistischen Problemen und politischer Rivalität keine verläßlichen Partner mehr.

So ungemütlich präsentiert sich das Panorama zu Jahreswechsel 2022.

Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 5.1.: Unruhen in Kasachstan

„WAS IST FÜR RUSSLAND UND DIE RUSSEN VON DEN UNRUHEN IN KASACHSTAN ZU ERWARTEN?
Dmitrij Steschin

1. Bisherige Bilanz

Kasachstan war bis gestern die stabilste und ruhigste Republik des „zentralasiatischen Südrands Rußlands“. Ein wirtschaftlich erfolgreiches Land, was nicht nur an Statistiken, Mindestlöhnen oder BIP gemessen werden kann und soll, sondern auch am relativ geringen Zustrom kasachischer Gastarbeiter. 2019 waren es nur 136 000, im Pandemiejahr 2020 weniger als halb so viele, nämlich 60 000 Personen. Im Vergleich dazu kommen Millionen aus Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan auf der Suche nach Arbeit nach Rußland.

Sowohl diplomatisch als auch wirtschaftlich ist Kasachstan sehr eng mit Rußland verbunden, beginnend mit dem 1992 unterzeichneten ersten Vertrag »über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe«. Im selben Jahr schloss Kasachstan einen Vertrag über kollektive Sicherheit und unterzeichnete ihn 2003 erneut, als er der OVKS (Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit) beitrat. Es ist Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion und hat gegenseitige Verpflichtungen in der militärisch-technischen und grenzüberschreitenden Wirtschaftszusammenarbeit übernommen. Mit Rußland verbindet Kasachstan auch der Weltraum – und dementsprechend Baikonur. Die russische Sprache hat den Status einer Amtssprache, 51 % der Bürger der Republik geben als Verkehrssprache Russisch an.

2. Was hat Rußland zu verlieren?

Geopolitisch und strategisch ist Kasachstan derzeit einer der zuverlässigsten Partner Rußlands im postsowjetischen Raum. Grob gesagt steht Kasachstan seit dem Zusammenbruch der UdSSR nicht auf der Liste der »bedrohten Sektoren«. Die sehr lange Grenze zwischen Rußland und Kasachstan – 7.500 Kilometer – wird in einigen Gebieten von Patrouillen bewacht, aber es gibt keine durchgehende »Sicherheitskette«, da an dieser Grenze bisher keine Gefahren für Rußland drohten.

Ab der Jahrtausendwende kam es zwar zu einem gewissen Aufleben der islamisch-extremistischen Salafisten. Doch die Behörden konnten dem wahhabitischen Treiben einen Riegel vorschieben. Dann begannen die Unruhen in Syrien und die aktivsten Mitglieder der Jamaat gingen in den Nahen Osten, wo ihre gewalttätigen wahhabitischen Köpfe auch blieben.

Was könnte im Falle eines gewaltsamen Regierungswechsels in Kasachstan geschehen?
Man betrachte das Beispiel Ägyptens 2011, als sich nach dem Sturz des säkularen Präsidenten Mubarak bei den ersten revolutionären Wahlen herausstellte, daß die einzige organisierte und strukturierte Kraft im Land die in Rußland verbotene Organisation der Muslimbruderschaft war. Sie gewannen diese Wahlen und setzten ihren Präsidenten in Kairo ein, der erst nach einem blutigen Gegenputsch 2013 abgesetzt werden konnte.
Natürlich ist das säkulare Kasachstan mit seinem »Steppen-Islam« nicht Ägypten, aber die Rute steht im Fenster. Ein gewaltsamer Machtwechsel in Kasachstan würde Rußland Kopfschmerzen bereiten. Man braucht nicht hoffen, daß ein »Post-Maidan-Kasachstan« weiterhin freundschaftliche Beziehungen zu Rußland pflegen würde – denn diese »Revolution« wurde nicht deshalb losgetreten.

Außerdem stellt Kasachstan die Haupt-Transitroute zu den übrigen ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens dar. Auf diesem Weg können sowohl Wahhabiten als auch Taliban nach Kasachstan kommen. Andererseits kann dieser Weg versperrt werden. Länder, deren Wirtschaft von Gastarbeitern in Rußland und deren Überweisungen abhängt, würden es schwer haben. Kein Regime in Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan würde Millionen arbeitsloser junger Männer mit hungernden Familien überstehen. Das gesamte postsowjetische Zentralasien könnte in Flammen aufgehen.“

Eine interessante Auskunft über den wirtschaftlichen Zustand Zentralasiens. Viele der dortigen Staaten bestehen anscheinend nur aufgrund des großen russischen Arbeitsmarktes.

„3. Wer schürt diese Unruhen?

Wie alle Länder, die sich im Zentrum von Handels- und Zivilisationsrouten befinden, hat Kasachstan Probleme aufgrund seiner Offenheit und seiner außenpolitischen Ablehnung eines starren Freund-Feind-Schemas.
Um das näher auszuführen: Seit 1995 sind verschiedene Soros-Organisationen in Kasachstan, die in 25 Jahren über 100 Millionen US-Dollar erhalten haben. Aber außer Soros gibt es noch andere ähnlich beschaffene Organisationen.
Man kann hier ein explosives Wachstum beobachten: 2003 waren es knapp 2000, 15 Jahre später schon 22.000 …
Nach Angaben des Ministers für soziale Entwicklung Darchan Kaletajev sind inzwischen in Kasachstan 53 internationale Organisationen, 30 ausländische Regierungsorganisationen, 77 ausländische NGOs und Stiftungen in Kasachstan tätig. 70 % aller Mittel kommen aus den USA.

Darüber hinaus befindet sich Kasachstan im Einflußbereich der Türkei und ihres großturanischen Entwurfes, die diesbezüglich auch nicht untätig ist.

Auch China verfolgt hier seine eigene Politik.

In Europa sitzt ein kasachischer »Reservepräsident«, der flüchtige Oligarch Muchtar Äbljasov. Und er befindet sich nicht nur dort, sondern ist auch politisch aktiv. Zumindest gelang es dem Oligarchen und seinen Ortskräften, nach dem Rücktritt Nasarbajews und der Wahl des neuen Präsidenten Tokajew, Ausschreitungen zu organisieren. Und jetzt können wir erkennen, es war ein »Spähtrupp für die Schlacht«, eine Art Probegalopp der Organisation von Aufruhr, von Koordinations- und Kommunikationskanälen. In Anbetracht der Tatsache, wie schnell sich die Unruhen in Kasachstan verbreiteten, waren hier Experten für »Farbrevolutionen« und Maidans als Brandbeschleuniger am Werk.

Alles verlief nach Drehbuch. Erstens, die wirtschaftlichen Forderungen, unbedeutend, leicht gelöst. Die Regierung macht Zugeständnisse, aber in Wirklichkeit gießt sie damit nur Öl ins Feuer. Per Apps wurden Flashmobs organisiert.
Die Behörden versuchen, Internetressourcen zu blockieren, aber mittels Anonymisierung und VPN läßt sich die Blockade umgehen, und über solche Programme verfügen natürlich alle.
Die Regierung macht erneut Zugeständnisse – und tritt zurück. Als Reaktion darauf – der Sturm von Regierungsgebäuden. Die Einführung einer »Ausgangssperre«, die nicht durchgesetzt und auch nicht befolgt wird, weil jeder begreift: Sie gilt nicht! Als Folge davon wurden Sicherheitskräfte geschlagen und entwaffnet.“

Die kasachische Regierung und die Sicherheitskräfte wurden offensichtlich von den Geschehnissen überrascht. Die Sache erinnert an den 2009 erfolgten Sturm auf das moldauische Parlament, das damals ziemlich zu Schaden kam.
Die „KP“ erinnert auch an den Maidan:

„Man erinnere sich an die Kiewer »Berkut«-Einheit, die 2014 den Maidan bereits ziemlich geräumt hatte und anstatt auch den Rest der Randalierer noch festzunehmen, dumm dastand und »auf den Befehl wartete«, der nie kam.“

Man merkt an diesen Vorkommnissen, wie verkehrt die hiesige Berichterstattung liegt, nach der in solchen Staaten „autoritäre Regimes“ „mit harter Hand“ ihr Volk unterdrücken. Man merkt aber auch den Unterschied in der Berichterstattung seit dem Maidan 2014. Vorher, siehe Moldawien, wurden solche gewalttätigen Demonstrationen im Einflußbereich Rußlands doch etwas unsicher kommentiert, weil hierzulande würde man dergleichen nicht dulden.
Inzwischen ist durchgesetzt: Alles, was Rußland schadet, ist gut, und bei rußlandfreundlichen „Regimes“ dürfen Polizisten auch geschlagen oder umgebracht werden, weil die sind ja nur Diktatorenknechte.

„Jetzt ist das Internet voll von vorgefertigten Propagandaplakaten und Memos an die Rebellen. Bei den Aufrührern werden bislang keine Organisationsstrukturen und offiziellen Sprachrohre präsentiert – damit die Behörden nicht wie in Weißrußland aufräumen. Lediglich vernetzte, virtuelle Strukturen, die in mühseliger Handarbeit aufgeräumt werden müssen, funktionieren – die belarussischen Spezialdienste sind bereits im zweiten Jahr damit beschäftigt, ein Ende ist nicht in Sicht.“

Es handelt sich offenbar um das Aufspüren von Personen, das Beschlagnehmen von Handys und deren Auswertung, was mit „Handarbeit“ angesprochen ist.
Die Kontrolle über das Internet scheint in Kasachstan oder Weißrußland nicht gegeben zu sein, vermutlich anderswo auch nicht – die betroffenen Staaten müßten das gesamte Mobilfunknetz abschalten, um die Organisation von Demos oder Gangs zu unterbinden.

„Die Aufständischen haben ganz unterschiedliche Parolen – vom anzustrebenden »westlichen Weg« Kasachstans über Polygamie bis hin zur Scharia. Es gibt noch kein einziges Ziel, es wurde nicht identifiziert – damit jeder in dieser »Saxaul-Revolution«[1] etwas Eigenes, Schmerzhaftes sieht. So wird der Massencharakter der »Straße« mit Hilfe von »Soft Power«-Technologien erreicht. Und das Endergebnis kommt später. Es ist gewöhnlich immer das Gleiche. Die Aufhebung der souveränen Regierung, eine von außen eingesetzte Verwaltung und schließlich in der Regel die Bildung einer antirussischen politischen Stoßrichtung. Das Testwort ist »anti-russisch«. Damit kann man sich definieren und zuordnen.

4. Was wird aus den Russen Kasachstans?

Die (nach der Ukraine) größte russischsprachige Gemeinschaft der Welt – 3,5 Millionen Menschen – lebt auf dem Territorium Kasachstans. Im Jahr 2019 reiste ich fast einen Monat lang durch Kasachstan und versuchte, die Situation meiner Landsleute zu verstehen (siehe in KP.RU »Wie Kasachstan Russen verliert«). Die Behörden postsowjetischer Republiken mögen es nicht sehr, wenn sich Journalisten mit solchen Themen befassen. Mehrere russische Kollegen, die sich für das Schicksal der Russen in Kasachstan interessierten, wurden bereits abgeschoben. Das war mir bekannt und deshalb kontaktierte ich die örtlichen Behörden einfach nicht, sodaß die jeweiligen örtlichen Sonderdienste mir erst dann auf die Spur kamen (sie begannen, mich in einem fort zu Besprechungen einzuladen), als ich bereits die Grenze zu Rußland überquert hatte. Die einheimischen Russen hatten mich nicht verraten.

Natürlich gibt es in Kasachstan keinen offensichtlichen Völkermord an den Russen. Es gibt so einen leichten Druck in allen Richtungen. Wie sieht es aus? Einmal in der Nacht wurden 50 Straßen umbenannt und die »nicht einheimischen« Namen von den Schildern entfernt. Und nicht nur Straßen! Jemand wurde geboren und ist aufgewachsen in Semipalatinsk und wacht eines Tages auf in Semei. Er baute Zelinograd, und daraus wurde Nur-Sultan[2]. Er arbeitete in Gurjew, landete in Atyrau.

Dann wieder wurde der Russischunterricht in der Schule von einem Tag auf den anderen und ohne Vorankündigung auf eine Stunde pro Woche beschränkt. Russen lesen all diese Zeichen und verstehen sie gut und stimmen daher mit den Füßen ab. Die Abwanderung ist stabil – nur aus dem Nordosten Kasachstans übersiedeln jährlich 50 Tausend Menschen nach Rußland. An ihre Stelle bürgern die Behörden »Oralmanen«[3] ein – ethnische Kasachen aus Nachbarländern. Sie erhalten Unterkunft und Sozialleistungen. Ihre Unfähigkeit, sich dem Stadtleben anzupassen, ist das Hauptthema von Witzen, die sowohl von russischen als auch von »städtischen« Kasachen erzählt werden. Dafür ermöglicht der Zustrom der Oralmanen den Behörden Berichte, daß es jetzt in manchen Ortschaften 41% Kasachen und nur 40% Russen gibt.

Was habe ich während dieser Reise gelernt? Es gibt eine russische Gemeinschaft (zu ihr werden traditionell auch Ukrainer, Weißrussen, Tataren und Deutsche gezählt), aber sie hat keine soziale und politische Vertretung. Im besten Fall ein Folklore-Ensemble im Kulturpalast. Auch Rußland hat in 30 Jahren kein deutliches Interesse gezeigt, sie als einheitliche Gruppe anzuerkennen und zu unterstützen. Die meisten Russen sitzen auf gepackten Koffern. Sozialer Aufstieg für Russen ist nur möglich, wenn Sie Ihre Identität ändern, das heißt, kasachischer werden als die Kasachen selbst. Und auch dieser Aufstieg führt bestenfalls bis in die vorletzte Etage, auf die Ebene des »ersten Stellvertreters“, der die ganze Arbeit macht.

Ein anderer gängiger Satz ist: »Unsere Kinder haben hier keine Zukunft«. Alle diese grundlegenden Kriterien der Auswanderung wurden mir von den Russen selbst mitgeteilt. Irgendwie erscheint mir: Dieses Jahr wird einen Rekord der Auswanderung aus Kasachstan nach Rußland bringen.

5. Ist Einmischung angesagt?

Kasachstan ist Mitglied der OVKS (Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit). Laut Verordnung müssen sich die OVKS-Mitgliedstaaten gegenseitig schützen. Allerdings mit Vorbehalt: »Aufgabe der OVKS ist der Schutz der territorialen und wirtschaftlichen Einheit der am Vertrag teilnehmenden Länder durch gemeinsame Anstrengungen von Armeen und Hilfstruppen, vor jeglichen externen militärischen und politischen Aggressoren, internationalen Terroristen sowie vor Naturkatastrophen großen Ausmaßes.«

Bislang sind auf den Straßen Kasachstans keine Aggressoren und »internationalen Terroristen« wahrnehmbar. Es gebe nur ein »professionell aufgemischtes Volk«. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Zeilen haben die kasachischen Behörden die OVKS nicht um Hilfe gebeten, der Kollektive Sicherheitsrat der OVKS ist nicht zusammengetreten. Vielleicht glaubt Kasachstan noch, daß es die Turbulenzen aus eigener Kraft bewältigen wird. Wir in Rußland werden es auch glauben.“

Klingt nicht sehr überzeugt.

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INFORMATION DER KP:

Das Territorium Kasachstans umfaßt 2 Millionen 724 900 Quadratkilometer. Am 01.12. 2017 betrug die Bevölkerung 18 Millionen 137 300 Menschen. Laut der Verfassung, die am 30. August 1995 in einem Referendum angenommen wurde, ist Kasachstan ein zentralisierter Staat mit einer präsidentiellen Regierungsform. Sie bekräftigt Kasachstan als demokratischen, säkularen und sozialen Rechtsstaat. Der Präsident der Republik Kasachstan ist das Staatsoberhaupt, ihr oberster Beamter und wird für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt.

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[1] Das Saxaul ist ein in Kasachstan heimisches Wüstengewächs, das anscheinend von manchen Akteuren der Unruhen als Symbolpflanze für die jetzige „Bewegung“ eingesetzt wird, ähnlich wie „Jasmin“ 2011 in Tunesien, „Rosen“ 2003 in Georgien oder „Tulpen“ 2010 in Kirgisistan. Vielleicht wurde das Gewächs ausgewählt, weil es so sexy klingt.
Man merkt die Absicht: Diese Mobs oder Bewegungen sollen einen ähnlichen Nimbus bekommen wie die portugiesische Nelkenrevolution 1994, die das Ende der vom Westen unterstützten Diktatur einläutete. Gewalttätige Typen mit Schlagstöcken, die auf Sicherheitskräfte losgehen, werden mit Leuten gleichgesetzt, die den Soldaten Blumen in die Gewehrläufe steckten.

[2] Die Hauptstadt Kasachstans hat in den letzten 100 Jahren mehrmals ihren Namen gewechselt. Erst seit 3 Jahren heißt sie Nur-Sultan, zu Ehren Nasarbajews. Unter ihrem ältesten Namen Akmolinsk war sie ein Zentrum der Deportation in den 30-er Jahren.
Diese Deportationen nach Kasachstan sind einer der Gründe, warum so viele Russen dort leben. Ihre Vorfahren kamen nicht freiwillig hierher.

[3] Oralman heißt „Rückkehrer“. Kasachstan wirbt mit materiellen Anreizen Bürger anderer Staaten ab, man erinnere sich an die russischen „Aussiedler“ der 80-er und 90-er Jahre.
Ähnlich wie diese haben diese „Zurückgeholten“ aus China, Usbekistan, Turkmenistan, Rußland, der Mongolei, sogar dem Iran größere Schwierigkeiten, sich in ihrer neuen „Heimat“ zurechtzufinden.

Pressespiegel El País, 18.12.: Die Erhöhung der Gaspreise führt zu einer Renaissance der Kohle

DIE KRISE VERLEIHT DER KOHLE EIN GEFÄHRLICHES ZWEITES LEBEN

„Die Energiekrise, die wir erleben, hat ebenso unerfreuliche wie schwer akzeptierbare Auswege eröffnet. Die Kohle, die seit Jahren zum Verschwinden verdammt zu sein scheint, um die Klimakrise nicht eskalieren zu lassen, ist im Begriff, das Jahr 2021 mit Rekordzahlen zu beschließen.“

Alles sehr komisch ausgedrückt.
Spanien hat seinen Kohle-Bergbau sehr zurückgefahren und ist deshalb von Energie-Importen extrem abhängig geworden. In diesem Artikel wird die Festlegung auf das Kyoto-Protokoll, die Verminderung von CO2-Emissionen als Methode zur Bekämpfung der Erderwärmung als eine Art Natur-Ereignis, sogar eine übernatürliche Kraft besprochen, der sich die Kohle sozusagen als ungehöriges Subjekt widersetzt. Die wirklichen Subjekte der Energiegewinnung, Energiepolitik und auch deren Kalkulationen kommen zwischen diesen Geistersubjekten gar nicht mehr vor.

„Der allgemeine Preisanstieg aller fossilen Energieträger – insbesondere von Gas, ihrem natürlichen Erbe im Stromsystem – hat einen brutalen Preisanstieg und ein wiederbelebtes Interesse an Kohle in verschiedenen Teilen der Erde verursacht. In kurzer Zeit ist sie aus der rhetorischen Ächtung entkommen und an vorderster Front wieder aufgetaucht.“

Die Kohle, ein schlauer und listiger Kämpfer!
Es ist wirklich bemerkenswert, wie eine Zeitung, die im Grunde seit ihren Anfängen auf ihr intellektuelles Niveau Wert legt, in ausgesprochen kindischer Weise und auch noch mit großem Schwung einen Rohstoff zum Subjekt kürt.

„Der Trend, zu dem auch auf der Nordhalbkugel ein besonders kalter Start in die kalte Jahreszeit mit niedrigeren Temperaturen als üblich beiträgt, wird kurzfristig sein: Der Vormarsch der erneuerbaren Energien ist nicht aufzuhalten und der Rückzug (= der Abschied von) der Kohle bleibt mittelfristig gültig.“

Na sowas, entgegen allen Erwartungen kommt der Winter!
Der übrigens weder besonders früh kam noch besonders kalt ist – es sei denn, man stellt an den Klimawandel den Anspruch, diese Jahreszeit sollte später und kürzer ausfallen.

„Der temporäre Boom könnte nicht gefährlicher und unpassender sein, denn der Erfolg der Energiewende wird zu einem großen Teil daran gemessen, dass die Kohle so schnell wie möglich aus der Energieerzeugung verschwindet.
»Die Kohle füllt die Lücke, die das Erdgas wegen Lieferschwierigkeiten und Preiserhöhungen hinterläßt“, meint Samantha Gross, Chefin der Abteilung für Energie und Klimawandel bei der Brookings Institution, eines der führenden Think Tanks der USA. Sie schließt jedoch aus, daß diese Situation länger andauert. »Die Gaslieferungen und die Windenergie werden wieder zunehmen, und die Preise werden sich normalisieren«, so ihre Prophezeiung. »Es handelt sich um eine zeitlich begrenzte Wiederbelebung der Kohle.«“

Man merkt hier beim Zitieren der Expertin aus Übersee das fast beschwörende Wunschdenken, daß doch die vielerorts beschworene Energiewende stattfinden möge, obwohl die Zeichen dafür offensichtlich schlecht stehen.

„Das Bild dieser unerwarteten Auferstehung setzt sich aus vielen einzelnen Faktoren zusammen. (…) Erstens: Der Kohleverbrauch wird in den USA heute das erste Mal seit 7 Jahren ansteigen, um 21%. Damit trägt er zu einem Viertel der dortigen Energieerzeugung bei. Zweitens: Während China sich verpflichtet, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen, wird in den dortigen Bergwerken mehr Kohle denn je abgebaut.“

Man fragt sich, wo die dann verbraucht wird? In Betrieben? Oder wird sie exportiert?

„Drittens: Obwohl der Anteil der Kohle im spanischen Energie-Mix inzwischen verschwindend ist – 1,8 % im heurigen Jahr – hat das Kohlekraftwerk von As Pontes (La Coruña), das umweltschädlichste von ganz Spanien, bereits 3x in diesem Jahr Energie ins Netz eingespeist, und das Kraftwerk von Los Barrios (Cádiz) hat ähnliches vor.“

Auch die Kohlekraftwerke, diese Ungetüme, werden hier als Subjekte präsentiert, man fragt sich, wer die betreibt und wer die Entscheidungen zu ihrem Einsatz trifft?

„Viertens: Der Kohlepreis ist auf den internationalen Märkten auf das Doppelte angestiegen und steigt weiter, nachdem er im Oktober ein historisches Minimum erreicht hatte.
Sowohl die Bergwerksunternehmen als auch die Kohle-Lobby“ (wer das wohl ist?) „spüren Aufwind aufgrund dieser Entwicklung. »Der Markt hat gesprochen: Die Kohle rührt sich wieder«, so vor einigen Wochen der Präsident der Vereinigung der US-Bergwerksunternehmen, Rich Nolan. Mit gutem Grund: Innerhalb einiger Monate sind sie von einer Out-Position wieder zurück im Spiel und müssen nicht um Emissionsrechte kämpfen.
Obgleich es sich bloß um eine zeitlich begrenzte Konjunktur handelt – und das ist so! – so könnte der Kontrast zwischen dem derzeitigen Anstieg des Kohleverbrauchs und dem angestrebten Kurs ihrer Verdrängung zur Verhinderung der Erderwärmung nicht größer sein. Die Realität sieht aus wie folgt: Die Internationale Energie-Agentur, eine Unterabteilung der OECD, sagt voraus, daß sich nach dem historischen Spitzenwert in diesem Jahr der Kohleverbrauch 2022 weiter steigern wird. Was die angestrebten Klimaziele angeht, so sollte der Kohleverbrauch bis 2030 um 55% und bis 2050 um 90% zurückgehen, um ein extrem unerfreuliches Klimaszenario zu vermeiden.
»Die Energiegewinnung aus Kohle ist die Haupt-Quelle der Kohlendioxid-Emissionen. Das historische Hoch der aus Kohle gewonnenen Energie ist ein bedenkliches Signal, wie weit wir vom Erreichen der Null-Emissionen sind«, kritisiert der Direktor dieser Organisation, Fatih Birol.“

Vielleicht ist dieses Erreichen der Null-Emissionen sowieso unmöglich und wird nur aus Gründen der imperialistischen Konkurrenz hochgehalten?
Vielleicht wäre es weitaus nützlicher, diese Emissionen in Kauf zu nehmen und sich um ihre Absorption zu kümmern, durch Aufforstung und Verhinderung von Flächenversiegelung?

„»Ohne eine entschlossene und sofortige Aktion der Regierungen, die CO2-Emissionen zu reduzieren, schaut es schlecht aus um das angestrebte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5° zu begrenzen – falls das überhaupt möglich ist.«
Obwohl sich die Gegenstimmen exponentiell steigern, verbleibt der Anteil der Kohle an der weltweiten Energiegewinnung bei 40%, praktisch auf gleichem Niveau wie – Achtung! – 1973, zur Zeit der Ölkrise. Zu einem guten Teil geht dieser hohe und sogar wachsende Kohleanteil in der Energiegewinnung auf das Konto der aufstrebenden Wirtschaften Asiens, wo auch ein großer Teil der Weltbevölkerung zu Hause ist. China war der einzige große wirtschaftliche Player, wo der Kohleverbrauch sogar 2020 zugenommen hat, auf dem Höhepunkt der Pandemie, und heuer auch um 9% gestiegen ist. Noch beunruhigender ist der Fall Indiens: Die Internationale Energie-Agentur schätzt den Anstieg des Verbrauchs für 2021 auf 12% ein.
»Heute ist die Kohle König, weil ihre Erzeugung billiger ist als die jeder anderen Energiequelle«, verlautbarte Mitte Oktober der Präsident der französischen Ölfirma Total, Patrick Pouyanné. Er übersah dabei, daß die Wind- und Sonnen-Energie die billigste ist.“

Wie mans nimmt.
Erstens ist sie deswegen günstig für den Abnehmer, weil viel staatliche Unterstützung hineingebuttert wird. Zweitens ist sie aber zum Unterschied von Kohle von der Witterung abhängig und deshalb im Winter nicht in ausreichender Menge vorhanden.

„»Allerdings sind die Kosten für erneuerbare Energien gleich Null, sobald die Sonnenkollektoren und Windräder einmal installiert sind,“

was nicht richtig ist.
Immerhin muß diese Energie in Netze eingespeist werden, die erst einmal für diese unregelmäßig eintreffende Energie ausgelegt sein müssen, und jemand muß diese ganzen Anlagen auch warten. Kosten verursachen die erneuerbaren Energie-Generatoren und der Transport dieser Energie allemal, und gar nicht so wenig.

„aber es ist weiterhin billiger, Kohlekraftwerke zu errichten. Vor allem in Asien, wo der Stromverbrauch stetig ansteigt«, bemerkt Sareena Patel, die wichtigste Analystin für den Kohlemarkt bei der Beratungsfirma IHS Markit. Deshalb wird ihrer Ansicht nach die Verdrängung dieser Energiequelle weitaus komplizierter als viele angenommen haben.“

Mit einem Wort, die Europäer haben die Rechnung ohne den Rest der Welt gemacht. Aber auch hier gibt es solche, die Wasser predigen und Wein trinken:

„Allerdings springt die ungebrochene Bedeutung der Kohle in zwei der größten europäischen Staaten ins Auge. Obwohl sich die neue Regierungskoalition in Deutschland verpflichtet hat, die Kohle bis 2030 aus der Energiegewinnung zu verbannen, ist der Anteil an der Energiegewinnung von 21% in der ersten Hälfte 2020 auf 27% in der ersten Hälfte 2021 gestiegen. Damit hat die Kohle die Windenergie überstochen.
In Polen, dem schwierigsten Fall des Alten Kontinents, wird die Kohle für beinahe drei Viertel der Energieerzeugung verwendet.
Das sind die zwei Schönheitsflecken in einem Europa, das sich anschickt, sich von der Kohle zu verabschieden.“

Oder eben auch nicht.
Der Artikel weist diverse sprachliche Eigenheiten auf, die allesamt dem Umstand geschuldet sind, die Wiederkehr der Kohle schön- und wegzureden.

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Der Strompreis in Spanien verzeichnet ein historisches Maximum am letzten Samstag

Der Durchschnittspreis für Strom im Großhandel beträgt heute (am 18.12.) 306,33 € pro Megawatt/Stunde (MWh), der teuerste an einem Samstag erreichte Strompreis in der Geschichte Spaniens. Der wochenendmäßig bedingte Verbrauchsrückgang hat wenig genützt: Der Rückgang betrug weniger als 1% gegenüber gestern, Freitag, mit einem Preis von 309,20 € pro MWh, der zweite Tag mit einem Maximum hintereinander und der 3. Tag mit mehr als 300 €/MWh. Damit stieg der Strompreis um 28% gegenüber letztem Samstag und das 6-fache gegenüber dem Preis vom 18. 12. des Vorjahres.
(…)
Nach der leichten Beruhigung im November, als der Gaspreis sich auf den internationalen Märkten stabilisierte, stieg er im Dezember aufgrund der Spannungen zwischen Rußland und der Ukraine (…) in ungeahnte Höhen. Dazu kam noch der Baustopp von Nord Stream II.
In Spanien kommt noch dazu, daß nach einigen Tagen der Windstille die Erzeugung von Windenergie stark zurückgegangen ist. Das war aber im heurigen Jahr die wichtigste Energiequelle in Spanien.
Der Dezember wird also vermutlich den Oktober als den Monat mit dem historisch höchsten Strompreis ablösen. (…) Im Laufe dieses Monats war der Durchschnittspreis im Großhandel 235,25 €/MWh, 35 Euros über dem Durchschnittspreis vom Oktober.