„DIE UKRAINE ERÖFFNET EINE NEUE FRONT AUF DER KRIM
Die ukrainischen Streitkräfte nutzen die neu in ihr Arsenal aufgenommenen Langstreckenwaffen, um den Eindringling auf der Schwarzmeerhalbinsel regelmäßig zu bestrafen“
Die Wortwahl dieses Artikels ist etwas eigenartig. Irgendwie soll suggeriert werden, neben der ins Stocken geratenen Offensive, die de facto gescheitert ist, gibt es anderswo Erfolge, die das Blatt noch zugunsten der Ukraine wenden könnten.
Der ganze Artikel hat dabei 2 Ebenen: Einerseits kommen Erfolgsmeldungen, andererseits wirkt das ganze etwas künstlich und man kann zwischen den Zeilen lesen, daß das mehr Showeffekte sind, die an der tatsächlichen Lage nicht viel ändern.
„Die Ukraine hat auf der Krim eine neue Kriegsfront eröffnet.“
Also bitte.
Nach 2 spektakulären Angriffen auf die Krim-Brücke und anderen Luftschlägen gegen militärische Objekte auf der Krim kann man diese Front wirklich nicht als „neu“ bezeichnen.
„In dieser Offensive gibt es keine Infanterie- oder Panzerangriffe.“
No na.
Dafür hätte ja erst einmal der ursprünglich geplante Durchbruch zum Azowschen Meer stattfinden müssen.
„Die ukrainische Offensive auf der 2014 von Russland illegal annektierten Schwarzmeerhalbinsel erfolgt zu Wasser und in der Luft.“
Man fragt sich, warum diese gebetsmühlartig wiederholten Bemerkungen, daß die Russen illegal auf der Krim sind?
Soll damit die Rechtmäßigkeit dieser Angriffe unterstrichen werden, auch wenn sie strategisch zweifelhaft sind und vielleicht bald mit Streumunition oder abgereichertem Uran erfolgen?
„Die Ergebnisse, die Kiew erzielt, sind möglich, weil seine Verbündeten in der NATO grünes Licht für den Einsatz der von ihnen gelieferten Waffen gegeben haben.
Die Zustimmung des Westens stellt eine bedeutende Drehbuchänderung dar, denn bis vor wenigen Monaten galt die Krim in Washington, Berlin oder Paris als rote Linie, die den Konflikt noch weiter eskalieren lassen könnte. Für den Kreml und für die meisten Russen ist die Krim ein unveräußerlicher Teil ihrer nationalen Identität.“
Aha.
Alles klar.
Offenbar nehmen die USA und ihre Verbündeten eine Eskalation in Richtung Atomkrieg in Kauf, Hauptsache, der Krieg kann weitergehen.
„Die russische Militärinfrastruktur auf der Krim wird fast täglich angegriffen. Die letzten zwei Wochen waren für die ukrainische Luftwaffe besonders erfolgreich. Am 13. September wurde das Trockendock für Militärschiffreparaturen in Sewastopol bombardiert, wobei ein U-Boot und ein Landungsschiff beschädigt wurden. Am 20. wurde das zweite Kommandohauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte teilweise zerstört.
Am 21. September wurde der Luftwaffenstützpunkt Saki, Russlands wichtigster Luftwaffenstützpunkt auf ukrainischem Territorium, erneut angegriffen. Drei Raketen trafen am 22. dieses Monats während eines Treffens hochrangiger Offiziere der russischen Marine und des südlichen Militärbezirks, der die Invasionstruppen in der Provinz Cherson und an der Saporischschja-Front leitet, das Hauptquartier der russischen Flotte in Sewastopol. Einen Tag später, am vergangenen Samstag, zerstörte eine ukrainische Rakete ein Treibstofflager der russischen Flotte auf der Krim.
Der Protagonist dieses neuen Kriegsszenarios ist der Storm Shadow–SCALP-EG, ein britisch-französischer Marschflugkörper, die das UK an die Ukraine liefert.
Es ist die erste Langstreckenwaffe (550 Kilometer), die die Alliierten in die Ukraine schicken. Seit dem Frühjahr wurde es zunächst dazu eingesetzt, russische Kommandostützpunkte an der Donbass- und Saporischschja-Front zu überlisten. Im Jahr 2022 stellten die USA Himars-Raketen mit einer Reichweite von 80 Kilometern zur Verfügung. Sie waren maßgeblich an der Zerstörung des Kommandohauptquartiers und der Arsenale der Eindringlinge in den Gegenoffensiven beteiligt, die die Provinz Charkow und die Hälfte der Provinz Cherson befreiten. Die russische Reaktion bestand darin, diese Kasernen und Waffenverteilungszentren über 80 Kilometer hinaus zu verlegen. Mit dem »Sturmschatten« ist kein sicherer Abstand mehr möglich.“
Der Storm Shadow wurde bisher im Irak und in Syrien eingesetzt. Der Irakkrieg 2003 war sozusagen die Feuertaufe.
Das waren allerdings inferiore Gegner, die diesen Sprengkörpern nichts entgegensetzen konnten.
Jetzt wird man sehen, ob das in Rußland anders ist. Bisher haben die Russen offenbar noch kein Gegenmittel gefunden.
„Neu ist, dass die Storm Shadow nun die Speerspitze der Offensive auf der Krim sind. Die Bombenanschläge der letzten zwei Wochen in Sewastopol erfolgten mit diesen Raketen. Aber es wird nicht die einzige NATO-Langstreckenwaffe im Dienste der Ukraine sein, denn nach mehr als einem Jahr zäher Verhandlungen und amerikanischen Zweifeln an der Zweckmäßigkeit eines Angriffs auf die Krim hat Präsident Joe Biden angeblich zugestimmt, die Präzisionsraketen zu liefern und Langstrecken-ATACMS, wie mehrere amerikanische Medien berichten.
Generalleutnant Kirilo Budanov, Chef der Geheimdienste des Verteidigungsministeriums der Ukraine, versicherte diesen Samstag in einem Interview in den amerikanischen digitalen Medien The War Zone, dass das ATACMS nicht gegen russisches Territorium eingesetzt werde, wie Kiews Partner fordern. aber er betonte, dass die Krim zur Ukraine gehöre. Eine weitere Mittelstreckenrakete, die die Ukraine auf der Krim einsetzt, ist die Neptun, eine Waffe, die ursprünglich für Seeziele entwickelt wurde, aber für den Angriff auf Landziele angepasst wurde. Das Problem besteht laut Budanov darin, dass die Ukraine nicht über die Kapazitäten verfügt, um eine große Anzahl von Neptun zu produzieren.
Eine Offensive und drei Ziele
Nach Angaben des ukrainischen Oberkommandos verfolgt die in diesem Sommer begonnene Offensive auf der Krim drei Ziele. Das grundlegendste ist, wie Budanov in »The War Zone«, aber auch sein Sprecher Andrij Jusov am 20. September in den Staatsnachrichten feststellte, die Annullierung der Logistikkette der russischen Armee auf der Krim.
Ressourcen für die Truppen an der Südfront gelangen über die Halbinsel hinein und hinaus. Infanterieeinheiten der russischen Flotte beteiligen sich an der Verteidigung der besetzten Gebiete in Cherson und Saporischschja. Deshalb liegt der Schwerpunkt auf der Zerstörung von Treibstoffdepots und Stützpunkten, aber auch auf den Angriffen auf die Tschongar-Brücke, die die Halbinsel mit der Provinz Cherson verbindet, und insbesondere auf die Kertsch-Brücke, die einzige Straßenverbindung zwischen der Krim und Russland Gebiet.
Ein weiteres Ziel der Offensive ist die Zermürbung der russischen Flugabwehr. Die ukrainische Taktik auf der Krim folgt der gleichen Logik wie die russische bei ihren Bombenangriffen auf Städte im Hinterland: Zuerst werden Drohnenwellen geschickt, um die Munition aus den Batterien zu verbrauchen, und dann betreten die Marschflugkörper den Tatort. »Luftverteidigungsausrüstung ist sehr teuer und die Herstellung dauert lange, und die Russen haben alle ihre Einheiten im Einsatz, sogar in Moskau«, bemerkt Budanow. Dies ist einer der von der ukrainischen Luftwaffe angegebenen Gründe, regelmäßig Drohnenbomben auf russisches Territorium abzufeuern, um die russischen Flugabwehrbatterien von der Front fernzuhalten. »Wir greifen auch deshalb die Krim an, denn wenn sie neue Ausrüstung dorthin überstellen, so müssen sie diese von woanders abziehen.«
Die Krim wird durch eines der besten Flugabwehrbatterienetze der Welt geschützt. Sein Rückgrat sind die S-400-Batterien. Laut Satellitenbildern westlicher Geheimdienste hat die Ukraine diesen Sommer bereits zwei von sechs auf der Halbinsel zerstört – eines davon mit einer Neptun.
Eine weitere ukrainische Offensivkarte hat eine bemerkenswerte Rolle bei der Verwundbarkeit der russischen Luftkontrolle gespielt: die Angriffe der Spezialeinheiten auf der Krim. Teams von einem Dutzend Soldaten ist es gelungen, mit Schnellbooten an die Küste der Krim zu gelangen. Die Infiltrationsoperationen dauern zwar nur kurze Zeit, dienten aber nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums der Informationsbeschaffung und, im Falle des Angriffs auf Kap Tarchankhut am 24. August, der Zerstörung eines Radarsystems.“
Allerdings wurden nach russischen Angaben einige dieser Teams versenkt, sodaß dergleichen Aktionen in letzter Zeit zurückgefahren wurden.
Die ersten „Ausflüge“ dieser Art gelangen nur dank des Überraschungseffekts.
„Der dritte Zweck der Offensive auf der Krim besteht darin, wie der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, Oleksii Danilov, definiert hat, »die russische Schwarzmeerflotte in Scheiben zu schneiden«. Russische Militärschiffe transportieren Material für ihre Truppen an der Saporischschja-Front durch das Asowsche Meer und haben zudem das Schwarze Meer für die Schifffahrt zwischen der Ukraine und dem Ausland gesperrt.
Die Ukraine zwingt Moskau zu vorsichtigerem Manövrieren im Schwarzen Meer, da ihre Schiffe durch die Neptun und ihre Seebombendrohnen anfällig sind. Diese Drohnen haben Kriegsschiffe auf der Krim, in russischen Häfen in der Provinz Krasnodar und sogar auf hoher See Hunderte Kilometer von der ukrainischen Küste entfernt angegriffen, wie im vergangenen Juli, als sie das russische Patrouillenboot »Sergei Kotov« außer Gefecht setzten.
Begleitet werden die Drohneneinsätze von amphibischen Einsätzen von Spezialkräften, die im Schwarzen Meer Inselchen und auch Kohlenwasserstoff-Förderplattformen zurückerobert haben, die sich seit der Besetzung der Krim im Jahr 2014 in russischer Hand befanden. Die Intensivierung der Operationen zur Sicherung des Schwarzen Meeres fielen mit der Eröffnung einer neuen Route für den Export von ukrainischem Getreide zusammen, einer alternativen Route zur Aufkündigung des Abkommens mit der Türkei und der UNO durch den Kreml im vergangenen Juli, das den Transport von Handelsschiffen mit Getreide aus dem überfallenen Land erlaubte.
Vadim Skibitski, Vertreter der Geheimdienste des ukrainischen Verteidigungsministeriums, machte am 9. September in staatlichen Nachrichten deutlich, dass seine Streitkräfte handeln, um die russische Kontrolle im Schwarzen Meer zu »neutralisieren«: »Die Krim ist für Russland von zentraler Bedeutung für seine Kontrolle des Schwarzen Meeres und seinen Zugang zum Mittelmeer. Ihre Position stellt auch eine Bedrohung für den zivilen Seehandel dar. Das muss ein Ende haben.«“
Die Ukraine versucht also jetzt auf dem Meer weiterzumachen, nachdem sie am Land kaum vorankommt.
Das dürfte auch als Strategie von den Verbündeten entwickelt worden sein, die ihre Marschflugkörper ausprobieren wollen.