Eine Geschichte von Sklaverei und Schuldknechtschaft

Kurzer Abriß der Geschichte Haitís

Nachdem der Westteil der Insel Hispañola – der ersten spanischen Kolonie in der Karibik – im Laufe der Jahrhunderte durch eine Mischung aus Piraterie und Besiedlung durch hugenottische Flüchtlinge der spanischen Krone abspenstig gemacht wurde, verzichtete 1697 Spanien offiziell auf dieses Territorium.
Das darauffolgende Jahrhundert gilt als „Blütezeit“ Haitís: Französische Plantagenbesitzer importierten in großen Mengen afrikanische Sklaven und exportierten Kaffee und Zuckerrohr nach Europa. Der ständige Sklavenimport war notwendig, weil sie bei der Plantagenarbeit schnell vernutzt wurden und ständig ersetzt werden mußten. Es ist also sehr bezeichnend, was Blütezeit hier (und meistens auch anderswo) heißt: Die Handelsbilanz stimmte, die Produzenten des solchermaßen erwirtschafteten abstrakten Reichtums hatten nichts davon.

Die Ideen der französischen Revolution konnten von dieser französischen Kolonie nicht ganz ferngehalten werden. Vor allem der erste Artikel der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789: „Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es.“ – wurde von den schwarzen Sklaven – richtigerweise – als ein Beschluß zur Aufhebung der Sklaverei angesehen, obwohl die Nationalversammlung in Paris ausdrücklich die Ungültigkeit dieser Prinzipien für die Kolonien erklärt hatte.
(Auch ein kleiner Widerspruch, „allgemeine“ Rechte zu erklären und dann gleich nachzuschieben, daß sie so allgemein doch nicht seien.)

Und die Sklaven Saint-Domingues (Haitís Name bis zur Unabhängigkeit) erhoben sich gegen die Kolonialherrschaft und ihre weißen Herren.
Unterstützt wurden sie auch von der Schicht der mulattischen Eigentümer, die nationale Souveränität anstrebten, um sich zur neuen herrschenden Klasse Saint-Domingues zu machen.
Die aufständischen Sklaven von Saint-Domingue überlasen den 2. Satz des ersten Artikels: „Soziale Unterschiede dürfen nur im allgemeinen Nutzen begründet sein.“ Aber davon später.

Bei dem von beiden Seiten mit äußerster Grausamkeit geführten Krieg zwischen den schwarzen Sklaven und den weißen Kolonialherren kamen den Aufständischen zwei Umstände zugute: Erstens, daß Frankreich nie einen richtigen staatlichen Gewaltapparat in Saint-Domingue eingerichtet hatte, sondern die Herrschaftsaufgaben größtenteils der Privatinitiative der dort ansässigen Pflanzer und Kaufleute überlassen hatten. Zweitens, daß Frankreich selbst in Europa einige Kriege um die Verteidigung seiner republikanischen Verfassung führen mußte und wenig Militär in die aufrührerische Kolonie abkommandieren konnte.
Der Armee der ehemaligen Sklaven gelang sogar zeitweise die Eroberung des spanischen Teils der Insel, wo sie ebenfalls die Aufhebung der Sklaverei verkündeten, von dem sie aber von französischen Truppen bald wieder vertrieben wurden. 1804 erklärte Haití seine Unabhängigkeit.

Man muß sich vor Augen halten, was dieser Akt der Aufhebung der Sklaverei und die Ausrufung einer Republik der Freien in der damaligen „internationalen Staatengemeinschaft“ bedeutet hat. Es war eine Provokation ohne Grenzen und brachte das damalige Gefüge von Herrschaft und Knechtschaft total durcheinander.
Die meisten spanischen Kolonien erkämpften ihre Unabhängigkeit um 1811 herum und hoben zwar die Sklaverei formell auf, wenngleich sie unter anderem Namen bis ins 20. Jahrhundert fortbestand. Es war aber die kreolische Oberschicht, die nachher die Macht übernahm, und keinesfalls, wie in Haiti, die sich von ihren Herren befreit habenden Underdogs. In den USA brauchte es einen mehrjährigen Bürgerkrieg, um die Sklaverei abzuschaffen, und auf der Nachbarinsel Kuba wurde die Sklaverei erst um 1875 aufgehoben, im Zuge der Unabhängigkeitskriege.
Nirgends jedoch auf der Welt war es so, außer in Haití, daß die Sklaven selber ihre Freiheit erkämpften und die Macht übernahmen.

An Haití mußte also ein Exempel statuiert werden, das andere kolonialisierte Bewohner der Neuen Welt vor einem solchen Schritt der Rebellion abschreckte.

Die Unabhängigkeit Haitís wurde von keiner führenden Weltmacht und – unter dem Druck der Großmächte – auch nicht von den frischgebackenen Nachfolgestaaten des spanischen Kolonialreichs anerkannt.
Um irgendwie einen Platz in der Welt zu erlangen, das Ende des gegen sie verhängten Handelsembargos zu erwirken, und das ständig drohende Risiko fremder Interventionen abzuschwächen, die sich unter dem Beifall aller imperialistischer Mächte dieses Niemandsland aneignen würden, unterzeichnete die Regierung Haitís 1825 und 1826 Verträge mit Frankreich, in denen sie sich im Austausch gegen die Anerkennung als Staat zur Zahlung von Entschädigungszahlungen bereit erklärte. Von 150.000 Goldfrancs wurde diese Schuld angeblich später auf 90.000 reduziert. Über die Höhe dieser vertragsmäßig übernommenen und dann auch tatsächlich gezahlten Summe gibt es verschiedene Angaben. Ihr genaue Höhe ist aber gleichgültig, es geht um das Prinzip, das damit ausgedrückt wurde.

Mit dieser Schuld übernahm Haití erstens die Anerkennung des Privateigentums. Seine Regierung erkannte gezwungenermaßen an, daß das erst gewaltmäßig angeeignete – und später auch wieder gewaltmäßig enteignete – Land rechtmäßiges Eigentum der Plantagenbesitzer und Sklavenhalter gewesen war, und ihr Akt der Enteignung unrechtmäßig, weshalb ihre früheren Unterdrücker und Ausbeuter bzw. deren Nachfahren zu entschädigen seien.

Die Befreiung vom Joch der Sklaverei wurde also im Nachhinein zu Unrecht erklärt, die Sklaverei zu Recht.

Zweitens, Haití wurde damit in die internationale „Arbeitsteilung“ hineingezwungen. Seinen Bewohnern wurde klargemacht, daß sie sich nicht einfach um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern und sich vielleicht auf eine Art Selbstversorgung einrichten könnten, sondern daß sie sich darum zu kümmern hätten, an international anerkanntes Zahlungsmittel heranzukommen, um diese Schuld zu begleichen. Sie mußten also exportfähige Produkte herstellen, die Abzug vom ohnehin geringen nationalen Reichtum bedeuteten. Sie waren also genötigt, wieder vermehrt Kolonialwaren wie Kaffee und Zucker anzubauen, anstatt die Anbauflächen für Grundnahrungsmittel zu verwenden. Es entbrannte ein erbarmungsloser Kampf um das Land zwischen der neuen herrschenden Elite, die sich um die Begleichung der Schuld bemühte, und dem Rest der Bevölkerung, die einfach nur leben wollte – ein Kampf, der bis heute anhält.

Drittens, Haití konnte sich trotz aller Anstrengungen von dieser Schuld nie befreien. Es wechselte nur die Gläubigerländer, indem sie in anderen Staaten Kredite aufnahm, um sich von der Abhängigkeit von Frankreich zu lösen. Vom klassischen Kolonialismus stürzte es also in die moderne Schuldenfalle, die bewährte Waffe des modernen Imperialismus – auch darin durchaus ein Pionier unter den Unabhängigkeitsbestrebungen der 3. Welt.

Haití und der Imperialismus heute: strategisch wichtig, ansonsten unwichtig

Bezüglich seiner inneren Verfaßtheit hat sich Haití einen Widerspruch geleistet, an dem das Land bis heute trägt: Es hat sich die Ideale der bürgerlichen Revolution – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – auf seine Fahnen geschrieben, ohne über die bürgerliche Klasse von Besitzenden zu verfügen, die sich diese Prinzipien für ihr Gedeihen seinerzeit ausgedacht und in ihre Verfassungen hineingeschrieben haben. Haití war von Anfang an ein Staat der Proletarier, aber gemäß den Idealen des Bürgertums. Der seit 2 Jahrhunderten unternommene und größtenteils erfolglose Versuch – vor allem der Minderheit der Mischlinge –, eine bürgerliche Klasse als Besitzer produktiven Eigentums erst einmal zu schaffen und sich durch die Aneignung der unbezahlten Mehrarbeit der Eigentumslosen zu bereichern, ist die Grundlage der stets bejammerten „Instabilität“ Haitís.

Ein weiteres Handicap Haitís ist seine Lage. Seine Westküste stößt an die Windward Passage, den wichtigsten Verkehrsweg für die USA zum und vom Panama-Kanal. Die USA waren daher schon vor der Eröffnung des Panamakanals (als die Landenge von Panama auch bereits ein wichtiger Transportweg war) im Jahr 1914 sehr interessiert an der Kontrolle über Haití. Als Haití versuchte, seine Kreditabhängigkeit zu „diversifizieren“ und Deutschland in die Liga seiner Gläubiger aufnahm, nötigten die USA 1910 die damalige Regierung Haitís, einen Kredit bei amerikanischen Banken aufzunehmen, um ihre Kreditabhängigkeit in Richtung USA zu verlagern. Um die Bezahlung dieser Kredite sicherzustellen, besetzten die USA schließlich 1915 Haití. Die folgenden 19 Jahre lang hielt die US-Besatzung die Armen Haitís in Schach, setzte diverse Marionettenregierungen ein und ab und versuchte, aus dem Land an Reichtum herauszuquetschen, was eben irgendwie möglich war. Der Abzug der USA 1934 war wiederum mit politischen und wirtschaftlichen Auflagen verbunden, die sicherstellten sollten, daß dieses Land sich weiterhin dem Druck von Geschäft und Gewalt nicht entziehen konnte.

Die neuere Geschichte Haitís ist geprägt durch seine Nähe zu Kuba. Direkt nebenan ist nämlich ein Staat entstanden, der sich durch die Hilfe der inzwischen untergegangenen Sowjetunion dem Diktat des Weltmarktes entziehen konnte und sich die Versorgung seiner Bevölkerung zum Ziel gesetzt hat. Für die verelendeten Massen Haitís muß so eine Herrschaft als eine Art irdisches Paradies erscheinen. Die USA und ihre Verbündeten mußten also alles tun, um ein Überspringen dieses „Bazillus“ zu verhindern. Zunächst fanden sie einen kongenialen Statthalter unter Francois Duvalier (1957-71). Als zweifelhaft war, ob sein Sohn seine Bevölkerung genauso mit dem nötigen Terror in Schach halten würde, ließen seine Gönner in Washington ihn 1986 fallen. Seither suchen die imperialistischen Mächte nach einem geeigneten Ersatz, was schließlich aufgrund von Erfolglosigkeit 1995 in einem UNO-Mandat mündete.

Inzwischen haben sich die USA offenbar wieder für Direktintervention entschieden.

Die Spenden, die jetzt reichlich Richtung Haití fließen, dienen ein und demselben Zweck wie alle Maßnahmen der letzten 200 Jahre: Die Haitianer dazu zu bringen, ihr Elend „in Würde“ zu ertragen, keine Spielregeln zu verletzen, sich dem Weltmarkt unterzuordnen, – und auf jeden Fall Liebäugeleien mit dem „kubanischen Modell“ zu unterlassen.

Alle Spenden, die irgendwer für Haití einzahlt, werden für diese Zwecke verwendet. Dafür sorgen die Herrschaften vor Ort schon.

Die Zogajs und das Asylrecht

FAMILIE ZOGAJ *
oder
VON DEN SCHÖNHEITEN DES ASYLGESETZES

Erinnern Sie sich noch an das Jahr 1999? Und an die Berichterstattung über Kosovo? Die armen Kosovo-Albaner, vertrieben von den bösen Serben (dann noch ein bißl bombardiert von der NATO, aber das war eher unter ferner liefen). Und bitte bitte, spenden Sie doch für die armen Leute. Die alljährlich stattfindende Weihnachts-Schnorr-Aktion um Spenden für Bedürftige aller Art stand 1999 ganz im Zeichen des Kosovo und die Presse vermeldete befriedigt, daß die Österreicher wieder einmal irgendeinen Spenden-Rekord hingelegt hätten.
Eine ältere Dame kommentierte mir das damals richtig so: Das machen die ja alles nur, damit die ja nicht hierherkommen!
Zum Leidewesen der Behörden und, wie man den Kommentaren entnehmen kann, auch eines guten Teiles der österreichischen Bevölkerung, haben es aber einige von ihnen doch gemacht und haben die Insel der Seligen mit ihrer Anwesenheit belastet.
Und damit die Freuden des Asylrechtes kennengelernt.
Asyl gibt es nur für politisch oder rassisch Verfolgte, also für Leute, die bei Rückkehr in ihre Heimat um Leib und Leben fürchten müssen.
Generell gilt der alte Spruch nach wie vor: Derjenige ist zu Hause politisch verfolgt, der hier politisch erwünscht ist.
Bei allem Gefasel um Humanität und Menschenrechte ist der erste Gesichtspunkt der Behörden: Wie stehen wir zum Herkunftsland des Flüchtlings, welche Stellung nimmt Österreich gegenüber dem Land X ein? Der Flüchtling ist also in erster Linie Paßträger (sogar dann, wenn er keinen hat).
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„ … der Paß muß ein Paß sein, damit sie einen in das Land hereinlassen.
Der Untersetzte
Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.
Der Große
Man kann sagen, der Mensch ist nur der mechanische Halter eines Passes. Der Paß wird ihm in die Brusttasche gesteckt wie die Aktienpakete in das Safe gesteckt werden, das an und für sich keinen Wert hat, aber Wertgegenstände enthält.
Der Untersetzte
Und doch könnt man behaupten, daß der Mensch in gewisser Hinsicht für den Paß notwendig ist. Der Paß ist die Hauptsach, Hut ab vor ihm, aber ohne dazugehörigen Menscben wär er nicht möglich oder mindestens nicht ganz voll. Es ist wie mit dem Chirurg, er braucht den Kranken, damit er operieren kann, insofern ist er unselbständig, eine halbe Sach mit seiner ganzen Studiertheit, und in einem modernen Staat ist es ebenso; die Hauptsach ist der Führer oder Duce, aber sie brauchen auch Leut zum Führen. Sie sind groß, aber irgend jemand muß dafür aufkommen, sonst gehts nicht. “(Bertolt Brecht, Flüchtlingsgespräche)
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Wenn also jemand das Pech hat – und das haben viele –, aus einem Land zu kommen, mit dem Österreich kein Problem hat und diese Person Geld auch keines hat, sondern einfach so hierbleiben will, weil es ihm/ihr hier besser gefällt als dort, so ist klar, daß diese Leute „Wirtschaftsflüchtlinge“ sind, Schmarotzer, „unser“ volles Boot zum Kippen bringen könnten, „uns“ auf der Tasche liegen wollen, usw. usf. Und schleunigst hinausgeschmissen gehören, schon allein deshalb, um keine „Präzedenzfälle“ zu schaffen. Weil da könnt ja ein jeder kommen, und wir könnten uns der Habenichtse gar nicht mehr erwehren.
Diese Argumente, wenn man sich soweit herablassen will, sie als solche zu bezeichnen, sind ziemlich dumm.
Erstens ist es ja nicht so, daß das Land voll wäre und keiner mehr hineinpaßt. Sonst würde nicht immer wieder gejammert, daß die Österreicher zuwenig Kinder kriegen, und es würden nicht Hilferufe von der Wirtschaftskammer erschallen, daß doch mehr qualifizierte Arbeitskräfte im Ausland angeworben werden sollen, damit man hier wichtige Arbeitsplätze entsprechend besetzen kann. Löcher sind also da im Volkskörper.
Daß Asylanten dem Bund oder den Ländern (das ist was anderes als „Wir“, wohlbemerkt, also der berühmte kleine Mann von der Straße) auf der Tasche liegen, liegt an den Schönheiten des Asylrechts: Solange ein Asylverfahren läuft, darf der Antragsteller gar nicht arbeiten. Wenn er trotzdem schwarz arbeitet, ist das ein sofortiger Grund für einen negativen Bescheid und Abschiebung. Es sind also gar nicht die Immigranten, die schmarotzen wollen, sondern es ist die Rechtslage, die sie zu Hilfeempfängern macht.
Der kleine Mann von der Straße schließlich, der jammert, daß mit seinen Steuergeldern Schindluder getrieben wird, wird immer ausgerechnet bei Leuten fündig, die gar nichts haben und einfach wo in Frieden leben und überleben wollen. Wenn österreichische Soldaten in Afghanistan und im Tschad herumfuhrwerken – was ja schließlich auch aus Steuergeldern bzw. Staatshand finanziert wird, und sicher einiges kostet –, dann gibt es keine Beschwerden. Auch nicht, wenn am Nationalfeiertag alles mögliche an schwerem Gerät aufgefahren wird, das dem Schutz der Nation dient. Nein, dafür ist „uns“ unser Geld nicht zu schade! Aber die Familie Zogaj hier durchzufüttern, das geht zu weit.
Dennoch, wenn sich auch immer auf uns und „wir alle“ berufen wird, die Richtung ist schon von den Machern im Lande ausgegeben worden. Die Frau Ministerin (mit Wolfsschnauze), die verkündet hat, sich von Arigonas „Rehaugen“ nicht beeindrucken zu lassen, hat von Anfang an klargestellt, daß die Zogajs verschwinden müssen. Und zwar, weil sie das Asylrecht gegen Mißbrauch schützen muß und weil es gerecht zugehen muß. Keine Extrawürschte für junge Mädchen!
Man kann dieser Auskunft der Ministerin auch einiges über Gerechtigkeit entnehmen: Während manche Leute hartnäckig daran glauben, daß Gerechtigkeit so etwas ist wie Weihnachten, wo alle etwas kriegen vom großen Kuchen und keiner leer ausgeht, schaut die wirkliche Gerechtigkeit anders aus: Das ist nämlich, wenn keiner etwas kriegt, außer vielleicht einer Watschn. Wenn alle abgeschoben werden als Tachinierer und Schmarotzer, dann ist das höchst gerecht.
Ganz am Schluß enthält dieses kleine Drama auch eine Aufklärung über das, was „Europa“ ist. Während alle möglichen Schaumschläger aus Politik und Kultur sich darüber ergehen, wie toll Europa ist und wie sehr sie Europäer sind, und daß die EU die angemessene Fortsetzung der Wiege der Zivilisation ist, so gibt es offensichtlich Gegenden, die von dieser exklusiven Zone ausgeschlossen sind, obwohl sie zweifelsohne in Europa liegen.
Europa heißt also: Bahn frei für Kapital und Marktwirtschaft, her mit Geld und Wirtschaftswachstum, und wieviele von den Proleten dieses Kontinents sich dafür nützlich machen dürfen, das entscheiden auch noch allemal wir, die Verwalter dieses geglückten Kapitalwachstums.
Deswegen ist es besonders dumm und kurzsichtig, wenn sich österreichische Habenichtse über Asylanten aufregen, nur weil die auch nichts haben: Sie bekunden damit, daß sie weiterhin für die Schaffung fremden Reichtums, von dem sie nichts haben, zur Verfügung stehen und das „Privileg“, dafür verwendet zu werden, eifersüchtig gegen andere verteidigen. Ausbeutung exklusiv für Inländer!
Und überhaupt, die Zogajs haben ja gar keinen Paß, weil sie kommen aus einem Land, das es gar nicht gibt.
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* Information für Leser aus dem Ausland: Die Zogajs sind eine Mutter und 5 Kinder aus dem Kosovo, an denen seit Jahren ein Exempel dafür statuiert wird, daß „Österreich kein Einwanderungsland ist“ – obwohl es das natürlich immer war, und deren Asylgesuch dieser Tage in letzter Instanz abgewiesen wurde.

Eigentum ist tödlich

EIGENTUM IST TÖDLICH
Am 5.8. 2009 brachen zwei Jugendliche in einen Merkur in Krems ein.
Für die, die es nicht wissen: Merkur ist ein Lebensmittelgeschäft. Vermutlich wollten sie Alk klauen. Große Sachwerte finden sich in solchen Geschäften nicht.
Der Alarm wurde ausgelöst und zwei Polizisten erschienen. Als die Buben flüchten wollten, erschossen sie einen von ihnen, den zweiten trafen Schüsse in beide Oberschenkel.
Obwohl die Polizisten nur ihre Pflicht getan und das Eigentum des Merkur geschützt hatten, hat das ganze doch eine etwas schiefe Optik. Also mußten eine Reihe von Erklärungen und Medienpropaganda aufgefahren werden, um zu beweisen, daß diese kleine Hinrichtung im Interesse der Allgemeinheit war und „wir alle“ froh sein müssen, daß die Ordnungshüter so auf zack sind, wenn sich jemand gegen die Eigentumsordnung vergeht.
Der verletzte Täter wurde gleich vom Krankenhaus weg verhaftet. So einen gefährlichen Menschen kann man trotz Verletzungen nicht frei herumlaufen lassen, wegen Verabredungs-, Wiederholungs- und Fluchtgefahr nämlich. Es war offenbar kein Problem, in Krems einen Juristen zu finden, der den Haftbefehl unterzeichnet.
Es wurde verkündet, die beiden Jugendlichen seien für die Polizei „keine Unbekannten“ gewesen und schon öfter unangenehm aufgefallen. Vermutlich haben sie schon einmal Schokolade in einem Supermarkt geklaut. Auf jeden Fall: gemeingefähliche Gesetzesbrecher, die sicher in Zukunft noch viel ärgere Dinge drehen würden und bei denen es gut ist, wenn man sie rechtzeitig wegräumt.
Es wurde auch eine kleine Kampagne gestartet gegen die Verkommenheit der Jugend von heute, die angeblich keine Werte anerkennt und der man nur mit Gewalt beikommen kann. Die zwei Burschen aus Krems wurden als warnendes Beispiel hingestellt, als ein Exempel, das man einmal statuieren mußte, um weiteren Verfall der Sitten zu stoppen. Struwwelpeter live.
Nicht fehlen durfte der Hinweis auf das „organisierte Verbrechen“: Die zwei gemeingefährlichen Täter seinen „nicht allein“ gewesen, sie hätten „Komplizen“ gehabt. Eine Mafia zur Stroh-Rum-Beschaffung und flottem Handel mit demselben? Auf jeden Fall, das zur Beruhigung des p.t. Publikums, waren die zwei Verdächtigen keine Österreicher: Erst wurde ein Rumäne, dann ein Serbe drangsalisiert, doch ihre Beteiligung bei diesem schweren Verbrechen zuzugeben. Vergeblich, selbstverständlich, da es sich um reine Erfindungen der Kremser Polizei handelte.
Man kann sich als Außenstehender unschwer vorstellen, was mit dem verhafteten 17-jährigen Einbrecher alles getrieben wurde, um ihn zu Aussagen zu bewegen, die zwar den Tatsachen widersprochen, aber die heldenhafte Aktion der beiden Ordnungshüter unterstrichen hätten, indem sie deren unrichtige Angaben bestätigt hätten: Daß die beiden Einbrecher bewaffnet waren und die Polizisten attackiert hätten, und daß das ganze von einer organisierten Bande ausgegangen ist.
Nachdem das ballistische Gutachten ergeben hat, daß der 14-jährige Florian aus 2 Meter Entfernung in den Rücken geschossen wurde und auch klargestellt worden ist, daß die Beleuchtung in dem Supermarkt gut genug war, um zu sehen, mit wem man es zu tun hatte, und natürlich auch die angebliche Bewaffnung der zwei Burschen nicht aufgetaucht ist –
ist trotzdem außer Frage, daß die zwei Beamten im Recht waren, denn:
Das Privateigentum schützt die Verfassung.
Also hat die Polizei das Recht, gegen diejenigen vorzugehen, die gegen das Eigentum verstoßen. Deshalb hat sie auch Schußwaffen und darf die einsetzen.
Einbrecher zu erschießen, steht nicht im Widerspruch zu den Menschenrechten. Einbrechen gehen hingegen verstößt dagegen.
Im Zuge der Medienkampagne zur Verteidigung des Eigentums gab es noch ein paar Klarstellungen zur Jugend von heute: Wer jung ist, hat sich einzufügen und brav zu sein. Am besten möglichst schnell arbeiten gehen, damit das Pensionssystem gesichert ist. Als zahlungskräftige Konsumenten sind die Kids hochwillkommen. Wer hingegen keinen Job hat und keine Kohle, und dann noch womöglich konsumieren will, ohne zu zahlen – den kann man ruhig abservieren. So einer fällt offensichtlich unter die Kategorie „lebensunwertes Leben“.