SPANIENS ENTSALZUNGSANLAGEN
Die Schönredner des kapitalistischen Systems faseln gerne von einer „invisible hand“, die von selbst alles zum Guten wendet, von „Gleichgewichten“, die durch schlaue Politik oder Investitionen herzustellen seien, und davon, daß ohne den Markt ja die Dinge nie zu denen kämen, die sie brauchen.
Dabei genügt es, die Zeitung aufzuschlagen und unvoreingenommen zu lesen, um zu merken, wie die ganzen „Marktmechanismen“ und die Forderungen nach Gewinn und Wachstum dazu führen,
– daß jede Menge an Ressourcen vergeudet wird,
– ein guter Teil der Teilnehmer eben keinen Gewinn macht, sondern als Verlierer der Konkurrenz das Feld räumen muß,
– ein Teil der erzeugten Waren nirgendwohin kommt, sondern vernichtet wird
– und vieles auch nicht produziert wird, weils keiner kaufen kann, ders braucht.
Spanien hat seit dem EU-Beitritt eine forcierte Gemüseproduktion in Andalusien aufgezogen, für die der Name Glashauskultur schönfärberisch wäre. Im „Plastikmeer“ rund um Almeria und Málaga dunsten Unmengen von geschmacklosen Tomaten, Gurken, Salathäupteln usw. unter Folien vor sich hin, bis sie von billigen und halblegalen ausländischen Taglöhnern gepflückt und quer durch Europa verschickt werden. Dort landet dann ein guter Teil, wie man in letzter Zeit öfter liest, noch in der Originalverpackung auf dem Müll, da die Handelsketten das Zeug so billig einkaufen und so teuer verkaufen, daß sie locker einen Haufen davon wegschmeißen können, wenn sie ihn nicht rechtzeitig anbringen.
Diese Art von Folien-Anbau benötigt außer einer Menge Agro-Chemie auch viel Wasser. Da es das billigste ist, sich das Wasser aus Brunnen zu holen, sinkt seit Jahren der Grundwasserspiegel und früher oder später versiegen diese Brunnen daher.
Um diese Erfolgsstory kapitalistischer Landwirtschaft weiterhin zu ermöglichen, wurde auf Abhilfe gesonnen. Die Sozialistische Partei Spaniens (PSOE) setzte auf Entsalzungsanlagen, und stampfte mit EU-Geldern ein großes Programm aus dem Boden, um die Küste von Valencia bis Almeria mit diesen Meerwasser-Aufbereitungs-Anlagen zu versorgen. Von den 51 geplanten Anlagen wurden 17 tatsächlich gebaut. Jetzt stellt sich heraus, daß diese 17 insgesamt im Durchschnitt zu 16.5 % (!!) ausgelastet sind.
Der Grund: das Wasser in diesen Anlagen zu entsalzen, ist energieaufwendig und dadurch recht teuer. Außerdem wollen ja die Baukosten auch über die Wasserpreise hereingebracht werden. Diese Entsalzungsanlagen wurden zwar zunächst mit EU- und spanischem Staatsgeld finanziert, sollen sich aber natürlich selbst amortisieren, also Gewinne machen und das vorgeschossene Geld zurückzahlen. Wenn die Abnehmer jedoch dieses aufbereitete Wasser zu dem erhöhten Wasserpreis für ihre Folientomaten nehmen, so sind ihre Produkte nicht mehr konkurrenzfähig, weil sie ja diese gestiegenen Kosten auf den Tomaten-Verkaufspreis draufschlagen müssen, um selber auch Gewinn zu machen. Auf einmal kämen dann vermutlich die holländischen Landwirte oder die von anderen Staaten ohne Wasserprobleme und könnten sie bei den Handelsketten unterbieten.
Diese Entsalzungsanlagen waren auch dafür gedacht, den Wasserbedarf für den Tourismus zu decken, und für diverse Stadtteile und Feriensiedlungen an der Küste, die entweder nie gebaut wurden oder heute als Rohbauruinen herumstehen. Den Urlaubern aus dem In- und Ausland hätte man diesen hohen Wasserpreis vielleicht verrechnen können – nur sind sie blöderweise nicht eingetroffen, um ihn zu zahlen. Die Gemeinden können sich jedoch ohne diese gestiegenen Tourismuseinnahmen das teure Wasser nicht leisten, da sie meistens ohnehin schon über die Ohren verschuldet sind.
Die EU-Zuständigen in Brüssel sind jetzt sauer und sagen: benützt doch eure Entsalzungsanlagen, weil Bedarf gibt es ja!
Jaaa, aber wie immer im Kapitalismus geht es um die zahlungsfähige Nachfrage, und die ist eben nicht gegeben.
Für die ganze iberische Halbinsel sind wegen kaum vorhandener Niederschläge im Winter die Prognosen düster: Ein Jahr der Dürre ist angesagt. Wenn weiterhin nur die Brunnen und das etwaige Regenwasser verwendet werden, wird eine große Anzahl der Brunnen versiegen. Und dann verschrumpelt ein Teil der Ernte, und viele dieser Folienunternehmen können zusperren – oder teures Wasser aus den Entsalzungsanlagen zukaufen! In ganz Europa hingegen gehen in Folge wahrscheinlich die Gemüsepreise in die Höhe, weil entweder die Lebensmittelketten die gesteigerten Kosten weitergeben oder das Zeug aus Lateinamerika oder Afrika einführen. Und wir kriegen als „Erklärung“ sicherlich mitgeteilt, das läge an Erderwärmung und Klimawandel.
Als Tüpferl aufs i kommt hier noch die spanische Parteienkonkurrenz hinzu: Die unlängst an die Macht gekommene Volkspartei war nämlich immer ein Gegner dieser Entsalzerei. Ein Politiker der PP – die übrigens Anhängerin der Atomenergie ist – zieht alle Register des Umweltbewußtseins und bezeichnet diese Entsalzungsanlagen als umweltschädliche Dreckschleudern, ähnlich den AKWs. Der Grund liegt in den vielen Unterstützern der PP aus der Bauindustrie, die ihre vielen im Zuge der Krise gescheiterten Bauprojekte mit der gigantomanischen Umleitung des Ebro nach Andalusien kompensieren wollen. Was laut Propaganda der PP ja viel billiger wäre als die Entsalzungsanlagen hochzufahren …
Das spanische Gemüse ist so spottbillig, dass es einem wenn man den Kilopreis liest schon zum grausen beginnt. Zucchini 69 Cent pro Kilo, grade bei Hofer gesehen. Es ist wahrscheinlich billiger das Zeug gleich wegzuschmeissen anstatt es zu verkaufen. In dem Fall kann garnicht die Rede davon sein das die Handelsketten teuer verkaufe. (Für einen Stundenlohn könnte ich mich mit Zucchini für ein ganzes Jahr eindecken).
„Teuer“ ist relativ. Ich hab ja geschrieben, daß sie es so billig – so teuer verkaufen, daß Wegschmeissen von einem guten Teil auch noch drin ist.
Es ist doch logisch: Wenn die Zucchini so billig verkauft werden, so müssen sie noch viel billiger eingekauft worden sein, oder? Weil herschenken tut auch der Hofer nix.
So billig finde ich 69 cent gar nicht für ein bisschen aufgequollenes Wasser. Zucchini sind wahrlich nicht sehr anspruchsvoll. Erstmal muss man ja auch sagen, dass diese spanischen Unternehmen ihre günstigen Bedingungen, billiges Wasser, genug Sonne… genutzt haben, um ihre Konkurrenten aus anderen Ländern zu unterbieten. Ob die Gemüseproduzenten bei höheren Wasserpreisen gleich zusperren müssten ist nicht ausgemacht und ob sie “ihre Produkte nicht mehr konkurrenzfähig” wären auch nicht. Das klingt mir zu sehr nach dem Jammern der Gemüseproduzenten, die fürchten ihren Konkurrenzvorteil zu verlieren. Teueres Wasser wäre eine veränderte Konkurrenzbedingung, die dann auf höherem Preisniveau die Konkurrenz wieder eröffnet.
Die billigen Erntearbeiter nicht zu vergessen …
Natürlich, aber es ist ja nicht gesagt, daß dann nicht z.B. die Holländer wieder ins Spiel kommen, die ja früher mit ihrem Gashausgemüse die österreichischen Supermärkte befüllt haben. Oder Tunesien, das eventuell die Spanier noch unterbieten könnte.
2010, zum privaten wasserverbrauch in der jungen welt:
“Die Statistiken von Unternehmen wie dem spanischen Stromzulieferer Endesa oder dem Wasserversorger Emasa zeigen die Armut deutlich. Zwischen Januar und September drehte Endesa allein in der Provinz Málaga knapp 44000 Kunden den Strom ab, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlt hatten. Knapp 70000 weiteren Kunden drohte die Firma mit dieser Maßnahme, falls sie die nächste fällige Rechnung nicht begleichen sollten. Das bedeutet, daß etwa sieben Prozent der Bewohner der Provinz Málaga in diesem Jahr einen kalten Winter verbringen könnten. An der Costa del Sol wurde in diesem Jahr zudem fast 6000 Haushalten der Wasserhahn vorübergehend abgedreht, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlt hatten. Und die Provinz Málaga ist nicht gerade die ärmste spanische Provinz. Denn es gibt immer noch die Tourismusbranche, die zumindest während der Saison Arbeitsplätze schafft.”
Also sinkt der Grundwasserspiegel, weil die spanischen Gemüseproduzenten die Holländer aus dem Geschäft drängen wollen, und dass ihre Konkurrenz irgendwann auf sie zurückschlägt, wenn sie die Natur ruiniert haben, ist dann die Folge. Man könnte fast sagen, es sei gerecht, wenn nicht die Beschäftigen wieder diese Miesere ausbaden müssten.
Krim, nicht nur die Beschäftigten der Betriebe, deren Besitzer das verursachen. Und einige Schädigungen, die da miteingeplant oder in Kauf genommen oder einfach nur “nebenbei” eintreten, weil keiner auch nur daran gedacht hätte, mehr zu planen als einen Gewinn, treffen die ganze Klasse und in einigen Fällen sogar alle Menschen einer Region, Schadstoffe sind da bekanntlich sehr klassenunspezifisch.
Also, was das alles für Folgen haben wird, läßt sich gar nicht absehen, weil es ja den ganzen europäischen Lebensmittelmarkt aufmischen würde, wenn bei diesem spanischen Zellstoff-Gemüse größere Ausfälle eintreten. Dieses Zeug bevölkert ja inzwischen schon die Lebensmittel-Geschäfte ganz Mitteleuropas, bis hin nach Rumänien und Polen.
Wieso die Schadstoffe in Spanien jetzt höher sein sollten als bei holländischen Gemüseproduzenten, leuchtet mir jetzt nicht unmittelbar ein. Prinzipiell stimmt das Argument natürlich. Und von wegen aufmischen, muss man sich wohl nicht mehr Sorgen machen als gewöhnlich, will sagen: Der Lebensmittelmarkt im Kapitalismus wird doch sowieso ständig neu aufgemischt. Ich weiß noch, da hat man die Kiwis stückweise gekauft, weil sie so teuer waren. Neulich habe ich 2 kg für 1,50 gekauft.
Ich hab nicht behauptet, daß sie mehr Schadstoffe enthalten. Mit Zellstoff meine ich, daß sie – darüber gibts Messungen – weder besonders viel Nährwert haben, und wie wir wissen, auch nicht viel Geschmack. Was die Schadstoffe betrifft, so gibt es EU-Grenzwerte für Pestizide, aber keine Richtlinien über die Anzahl der verwendbaren Chemieprodukte – weshalb so ein Produkt mit mehreren verschiedenen Giften behandelt werden kann, wenn alles innerhalb der vorgeschrieben Grenzwerte bleibt.
Falls sich andere Produzenten „einbringen“, so machen sie es wahrscheinlich genauso.
Ja, natürlich schreitet Agrarchemie und dergleichen voran – aber ein Gebot der Stunde war doch, daß das Zeug billiger werden soll – Futter für die arbeitende Menschheit, der man weniger Lohn zahlen muß, wenn ihre Reproduktion sich verbilligt ==> Produktion des relativen Mehrwerts.
Für Leute, die etwas mehr Geld aufwenden können, gibts dann die Bio-Produkte.
Und es könnte sein, daß es da zu Schwierigkeiten kommt, wenn diese Art von Produktion durch die Kombination von Aussaugung des Bodens und Dürre kippt.
„Und es könnte sein, dass es da zu Schwierigkeiten kommt, wenn diese Art von Produktion durch die Kombination von Aussaugung des Bodens und Dürre kippt.“
Und dann? Ist das ein Streif am Horizont oder droht weiteres Unheil? Wird der Kapitalismus flexibel genug sein zu reagieren? In welchem Verhältnis steht das zum Steigen des Meeresspiegels?
@Gast
Hmmm. Also, erstens, ein Streif an welchem Horizont? Also, wenn ein guter Teil von den Plantagen eingeht, so verlieren dort Leute miese Jobs, ein paar Agrarkapitalisten machen Bankrott, und die Gegend verödet.
Woanders werden die Lebensmittel teurer, sofern es den Lebensmittelketten nicht geingt, andere Produzenten zu finden, die zu dem gleichen Preis liefern.
An welchem Horizont soll es da was für Lichtstreifen geben?
Das Steigen des Meeresspiegels verursacht Südseeinselbewohnern Probleme, hat aber m.E. auf diese Art von Agrarproduktion überhaupt keinen Einfluß.
@Gast, Ja es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem sinkenden Grundwasserspiegel in Spanien und dem steigenden Wasserspiegel des Meeres. Das Verhältnis beträgt ca. 1:0,00000178, was sich wenn man über Jahre hinweg sehr genau hinschaut als Streifen am Horizont abbildet. Dadurch gehen die Bewohner der Südseeinseln als potentielle Abnehmer von spanischen Gemüse für immer verloren.
Bei ‘horizont’ ist meine ironie anscheinend angekommen.
Bei mir leider nicht. 🙁
“Ich hab nicht behauptet, daß sie mehr Schadstoffe enthalten.” Du nicht aber neo.
“Und es könnte sein, daß es da zu Schwierigkeiten kommt, wenn diese Art von Produktion durch die Kombination von Aussaugung des Bodens und Dürre kippt.” Weil auch sonst, wenn die Preise hochgehen und die arbeitende Menschheit sich mal wieder weniger leisten kann, es zu Schwierigkeiten kommt. Oder Wie? Das ist doch das Schöne aus Sicht des Kapitals, dass sie sich um die Armut der von ihr beschäftigen Menschheit nicht zu kümmern braucht. Welche Schwierigkeiten vermutest du denn? Warum sollten die Arbeiter wegen Gemüse auf die Barrikaden/Streiks gehen, wenn sie das sonst auch unterlassen.
Zur Klarstellung: Wer auch immer das “mehr Schadstoffe” behauptet haben mag, ich war das nicht. Das ist mir auch recht egal angesichts des allgemeinen Umgangs mit den Schädigungen, die bei der Agrarproduktion hingenommen oder gar eingeplant werden.
Von Barrikaden und Streiks hab ich auch nix geschrieben.
Irgendwie warne ich vor Überinterpretation irgendwelcher Wörter. Was für Schwierigkeiten ich meine, habe ich ja auch hingeschrieben.
Man soll nicht immer meinen, daß „das Kapital“ „eh alles löst“ – man weiß es doch, die Armen immer ärmer, die Reichen immer reicher!
Das ganze System ist widersprüchlich, und in der Krise treten diese Widersprüche eben offen zutage. Also, daß die Verwertung an ihre Grenzen stößt, oder, wie heute, das Maß der Werte selbst in Frage gestellt ist.
Und all das noch ganz ohne daß Widerstand sich rührt. (Von diesem Hype um irgendwelche Leute, die empört auf die Straße gehen und Anerkennung fordern, sind wir beide, so nehme ich an, ja weit entfernt.)
@neo: “Schadstoffe sind da bekanntlich sehr klassenunspezifisch.” Ich frag mich halt, was für Schadstoffe bei der Gemüseproduktion du gemeint haben könntest und warum es einen Unterschied macht, ob die Schadstoffe in Holland oder Spanien anfallen. Andernfalls müsstest du eben behaupten, dass spanisches Gemüse mehr Schadstoffe enthält als Holländisches und so eine Aussage wäre erklärungsbedürftig.
@nestor: Wenn ich verstehen würde was du meinst, würde ich nicht interpretieren. Welches Problem steht denn an, das das Kapital nicht löst? (Davon abgesehen löst das Kapital eigentlich nie was, was nicht seinem Gewinn dient)
“die Armen immer ärmer, die Reichen immer reicher!” Erstmal bedeutet teures Gemüse, dass die Armen ärmer werden. Der Zweite Halbsatz entwertet diese Aussage, weil dann deine Ableitung zum Spruch verkommt. Was das ganze auch noch mit der Krise zu tun haben soll, weiß ich auch nicht. Krise gibt’s auch schon mit billigem Gemüse aus Spanien.
Nochmal, Krim, wenn du mir entgegenhältst:
“@neo: „Schadstoffe sind da bekanntlich sehr klassenunspezifisch.“ Ich frag mich halt, was für Schadstoffe bei der Gemüseproduktion du gemeint haben könntest und warum es einen Unterschied macht, ob die Schadstoffe in Holland oder Spanien anfallen.”
kann ich nur sagen, daß ich ersten nicht den blassesten Schimmer habe, was in Gemüse so “gemeinhin” drin ist, ob das nun Schwermetalle oder Noro-Viren sind, sagen einem dann schon die im Nachhinein gerufenen Lebensmittelchemiker. Und zweitens macht es natürlich überhaupt keinen Unterschied in welcher Gegend der Welt Schadstoffe anfallen, und ich hatte sowas auch nicht behauptet. Es mag sogar sein, daß XX-Gemüse oder Obst aus YY weniger Schadstoffe hat im Schnitt als aus ZZ, aber das ist mir erst recht egal, zudem unsereiner das ja weder wissen noch überprüfen kann.
Nochmal der Gedanke: Weil das billige Wasser zur Neige geht, steigen die Preise. Wegen vermehrter Konkurrenz kann nicht mehr soviel verkauft werden, d.h. es werden Leute entlassen.
Dazu sagst du: Es werden nicht nur Leute entlassen, sondern auch Schadstoffe produziert. Frage ich: Wieso sind Schadstoffe, ein Ergebnis höherer Preise und vermehrter Konkurrenz aus dem Ausland (von Spanien aus gesehen). Es ist doch wurscht, ob die Schadstoffe in Holland oder Spanien anfallen.
Ich habe nicht den Eindruck, daß es in der Frage der Schadstoffe wesentliche Differenzen unter den Diskutanten gibt.
Du klopfst auch jeden Scheiß erstmal darauf ab, in welche deiner argumentativen Schubladen der einzusortieren wäre. Es gibt immer Gründe, warum irgendwer die Konkurrenz nicht überlebt und dicht machen muss, bspw. den:
Dass da jemand bestehende Zustände kritisiert, ohne permanent auf dem kommunistischen Ausweg daraus rumzuhacken, macht ihn in deinen Schubladen vermutlich zum bloßen ideologischen Schwätzer. Es ändert aber nichts daran, dass seine Forderungen realistischer sind als deine Art bloßer Kritik, die ohne Ideologie eben auch nicht auskommt.
Ach du hälst eine komplette Schuldenstreichung zu Gunsten der dritten Welt für realistischer als die Weltrevolution? Ich halte die Weltrevolution ja auch nicht gerade für morgen angesagt, aber DAS…
Es paßt zu Vorstellungen a la Samson, wenn das Schaumkrönchen linker Kritik am Kapitalismus (nicht zu verwechseln mit Gegnerschaft, die auf seine Abschaffung aus ist), Sahra Wagenknecht, in ihrem unsäglichem Buch “Freiheit statt Kapitalismus”, das eigentlich “Freiheit im Kapitalismus” hätte heißen müssen, weil Wagenknecht ja gar keine Gegnerin des Kapitalismus (mehr) ist, flugs die alte Forderung linker Entwicklungshilfekritiker auch auf die imperialistischen Kernländer angewandt sehen will und auch hier eine Streichung von „50 oder 75 oder auch 100 Prozent ihrer Altschulden” fordert. (Zitiert nach der Kritik des Buches im Heft 1-12 der Zeitschrift GegenStandpunkt http://www.gegenstandpunkt.com/gs/12/1/gs20121147h1.html)
Na na, Samson wollte nicht a la Wagenknecht kapitalistische „Lösungen“ für die Dritte Welt vorschlagen, sonder nur darauf hinweisen, daß man nicht gleich aus Vorgängen am Agrarmarkt auf Ausbleiben oder Stattfinden von Revolutionen schließen sollte.
Zumindest hab ich ihn so verstanden.
Nein, Nestor, so sachlich am Thema neutral ist Samson nicht aufgetreten. Er hat dir explizit folgendes vorgeworfen.
Erstmal ist es schon mal eine Verharmlosung all der blöden Attacis &. Co. deren Forderung der Schuldenstreichung für Dritt-Welt-Staaten nur als “Zustandskritik” zu bezeichnen.
Zweitens verteidigt er ganz offensichtlich prokapitalistische Strömungen (die NGOs sind voll davon) mit dem Argument, das sei um Welten besser als das nutzlose “auf dem kommunistischen Ausweg daraus rumzuhacken”. Und er toppt das mit dem Argument aller Argumente dieser bürgerlichen Welt: Schuldenstreichung ist “realistisch”, kommunistische Revolution ist das nicht. Wobei das immer eine Mischung ist aus Prognose (z.B. Wagenknecht Wählen ist “erfolgversprechender” als eine kommunisitsche Organisation aufzubauen) und aus Analyse was in diesem System notwendig ist und was nicht. Bzw. umgekehrt, was schon noch irgendwie ginge, ohne den Systemrahmen zu sprengen und deshalb auf die Agenda gehört und was leider leider nicht geht und deshalb auch nicht gefordert werden sollte.
Nu ma langsam, Neo. Ich hab mich explizit auf diesen Kommentar bezogen, und der ist definitiv nicht von Nestor. Weshalb du nun gleich die Wagenknecht ins Spiel bringen musst, kann ich mir nur so erklären, dass du halt auch lieber mit Kanonen auf Spatzen schießt, wenn partout kein anderes Ziel in Sicht ist.
Samson, ich bin belustigt geneigt, dir zuzustimmen, daß eine Kritik an Frau Wagenknecht im marxistischen Sinne wohl eher einer Jagd auf “Spatzen” ähnelt, auch wenn ich noch nicht mal ausgeholt habe, um die argumentativen “Kanonen” dazu rauszuholen. Zu diesen Thema habe ich ja oben schon auf die aktuelle Rezension im GegenStandpunkt hingewiesen, der ich mich erstmal anschließe.
Mit deiner konkreten Richtigstellung komme ich aber nicht zurecht: Der Absatz, den ich von dir zitiert habe
steht doch direkt im Anschluß an ein Zitat von dir, das mit dem Satz aufhört:
Und du wirst kaum bestreiten wollen, daß es von einer impliziten Aufforderung zur Schuldenstreichung bei den ärmsten Staaten der Welt, die ja seit Jahren in manchen Kreisen eine immer wieder aufgestellte Forderung ist, zu Frau Wagenknechts “Lösung” der Schuldenkrise durch Schuldenstreichung jeweils bei Beibehaltung der kapitalistischen Zwecke kein sonderlich weiter Sprung ist, oder etwa doch?
Diese Art von Diskussion, wo keiner liest, was der andere schreibt, sondern gleich irgendetwas anderes hineinliest, um dann dagegen aufzutreten, schätze ich nicht.
Krim wollte darauf hinaus, daß steigende oder fallende Tomatenpreise nicht der Rede wert sind, es sei, denn, jemand wolle daraus Dinge ableiten, die sich daraus nicht ableiten lassen. Kapitalismus ade, oder: Revolution! usw – was etwas an den Haaren herbeigezogen gewirkt hat.
Dagegen hat Samson Nachrichten aus der Welt der (Agrar-)Marktwirtschaft zitiert, um darauf hinzuweisen, daß es ja auch Subventionen gibt, um die eigenen Produzenten herauszureißen, wenn sie Gefahr laufen, in der Konkurrenz zu unterliegen.
Das mit den „Forderungen“ und dem „Realismus“ bei Samson ist natürlich auch nicht ganz ohne, weil Krim vorzuwerfen, er sei nicht realistisch, weil er keine „Forderungen“ stellt, geht glaube ich an seinen Anliegen sehr weit vorbei.
Und da ist Neo dann natürlich gleich die Frau Wagenknecht eingefallen, die ja das p.t. Publikum mit lauter realistischen Forderungen bombardiert, weil sie sich vermutlich deshalb für wählbar hält.
Ich bin schon mal keiner von denen, die das, was der andere schreibt, nicht liest. Jedenfalls lese ich Samson, von dem ich ja aus langer Vor-Leseerfahrung weiß, daß er in vielen auch wichtigen Fragen andere Auffassungen vertritt als ich, sehr wohl. Was man ja eigentlich auch daran ablesen kann, daß ich ihn wirklich zitiere, was leider nicht immer alle hier tun. Und wenn ich dann was Falsches oder zu viel in ein Statement reininterpretiere, lasse ich mir das auch gern erzählen.
Daß Samson primär den Punkt mit den EU-Agrarsubventionen gebracht hat, will ich ja gar nicht leugnen, wenn ich das für falsch halten würde, hätte ich dazu schon explizit was geschrieben. In seinem Zitat kam aber mehr vor, eben auch die von mir zitierte Stelle. Das ist doch nicht schon Themenverfehlung, wenn man auf Sachen eingeht, die ein Vorposter ja immerhin für so wichtig gehalten hat, daß er es zitiert hat. Hätte Samson ja weglassen können, wenn es ihm wirklich nur um den Subventionspunkt gegangen wäre. Schuldendienst und implizit eben Schuldenstreichung ist ein weiteres und ja auch nicht unwichtiges Thema.
😉
Du gehst halt auf die Sachen ein, die dir ins Auge springen, alles andere lässt du weg.
Ums mal auf den für mich entscheidenden Satz von Ziegler zu bringen (dem seine eigentlich ‘kommunistische’ Gesinnung in seinen Kreisen auch immer mal wieder vorgeworfen wird): Mit den Subventionsstreichungen verfolgt der freilich nicht den Zweck, Markt, Kapital, Demokratie etc. abzuschaffen. Dem (und das steht ja unübersehbar in dem von dir inkriminierten Zitat) geht es in erster Linie darum: “Die Menschen müssen in ihren Ländern ein Auskommen in Würde finden – aber nicht durch Almosen.”
Deswegen die Europäer dazu bringen zu wollen, meinetwegen von ihren Regierungen zu fordern, die Subventionen und die Schulden zu streichen, halte ich für realistischer als darauf rumzuhacken, dass das eh nix bringt, weil damit das Kapital als Produktionsverhältnis nicht beseitigt werden täte. Du musst aber schon sehr oberflächlich, wenn nicht ignorant lesen, um das was Lafontaines neue Schnepfe nicht erst seit paar Tagen verzapft mit Zieglers Anspruch unter einen Hut zu zwingen.
Samson, da mußte ich erst mal ein paar Mal schlucken, als ich bei Wikipedia aus dem Lebenslauf von Jean Ziegler dessen “eigentlich “kommunistische” Gesinnung” versucht habe, herauszufinden. Daß “seine” Kreise sich da bis zum UN-Menschenrechtsrat gezogen haben und er UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung war und auch Mitglied der UN-Task Force für humanitäre Hilfe im Irak war, gibt mir jedenfalls Anlaß genug zu sagen, daß der “Kommunismus” eines sozialdemokratischen katholischen Parlamentarieres wie Ziegler schon mal nicht mein Kommunismus ist. Du hast ja ehrlicherweise gleich hinzugefügt, daß er mit seiner Agenda “freilich nicht den Zweck, Markt, Kapital, Demokratie etc. abzuschaffen” propagiert. Das sehe ich auch so.
Nun zu deinem zentralen Begriff der “Würde”, um die es gehen müßte, wenn es schon nicht um Kommunismus gehen könne: In kapitalistischen Verhältnissen kommt immer dann die Forderung nach Würde auf, wenn man sonst nichts übrig hat für Leute im Elend. Den Reichen dieser Welt mag es an viel fehlen zu noch größerem Glück, vor allem noch mehr Geld, aber an Würde fehlt es da nie. An Würde fehlt es immer nur Menschen, denen es überhaupt an Allem fehlt. Deshalb kriegen Hartz IV-Menschen auch keine ordentliche Wohnung, sondern Würde. Arm aber glücklich sollen Menschen sein, dadurch daß man ihnen zu Würde verhilft. Es ist kein Zufall, daß bei meiner Google-Suche nach “Leben in Würde” gleich einer der ersten Treffer das Bedingungslose Grundeinkommen war. Gleich gefolgt von einem verd.i-Statement “Für ein Leben in Würde – mit und ohne Arbeit. Gegen 1-Euro-Zwangsdienste und Sozialabbau”. Man sieht also, daß Würde schrecklich billig zu haben ist, jedenfalls für deren Vorkämpfer. Und schrecklich “realistisch” obendrein: Sie darf nämlich nichts kosten, diese “Würde”, denn für arme Schlucker, ist hier schon nichts drin und in Afrika erst recht nicht, daß “das Kapital als Produktionsverhältnis” nicht nur nicht beseitigt werden soll, sondern ihm mit seinen Profitansprüchen und Kalkulationen geradezu Recht gegeben wird mit der devoten Bescheidenheit, die sich dann höchstens bei der Welthungerhilfe austoben darf, ist genauso drin bei dieser Forderung wie die Akzeptanz der imperialistischen Staatenwelt mit ihren Kalkülen rund um die Welt. Da paßt es wirklich wie die Faust aufs Auge, daß dein Kommunist Ziegler das Massenmorden der US-Armee (und ihrer Allianzfreunde) im Irak als Mitglied der UN-Task Force für humanitäre Hilfe solidarisch-kritisch begleitet hat.
Zum Schluß würde ich nur wissen, wie du es schaffst, einen tiefen ideologisch-politischen Graben zwischen Ziegler und Sahra Wagenknechts Partei Die Linke zu kriegen? (Das Ziegler noch ein Castro-Fan ist und die Linkspartei zunehmend weniger, wäre da schon mal kein Punkt, den ich gelten lassen würde.)
Oh, oh, Samson!
Hier wird schön vorgeführt, was „realistisch“ für eine verkehrte Kategorie des politischen Denkens ist.
Gerade Ziegler weiß doch immer wieder zu berichten, wie seine Appelle und Initiativen ins Leere gehen und die Menschen, um die es ihm geht, weiter (ver)hungern. Und zwar deswegen, weil die Subventionen und Kredite ja nicht aus Unkenntnis oder Versehen (v)erteilt werden, und der Schuldendienst nicht aus Unverständnis für die Nöte der Menschen eingefordert wird, sondern weil die Regierungen kapitalistischer Staaten ihren Unternehmern dabei Geschäftsfelder erschließen und deren Gedeihen befördern.
Es ist um nichts „realistischer“, also erfolgversprechender, mit der matten Waffe der Moral gegen die imperialistischen Interessen ins Feld zu ziehen.
Und gerade, weil es auch Regierungen von Staaten, denen die Schulden schon über den Kopf gewachsen sind, darum geht, endlich auch ihren Unternehmen “Geschäftsfelder zu erschließen” und deren “Gedeihen zu befördern”, haben sich ja in den letzten Jahren manche dieser Staaten ganz bewußt *gegen* die Streichung ihrer Schulden ausgesprochen, weil sie nämlich befürchten, nach einer Schuldenstreichung als Bankrotteur gebrandmarkt, auf den internationalen Kreditmärkten, auf die sie ja weiterhin auf Gedeih und Verderb angewiesen sind als arme kapitalistische Staaten, keinen Cent mehr geliehen zu bekommen und noch ärger dran zu sein als mit den drückenden Schuldendienstquoten. Das ist zwar verrückt aber logisch (in diesem Scheißsystem).
.. das weiß ich auch, Neo. Dafür ist deine Kritik, wie du selber sehr beredt ausführst, eben auch abstrakt, egal ob es um Castro (der sich übrigens jetzt mal wieder mit dem Pontifex getroffen hat), Hartz oder die Welthungerhilfe geht. Im Übrigen hast du quasi falsch gegoogelt, bei Ziegler stand ausdrücklich “Auskommen in Würde”, und so lange die proletarische Revolution selber eine abstrakte resp. illusionäre Angelegenheit ist, hätte ich persönlich dagegen nicht viel einzuwenden. Und zwar obwohl mir klar ist, dass das mit Kommunismus als Produktionsweise nicht mal ansatzweise was zu tun hat.
Yep, Nestor! Es geht aber weniger um politisches Denken als ums Handeln. Um die Leute zu letzterem zu bringen, halte ich eine Propaganda-Abteilung für keineswegs sinnlos, die nachweisen kann, dass sich mit den vorhandenen Produktionsmitteln, die mit der Produktionsweise nichts zu tun haben, doppelt so viele Leute ernähren ließen als es tatsächlich gibt, und es deswegen faktisch Mord gleichkommt, auch nur einen Menschen dem Hungertod preiszugeben. Um das zu begreifen, braucht es kein “kommunistisches Wissen”, sondern bloß bischen Gefühlsduselei. Aber erst die, und eben nicht Kapital-Lesekreise etc. bringt die Leute zum Nach- resp. Umdenken. Das mag man als Mensch, der an der Uni zu rationalem Denken befähigt wurde, für kritikabel halten. Bedenken sollte man dabei freilich, zum rationalen Denken muss man sich zwingen (und dafür brauchts wenigstens einen Anlass), die Gefühlsduselei überkommt einen dagegen immer wieder ungefragt.
@samson: Die Gründe bzw. der Grund, dass irgendwer die Konkurrenz nicht überlebt, ist immer gleich, er produziert im Vergleich zu anderen zu teuer. Wenn die spanischen Gemüseproduzenten nun einen Kostenvorteil im Vergleich zur Konkurrenz verlieren, das billige Wasser, heißt das erstmal bloß, dass ein Bestandteil des Kostpreises sich verteuert. Es gibt aber auch noch andere Kostenbestandteile, als da sind die billigen Arbeiter und die Sonne, die in Spanien sicher häufiger scheint als in Holland, weswegen Holland Gewächshäuser braucht. Es passiert im Kapitalismus ständig, dass ein Teil des Kostpreises sich verteuert. Dann muss sich der Unternehmer zunächst mal überlegen wie er damit umgeht, ob er das kompensieren kann. Das heißt nicht, dass er am nächsten Tag gleich Bankrott anmeldet.
Der Rest deiner Vorwürfe scheint aus deinem eigenen Schubladendenken zu resultieren. Von einem kommunistischen Ausweg ist bei mir gar nicht die Rede. Ich hab sogar darauf hingewiesen, dass eine relative Verringerung des Lohns durch teures Gemüse eben nicht automatisch heißt, dass die europäischen Arbeiter anfangen zu streiken.
“Krim wollte darauf hinaus, daß steigende oder fallende Tomatenpreise nicht der Rede wert sind,” Der Rede wert sind sie schon. Dass eine Verteuerung des Gemüses Lohnabhängige ärmer macht, kann man schon festhalten. Das ist schon verrückt, dass die Ergiebigkeit spanischer Brunnen darüber entscheidet, wieviel Geld ein Lohnarbeiter in Europa in der Tasche hat. Alles weitere ist jedoch Spekulation.
Auf einem tatsächlich ‘freien Markt’, ja, nur gibts den schon lange nicht mehr (wenn’s den überhaupt je gab). Heutzutage ist reichlich Protektionismus im Spiel, der immer politisch inszeniert ist und den bekommt man mit Kapital-Analyse auch nicht ohne weiteres erklärt. Den Erklärungs-‘Spielraum’, über den ein europäischer Monopolist verfügt, sich “zunächst mal [zu] überlegen wie er damit umgeht, ob er das kompensieren kann”, hat ein afrikanischer Bauer überhaupt nicht. Und das hat eben eindeutig politische Gründe und herzlich wenig mit Konkurrenz zu tun.
Zunächst ging es ja um den europäischen Markt. Im Verhältnis zu nicht EU-Staaten modifiziert der Protektionismus die Konkurrenz. Der afrikanische Bauer hat nicht das Kapital, um so reagieren zu können wie ein europäischer Gemüseproduzent. Er muss sich mehr oder weniger auf die Natur und seine günstigen Arbeitskräfte verlassen. Deren Vorteil besteht eben höchstens darin, dass bei denen noch was wächst, wenn in Europa Winter ist.
Protektion wird ja auch nicht vom europäischen Gemüseproduzenten gewährt, sondern vom ideellen Gesamtkapitalisten eines Landes, den Staat. In dem Fall protegiert der ideelle Gesamtkapitalist, nach außen hin gewendet, die Marktposition der gesamten (nationalen) Geschäftssparte, hier der Agrarindustrie. Deswegen trifft er solche Maßnahmen (die aus bestimmten politischen Erwägungen heraus begründet sind), welche die Gemüseeinfuhr z.B. aus dem Kongo nach Europa künstlich verteuert.
Übrigens Samson, oftmals ist es eine Mischung aus ökonomischen Gründen und politischer Inszenierung, also von beidem etwas. Das ist nun mal so wenn privatkapitalistische und gesamtwirtschaftliche Interesse in einem globalisierten, jedoch imperialisitsch organisierten, Markt ineinanderdriften (z.B. der Protektionismus der US-Stahlindustrie gegen China, oder der Protektionismus europäischer Staaten gegen Agrarprodukten aus diversen Lateinamerikanischen Staaten, oder deren Rohstoffe).
@Samson
Handeln tun Leute, genauso wie Denken, immer und überall. Es kommt immer drauf an, welchen Inhalts dieses Denken und Handeln ist. Es ist eine seltsame Gewichtung, immer das „Tun“ als etwas Höheres als das Denken anzusetzen. Warum eigentlich?
Mit der Propaganda-Abteilung, von der du redest, meinst du vermutlich die die UN-Abteilungen, in denen Ziegler tätig war. Nun ja, irgendeine Propaganda wird bei so Menschenrechts-Behörden sicherlich gemacht, und die daraus folgenden Handlungen schauen auch entsprechend aus. Daß der Hunger auf der Welt nicht weniger wird, ist ebenso augenfällig, und das bestreitet Ziegler selbst auch nicht. Er ist zwar empört darüber, aber das Faktum der Wirkungslosigkeit seines eigenen Tuns verschweigt er nicht. Also könntest du es auch einmal zur Kenntnis nehmen.
Daß die vorhandenen Produktionsmittel mit der Produktionsweise nichts zu tun haben, ist einfach falsch.
Die gibt es doch überhaupt nur deshalb, damit irgendwer ein Geschäft damit macht. Jede Spitzhacke, jeder Pflug usw. kommt nur auf die Welt, weil ihn irgendwer an irgendwen verkaufen kann.
Und der Boden, auf dem die Nahrungsmittel der Menschheit angebaut werden, hat Herren – es sei denn, es handelt sich um unfruchtbare oder ausgelaugte Böden, in die die Besitzlosen dieser Welt sich zurückziehen, um dort vor sich hin zu hungern – so wie in die Sertãoes, über die Ziegler gerne berichtet.
Innerhalb der EU gibt es keinen Protektionismus, keine ‘Fördermittel’ mittels derer deutsche, französische etc. Argarproduzenten gegen die Konkurrenz aus EU-Osteuropa gefeatured werden und erst recht keine staatlich verordnete Lohnkürzungspolitik, und zwar absolute und keineswegs nur realitve (@ star wars: deswegen heißt es halt ideeller Gesamtkapitalist und nicht etwa Martkteilnehmer o.s.ä., d.h. der handelt in sehr bestimmten Interesse)?
Der afrikanische Bauer ist dagegen, wenn man’s denn schon in den Kategorien verhandeln will, i.d.R. Selbstausbeuter, geradeso wie jeder x-beliebige europäische Handwerker, der vor sich hinwurstelt und sich einbildet, mit seiner Qualitätsarbeit ebenso eine ‘Marktnische’ zu finden wie der Möhrenproduzent, der meint, auf Öko- oder Bio-Bonus setzen zu können, weil er mit Scheiße statt mit Chemie düngt.
Eben, deswegen sage ich ja, man soll den Leuten nicht andauernd unterstellen, sie täten sich falsche Gedanken über ihr Tun machen, nur weil dabei nicht mehr herauskommt, als der Kritiker ihres Tuns prognostiziert.
Wäre es tatsächlich so, Nestor, wie kämen dann sog. Überproduktionskrisen zustande, d.h. Konstellationen, in denen einerseits der ganze Krempel offenbar unverkäuflich ist und gleichzeitig Leute sich den Kram genauso offenbar nicht ‘leisten’ können, obwohl sie den dringend gebrauchen könnten? Ganz so einfach ist es dann wohl doch nicht, Nestor. Im Übrigen macht es schon einen Unterschied, ob Spitzhacke und Pflug in meinetwegen kommunaler Subsistenzproduktion oder beim Argrarmonopolisten verwendet werden. Die Frage ist halt, ob man deren Macht zurückdrängen kann, um den Leuten ein ‘würdigeres Auskommen’ zu ermöglichen, oder ob man nicht bloß die Bewohner der Sertãoes auf die Zeit nach der Weltrevolution verweist …
Ein Nachtrag zur “Würde”:
Die Menschenwürde: noch ein untauglicher Einspruchstitel gegen soziale Not
Es liegt ganz in der Logik dieser Sorte Gesellschaftskritik, dass die Anrufung der Göttin der sozialen Gerechtigkeit gegenüber der vermeintlichen Fürsorgepflichtverletzung an den Arbeitslosen von der Anklage des Sozialstaates im Namen der Menschenwürde begleitet wird. Welchen sozialstaatlichen Härten Menschen von Seiten der Staatsgewalt auch immer aus gesetzt sein mögen – vom mittelbaren Arbeitszwang für Arbeitslose bis hin zur Höhe der Regelsätze der Grundsicherung für Arbeitsuchende – jedes Mal sieht diese Kritik einen Verstoß der Staatsgewalt gegen ihr oberstes Prinzip am Werk: nämlich die Gewährleistung der für unantastbar erklärten Würde des Menschen. Diese Kritik will sich nicht damit begnügen, ein Urteil über die gesellschaftliche Armut und die für ihre politische Verwaltung verantwortlichen Mächte und deren maßgebliche Zwecke zu fällen. Sondern der eigentliche Skandal Albert Krölls: Hartz IV – Soziale Gerechtigkeit – Menschenwürde soll darin liegen, dass die Staatsgewalt sich beim Umgang mit ihren „sozial schwachen“ Bürgern gegen ihre eigenen Prinzipien vergangen haben soll. So dass im Endeffekt der eigentliche Geschädigte der kritisierten Maßnahmen also die hehren Grundsätze der staatlichen Rechtsordnung und damit der Staat selber ist, also der Urheber der sozialstaatlichen Schädigungen. Ganz getreu dieser Logik wird auch die staatliche Neudefinition des den Arbeitslosen zugebilligten Existenzminimums durch den Hartz-IV-Regelsatz als Menschenwürdeverletzung qualifiziert. Die massive staatliche Schädigung der materiellen Interessen der Arbeitslosen wird so übersetzt in die immaterielle Selbstschädigung des Staates an seinem höchsten Rechtsgut. Eine nähere Erkundung des Gehaltes der staatlichen Menschenwürdegarantie insbesondere eine Nachfrage bei den autorisierten Hütern der Verfassung hat vor dieser Anklageerhebung mit ziemlicher Sicherheit nicht stattgefunden. Denn dann hätte der Protestbewegung auffallen müssen, dass die maßgeblichen Grundgesetz-Kommentatoren geradezu davor zurück scheuen, einen eindeutigen Fall der (sozialstaatlichen) Verletzung der Menschenwürde zu benennen. Die Beispiele, die dort unter dem Stichwort der nichtüberschreitbaren „Tabugrenze“ als unzulässige Grenzverletzung aufgeführt werden, wie „Sklaverei oder Leibeigenschaft“, „Verkommenlassen in hilfloser Lage“ oder der „Entzug des Existenzminimums“, sind jedenfalls keine staatlichen oder staatlich lizenzierten Praktiken, die hierzulande üblich sind oder deren Einführung von Seiten der Staatsgewalt ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Um das Negativprädikat einer Verletzung der Menschenwürde zu erhalten, ist anscheinend schon eine besonders massive Verletzung der Interessen der Untertanen von Nöten, die einfach nicht von dieser Welt ist, in der Freiheit, Gleichheit und Sozialstaatlichkeit regieren. Für das Ensemble der Zumutungen, welche die Staatsgewalt den Menschen in der Gesellschaft des Grundgesetzes auferlegt, gilt vielmehr umgekehrt gemäß einem anerkannten verfassungsrechtlichen Prinzip die grundsätzliche „Vermutung der Würdeangemessenheit zu gunsten demokratisch legitimierter Gesetzgebung.“ Deshalb erscheint es auch weitaus aufschlussreicher, welchen Erscheinungsformen von schädigenden sozialen Verhältnissen jenseits von Sklaverei und Leibeigenschaft damit das Gütesiegel der Menschenwürdigkeit erteilt wird. So wurde der Zwangskasernierung der Asylbewerber ebenso so die Vereinbarkeit mit der Menschenwürde bescheinigt wie der allgemeinen Wehrpflicht und der lebenslangen Freiheitsstrafe. Im Unterschied zu Formen der Zwangsarbeit wie Sklaverei und Leibeigenschaft verletzt der allgemeine soziale Zwang zur Lohnarbeit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls eindeutig nicht die Würde des Menschen. Die Menschenwürde scheint den einschlägigen Definitionen der Grundgesetz-Kommentatoren zufolge auch mit Formen bitterster Armut und Ausbeutung grundsätzlich vereinbar zu sein, sofern nicht das Existenzminimum gleich vollständig entzogen wird. Mit ihrer Bestimmung der Menschenwürde als eines Schutzgutes, dessen Schutzwirkung im umgekehrt proportionalem Verhältnis zu seinem verfassungsrechtlichen Rang steht, liegen die tonangebenden Grundgesetz-Interpreten auch durchaus richtig. Denn steht eines im Ausgangspunkt fest: Bei der Menschenwürde, die der Staat unter seinen Schutz stellt, muss es sich um eine allen Menschen gleichermaßen zukommende Eigenschaft handeln, welcher die Träger dieser Eigenschaft im Prinzip gar nicht verlustig gehen können, weil sie ja „unantastbar“ ist. Bei der Ermittlung dieser allen Menschen unabhängig von ihren natürlichen oder gesellschaftlichen Unterschieden anhaftenden Qualität scheidet die Zugehörigkeit zur Gattung des Menschengeschlechts bereits im Ansatz aus. Erstens ist die Würde ja qua Definition nicht der Mensch selber sondern eine Eigenschaft des Menschen und zweitens würde ein staatliches Schutzversprechen hinsichtlich der biologischen Natur des Menschen jedes Sinnes entbehren. Der homo sapiens ist eine Naturtatsache, an deren Existenz auch die mächtigste Staatsgewalt nichts zu ändern vermag. Auch das menschliche Leben kommt als Schutzgut der Menschenwürde nicht in Betracht. Zum einen sind die Menschen bekannter maßen sterblich, gehen also auf natürliche Weise eines Tages dieser Eigenschaft verlustig. Ihre Würde lebt aber bekanntlich auch nach ihrem Tode noch fort. Zum anderen ist der staatliche Schutzherr der Menschenwürde, wie insbesondere die Veranstaltung des Krieges zeigt, der eifrigste Konsument von Menschenleben auch der eigenen Bürger, wenn die Inanspruchnahme ihres Lebens für das Überleben des politischen Gemeinwesens angezeigt er scheint. Wenn also als Inhalt des Schutzgutes der Menschenwürde sämtliche dem Menschen qua Menschsein innewohnenden Attribute ausscheiden, kommt als maßgebliche Eigenschaft nur eine solche in Betracht, die den Menschen von außen als deren Qualitätsmerkmal zugeschrieben oder zuerkannt ist. Welche Qualität im Verhältnis zu einem Dritten haben also alle Menschen gleichermaßen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, sozialer Stellung und allen sonstigen Eigenschaften, welche ihre Individualität ausmachen? Die Frage so gestellt, beinhaltet bereits ihre Beantwortung: Alle Menschen sind gleichermaßen als Bürger der staatlichen Herrschaft unterworfen, sind Träger von Rechten und Pflichten gegenüber der Staatsgewalt. Menschenwürde übersetzt sich also gemäß der einschlägigen Definition auch des Bundesverfassungsgerichts in die staatlich verliehene Qualität Person oder Rechtssubjekt zu sein. Der Staat ehrt und würdigt also mit dem Schutz der Menschen würde sein eigenes Geschöpf: die seiner Herrschaftsgewalt unterstehenden freiheitlichen Rechtssubjekte. Anders gesagt: Der Staat drückt mit der Menschenwürde das an den Herrschaftsunterworfenen hergestellte Herrschaftsverhältnis über sie als deren gesellschaftliche Natureigenschaft aus. Die Bestimmung des Menschen als Menschen besteht gemäß dieser praktisch wahr gemachten staatlichen Definition in seiner gleichberechtigten Mitgliedschaft in einem politischen Gemeinwesen, das ihm die Erlaubnis erteilt, in aller Freiheit gemäß dessen Vorschriften seinen Interessen nachgehen zu dürfen, gemäß den jeweiligen ökonomischen Mitteln, die man so besitzt. Mit der Menschenwürde ausgestattet ist jeder Mensch, wie dürftig auch immer seine Lebensumstände aussehen mögen, als freie selbstbestimmte Person definiert, die kraft dieses Status zum politischen Gemeinwesen gehört. So ist der Mensch auch als Pauper oder Arbeitsloser glücklich integriert in den Kreis der anerkannten Mitglieder des staatlichen Zusammenhanges. Er darf sich seiner menschenwürdigen Gleichheit erfreuen, die ihm ebenso gebührt wie den Herren über die Arbeitsplätze, die ihn arbeitslos gemacht haben und den Mitgliedern der politischen Klasse, die ihm das Aushalten im Wartestand der Arbeitslosigkeit als Dauernotprogramm verordnet haben. Die Menschenwürde ist also, worum bereits der Phi
losoph Kant wusste, nicht zu verwechseln mit einem ir gendwie gearteten Schutz der Lebensbedürfnisse der Hilfebedürftigen. Ihr Schutzgegenstand ist ungeachtet aller noch so negativen Lebensbedingungen der Subjekte ihre staatsbürgerliche Einbeziehung in den gesellschaftlichen Zwangszusammenhang der Freien und Gleichen, dessen gewaltsame Klammer: den Staat sie als unabdingbare positive Existenzbedingung ihrer Lebensgestaltung anerkennen sollen. Den sie würdigen sollen als den Garanten der Chancen, welche die soziale Marktwirtschaft den als Rechtspersonen anerkannten Konkurrenzsubjekten bietet. Das Existenzminimum: die materielle Basis der Staatsbürgerexistenz Der materiellen Bedürftigkeit nimmt sich die Menschenwürde dementsprechend auch nur insoweit an, um den Untertanen deren Existenz als Rechtssubjekte zu ermöglichen. Ein vom Staat zugesprochenes Recht auf Gewährleistung des Existenzminimums hat deshalb seinen Orientierungspunkt auch nicht in der Bedürftigkeit des Menschen als solcher. Mit dem Bundesverfassungsgericht gesprochen schützt die Menschenwürde nicht vor materieller Not. Erst recht nicht beinhaltet die Menschenwürdegarantie eine Selbstverpflichtung der Staats gewalt zur Beseitigung von Not und Armut. Sondern das soziokulturelle Existenzminimum bezieht sich auf die Gewährleistung der staatsbürgerlichen Existenz des Menschen auf der Grundlage von existenziellen sozialen Notlagen, die quasi als gesellschaftlicher Normalzustand vorausgesetzt werden. Die Gewährung des Existenzminimums soll den bedürftigen Menschen in die Lage versetzen, trotz seiner materiellen Not als Glied der staatlichen Gemeinschaft sein freiheitliches Dasein zu fristen und sich damit der ihm erwiesenen Ehre des Status eines Rechtssubjektes würdig zu erweisen. Das staatlich gewährte soziale Existenzminimum bildet gleichsam die materielle Basis der staatsbürgerlichen Existenz, die staatlich garantierte Grundlage dafür, dass das Leben der „Minderbemittelten“ in den staatlich vorgesehenen Bahnen eines Rechtssubjektes verläuft, welches die Freiheit und damit die Instanz, die ihm dieses Recht verleiht, als die positive Bedingung seines Lebens begreift. Aus dieser Bestimmung des soziokulturellen Existenzminimums als materieller Basis der staatsbürgerlichen Subjektsqualität leitet sich gleichzeitig ab, dass die Menschenwürdegarantie keinen Anspruch auf eine bedürfnisgerechte Versorgung (der Arbeitslosen) durch den Staat begründet. Die staatliche Selbstverpflichtung auf die Gewährung des Existenzminimums bezieht sich nicht einfach auf ein wie knapp auch immer bemessenes Mini mum an Lebensgütern, damit der Mensch als Mensch existieren kann. Sondern sie ist bezo gen auf das sog. soziokulturelle Existenzminimum, d. h. die Teilnahmemöglichkeit des Einzelnen an der Gesellschaft, kurz: auf dessen Rolle als Staatsbürger. Der Staat bestimmt dementsprechend von diesem seinem Standpunkt, in welcher Höhe es der materiellen Unterstützung zur Aufrechterhaltung des staatsbürgerlichen Willens bedarf, in einer Gesellschaft weiterhin seine Heimat zu sehen, die für ihn nur die Rolle des „sozial Schwachen“ vorgesehen hat. Nicht das Maß der materiellen Bedürftigkeit bestimmt den Umfang der staatlichen Hilfeleistungen. Sondern der Sozialstaat weist den Bedürftigen das bescheidende Lebenshaltungsniveau zu, mit dem diese auszukommen haben, um als ordentliche Staatsbürger existieren zu können. Will heißen, um sich auf die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu begeben, ihre Kinder zu rechtschaffenen Staatsbürgern zu erziehen, den demokratischen Parteien trotz aller Unzufriedenheit mit ihrer sozialen Lage ihre Stimme zu geben und insbesondere nicht auf die schiefe Bahn zu geraten, obdachlos, kriminell oder drogensüchtig zu werden. Ungeachtet aller legitimatorischen Berufung der für die Festlegung der sog. Regelsätze zuständigen Instanzen auf die Einkommens- und Verbrauchsstatistik, die den Schein erweckt, als nehme der staatliche Akt der Definition des Existenzminimums in irgendeiner Weise Maß an der materiellen Bedürftigkeit der Notleidenden, hat die Leistungshöhe mit den Lebensnotwendigkeiten der Hilfebedürftigen wenig bis gar nichts zu tun. Die gesetzlich fixierte Ausrichtung des lebensnotwendigen Bedarfes an den unteren Einkommensgruppen und das Lohnabstandsgebot legen vielmehr Zeugnis davon ab, von welchen staatlichen Bedürfnissen die Festlegung der Höhe des Existenzminimums für Arbeitslose tatsächlich bestimmt ist. Die Leistungssätze sind ja erklärtermaßen so niedrig angesetzt, dass sie für die Betroffenen Anreiz bieten sollen, sich zur Entlastung der Staatskassen einen Teil ihres Lebensunterhaltes im Billiglohnsektor selber zu verdienen. Und dafür soll man dem Sozialstaat auch noch dankbar sein, dass der seine Armen nicht gleich verhungern lässt, keinen seiner Untertanen einfach abschreibt, sondern jedem selbst noch den Angehörigen des Prekariats die wunderbare unveräußerliche Chance bietet, sich der staatlichen Gnade als anerkannter Staatsbürger würdig zu erweisen und sein Glück als freies Konkurrenzsubjekt in der kapitalistischen Klassengesellschaft suchen zu dürfen?
(aus Albert Krölls überarbeiteter Fassung seines Vortrags vom 26.01.2012 an der Universität Hamburg (basierend auf Kapitel 5 seines Buches: A. Krölls, Das Grundgesetz – ein Grund zum Feiern? Eine Streitschrift gegen den Verfassungspatriotismus, Hamburg (VSA-Verlag) 2009) http://www.harald-thome.de/media/files/Vortrag-Sozialstaat-2012.pdf)
@ Samson
Nein, Ideeller Gesamtkapitalist heißt es weil der Staat die gesamtwirtschaftlichen Interessen eines (nationalen) Standortes, auch nach außen hin, vertritt. Interessen einzelner Geschäftssparten werden im Einzelfall dann politisch protegiert, wenn zugleich die gesamtwirtschaftlichen Interessen des gesamten Kapitalstandortes befördert werden können.
Was der Kritiker vernünftigerweise machen sollte ist über die falschen Gedanken selbst aufzuklären. Es ist vielmehr umgekehrt, dass für die große Anzahl der Leute nicht mehr dabei rausspringt, hängt von ihren Interessen selbst ab, an denen Maßstäben entlang sie ihr Denken anpassen bzw. orientieren.
Nein, umgekehrt wird ein Schuh daraus. Für die Bedürfnisse der privaten Bereicherung produziert das Kapital rücksichtslos gegen sich selbst, Fabriken, Konsumtionsartikel usw. Es ist die Produktivitätsentwicklung der Arbeit, die rücksichtslos gegen die Bedürfnisse der privaten Bereicherung, die Schranken der Kapitalakkumulation beständig gegen sich selbst ausdehnt. Und dagegen kann die Ankurbelung der Massennachfrage, z.B. über Aufblähung des Staatsaushalts bzw. eine an der Produktivitätsentwicklung orientierte Lohn- und Arbeitszeitpolitik der Gewerkschaften, nur bedingt bzw. zeitweilig was in diese Richtung positiv bewirken.
@Samson
Erstens machst du ein absichtsvolles Mißverständnis, wenn du meinen Satz so interpretierst, als hätte ich eine Verkaufsgarantie mitgedacht, um mich dann der Unwissenheit bezüglich des Umstandes zu zeihen, daß auch Unverkäufliches produziert wird.
Mit dieser i-Tüpfelreiterei streichst du mein erstes Argument vollkommen durch, das darauf hinauslief, daß die Produktionsmittel ein Ergebnis den Produktionsverhältnisse sind und stellst dem deine bleichsüchtige Sehsucht gegenüber, daß es doch schön wäre, wenn man das trennen könnte.
Während du mich immer als jemanden hinstellst, der die Leute auf die Zeit nach der Revolution vertrösten will – was ich übrigens gar nicht tue, – so läßt du auch meinen anderen Hinweis unter den Tisch fallen: daß Ziegler selber zugibt, daß er nix ausrichtet, weshalb er immer wieder die Praktiken der Konzerne, Regierungen und Institutionen anprangern muß …
“Innerhalb der EU gibt es keinen Protektionismus” Na eben. Das sollte ein Hinweis darauf sein, dass es die ganze Zeit, um den innereuropäischen Markt ging und nicht um “deine” afrikanischen Bauern, die gegen subventionierte EU-Preise ankonkurrieren müssen.
@star wars: “Der afrikanische Bauer hat nicht das Kapital, um so reagieren zu können wie ein europäischer Gemüseproduzent.” Dieser Satz war nicht auf Protektion bezogen, sondern sollte die Auswirkungen der verschiedenen Kapitalgrößen zwischen dem Bauern in Afrika und dem spanischen Gemüseproduzenten verdeutlichen. Ein großes Kapital hat einfach mehr Möglichkeiten die Verteuerung eines Kostenbestandteils zu kompensieren.