Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 31.5.: Hysterie um Nahrungsmittelversorgung

ANGEBLICHER WELTHUNGER

Die Hysterie um die Lebensmittelknappheit im Jahr 2023 ist ein Schmarrn: Wer profitiert davon, die Welt mit Hunger zu bedrohen, und wie wird das enden?

Der Präsident des russischen Getreideverbandes ist sich sicher, dass die Nahrungsmittelpanik im Westen von denen geschürt wird, die „an der Ukraine“ Geld verdienen wollen.
Die angeblich bevorstehende Nahrungsmittelknappheit und Hungersnot sind nichts weiter als Informations-Unsinn, aus dem eine Reihe westlicher Länder Kapital zu schlagen versuchen. Dieser Meinung ist der Präsident des Russischen Getreideverbandes Arkadij Zlochevskij.

All diese aufgeblasene Informationshysterie zum Thema der kommenden Hungersnot hat nur ein Ziel – die Preise zu erhöhen. Es ist dieses Preiserhöhungsspiel, das zu echten Bedrohungen für die weltweite Ernährungssicherheit führt. Denn die physische Versorgung, die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln sei nicht gefährdet, eine mögliche Verknappung sei einfach nicht gegeben und die wird es nicht geben, meint der Experte.

Zlochevskij zitiert Äußerungen westlicher Politiker, dass „die Getreidereserven der Welt nur für zehn Wochen reichen werden – oh, eine Katastrophe!“
Diese an die Wand gemalte Bedrohung ist seiner Meinung nach absolut lächerlich.
Nach den Empfehlungen der FAO sollten Vorräte mindestens 17% des weltweiten Verbrauchs betragen. Rechnet man diese 17% des Jahresverbrauchs in Wochen um, kommt man auf etwa neun Wochen. Das heißt, „die katastrophal niedrigen Lagerbestände“ sind sogar höher als die offiziellen Empfehlungen der UN-Ernährungsorganisation.

Die Informationskanäle des US-Landwirtschaftsministeriums, des US-Getreiderats, der FAO und anderer heizen die Situation an, um das Getreide bis zum Ende der Saison gewinnbringender zu verkaufen. Wir sehen dieses Bild Jahr für Jahr. Und jetzt wird es auch noch durch die Situation in der Ukraine angeheizt, sagt Zlochevskij.
Aus der gleichen – durchaus eingespielten – Quellen stammen seiner Meinung nach die Schreie, dass es dringend notwendig sei, der Ukraine beim Export von 20 Millionen Tonnen Getreide zu helfen.

„Meiner Meinung nach werden sie einfach von den Interessen der europäischen Länder diktiert, mit diesem Getreideexport Geld zu verdienen. Der Transit geht durch ihr Territorium, die Verschiffung erfolgt durch die rumänischen Schwarzmeer- und die (polnischen) Nordsee-Häfen. All dies wird nicht kostenlos gemacht. Sie verdienen damit Geld. Und die Ukraine verliert es natürlich.“ sagt Zlochevskij.

Das Gleiche gilt für Aussagen, dass die Ukraine dieses Jahr ohne Ernte bleiben wird – und das sei ein großes Problem für den gesamten Weltmarkt:

Auch dies ist ein aufgeblasener Unsinn. Betrachten wir die grundlegenden Daten: Wintergetreide wurde in der Ukraine vor dem Herbst angebaut. Und es ist in ausgezeichnetem Zustand, genauso wie das russische. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums der Ukraine ist derzeit für mindestens 76 % der Anbauflächen eine Sommerernte zu erwarten.

Alle diese „Panikspiele“, prophezeit Zlochevskij, werden schließlich in einem starken Einbruch der Weltgetreidepreise enden. Jetzt werden sie nach seinen Berechnungen um etwa 140 bis 150 Dollar pro Tonne über dem realen, den Kosten angemessenen Preis verkauft. Das ist der „Preis der Hysterie“.

Wie sieht es in Rußland mit der Getreideernte aus?

Die Prognosen des Getreideverbands für die zukünftige Ernte in Rußland sind weniger optimistisch als die des russischen Landwirtschaftsministeriums: 120 Millionen Tonnen Getreide, darunter 80 Millionen Tonnen Weizen (das Landwirtschaftsministerium prognostizierte 130 Millionen Tonnen Getreide, darunter eine Rekordmenge von 87 Millionen Tonnen von Weizen). Das Aussaattempo war etwas geringer als im letzten Jahr.
Aber trotz dieser Verringerung, meint Zlochevskij, wird die Ernte gut sein:
Die Winterkulturen sind in sehr gutem Zustand, die Vegetation blüht, wenn auch langsam, aber durchaus Anlaß gebend zu Optimismus. Die Speicher werden gut gefüllt werden.
Derzeit sind die Lagerbestände an verfügbarem Getreide jetzt fast 20 % höher als im Vorjahr. Die Exportverkäufe sind am Laufen, allein im Mai wurden 1 Million 260 Tausend Tonnen Weizen aus Rußland exportiert.

Große Reserven scheinen in der aktuellen Situation eine gute Sache zu sein. Aber laut Zlochevskij ist das nicht so:
„Die Preise auf dem Inlandsmarkt beginnen ziemlich stark zu fallen. Der Preis für Weizen der 4. Klasse ist im vergangenen Monat von 16.000 auf 14.900 gefallen. Es gab viele Gespräche über die Notwendigkeit, in der aktuellen Situation mehr Reserven zu halten. Aber jetzt üben diese Vorräte Druck auf den heimischen Markt aus. Wir müssen Platz für eine neue Ernte schaffen. Dadurch steigt das Angebot und die Binnennachfrage ist begrenzt. Was bedeutet fallende Preise? Das ist weniger Geld in den Taschen der Bauern, sie können das Arbeitstempo des letzten Jahres für die Aussaat nicht halten (obwohl das Landwirtschaftsministerium von einer Rekordsumme an Subventionen für die Aussaat spricht – Anm. d. Red.).
Bisher ist das Problem nicht so akut. Aber bezüglich der Wintersaat im Herbst kann es schon zu einer Verringerung der Aussaat kommen.“

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Man merkt an diesen Informationen, daß es die Marktwirtschaft und die Medien sind, die zumindest zu einem Teil die Inflation der Lebensmittel und die Probleme der Versorgung verursachen – und gar nicht der Krieg in der Ukraine.
Getreide wäre genug da, aber es ist, wie alles andere auch, ein Mittel der Bereicherung für diejenigen, die damit handeln.  

Die derzeitige Politik Rußlands ist, den Hafen von Mariupol zu reparieren und für den Getreideexport desjenigen ukrainischen Getreides zu verwenden, das sich in Speichern oder auf dem Gelände derjenigen Territorien befindet, die unter russischer Oberhoheit sind – der große Teil des Donbass, und Teile der Regionen von Cherson und Saporoschje.
Derzeit wird bereits einiges an Getreide über Sevastopol exportiert, die Wiederherstellung des Mariupoler Hafens dürfte in einigen Wochen abgeschlossen sein.

Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 29.5.: 40 Milliarden für die Ukraine?

WARUM SELENSKIJ DIE VON DEN USA BEREITGESTELLTEN 40 MILLIARDEN NICHT SEHEN WIRD

Joe Biden unterzeichnete ein Gesetz, das der Ukraine 40 Milliarden Dollar an militärischer und humanitärer Hilfe zusagt. In Kiew reibt man sich schon die Hände angesichts dieser Perspektiven.

Aber so einfach ist die Sache nicht. Selenskij und seine Freunde werden nicht mehr als 10% dieses Betrags sehen, der Rest geht „nicht auf ihren Namen“, und niemand wird dieses Geld weder heute noch morgen überweisen. KP.RU hat das vom Präsidenten der USA unterzeichnete Dokument sorgfältig gelesen, zusammen mit Alexander Domrin, Professor der Juristischen Fakultät der Wirtschafts-Hochschule HSE.
Es stellte sich heraus, daß die darin enthaltenen Zahlen sehr interpretationsfähig sind.

Ein Teelöffel jährlich

AD: Dies ist das siebte Hilfspaket, das die USA der Ukraine zur Verfügung stellen. Die erste war am 25. Februar. Das heißt, das war ein „Sofort-Paket“, das sie buchstäblich am nächsten Tag nach Beginn unserer Sonderaktion zugeteilt haben. Unterstützung dieser Art geht normalerweise nicht so schnell durch den Kongreß. Es ist ziemlich offensichtlich, daß es im voraus vorbereitet wurde.
Danach gab es zwei Pakete im März und vier im April. Aber das war eine ganz andere Art von Hilfe. Nicht so wie jetzt.

KP: Was ist der Unterschied?

AD: Alles, was vor diesem jetzigen 40 Milliarden-Paket verabschiedet wurde, war auf sofortige Hilfe ausgelegt. Einmalzahlungen, sofort. Wie immer man das nennen will. Jetzt wird die Unterstützung auf Jahre berechnet. Das heißt, die Amerikaner planen, daß dies ein lange andauernder Konflikt wird. Das Gesetz stellt klar, daß diese Zahlungen auf mehrere Haushaltsjahre angelegt sind.

KP: Das heißt, morgen wird kein Flugzeug mit Containern ankommen, mit 40 Milliarden als Geldpakete mit der Aufschrift „für Selenskij“?

AD: Natürlich nicht. Ca. 5 Mrd. entfallen auf die Jahre 2022 und 2023, weitere 9 Mrd. werden bis 2026 kalkuliert. Der Gesamtbetrag beträgt 40 Milliarden US-Dollar, die bis zum Geschäftsjahr 2031 ausgegeben werden sollen.

KP: Erwarten die USA also, daß die Ukraine in den nächsten 10 Jahren nicht entnazifiziert wird?

AD: Sie berechnen nichts, sondern sie planen es so. Sie wollen, daß es ein langfristiger Konflikt wird. Und das Gesetz über die Zuweisung von Hilfen an die Ukraine ist Ausdruck dieses politischen Willens.

KP: Wurscht. Selbst für 10 Jahre ist das viel.

AD: Es gibt bei uns so einen Begriff: „hinterlistige Zahlen“. Nichts dergleichen geschieht, wie der Schein glauben machen will, niemand weist der Ukraine 40 Milliarden zu. Dieses Geld geht an die „Ukraine und andere vom Konflikt betroffene Länder“. Dies ist ein Zitat aus dem bereits unterzeichneten Gesetz.

Das ist für mich, und das ist für mich, das ist wieder für mich

KP: Wofür werden diese 40 Milliarden verwendet?

AD: Das Gesetz ist sehr erstaunlich und es beschreibt klar, für wen das Geld bestimmt ist.
So wie folgt:
3,9 Milliarden Dollar – „Hilfe für das US-Militär in Europa“
Wir ziehen diesen Betrag sofort von denselben 40 Milliarden ab. Natürlich wird dieses Geld nirgends in der Ukraine gehen, es wird in Kiew nicht einmal gesehen werden.

19 Milliarden Dollar laufen als Posten „Militärhilfe für die Ukraine“. Sie bestehen aus:
6 Mrd. $ – Ausbildung der Streitkräfte der Ukraine (Ausbildung von Soldaten, Kauf von Ausrüstung und logistischer Unterstützung).
Die Ausbilder sind Amerikaner, die Waffen sind aus den USA (die sie in ihren Lagern haben), logistische Unterstützung wird von US- und NATO-Streitkräften geleistet.
Washington wird diesen Betrag direkt an seine Fabriken, Einheiten und Spezialisten überweisen. Selenskij wird sie nicht sehen.
9 Mrd. $ – für die Aufstockung der US-Waffenbestände
Im vorigen Absatz verkaufte das Pentagon Waffen aus seinen Lagern an die Ukraine. Jetzt muß nachgefüllt werden. Was werden sie mit diesen 9 Milliarden tun, die die Aufschrift „Ukrainehilfe“ haben?
Diese 9 Milliarden bleiben einfach in Washington.

4 Milliarden Dollar schließlich werden der Ukraine für unabhängige Käufe gegeben.
Dies ist die erste Tranche, die tatsächlich in die Hände der ukrainischen Behörden fallen wird. Mit ihnen kann Selenskij alles kaufen, und von jedem. Nun, seine Handlanger können sich hier die Hände wärmen.

(Falls sich hier jemand mit dem Rechnen schwer tut: Von den 40 Milliarden sind also fast 19 Milliarden Unterstützung des US-Militärs, 4 gehen in die Ukraine für Waffenkäufe. Bleiben also noch 17,1 Mrd.)

Und der dritte Posten lautet: „Allgemeine Hilfe für die Regierung der Ukraine“ – 16 Milliarden Dollar.
Ich zitiere wörtlich aus dem Gesetz für die genauere Beschreibung dieses Betrags: Er ist für „globale humanitäre Hilfe“ und für „internationale Programme zur Minimierung der globalen Folgen des Konflikts in der Ukraine“ vorgesehen. Anscheinend gehen die Amerikaner davon aus, daß es einige globale Folgen des Konflikts in der Ukraine geben wird, und weisen dieses Geld internationalen Programmen zu, um diese Folgen abzufedern. Um was genau es geht, geben sie nicht an. Aber unter anderem werden angeführt:
5 Milliarden US-Dollar für die globale Ernährungssicherheit
2 Milliarden Dollar – „langfristige Unterstützung für NATO-Verbündete“ und „Modernisierung des Verteidigungsministeriums“. Das heißt, das amerikanische Pentagon. Daraus kann man schließen, daß dieses Geld die USA nicht verlassen wird.
(Höchstens in Richtung Polen …)

1 Milliarde US-Dollar, um ukrainischen Flüchtlingen in Europa zu helfen.
(Auch da wird vermutlich Polen den Löwenanteil erhalten.)

364 Millionen Dollar – Studien zur militärischen Situation in der Ukraine.
Diese Nachforschungen werden von einer US-Institution angestellt werden, die im Gesetz nicht genannt wird. Es wird sich aber sicher eine geeignete Institution oder Firma finden. Wir haben bereits gesehen, in welche Korruptionsskandale die Familie Joe Biden verwickelt war, also besteht kein Zweifel, daß sie auch hier Hand anlegen wird. Darüber hinaus müssen wir die Tatsache berücksichtigen, daß 12 % jeder Vertragssumme mit der US-Regierung für Verwaltungskosten aufgewendet werden.

400 Millionen Dollar – „für Dokumentation und Sammlung von Beweisen für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von der Regierung der Russischen Föderation in der Ukraine begangen wurden“.
Das heißt „neue Butschas“. Mit diesem Geld werden weitere Provokationen erfunden, produziert, inszeniert, die später als „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bezeichnet werden, die angeblich von der russischen Regierung in der Ukraine begangen worden sind.
Dieselbe „allgemeine Unterstützung für die Regierung“ der Ukraine umfaßt also Mittel zur Unterstützung von Flüchtlingen, diplomatische Unterstützung und Expertenberatung und so weiter. Ein Teil des Betrags wird auf andere US-Abteilungen und Ministerien verteilt.

Zum Beispiel:
Das Außenministerium erhält 110 Millionen Dollar, um die Sicherheit der Botschaften in der Ukraine und den Nachbarländern zu organisieren und zu stärken. (Diese 100 Mill. werden direkt überwiesen).
Das Finanzministerium erhält 52 Millionen Dollar, um das Eigentum russischer Oligarchen aufzuspüren und zu lokalisieren. Das heißt, das US-Finanzministerium wird nach russischen Oligarchen in den USA Ausschau halten. Bitte beachten Sie, daß hier die Ukraine mit keinem Wort erwähnt wird.

Das sind Details, die zu diesen 40 Milliarden Dollar aufscheinen, die angeblich in die Ukraine gehen. Sie bleiben größtenteils entweder in den USA oder gehen zu ihren Verbündeten.

(Ungefähr 8 Mrd. bleiben noch, über deren Bestimmung man gar nichts erfährt.)

Wer zahlt für dieses Gelage?

Die Frage bleibt offen, stellt Domrin fest.

Auf jeden Fall muß Kiew 6 Milliarden Dollar mit Zinsen für die „Ausbildung der Streitkräfte der Ukraine“ und 4 Milliarden Dollar für „unabhängige Einkäufe“ zurückgeben. Biden äußert sich stets vage über den Rest. Er spricht gerne über Lend-Lease, aber er spricht nie über die Bedingungen. Aber glauben Sie mir, die USA schauen darauf, daß sie selbst nicht zu kurz kommen.

Unterdessen hat die renommierte Ratingagentur Moody’s das langfristige Rating der Ukraine auf Caa3 herabgestuft, was „Schulden von sehr niedriger Qualität und hohem Risiko“ bedeutet. Die Agentur stellte fest, daß sich die Ukraine bisher aufgrund internationaler Unterstützung über Wasser hält, aber dies erhöht die Staatsverschuldung erheblich.

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Ein guter Teil dieser Summe wird sich auf die US-Staatsverschuldung schlagen, so viel ist auch sicher. Die USA verschuldet sich also weiter, um unter dem Titel „Ukraine“ ihre eigene Rüstungsindustrie, ihr Militär und andere US-Ministerien und sonstige US-Institutionen und -Firmen finanziell zu unterstützen.

Die USA können sich das leisten, weil der Dollar relativ unangefochten immer noch den ersten Platz unter den Weltwährungen einnimmt.

Es ist aber nicht sicher, wie sich ein etwaiger Regierungswechsel in den USA auf die Verschuldungspolitik und damit auch auf dieses Hilfspaket auswirken wird.

Mit diesem Gesetz wurde zusätzlich eine Grauzone geschaffen, um besonders geschätzte Verbündete innerhalb der NATO bevorzugt mit Mitteln zu bedenken, ohne daß dies irgendwie bei NATO-Institutionen zur Sprache kommen muß. So wie die Sanktionen die EU spalten, so richtet dieses sogenannte Ukraine-Hilfspaket eine „NATO der zwei Geschwindigkeiten“ aus.

Frieden gegen Gebietsabtretungen?

GEOPOLITIK UND MORAL

Ein ukrainischer Freund hat mir folgende Frage gestellt:

„Ich möchte deine Meinung bezüglich der Ukraine wissen. In letzter Zeit sind einige westliche Führungsfiguren der Ansicht, man müsse Rußland Gelegenheit geben, das Gesicht zu wahren. Was soll man darunter verstehen, angesichts dessen, was Rußland bereits getan hat? Und warum kommt eine solche Meinung überhaupt auf? Vielleicht, weil die Großkonzerne keine Gewinne einbüßen und die Geschäftsbeziehungen mit Russland wiederherstellen wollen?
Was denkst du dazu?“

Ich habe ihm geantwortet:

„Zunächst einmal und ganz prinzipiell gesagt: Diese westlichen Politiker sind draufgekommen, daß man Rußland nicht zerstören kann und daher mit ihm leben muß.
Dazu tragen die Erfahrungen der letzten drei Monate bei: Es hat sich unangenehmerweise herausgestellt, daß weder die USA noch die westeuropäischen Staaten mehr die Dirigenten des Weltgeschehens sind, sondern daß sie mächtige Gegenspieler haben.
Das ist eine bittere Erkenntnis, aber sie läßt sich nicht verscheuchen.

Es gibt seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Heartland-Theorie MacKinders, die im Grunde besagt: Wer Rußland beherrscht, hat den Schlüssel zur Weltherrschaft in der Hand. Den russischen Eurasiern (Dugin & Co.) gilt das als Chance und Sendung, den westlichen Politikern als ein ständiges Schreckgespenst, das sie dazu drängt, Rußland isolieren zu wollen.

Man darf auch die Situation nicht vergessen, als die EU im Dezember 1991 gegründet wurde: Damals ist die SU zerfallen und die europäischen Politiker dachten, sie können jetzt diese abgetretene Macht beerben und sich nach Osten ausdehnen, Ende nie. Jelzin war ihnen als Politiker ganz recht: Je mehr er kaputt macht, um so besser für die EU und überhaupt den Freien Westen. Seit Putin versucht, den Laden zusammenzuhalten, sind sie sauer und sehen ihre Felle davonschwimmen.

Mit dem Ukraine-Krieg ist eine Situation eingetreten, wo für beide Seiten gilt: Kopf oder Zahl? Zusammenarbeit oder Untergang?
Die Isolation Rußlands gelingt nicht, und alle Seiten wissen, daß einen Atomkrieg niemand gewinnen kann.

Hier in Portugal, wo ich mich derzeit aufhalte, gibt es jeden Donnerstag abend eine politische Diskussionssendung, die heißt „Die Achse des Bösen“, und dort hat gestern eine Teilnehmerin klar gesagt: Bei den derzeitigen Energiepreisen und den dadurch verursachten Preissteigerungen wird Europa in eine schwere Rezession verfallen und darüber möglicherweise die EU auseinanderbrechen. Man muß daran arbeiten, dieses Szenario zu verhindern.
Auch die militärische Situation sollte man nicht unterschätzen. Die Republikanische Partei hat mit Trump klargestellt, daß sie für Europa keinen Finger rühren wird. Die Demokraten haben keinen Kandidaten für die nächste Wahl, also wird 2024 die Republikanische Partei wieder an die Macht kommen und das heißt, daß dann Europa auf sich gestellt ist.
Schließlich wies die Dame darauf hin, daß es nicht im Interesse der EU ist, wenn die ukrainische Regierung auf die große Pauke haut und sagt, sie werden keine Gebiete hergeben und auch die Krim wieder zurückerobern – das heißt Krieg auf Jahre hinaus, vor der Haustür der EU. Flüchtlinge, Energie- und Lebensmittelengpässe, und Zerstörungen, die eigentlich wer wieder reparieren wird?
Du hast ja selber einmal gesagt: Wer soll all das wieder aufbauen, was jetzt niedergebombt wird?

Will die EU gegen Rußland Krieg führen? Es zeigt sich schon bei den Sanktionen, daß die einige Staaten nicht wollen. Manche stellen sich offen dagegen, andere unterlaufen sie.
Will Deutschland gegen Rußland Krieg führen?
Will Polen gegen Rußland Krieg führen, auch wenn es von den USA dabei unterstützt wird? Kann Polen nach 2024 überhaupt auf diese Unterstützung zählen?
Und wie soll das alles finanziert werden?
Wer zahlt eigentlich die Waffen, die der Ukraine versprochen und teilweise auch geliefert werden?
Das alles bei sicherer Rezession hüben und drüben des großen Teiches …

Gegen diese Fakten nützen die ganzen moralischen Schreie nichts, daß man Putin einschränken muß, daß er verrückt ist usw.

Putin hat genau diese Situation schaffen wollen, wo sich Europa entscheiden muß. Und man muß sagen, die US- und europäischen Politiker haben ihrerseits auch alles dazu getan, den Krieg zu provozieren und damit die Frage der Wahrung der russischen Sicherheitsinteressen auf die Tagesordnung zu stellen.”