Pressespiegel El País, 28.11. Die niedrige Impfquote armer Länder beflügelt neue Varianten

„DIE OMIKRON-VARIANTE AUS SÜDAFRIKA IST SYMBOL DES SCHEITERNS DER WELTWEITEN PANDEMIE-POLITIK

Der Kameruner Virologe John Nkengasong, Direktor der Zentren Afrikas für Kontrolle und Vorsorge gegen Epidemien, erstellte im März eine sehr beunruhigende Prognose.
»Europa möchte 80% seiner Bevölkerung impfen« (es hält bei im Schnitt 70%), »die USA würde gerne 100% seiner Bevölkerung impfen« (und hält bei 69%). »Sie werden die Impfung durchführen, die Reisen beschränken und dann wird Afrika der Covid-Kontinent.«“

Na ja, in vielerlei Hinsicht hat sich der Herr getäuscht. Nicht nur, daß die Impfkampagne in Europa und den USA nicht so läuft wie geplant, aber wie man sieht, sind auch die Reisebeschränkungen nicht eingetreten.

„Am Freitag verkündeten die EU und die USA das Aussetzen aller Flüge aus dem südlichen Afrika auf ihr Territorium, nachdem in Botswana und Südafrika die Omikron-Variante des Virus mit 30 sehr beunruhigenden Mutationen entdeckt worden war. Nkengasong hatte recht gehabt. Die Welt war alarmiert. Die Börsen rutschten weltweit in die roten Zahlen.
Nur 3 von 100 Personen sind laut Universität Oxford in den ärmsten Ländern der Welt vollständig geimpft,“

Was heißt eigentlich „vollständig“, wenn man hört und liest, daß auch bei 2x Geimpften nach ca. einem halben Jahr die Schutzwirkung gegen das Coronavirus nachläßt und nach 8-9 Monaten vollständig weg ist?

„obwohl es Impfstoffe seit ungefähr einem Jahr gibt.
In Afrika ist der Schnitt bei 7%, wobei es Staaten gibt, wo praktisch noch niemand eine Impfnadel gesehen hat, wie Burundi (0,0025%), oder die Demokratische Republik Kongo (0,06%).
Die internationale Situation ist ein Pulverfaß, selbst für die Reichsten. Das Virus mutiert in einem fort und jeder Kranke erhöht die Möglichkeit, daß noch ansteckendere oder aggressivere Varianten des Erregers nach dem Zufallsprinzip entstehen. Nach offiziellen Zahlen gibt es wöchentlich 3 Millionen neu Infizierte, aber die WHO warnt, daß möglicherweise nur jeder 7. Infizierte entdeckt wird, da die Bevölkerung Afrikas sehr jung ist und die Infektionen oft asymptomatisch verlaufen.“

Hier wird keine Unterscheidung gemacht zwischen Erkrankten und Infizierten. Man weiß als Leser also nicht, ob jeder Infizierte oder jeder Erkrankte dem Virus zur Mutation verhelfen kann. Es steht zu befürchten, daß es die Wissenschaft auch nicht weiß.

„Der äthiopische Biologe Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO, hat sich den Mund fusselig geredet, um auf die Ungleichheit bei den Impfungen hinzuweisen. »Jeden Tag werden 6x so viele Auffrischungsimpfungen (in den reichen Ländern) injiziert, wie Erstimpfungen in den Ländern mit niedrigen Einkünften. Es ist ein Skandal!« – meinte er zuletzt vor 2 Wochen. »Das hat so keinen Sinn. Niemand ist sicher, solange wir nicht alle sicher sind«, so sein Urteil.“

Wobei sich allerdings herausgestellt hat, daß auch die „vollständige“ Impfung – was immer das heißen mag – keine Sicherheit vor der Verbreitung des Virus bietet, wie sich in den letzten Monaten in den „reichen“ Staaten der EU und den USA gezeigt hat und auch von den Virologen und Spitalsärzten vor Ort anerkannt und festgestellt wird.

„Die Virologin Nicksy Gumede-Moeletsy, vom örtlichen WHO-Büro in Brazzaville (Republik Kongo) macht darauf aufmerksam, daß die unkontrollierte Ausbreitung des Coronavirus das perfekte Brutbett für „sehr beunruhigende“ Varianten wie Omikron ist. »Solange wir bei einer so niedrigen Impfquote bleiben, bieten wir die Möglichkeit, daß sich die Varianten verbreiten. Afrika braucht Impfstoff.«“

Hier zeigt sich die durchschlagende Wirkung der Marktwirtschaft bzw. des Kapitalismus. Impfstoff kostet nämlich Geld. Und die „ärmsten Länder“ haben davon viel zu wenig, deshalb heißen sie ja auch so.
Vor einigen Monaten, am Anfang der Impfkampagne, gab es das Jammern von linken Publizisten, daß Europa und die USA den anderen Staaten des globalen Südens die Impfstoffe dank ihrer größeren Geldbörse sozusagen „wegkaufen“ würden. Da wurde so getan, als sei es ein Mengenproblem, die einen sind schneller als die anderen.
Aber niemand fragte: Von was für einem Geld soll Burundi eigentlich Impfstoff kaufen?
Andere, weniger linke Publizisten und Politiker machten sich Sorgen, als Argentinien und andere Staaten den russischen Sputnik-Impfstoff kauften. Als Argentinien dann auf Druck seiner Geldgeber den Impfstoff von PfizerBiotech kaufen wollte, verlangte der Pharmariese angesichts der allbekannten Zahlungsunfähigkeit Argentiniens die Verpfändung seiner Gletscher und Ähnliches.
Afrikas ärmste Staaten haben offensichtlich das Geld nicht, die Impfstoffe zu zahlen, obwohl die Impfbereitschaft dort vermutlich hoch ist. Die Klagen von Tedros und den afrikanischen Virologen geht also dahin, daß irgendwer anderer den Impfstoff zahlen müßte, der in Afrika verimpft wird.

„Die Immunisierung des Kontinents wird vom kümmerlichen Zustand der Gesundheitssysteme und einer schlechten Logistik für die optimale Verteilung des Impfstoffs behindert. Aber der große Teil des Problems liegt in den Hamsterkäufen der entwickelten Länder, wie die WHO beklagt. Die Großmächte haben angekündigt, 2 Milliarden Impfdosen spenden zu wollen, mit denen man nicht einmal 70% der Weltbevölkerung 2x impfen könnte. Die USA haben davon 1,1 Milliarden versprochen, die EU 500 Millionen, und das UK und China jeweils 100 Millionen, laut dem US-Think Tank Council on Foreign Relations.“

Also nicht einmal auf die matten 2 Milliarden Impfdosen kommt man bei dieser ungeheuren Großzügigkeit der „entwickelten“ Staaten. Man fragt sich einmal mehr, was da eigentlich „entwickelt“ ist. Offenbar nur der Geschäftssinn: Ka Geld, ka Musi!
Aber damit nicht genug:

„Nach den letzten Daten dieses Instituts wurde bisher nur ein Fünftel der versprochenen Dosen übergeben.

Freigabe von Patenten

Nach Monaten der Polemik um die Freigabe von Patenten für die Anti-Covid-Impfstoffe – die Initiative wird bei der Welthandelsorganisation (WTO) von einigen Mitgliedern, wie der EU, dem UK, Norwegen und der Schweiz blockiert –, stellte die WHO im Juni ein Konsortium zusammen, um zu erreichen, daß das Unternehmen Afrigen Biologics die Formel des Impfstoffes der US-Firma Moderna kopieren dürfe. Diese Firma war nämlich vom Weißen Haus (d.h., Präsident Biden) gerügt worden, weil sie für die Entwicklung des Impfstoffes 9 Milliarden Dollar an Regierungshilfen erhalten hatte.
Afrigen hat jedoch verlautbart, daß es selbst dann keinen Impfstoff vor Herbst 2022 zur Verfügung stellen könnte.

Der Arzt Tom Frieden, ehemaliger Direktor der US-Zentren für Krankheitskontrolle und -Vermeidung, ging soweit zu beklagen, daß 2 Unternehmen »die Welt in Geiselhaft halten«. Er bezog sich dabei auf Pfizer und Moderna, die die Verfahren zur Erzeugung ihrer Impfstoffe preisgeben sollen, da diese als die verläßlichsten eingestuft werden.
Die Delta-Variante, die erstmals in Indien vor einem Jahr festgestellt wurde, hat den Verlauf der Pandemie verändert, da ihre Mutationen doppelt so ansteckend wie die vorherigen sind. Omikron hat 30 Varianten, einige von Delta und anderen bekannten, und eine oder mehrere völlig unbekannte.
Diejenigen erregen die meiste Besorgnis, die mit einer höheren Übertragbarkeit und einer erhöhten Fähigkeit verbunden sind, die menschlichen Abwehrkräfte zu unterlaufen – ob jetzt die natürlichen oder die durch Impfstoff verstärkten.

Das sind ja schöne Nachrichten. Die Omikron-Variante des Coronavirus könnte möglicherweise die bisherigen Impfstoffe wirkungslos machen.
Dann könnten übrigens die EU-Regierungen ihre ganzen gehamsterten Impfstoffe, zu deren Konsum jetzt in Österreich sogar per Impfpflicht gezwungen werden soll, ins Klo schütten.

Aber es braucht wahrscheinlich einige Wochen, bis der Gefährlichkeitsgrad dieser Variante festgestellt wird.
Die Lösung, um damit umzugehen und Ansteckungen zu vermeiden, ist bekannt, erinnert die Virologin Isabel Sola, Leiterin für Experimente mit Impfstoff im Nationalen Biotechnologiezentrum in Spanien: »Es geht nicht darum, etwas radikal Neues zu machen, sondern die bisherigen Maßnahmen zu verschärfen: Masken tragen, Lüften, Kontaktreduktion, Abstand halten … Auch die Impfung hilft,« erklärt sie. »Um das Auftreten von Varianten zu verhindern, ist es wichtig, die Ansteckungen zu verringern, um dem Virus die Möglichkeit der Mutation zu nehmen.«

Immerhin benennt die Dame den Umstand, daß die Impfung nur eine Maßnahme von mehreren ist und nicht die Lösung oder Rettung, als die sie uns seit eineinhalb Jahren präsentiert wird.

Der Bioinformatiker Tulio de Oliveira, Direktor des südafrikanischen Centre for Epidemic Response and Innovation (CERI), führt eines der Teams, die die Omikron-Variante entdeckt haben. Am Donnerstag ersuchte er die reichen Länder, ihre Grenzen nicht gegenüber dem südlichen Afrika zu schließen. Die Staaten, die die neuen Varianten feststellen, sind diejenigen, die am meisten in Labors investiert haben. Es sind nicht unbedingt die, wo die neuen Mutationen tatsächlich auftreten. »Die Welt muß Südafrika und Afrika helfen, nicht sie diskriminieren und isolieren. Durch Schutz und Unterstützung dieser Länder wird die Welt geschützt«, beschwor er die Regierungen von EU und USA.
Erfolglos. Am nächsten Tag verkündete die EU-Kommissionspräsidentin Van der Leyen die Schließung der EU-Grenzen, obwohl bereits ein Fall der Omikron-Variante in Belgien(*1) festgestellt worden war.
Der Biologe Iñaki Comas vom Biomedizininstitut in Valencia (CSIC) bekräftigt, daß »das Wichtige ist, daß die Staaten die Fähigkeit haben, neue Varianten schnell zu entdecken und dieses Wissen schnell mitzuteilen, wie das Südafrika gemacht hat. Nicht um Panik zu verbreiten, sondern um unsere Wachsamkeit zu erhöhen und einzuschätzen, ob es sich um eine Variante handelt, die tatsächlich das Gesicht der Pandemie ändern kann, wie es bei der Delta-Variante der Fall war. Deswegen ist es wichtig, in diese Länder zu investieren. Dort feststellen heißt hier vorbeugen.«“
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(*1) Der Fall in Belgien war ein Reisender, der von Ägypten über Tunesien eingereist war. Die Grenzsperrung gegenüber dem südlichen Afrika ist relativ sinnlos, da die meisten Reisenden von dort mit Zwischenstops nach Europa kommen.
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Im Zusammenhang mit diesem Artikel in El País sei an einen Artikel von Paul Robert Vogt vom 20. April vergangenen Jahres in der Mittelländischen Zeitung erinnert, in dem er auf Folgendes hinwies:

„Die Pandemie ist noch nicht bewältigt und wir wissen nicht, was in den nächsten Monaten noch auf uns zukommen wird, zumal Mutationen oder weitere Vermischungen mit anderen Viren ja erst durch die Verbreitung entstehen und selektiert, d.h. letztlich gezüchtet werden. Insofern ist eine radikale Verhinderung der Verbreitung auch die beste Prävention vor der Entstehung neuer Corona-Varianten.

Zudem gilt es Langzeitschäden einer überstandenen COVID-19-Infektion zu vermeiden. Erste Fallberichte und kleine Patienten-Serien zeigen, dass diese weitaus schwerwiegender sein können als nach einer Infektion mit dem SARS-Coronavirus, da sie aufgrund von Mikrothrombosen in den kleinen Lungenvenen zu einem teilweisen Funktionsausfall der Lunge mit Lungenhochdruck und nachfolgender Herzschwäche führen – eine chronische Erkrankung mit wenig therapeutischen Möglichkeiten und entsprechend hohen Folgekosten.

Die Tatsache, dass ein Corona-Virus möglicherweise ein HIV/Ebola-Genom enthält – z.B. durch Einkreuzung bei der Infektion eines HIV/Ebola-positiven Patienten durch COVID-19 und anschliessender Weiterverbreitung – sollte Warnung genug sein. Sollte eines Tages ein Super-bug entstehen, der das «Corona-Genom der schnellen Verbreitung» mit dem «Ebola-Genom der 90%igen Sterberate» kombiniert, sollten wir über ein fortschrittliches, interdisziplinäres Pandemie-Konzept verfügen, welches auch wirklich funktioniert.“ 

Man kann nicht sagen, daß die Menschheit auf einem guten Weg bei der Bewältigung der Pandemie ist.

Pressespiegel Komsomolskaja Prawda 6.11.: Ölpreis

„DER »HUNDERT-DOLLAR-GRENZSTEIN«: WAS WIRD BIS ENDE DES JAHRES MIT DEM ÖLPREIS UND DEM RUBEL-KURS PASSIEREN?
Weltweite Verhandlungen und Prognosen

Ölexportierende Länder haben eine wichtige Entscheidung getroffen. Sie beschlossen, nicht dem Beispiel der Vereinigten Staaten zu folgen, sondern sich in ihrem eigenen Tempo zu bewegen. Die Weltölproduktion wird wachsen, aber langsam. Weder Russland noch Saudi-Arabien wollen plötzliche Bewegungen. Und zwar aus folgenden Gründen:

Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage

Vor der Pandemie betrug die Ölförderung weltweit etwa 100 Millionen Barrel pro Tag. Aufgrund des Coronavirus wurde sie um 10 % zurückgefahren. Und letztes Jahr wurde sie angehoben, aber ohne Eile. Mitglieder des OPEC+-Kartells haben vereinbart, die Produktion jeden Monat um 400.000 Barrel pro Tag zu steigern. Bis September nächsten Jahres wird die Produktion dann auf das Vor-Covid-Niveau zurückkehren.
US-Präsident Joe Biden forderte kürzlich Russland und Saudi-Arabien auf, die Produktion schneller zu erhöhen. Am Markt herrsche Mangel und der Ölpreis steige.“

Das ist schon sehr dreist. Eine Zeitlang – vor der Pandemie – taten die USA alles, um vor allem Saudi-Arabien zu Erhöhung der Prodsuktion zu bewegen, um einen niedrigen Ölpreis hervorzubringen und damit Rußland und Venezuela zu schaden, deren Deviseneinnahmen ganz oder teilweise auf Ölexport beruhen.
Jetzt, wo der Hut brennt, soll gefälligst – auch von Rußland! – die Produktion gesteigert werden, damit die US-nahe G-G’-Maschinerie geschmiert wird.
Es ist also ein großer Triumph für Rußland, wenn Saudi-Arabien sich jetzt auch nicht gleich auf US-Zuruf bewegt.

„Die Grenze von 80 USD pro Barrel wurde überschritten. Dies ist ein Dreijahreshoch, das die Brieftaschen von Importeuren, einschließlich der Vereinigten Staaten, trifft. Aber Exporteure haben ihre eigenen Gründe.
»Es gibt eine Reihe von Unsicherheiten auf dem Markt, die bei der Senkung der Ölpreise eine Rolle spielen könnten«, sagte Alexander Novak, stellvertretender Premierminister und ständiger russischer Unterhändler bei der OPEC.

Unsicherheit 1 – »Der Winter steht vor der Tür«

Im Gegensatz zu Gas sinkt der Ölpreis normalerweise während der kalten Jahreszeit. Der Hauptverbrauch an Mineralölprodukten entfällt auf Autos. Im Winter werden sie seltener benützt, sodass sowohl der Kraftstoffbedarf als auch die Ölpreise sinken. Kessel und Kraftwerke verwenden normalerweise andere Arten von Brennstoffen – Gas, Kohle, Kern- und Wasserenergie.“

Energiewende! Früher wurden mehr Kraftwerke mit Erdölprodukten betrieben, inzwischen wurde – vor allem in der EU – die Stromproduktion auf andere Energiequellen umgestellt.

„Unsicherheit 2 – »Neue Lockdowns«

Mehrere Länder haben sich erneut dafür entschieden, epidemiologische Regeln zu verschärfen. In Russland und Lettland wurden sanfte Lockdowns angekündigt. Bei einem negativen Szenario können in anderen Ländern Beschränkungen eingeführt werden. Und dies wird die Nachfrage nach Öl reduzieren, wie es im Frühjahr letzten Jahres der Fall war.
»Covid-Risiken nehmen aufgrund von Mutationen im Coronavirus und mittelmäßigen Erfolgen bei der weltweiten Impfung zu«, sagt Alexander Pasetschnik, Leiter der Analyseabteilung des Nationalen Energiesicherheitsfonds.

Unsicherheit 3 – die »Iran-Deals«

Zuerst Sanktionen aussprechen, und dann wieder die Friedenspfeife rauchen. So ungefähr verhalten sich die Amerikaner gegenüber dem Iran. Viele Jahre lang konnte er den Weltmarkt nicht mit Öl beliefern. Die USA glaubten, Teheran entwickle Atomwaffen und bestrafte es auf diese Weise. Dann kam Tauwetter, aber nicht auf lange. Ein paar Jahre später kündigte Donald Trump den Deal mit dem Iran und verbot ihm erneut, sein »schwarzes Gold« zu verkaufen. Jetzt ist wieder Tauwetter. Ende November findet in Wien ein Treffen statt, bei dem die Verhandlungen über die Aufhebung der Sanktionen wieder aufgenommen werden. Dies wird es dem Iran ermöglichen, 4 Millionen Barrel mehr Öl als bisher zu verkaufen. Eine gesteigerte Produktion wird die Ölkosten senken. Eine schnelle Entscheidung ist jedoch unwahrscheinlich.

Unsicherheit 4 – »Energiewende«

In westlichen Ländern wird immer mehr über die Energiewende gesprochen. In Europa wollen sie auf Kohlenstoff-Energieträger (Kohle, Öl, Gas) verzichten und auf umweltfreundliche Kraftstoffe umsteigen. Natürlich ist dies kein schneller Prozess. Aber große Unternehmen bereiten sich bereits auf die Energiewende vor, sie reduzieren Investitionen in die Erschließung neuer Felder. Was bringt es, etwas zu besorgen, wenn es bald nicht mehr nachgefragt wird?!

Es stimmt, es gibt hier Nuancen. Die Wünsche europäischer Politiker sind nicht immer durchdacht. So hat beispielsweise die übermäßige Abhängigkeit von Wind- und Solarenergie bereits in diesem Sommer zu einem starken Anstieg der Erdgaspreise geführt. Daher gehen Experten davon aus, dass Öl auch in Europa noch mindestens 10 Jahre nachgefragt sein wird.“

Eine sehr freundliche Art, auszudrücken, daß die ganze Energiewende ein Haufen Wahnvorstellungen sind, sowohl was die Durchführbarkeit als auch was die Folgen betrifft. Und auch die Beobachtung, daß Wind- und Sonnenenergie eben witterungsabhängig sind und großen Bedarf an traditionellen Energieträgern erzeugen können, wenn der Wind nicht geht und die Sonne nicht scheint, sollte man sich merken.

„»Die Wachstumsraten der grünen Energie sind so, dass sie auf lange Zeit die Produktion von Kohlenwasserstoffen notwendig machen wird«, sagt Georgij Vaschtschenko, Operationsleiter für den russischen Markt bei IC Freedom Finance.

Wie geht es mit dem Ölpreis weiter?

Es gibt viele Unsicherheiten, aber es gibt weitere relativ sichere Faktoren, die den Ölpreis beeinflussen. Daher sind die meisten Experten sicher, dass er bis Ende des Jahres die 100 Dollar pro Barrel überschreiten wird. So viel kostete Öl übrigens schon vor einigen Jahren, es ist kein unüblicher Preis. Und der derzeitige Dollar wird viel billiger. Die Inflation in den USA übersteigt bereits 5,4%. Das heißt, die aktuellen hundert Dollar sind nicht gleich.“

Hier wird etwas verkürzt angedeutet, daß der Dollar Kursverluste einstecken muß, u.a. gegenüber dem Rubel. Der Hinweis auf die Inflation versucht das sozusagen als Automatismus hinzustellen, was in Wirklichkeit ein Zeichen der ökonomischen Schwäche der USA ist.

„In diesem Zusammenhang gehen Analysten der globalen Investmentbank Goldman Sachs davon aus, dass der Ölpreis bis Ende des Jahres 90 Dollar pro Barrel erreichen wird.“

Zweckoptimismus?

„Und die Bank of America richtet den Blick noch weiter. Sie gehen davon aus, dass ein Barrel „Schwarzes Gold“ bis Mitte 2022 auf 120 Dollar steigen könnte. Ihre Experten prognostizieren, dass dies durch eine steigende Nachfrage nach Flugbenzin (es wird mehr Flüge geben) sowie durch fehlende Verarbeitungsanlagen für Rohstoffe verursacht werden könnte.

Wie wird der Rubel reagieren?

Viele Faktoren beeinflussen den Kurs unserer Währung. Der Ölpreis ist nur einer davon, aber ein wichtiger. Steigt der Ölpreis, steigt auch der Rubel. Außerdem wird er von einem weiteren wichtigen Faktor beeinflusst – dem Leitzins der Zentralbank. Sie ist auf 7,5 % pro Jahr gestiegen und wird voraussichtlich weiter wachsen. Die Inflation in Russland hat bereits 8% überschritten. Und das Ziel der Zentralbank ist es, sie zu Fall zu bringen. Dazu muss die Regulierungsbehörde den Zinssatz auf ein Niveau anheben, das über dem Preisanstieg liegt.“

Die Wirtschaftswissenschaft und ihre Weisheiten sind auch in Rußland allgegenwärtig. Allerdings können solche Maßnahmen dort eher von Erfolg gekrönt sein, da dort immer noch ein großer Teil der Wirtschaft staatlich gelenkt ist bzw. viele Betriebe im Laufe der letzten 2 Jahrzehnte wieder verstaatlicht wurden.

„Dies macht Investitionen in Rubel-Anlagen rentabler und erhöht dementsprechend die Rubel-Notierungen. Daher besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Dollar bis Ende des Jahres wie vor einer Woche unter 70 Rubel fällt und dort Fuß fasst.“

Der Rubel als sicherer Hafen für anlagewilliges Kapital, wer hätte das noch vor 2 Jahren gedacht!
Natürlich gibt es auch Faktoren, die dagegen sprechen, daß jetzt die Investorenschar Richtung Rubel aufbricht, aber zumindest Kapital aus den Staaten Asiens könnte sich schon dort umschauen. Eine andere Frage ist, ob diese Investitionen für die russische Wirtschaft brauchbar wären oder nur spekulativ auf Kursgewinne abzielen. Es wäre auch interessant, zu beobachten, wie sich der Kurs des Rubels zum Euro entwickelt.

Es läßt sich auf jeden Fall derzeit ein gewisser Aufwind für Rußland feststellen.

Die europäische Variante der Schuldenbegrenzung

NULLZINSEN UND SPARMASSNAHMEN

In Europa gibt es das Theater um Schuldenobergrenzen nicht. Da läuft das anders. Die EZB leert zwar in großen Mengen Geld in den Kreislauf, oftmals zu Null- und Negativzinsen, und oftmals, ohne daß das an die große Glocke gehängt wird. Welche Betriebe z.B. im Anleihen-Aufkauf-Programm der EZB sind, weiß niemand, aber man kann getrost annehmen, daß diverse große Player wie die Deutsche Bank oder andere nationale Flaggschiffe regelmäßig mit Geldspritzen bedacht werden, wenn es bei ihnen nicht so rund läuft.

Geht es jedoch um Staaten, die mit Schulden-Refinanzierung kämpften, so tritt die gestrenge Oberaufsicht in Brüssel auf den Plan. Da muß man dann jeden Cent umdrehen und schauen, ob damit nicht womöglich „Sozialzuckerl“ ausgeteilt werden oder „marode“ „Zombie“-Betriebe mit Kreditspritzen am Leben gehalten werden. Die Zombies gibt es nämlich nur auswärts, bei uns zuhause – sprich: Deutschland, Niederlande, Österreich, Skandinavien u.a. – wird nämlich solid gewirtschaftet!

Es hat sich also eine gewisse Kultur der verdeckten Subventionen neben einem „Was Jupiter erlaubt ist, darf der Ochse nicht“-Prinzip eingebürgert. Was sich die einen Staaten als selbstverständlich herausnehmen, wird bei den anderen als Unzulässigkeit gebrandmarkt.

Das alles neben der inzwischen mehr oder weniger eingebürgerten Nullzinspolitik, von der die EZB trotz steigender Inflation in den Eurostaaten und Händeringen ebendort nicht abgehen will.
Sie weiß schon, warum.
Zinserhöhungen für Anleihen aller Art würden unabsehbare Effekte für die Schuldenlast der Eurozone zur Folge haben. Es könnte sich herausstellen, daß viel mehr Staaten ihre Schuldenlast nicht mehr stemmen können, als bisher angenommen.

Diese Sparaufrufe gegenüber den Staaten Südeuropas erfolgen, obwohl sich vom Standpunkt der Schuldenlast durchaus positive Effekte der Nullzinspolitik zeigen. Die gleiche Zeitung, die leicht geschockt über die Fast-Bruchlandung des US-Haushalts berichtet, vermeldet nämlich:

„Spanien senkt Zinszahlungen trotz steigender Schulden
Das Budget für 2022 sieht eine Senkung der Finanzierungskosten um 1.500 Millionen vor. (…)
Wie sind solche Einsparungen möglich? Nun, dank der von der EZB getätigten Ankäufe von Staatsanleihen, die die Zinsen auf historisch niedrige Zinsen sinken lassen, sogar ins Negative. Unter diesen Marktbedingungen ist das spanische Finanzministerium in der Lage, seine Schulden zu deutlich geringeren Kosten zu refinanzieren und Einsparungen zu erzielen, selbst wenn die Schulden in einer Höhe gestiegen sind, die nur mit derjenigen der letzten Finanzkrise vergleichbar ist.“ (El País, 9.10.)

Aber die von Brüssel verordneten Sparprogramme haben einen durchaus beabsichtigten Effekt. Sie wirken ähnlich wie die IWF-Vorschriften für Lateinamerika und ähnliche IWF-geschädigte Weltgegenden: Sie helfen Produktion zu vernichten und damit einen Markt für diejenigen Betriebe und Standorte zu schaffen, wo der Schornstein noch raucht. Sie sind also ein Moment der inneren EU-Konkurrenz, wo man sich an gestrauchelten Partnerstaaten schadlos hält, um gescheiterte Exportprojekte zu kompensieren (Iran, Nordafrika, Naher Osten).

Wie ist der Ausblick für die nahe Zukunft?
Weiter wie bisher.