Argentiniens Schulden

SCHULDEN MÜSSEN GÜLTIG BLEIBEN

Über dem Corona-Getöse und der Impfpropaganda sind sowohl die imperialistischen Kriege als auch die ganze Schuldensituation in und außerhalb Europas in den Hintergrund getreten.
Argentinien war 2002 bankrott, und nach der Ära Macri praktisch ebenfalls wieder. Die Verschuldung explodierte erneut, nachdem Macri den größten Teil der Altschuld anerkannt hatte und sich dadurch Möglichkeiten der Neuverschuldung eröffneten. Ein Teil des Finanzkapitals stürzte sich buchstäblich auf die argentinischen Staatsanleihen, die so um die 15-17 % Rendite versprachen, die im Zuge des wachsenden Mißtrauens auf dem Bondmarkt für kurzfristige sogar auf 40% stieg.
Als sich allerdings die Wahlniederlage Macris abzeichnete, war es unmöglich, argentinische Schultitel irgendwo zu plazieren und der IWF mußte einspringen, um die Bedienung der Schulden weiterhin zu ermöglichen.

1. Argentinien, die Schulden und der IWF bis zum Bankrott 2002
Argentinien war einmal das Liebkind des IWF, unter seinem Präsidenten Menem und seinem Finanzminister Cavallo. Damals wurde zur Bekämpfung der Inflation, die ein altes Problem Argentiniens darstellte, aber vor allem nach dem Sturz der Diktatur 1983 enorme Ausmaße annahm, 1991 das „Currency Board“ eingeführt. Da wurde durch den IWF eine Parität des argentinischen Peso mit dem Dollar von 1:1 eingeführt.
Der Preis dafür war, daß sich Argentinien verpflichtete, die im Umlauf befindliche Geldmenge nicht über ein gewisses Maß zu erhöhen und staatliche Unternehmen ausnahmslos zu privatisieren. Wo sich kein Käufer fand, mußten die Betriebe zugesperrt werden. Subventionieren war jedenfalls als marktfeindlich und wettbewerbsverzerrend untersagt.
Dies geschah im Rahmen des allgemeinen Überganges zu einem Kapitalismus ohne Wenn und Aber, der von seinen Kritikern als „Neoliberalismus“ gegeißelt wird. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs war jede Art von staatlicher Intervention verpönt und wurde als quasi kommunistisch angeprangert.

Es begann eine neue Ära der imperialistischen Konkurrenz, die über den Zugang zu Kredit geregelt wurde. Was ein Staat nicht mehr auf seinem Territorium produziert, im Inland aber dennoch benötigt wird, muß importiert werden. Und wenn dieser Staat nicht mehr genügend zu verkaufen hat, weil die Exportindustrien auch den Bach hinunter gegangen sind, muß er sich verschulden. Es beginnt die Ära der negativen Handelsbilanzen und der steigenden Verschuldung.

Argentinien wurde durch das Currency Board sehr attraktiv als Markt. Es besaß eine stabile Währung und viel Bedarf, nachdem die unter den Regierungen Peróns hochgezogene Industrie Stück für Stück zugesperrt wurde. Außerdem fuhren diejenigen Argentinier, die genug Geld hatten, auf Importgüter aus Europa und den USA ab, weil deren Konsum ihnen die Illusion gab, endlich im Kreis der erfolgreichen Nationen angekommen zu sein.
Während Cavallo mit seinem Plan, der Einrichtung des Currency Boards und dem Pakt mit dem IWF als Wunderkind gefeiert wurde, weil er die Inflation auf europäische Ausmaße gedrückt hatte und Argentinien praktisch uneingeschränkten Kredit genoß, konnte es seine Staatsanleihen als Dollar- bzw. DM-Anleihen auf den New Yorker und Frankfurter Börsen plazieren.

Im Laufe der 90-er Jahre kamen jedoch in Kreisen des Finanzkapitals Zweifel auf, ob dieses seltsame Modell auf Dauer haltbar sein würde. Diese Zweifel wurden durch die Schuldenkrisen in Mexiko (1994/95), Südostasien (1997/98) und Rußland (1998/99) verstärkt. Das verschlechterte die Bedingungen für die argentinische Kreditaufnahme, es mußte immer höhere Zinsen zahlen, um seine Staatsanleihen loszuwerden.

Im Inland stieg von Jahr zu Jahr die Arbeitslosigkeit. Die Provinzen des Nordens erhielten die Erlaubnis, selbst Geld zu drucken, um die Angestellten des öffentlichen Sektors bezahlen zu können. Das war eine Notwendigkeit, um den Geldumlauf und die Ökonomie dort aufrechtzuerhalten, zeigte aber die Unhaltbarkeit des Currency Boards auf.
Die volkswirtschaftlichen Klagen über den „überbewerteten“ Peso, der die Exporte erschwerte, sind absurd angesichts der Tatsache, daß Argentinien fast nichts mehr produzierte und daher auch kaum mehr etwas zu exportieren hatte. Das Anfang der Anfang der 90-er Jahre gegründete Wirtschaftsbündnis Mercosur nützte Argentinien auch nichts mehr, trotz der Freihandels-Abkommen, und diente eher Brasilien dazu, Argentinien als Markt für seine Exportprodukte zu benützen.

Dadurch verschlechterte sich die Handelsbilanz immer mehr, und die Verschuldung stieg auf 90-100 Milliarden Dollar an.
Der IWF injizierte 2000 noch einmal ein paar Milliarden Dollar in die argentinische Wirtschaft, sah sich aber zusehends außerstande, die Parität Dollar-Peso für die Finanzwelt aufrechtzuerhalten.
Als die Proteste der ausgesteuerten Massen zunahmen, der Finanzminister den Zugang der Argentinier zu den Bankkonten beschränkte, weil alle Kassen leer waren und ein Präsident nach dem anderen zurücktrat, war der Kredit Argentiniens endgültig beim Teufel und es mußte alle Zahlungen einstellen.

Der Bankrott hatte nicht nur für Argentinien schwerwiegende Folgen, sondern schwächte auch die Position des IWF. Sein Konzept war vor aller Augen gescheitert und die südamerikanischen Staaten wendeten sich von dieser Institution ab und versuchten über das damals noch vom Öl profitierende Venezuela, China und bilaterale Beziehungen zu Kredit und Investitionen zu kommen.

2. Die Bewältigung des Bankrotts. Die Regierungen von Néstor und Cristina Fernández de Kirchner
Unter den von einer Welle der Unzufriedenheit 2003 an die Macht gebrachten Nobodys aus der Provinz – die Kirchners waren bis dahin reine Regionalgrößen – wurden erstens zwei Vergleiche mit den privaten Gläubigern geschlossen und zweitens dem IWF die Tür gewiesen. Die beim IWF aufgelaufenen Schulden wurden zurückgezahlt und Argentinien verzichtete auf weitere Zusammenarbeit mit dem Fonds. Die meisten Schulden waren sowieso bei privaten Gläubigern – Banken, Investmentfonds usw. – aufgelaufen, der IWF hatte eher als Garant fungiert und erst in der Endphase einiges an Geld in die argentinische Ökonomie gepumpt.
Mit über 90% der Schuldner wurde während der Regierung von Néstor Kirchner eine Rückzahlquote um die 30-35% vereinbart, und diese über New York und Frankfurt in Devisen über die Jahre zurückbezahlt.

Diejenigen Gläubiger, die auf den Vergleich nicht einstiegen, verlangten weiter eine 100%-ige Auszahlung ihrer Schuld und versuchten, argentinische Vermögenswerte im Ausland beschlagnahmen zu lassen. Néstor Kirchner konnte teilweise gar nicht zu internationalen Treffen anreisen, da sein Flugzeug dann von Beschlagnahmung bedroht gewesen wäre.

Da diese Gläubiger die argentinischen Anleihen größtenteils rund um und nach dem Bankrott um einen Apfel und ein Ei auf den Bondmärkten aufgekauft hatten, nachdem diese bereits völlig entwertet waren, jetzt aber den vollen nominalen Wert forderten, so wurden sie in Argentinien als „Aasgeier“ bezeichnet, die sich an einem bankrotten Staat bereichern wollten. Nach Néstor Kirchners Tod machte sich seine Witwe dafür stark, diesen Shylocks zu widerstehen und schweißte darüber ihr Volk zusammen. Das ist das, was in den Medien und auf den Finanzmärkten naserümpfend als „Kirchnerismus“ gehandelt wird.
Die Kirchners hatten, aus der Not geboren, und von der Bevölkerung unterstützt, eine No-Go-Area der Finanzwelt betreten: Sie hatten eigenmächtig Schulden gestrichen.

Während dergleichen zur Zeit des Kalten Krieges noch hin und wieder vorgekommen war, wenn der Zusammenhalt des westlichen Blocks gegen den gemeinsamen Feind einen solchen Schritt erforderlich gemacht hatte, so war dergleichen im 21. Jahrhundert, wo die Währungen einzig durch die in ihnen aufgenommenen Schulden beglaubigt werden, ein Verstoß, der das ganze Weltwährungssystem in Frage stellte.

Besonders ärgerlich war, daß Argentinien dank der Unterstützung Chinas damit durchkam.

3. Die Wende wird eingeleitet und durchgeführt
Aber da sich die Amtszeit des Präsidenten in Argentinien auf zwei Stück pro Person beschränkt, winkte den Finanzmärkten die Chance, diesen unhaltbaren Zustand zu beseitigen.
Bei der Präsidentenwahl 2015 trat der die argentinischen Eliten repräsentierende Mauricio Macri gegen einen von Cristina Fernández unterstützten Kandidaten an. In Argentinien selbst kam ihm zugute, daß bei den Eliten der Kirchner-Kurs nicht populär war, auch wegen der Zoll- und Exportpolitik. Auch in der eigenen Partei gab es genug Kritiker, und der ihr nahestehende Kandidat Scioli vermied es, sich in Fragen der Handhabung der Schulden im Wahlkampf allzu deutlich zu positionieren.

Macri wurde bereits vor der Wahl international hofiert. Er trat in Verhandlungen ein, um die Schuldenverwaltung umzukrempeln und sich dafür der Unterstützung der großen US-Banken zu versichern.
Das Geld zu seiner Unterstützung floß in Strömen. Durch Zugeständnisse aller Art kaufte er Stimmen bei den Provinzfürsten und versicherte sich ihrer Unterstützung, und so gelang es ihm, sich bei der Stichwahl gegen seinen Gegner durchzusetzen.
Macri erkannte die Altschuld samt Zinsen und Zinseszinsen an und erhielt zunächst auch Kredit zur Bedienung des Kredits.

Aber die Abwertung des Peso um 35 % kurz nach Amtsantritt, die bald einsetzende und immer mehr galoppierende Inflation, das Ausbleiben der erhofften Investoren, die mit einer betont unternehmerfreundlichen Politik angezogen werden sollten, machten ihn recht bald in Argentinien sehr unpopulär.
Auch auf den internationalen Finanzmärkten trat eine gewisse Ernüchterung ein, als die Bankenwelt merkte, daß sie die Finanzierung des Schuldendienstes selber erledigen mußte, weil der argentinische Staatshaushalt aufgrund der Ebbe in der Kasse lediglich ein Durchhaus sein konnte.
Seine Bemühung, die Unternehmerklasse durch Zoll- und Steuergeschenke für sich einzunehmen und an ihrer Stelle die verarmten Volksmassen zur Kasse zu bitten, brachte nicht nur die Letzteren gegen ihn auf, sondern auch die Staatskasse um ihre Einnahmen, da bei der Oberschicht nicht kassiert wurde und von unten nix kam.

Als die argentinische Staatsverschuldung abermals an ihre Grenzen stieß und ein Zahlungsausfall drohte, sprang der IWF ein und übernahm durch großzügige Kredite zumindest die Bedienung der neueren Schuld.

4. Bauchlandung
Das Ende dieser Schuldenparty zeichnete sich bei der Präsidentenwahl 2019 ab: Macri verlor ziemlich haushoch. Bereits im Vorfeld waren weitere IWF-Kredite und Kreditzusagen nötig, um einen Zahlungsausfall abzuwehren.
Heute steht Argentinien mit 46 Milliarden $ beim IWF in der Kreide. Die Schuld bei den privaten Gläubigern ist ein wohlgehütetes Geheimnis, das wahrscheinlich nur Wenige kennen, wenn überhaupt. Vor allem in der 2. Hälfte von Macris Amtszeit wurden Kredite halboffiziell und zu Wucherzinsen aufgenommen, und es ist nicht klar, von wo noch überall staatliche Schuldverschreibungen auftauchen mögen.
Der heutige Finanzminister Martín Guzmán, ein keynesianischer Volkswirt, versucht seit eineinhalb Jahren, die Quadratur des Kreises hinzukriegen und die unbezahlbare Schuld Argentiniens so in die Zukunft zu verschieben, daß es nicht als Zahlungsausfall angesehen wird.

Letztlich weiß jeder, daß nur der IWF Argentiniens Schuld durch fortgesetzten Kredit zumindest bedienbar machen kann. D.h., der IWF müßte Argentiniens vergangene und zukünftige Verschuldung finanzieren.
Das wiederum könnte zu bösem Gegrummel der Mitgliedsstaaten des IWF führen. Erstens, warum Argentinien schon und andere nicht? Zweitens ist der IWF dafür da, Kreditwürdigkeit herzustellen und nicht dafür, sie durch eigenen Kredit zu ersetzen.

Natürlich wäre auch denkbar, daß der IWF einfach Argentiniens Schuld garantiert und hofft, daß der private Banksektor drauf anspringt und bei einem Zinsfuß oberhalb von 5% eifrig wieder Kredit springen läßt. Eine Art Currency Board 2.0.
Und das in einer Zeit, wo sich in der EU und den USA Staaten in unerhörter Höhe zu Null-, Negativ- und Niedrigzinsen verschuldet haben und weiter verschulden werden.

Außerdem ist da auch noch China mit seiner Entwicklungsbank, das Argentinien Kredit zu günstigeren Konditionen bietet und damit das Monopol des IWF unterläuft.

20 Gedanken zu “Argentiniens Schulden

  1. Dies scheint der einzige von dir noch nicht geschlossene Thread im Umfeld des Themenbereiches Kuba zu sein…
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    Gläubiger-Club gewährt Kuba Aufschub bei der Begleichung seiner Schulden
    (…) Kubas Chefunterhändler in Sachen Auslandsverschuldung hat in den letzten Wochen den Pariser Club überzeugen können, dass Kuba schlicht nicht in der Lage sei, seine Schulden bei ihm zu bedienen. Im November 2019 überwies Havanna zum ersten Mal weniger als die vertraglich fixierten Beträge und bat um einen Zahlungsaufschub. Mittlerweile belaufen sich die offenen Forderungen des Pariser Clubs, in dem sich die wichtigsten Schuldnerländer zusammengeschlossen haben, auf rund 200 Millionen US-Dollar. Dieses Geld muss Kuba nun später zahlen, das bestätigte sowohl der Pariser Club als auch offizielle kubanische Quellen – allerdings ohne Details preiszugeben, ob dem kubanischen Antrag auf einen Zahlungsaufschub für zwei Jahre stattgegeben wurde.
    Für Kubas Finanzministerin Meisi Bolaños Weiss ist dies trotzdem eine positive Nachricht, denn die Ministerin ist zur Verwalterin der gähnenden Leere auf den offiziellen Konten der Regierung geworden. In Havanna wird jeder US-Dollar, jeder Euro und jeder Franken zweimal umgedreht, bevor er ausgegeben wird, denn Devisen sind chronisch knapp, seitdem die Corona-Pandemie den Tourismus hat einbrechen lassen, Kubas traditionelle Exporte kaum gefragt sind und die US-Regierung unter Donald Trump das Embargo auf ein noch nie dagewesenes Niveau verschärft hat.
    Die finanziellen Daumenschrauben aus den USA, die die US-Dollar-Transfers über Western Union und andere Dienstleister nahezu zum Erliegen gebracht haben, seien für die Finanzkrise auf der Insel mitverantwortlich, so Unterhändler Cabrisas. Das sind Argumente, die die 14 kubanischen Gläubiger des Pariser Clubs akzeptierten, um einem Aufschub der Zahlungsverpflichtungen zuzustimmen. Für Pavel Vidal, kubanischer Finanzexperte und Professor an der kolumbianischen Javeriana-Universität in Cali, ist es ein nachvollziehbarer Schritt. »Der Aufschub nützt beiden Seiten: Kuba, weil das Land nicht erneut zum Aussätzigen der Finanzmärkte stilisiert wird, aber auch dem Pariser Club. Er muss das Umschuldungsabkommen von 2015 nicht als gescheitert abschreiben«.
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1153584.auslandsverschuldung-und-corona-hoffnungsschimmer-fuer-kuba.html
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    Dass der Pariser Club so was wie ein “Glaubwürdigkeitsproblem” angesichts der Milliardenden weltweiter auch sonstiger staatlicher Schulden kriegen könnte – das sei hervorgehoben.
    Anscheinend kann selbst so ein seltsamer Schulden-Kandidat wie Kuba die allgegenwärtige Fragwürdigkeit der Verschuldungsunsummen ans Licht der Öffentlichkeit zerren. Besser also, man verlängert und verlängert und verlängert und verlängert klammheimlich im Hinterzimmer ….

  2. Zur kubanischen Schuld habe ich Folgendes aus dem Jahr 2016 gefunden:
    Cuba: What lies beneath the agreements on the debt with the Paris Club and other creditors?
    https://www.clubdeparis.fr/?Cuba-What-lies-beneath-the-agreements-on-the-debt-with-the-Paris-Club-and-other
    Zusammengefaßt besagt das Folgendes:
    Kuba hat 2015 seine Altschuld mit dem IWF und Pariser Klub neu strukturiert.
    Diese Schuld wurde von Kuba einseitig 1968 aufgekündigt und seither nicht mehr bedient.
    Inzwischen war sie bis 2015 auf 11 Milliarden Dollar angewachsen, mitsamt den Verzugszinsen, Zinseszinsen usw.
    Kuba hat letztere wegverhandelt und damit die Schuld auf 8,5 Milliarden reduziert.
    Die Frage ist: Warum machte das Kuba?
    Im Zuge der Sanktionen, die Trump erlassen hat, und um sich den Kredit der restlichen Welt zu erschließen, hat sich die kubanische Führung entschlossen, die Altschuld anzuerkennen und sich wieder auf das Weltschuldenkarussell einzulassen.
    Wie man Lesers Beitrag entnimmt, mit geringem Erfolg.
    Weder ist Kuba imstande, seine Altschuld auch nur zu bedienen, noch eilen die Kreditgeber herbei, um Kuba mit Kredit zu versehen – offenbar mit dem nicht unbegründeten Verdacht, daß Kuba auch neue Kredite nicht bedienen wird können.
    Es heißt eben anscheinend nicht nur Patria o muerte, sondern auch Sozialismus oder Schuldenmachen.

  3. Theo Wentzke: Offene Beziehung
    Lange stand Brasiliens Militär geschlossen hinter Jair Bolsonaro, doch ihr Verhältnis zeigt erste Risse
    (…) Bolsonaro sollte der Mann sein, der das Land aus der Wirtschaftskrise führen, die Politik von vaterlandslosen Elementen jeder Couleur säubern und das durch Krise und Korruptionsskandale aufgeregte Volk hinter seinem fanatisch antilinken Kurs einigen sollte.
    Die Krise nach dem Zusammenbruch des zehnjährigen Booms des brasilianischen Kapitalismus ist längst nicht bewältigt, als die Pandemie das Geschäft am Standort erneut beschädigt, in Windeseile weltrekordverdächtige ­Infektions- und Todeszahlen produziert und neben der ökonomischen die politische Krise innerhalb der herrschenden Klasse neu anfacht. Dabei ist Bolsonaro auf der Seite derer, die den weiteren, jetzt seuchenbedingten Niedergang der Wirtschaft und die damit verbundene Katastrophe der nationalen Volksernährung unbedingt vermeiden wollen – und die dafür die Seuche verharmlosen, Todeszahlen ignorieren und die Bekämpfung der Krankheit als unnötig und »unbrasilianisch« denunzieren. (…)
    Als der Präsident, ein entschiedener Anhänger der alten und, wenn nötig, auch einer neuen Militärdiktatur, im innenpolitischen Streit den Gouverneuren wegen deren Lockdown-Maßnahmen mit dem Einsatz des Militärs droht, kommt es zum Eklat: Teile der Militärführung sehen sich zu sehr in den Streit der Politiker hineingezogen, sogar missbraucht und instrumentalisiert durch den Präsidenten, dem sie vorwerfen, dadurch ihren Status als überparteiliche und übergeordnete, aus eigener Zuständigkeit, Macht und Verantwortung entscheidende Staatsinstanz in Frage zu stellen. (…)
    In dem im Sommer 2020 veröffentlichten »Weißbuch zur Nationalen Verteidigungspolitik« und den Papieren zur »Nationalen Verteidigungsstrategie« meldet sich das Militär zu Wort und teilt Politik und Öffentlichkeit verbindlich den schicksalhaften Stand der Dinge mit. (…)
    Der nun schon wieder jahrelange Kampf gegen die ökonomische Krise und der »beschleunigte Prozess des Fortschrittes«, in dem sich weniger die brasilianischen »Potentiale« als vielmehr die Wirtschaftskrise und die Pandemie befinden, ändern nichts am Anspruchsniveau der Verfasser, das ganz selbstverständlich von der Notwendigkeit einer erfolgreichen Selbstbehauptung gegenüber dem ganzen Rest des Globus ausgeht. Sie wissen nämlich, dass »die Welt« bereits »neidisch« auf den brasilianischen Reichtum blickt, der »Aufmerksamkeit von außen« auf sich zieht, »so dass der Aufstieg (des Landes) im globalen Kontext Maßnahmen zur Gewährleistung seiner Souveränität erfordert« (…)
    Die Militärs sind nach eigenem Dafürhalten die Instanz, der – wie stets – die entscheidenden staatspolitischen Aufgaben der Zukunft zufallen. Dazu gehört nicht nur, der Nation die Betroffenheit Brasiliens vom Wandel der Weltlage nahezubringen, sondern auch, den daraus sich ergebenden machtvollen Handlungsbedarf einer verantwortlichen Politik für Brasilien zu definieren und dafür von allen Beteiligten, der herrschenden Klasse in Ökonomie und Politik ebenso wie vom Volk, Gefolgschaft einzufordern, höflich im Ton und bestimmt in der Sache. Damit reklamieren sie eine Kompetenz, welche die in den westlichen Demokratien übliche Rolle des Militärs als Diener der nationalen Politik umkehrt: Sie gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass in Brasilien die bewaffnete Macht der Nation ihre staatstragende Pflicht als letztverantwortlicher Auftraggeber für Politik und Gesellschaft erfüllt und dass die Politik sich als Dienst an den gestellten Aufgaben zu bewähren hat. Die Souveränität des brasilianischen Staates verkörpert in letzter Instanz das Militär. Im Bewusstsein, der exklusive Hauptwohnsitz brasilianischer Staatlichkeit und oberster Garant eines gesamtbrasilianischen Gemeinwohls zu sein, erteilen die Chefs der Truppe der Politik ihren abstrakten nationalen Kampfauftrag. (…)
    Der Streit um den katastrophischen Zustand des Landes infolge der großen Seuche, die Insubordination wichtiger Amtsträger und die Gegnerschaft in Teilen des Volkes wird in erbitterten Zerwürfnissen innerhalb der politischen Klasse und der ganzen Gesellschaft ausgefochten und nimmt nach und nach Formen eines partiellen Staatszerfalls an.
    Der Präsident begreift und behandelt die Konsequenzen seiner Politik getreu seinem missionarischen Verständnis der Einheit von Staat, Volk und Führung als untragbaren Angriff auf diese heilige nationale Dreifaltigkeit, die in seiner Person haust. (…)
    Die Militärchefs nehmen zu Teilen nach und nach zur Kenntnis, dass das, was ihr Mann im Präsidentenamt liefert, nicht gerade in vollem Umfang dem ähnelt, was sie bestellt haben: die Nation mittels guter Regierung, ökonomischer Entwicklung und Volkseinheit in schwieriger werdender Weltlage und in einer dann doch irgendwann besorgniserregenden ökonomischen und volksgesundheitlichen Lage als solide Basis brasilianischer Souveränität herzurichten. Der Antrag Bolsonaros an die Armee auf gewaltsame Durchsetzung seines Programms gegen die Widerstände in der Gesellschaft und im Staatsapparat wirft zumindest für nicht unerhebliche Teile der militärischen Führung die Frage auf, ob sie sich, wenn sie dem Wunsch des Präsidenten folgen, damit möglicherweise weniger für das Vorankommen der nationalen Basis der staatlichen Souveränität starkmachen als vielmehr für die politischen und persönlichen Konkurrenzaffären eines machtgeilen Politikers, der sie dafür funktionalisiert und die Nation spaltet, anstatt sie zu einen und voranzubringen.
    Die Eskalation des politischen Machtkampfs konterkariert jedenfalls den Wunsch des Militärs nach Geschlossenheit und Einheit zwischen Volk und Führung und nährt die Unzufriedenheit mit den Leistungen des Präsidenten; der aber besteht darauf, dass der nationale Zusammenhalt gegen seine Feinde durchgesetzt sein will, mit harter Politik und Staatsgewalt – und wenn es sein muss, eben auch mit der Gewalt der bewaffneten Garantiemacht der Nation. Diese Indienstnahme nach den Kriterien ihres Präsidenten will sich, ausweislich der eingangs erwähnten Streitigkeiten, die Militärführung lieber zweimal überlegen und vor allem selbst entscheiden, ob sie es der brasilianischen Demokratie und dem Präsidenten noch zutraut, das Land für die kommenden imperialistischen Herausforderungen und Chancen, die die Chefs der Streitkräfte ausgemacht haben wollen, nach den Ansprüchen und Bedürfnissen einer verschärften Staatenkonkurrenz herzurichten. Andere Militärs teilen dagegen anscheinend die präsidiale Lesart des Staatsnotstands und halten an Bolsonaro fest. So sorgt der Präsident für Zerwürfnisse auch noch in den Reihen des Militärs, das bislang so sehr auf die Einheit der Staatsgewalt bedacht war.
    https://www.jungewelt.de/artikel/405058.brasilien-offene-beziehung.html?sstr=Wentzke
    vgl. auch im neuen Gegenstandpunkt einen umfangreicheren Brasilien-Artikel mit dieser Gliederung;
    I. Die nationale Auftragslage und die staatspolitische Verantwortung des Militärs
    II. Bolsonaro – der berufene politische Exekutor des nationalen Standpunkts:
    A: Die brasilianische Herrschaft
    1. Demokratie ohne ausreichend souveräne Gewalt – Kapitalismus ohne ausreichenden Beitrag zur nationalen Größe
    2. Die verhasste volksfreundliche Alternative: Subventionierte Staatswirtschaft und soziale Volkseinheit
    3. Das rechte Gegenprogramm für freies Regieren
    B: Das brasilianische Volk
    1. Ein bevormundetes Volk braucht eine neue Freiheit – überall viel moralischer Erziehungsbedarf
    2. Ein anständiges Leben in der Konkurrenzgesellschaft – für jeden und für Brasilien
    3. Die ertragreiche Symbiose mit den evangelikalen Kirchen
    III. Eine offene Beziehung – das Militär und sein unbequemer Präsident
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/brasilien-sein-bedarf-souveraener-gewalt

  4. Streit in Argentiniens Regierung darüber, ob in der Öffentlichkeit lieber das Bild eines Staates, der wg. Corona u.a. seine Staatsschulden weiter erhöht, oder das eines sparsamen IWF-Musterknaben vermittelt werden soll…

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156776.buenos-aires-argentiniens-regierung-streitet-ueber-kurs.html

    Die Vorgänger-Regierung Macri half bei der Destabilisierung Boliviens vor dem Putsch

    https://amerika21.de/2021/08/253194/argentinien-bolivien-putsch-macri

  5. Man erfährt von dem nD-Artikel außer einer gewissen Kammerdienerperspektive über die Politiker Argentiniens leider nichts über die tatsächliche Handhabung von Argentiniens Schuld. Irgendwie wird so getan, als wäre die Verschuldung dieses Landes eine Frage der Launen des Herrschaftspersonals.

    Hat das Land überhaupt die Mglichkeit, groß Ausgaben zur Bewältigung der Coronakrise zu tätigen? Außer vom IWF erhält es doch von niemandem Kredit. Und der ist stets an Bedingungen geknüpft.

    Cristina Fernández regierte seinerzeit ohne IWF. Macri holte den IWF zurück, mit dem Ergebnis, daß der jetzt Argentiniens Schuld durch ständige weitere Kredite bedienbar machen muß. Es ist bezeichnend, daß sich da irgendein modus vivendi eingespielt zu haben scheint und man von dem Thema „Schulden Argentiniens“ nichts mehr hört.

  6. Wo sind die Milliarden des IWF denn eigentlich geblieben? – Das fragen sich angeblich die Verwalter des argentinischen Geldes . Vaterlandsfeindliche Aktivitäten seien einzig mit dem Geld herbeigewirtschaftet worden. Statt nationalen Kapitalismus.

    “Schon länger wirft das Regierungsbündnis Frente de Todos um Präsident Alberto Fernández und Vize-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner Macri und damit ihrer Vorgängerregierung vor, mit Hilfe des IWF-Kredits die Kapitalflucht unterstützt bzw. diesen vielmehr einzig dafür ausgehandelt zu haben.”

    https://amerika21.de/2021/11/255426/argentinien-iwf-macri-banken-kredit

    Also braucht es einen neuen Kredit. Der würde den Kapitalismus in Argentinien befördern. Der schon …

    https://amerika21.de/2021/11/255272/argentinien-will-neuverhandlungen-iwf

    Also “Gemeinsam für den Wandel” – ach ne, daaas ist ja die Parole der Opposition….

  7. Es ist bemerkenswert, wie die argentinischen Politiker der peronistischen Partei die ganze Schuldenmisere betrachten: Als einen Verrat gegen die nationalen Interessen Argentiniens.

    das Geld sei "an kommerzielle Banken" geflossen.

    Ja an wen denn sonst?!

    In dem Interview betonte Macri zudem die Unterstützung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump für die Gewährung und Auszahlung des Kredits. Trump habe sich "sehr gut uns gegenüber verhalten", so Macri.

    Das bezieht sich auf die Zusagen von US-Politikern und US-Bankern, Kredit zu gewähren, damit der Kredit bedient werden kann.

    Macri dachte an dieser Stelle genauso wie seine Vorvorgänger und das ganze moderne Lehrbuch der Finanzpolitik: Wir brauchen Kredit, damit können wir unsere Währung konvertibel machen, damit erreichen wir, daß zu uns Investoren kommen und investieren und die Wirtschaft voranbringen.
    Das geht in Lateinamerika zwar schon seit Jahrzehnten schief, wird aber nach wie vor geglaubt und auf Unis gelehrt.

    Die Kirchner-Mannschaft dachte anders und bezog sich uf das ursprüngliche peronistische Programm: Eine eigene Industrie aufbauen und den inneren Markt bedienen. Sie konnten sich ihre Politik nur erlauben dank der Unterstützung Chinas.
    Eine Erfolgsstory war das aber auch nicht, weil im Inland nach 20-30 Jahren Desindustrialisierung und Krise die Zahlungsfähigkeit gering ist.

  8. Er (Fernández) kritisierte außerdem generell das internationale Finanzsystem, das Spekulation über Entwicklung stelle und verlangte neue Regeln, welche die soziale Ungleichheit sowie den Klimawandel bekämpfen würden.

    Gut gebellt, Löwe!
    Immerhin ist Argentinien Mitglied der G20, also denkt sich der Regierungschef, er muß einmal Zähne zeigen.

    Diese ganzen Verlautbarungen haben m.E. 2 Ursachen:
    1. Die jüngste Wahlschlappe drängt die argentinische Regierung, zu handeln. Sie zeigt, daß für niemanden eine besondere Verbesserung der Lage ersichtlich ist: Weder für die Eliten, noch für den Rest der Bevölkerung. Man wurschtelt sich seit dem Amtsantritt von Fernández eben so durch.
    2. entdeckt die argentinische Regierung die Drohung mit einem Zahlungsausfall als Druckmittel. Wir können auch anders! – und will damit den IWF zu einer anderen Politik gegenüber Argentinien bewegen.
    Eine glaubwürdige Drohung von einem Land, das 2001/2 den größten Staatsbankrott der Geschichte hingelegt hat und heute einem weitaus fragileren internationalen Finanzsystem gegenübersteht, das einen solchen Crash nicht mehr wegstecken könnte.

  9. Man muß auch unterscheiden zwischen dem Bitcoin als akzeptierte Nebenwährung zur eigenen und Standorten für Bitcoin Mining, wie sie ja auch einige Zeitlandg in China bestanden haben, weil die Energie so billig war. Die wurden aber inzwischen auch, wie mir scheint, hinausgeworfen.

  10. Die Dominanz des US-Dollars wird nicht nur anlässlich div. Digital-Währungen zum Thema

    Adiós US-Dollar? Pläne für eine gemeinsame lateinamerikanische Leitwährung

    https://www.nachdenkseiten.de/?p=92195

    —-

    Vorsitz von Argentinien setzt neue Impulse zur Stärkung der Celac

    Gipfeltreffen der Staatschefs Ende Januar in Buenos Aires. Rückkehr Brasiliens in die Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten nach drei Jahren Absenz. Einladung an USA und China

    https://amerika21.de/2023/01/262039/celac-gipfel-buenos-aires

    ——

    Währung und Energie: Brasilien intensiviert Zusammenarbeit mit Argentinien

    Handelswährung Sur soll US-Dollar ablösen. Geplante Zusammenarbeit im Energiesektor. Erschließung von Ölschiefergebiet und Ausbau von Gas-Pipelines

    https://amerika21.de/2022/12/261875/brasilien-argentinien-zusammenarbeit

    Anachronistisch und antiquiert: Joe Bidens Lateinamerika-Politik

    USA Joe Biden hat den Hinterhof Nordamerikas zwar nicht völlig aus den Augen verloren, aber zuletzt mit Desinteresse bedacht – mit seiner Lateinamerika-Politik kommt der US-Präsident kaum über die Gepflogenheiten des 20. Jahrhunderts hinaus

    https://www.freitag.de/autoren/konrad-ege/usa-joe-bidens-lateinamerika-politik-ist-anachronistisch-und-antiquiert

  11. El País gab vor einigen Tagen eine Beilage heraus, in der versprochen wird:

    „Diese Woche sagen wir …, was wir von der roten Flut erwarten können, die quer durch die Regierungen Lateinamerikas reicht.

    Die Region erlebt ihre zweite linke Welle dieses Jahrhunderts mit der Eingliederung von Chile und Kolumbien (und der Rückkehr von Lula da Silva in die brasilianische Regierung) mit der Herausforderung, 201 Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. Zinserhöhungen, ein gestärkter Dollar und 25 Millionen verlorene Arbeitsplätze nach der Pandemie haben den Subkontinent sehr geschwächt (es gibt 15 Millionen arme Menschen mehr als 2019, 32 % der Bevölkerung).
    Doch Rohstoffe tauchen wie ein Schutzairbag wieder auf: Lateinamerika verfügt über 66 Prozent der weltweiten Lithiumreserven, 40 Prozent Kupfer und kann das Getreide liefern, das aus der Ukraine nicht mehr zu erwarten ist.“

    Die Erwartungen sind ja recht hoch … Auch die Ereignisse in Peru und den Aufruhr in Brasilien sollte man im Auge behalten, weil diese Entwicklungen den USA, aber auch den Eliten Lateinamerikas sehr gegen den Strich gehen.

  12. Lisa Pausch:  41 Jahre nach dem Krieg zwischen Argentinien und Großbritannien:
    Neue Spannungen um Malvinas/Falklandinseln.

    https://www.nachdenkseiten.de/?p=94891

    Argentinien kappt Flugverbindung nach Falkland
    Der Konflikt zwischen Argentinien und Großbritannien um die Falklandinseln nimmt wieder an Schärfe zu. Genau jetzt starten die Briten Arbeiten am Flughafen. Und es geht auch um Brasilien-Flüge. (…). Der Start der Arbeiten geschieht zu einem heiklen Zeitpunkt. Denn zum einen hat die argentinische Regierung kurz danach angekündigt, sich aus dem Foradori-Duncan-Pakt zurückzuziehen, der Gas- und Öl-Förderungen, Schifffahrt und Fischerei rund um die Falklandinseln regelt. Sie fordert, wieder über deren Souveränität der Inseln zu verhandeln, die im Spanischen Islas Malvinas heißen. Großbritannien verweist darauf, dass die Bewohnerinnen und Bewohner im 2013 dafür stimmten, britisch zu bleiben.
    Zum anderen gibt es seit einiger Zeit Streit über eine Flugverbindung von Brasilien auf die Falklands mit einem Zwischenstopp im argentinischen Córdoba. Die beiden Länder hatten sich 2018 auf die Latam-Verbindung geeinigt, 2020 stoppte Großbritannien sie aber aufgrund der Covid-19-Pandemie. Aufgenommen wurde sie bisher nicht wieder. Nach Berichten, die Einwohnerinnen und Einwohner der Inseln würden die argentinische Regierung für das ausbleibende Comeback der Route verantwortlich machen, schob diese die Schuld der britischen Regierung zu. Im März erklärte Buenos Aires dann, die Genehmigung für die Flüge sogar ganz zurückzuziehen, da die Briten sich in Gesprächen über mehr Verbindungen zum argentinischen Festland wiederholt quergestellt hätten.
    Ein weiter aktueller Punkt in dem Konflikt: Argentinien ist verärgert darüber, dass sich seit Januar auch kosovarische Soldaten auf dem britischen Militärstützpunkt auf den Falklandinseln befinden – laut dem Parlament in Pristina als «friedensunterstützende Mission». Argentinies Regierung protestierte und sprach von einer «ungerechtfertigten Machtdemonstration» mit nur «angeblichem Friedensmissionscharakter». (…)
    https://www.aerotelegraph.com/mitten-in-neuen-spannungen-sanieren-briten-piste-auf-falkland

    sowie ein Artikel  aus dem April 2022:

    https://amerika21.de/2022/04/257551/argentinien-malwinen-jahrestag-feier

    —–

    Am Ende dieses südlichen Sommerhalbjahres:
    Missernte in Argentinien – Jahrhundert-Dürre verbrennt alles..

    „Argentiniens Landwirtschaft leidet unter einer beispiellosen Klimakrise“, hatte die argentinische Getreidebörse Rosario am Mittwoch mitgeteilt. Danach leidet das Land unter den trockensten Bedingungen seit 60 Jahren und den höchsten Temperaturen seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Folgen für die Sojaernte und die Maisernte sind katastrophal.

    https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/missernte-argentinien-jahrhundert-duerre-verbrennt-alles-604377

    Weiteres Thema aus der Innenpolitik  in Argentinien:  Polizei geht gegen Mapuche-Siedlung vor

    https://www.npla.de/thema/repression-widerstand/annaeherung-im-konflikt-um-mapuche-gemeinde/

  13. Die Bedeutung des 2. Posts erschließt sich mir nicht.

    Eine Kurpfuscherin will ihre Heilpraxis in einem Nationalpark eröffnen und die Behörden haben etwas dagegen.
    Das wäre in der EU genauso und ist keine Besonderheit .

    Auch der erste Post ist nicht den vielen Platz wert, den er einnimmt. Mit der Ökonomie Argentinien hat er genausowenig zu tun.
    Der ehemalige Außenminister unter Macri hat nicht ganz nüchtern 2016 einen Pakt mit GB unterzeichnet, der nach Ansicht der heutigen Regierung zu viele Zugeständnisse gemacht hat und die Interessen Argentiniens schmälert.
    Das nationale Interesse ist natürlich immer Interpretationssache.

    Bitte beim Posten etwas mehr auf Relevanz achten!

  14. Inflation in Argentinien steigt auf Rekordhöhe von mehr als 100 Prozent
    Die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise stellt die Einwohner des südamerikanischen Landes vor eine harte Belastungsprobe. Die Entwertung des Peso hat besonders die Kosten von Lebensmitteln und für Kommunikation in Argentinien massiv erhöht.  (Kurzmeldung im Handelsblatt)

    ——

    Lateinamerika diskutiert regionale Strategie für die Lithiumproduktion
    Argentinien, Bolivien und Chile verfügen über rund 65 Prozent der weltweiten Lithiumvorkommen. Auch Mexiko ist ein potenzieller Akteur auf dem Lithiummarkt
    Die politische Übereinstimmung zwischen den Regierungen Argentiniens, Chiles und Boliviens und der gemeinsame Horizont des Wachstums der Lithiumproduktion haben regionale Koordinierungsinitiativen rund um das Mineral, das für die Energiewende von zentraler Bedeutung ist, wiederbelebt.    (…). (11/2022)
    https://amerika21.de/analyse/260767/lateinamerika-lithiumproduktion
    Dem Artikel zufolge werde gemeinsame Forschung und das Errichten von gemeinsamen Ausschüssen angegangen.  Das schaut eher nach 'lange Bank' aus …..
    https://amerika21.de/2023/02/262552/scholz-lateinamerika-rohstoffquellen
    https://amerika21.de/analyse/262231/beziehungen-europa-lateinamerika

  15. Mexiko fürchtet das Übergreifen der Bankenkrise. Bei der Gelegenheit wird erwähnt, daß die mexikanischen Banken im vorigen Jahr Rekordgewinne eingefahren haben. Also meint der mexikanische Präsident in einer Art Beruhigungspille, die mexikanischen Banken hätten einen satten Kapitalpolster und seien nicht gefährdet.

    (El País, 17.3.)

    Zur argentinischen Inflation: Sie erreichte im Februar 102,5% im Vergleich zum Vorjahresmonat, den höchsten Wert seit 1991.

    Rückerinnerung von El País: Cristina Fernández de Kirchner schied bei einer Inflation von 26,9% aus dem Amt.

    Im Wahlkampf war ihr vorgeworfen worden – auch international – die Inflation künstlich zu drücken.
    Beachtlich, daß ihr das gelungen ist. Andere täten das gern.

    Macri kam und nahm einen Haufen Schulden auf und hinterließ seinem Nachfolger eine Inflationsrate von 53,8%, neben den gigantisch angewachsenen Schulden.
    Dann kam die Pandemie mit sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben.

    Der Artikel in El País ist ziemlich pessimistisch bezüglich einer Verbesserung der Lage. Im Gegenteil, immer haben sie in Argentinien die Inflation nur verdoppelt, in den USA vervierfacht. Man muß eben damit leben lernen. In Argentinien sind sie das schon gewöhnt.

  16. Ich erinnere mich, daß ich über dieses Tauschen von Solarbatterien gegen Lithium-Abbaukonzessionen durch China schon einmal wo was gelesen hatte, vermutlich sogar hier am Blog.

    Was die betroffenen Staaten jedoch gerne hätten, sind Lithium-Batterie-Fabriken und -Forschungsstätten. Man wird sehen, ob da China auch dabei ist.

  17. Argentinien hebt seit 1. Jänner dieses Jahres Maut für die Schiffe am Paraná ein:

    „Die Wasserstraße der Flüsse Paraguay und Paraná verbindet Flusshäfen in Bolivien, Paraguay, Brasilien, Argentinien und Uruguay auf einer 3.400 Kilometer langen ununterbrochenen Schifffahrt mit dem Atlantischen Ozean.

    Dieser natürliche Korridor, der für die Wirtschaft des Mercosur von entscheidender Bedeutung ist, ist das Epizentrum eines Streits, der Argentinien gegen seine Nachbarn führt. Am 1. Januar begann die vom argentinischen Staat abhängige Generalverwaltung der Häfen (AGP), von Schiffen eine Gebühr zu erheben, um die Instandhaltung des Flusskorridors auf ihrer Fahrt durch das Land zu finanzieren.
    Nach Angaben der Behörden von Buenos Aires belaufen sich die Kosten für das Ausbaggern und die Signalisation auf etwa 20 Millionen Dollar pro Jahr. Die Gebühr für Schiffe in Höhe von 1,47 US-Dollar pro transportierter Tonne wurde einseitig beschlossen, und die diplomatischen Spannungen haben im Laufe der Monate zugenommen.“

    (El País, 13.9.)

    „Außenminister Rubén Ramírez Lezcano hat gestern gegen Mittag den argentinischen Botschafter in Paraguay, Oscar Domingo Peppo, einbestellt. Ziel des Treffens war es, den Protest der Regierung gegen die irreguläre Festsetzung eines Konvois von zehn Lastkähnen mit Treibstoff auf der Wasserstraße Paraguay-Paraná kundzutun. Darüber hinaus teilte er ihm mit, dass das Land »weitere Maßnahmen prüft« und die Vorverlegung der Sitzung des Regierungsausschusses beantragen wird. (…)

    Nach Angaben des paraguayischen Außenministeriums wurde die argentinische Entscheidung unter Missachtung juristischer Bestimmungen getroffen, die besagen, dass der Konvoi nicht festgehalten werden darf. (…)

    Außerdem bestätigte Ramírez, dass »die Erhebung von Mautgebühren eindeutig gegen internationale Vereinbarungen verstößt, und betonte, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Situation zu ändern«“.

    (Wochenblatt, 8.9. – deutschsprachige Zeitung in Paraguay)

    „An diesem Montag zeigte er, dass er andere Länder auf seiner Seite hat. Paraguay, Brasilien, Uruguay und Bolivien veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie Argentinien auffordern, »die Erhebung einer einseitigen Maut« auf der Wasserstraße Paraguay-Paraná einzustellen. Die Unterzeichner fordern »die Wiederherstellung der freien Schifffahrt auf der Wasserstraße«, indem sie behaupten, dass die Erhebung von Mautgebühren gegen die internationalen Artikel verstößt, die diese Wasserstraße betreffen.“

    Paraguay entnimmt jetzt auch mehr Strom aus dem gemeinsamen Stausee in Yacyreta – auch am Paraná gelegen –, obwohl es dafür gar keine Verwendung hat, und nötigt dadurch Argentinien zum Stromkauf in Brasilien, was teurer ist.

    „Die paraguayische Ministerin für öffentliche Arbeiten, Claudia Centurión, gab bekannt, dass sie eine Befreiung von der Maut für paraguayische Lastkähne beantragen werde. »Das Recht Argentiniens, ein Honorar für die geleistete Arbeit zu erhalten, steht nicht zur Debatte. Das Problem ist, dass diese Kompensationszahlung nicht einseitig verkündet und eingefordert werden kann«, fügte Centurión hinzu.

    Agrarindustrielle Exporte

    Argentinien verfügt über eine etwa 4.500 Kilometer lange Meeresküste, dennoch ist die Paraguay-Paraná-Wasserstraße das Tor zur Welt für 80 % seiner Agrarexporte.
    Einige der großen Schiffe, die auf dieser Wasserstraße verkehren, können jeweils bis zu 40.000 Tonnen Waren transportieren, was 1.600 Lastwagen entspricht.

    Für Paraguay ist die Bedeutung dieses Verkehrsweges noch größer. Es liegt im Herzen Südamerikas und hat keinen Zugang zum Meer, es sei denn, seine Nachbarn erlauben ihm die Durchfahrt durch die Flüsse, die in den Atlantik münden.

    Der Paraná und der Paraguay sind Flüsse, die so groß sind, dass sie mit konstanter Geschwindigkeit und mit Tausenden Tonnen Fracht befahren werden können, was auf den rissigen Straßen dieses südamerikanischen Landes undenkbar ist.
    Die Schleppkähne, die durch das Land fahren, befördern die wertvollsten Güter Paraguays: Sojabohnen, Fleisch und Kohle, und kehren mit dem Nötigsten für ein Land ohne Öl und Gas zurück: Treibstoff.“

    (El País, 13.9.)

    Der Versuch Argentiniens, zu Geld zu kommen, bringt also Verstimmungen mit den Nachbarn und wahrscheinlich internationale Prozesse.

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