Riskante Spiele um die Energieversorgung

DIE DECKELUNG DES ÖLPREISES

„Die EU hat am Freitag eine Maßnahme von großer Bedeutung vereinbart, um den Sanktionsdruck auf Russland zu erhöhen und die Einnahmen einzudämmen, mit denen der Kreml den Krieg in der Ukraine finanziert.
Die 27 Mitgliedsstaaten haben sich auf eine Obergrenze von 60 Dollar pro Barrel russischen Öls geeinigt, das Moskau auf dem Seeweg verkauft (ungefähr zwei Drittel der Gesamtmenge, die es nach Europa exportiert). Die Maßnahme betrifft das Öl, das durch Pipelines transportiert wird, nicht .
Sie ist Ergebnis der Politik, die von den G-7, der Gruppe der reichsten Länder der Welt, beschlossen wurde und ist Teil eines der Sanktionspakete gegen Moskau. Damit wurde auch ein Mechanismus zur regelmäßigen Überprüfung dieser Obergrenze, im Prinzip alle zwei Monate, vereinbart. Das Ziel ist, daß der solchermaßen vereinbarte Preis laut europäischen Quellen „mindestens“ unter 5% des Marktpreises bleibt.“ (El País, 2.12.)

Hier wird also ein Probeballon losgelassen, um zu sehen, wie der Ölmarkt auf diese Beschränkung reagiert.

Es wird kein Geheimnis daraus gemacht, daß diese Preisdeckelung dem augenblicklichen Marktpreis mehr oder weniger entspricht:

„Der vereinbarte Preis übersteigt jedoch das Niveau, auf dem Russland den größten Teil seines Rohöls verkauft, in dem Versuch, den Ölfluss auf den Weltmärkten aufrechtzuerhalten und den Kreml die Auswirkungen spüren zu lassen, damit sie aber nicht den Hahn für Käufer in Europa zudrehen.“ (ebd.)

Die Preisdeckelung liegt also über dem derzeitigen Weltmarktpreis. Wie soll damit Rußland geschädigt werden?
Man erfährt aus den Medien, daß ursprünglich eine Deckelung von 70 Dollar vorgesehen war, und daß Polen eine Deckelung unterhalb von 60 Dollar gefordert hatte.

Der Ölpreis für die Referenzmarke Brent liegt allerdings über 60%:


https://www.finanzen.at/rohstoffe/oelpreis

Daraus kann man schließen, daß die EU-Staaten bereits heute für europäisches Öl mehr bezahlen als für russisches.

Ursprünglich war vorgesehen, daß die EU-Staaten ab dem 5. Dezember 2022 kein per Tanker transportiertes Öl aus Rußland mehr kaufen sollten. (Die Ausdehnung dieser Maßnahme für Pipeline-Öl scheiterte am Veto Ungarns.)
Der groß angekündigte Beschluß, ein Beispiel für die Einigkeit der EU, ist also eine Maßnahme zur Umgehung des seinerzeit auch mit großem Getöse verkündeten Importstops.
Allerdings bleibt von den alten Sanktionen diejenige Maßnahme bestehen, daß Tanker, die russisches Rohöl transportieren, sich nicht mehr bei westlichen Versicherungsgesellschaften versichern lassen dürfen.
Infolgedessen bildet sich derzeit im Schwarzen Meer vor dem Bosporus ein Stau von Tankern, die von der Türkei nicht durch die Meerengen gelassen werden, weil die Versicherungslage unklar ist und Tanker zu Unfällen und dem Verschütten von Öl neigen.

Das meiste Öl, das durch das Schwarze Meer kommt, stammt aus Kasachstan, von wo auch Österreich einen Teil seiner Ölimporte bezieht.
Kasachstan kann sein Öl nur exportieren, indem es durch eine russische Pipeline nach Novorossisk gelangt und von dort per Tankschiff an seinen Zielort gebracht wird.
Diese kasachischen Ölexporte werden jetzt durch die EU-Maßnahme behindert, weil man dem Öl ja nicht ansieht, wo es herkommt. Es könnte also auch locker russisches Öl zu kasachischem erklärt werden – für welches die Ölpreisbeschränkung nicht gilt – und alles wäre wie vorher.
Kontrollieren kann/darf das die EU nicht, die Türkei will es nicht.

Das demokratische Sprachrohr aus Spanien kriegt sich kaum ein über die erfreulichen Wirkungen der Ölpreisbeschränkung:

„Durch die Obergrenze kann Öl weiterhin zu Käufern beispielsweise in Indien, China oder der Türkei fließen“

– was es ja vorher auch konnte. Die EU hat gar kein Mittel, die Ölkauf-Politik dieser Staaten zu beeinflussen. Die Versicherungsfrage wurde durch Versicherer in Asien bewältigt. Sie wird nur schlagend für Öl-Lieferungen in die EU.
Man glaubt es gar nicht, wo dieser Schritt zur Preisbeschränkung für russisches Öl Stirnrunzeln hervorgerufen hat:

„Die Vereinigten Staaten und andere Stimmen hatten ihre Besorgnis über die Möglichkeit geäußert, dass der Kreml den Verkauf (in die EU) einstellen, die Produktion drosseln und die globalen Ölpreise durch Verknappung des Angebots in die Höhe treiben könnte.“ (ebd.)

Die EU-Politiker ärgert Folgendes:

„Russland hat nach Angaben des Instituts CREA (Centre for Research on Energy and Clean Air) vom November mehr als 108.000 Millionen Euro aus Energieverkäufen eingenommen“ (ebd.)

was sich auch fortsetzen dürfte.

Die Besorgnis der USA (und anderer Stimmen) ist nicht ganz unbegründet. Es könnte auch sein, daß Rußland sein Öl verstärkt nach Südostasien verkauft und die EU sich vermehrt in den Golfstaaten eindecken muß.

Es bietet sich das seltsame Bild, daß diverse EU-Politiker und vor allem Medien volles Rohr auf den bösen Putin und seine menschenrechtsverletzende Politik hetzen, während sie auf Knien zu den Golfstaaten um Energie rutschen und sich hüten werden, die Namen Kashoggi, Badawi oder Prinzessin Latifa in den Mund zu nehmen.

Daß der Ölpreis durch dergleichen Manöver wieder in die Höhe schnellt, ist auch möglich.
Das Allerwahrscheinlichste ist jedoch, daß Staaten Südostasiens in Zukunft ihr Öl billiger beziehen als die EU.

Pressespiegel El País, 20.11.: Das befreite Cherson

„DIE UKRAINE SCHLIESST CHERSON, UM RUSSISCHE KOLLABORATEURE ZU IDENTIFIZIEREN

Zeugenaussagen der lokalen Bevölkerung berichten von Fällen von Verschwindenlassen, Raubüberfällen und Folterungen durch Moskauer Truppen

Cherson ist eine offiziell geschlossene, vom Rest der Ukraine abgeschnittene Stadt. Das Betreten und Verlassen ist nur mit Genehmigung des Heeres möglich. Die letzte Woche von der russischen Besatzung befreite Provinzhauptstadt kehrt allmählich zur Normalität zurück, wie die Tatsache zeigt, dass am Samstag der erste Personenzug seit mehr als acht Monaten – während derer sich die Stadt unter dem Joch Russlands befand – ihren Bahnhof erreichte.“

Man fragt sich, wer dann in dem Personenzug saß, wenn die Stadt so abgeschlossen ist? Um welche „Normalität“ geht es hier?

„Aber die Priorität der Militärverwaltung ist es, die Kollaborateure der Besatzer zu finden: Informanten, die Hunderte von Menschen verraten hätten, die mit den ukrainischen Streitkräften in Verbindung stehen. Laut von EL PAÍS gesammelter Zeugenaussagen werden viele dieser Menschen vermisst oder sie wurden von russischen Einheiten gefoltert.“

Vor ihrem Abzug haben die russischen Truppen Cherson größtenteils evakuiert. Nur diejenigen blieben, die unbedingt bleiben wollten. Die Kollaborateure, worin immer sie auch kollaboriert haben mögen, sind wahrscheinlich mit den Russen abgezogen.
Man fragt sich daher, welche Leute die Ukraine jetzt noch sucht? Und was inzwischen wohl alles als „Kollaboration“ gilt?

„Vitali Smirnov wurde zusammengeschlagen, weil er Leben gerettet hatte. Sein Körper ist von den Schlägen gezeichnet, die ihm eine Gruppe russischer Soldaten am 11. November in einem Keller in Cherson versetzt hat.
Smirnov war Techniker im Fernsehturm der Stadt. Am 10. November, einen Tag bevor die russischen Truppen die Stadt und das Westufer des Dnjepr verließen, platzierte das russische Militär Sprengstoff in und um den Turm. Smirnov gelang es seiner Geschichte zufolge, etwa 300 Einwohner der Umgebung zu warnen, die sie daraufhin verließen. Der Turm wurde in der Nacht vom 10. auf den 11. gesprengt.
Am Morgen danach hielt ein Fahrzeug Smirnov auf der Straße an. Die Insassen setzten ihm eine Kapuze auf und brachten ihn in eines der elf Haft- und Folterzentren, die laut ukrainischem Innenministerium von den Russen in der Region genutzt wurden.
Das Ministerium hat angegeben, dass es mindestens 436 mögliche Fälle von Kriegsverbrechen in der Provinz untersucht. »Sie haben mich so geschlagen, dass ich das Bewusstsein verlor. Ich bin Stunden später wieder zu mir gekommen, als sie mich bereits ins Freie gebracht und dort zurückgelassen hatten», sagt dieser Mann, der immer noch unter dem Trauma der Erfahrung steht. »Jemand hat mich verraten«, fügt er hinzu.“

Eine seltsame Geschichte. Am letzten Tag, wo die Russen schon abgezogen sind, verhaften und verprügeln sie noch Leute? Hatten die nicht da anderes zu tun?
Auch die Geschichte mit dem Fernsehturm und der Umgebung ist eigenartig. 300 Leute konnten ihre Häuser verlassen? Wären die überhaupt durch die Sprengung gefährdet gewesen?
Irgendwie entsteht der Eindruck, daß dieser Mann dafür von ukrainischen Truppen dafür verprügelt worden ist, weil er während der russischen Besatzung im Fernsehturm gearbeitet hat und die Prügel dazu dienten, die Namen weiterer „Kollaborateure“ dieser Art von ihm zu erfahren.

„Cherson wurde am 2. März (von der russischen Armee) eingenommen, nur sechs Tage nach Beginn der russischen Offensive, praktisch ohne militärischen oder zivilen Widerstand. Die Regierung hält eine offene Untersuchung aufrecht, um das Ausmaß der internen Zusammenarbeit zu klären, die Moskau bei seinem blitzschnellen Vormarsch in der Südukraine hatte. Die prominentesten Personen der ukrainischen Zivilverwaltung, die Russland unterstützt haben, sind mit den Besatzungstruppen auf die andere Seite des Dnjepr geflohen. Diejenigen, die nicht geflohen sind, werden jetzt von den Kiewer Geheimdiensten gesucht. »Vorrangig gilt es, die Stadt zu sichern, damit keine Informationen an den Feind durchsickern«, sagt ein Sprecher des ukrainischen Militärkommandos in der Provinz Cherson. Die Armee schränkt die Arbeit der Medien in der Region unter dem Vorwand von Sicherheitsgründen stark ein.“

Rußland hat ja angekündigt, Cherson irgendwann wieder zurückerobern zu wollen. Die ukrainischen Behörden wollen jetzt offenbar sicherstellen, daß das nicht so einfach gelingt.
Dabei muß erwähnt werden, daß es nach der Einnahme durch die russischen Truppen schon einigen zivilen Protest gab und Cherson nie in dem Maße prorussisch war wie die Ortschaften des Donbass.
Aber jetzt werden alle Bewohner Chersons, die nicht mit den Russen abgezogen sind, unter den Generalverdacht gestellt, mögliche Kollaborateure einer möglichen Wiedereinnahme zu sein.
Eine sehr ungemütliche Situation für die Einwohner der befreiten Stadt, die uns blaugelbe Fähnchen schwingend und jubelnd in die Wohnzimmer geliefert wurden. Viel von der Euphorie könnte auch durch die Angst beflügelt worden sein, ansonsten in einem der Keller zu verschwinden, die angeblich von den Russen als Folterkammern benützt und jetzt wahrscheinlich zu ukrainischen Säuberungszellen umgeflaggt wurden.

„»75.000 Menschen bleiben in der Stadt, 25% derjenigen, die sie vor dem Krieg bewohnt haben«, so Jaroslaw Januschewitsch, Leiter der Militärverwaltung von Cherson. Tausende von ihnen drängen sich dieser Tage auf der Platz der Freiheit, um die von den Behörden und NGOs verteilte humanitäre Hilfe einzusammeln.
Kurz vor ihrem Abzug sabotierten die Besatzer nämlich die Strom- und Wasserversorgung.
Außerhalb des Platzes und der Uschakova-Allee ist Cherson eine wenig befahrene Stadt, die von Sicherheitskräften patrouilliert und vom Donnern der ukrainischen Artillerie begleitet wird: Russische Stellungen sind nur einen Kilometer von der Stadt entfernt, auf der anderen Seite des Dnjepr.
Vladislav Nedostup ist ausgebildeter Soziologe, leitete aber in seinem Vorkriegsleben ein Unternehmen, das Autoersatzteile online verkaufte. Am Freitag wartete er auf dem Platz der Freiheit darauf, dass Journalisten ihm einige Flaschen Zhyvchyk“ (ein Birnen-Sprudelgetränke aus einer Kiewer Getränkefabrik), „ein ukrainisches Erfrischungsgetränk, sein Lieblingsgetränk, aus Odessa brachten.
Menschen kamen, um sich mit ihm fotografieren zu lassen: Nedostup war Mitglied des Netzwerks von Partisanen, die während der Besatzung ihr Leben riskierten, um den ukrainischen Streitkräften alle möglichen Informationen über die Bewegung der Besatzungseinheiten sowie über die mit den Russen kollaborierenden Ukrainer zu geben. »Unter Kollaborateur verstehen wir eindeutig diejenigen, die Informationen an die Russen weitergegeben haben, oder die Unternehmen, die mit ihnen zusammengearbeitet haben, um sich bei ihnen einzuschmeicheln«, erklärt Nedostup, »aber nicht die kleinen Unternehmen, die vorankommen mussten.«“

Ein Kind erwartet Brot in der Menge auf dem Freiheitsplatz in Cherson.

Der ukrainische Kollaborateur wird weiterhin Informationen über angebliche Russen-Kollaborateure an die ukrainischen Sicherheitskräfte weitergeben. Er ist ja eine bereits bewährte Quelle.
Möglicherweise kann man sich gegen etwas Bakschisch von dem auf ganz Cherson lastenden Generalverdacht bei ihm freikaufen und damit einen Persilschein erhalten.
Eine neue Geschäftssphäre tut sich hier in der befreiten Stadt auf …

„Igor Otschorski verließ seine Wohnung fast nie, aus Angst vor einer Verhaftung. Er habe Glück gehabt, sagt er, weil ihn kein Nachbar verraten habe und weil er nicht in der Volkszählung der Regionalregierung auftauchte, weil er in Kiew registriert war: Otschorski diente 2016 in der ukrainischen Armee im Donbass, während des Krieges gegen prorussische Separatisten. Hunderte dieser Cherson-Veteranen sind laut Nedostup in den Monaten unter russischer Kontrolle verschwunden. »Die wahren Kollaborateure sind die, die hier das Sagen hatten und noch haben«, sagt Otschorski und fährt mit einer zum Nachdenken anregenden Frage fort: »Kann man dem kleinen Bürger, der arbeitslos und hungrig war, und eine Familie zu erhalten hat, Kollaboration vorwerfen?«“

Vermutlich sind das genau die, die der Kollaboration bezichtigt werden werden, weil sie nicht das Geld haben, sich bei Herrn Nedostup und anderen Patrioten freizukaufen.

„Als Wladimir Putin am 24. Februar den Beginn der Invasion der Ukraine befahl, meldeten sich Nedostup und sein Vater freiwillig zu den Territorialverteidigungskräften (TVK), den paramilitärischen Einheiten, die von Zivilisten auf Befehl der Regierung gebildet wurden. Etwa 600 Männer aus Cherson bildeten laut Nedostup die lokale Territorialverteidigung. »Am 1. März, als die Russen die Stadt umzingelten und wir bereits den Rückzug der 59. (motorisierten) Brigade an der Antonov-Brücke verteidigt hatten, erhielten wir den Befehl zur Demobilisierung, dann begann das Überleben«, erzählt Nedostup.

Tägliche Verhaftungen

Nedostup erklärt, daß es eine Regel der Partisanen war, möglichst wenig über ihre Kameraden zu wissen, für den Fall, daß sie von den Russen gefangen genommen würden. Während des Besuchs dieser Zeitung war der 28-Jährige auch mit der Übermittlung von Nachrichten an Agenten des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU) aus. Der SBU verhörte einen seiner Kollegen von den TVK: »Er ist eine Person, die die Russen festgenommen und freigelassen haben, und der SBU will wissen, warum – ob er Informationen geliefert hat.« Nedostup bestätigt, dass es jeden Tag Verhaftungen wie die seines Kollegen gibt. »Die Polizeiarbeit zur Gewährleistung der Sicherheit der Stadt hat gerade erst begonnen«, erklärte Gouverneur Januschewitsch.“

Nicht einmal die Mitglieder der TDK entkommen dem Generalverdacht, Kollaborateure gewesen zu sein. Und wenn man von den Russen nicht mißhandelt wurde, so ist das schon ein schwerwiegendes Indiz.

„Plötzlich taucht auf dem Freiheitsplatz eine alte Frau auf, tadelt die ukrainischen Soldaten, beschuldigt sie, »Nazis« zu sein, wie die russische Propaganda wiederholt: »Ich bin 1943 geboren und in der Sowjetunion hatten wir alles, nicht wie jetzt«“, schreit die Frau: »Ihr bombardiert unsere Leute im Donbass, in Russland gibt es eine Zukunft und hier nur Elend, die Mädchen der Ukraine erwarten nur, in Europa Prostituierte zu sein.« Niemand tadelte die Frau und Nedostup erinnerte den Journalisten daran, dass so etwas im umgekehrten Fall während der russischen Besatzung bedeutet hätte, auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.“

Seltsam. Wenn jemand unter den Russen die russische Propaganda auf dem Freiheitsplatz verkündet hätte, wäre er/sieliquidiert worden?
Oder, was heißt „umgekehrter Fall“? Wenn man behaupten würde, in der Sowjetunion hätte man nichts gehabt und in der Ukraine alles? Prostitution für Ukrainerinnen? Niemals! (Wobei derzeit in Polen die Behörden damit beschäftigt sind, zu verhindern, daß ukrainische Frauen von Prostitutions-Netzwerken einkassiert werden, deren Kunden angeblich schon auf sie warten …) Der Donbass würde nicht bombardiert?
In diesem Falle hätte die Frau vermutlich von den Umherstehenden ein paar Ohrfeigen bekommen. Dergleichen kann man nur in geschützten Rundfunkanstalten verbreiten, nicht auf belebten Plätzen.
Was hingegen mit der jetzigen Frau passiert, wenn sie die schützende Öffentlichkeit verläßt, wissen wir nicht.

„Oleg Timkov, Journalist und Dichter, berichtete letzten Montag vom Platz der Freiheit, dass mehrere Veteranen der ukrainischen Armee im Donbass in seinem Gebäude“

Um welches Gebäude es sich wohl handelt? Anscheinend geht es um ein mehrstöckiges Wohnhaus, aber es könnte sich auch um einen Arbeitsplatz handeln

„festgenommen wurden, ohne dass jemand weiß, wo sie jetzt sind.“

Wann wurden die eigentlich verhaftet?

„Timkov versorgte EL PAÍS auch mit Einzelheiten über einen Mord, der um die Welt ging, nämlich den von Jurij Kerpatenko, dem Dirigenten des Cherson-Orchesters. Kerpatenko, der sich öffentlich gegen die Invasion ausgesprochen hatte, weigerte sich, bei einem von den Besatzern organisierten Konzert mitzuwirken. »Russische Soldaten gingen zu seinem Haus, um ihn zu verhaften, und er weigerte sich, die Tür zu öffnen«, erklärt Timkov: Das Militär eröffnete das Feuer, um die Tür aufzubrechen, und verletzte ihn tödlich. Wo sich seine Leiche befindet, weiß niemand.“

Kerpatenko war russischsprachiger Ukrainer, seine Weigerung scheint die von Rußland eingesetzte Zivilverwaltung besonders provoziert zu haben, weil man ihn nicht als ukrainischen Nazi diffamieren konnte.

„Geplünderte Schulen

Anja Alexandrovskaja unterrichtete ihre Schüler an einer Grundschule in Cherson heimlich im Zeichenunterricht. Der Unterricht war online. Sie zeigte uns den Ort in ihrem Haus, an dem sie die Schulsachen versteckt hatte. »Für die ukrainische Verwaltung zu arbeiten bedeutete, verhaftet zu werden. Niemand in meinem Gebäude wusste, dass ich immer noch Unterricht gebe – für alle Fälle. Hier gibt es viele Leute, die in der Sowjetunion geboren und aufgewachsen sind, Sie wissen, was ich meine,«, erklärt Alexandrovskaja.

Frau Alexandrovskaja erklärt hier die vorherige SU zu einem einzigen Spitzelstaat, wo jeder jeden verriet – zum Unterschied von der heutigen unabhängigen Ukraine, wo dergleichen nie vorkommen würde.

„Die Einrichtungen ihre auf Kinder mit Körperbehinderung spezialisierten Schule wurden geplündert und ukrainische Bücher vernichtet.
Alexandrovskaja hat einen Zweitwohnsitz am Ostufer des Dnjepr. Eines Tages Anfang November ging sie hin, um den Zustand des Hauses zu überprüfen, und was sie sah, wird sie nicht vergessen: »Meine Datscha liegt auf der Straße, die zur (von Russland 2014 illegal annektierten Halbinsel) Krim führt. Dort verkehrten in einem fort Konvois eskortierter Lastwagen mit allerlei aus Cherson gestohlener Fracht, von Metall für öffentliche Arbeiten bis hin zu Tonnen von Getreide.« EL PAÍS bestätigte auch am vergangenen Donnerstag die Plünderung der wichtigsten Sammlungen des kulturellen Erbes von Cherson, die auf die Krim gebracht wurden.
Alexandrovskajas Überlebensregeln waren einfach, aber grundlegend: Lassen Sie sich auf der Straße nicht mehr als notwendig sehen, und niemals nach zwei Uhr nachmittags, um willkürliche Verhaftungen zu vermeiden.
Tragen Sie Ihr Handy niemals bei sich, um dessen Beschlagnahmung zu vermeiden. Ukrainische Symbole oder andere Erkennungsmerkmale sind zu vermeiden.
Eines der detailliertesten Folterzeugnisse, die in den ukrainischen Medien erschienen sind, ist das eines Sympathisanten des Rechten Sektors, einer politischen Gruppe mit Ursprüngen in der extremen Rechten, die heute als Bataillon in die ukrainischen Streitkräfte eingegliedert ist.“

Nazis in den ukrainischen Streitkräften?! Niemals!

„Diese Person wurde möglicherweise verraten und in seinem Haus wurden Symbole des Rechten Sektors gefunden. Er wurde in einem Gebäude in der Teploenergetikiv-Straße eingesperrt und erlitt zusammen mit einem weiteren Dutzend Gefangenen, mit denen er die Haft teilte, brutale Misshandlungen.
Dmitro Lubinetz, der Ombudsmann in der Ukraine, hat diese Woche angeprangert, dass es in den von den Russen in Cherson eingerichteten Haft- und Strafzentren sogar Zellen für Jugendliche gibt.“

Worin sich die wohl von denen für Erwachsene unterscheiden?

„Am nördlichen Stadtrand von Cherson gibt es einen Supermarkt, in dem Dutzende von Einwohnern Schlange stehen und darauf warten, Wasserkrüge zum Trinken und Waschen nachzufüllen. Unter ihnen teilten sie am Freitagmorgen Terrorerfahrungen, insbesondere psychologische, die sie erlitten hatten. Der 30-jährige Jevhenij Babitsch, vermißt 2 Freunde: Einer ist ein Ex-Polizist, sein Name wurde als solcher in die Akten des Rathauses aufgenommen; der andere war ein Aktivist, der in den ersten Tagen der Kapitulation der Stadt auf der Straße gegen die russischen Soldaten demonstrierte. »Unser Leben war in den Monaten der Besatzung wertlos«, sagt Babitsch.

Sascha Medvedjev, 33, wartet im Supermarkt, um jemandem zu helfen, der es brauchte. Er ist ein Flüchtling aus einem Dorf in der von Rußland besetzten Provinz Saporischschja. »Ich kenne niemanden, der verschwunden ist, aber sie könnten dich ohne Vorwarnung erschießen, das weiß ich aus erster Hand«, sagt Medvedjev. Auf die Frage nach dem Risiko einer erneuten Invasion von Cherson mit lokaler Unterstützung macht Medvedjev darauf aufmerksam, dass viele Kollaborateure aus der Stadt geflohen seien, »und viele andere von den Partisanen getötet wurden«.“

Mit „Partisanen“ werden diejenigen bezeichnet, die mit den ukrainischen Sicherheitskräften kollaborieren.
Es gab also rund um den Abzug der Russen und dem Einmarsch der Ukrainer eine Art freies Abrechnungswesen, das sicher von vielen genutzt wurde, die offene Rechnungen mit Nachbarn und Konkurrenten zu begleichen hatten.

Massensterben in Seoul

STAMPEDE

Tödliches Vergnügen

Der offizielle Body-Count hält derzeit bei 156 Toten bei der Massenpanik in Seoul. Dazu kommen 103 Verletzte, es können also noch mehr werden.

Man erinnere sich zurück an einige ähnliche Events dieser Art:
Perm 2009: 158 Tote
Duisburg 2010: 21 Tote
Budapest 2011: 3 Tote
Madrid Arena 2012: 5 Tote
(Kein Anspruch auf Vollständigkeit.)
Die meisten Opfer dieser Art von Ereignissen verzeichnete bisher allerdings ein Diskotekenbrand in Buenos Aires im Jahr 2005: 194 Tote, rund 700 Verletzte.

Berichterstattung
Die Medien überschlagen sich zwar in Entsetzensbekundungen aller Art, bleiben aber – ähnlich wie bei School-shootings und sonstigen Amokläufen – sehr im Deskriptiven stecken. Dazu kommen noch breitgetretene Schilderungen der Trauer der Angehörigen, brennendheiße Augenzeugenberichte von Überlebenden, und die Frage: Hätte das verhindert werden können?

Diese intellektuell sehr bescheidene Darbietung verzichtet auf jeglichen Versuch einer Erklärung und trieft vor Verständnis für die armen jungen Leute, die bei ihrer Vergnügungssucht zu Tode gekommen sind. Diese Unglücksraben! Nach 2 Jahren Pandemie und Einschränkungen wollten sie endlich wieder Gas geben und dann das!

Weder soll man fragen, was Leute bei solchen Halloween- und ähnlichen Festivitäten eigentlich bewegt, noch soll man fragen, was eigentlich in einer Gesellschaft los ist, wo Freizeitgestaltung lebensgefährlich ist.

Dieses Getöse um die „Tragödie“ und „unfaßbar“ und „schrecklich“ ist also durchaus absichtlich und will die Ursachen von solchen Todesfällen im Dunkeln lassen. Das ist eigentlich sehr rücksichtslos gegenüber den vergangenen und zukünftigen Opfern dieser Massenveranstaltungen, weil damit sichergestellt ist, daß sich diese Art von Todesfällen wiederholen werden.

Jugendkultur heute
Seit ein paar Jahrzehnten wurden die Kinder und Jugendlichen als Konsumenten entdeckt. Gegenüber den Zeiten, wo das Taschengeld gerade einmal für einen Lutscher oder ein Eis reichte, sind schon Kinder heute relativ zahlungskräftig, weil ihre gestreßten Eltern sich gerne von ihren Erziehungsaufgaben freikaufen, indem sie dem Nachwuchs Geld in die Taschen stopfen, um damit bei McDonalds zu futtern und sich irgendwelche modischen Fetzen zu kaufen – und nicht zu Hause zu quengeln, daß man unbedingt ein Kleidungsstück haben muß, das der Sitznachbar oder irgendwer in der Gasse in der Schule bereits besitzt und zur Schau stellt.
Diese Willhaben-Generation pflegt diese Art von Konsumverhalten dann weiter, wenn sie bereits im Rahmen des Möglichen flügge geworden ist und über irgendeine Art von Einkommen verfügt. Stipendien und Minijobs geben zwar nicht viel her für große Hupfer, aber für etwas an Drogen und ein paar Cocktails und Partys reicht es doch. Besonders beliebt sind eben Massenveranstaltungen, weil es gibt diesen gelungenen Individuen ein Gefühl der Sicherheit, in Gesellschaft von ganz vielen Leuten zu sein, die sich genauso aufführen wie sie. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil es sich im Grunde um sehr unsichere Menschen mit unklaren Zukunftsperspektiven handelt, die oftmals im Alltag ganz legale Pillen schlucken, um mit ihren psychischen Problemen zu Rande zu kommen.

Diese seltsame Art von Jugendkultur ist allen Entscheidungsträgern in dieser Gesellschaft recht.

Den Politikern deshalb, weil solcherart beschäftigte Jugendliche nicht lästig werden, nicht soziale Forderungen stellen, keine gefährlichen Ansichten hegen und überhaupt ihre grauen Zellen nur im Rahmen des unbedingt Nötigen betätigen. Eine unpolitische, unkritische Generation, die den jeweils gültigen politischen Zielen nichts entgegensetzen kann, weil es schon am elementarsten Wissen für irgendwelche Gesellschaftskritik gebricht.

Der Unternehmerklasse deshalb, weil sie damit rechnen können, irgendeinen gut beworbenen Schnickschnack auf jeden Fall massenhaft absetzen zu können. Hauptsache, er ist billig und knallig genug und kann als moralisch einwandfrei beworben werden.

Die Medien lieben diese orientierungslose und formbare Masse auch, weil sie immer als Kronzeuge und Manövriermasse für irgendwelche gerade anstehenden Kampagnen (Klima, Tierschutz, Freiheiten aller Art, Kriegshetze) einsetzbar ist und sich auch willig dafür hergibt.

Halloween
Das Halloween ist eine richtig erfolgreich lancierte Massenhysterie, die die Dominanz der US-Kultur in der Welt befestigen soll.
In einer Mischung von Grusel, Fasching, Theater und Konsum machen sich Leute auf, um möglichst originell in einer Masse von Leuten aufzufallen, die alle genau das Gleiche vorhaben. Die Geschäftswelt freut sich: Bei Textilindustrie, Handel, Kosmetikindustrie, Gastronomie usw. klingeln die Kassen und die ganze Maskerade wird dann zum großen Teil weggeschmissen, sodaß der Zirkus nächstes Jahr wieder von vorne losgeht. Während Christbaumschmuck doch hin und wieder am Dachboden gelagert wird, wäre es höchst uncool, im nächsten Jahr zu Halloween wieder mit den gleichen Vampir-Klamotten wie im Vorjahr aufzukreuzen.

Wer immer sagt: Was macht ihr da eigentlich, ihr Idioten?! – ist ein Spielverderber und ein Ekel.

Und so wird dieses Treiben jedes Jahr von viel Werbung und Aufmerksamkeit begleitet und auch nach dem Massensterben in Seoul braucht man sich keine Sorgen machen, daß Halloween selbst in Mißkredit geraten könnte.
Dafür ist die Schuldsuche gut, der Präsident entschuldigt sich, der Polizeichef oder ein Unterwaschel von ihm tritt zurück und alles geht weiter wie bisher.

Das alles geschieht in einem Frontstaat des derzeitigen Weltkrieges, wo die überlegene Kultur des Westens gegen die Verrückten und Autokraten verteidigt werden muß.


Rückerinnerung: Venedig und der Karneval