Pressespiegel El País, 1.8.: Ungarn tanzt weiter aus der Reihe

„UNGARN VERURSACHT UNRUHE IN DER EU, WEIL ES ARBEITSVISA FÜR AUSLÄNDER AUF RUSSEN UND WEIßRUSSEN ERWEITERT

Ungarn vertieft seine Beziehungen zum Kreml. Die jüngste Entscheidung der Regierung … Orbán, ihre Arbeitsvisum-Bestimmungen flexibler zu gestalten, um sie auf Bürger Russlands und Weißrusslands auszudehnen, … bereitet Brüssel Sorgen.

Die Europäische Kommission prüft, ob das ungarische Programm in den Anwendungsbereich der EU-Regelungen fällt fällt. Budapest betont, dass die Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen in die nationale Zuständigkeit fallen und hat jegliche Bedenken der EU zurückgewiesen.“

Das ist auch richtig. Da kann die EU prüfen, was immer sie will.
Das Ausstellen von Visa – und auch von Staatsbürgerschaften! – fällt in das nationale Recht. Diesbezüglich gab es schon öfter Stirnrunzeln in Brüssel, als baltische Staaten, Zypern oder auch Österreich Visa oder Staatsbürgerschaften gegen Investitionen an Nicht-EU-Bürger vergaben. Auch derzeit gibt es entsprechende Programme in Griechenland, Portugal und Spanien.
Bedenken und medialer Lärm kommen allerdings erst dann auf, wenn Ungarn das macht.

„Mit der Lockerung des sogenannten »Nationalen Karte«, einer neuen Einrichtung, die bisher nur Bürgern Serbiens und der Ukraine zur Verfügung stand, wird Budapest Russen und Weißrussen ermöglichen, für zwei verlängerbare Jahre in Ungarn zu arbeiten, ohne dass eine Sicherheitsgenehmigung erforderlich ist.“

Was darunter wohl zu verstehen ist?
Für keinerlei Visa ist eine solche Genehmigung explizit erforderlich, auch in anderen Staaten nicht.
Visaanträge werden geprüft und nach Ermessen der jeweiligen Behörde genehmigt oder abgelehnt.
Hier wird der Anschein erweckt, als ob in Ungarn diese Prüfung entfallen würde und sozusagen ein Automatismus einträte.
Das ist aber unrichtig und kann getrost als Fake News eingestuft werden.

„Sie können ihre Familien mitbringen und nach drei Jahren eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis beantragen.
Die ungarischen Behörden haben erklärt, dass die Öffnung“

– es handelt sich nicht um eine „Öffnung“ – weder war die Einreise für die jetzt einbezogenen Nationalitäten bisher „geschlossen“, noch steht sie jetzt unbegrenzt offen. Es geht um eine Visaerleichterung, aber die dargebotene Sichtweise der Autorin ist, daß jetzt dem Eindringen dieser falschen Fuffziger in die EU Tür und Tor geöffnet würde.

„für Russen und Weißrussen – sie bezieht auch Bosnien, Moldawien und Nordmazedonien ein – es Mitarbeitern aus diesen Ländern ermöglichen wird, beispielsweise am Ausbau des Kernkraftwerks“ (in Paks) „des russischen Konzerns Rosatom zu arbeiten; einem sehr kontroversen Projekt.“

In Ungarn ist dieses Projekt nicht besonders kontrovers.
Aber in der EU, wo zunehmend die Atomenergie ungeachtet ihrer bekannten schädlichen Auswirkungen und Risiken als „saubere“ Energie betrachtet wird, ist es natürlich überhaupt nicht gerne gesehen, sich für so etwas mit den Russen zusammenzutun.

„Bei der »Nationalen Karte« haben die ungarischen Behörden keine Quoten oder sonstigen Begrenzungen eingeführt. Laut ungarischen Quellen nutzen derzeit einige Dutzend Menschen aus der Ukraine und Serbien diese Art von Visum.“

Der ungarische Arbeitsmarkt ist aufgrund der dort gezahlten niedrigen Gehälter mäßig attraktiv.
Aber es ärgert offenbar die Brüsseler Behörden und die EU-Politiker der alten EU, daß das als Hinterhof und Arbeitskräftereservoir vorgesehende Ungarn sich jetzt eigene Gastarbeiter- und Einwanderungsregeln verpaßt.

„Der ungarische Außenminister Peter Szijjartó versicherte an diesem Mittwoch, dass diese Art von Genehmigungen kontrolliert werden.“

Diese Versicherung ist nur deshalb notwenig, weil entgegen den Tatsachen überall verbreitet wird, daß Ungarn keine Kontrollen ausüben werde.
Bei anderen Staaten (Polen hat seit Jahren Gastarbeiter-Regelungen für Ukrainer, von den Visa-Bestimmungen Deutschlands oder Österreichs ganz zu schweigen) wird das als selbstverständlich vorausgesetzt.

„Die Episode verschärft die Krise zwischen Budapest und der EU durch Orbáns Nähe zu Russland, die Blockierung von Militärhilfegeldern für die Ukraine und vor allem durch seine Besuche bei Putin in Moskau, beim chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Peking und Donald Trump … in Florida.“

Dergleichen Reise-Tätigkeit ist offenbar westeuropäischen Politikern vorbehalten …

„Die Treffen zur Diskussion der Ukraine im Rahmen einer angeblichen »Friedensmission«, die mit dem Beginn der halbjährlichen EU-Ratspräsidentschaft Ungarns zusammenfielen, haben die Gemeinschaftsinstitutionen und die meisten Hauptstädte verärgert.“

Unter „die meisten Hauptstädte“ muß man sich Berlin, Paris, die Benelux-Staaten und das Baltikum vorstellen, vielleicht noch Madrid und Warschau. In den restlichen Mitgliedsstaaten hielt sich die Entrüstung in Grenzen …

„Die Union und das Europäische Parlament haben zu Vergeltungsmaßnahmen gegen Budapest aufgerufen und boykottieren bereits hochrangige Treffen der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft.“

Was nicht wirklich tragisch ist.
Das El País bläst diese Maßnahme, die von Borrell verkündet wurde, über die Maßen auf, um zu zeigen: Die EU tut was!

„Nach der Kontroverse, aufgrund derer Budapest wegen dieser Treffen Rechenschaft ablegen musste, habe Ungarn diese »Friedensmission« abgeschlossen, heißt es in einer Mitteilung des ungarischen Ministers für Europaangelegenheiten, Janos Boka, an die Mitgliedstaaten, wie aus mehreren diplomatischen Quellen hervorgeht.“

Nachdem die Rest-EU weiter auf Krieg drängt, geht natürlich in dieser Sache nichts mehr weiter, die Rückmeldung aus Budapest ist daher angemessen.

„Die Hauptstädte bezweifeln, dass es wahr ist und glauben, dass Orbán, ein großer Provokateur, dieses Manöver »reaktivieren« kann, wenn er will.“

Das ist auch begreiflich, weil falls aus den USA ein anderer Wind blasen sollte, wird sich Orbán gerne als Vermittler betätigen.

Risse in der Einheit der EU

Diese neue Öffnung mit ungarischen Visa für Russland und Weißrussland … hat nicht nur Sicherheitsbedenken in der EU geweckt, wo der Schengen-Raum Freizügigkeit ohne Passkontrolle ermöglicht, sondern darüber hinaus vor allem durch die Tatsache, dass es die Kluft innerhalb der EU vergrößert, in dem Orbán zunehmend als Kreml-U-Boot wahrgenommen wird.“

Wenn von einer „Kluft“ die Rede ist, so ist offenbar Orbán nicht der Einzige, der mit der EU-Politik unzufrieden ist.

„»Es ist ein weiteres Zeichen der Harmonie mit Moskau, das der Kreml erfreut zur Kenntnis nimmt«, betont eine hochrangige EU-Quelle.
Russlands Spionagedienste erlitten nach der groß angelegten Invasion der Ukraine einen schweren Schlag, als die Mitgliedsstaaten Hunderte von Agenten auswiesen, die sich unter diplomatischem Deckmantel in der EU aufhielten.

Seitdem baut der Kreml sein Spionagenetzwerk wieder auf und hat seine Taktik geändert. Europäische Geheimdienstquellen weisen darauf hin, dass die Möglichkeit des Zugangs zum Gemeinschaftsgebiet mit weniger Einschränkungen, die das neue ungarische Visum mit sich bringt, möglicherweise neue Möglichkeiten bietet, aber vor allem Moskau für seinen spaltenden Diskurs Treibstoff liefert.

Ungarns Visaregelungen, etwa das sogenannte Goldene Visum, das den Zugang zu einer Aufenthaltserlaubnis gegen den Kauf von Immobilien ermöglicht, haben bereits Kontroversen im Zusammenhang mit Russland ausgelöst. Der Sohn von Sergei Naryschkin, dem Chef eines Geheimdienstes des Kremls,“

– es handelt sich um den russischen Auslandsgeheimdienst –,

hatte durch ein Goldenes Visum eine Aufenthaltserlaubnis in Ungarn (und damit Bewegungsfreiheit in der EU).“

Die Vorstellung, durch Visabeschränkungen und Ausweisungen Spionage verhindern zu können, ist etwas blauäugig.

„Abgesehen von den Sanktionen gegen Hunderte von Personen … können russische Staatsbürger mit einem Visum für einen EU-Mitgliedsstaat innerhalb der EU frei reisen. Allerdings ist es für sie aufgrund bürokratischer Schwierigkeiten schwieriger geworden, ein Visum zu erhalten und auch in das Gebiet der EU zu reisen, da es russischen Fluggesellschaften verboten ist, über den EU-Luftraum zu fliegen, und Fluggesellschaften der EU ihre Flüge nach Russland eingestellt haben.

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hat den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, gebeten, das Thema beim nächsten Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs im Oktober zur Sprache zu bringen. Weber versichert, dass die neue ungarische Formel russischen Spionen die Tür zum Gemeinschaftsgebiet öffnet und ist der Ansicht, dass die übrigen Mitgliedsstaaten Maßnahmen ergreifen sollten.“

Herr Weber macht sich Illusionen über die Fähigkeit der EU, ausländische Spionage zu beschränken.
Allerdings auch auf der Grundlage, daß die eigene geheimdienstliche Tätigkeit in der EU nach Quantität und Qualität schwach ist.

„»[Das Öffnen Ihrer Hand könnte] möglicherweise einer großen Zahl von Russen die Einreise nach Ungarn mit minimaler Aufsicht ermöglichen, was ein ernstes Risiko für die nationale Sicherheit darstellt«, sagt Weber in seinem Brief an Michel, der von der Financial Times vorgelegt wurde.

Die EU-Kommission bekräftigte an diesem Mittwoch, dass der Kreml ein Risiko für die Union darstelle und dass er Budapest um Aufklärung gebeten habe. »Russland stellt eine Bedrohung für die Sicherheit der EU dar und daher müssen alle Instrumente auf der Ebene der Union und der Mitgliedstaaten die Sicherheit der Union gewährleisten und auch die Sicherheit von Schengen berücksichtigen«, betont eine Sprecherin der Europäischen Kommission.“

Man merkt hier an dem inflationären Gebrauch des Wortes „Sicherheit“, daß eine gewisse Verwirrung darüber herrscht, was das eigentlich ist.
Außerdem wird leicht hysterisch nach einem Rechtstitel gesucht, um sich in nationale Belange Ungarns einmischen zu können.

Der Sprecher der ungarischen Regierung, Zoltan Kovács, hat gegenüber Weber erklärt, er führe einen »heuchlerischen Angriff« gegen die ungarische Regierung und beschuldigt den deutschen konservativen Politiker und die EU (die er als die »liberale Kriegstreiber-Elite« bezeichnet), »Millionen illegaler Migranten nach Europa zu schicken«. »Das ungarische Einwanderungsregime ist das strengste in der EU«, sagte Kovács in den sozialen Medien.“

Die EU schickt diese illegalen Migranten zwar nicht und hat mit ihnen auch keine Freude, aber die Replik Ungarns ist dennoch pikant, weil sie auf die Schwächen der EU-Abschottungspolitik hinweist.

Erderwärmung, Klimawandel, Umweltverschmutzung usw. – ganz egal!

DIE EU VERABSCHIEDET SICH VON KLIMAPOLITIK

Was zählt, ist Aufrüstung, Säbelrasseln auf Teufel-komm-raus. Alles das ist gar nicht gut fürs Klima, aber auch Energie muß her, mit Tankern, Flüssiggas-Anlagen, auch da ist für Umwelt- und Klima-Fragen kein Platz mehr.

Nachdem sich die Grünen vom Frieden schon sehr lange verabschiedet haben, werfen sie jetzt auch die Umwelt in hohem Bogen aus dem Fenster.

Hier wird eine Pinnwand für diese Themen eingerichtet.

Pressespiegel El País, 1.7.: Wem gehören die Frauen Afghanistans?

„DIE UNO HÄLT EIN GIPFELTREFFEN ZUR ZUKUNFT AFGHANISTANS OHNE DIE ANWESENHEIT AFGHANISCHER FRAUEN AB

Lokale und internationale Verbände werfen der UNO vor, den von den Taliban gestellten Bedingungen für die erstmalige Teilnahme an diesem Forum nachgegeben zu haben.

Für den Islam ist das Leben ein Geschenk Gottes, das nur er nehmen kann. Wer Selbstmord begeht, dem droht die ewige Hölle.
Für Arzo, eine 15-jährigen Afghanin, muss diese Hölle besser gewesen sein, als im Afghanistan der Taliban zu leben. Diese Jugendliche, deren Geschichte von CNN dokumentiert wurde, nahm im Jahr 2023 Autobatteriesäure zu sich. Sie hat überlebt, muß nun aber mit einer Magensonde ernährt werden.
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen greifen immer mehr afghanische Frauen, die in ihren Häusern eingesperrt und schrecklichen Misshandlungen ausgesetzt sind, zu Rattengiften, Reinigungsmitteln, Düngemitteln oder einem Seil, um sich zu erhängen, um den Fundamentalisten zu entgehen.“

Irgendwie klingen diese Horror-Stories seltsam. Wenn sie eingesperrt sind, wer mißhandelt sie? Um welche Art von „Mißhandlung“ geht es hier?
Überprüfbar ist das alles nicht.
Sicher ist die Situation der afghanischen Frauen nicht beneidenswert, aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Erzählungen dramatisiert werden, um sich mit Berufung auf internationale Rechte Einfluß in Afghanistan zu sichern.

Für die Machthaber Afghanistans präsentiert sich damit die weibliche Bevölkerung als eine Art 5. Kolonne, mittels derer die früheren Besatzungsmächte unter dem Mantel der Menschenrechte zurückkehren wollen.

„In Afghanistan gibt es keine Statistiken über Selbstmord, aber ein aktueller Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Afghanistan, Richard Bennett, warnte vor dem Ausmaß der Selbstmordgedanken unter afghanischen Frauen und bezeichnete ihre Tortur als »Geschlechterapartheid«.

Dieselbe Organisation, die UNO, die dieses Dokument veröffentlicht hat, hat für diesen Sonntag und diesen Montag in Doha (Katar) den dritten Gipfel zum Thema Afghanistan einberufen. Die Taliban sind eingeladen. Die Afghaninnen nicht. Die Verletzungen ihrer Menschenrechte stehen nicht auf der Tagesordnung.

Dies ist das erste Mal, dass die Taliban an einem Treffen des sogenannten Doha-Prozesses teilnehmen. Im Februar, als das zweite Gipfeltreffen stattfand, waren sie bereits eingeladen worden, lehnten jedoch die Teilnahme ab, weil die UNO sich weigerte, Forderungen zu erfüllen, die ihr eigener Generalsekretär António Guterres als »inakzeptabel« bezeichnete.
Die Radikalen“ (so bezeichnet die Autorin des Artikels die Taliban) „bekräftigten auch seither, dass die Rechte ihrer »Schwestern« – wie sie die afghanischen Frauen nennen – eine »interne« Angelegenheit seien und dass sie die einzigen Gesprächspartner der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan zu sein haben.“

Eine klare Aussage.
Die UNO war letztlich genötigt, die Bedingungen der Taliban anzunehmen, um diesen Staat überhaupt einmal an den Verhandlungstisch zu bekommen.
Immerhin sind die Taliban inzwischen seit fast 3 Jahren an der Macht, ohne von irgendeinem anderen Staat als Regierung anerkannt worden zu sein.

Das ist vor allem für die UNO ein untragbarer Zustand. Es ist einfach absurd und unglaubwürdig, Konferenzen über Afghanistan abzuhalten ohne die dortigen Machthaber. Die Beschlüsse solcher Konferenzen sind logischerweise Makulatur, nichts wert.
Die UNO ist also die erste Organisation, die den Taliban eine Art internationale Anerkennung verleiht.

Man muß aber dabei bedenken, daß das Thema „Frauenrechte“ usw. den Taliban gegenüber in Anschlag gebracht wird, bei den Saudis und verschiedenen anderen Golfstaaten jedoch kein Thema ist. Dort „respektiert“ man als freier Wertewesten die „lokalen Traditionen“. Auch in verschiedenen anderen Teilen der Welt wird hier keineswegs so genau nachgeschaut, wie es denn dort mit den Frauen und ihrer gesellschaftlichen Repräsentation aussieht.

„Lokale Organisationen wie die Unabhängige Koalition afghanischer Frauenprotestbewegungen und andere internationale Organisationen wie Human Rights Watch (HRW) und der Malala-Stiftung (gegründet von der Aktivistin Malala Jusefzai) sind der Ansicht, dass das, was im Februar inakzeptabel war, jetzt akzeptabel zu sein scheint. Angesichts dieses Präzedenzfalls glauben diese Gruppen, dass der Ausschluss der afghanischen Frauen vom dritten Doha-Treffen darauf zurückzuführen ist, dass sich die UNO letztendlich den Bedingungen der Taliban für die Teilnahme am Gipfel gebeugt hat.“

Das ist ja wohl so.
Warum müssen da verschiedene Organisationen angeführt werden, die das auch „glauben“?

„Sogar der Sprecher Zabihullah Mujahid, der ihre Delegation in Doha leitet, bestätigte diesen Samstag in einer Pressekonferenz, dass bei dieser Gelegenheit die Forderungen der Gruppe“ (die Autorin des Artikels legt eine gewisse Zurückhaltung, den Begriff „Taliban“ zu verwenden, an den Tag) „für Doha III »akzeptiert« worden seien.
Das Büro des Sprechers des UN-Generalsekretärs hat auf die Fragen dieser Zeitung nach dem Grund für diese Änderung nicht geantwortet.

Bevor die Taliban 2021 die Macht übernahmen, wollte Arzo Ärztin werden. Am 21. Juni, eine Woche nach 1.000 Tagen des von den Radikalen verhängten Studienverbots für alle afghanischen Mädchen über 12 Jahren, bestätigte die oberste UN-Beamtin in Afghanistan, Roza Otunbajeva, Leiterin der Hilfsmission der UNO in Afghanistan (UNAMA) den Ausschluss von Frauen von dem Treffen mit dem Zusatz, dass diese einen Tag später konsultiert würden.“

In welcher Form, fragt man sich? Wer wäre der/die offizielle Vertreter/in der Frauen Afghanistans?

„Diese Ankündigung veranlasste zahlreiche afghanische Organisationen dazu, in sozialen Netzwerken eine Kampagne zu starten, in der sie die UNO aufforderten, diese Entscheidung rückgängig zu machen.“

»Die wichtigen Treffen sind für den 30. Juni und 1. Juli angesetzt, und für Tag 2 sind Frauen eingeladen“

– man sieht, auch die Taliban haben nachgegeben, aber das darf man ja nicht offen sagen!

„ein bewusster Akt der Nachlässigkeit [über die Rechte] afghanischer Frauen und ihren wichtigen Beitrag zur Zukunft Afghanistans. Die UN sollten die Taliban für ihre Verbrechen an Frauen und Mädchen zur Verantwortung ziehen, nicht umgekehrt«, kritisiert Sahar Fetrat, Frauenrechtsforscherin bei Human Rights Watch (HRW), in einer E-Mail.“

Der streitbaren Frau von HRW, die immerhin im Exil sitzt, wäre eine weitere Ächtung des Taliban-Regimes recht, auch wenn davon niemand in Afghanistan etwas hat. Aber sie könnte weiter volles Rohr gegen die Taliban zu Felde ziehen.
Die UNO und die zuständige Frau aus Kirgistan nehmen jedoch eine pragmatischere Haltung ein, und haben zumindest die Teilnahme afghanischer Exil-Frauen-Organisationen erreicht.
Hier gibt es offenbar eine richtige Rivalität zwischen Hardlinern und Pragmatikerinnen:

„Fetrat betont, daß laut Otunbajeva: »niemand den UNO Bedingungen für das Doha-Treffen diktiert hat.« Es sei jedoch »offensichtlich, dass die Beteiligung von Frauen und ihre Rechte von dem Treffen und seiner Tagesordnung ausgeschlossen wurden, um die Taliban an den Tisch zu bringen.«“

Stimmt nicht ganz, siehe Tag 2.

„In seiner Pressekonferenz präzisierte der Taliban-Sprecher, dass sich die Agenda von Doha III »auf Wirtschaftsfragen und Anti-Drogen-Bemühungen« konzentrieren werde. Der UN-Vertreter in Afghanistan hatte genau jene Themen angesprochen, bei denen, wie die HRW-Forscherin“ („Forscherin“ ist Frau Fetrat nun wirklich nicht) „tadelt, »Privatunternehmen, Banken und der Kampf gegen Drogen Vorrang haben und bei denen Frauen nicht anwesend sein werden, um ihre Meinung zu äußern«.“

Es geht offensichtlich darum, die afghanische Ökonomie wieder etwas voranzubringen, um eine gewisse Ernährungssicherheit in dem Land herzustellen. Für Frauenrechtsaktivistinnen eine Nebensache.

„Otunbayeva versuchte, die Kontroverse herunterzuspielen, indem sie argumentierte, dass wir über den Drogenhandel in Afghanistan sprechen angesichts der Tatsache, »daß 30 % der Süchtigen Frauen sind«“.

Eine ziemlich wenig untermauerte Zahl. Um das Ausmaß der Sucht in Afghanistan – bei Männern und Frauen – festzustellen, müßte man doch zunächst einmal normale Beziehungen einrichten, um überhaupt Untersuchungen anstellen zu können.

„Sie verteidigte auch die Bedeutung eines »direkten Dialogs mit den Taliban«, um ihnen sagen zu können, dass »Frauen an diesem Tisch sitzen sollten [Doha III]«. Diese Diskussionen über Afghaninnen, aber ohne Afghaninnen, sind einer der Gründe, warum diese Expertin“ (welche? handelt es sich vielleicht wieder um Frau Ferhat? Nur die HRW-Dame ist „Expertin“, während die kirgisische UNO-Angestellte eben nur eine Beamte ist …) „glaubt, dass die UN »den Doha-Prozess patriarchalisch verwaltet«.
Sie fügt hinzu: »Afghanische Frauen mögen es nicht, wenn die UNO mit ihren Unterdrückern Geschäfte machen und sie von wichtigen Entscheidungen über ihr eigenes Land ausschließen.«“

Die Dame aus Afghanistan maßt sich an, für alle Afghaninnen zu sprechen, obwohl sie eigentlich niemand dazu ermächtigt hat.

„Im November hatte die UNO Fortschritte bei der Anerkennung der Taliban-Exekutive von einer Verbesserung der Situation der Frauen abhängig gemacht. Berichterstatter Bennett empfiehlt in seinem Bericht, die Straflosigkeit der derzeitigen Machthaber des Landes zu beenden.“

Wieder einmarschieren, oder was?
An wen richtet sich diese Aufforderung eigentlich?

„Am Kreuzweg

Der Doha-Prozess war eine Initiative des UN-Generalsekretärs, um eine internationale Strategie zum Umgang mit Fundamentalisten festzulegen.“

Guterres sieht den Zustand als unhaltbar an, in dem die Taliban überall ausgeschlossen werden, und versucht einen Dialog zu etablieren.
Er erkennt damit an, was der Rest der Welt nicht und nicht zur Kenntnis nehmen will: Daß die Taliban gekommen sind, um zu bleiben.
Der einzige Weg zur Einflußnahme auf dieses Land ist also der Dialog auf gleicher Augenhöhe. Die Taliban sind nämlich eine Regierung, die sehr eifersüchtig auf ihre Souveränität pocht – im Unterschied zu den anderen afghanischen Regierungen der letzten Jahrzehnte, die sich alle an irgendwelchen ausländischen Mächte anschmiegten und vor allem in Kabul breitmachten.

„Die erste Sitzung fand am 1. und 2. Mai 2023 statt, an der die Sondergesandten für Afghanistan aus der Staaten der Region teilnahmen;

Alle Nachbarstaaten Afghanistans haben also eigene Diplomaten, die nur für die Afghanistan-Beziehungen zuständig sind, eine Art Botschafter also, aber im Inland, die möglicherweise im Falle einer Anerkennung der Taliban als Auslandsvertreter eingesetzt würden. Sie stehen also Gewehr bei Fuß zur Anerkennung der Taliban –

„internationale Geberstaaten und -organisationen;“

– Afghanistan hängt bis heute an der Hungerhilfe der UNO –

USA, Rußland und die EU.“

Sieh da, wen eine Afganistan-Konferenz alles an einen Tisch bringt. Rußland unterhält bis heute einen Botschafter in Kabul, auch wenn es die Taliban noch nicht offiziell anerkannt hat. Ähnlich hält es China.
Der Westen gerät also durch seine bisherige Afghanistan-Politik in Gefahr, dort völlig ausgegrenzt zu werden. Um so lauter und schriller werden die Beschwerden der Frauenrechts-Organisationen, mittels derer sie dort den Fuß in die Tür kriegen wollen.

„Zuvor hatten 2019 in Doha Friedensgespräche mit den Taliban stattgefunden, bei denen das Friedensabkommen unterzeichnet wurde, mit dem internationale Truppen aus dem Land abzogen, was die Rückkehr der Fundamentalisten an die Macht beschleunigte. Seitdem steht die UNO vor dem Dilemma, kohärent zu sein und alle Beziehungen zu den Taliban abzubrechen, was ihrer Meinung nach zu einem Veto gegen die Arbeit internationaler Organisationen führen könnte, auf deren Hilfe mehr als die Hälfte der Afghanen angewiesen ist – am meisten gefährdet, Frauen und Kinder – oder versuchen, eine gewalttätige, frauenfeindliche Gruppe zu legitimieren, die die Menschenrechte mit Füßen tritt, in der Hoffnung, dass sie sich mit der Zeit mäßigen wird.“

Die Autorin des Artikels hält dies, wie ihre Wortwahl beweist, für völlig ausgeschlossen und würde lieber wieder einmarschieren. Oder die Frauen Afghanistans bewaffnen und zum Bürgerkrieg aufrufen.
Das mag jetzt polemisch klingen, aber was wären denn die Alternativen zum Dialog mit den Taliban? Doch nur deren Sturz, so oder so.

„Nur Nicaragua hat diplomatische Beziehungen zur Taliban-Regierung aufgenommen. China hat dies in der Praxis getan, indem es seinen Botschafter in Peking aufgenommen hat.“

Auch Chinas Botschaft in Kabul ist mit diplomatischem Personal besetzt, wenngleich nicht mit einem offiziellen Botschafter, und wenngleich es auch keine offizielle Anerkennung der Regierung ausgesprochen hat.
Aber de facto haben sowohl Rußland als auch China die taliban anerkannt und kooperieren mit ihnen, was sowohl die UNO als auch die westliche Wertegemeinschaft unter Zugzwang setzt.
Nicaragua hat auch keine offizielle Anerkennung ausgesprochen, ist aber der erste Staat des amerikanischen Kontinents, der hier in Sachen diplomatische Beziehungen vorprescht.

„Mit der UN-Einladung nach Doha III weist Laila Bassim von der Unabhängigen Koalition afghanischer Frauenprotestbewegungen per WhatsApp aus Kabul darauf hin, dass diese Einladung »sie“ (d.h., die Taliban) „reinwäscht und die Länder in der Region ermutigt werden, sie anzuerkennen«“.

Damit hat sie zweifellos recht, aber die Alternativen wären eben, alles zu lassen, wie es ist und zuzulassen, daß die Feinde des Freien Westens sich des Landes völlig bemächtigen.

„Die Aussicht auf Mäßigung sei bei diesen ehemaligen Guerillas eine Illusion, sagt Bassim, eine 24-jähriger Aktivistin, der die Taliban mit dem Tode drohen. Sie erklärt, dass Fundamentalisten eine »ideologische« Gruppe seien, die »nicht an Verhandlungen glaubt und nur ihr eigenes Gesetz akzeptiert«.“

Es ist in der Tat etwas unbescheiden und auch weltfremd, zu glauben, die Taliban würden sich fremde Gesetze aufnötigen lassen.

„Sahar Halaimzai, Direktorin der Afghanistan-Initiative der Malala-Stiftung, stimmt dem zu. »Wir dürfen nicht zulassen, dass (die Taliban) ihre Zusammenarbeit als Druckmittel nutzen, um Debatten über ihre extremen (Menschenrechts-)Verstöße zum Schweigen zu bringen. Und er weist darauf hin, dass sie keineswegs gemäßigt seien, sondern »ihre unterdrückerischen und brutalen Dekrete« gegen afghanische Frauen verdoppelt hätten. Im März kündigten sie die Wiedereinführung der öffentlichen Auspeitschung und Steinigung von Frauen wegen Ehebruchs an.“

Man sieht, wie sich das westliche Lager spaltet in die Gemäßigten, die sich mit den Taliban ins Benehmen setzen wollen, und die Frauenrechts-Fundamentalist(inn)en, die weiterhin auf Konfrontation gehen wollen.
Auf Seiten der Taliban ruft natürlich diese zweite Abteilung wieder den nationalen Stolz hervor, sich als Wahrer der Tradition zu sehen und von keiner ausländischen Macht etwas dreinreden zu lassen.