Syriens Rückkehr zur Normalität

DAS EINSAMMELN VON DAVONGESCHWOMMENEN FELLEN
Mehr als 8 Jahre seit den ersten Unruhen und mehr als eine geschätzte halbe Million Tote später, nach 11 Millionen Flüchtlingen im In- und ins Ausland, und nach Zerstörung eines guten Teiles der ganzen Infrastruktur und Produktion sieht es so aus, als ob die vereinigten Anstrengungen der syrischen Armee, der Hisbollah, der russischen und iranischen Hilfstruppen und deren logistischer Unterstützung dazu geführt hätten, ihrem Ziel sehr nahe gekommen zu sein: Syrien in seinen Grenzen und die auf die Aleviten gestützte Regierung Baschar El Assads zu erhalten.
Das freut natürlich die USA, die EU und Israel gar nicht, weil sie gerne eine Regierung nach ihrem Gutdünken dort eingesetzt und das Territorium Syriens unter ihre Freunde verteilt, bzw. sich etwas davon genommen hätten.
Die Türkei hatte und hat Ähnliches vor, muß sich jedoch aus verschiedenen Gründen mehr zurückhalten, als es Erdogan und Co. lieb ist.
Eines haben die USA, die EU und die von ihnen unterstützten Dschihadisten jedenfalls erreicht: Syrien ist ökonomisch ziemlich am Boden.
Und dort soll es, wenn es nach diesen westlichen Leuchttürmen der Freiheit geht, auch bleiben.
1. Sanktionen
Die EU hat kürzlich wieder einmal alle bestehenden Sanktionen gegen Syrien bestätigt und verschärft.
Sie beziehen sich auf Import und Export von Energieträgern, Blockierung von Finanztransaktionen, Verbot des Exports von Erdöl- und Kommunikationstechnologie nach Syrien, Flugverbote für syrische Flugzeuge und Flüge nach Syrien, u.a.
Es ist klar, daß damit Syrien die Möglichkeit genommen werden soll, durch Ölverkäufe Devisen zu erwirtschaften, seine eigene Energieversorgung aufrecht zu erhalten und an internationale Zahlungsmittel zu kommen, um Güter aller Art auf dem Weltmarkt zu erwerben.
Diese Sanktionen zielen vor allem darauf, zu verhindern, daß Syrien zu Geld kommt und seine zerstörte Wirtschaft wiederaufbauen kann. Das wird natürlich von den wohlmeinenden Staaten der westlichen Wertegemeinschaft alles nur gemacht, um die armen Syrer von ihrem „Regime“ zu befreien. Alles also letztlich im Interesse des p.t. Publikums.
Diese Sanktionen, ähnlich wie die gegen andere Schurkenstaaten wie Kuba oder den Iran oder Venezuela, rufen im Land zwar Verwerfungen und Versorgungsmängel hervor, haben aber letztlich für die verhängenden Länder zur Folge, daß sie einen Markt verlieren. Das betroffene Land muß sich nach anderen Importquellen umsehen. Und ärgerlicherweise gibt es die. So springen Rußland, China, Katar, Ägypten, der Libanon und andere Länder als Krediteure, Lieferanten und Transitländer ein und machen diejenigen Geschäfte, die das Kapital der die Sanktionen verhängenden Staaten nicht mehr machen kann.
Die Sanktionen sind somit ein zweischneidiges Schwert, und das merken vor allem die EU-Staaten. Der Preis, auf dem US-Markt weiter präsent sein zu dürfen, ist der, andere Märkte aufzugeben. Der Selbsterhalt des EU-Bündnisses und seiner Währung bedeutet also wirtschaftliche Selbstbeschränkung und wachsende Abhängigkeit von den USA.
2. Die Justiz im Reich des Guten, Teil 1: Anklage gegen Dschihadisten geht gar nicht!
Kürzlich hat Trump für einige Aufregung gesorgt, als er die EU-Staaten aufgefordert hat, ihre Dschihadisten zurückzunehmen.
Diejenigen IS-Kämpfer und ihre Familien, die bei den Kämpfen der letzten Jahre von den kurdischen mit ihnen verbündeten arabischen Milizen Milizen im Nordosten Syriens gefangenengenommen wurden, vor allem vor und nach dem Fall von Rakka, sitzen dort nämlich in Lagern herum und niemand weiß, wohin mit ihnen. Die Vertreter der Kurden haben schon öfter verlangt, von diesem menschlichen Ballast befreit zu werden. Sie haben nämlich weder das Interesse noch die Kompetenz, sie vor Gericht zu stellen. Erst als Trump die Sache zur Sprache brachte, kam eine Reaktion aus der EU. Seither wälzen diverse Politiker, die Medien und „Experten“ aller Art die Frage, ob man denn das könnte oder wollte?
Wessen sollen sie eigentlich angeklagt werden? Halsabschneiden, Dienst in einer fremden Armee, Unterstützung einer terroristischen Vereinigung?
Alles gaaanz schwierig. Für dort begangene „Gräueltaten“ brauchte man Beweise, um diese Gotteskrieger verurteilen zu können. Man müßte mit kurdischen Milizen und syrischen Behörden zusammenarbeiten.
Nur das nicht!
Was die Kurden anginge, so wären sie damit von der EU ein Stück weit als halbstaatliche Autorität anerkannt, die Türkei wäre sauer, und es könnte zu Verwicklungen aller Art kommen.
Und erst die syrischen Behörden! Man müßte den Unrechtsstaat und den „Schlächter“ als Regierung anerkennen, um mit syrischen Behörden zusammenarbeiten zu können.
Auch der „Dienst in einer fremden Armee“ als Tatbestand hat es in sich. Damit wäre der IS als Staat anerkannt, was ja auf keinen Fall sein soll.
Schließlich ist es auch mit der „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ nicht ganz einfach. Was heißt „Unterstützung“? Wenn diverse Frauenzimmer sich darauf berufen, doch nur für ihren Schatz gekocht und ihm die Wäsche gewaschen bzw. sich ihm als Beischläferin zur Verfügung gestellt zu haben, können sie dafür verurteilt werden?
Die Dschihadisten wiederum rasieren sich ihren Bart ab, nehmen wieder eine westliche Ästhetik an und beteuern, nur Sanitäter gewesen zu sein bzw.in der Küche Kartoffeln geschält zu haben.
Um ihnen nachzuweisen, daß das nicht so war, sind kostspielige Untersuchungen notwendig, Befragung von Milizmitgliedern, Einsatz von Dolmetschern, Juristen, Reisen in Gebiete, wo man sich auch heute noch nicht ganz sicher fühlt und womöglich in sehr bescheidenen Unterkünften hausen muß, weil die 4 Stern-Hotels alle dem Bürgerkrieg zum Opfer gefallen sind.
Die mit so einem Fall befaßten Juristen könnten sich da ein recht genaues Bild davon machen, wie die Aufständischen in Syrien gehaust haben, und es ist nicht sicher, ob das für die deutsche oder französische oder andere Regierungen angenehm wäre. Immerhin könnte man da anfangen, über Gründe und Hintergründe des Krieges nachzudenken und ein unerfreuliches Bild über die Beteiligung diverser EU-Staaten gewinnen.
Diese Variante – heimholen und hier vor Gericht stellen – ist aber auch deswegen die populärste und naheliegendste, weil Väter und Mütter der Dschihadisten und ihrer Dulcineas mehr oder weniger laut fordern, doch ihre lieben Kinder und die herzigen Enkerln, die oftmals auch schon Halsabschneider-Kurse durchlaufen haben, bei sich haben zu können.
Die nächste Idee, die aufkam, war die, dortselbst Gerichte einzurichten und die über das konsularische Personal zu betreuen.
Das ist natürlich eine besondere Schnapsidee. Erstens haben weder die syrische Regierung noch die kurdische Verwaltung ein Interesse, sich zu Handlangern der europäischen Justiz zu machen. Ansonsten gibt es in Syrien Wichtigeres zu tun, als langwierige Gerichtsverfahren gegen fanatische Killer zu führen.
Der Irak, der die Angeklagten oder auch nur Verdächtigen in Schnellverfahren zu Tode verurteilt – und auch hinrichtet –, ist kein Vorbild für Syrien. Weder die syrische Justiz noch die Behörden Rojavas haben vor, es ihm gleichzutun. Diese Henker-Tätigkeit lehnen sie ab.
Zweitens ist es eine Illusion und auch eine Frechheit, anzunehmen, Syrien oder die kurdischen Behörden würden so etwas wie eine exterritoriale Jurisdiktion bei sich dulden, also die Rechtssprechung fremder Länder bei sich zulassen.
Und schließlich haben Konsulatsbeamte keine strafrechtliche Ausbildung oder Kompetenz.
Ein weiterer Vorschlag lautete, doch einen internationalen Gerichtshof einzusetzen. Auch dieser Vorschlag prosperiert nicht.
Die internationalen Gerichthöfe betreffend Ruanda und Ex-Jugoslawien verdanken ihr Zustandekommen einer außerordentlichen Konstellation, als Rußland und China auf Kooperation mit den USA und der frischgebackenen EU setzten und deshalb im Sicherheitsrat einem solchen Gerichtshof zustimmten. Diese Situation ist aber heute nicht mehr gegeben. Ohne ein solches Mandat läßt sich aber ein solcher Gerichtshof nicht mehr einrichten.
Darüber hinaus war der Untersuchungsgegenstand dieser Gerichte ein anderer. Da ging es um die Aburteilung eines sozialistischen Staates als Verbrechen überhaupt, und um die Zurechtstutzung der Nachfolgestaaten zu subalternen Hinterhöfen der EU. Oder, im Falle Ruandas und Burundis, um die Aburteilung eines Genozids, um so etwas überhaupt einmal durchspielen zu können, durchaus mit Absicht auf etwaige Folge-Prozesse.
In Syrien schaut das ganz anders aus.
Ein Gerichtshof wegen Kriegsverbrechen in Syrien könnte sich nicht nur auf den IS beschränken. Die meisten Staaten sind aber nicht daran interessiert, Al Nusra-Front-Mitglieder, Weißhelme und ähnliche auf die Anklagebank zu setzen, weil sie teilweise von ihnen unterstützt wurden und werden. Großbritannien würde da nicht gut aussehen, die Türkei schon gar nicht, und Saudi-Arabien wäre gar nicht erfreut, wenn auch nur ein Teil seiner IS-Unterstützung ans Licht käme. Und erst die USA …
3. Die Justiz im Reich des Guten, Teil 2: Anklage gegen Freunde der Kurden oder der Regierung Assad geht schon!
Deutschland möchte sich offenbar im Spiel halten für einen Regime Change in Damaskus und an seiner Feindschaft gegen Assad festhalten.
Nachdem es seinerzeit nicht gelungen ist, den internationalen Gerichtshof in Den Haag für dieses Projekt zu gewinnen, ist die deutsche Justiz selber tätig geworden.
Sie zieht eine eigene Gerichtsbarkeit gegen Assad auf, wo frühere Mitglieder von Geheimdiensten, Regierung usw. vor Gericht gestellt werden sollen. Das alles mit Fotodokumenten und Zeugen, und möglicherweise auch besonders behandelten Kronzeugen unter den Flüchtlingen, die, hmmm, zu gewissen Aussagen überredet oder sonstwie gebracht werden sollen. Immerhin kriegt man sicherer Asyl, wenn man sich als vom Assad-Regime als verfolgt bezeichnet …
Um die Sache weiterzubringen, werden auch Verhaftungen vorgenommen.
Auch für syrische Juristen, die sich dafür einspannen lassen, gibt es bei diesem Gericht Jobs.
Deutschland maßt sich da eine Jurisdiktion über eine fremde Staatsgewalt an, das ist schon recht gewagt. Offenbar will es aus den vielen syrischen Flüchtlingen politisches Kapital schlagen. Da es aber gar keine Mittel hat, um die etwaigen Urteile gegen syrische Verantwortliche auch zu vollstrecken – sofern sie sich nicht in Deutschland befinden – haben derartige Verfahren auch etwas Lächerliches an sich. Man merkt sowohl den Anspruch als seine Haltlosigkeit.
Auch linke Kämpfer, die auf Seiten der YPG gekämpft haben, kommen vor Gericht.
Immerhin ist die PKK in Deutschland offiziell als terroristische Vereinigung eingestuft, die YPG-Milizen gelten als ihre syrische Filiale, und daß da jemand sich sozusagen Revolutions- und Aufstands-Unterricht holen könnte, das gefällt den Behörden gar nicht.
Auch in Spanien werden Mitglieder einer linken Gruppe, die nach Rojava sind, um dort den IS zu bekämpfen und sich Tips für den bewaffneten Kampf zu holen, vor Gericht gestellt, weil sie sich dort Milizen angeschlossen haben, „die von der terroristischen Organisation PKK-KCK abhängen“.
Fazit
Man merkt, die Bekämpfung des IS war und ist nicht erste Priorität vieler EU-Staaten.
Man merkt auch, der System-Change in Syrien ist nicht gelungen, wird aber dennoch gerade von Deutschland nicht aufgegeben.
Die Außenpolitik der EU-Staaten in Syrien und Umgebung ist zusätzlich kopf- und auch zahnlos geworden, seitdem die USA ihren Rückzug angekündigt haben.
Die Justiz erweist sich als ein eher mattes Mittel der Außenpolitik und kann Armeen und Waffensysteme nicht ersetzen.
Die EU verliert durch ihre Bündnistreue zu den USA jedes Jahr mehr Gewicht in der Welt.

„Humanitäre Hilfe“

AKTUELLE RECHTSTITEL ZUR ERLANGUNG DER WELTHERRSCHAFT
Nachdem ein Usurpator von allen wesentlichen EU-Staaten als Regierungsoberhaupt anerkannt wurde – was gegen alle bisherigen diplomatischen und völkerrechtlichen Gepflogenheiten und Konventionen ist – schicken sich diejenigen Staaten, die die Welt beherrschen möchten, zu weiteren Schritten an.
Nicht genug damit, die Verfassung Venezuelas und alle völkerrechtlichen Konventionen zu negieren, sind die USA und ihr neuer Hinterhof EU damit beschäftigt, unter völliger Außerachtlassung des Willens der Bevölkerung Venezuelas sich zu ihrem Vormund und Beschützer aufzuschwingen, indem sie „humanitäre Hilfe“ versprechen und liefern.

Während die Wirtschaft Venezuelas seit Jahren unter Sanktionen leidet, wovon die wichtigsten die Finanzen Venezuelas betreffen, was Venezuelas Importe drastisch beschränkt, werden jetzt mit großer medialer Präsenz „Hilfsgüter“ für Venezuela zur Verfügung gestellt.
Was Venezuela aufgrund mangelnder Zahlungsfähigkeit nicht importieren konnte, wird jetzt als selbstlose Hilfe zur Verfügung gestellt. Es kommen einem die Tränen!

1. Über IWF, Konvertibilität, Devisenbewirtschaftung und Vermögenswerte
Als der damalige venezolanische Präsident Hugo Chávez die Zusammenarbeit mit IWF und Weltbank aufkündigte und alle Kredite bei diesen menschenfreundlichen Institutionen abzahlte, war der Ölpreis hoch.
Damals wurden auch westliche Ölfrimen hinauskomplimentiert. Venezuela wollte sein Öl allein vermarkten:

„Zurückgeben sollen internationale Öl-Unternehmen auch die Kontrolle über Ölprojekte in Venezuela. Im Rahmen einer Kundgebung zum 1. Mai wollte Chavez am Dienstag zudem die staatliche Übernahme der milliardenschweren Projekte verkünden, die bislang von ausländischen Unternehmen betrieben wurden. »Wir erhalten so die Kontrolle über die Orinoco-Region zurück, die der Präsident richtigerweise als die weltweit größte Rohöl-Reserve bezeichnet«, sagte Gewerkschaftsführer Marco Ojeda … Von der Verstaatlichung sind die amerikanischen Unternehmen ConocoPhillips, Chevron und Exxon Mobil, sowie die britische BP, Norwegens Statoil und die französische Total betroffen. Die vier Projekte sind Schätzungen zufolge mehr 22 Milliarden Euro wert, dort können mehr als 600.000 Barrel Rohöl am Tag weiterverarbeitet werden. Venezuelas Präsident will mindestens 60 Prozent daran übernehmen.“ (FAZ, 1.5. 2007)

Da sind auch schon die Haupt-Interessenten an einem Regime-Change erwähnt.

Barack Obama verhängte 2015 Sanktionen gegen verschiedene venezolanische Regierungsmitglieder mit der Begründung, Venezuelas Regierung stelle eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA dar.
Damit war bereits das Tor geöffnet für die Beschlagnahmung venezolanischer Vermögenswerte im Ausland. Venezuela wurde so zu einem Unrechtsstaat erklärt, dessen Eigentum vogelfrei sei und jederzeit von Staaten, auf deren Territorium es sich befand, einkassiert werden konnte.
Das betraf Konten von Privaten, aber auch die Goldeinlagen Venezuelas in Großbritannien, die die Bank of England voriges Jahr mit fadenscheinigen Gründen nicht herausrückte. Inzwischen will sich der Usurpator Guaidó ihrer bemächtigen:

„A UK foreign office minister has suggested that the Bank of England grant access to £1.2bn in Venezuelan gold reserves to the self-proclaimed interim leader Juan Guaidó rather than Nicolás Maduro.
In a statement to British MPs, Sir Alan Duncan said the decision was a matter for the Bank and its governor, Mark Carney, and not the government. But he added: “It is they who have to make a decision on this, but no doubt when they do so they will take into account there are now a large number of countries across the world questioning the legitimacy of Nicolás Maduro and recognising that of Juan Guaidó.”
Guaidó has already written to Theresa May asking for the funds to be sent to him.“ (Guardian, 28.1. 2019)

Schließlich wurden alle Aktiva der Firma Citgo, die venezolanisches Erdöl in den USA raffiniert und über ein eigenes Tankstellennetz verkauft, von den USA eingezogen und sollen zur Verfügung des Usurpators Guaidó gestellt werden, um seine Präsidentschaft zu finanzieren und zu legitimieren.

„Citgo betreibt drei Raffineranlagen und eine Tankstellenkette in den USA, in denen Rohölexporte aus Venezuela verarbeitet und vertrieben werden.“ (Dabei wurden Citgos Einnahmen bereits an einen kanadischen Gläubiger verpfändet, – da ergeben sich auch noch Rechtsstreitigkeiten der USA mit Kanada.) (Amerika 21, 28.11. 2019)

Venezuelas ausländische Vermögenswerte werden also in Verstoß zu allem internationalen Recht enteignet, und die Möglichkeit, Importe auf Dollarbasis zu finanzieren, werden Venezuela damit genommen.
So entstand die Versorgungskrise, mit der Venezuela seit Jahren kämpft, und die in den Medien verlogenerweise als Ergebnisse der „Mißwirtschaft“ der venezolanischen Regierung dargestellt werden.

2. Wir helfen ja so gern
Die „Hilfsgüter“, die über USAID und andere GOs der USA-Regierung angeliefert und medienwirksam in Cúcuta in Kolumbien gelagert werden, beruhen also erst einmal auf der Lüge einer „humanitären Katastrophe“, als welche die durch das US-Embargo verursachten Versorgungsmängel bei Lebensmitteln und Medizin dargestelt werden. Inzwischen haben sich auch Brasilien und Holland zur Verfügung gestellt, um über eine Grenzstadt in Roraima und die Insel Curaçao diese „Hilfsgüter“ zu lagern.

Das venezolanische Rote Kreuz hat gleich abgewunken und möchte mit diesen Hilfelieferungen – die in Venezuela selbst niemand bestellt hat –, nichts zu tun haben.

Abgesehen davon, daß keine derjenigen Situationen vorliegt, die humanitäre Hilfe verlangen – Naturkatastrophe, Krieg oder Seuche – , ist ja auch gar nicht klar, worin denn diese Lieferungen bestehen und wer sie kontrolliert. Haben da Firmen ihre abgelaufenen Lebensmittel und Medikamente hineingepackt, um sie medienwirksam loszuwerden? Ist das Zeug womöglich gesundheitsschädlich, was da verliefert wird?

Die UNO und deren Unterorganisation WHO haben jedenfalls mit diesen Lieferungen nichts zu tun. Sie wurden von keiner international anerkannten Organisation kontrolliert.
Es ist also weder der Inhalt noch die Herkunft dieser Lieferungen bekannt. Es können theoretisch sogar Handgranaten, MG-Munition und ähnliches drin sein, als Konservendosen deklariert.
Umso bemerkenswerter ist es, wie einige Staaten sich richtig überbieten, diesen Sondermüll nach Venezuela zu bringen und notwendigerweise auch mit Gewalt drohen, wenn das „Regime“ in Venezuela diese Hilfslieferungen nicht seiner angeblich darbenden Bevölkerung, die angeblich sehnlichst darauf wartet, zukommen läßt.

Guaidó hat angekündigt, sie am 23. Februar mit Hilfe seiner Getreuen gewaltsam nach Venezuela zu bringen.

Man darf gespannt sein, wer ihm da alles zu Hilfe eilen wird.

Imperialismus heute

VENEZUELA UND DIE WELT
Es ist schon beachtlich, wo die Welt der Mutterländer des Kapitals inzwischen angekommen ist: Je mehr sie zur Kenntnis nehmen müssen, daß sie die Welt nicht (mehr) beherrschen, um so größer werden die Allmachtsphantasien und der Wunsch, bis in den letzten Winkel zu bestimmen, wer Macht ausüben darf und wie er sie zu gebrauchen hat.
Ein gewählter Präsident wird als Diktator bezeichnet, und zum Rücktritt aufgefordert, um „die Demokratie wiederherzustellen“. Ein Usurpator ohne Unterstützung der Bevölkerung wird als Präsident anerkannt oder soll es noch werden. Das Militär wird offen zum Putschen aufgefordert. Und die westlichen Medien sekundieren eifrig, die venezolanische Führung möge doch ein Einsehen haben und den Weg für die Demokratie freimachen.

1. Die USA und Venezuela
Die USA versuchen seit Jahrzehnten, erst Chávez und dann Maduro zu stürzen. Man erinnere sich an den gescheiterten Putsch gegen Chávez 2002, der eindrucksvoll zeigte, daß diese Regierung auf diese Art nicht aus dem Amt zu jagen ist, weil sie das Militär hinter sich hat.
Kleiner Exkurs: Zur Zeit der chilenischen Volksfrontregierung hatten die USA das gleiche Problem. Der erste Oberbefehlshaber des chilenischen Militärs, Schneider, wurde erschossen, weil er sich den Putschplänen des CIA wiedersetzte. Der nächste, Prats, wurde zum Rücktritt genötigt, nachdem er einen Putschversuch niedergeschlagen hatte, und einige Wochen nach dem Militärputsch in Chile im Rahmen der „Operation Condor“ im Exil ermordet.

Es ist anzunehmen, daß der CIA auch in Venezuela seit Jahren nach Pinochets sucht, aber erfolglos.
Es gelingt ebenfalls nicht, eine Opposition aufzubauen, weil die Gegner Maduros bzw. der Regierungspartei PSUV hoffnungslos zerstritten sind. Auch hinter dem Usurpator Guaidó steht keineswegs eine geeinte Opposition, auch wenn dergleichen durch die mediale Kakophonie vorgespiegelt wird. Der Usurpator stützt sich hauptsächlich auf das Ausland. Das ist auch in Venezuela wohlbekannt und trägt ihm keine großen Sympathien ein.

Der Usurpation Guaidós ging ein mickriger gescheiterter Putschversuch zuvor, woran man sieht, daß die USA auch diese Option nicht aufgegeben haben. Irgendwelche Idioten finden sich immer, wenn man genug zahlt. Es kommt halt nichts dabei heraus, wenn die Militärführung und der Rest der Mannschaft sich nicht für den Sturz der Regierung hergeben.

Zweiter Exkurs: Während in Kolumbien das Militär seit Jahrzehnten gegen die eigene Bevölkerung vorgeht und auch mit von den Drogenbossen finanzierten Paramilitärs zusammenarbeitete, steht das Militär Venezuelas seit geraumer Zeit auf dem Standpunkt, die nationale Souveränität gegen außen zu verteidigen. In Venezuela wird die lokale Bevölkerung von privaten Truppen der Großgrundbesitzer oder anderer Mitglieder der Eliten drangsalisiert, aber nicht vom Militär. Der Chavismus, und so auch Maduro und die PSUV, können sich auf das Militär verlassen. Und die einfachen Leute betrachten das Militär als Stütze, nicht als Gegner.
Deshalb veruchen die USA nun, die Regierung durch internationalen Druck zu stürzen, und betrachten das auch als geeignetes Mittel, wieder einmal Freund und Feind zu scheiden und ihre Verbündeten hinter sich zu versammeln.

2. Die EU und Venezuela
Die EU hat in den letzten Jahren außenpolitisch eine ziemlich jämmerliche Figur abgegeben. In der Ukraine hat sie zwar zum Sturz des Präsidenten beigetragen, aber mit der neuen Regierung keine rechte Freude, dafür um so mehr Unkosten. Die EU finanziert im Grunde eine durch und durch korrupte Clique und den Dauerkrieg im Donbass, um einen Bankrott der Ukraine zu vermeiden.
In Libyen hat sie dank ihrer Intervention gegen Ghaddafi einen failed state vor der Haustür, die die Flüchtlingsproblematik verschärft, weil sich Libyen über die Jahre zu einem wichtigen Einfallstor für Habnichtse aus Schwarzafrika entwickelt hat. Nur unter hohen Kosten, und völliger Hinanstellung ihrer schönen Floskeln von Humanismus, Menschenrechten usw. gelingt es, die dortigen Warlords als Hindernis für Emigrationswillige einzusetzen.

Bezüglich Syrien hat die EU mit der Devise „Assad muß weg“ zwar einen ordentlichen Bürgerkrieg mit ausländischen Interventionstruppen entfacht, aber damit nur dem Dschihadismus im eigenen Haus Auftrieb gegeben, eine Flüchtlingswelle ausgelöst und sich in Syrien selbst sowohl unbeliebt als auch lächerlich gemacht.

Außer Spesen nichts gewesen!

Die venezolanische Krise kommt daher für dieses Staatenbündnis wie gerufen, um sich erstens außenpolitisch zu profilieren, als auch innenpolitisch zu einen: Geschlossen gegen Nicolas Maduro! – unter dieser Devise versucht unter anderem Deutschland, wieder so etwas wie Führungsstärke zu zeigen, und sich gleichzeitig zum Maßstab dafür zu machen, was Demokratie eigentlich sei und warum ein Usurpator gegen ein gewähltes Regierungsoberhaupt in Stellung gebracht werden soll:

„Die Bundesregierung hat umgehend freie Wahlen in Venezuela gefordert. Sollte es dazu nicht kommen, solle der Oppositionsführer Juan Guaidó als Interimspräsident des Landes anerkannt werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Das Land brauche freie und faire Wahlen, sagt Seibert weiter. Der amtierende Staatspräsident Nicolás Maduro sei nicht der legitime Anführer des Landes, da die vergangenen Wahlen keinen demokratischen Standards entsprochen hätten.“ (Spiegel, 25.1. 2019)

Spanien will sich als Musterschüler präsentieren. Der spanische Ministerpräsident Sánchez, der einer Minderheitsregierung vorsteht, deren Tage durch den Streit seiner Unterstützerpartei gezählt sind, und der durch einen Mißtrauensantrag und nicht durch Wahlen an die Regierung gekommen ist – diese trostlose Figur droht, Guaidó anzuerkennen, wenn Venezuela nicht innerhalb von 8 Tagen Wahlen ansetzt. Worauf der venezolanische Außenminister ihn darauf hinweist, doch einmal im eigenen Land Wahlen anzusetzen, und an die Adresse der EU gerichtet meint, sich einmal

„mit ihrem eigenen Kram zu beschäftigen. … Wie kommt man auf so eine Einmischungsaktion, die man sogar als kindisch bezeichnen könnte?“ (El País, 27.1. 2019)

Bei all dem Getöse läßt sich nicht verbergen, daß sich in der EU wieder einmal keine Einigkeit herstellen läßt, weil sich keiner hinter Deutschland versammeln und außenpolitisch in die Nesseln setzen will. Sodaß eine matte „Andeutung“ Mogherinis herauskommt,

„Brüssel behalte sich eine Anerkennung Guaidós vor, wenn »in den nächsten Tagen« keine Neuwahl angekündigt werde.“ (ZDF, 27.1. 2019)

3. Lateinamerika und Venezuela
Die Nachbarländer Venezuelas Brasilien und Kolumbien, sowie die ebenfalls USA-freundlichen Staaten Argentinien und Chile haben den Usurpator als legitimes Staatsoberhaupt anerkannt.
Man muß sich das auf der Zunge zergehen lassen: Ein Mensch, der erst seit 3 Wochen Parlamentspräsident ist, nicht einmal eine nennenswerte Partei hinter sich hat (seine Partei des Volkswillens hält 14 Sitze im venezolanischen Parlament, das sind etwas mehr als 7 Prozent) und bis vor Kurzem in Venezuela völlig unbekannt war, soll als Regierungschef anerkannt werden.
Es ist nicht auszudenken, was so ein Präzedenzfall für die internationale Staatenwelt auslösen kann. Es ist die praktische Rücknahme aller Vorstellungen von Demokratie und dem Prozedere, das sie ausmacht, und spricht auch den Bewohnern eines Landes alle Entscheidung darüber ab, wer über sie regieren darf.
Brasilien und Kolumbien haben eine bewaffnete Intervention, zu der die USA sie im vorigen Jahr aufgerufen haben, abgelehnt. Sie wissen genau, daß das venezolanische Militär nicht nur regierungstreu, sondern auch gut ausgerüstet ist und daß die PSUV viele Anhänger hat, die sie auch mobilisieren und bewaffnen würde. Es wäre also kein Spaziergang, dort zu intervenieren.
Außerdem wäre eine solche Intervention weder im Militär noch in der Bevölkerung des eigenen Landes populär. Eine offene Konfrontation, womöglich gar Meuterei, wäre für diese relativ frischgebackenen und bisher vom Militär unterstützten Regierungschefs blamabel, wenn es nicht sogar ihre Präsidentschaft in Frage stellen würde.

Ein Spielverderber für die USA ist Mexiko, dessen Präsident López Obrador sich als Vermittler angeboten hat, was einer praktischen Anerkennung der gegenwärtigen Regierung und Zurückweisung von Guaidós Anspruch gleichkommt. Außerdem erklärt der Präsident Mexikos sich hier für zuständig und spricht anderen Mächten ihre Einmischungsbefugnis ab. Eine Art mexikanische Monroe-Doktrin, als Versöhnungsangebot präsentiert.

4. Weitere Quertreiber
Die größte Schlacht spielte sich im UNO-Sicherheitsrat ab, wo die USA sich auf Rußland, China, Kuba und Syrien einschießt und versucht, seine Verbündeten hinter sich zu versammeln. Auch hier gelingt es bisher nicht, die dort versammelten EU-Staaten zu einer sofortigen Anerkennung Guaidós zu verpflichten.

Ein weiterer unerwarteter Quertreiber ist Japan, das sich weigert, in dieser Frage Stellung zu beziehen. Japan steht auf dem (völkerrechtlich korrekten) Standpunkt, es ginge die japanische Regierung nichts an, wer in Venezuela regiert.

So ein Standpunkt der Verweigerung ist lästig, weil damit angedeutet ist, es ginge andere auch nichts an.