Pressespiegel El País, 17.4.: Russische Invasion in der Ukraine

DER GENERAL DVORNIKOV SOLL DAS KOMMANDO ÜBER DIE RUSSISCHEN TRUPPEN IN EINER HAND VEREINIGEN, UM SICH DES OSTENS DER UKRAINE ZU BEMÄCHTIGEN

Der Westen hat ihn den „Schlächter von Syrien“ genannt, aber der General, der das Kommando über die russischen Streitkräfte in der Ukraine übernommen hat, gleicht eher einem Trainer, der mitten in der Saison zu einer kaputten Mannschaft kommt, in der jeder auf seine eigene Faust kämpft.
Alexander Vladimirovich Dvornikov (Ussurijsk, 60 Jahre alt) wurde Anfang April zum Befehlshaber aller Truppen auf dem Kriegsschauplatz ernannt, um ein bisher auf drei nicht verbundene Fronten aufgeteiltes Kommando zu vereinen. Eine gescheiterte strategische Planung, die nicht nur die vom Kreml erwarteten blitzschnelle „Sonderoperation“ nach bald 2 Monaten an allen Fronten zum Stillstand kommen ließ, sondern auch Kritik am Generalstabschef Valerij Gerasimov hervorgerufen hat.

Die Ernennung von Dvornikov erscheint logisch, insbesondere nachdem das Verteidigungsministerium seine Ziele auf die östliche Donbass-Region konzentrierte und begann, sich aus dem Kiewer Gebiet zurückzuziehen. Das Terrain ist dem Soldaten bereits vertraut, da es sein Revier war: Er ist seit 2016 Kommandeur des russischen Militärbezirks Süd, wo er die direkte Kontrolle über die 8. Armee der vereinten Waffengattungen und die Streitkräfte des selbsternannten prorussichen Separatisten der Republiken Donezk und Luhansk ausübte. Zudem hat sein Bezirk im Gegensatz zu anderen Fronten in der Offensive gegen die Ukraine einige Erfolge verbuchen können.

Darüber hinaus ist Dvornikov der ranghöchste Wehrkreiskommandant. Der russische Präsident Wladimir Putin beförderte ihn 2020 in den Rang eines Armeegenerals, dem zweithöchsten Rang innerhalb der russischen Streitkräfte. Um das richtig einzuordnen: Er steht er auf dem gleichen Rang wie Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Valeri Gerasimov, der seit Wochen dezent in der Versenkung verschwunden ist.

»Wenn Putin einen anderen Offizier ausgewählt hätte, um die gesamten Kriegshandlungen zu leiten, hätte er wahrscheinlich Dvornikov ablösen müssen. Daher gibt es keinen Grund anzunehmen, dass Dvornikov speziell aufgrund einer bestimmten Fähigkeit oder Erfahrung ausgewählt wurde, über die er möglicherweise verfügt«, hebt eine Analyse des »American Institute for the Study of the War« hervor, die von den Experten Karolina Hird, Mason Clark und George Barros unterzeichnet wurde.

Dvornikovs Militärkarriere unterscheidet sich nicht sehr von derjenigen anderer russischer Offiziere. Als Absolvent der Ussuri-Suworow-Militärschule stieg er allmählich auf und diente bis 2003 als Kommandant eines Schützenregiments im Nordkaukasus. Wahrscheinlich nahm er am zweiten Tschetschenienkrieg teil. Später wurde er zum stellvertretenden Kommandeur des Militärbezirks Ost ernannt und wechselte wie viele andere Kollegen von einem Bezirk zum anderen.

Dank dieser Rotation hatte er die Möglichkeit, im September 2015 als erster Kommandant ausgewählt zu werden, der von Moskau in den Nahen Osten entsandt wurde, um das Regime von Bashar al-Assad zu verteidigen. Ihm den Spitznamen „Der Schlächter von Syrien“ zu geben, bedeutet nach Ansicht von Experten, einem der russischen Generäle, die in diesem Land einen brutalen Krieg zur Unterstützung der Macht von Damaskus geführt haben, zu viel Bedeutung beizumessen. Immerhin hat der Krieg mehr als 350.000 Menschen das Leben gekostet und Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen.“

… was natürlich nur auf die Beteiligung Rußlands zurückzuführen ist, der Westen und die Golfstaaten haben damit gaaar nichts zu tun.

„»Dvornikov hat weniger Erfahrung in Syrien als viele seiner Kollegen. Er diente als Kommandant für 10 Monate. Im Vergleich dazu haben die Leiter der westlichen Militärbezirke, Alexander Zhuravlyov, und der östlichen Militärbezirke, Alexander Chaiko, dort 24 bzw. 20 Monate gedient«, betonen die Autoren der Studie, die daran erinnert, dass die russischen Streitkräfte »während ihrer ganzen Zeit ihrer Intervention Zivilisten angegriffen haben« und dass aufgrund der kontinuierlichen Rotation der Offiziere »alle derzeitigen Bezirkskommandeure und viele andere Militärführer an diesen Verbrechen« gegen die syrische Bevölkerung mitschuldig waren.“

Also alle russischen Offiziere in Syrien waren Schlächter, und den NATO-Armeen würde es nie einfallen, Zivilisten anzugreifen.

„Der neue Kommandant in der Ukraine nahm einige Monate an der erbitterten Schlacht um Aleppo teil und erhielt den Titel eines Helden der Russischen Föderation, war aber bereits zum Leiter des Südbezirks ernannt worden, als diese blutige fünfjährige Belagerung im Dezember 2016 endete. Seine Erfahrung im Einrichten der grundlegenden Kommandostruktur im syrischen Szenario hat sicherlich seine Wahl durch Putin mitbestimmt. Dort musste er eine Vielzahl von Milizen und Überresten der syrischen Armee in die russischen Streitkräfte integrieren.

Dvornikov selbst hat sich in der Vergangenheit in verschiedenen Artikeln, die im Laufe der Jahre veröffentlicht wurden, seiner Rolle in diesem Konflikt gerühmt. In einem Interview, das er 2016 der Regierunszeitung Rossískaya Gazeta gewährte, malte der Militärmann ein apokalyptisches Szenario für El Assad bis zum Eintreffen russischer Unterstützung: »Die Regierungstruppen waren nach vier Jahren der Feindseligkeiten erschöpft und hatten mit großer Mühe die Terroroffensive eingedämmt [Moskau und Damaskus bezeichnen die Rebellen und Gegner Assads als »Terroristen«], aber die russischen Aktionen haben die Situation im Laufe von fünfeinhalb Monaten radikal verändert.“

Laut dem General brachte „die koordinierte Arbeit der russischen Luftfahrt mit den Regierungseinheiten [von El Assad] und den patriotischen Milizen vor Ort“ die Entscheidung, sowie »die Schaffung eines Beratersystems in sehr kurzer Zeit, das erfolgreich die Ausbildung von Regierungstruppen, kurdischen Streitkräften und anderen nationalen Verbänden vorangebracht hat.«

Ein weiterer Artikel, der 2018 von ihm selbst verfasst wurde, wiederholte diese Botschaft: Die Schaffung eines einzigen Kommandos unter seiner Führung brachte den Umschwung, »indem es nicht nur die Kontinuität und Effizienz des Oberkommandos garantierte, sondern auch alle Elemente von Aufklärung und Angriff in einem einzigen Informations-Stab vereinte«.
Das heißt, die gleiche Arbeit, die der Kreml jetzt von ihm verlangt, um seine bisherigen Truppen im Süden mit den angeschlagenen Kräften der westlichen und östlichen Bezirke zu koordinieren, die von Fronten wie der in Kiew abgezogen wurden, um die im Donbass zu verstärken. Dazu kommen die anderen Einheiten wie die tschetschenischen Truppen Ramsan Kadyrows und die Donezk- und Lugansk-Milizen.

Experten bezweifeln jedoch, dass diese »verspätete Ernennung« von Dvornikov die Probleme der Führung, Logistik und Moral, mit denen die russische Armee in der Ukraine konfrontiert ist, auf einen Schlag lösen wird.
Zunächst wegen der bisher erlittenen schweren Kommandantenverluste. Tatsächlich wurde am selben Samstag Vladimir Frolov, ein General, der Dvornikov unterstellt war, in Sankt Petersburg begraben.
Weiters »aufgrund der Anzeichen, dass die russischen Truppen nicht in der Lage waren, gleichzeitige Offensivoperationen in Cherson, dem Donbass und in Izjum durchzuführen«.
Und schließlich aufgrund der bisherigen Leistungen von Dvornikov.

Der Südbezirk war aufgrund seiner besonders intensiven Vorbereitungen vor dem Krieg am effektivsten, im Gegensatz zum Rest, dessen Einheiten eingesetzt wurden, ohne vorher genug Zeit zu haben, ihre Strukturen zu vereinen.
Allerdings war die Südgruppe auch nicht ganz erfolgreich: Mariupol hält noch fast zwei Monate nach Kriegsbeginn durch. »Dvornikov hat die Operationen in der Stadt befehligt. Er hat vielleicht versucht, viele der in Syrien gelernten Lektionen anzuwenden, aber seine Führung des Häuserkampfes in Mariupol war weder bemerkenswert in Bezug auf seinen Erfolg, noch auf seine Geschwindigkeit oder seine menschlichen Kosten«, sagen Experten.“

Das hat aber auch damit zu tun, daß dieser Teil der Ukraine als befreundetes bzw. eigenes Gebiet eingestuft ist, wo man Zerstörungen wie in Aleppo tunlichst vermeiden wollte – was nur in begrenztem Ausmaß gelungen ist.

„Darüber hinaus meinen die Experten, dass er, wenn seine Erfahrung in Aleppo ein entscheidender Faktor gewesen wäre, früher an die Kiewer Front berufen worden wäre: »Die Taktiken und Vorgehensweisen der russischen Streitkräfte sowohl in Syrien als auch in der Ukraine sind keine Besonderheit von Dvornikov oder einem anderen bestimmten Kommandanten«.“

Damit ist erstens ausgesprochen, daß die heutige Kriegsführung generell, also auch bei der NATO und ihren Verbündeten, keinen Unterschied mehr zwischen Zivilisten und regulären Truppen macht. Es ist also keine Besonderheit der russischen Strategie.
Zweitens: Daß Kiew irgendwann wie Aleppo aussieht, wollte die russische Führung auf keinen Fall.

„In einem Interview mit der Zeitung »Roter Stern« [die Zeitung des russischen Militärs] im letzten Dezember machte Dvornikov – inmitten hektischer diplomatischer Verhandlungen zwischen Moskau, Washington und der Europäischen Union, um einen Krieg zu vermeiden, während Russland seine Stationierung in Grenznähe zur Ukraine verstärkte –, einige Hinweise auf den zukünftigen Krieg. »Im April 2021 war es das erste Mal, dass die Truppen des südlichen Militärbezirks eine so umfassende Übung im Winter durchgeführt haben«, sagte der General. Dvornikov rühmte sich in Bezug auf diese Manöver, dass seine Streitkräfte mehr als 1.500 Stück »modernster« militärischer Ausrüstung erhalten hätten und dass er über 160 »Stoß«-Bataillone verfüge. »Angesichts der schwierigen politisch-militärischen Lage in unserem Gebiet hat uns die Führung bei der Aufrüstung der Truppen Vorrang eingeräumt. Im Moment haben wir eine Modernisierung von 71 % unseres Arsenals erreicht«, fügte er damals hinzu.

»Wir denken, dass [die Russen] in den nächsten zwei Wochen konkrete, physische Ziele im Donbass erreichen wollen, aber wie weit sie gehen werden, wissen wir nicht so genau«, sagte das Pentagon diese Woche. Das wird die große Herausforderung für Dvornikov, der laut Experten ein starker Kandidat für die Nachfolge seines direkten Chefs als Generalstabschef ist. Valeri Gerasimov bleibt aus der Öffentlichkeit verschwunden – nach dem Scheitern der „Spezialoperation“, die vorsah, die Regierung von Wolodymyr Selenskij in einem schnellen Vormarsch auf Kiew zu stürzen. Zweiundfünfzig Tage später sind noch nicht einmal die Gebiete Donezk und Lugansk vollständig von den bereits von den pro-russischen Sezessionisten kontrollierten Gebieten eingenommen worden.“

Der Pentagon scheint also mit der Einnahme der Ostukraine zu rechnen – früher oder später.

Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 13.4.: Waffenlieferungen an die Ukraine

DIE NATO HAT DIE UKRAINE MIT WAFFEN GLEICHSAM ÜBERSCHÜTTET. WIRD DER EINSATZ DADURCH LÄNGER DAUERN?

Interview mit dem Redakteur der Zeitschrift „Arsenal des Vaterlandes“, Alexej Leonkow

Alle sowjetischen Reserven sind bereits verbraucht!

Das Pentagon sagte, dass jeden Tag 10 Flugzeuge mit Waffen für die Ukraine in Polen landen. Und von dort geht es per Landtransport weiter. Ist das eine Bedrohung für die russische Armee?

Diese Lieferungen begannen im Dezember, noch vor dem Einmarsch. Aus allen Ländern Osteuropas wurde Ausrüstung sowjetischer Produktion eingesammelt und verschickt. Und als wir erfolgreich damit begannen, diese Technik auszuschalten, wurde der Nachschub knapp. In Osteuropa wurden alle Töpfe umgedreht und auch die letzten Reste herausgekratzt, so die slowakischen S-300 (Luftabwehrraketen) und hundert T-72-Panzer aus Polen. Alles, was da war, wurde bereits an die Ukraine übergeben!

Wie viel an Ausrüstung kam in die Ukraine?

Es ist schwierig, das genau abzuschätzen. Aber laut dem British Military Balance-Verzeichnis gab es bis Februar etwa 3.000 gepanzerte Fahrzeuge in der Ukraine. Wir haben bereits ungefähr die gleiche Anzahl zerstört. Manche haben wir gleichsam als Trophäen (d.h., unzerstört) bekommen. Und wie viele wurden in Lagerhallen abgeschossen, die durch unsere hochpräzisen Waffen und unsere Luftfahrt zerstört wurden? Ich denke, dass mindestens weitere tausend Einheiten von außen hereingebracht wurden.

Die Ukraine fragte die NATO auch um eine Luftwaffe.

Abfangjäger brauchen eine Landebahn, und alle möglichen Militärflugplätze, die wir finden, werden zerstört. Und nicht nur die Lagerhallen und Hangars für Ausrüstung, sondern auch die Landebahnen selbst, damit sie nicht von ihnen abheben konnten.
Der Transfer von Flugzeugen ist auch schwierig: Sie leuchten auf unseren Radaren auf. Wir können sie sehen und auf diese Ziele schießen.

Mit den Hubschraubern scheint es einfacher zu sein?

Ja, sie können tief fliegen und sind dadurch für Ortungsgeräte nicht wahrnehmbar. Außerdem brauchen sie keinen Flugplatz, sie können überall landen. Das heißt, ein Hubschrauber kann ganz einfach aus dem Ausland hereinfliegen und sich in den Karpaten mehr oder weniger unsichtbar machen. Vergessen Sie nicht, dass ihre Bewegung von westlichen Geheimdiensten über Satelliten koordiniert wird. Sie können minutengenau bestimmen, wann diese Hubschrauber über das Territorium der Ukraine fliegen können, damit unsere Geheimdienste sie nicht entdecken können.

Woher kommen diese Hubschrauber?

Bei den (gescheiterten) Evakuierungsversuchen aus Mariupol wurden Hubschrauber abgeschossen, die bereits in Afrika im Einsatz waren. Die Rede war auch von Hubschraubern, die die Vereinigten Staaten aus Afghanistan abziehen konnten, aber das ist nur Gerede. Ich denke, der Westen hat erkannt, dass die Ukraine ein großartiger Ort ist, um den angehäuften Militärschrott zu entsorgen. Schließlich kostet es Geld, es zu entsorgen, aber hier haben sie einen billigen Weg gefunden. Und gleichzeitig sehen sie aus wie Verbündete – sie liefern auch „militärische Ausrüstung“ an die Ukraine.

„Abrams“-Panzer – eine leere Hoffnung

Wenn die sowjetische Ausrüstung aus dem Westen verbraucht ist, welche Art von Ausrüstung wird jetzt geliefert werden? Die der NATO?

Ja, diese Frage stellt sich jetzt: Was liefern wir als nächstes? Großbritannien hat erklärt, es sei bereit, seine Anti-Schiffs-Raketen „Harpoon“ an die Ukraine zu liefern.

Könnten die unserer Schwarzmeerflotte gefährlich werden?

Dies Raketen sind uns bekannt. Wir haben Luftverteidigungssysteme auf unseren Schiffen, die dafür ausgelegt sind, die „Harpoon“ zu bekämpfen. Aber was für Raketen werden das sein? Sie laufen 2023 ab. Seit zwei Jahren holen die Briten sie von Schiffen ab, transportieren sie in Lagerhallen, kontrollieren sie und schreiben sie ab. Ihre Leistung ist fraglich.

Deutschland hat sich zu der Erklärung aufgerafft, dass es der Ukraine NATO-Panzer geben wird.

50 „Leopard“-Panzer. Sie stammen aber auch „von Orten der Langzeitlagerung“ und sind nicht sehr kampfbereit. Sie brauchen einiges an Wartung, bevor sie in Marsch gesetzt werden können. Und die dazu gehörigen Projektile? Für diese „Leopard“-Panzer haben die Deutschen schon lange nichts mehr produziert. Was werden sie finden? Wahrscheinlich auch in Lagerhallen abgelegte Munition. Und wenn dieses abgelaufene Projektil beim Schießen im Lauf eines Panzers explodiert?
Im Allgemeinen werden sie dieses Altmetall gerne in die Ukraine verschieben.

„Leopard“ – eine beeindruckende Waffe?

Nein, unsere T-72 können sie mit ihrer Standardmunitionsladung durchschlagen. Sie können sogar noch ernsthaftere Panzer bekämpfen – die über eine bessere Panzerung und einen aktiven dynamischen Schutz verfügen.

Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Zaluzhny, gab zu, dass er davon träumt, mit amerikanischen Abrams-Panzern über den Arbat und den Roten Platz zu fahren.

Die Abrams-Panzer will Polen haben. Ihnen zuliebe gab sie der Ukraine alle ihre T-72. Jetzt fordern alle ehemaligen sozialistischen Länder Osteuropas, dass Amerika ihnen neue, von der NATO hergestellte Ausrüstung als Ersatz für die nach Kiew gelieferte Ausrüstung gibt.

Die Ausbildung dauert ein halbes Jahr

„Leopard“-Panzer, „Harpoon“-Raketen … Wissen die Ukrainer, wie man mit ihnen kämpft? Müssen sie das nicht erst lernen?

Diese Technik wurde nach einer völlig anderen Logik aufgebaut als die sowjetische. Dafür braucht man Zeit. Mindestens 3 Monate, besser ein halbes Jahr, damit die Besatzung auf so einem Panzer nicht nur mitfährt, sondern zumindest gerade lernt, daraus zu schießen. Dazu müssen Sie Besatzungen rekrutieren und sie in Ausbildungszentren stecken …

Wo könnten sie ausgebildet werden?

Entweder werden ukrainische Truppen nach Deutschland gesandt. Oder die Panzer werden auf das Trainingsgelände in Polen gebracht.
Aber sie brauchen auch Werkstätten, um Geräte vor Ort zu reparieren. Und Ersatzteile.

Geld und Propaganda

In der Ukraine verstehen sie, dass sie keine sechs Monate haben. Warum also diese demonstrative Begeisterung: „Der Westen wird uns helfen“?

Zunächst einmal ist es Propaganda. Wie: „Europa und Amerika sind mit uns, die ganze Welt ist mit uns, schau, die Technologie kommt, also werden wir gewinnen …“
Aber die Aufgabe des Westens besteht nicht darin, der Ukraine zu helfen. Die Amerikaner müssen Russland zermürben und Europa vereinen – um daraus einen Monolithen zu machen, in dem es keine Widersprüche gibt. Und dann überführen Sie dieses dressierte Europa der vollständigen Unterordnung der Vereinigten Staaten und Großbritanniens.
Und gleichzeitig – zu verdienen. Lieferungen erfolgen im Rahmen der „Militärhilfe“-Programme. Da geht es um eine ziemliche Menge Geld! Und gleichzeitig wird Schrott abgeschrieben, der noch entsorgt werden müsste. Insgesamt ein gutes Geschäft.

Die Türkei verdient

Jeden Tag hören wir von abgeschossenen Drohnen in der Ukraine. Die gleichen türkischen Bayraktars. Wie viele davon hat Kiew, die auf keinen Fall enden werden?

Es ist nämlich kein Problem, sie in die Ukraine zu bringen: Sie wurden zerlegt, so kann man sie in einem normalen Auto transportieren. Wir zerstören sie tatsächlich regelmäßig. Die zweite Charge bestand aus 36 Stück. Mittlerweile sind 16 weitere installiert, davon haben wir bereits 5 außer Gefecht gesetzt.

Die Türkei liefert sie direkt während der Kämpfe?

Sobald die Fabrik sie gebaut hat, werden sie sofort geliefert! Daran verdient auch die Türkei. Das militärische Hilfsprogramm wird von den Vereinigten Staaten überwacht, das gesamte Geld fließt durch sie. Ich denke, die Amerikaner zahlen für die Ukraine.

Werden diese Drohnen über Rumänien importiert? Oder über Polen?

Grundsätzlich geht alle militärische Fracht durch Polen. Dorthin mit dem Flugzeug, dann mit dem Zug oder mit dem Auto.

Die Amerikaner wollten mit der Lieferung von Einweg-Selbstmorddrohnen in die Ukraine beginnen. Ist das eine schreckliche Waffe?

Springmesser? Die sind gefährlich. Dies ist ein hochpräziser herumschweifender Flugkörper mit einer Reichweite von 40 Kilometern. Aber ohne die Hilfe einer Aufklärungsdrohne können sie keine Fahrzeuge oder Panzer jagen. Dies ist ein bekanntes Tandem, das in vielen Konflikten eingesetzt wurde – in Libyen, in Syrien, in Berg-Karabach. Man kann sie bekämpfen.

Muß man sich Sorgen um Belgorod machen?

Es gab noch eine Neuigkeit: Die Vereinigten Staaten erwägen den Transfer von ballistischen MGM-140-Raketen in die Ukraine.

Die Frage ist offen. Die Vereinigten Staaten haben alte Versionen dieser Raketen und verschenken gerne Schrott unter dem Deckmantel von neu. Die Reichweite dieser Raketen beträgt 160 km. Unsere Luftverteidigung wird mit solchen Raketen fertig werden. Aber man muss verstehen, dass diese Komplexe, sobald sie aufleuchten, zum Ziel von Angriffen unserer Luft- und Raumfahrtstreitkräfte werden.

Sind unsere Grenzstädte – Rostov, Belgorod, Kursk – gefährdet?

Eine ähnliche sowjetische Rakete, „Tochka U“, die von der Ukraine eingesetzt wird, hat eine Reichweite von 130 km. Sie hat bereits versucht, die Region Rostow anzugreifen. Mehrere wurden bereits in der Nähe von Belgorod abgeschossen. Es ist klar, dass wir jetzt an den Grenzen dieser Regionen sozusagen Vorkehrungen getroffen haben. Im Allgemeinen bezweifle ich, dass diese amerikanischen Raketen einen Wendepunkt in den Feindseligkeiten bewirken werden.

Jagd und Zerstörung

Schwere Waffen werden per Bahn in die Ukraine geliefert. Warum bombardieren wir sie nicht?

Es gibt einen menschlichen Faktor. Zivilisten werden entlang dieser Schienenwege evakuiert. Und die Ukraine synchronisiert die Bewegung von Personenzügen gezielt mit der Lieferung von Militärgütern. Ein Zug mit Ausrüstung ist unterwegs – ein Passagierzug kommt aus der anderen Richtung.
Gott bewahre, dass der Zug mit Menschen aus den Schienen gerät – da würde es so viel Lärm geben, dass sie die Ereignisse von Bucha, die sie inszeniert haben, einfach vergessen werden.

Was machen wir? Ruhig zuschauen, wie die Züge mit Panzern anrollen?

Unsere Luft- und Raumfahrtstreitkräfte handeln sehr klug: Sie bombardieren nicht sofort, sondern achten darauf, wohin diese Ausrüstung geliefert wird. Dort, wo sie zentral gelagert wird, zerstören sie sie. Wir verfolgen genau, zu welchen Einheiten sie bestimmt ist. Es ist wichtig zu verstehen, auf welche Gebiete sich der Feind konzentriert und was er dort plant. Diese Pläne machen wir zunichte.

So war es mit dem aus der Slowakei gelieferten S-300, oder? Unser „Kalibr“ hat sie in Dnepropetrovsk zerstört.

Die Ukrainer haben diese S-300-Raketenwerfer meines Wissens in drei Partien geteilt. Eine wurde in die Nähe von Nikolaev überstellt, eine anderere nach Dnepropetrovsk und die dritte, glaube ich, irgendwo in die Nähe von Kiew oder Poltawa. Aber wir haben diese Komplexe aufgespürt. In Dnepropetrowsk – ja, unser Verteidigungsministerium hat bereits gezeigt, dass sie zerstört wurden.

Was ist mit den anderen beiden Raketenkomplexen?

Der, der in der Nähe von Nikolaev war, wurde ebenfalls zerstört.

Wie geht es weiter?

Charkow wird nicht gestürmt.

Was ist das Schicksal von Charkow? Von dort nach Belgorod sind es nur 50 km. Charkov nicht einzunehmen, ist eine Bedrohung für Belgorod.

Jeder weiß, dass der Zweck der zweiten Phase der Spezialoperation die Liquidierung der ukrainischen Truppen ist, die in der Nähe des Donbass stehen. Dies ist die wichtigste ukrainische Streitmacht.
Die ist jetzt einmal das nächste Ziel. Charkow wird vor allem von Territorialverteidigungs-Bataillionen gehalten – drei Divisionen, die die Stadt vom Süden gegen Angriffe halten sollen. Aber wir werden Charkow nicht wie Mariupol stürmen.

Charkow hat bereits stark gelitten.

Bewohner von Charkow schreiben öffentlich, dass ihnen bekannt ist, dass ihre eigenen „Zachisniks“, wie sie sie nennen, („Verteidiger“), es sind, die ihre Häuser beschießen. Wir werden nicht zur Zerstörung der Stadt beitragen.

Was hat Rußland in der Ukraine eigentlich vor?

UNKLARES KRIEGSZIEL

Putin hat in seiner Rede vom 24. Februar das Ziel seines Einmarsches angegeben:

„Russland kann sich unter der Bedrohung durch die moderne Ukraine nicht sicher fühlen. Die Umstände erfordern entschlossenes Handeln. Die Volksrepubliken Donbass baten um Hilfe. (…)
Und dafür werden wir die Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine anstreben. Sowie diejenigen vor Gericht zu bringen, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen Zivilisten begangen haben, darunter Bürger der Russischen Föderation. Gleichzeitig beinhalten unsere Pläne nicht die Besetzung ukrainischer Gebiete.“

Das ist im Grunde ein widersprüchliches Unterfangen. Man muß sich vor Augen halten, was die angestrebte „Entmilitarisierung und Entnazifizierung“ bedeuten würde, nämlich das Auswechseln der gesamten Verwaltung, des Sicherheitsapparates, der Militärführung usw. usf., was ohne Besatzung gar nicht zu machen wäre. Ein Land von der Ausdehnung der Ukraine dauerhaft zu besetzen, liegt jedoch aus verschiedenen Gründen außerhalb der Möglichkeiten Rußlands.
Als Putin diese Kriegsziele formulierte, ging er offenbar davon aus, daß die „gute“ Bevölkerung der Ukraine von einer „bösen“ Nazi-Clique beherrscht wird(*1), die sie lieber heute als morgen abschütteln würde, und deshalb die russische Armee als Befreier betrachten würde.
Da hat aber der FSB sehr schlecht gearbeitet, wenn er dem Chef dieses Bild vermittelt hat. Und einiges an Wunschdenken dürfte hier auch unterwegs gewesen sein, aber auch die realsozialistische Erziehung, die immer von einer guten, aber verführten Bevölkerung ausging, einem klassenbwußten Proletariat, das von bösen Führern fehlgeleitet wurde und wird. Und natürlich, Verrätern und 5. Kolonnen im eigenen Land, die es zu vernichten gilt.

Bald zwei Monate und gewaltige Zerstörungen und viele Tote später dürfte sich herausgestellt haben, daß dieses Kriegsziel nicht zu erreichen sein wird, weil es auf falschen Voraussetzungen beruht hat.

Seither toben offenbar Kämpfe innerhalb des Kreml, was mit dieser „Spezialoperation“ eigentlich zustande kommen soll?

Die russische Führung muß sich nämlich darüber im Klaren sein, daß erobertes Gebiet so aussehen wird wie Mariupol, d.h. einiges an Wiederaufbau nötig sein wird, falls sich die russische Macht dauerhaft dort festsetzen wird.
Sie muß sich ebenfalls darüber im Klaren sein, daß alle Gebiete, aus denen es sich zurückzieht, von den ukrainischen Streitkräften einer Säuberung unterzogen wird, wo dortige Verräter und 5. Kolonnen ausfindig gemacht, und vertrieben oder liquidiert werden.

Man erinnere sich an die Jugoslawienkriege und die bis damals größte Vertreibungsaktion seit 1945, die 200.000 Vertriebenen aus der Krajna.

Alle Gebiete, die Rußland erobert und aus denen es sich nachher wieder zurückzieht, würden also weitere Flüchtlingswellen zur Folge haben. Bereits jetzt ist nach russischen Angaben mehr als eine halbe Million Menschen nach Rußland geflüchtet, oder mußte aus zerstörten Gebieten nach Rußland evakuiert werden.

Weiters muß sich die russische Führung in Betracht ziehen, daß der Westen nie die Eroberung von Odessa zulassen würde, weil dieser Hafen das einzige Ausfallstor für die inzwischen sehr beträchtliche landwirtschaftliche Produktion der Ukraine ist. Durch Land-Grabbing und Investitionen von europäischem Agrarkapital hat sich hier eine sehr profitable Geschäftsshäre entwickelt, die die ganze Welt mit Nahrungsmitteln versorgt. Odessa hat dadurch die Rolle zurückerhalten, die es in zaristischen Zeiten gespielt hat.
Da es eine mehrheitlich russisch bewohnte Stadt ist, ist im Falle eines Verbleibes bei der Ukraine mit einer Vertreibungswelle durch die ukrainischen Behörden zu rechnen.

Putin wäre also gut beraten, bei einer Neuformulierung seiner Kriegsziele die militärischen und ökonomischen Mittel Rußlands in Betracht zu ziehen.

Bevor aber keine Entscheidung gefallen ist, was Rußland dort erreichen will und auch erreichen kann, gibt es nichts, worüber es mit der ukrainischen Führung verhandeln könnte.

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(*1) Natürlich gab und gibt es viel Unzufriedenheit in der Ukraine wegen der Armut und des Elends, die dort teilweise herrscht (=> Leihmütter) und den korrupten Eliten, die sich schamlos die Taschen füllen.
Aber diesbezüglich ist ja die Lage in Rußland nicht so viel besser, daß die russischen Truppen deshalb als Retter begrüßt werden würden.