Pressespiegel Moskovskij Komsomoljets, 2.9.: Neues aus der Welt außerhalb des SWIFT-Systems

„DIE KRYPTOBEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUSSLAND UND CHINA SIND BEDROHT

Es gibt nur einen Ausweg: Tauschhandel

Am 1. September tritt das Mining-Gesetz in Kraft, das versuchsweise die Verwendung von in der Russischen Föderation hergestellten Kryptowährungen für internationale Zahlungen erlaubt. Bei der Abfassung des Gesetzes hatten die Juristen China im Auge, das aufgrund der Sanktionen Banküberweisungen nicht durchführen will.

Es scheint jedoch, daß die Situation mit Hilfe von Kryptowährungen nicht gelöst werden kann: Der Oberste Gerichtshof und die Oberste Staatsanwaltschaft der Volksrepublik China haben kürzlich die Verwendung virtueller Währungen zu einer »Methode der Geldwäsche« erklärt, und Verstöße mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bedroht.“

China hat natürlich Bitcoin usw. im Auge, von denen es seine Geldhoheit bedroht sieht.
Außerdem fand eine Menge Bitcoin Mining in China statt, das jedoch irgendwann verboten wurde. China will diesen ganzen Krypto-Scheiß aus seinem Territorium draußen haben.

„Handelsprobleme mit China begannen Anfang 2024, nachdem die Regierung von Joe Biden chinesischen Finanzinstituten mit Sekundärsanktionen gedroht hatte.

Große Banken waren die ersten, die Zahlungen aus der Russischen Föderation einstellten, da für sie der Verlust des amerikanischen Marktes, wenn nicht gleich den Zusammenbruch, aber doch große Schwierigkeiten verursacht hätte.
Nach und nach schlossen sich ihnen jedoch kleine regionale Strukturen an, die es zuvor nicht so genau genommen hatten. Die Situation verbesserte sich auch nicht nach dem Besuch von Putin in China, bei dem die höchste aller möglichen Ebenen der Partnerschaft zwischen den beiden Ländern bekräftigt wurde. Auch die jüngsten Verhandlungen mit dem Vorsitzenden des Staatsrates der Volksrepublik China, Li Qiang, bei viele pompöse Worte über die von Tag zu Tag wachsende Völkerfreundschaft gesprochen wurden, brachte keinen Durchbruch.

Vertreter der russischen Wirtschaft behaupten, daß mittlerweile 98 % der chinesischen Banken eine Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation verweigern. Die im Juni überwiesenen Zahlungen wurden nirgendwo gutgeschrieben, sind aber noch nicht angekommen. Darüber hinaus fordert China seit Anfang August die als Vermittler fungierenden Banken der VAE auf, keine Zahlungen für von russischen Gegenparteien gekaufte Geräte und elektronische Komponenten zu leisten. Der Grund ist in diesem Fall nicht finanzieller Natur, sondern hängt auch mit drohenden Sanktionen zusammen.

Der Kreml ist sich der Problematik bewußt, macht jedoch nicht Peking dafür verantwortlich. »Wir verfügen über ein mehr als solides Volumen an Handels- und Wirtschaftsbeziehungen. Bei solchen Mengen und einem solch unfreundlichen Umfeld treten notgedrungen Probleme auf. Aber die wirklich gute partnerschaftliche Atmosphäre unserer Beziehungen ermöglicht es uns, aktuelle Probleme sehr konstruktiv zu lösen und zu diskutieren«, sagte Dmitri Peskow kürzlich.
Offenbar erwartete die russische Seite eine Lösung des Problems der Abrechnung mit dem Ausland durch digitalen Währungen.

Am 1. September tritt in Russland ein Gesetz zum Krypto-Mining in Kraft, in dem sich einer der Artikel mit der Verwendung von Kryptowährungen im internationalen Handel befasst.“

Man fragt sich, was dieses Gesetz eigentlich reguliert?
Das „Krypto-Mining“ ist eine sehr energieintensiver Versuch, diesen virtuellen Währungen so etwas wie einen Wert zu verleihen – der durch Mathematik und Energie-Verbrauch sozusagen beglaubigt werden soll.
Was hat Rußland diesbezüglich vor? Will es auch Energie und Mathematik investieren, um eine glaubwürdige Kryptowährung hervorzubringen?
Das ganze Projekt bleibt rätselhaft, weil die Kryptowährungen sind ja ein Versuch, durch Schein-Wertschöpfung den staatlichen Währungen Konkurrenz zu machen.
Aber wenn ein Staat selber eine Kryptowährung schaffen will, wie geht er dann vor?

„Schon in der Vorbereitungsphase dieses Dokuments hieß es, daß die Verwendung von Kryptowährungen es ermöglichen werde, »den … Sanktionsdruck des Westens auszugleichen« und SWIFT und SPFS zu ersetzen, was »besonders wichtig sei im Zusammenhang mit der Ablehnung von sei Banken sogar aus befreundeten Ländern (lies: China), Zahlungen aus Russland zu akzeptieren.«

Ohne solche Mechanismen drohe der exportorientierten Wirtschaft eine »Zerstörung«, warnte der erste stellvertretende Chef der Zentralbank, Wladimir Tschistjuchin. Erinnern wir uns daran, daß sowohl die Zentralbank als auch das Finanzministerium früher glühende Gegner der Kryptowährung waren, aber wie man sagt: tempora mutantur e nos mutamur in illis (»Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns mit ihnen« – lateinisch).“

Das alles, Wunschdenken hin und Notwendigkeiten her, löst weder das Problem, wie eigentlich eine Kryptowährung überhaupt geschaffen werden, und zweitens, wie die im internationalen Zahlungsverkehr eingesetzt werden soll.
Arbeitshypothese: Kryptowährungen und staatliche Akteure schließen einander aus.
(Eine andere Angelegenheit ist die Bemühung El Salvadors, bestehende Kryptowährungen für staatliche Zwecke einzusetzen. Auch dort sind die Erfolge spärlich.)

„Allerdings müssen ausländische Partner, die sekundäre, tertiäre und andere Sanktionen befürchten (und es besteht kein Zweifel, daß sie früher oder später folgen werden), noch von den offensichtlichen Vorteilen der Kryptowährung überzeugt werden, wie Vertreter russischer Finanzinstitute bekräftigen.

Und im Fall Chinas scheint dies nicht die einfachste Aufgabe zu sein. Im Himmlischen Imperium hatten sie nie eine Freude mit Kryptowährungen. Allerdings wurden Transaktionen, die beispielsweise über Hongkong abgewickelt wurden, bis vor kurzem nicht strafrechtlich verfolgt. (Bloomberg berichtete zuvor, daß russische Rohstoffunternehmen, die eine der bekannten Kryptowährungen verwenden, auf solche Zahlungen zurückgegriffen haben.)

Am 19. August verschärften jedoch der Oberste Volksgerichtshof und die Oberste Volksstaatsanwaltschaft der Volksrepublik China ihre Position und gaben bekannt, daß ab sofort die Verwendung digitaler Währungen und anderer virtueller Vermögenswerte »als Methode der Geldwäsche« betrachtet wird. Personen, die an solchen Operationen beteiligt sind, müssen mit bis zu 10 Jahren Gefängnis rechnen. Lagen die Kryptowährungen zuvor in einer »Grauzone«, gibt es laut Anwälten nun keinen Interpretationsspielraum mehr. Und da in China alles, was in der digitalen Welt passiert, vom Staat sorgfältig überwacht wird, ist es besser, nicht einmal nach Schlupflöchern zu suchen. Sie können für immer einen »schwarzen Fleck« bekommen.“

China sieht offensichtlich die Kryptowährungen als eine Bedrohung seiner Finanzhoheit und als ein Schlupfloch für Kriminalität an.

„Wenn Bankzahlungen eingestellt wurden und Zahlungen in Kryptowährungen für alle Parteien mit großen Problemen verbunden sind, wie soll dann der Handel abgewickelt werden?
Experten sagen allen Ernstes: durch Tauschhandel. Für diejenigen, die dieses Wort aus der frühneuzeitlichen Geschichte der Russischen Föderation vergessen haben, erinnern wir Sie daran: Dies ist, wenn man für ein Fass Öl eine Tüte Getreide oder für einen Karren Kohle eine Kiste Chips gibt.
Die Frage ist, wie man äquivalente Volumina von beiden finden kann. Und brauchen Ölverkäufer tatsächlich Getreide? Natürlich ist es möglich, Vermittlungsstrukturen zu schaffen, die in China nach Waren suchen, mit den Chinesen darüber verhandeln, was sie wirklich von der Russischen Föderation benötigen, die entsprechenden Einkäufe tätigen und einen Umtausch durchführen.

Dies sind jedoch sehr komplexe Systeme und hohe Kosten. Das bedeutet, daß die Waren, die aus China nach Russland kommen – und das ist eine riesige Bandbreite von Bohrinseln bis hin zu Schulmäppchen – noch einmal deutlich teurer werden.“

Einmal sehen, ob sich nicht doch andere Modalitäten finden, aber die werden dann nicht mehr im MK veröffentlicht.
Z.B. ein neues vermittelndes Land, dessen Banken keine Sanktionen fürchten müssen.
Oder aber, das Ganze ist ein Versuch, von anderen Zahlungsformen abzulenken.

3 Gedanken zu “Pressespiegel Moskovskij Komsomoljets, 2.9.: Neues aus der Welt außerhalb des SWIFT-Systems

  1. "Es gibt nur einen Ausweg: Tauschhandel"

    Tauschhandel unterstellt, dass er stattfindet, damit die Beteiligten ihre Reichtümer vermehren wollen. [Deswegen machen sie es, und messen auch, ob das erwünschte Resultat eintritt.] Würden sie befürchten, dass sie durch den Tauschhandel ärmer würden, dann könnten sie ja ihre eigenen Waren stattdessen lieber in Rauch auflösen oder in den Boden versenken. Dass man Waren verschenkt, damit andere, die diese brauchen, sich an diesen Gütern  erfreuen, das mag ja eine schöne Idee sein. Im Verein freier Menschen mag ja zukünftig das Wohl des anderen mir – auch – am Herzen liegen.  Tauschhandel zwischen Staaten – mitten im Kapitalismus – das gibt es nur, wenn das Geldsystem in dem einen oder dem anderen Staat  in und nach Kriegen  komplett ruiniert ist, sich also keine der beiden Seiten aufs Geld einlassen will. Die  hiesige "Zigarettenwährung" nach Weltkrieg II nahm aber dabei Maß an Zuteiliungsplänen der Nachkriegsverwaltung,  und darin befindliche Mängelzuteilungen.  Genaue Preisverhältnisse zwischen den zu tauschenden Waren mussten die Käufer und Verkäufer unter den misstrauischen Augen der Militärverwaltung Tag für Tag neu vereinbaren, je nach Angebot und Nachfrage. Oder es ging dabei pur ums Überleben, da konnte dann der Bauer vom Land seine Kartoffeln gegen viel Schnaps und Bier "eintauschen".   Meist war dabei wohl eine Seite im Vorteil, wenn sie ein volles Warenlager irgendwo im Keller gebunkert hatte, die andere war im Nachteil, wenn sie nur einen leeren Magen hatte.

    Wie,  mitten im kapitalistischen Weltsystem, ein  "Tauschhandel" zwischen Gütern, die nicht mit Preisen versehene Waren sein sollen,  und dann auch noch zwischen Staaten, soll funktionieren können,  das bleibt mir ein Rätsel.

    (Dass China die ganze Welt mit seinen Verkehrsverbindungen und Handelsbeziehungen für sich erschließt, technologisch in etlichen Bereichen inzwischen Weltmarktführer ist, und auch für die USA und Europa so wichtig bleibt, dass die vor einem direkten Krieg zurückschrecken – könnte übrigens ja auch beinhalten, – dass demnächst China seine Währung offiziell als Weltwährung präsentieren will.)

    [Wie China inzwischen in etlichen Bereichen bereits den Weltmarkt beherrscht, das zeigt sich in den Abteilungen, in denen hierzulande eher ‘Abwarten’ und ‘lange Bank’ angesagt wurde: Bei der Infrastruktur für E-Mobilität, bei den entsprechenden Autos, und bei den sonstigen Abteilungen von Solar- und Grüntechnologie u.ä. Die Jammerei im früheren ‘Autoland’ BRD von oben bis unten ist inzwischen im Herbst 2024 nicht nur bei VW groß. Kapitalisten nehmen dies aber nur als Auftrag, mit weniger Leuten trotzdem mehr Profite für sich herauswirtschaften zu wollen, denn darum geht es, – bei VW und auch bei angeblichem “Tauschhandeln”…]

    Mal die andere Seite angeschaut: USA, Dollar und IWF
    Stephan Kaufmann über den IWF, die ‘regelbasierte Ordnung’ – und über China:
    “(…) Um das System zu retten, werden nun zwei Lösungen präsentiert. Zum einen sollen die Stimmrechtsanteile innerhalb des IWF stärker zu Gunsten der großen Schwellenländer umverteilt werden. Doch dürfte das kaum die zugrundeliegenden Widersprüche auflösen. »Wenn die Stimmrechte nach Wirtschaftskraft aufgeteilt werden, könnte China dereinst die meisten Stimmrechte erhalten, laut IWF-Statuten müsste der IWF dann nach Bejing umziehen«, so Rajan. Es ist kaum denkbar, dass die USA dies geschehen lassen. Der zweite Vorschlag ist, den IWF von politischem Einfluss zu befreien, ihn unabhängig zu machen. Doch auch hier ist fraglich, ob insbesondere die USA dies billigen.
    So steht der Westen vor dem Widerspruch, dass er einerseits die im IWF gebündelte, kollektive Kreditmacht braucht zur Stabilisierung seiner Weltordnung. Um diese Kreditmacht zu erhalten, darf er diese Ordnung aber gleichzeitig nicht zu seinem eigenen Nutzen gebrauchen. Dieser Widerspruch ist durch eine Neuformulierung der IWF-Statuten kaum zu lösen.(…)”
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183351.regelbasierte-weltordnung-von-krieg-zu-krieg.html

  2. Nun ja, was den Tauschhandel betrifft, so hat Rußland noch immer den Barterhandel zwischen den RGW-Staaten vor Augen, der immerhin von 1949 bis 1990 schlecht und recht funktionierte. Jeder Staat hatte natürlich das Gefühl, er würde von den anderen ausgeplündert, aber immerhin fand ein Warenaustausch statt und die Versorgung haute halbwegs hin.

    Allerdings war das eben ein Handel zwischen sozialistischen Staaten, wo es um „gerechten“ Austausch ging und nicht um Profit.
    Das heißt, dieses System ist auf die BRICS nicht übertragbar, die sich mehrheitlich der Marktwirtschaft verschrieben haben und auch vollgestopft mit geldgierigen Kapitalisten sind. Außer Rußland und dem Iran sind die BRICS-Staaten Diener des Kapitals.

    (Im Iran und Rußland haben die obersten Staatsorgane schon die Möglichkeit, ihre Unternehmerschaft zur Ordnung zu rufen, und dabei helfen die Sanktionen auch mit, die gegen die beiden Staaten verhängt wurden. Die dortigen Unternehmer können sich nicht so ohne weiteres des Weltmarktes bedienen.)

    Mein Eindruck ist, daß dieser Artikel ein wenig für die Öffentlichkeit gedacht ist und dahinter eben andere Dinge ausgekocht werden. Denkbar ist z.B. die Schaffung einer eigenen Bank für den Austausch zwischen China und Rußland, die für die Finanz-Öffentlichkeit unsichtbar ist.
    Das Interesse am Finden einer eigenen Abrechnungs-Modalität ist jedenfalls für China größer als für Rußland, weil die Handelsbilanz zugunsten Chinas ausschlägt. China verkauft weitaus mehr an Rußland als umgekehrt.

  3. Der Yuan (Renminbi) entwickelt sich langsam zu einer Art Devise der BRICS:

    „Die Yuanisierung der russischen Wirtschaft nimmt immer seltsamere Formen an

    Einlagen in chinesischer Währung mit 10% sind rentabler als Einlagen in Rubel mit 26%

    Nach Angaben eines großen Finanzmarktplatzes stiegen bei den 10 größten Banken Russlands die Zinssätze für Einlagen in Yuan im Oktober um 1,5%.
    Der Höchstzinssatz für Einlagen in chinesischer Währung bei inländischen Finanzinstituten erreichte 13 % pro Jahr, während der Leitzins der Volksbank von China viel niedriger ist – nur 3,1%. Darüber hinaus wertet der Yuan relativ stetig gegenüber dem Rubel auf, was das Sparen darin noch rentabler macht.

    Wie sich diese Großzügigkeit der Banken erklären lässt und ob Russen Einlagen in Yuan eröffnen sollten, erfuhr MK vom Leiter der Analyseabteilung der BKF-Bank, Maxim Osadtschij.

    MK: Was passiert jetzt auf dem russischen Markt mit der chinesischen Währung?

    MO: Die Yuanisierung der russischen Wirtschaft nimmt immer originellere Formen an. Insbesondere trotz der Tatsache, dass chinesische Banken Zahlungen von russischen Kreditinstituten ablehnen, herrscht in unserem Markt ein Mangel an Yuan-Liquidität.
    Dies äußert sich in hohen Kursen des Yuan und in der Abschwächung des Rubels, auch gegenüber dem Yuan. Vor dem Hintergrund ihres Defizits, das insbesondere durch Lockerungen bei der Zwangsveräußerung von Exporterlösen entstanden ist, versuchen die Banken, den Yuan anzuziehen.
    Der Yuan-Mangel wirkt sich negativ auf den Rubel-Wechselkurs aus, der gegenüber den wichtigsten Währungen schwächer wird. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass noch vor Neujahr die Marke von 100 Rubel pro Dollar erneut durchbrochen wird.

    MK: Was sind die günstigsten Zinssätze für Einlagen in Yuan bei russischen Banken?

    MO: Der Höchstsatz für Einlagen in Yuan auf dem russischen Markt beträgt 13%. Es wird von einer Privatbank aus den Top 10 nach Vermögenswerten angeboten und ist in der Liste der systemrelevanten Kreditinstitute enthalten.
    Eine Reihe anderer Banken bieten Zinssätze für Einlagen in Yuan von 12%, 11%, 10,2% an.
    Noch höhere Renditen sehen wir auf dem Markt für Yuan-Anleihen russischer Emittenten. Für das größte russische Aluminiumunternehmen beträgt die Anleiherendite 19,1 % pro Jahr, für den größten russischen Hersteller von Mineraldüngern und für das größte russische Goldminenunternehmen bis zu 16 %.

    MK: Was ist das Bemerkenswerteste an dieser Entwicklung?

    MO: Die Zentralbank der Russischen Föderation erhöht den Leitzins und kühlt damit die überhitzte russische Wirtschaft ab, und die Zentralbank der Volksrepublik China – die Volksbank von China – senkt ihn im Gegenteil und stimuliert so das Wachstum der chinesischen Wirtschaft. Der Leitzins der chinesischen Regulierungsbehörde wurde ab dem 21. Oktober von 3,35 % auf 3,1% gesenkt.
    Die Höchstzinsen für Einlagen in Yuan übersteigen jedoch bei vielen russischen Banken den Leitzins der Volksbank von China um ein Vielfaches, während die Höchstzinsen für Einlagen in Rubel den Leitzins der Zentralbank der Russischen Föderation nicht so deutlich übersteigen: Beim aktuellen Leitzins von 21 % beträgt der Höchstzinssatz für Einlagen in Rubel 26 %.
    Es scheint, dass sich der Carry-Trade schnell entwickeln sollte – so heißt der Prozess, bei dem ein Investor in China Yuan zu einem niedrigen Zinssatz leiht, ihn zu einem hohen Zinssatz in der Russischen Föderation anlegt und buchstäblich »aus dem Nichts« Gewinne macht, ohne eigenes Geld zu investieren.
    Es gibt jedoch keine Anzeichen für einen aktiven Carry-Trade auf dem russischen Devisenmarkt, da ein ausreichend großes Volumen solcher Geschäfte diese Arbitrage unweigerlich beseitigen und die Yuan-Kurse auf dem russischen und chinesischen Markt angleichen würde.

    MK: Warum passiert das? Ist die Yuan-Pipeline kaputt?“

    Eine lustige Art, auf den Umstand hinzuweisen, daß China bzw. seine Banken offensichtlich nicht in dem Maße mit der russischen Exportwirtschaft kooperieren, wie für einen ungestörten Austausch der Währungen notwendig wäre.
    Ein Grund dafür ist, daß China sich auch die westlichen Märkte offenhalten will und daher den Handel erschwert, um nicht unter US-Sanktionen zu fallen.
    Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß China seine Position als Haupt-Handelspartner ausnützt, um aus dem lamentablen Zustand der Währungs-Verhältnisse gewisse Zusatz-Gewinne zu machen.

    MO: Wir können zwei Gründe für dieses Phänomen annehmen. Erstens »klemmen« die Exporteure die Deviseneinnahmen ein, und diese gelangen nicht auf den russischen Markt.“

    Damit ist gemeint, daß sie sie sie in einen Firmen-Tresor legen, um auch in China wieder einkaufen zu können, und sie dadurch nicht in die Banken und den Währungshandel gelangen.

    „Zweitens schaffen die Banken keinen ausreichenden Puffer an Yuan-Liquidität, in der Hoffnung, dieses Geld bei Bedarf auf dem Devisenmarkt anzuziehen.“

    D.h., auch so landen in vielen dieser Firmen-Tresore nicht genug Yuan, um bequem damit auf Einkaufstour gehen zu können.
    Das ist wiederum der russischen Führung recht, die gerne hätte, daß mehr zu Hause produziert und nicht so viel im Ausland eingekauft wird.

    „Bis vor Kurzem nutzten die Banken aktiv die Yuan-Liquidität der Zentralbank, die sie über Währungsswaps bereitstellte. Seit September begann die Zentralbank der RF jedoch, aktiv »die Schrauben festzuziehen« – das Tageslimit zu senken und die Yuan-Zinsen zu erhöhen.
    Inzwischen wurde dieses Limit halbiert: von 30 Milliarden Yuan auf 15 Milliarden Yuan, und der Zinssatz für Yuan wurde auf 21 % pro Jahr erhöht. Daher reduzierten die Banken ihre Nachfrage bei der russischen Zentralbank nach Yuan-Liquidität stark.
    Eine der Folgen dieses »Anziehens der Schrauben« ist die Beschleunigung der Abwertung des Rubels. Eine weitere Folge ist die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Yuan-Liquiditätskrise.“

    Das ist wieder nicht so gut für die russischen Staatenlenker und Banken, weil es die Inflation antreibt … Oder doch?
    Das nötigt nämlich die chinesische Führung dazu, etwas zu unternehmen, weil China ja Rußland als Markt sehr schätzt und benutzen will. Wenn jetzt keiner mehr zahlen kann, müssen sich die Chinesen etwas überlegen.

    MK: Was raten Sie den Russen unter solchen Bedingungen? Ist es an der Zeit, Einlagen in Yuan zu eröffnen?

    MO: Tatsächlich scheinen Einlagen in Yuan zu 10% und mehr, unter Berücksichtigung der aktiven Stärkung der chinesischen Währung, profitabler zu sein als sogar 26% verzinste Einlagen in Rubel.
    Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, daß die Ersparnisse in Fremdwährungen, einschließlich derjenigen in Yuan, im Jahr 2022 »halb eingefroren« wurden. Doch wer kein Risiko eingeht, trinkt keinen Baijiu (chinesischer Wodka – Anm. d. Red.).“

    Ein stetes Risiko für Fremdwährungskonten … man erinnere sich an Jugoslawien, wo die Regierung Marković 1990 die Devisenkonten sperren ließ.

    (MK, 9.11.)

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