Wieder einmal Grexit

DIE EINFÜHRUNG DER DRACHME RÜCKT NÄHER
Rund um die Wahlen in Griechenland im Mai und Juni gingen Spekulationen um einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone hoch, falls die Falschen – Syriza – die Wahlen gewinnen würden. Damals wurde das noch als eine Katastrophe dargestellt, die unbedingt abgewendet werden mußte, wie auch in der Wahlempfehlung der FTD für die Nea Dimokratia vom 14.6 zum Ausdruck kam.
Inzwischen spitzen sich die Fronten zu zwischen denen, die nach wie vor die unkalkulierbaren Folgen dieses Schrittes beschwören und ihn unbedingt vermeiden wollen:
„Der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat bei seinem Besuch in Spanien bekräftigt, dass der Euro unumkehrbar sei. Daher könne auch Griechenland die Währungsunion niemals verlassen, sagte er.“ Deutsche Mittelstands-Nachrichten, 29.8.
und denen, die diese Entwicklung als unvermeidlich ansehen:
„Ungeachtet aller Warnungen legt die CSU in der Debatte über eine Rückkehr Griechenlands zur Drachme noch mal nach: Nach Überzeugung von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt führt an einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone kein Weg vorbei. “Ich sehe Griechenland 2013 außerhalb der Euro-Zone”, sagte Dobrindt der “Bild am Sonntag”.“ Tagesschau, 30.8.
Auch in Griechenland selbst scheint sich diesbezüglich ein Stimmungswandel abzuzeichnen. Hatte im Mai und Juni einzig die Kommunistische Partei die Rückkehr zur Drachme auf ihre Fahnen geschrieben, so scheint sich inzwischen auch in der herrschenden Klasse einiges zu tun:
„In Griechenland selbst versucht Premier Antonis Samaras, den nächsten Sparkurs zu beschließen. Zwar verkündete er am Dienstag, dass er eine Schlacht gegen die “Drachmen-Lobby” gewonnen habe; ganz klar wurde jedoch nicht, worin der Sieg bestand: Die schwierigen Koalitionsgespräche mit den Sozialisten und der Linken sind für Mittwoch anberaumt.“ Deutsche Mittelstands-Nachrichten, 29.8.
Rekapitulieren wir, was der Austritt Griechenlands aus der Eurozone verursachen und bedeuten würde.
1. Ein Austritt aus der Eurozone ist gar nicht möglich. Die Eurozone wurde seinerzeit als Einbahnstraße konzipiert, in die man nur hinein-, aber nicht mehr herauskann. Die gemeinsame Verpflichtung auf diese Währung sollte damit betont werden, und der unbedingte Wille, an ihr festzuhalten und sie zum Weltgeld zu machen.
Griechenland könnte also nur die EU verlassen, und dann eventuell nach Wiedereinführung der Drachme einen neuerlichen Beitrittsantrag stellen. Die Einführung der Drachme würde also nicht nur die Gemeinschaftswährung, sondern die EU als Staatenbund in Frage stellen.
2. Alle Zahlungsverpflichtungen, die Griechenland im Laufe der letzten 10, ja sogar 13 Jahre eingegangen ist, wären fragwürdig oder hinfällig. Das betrifft nicht nur die Staatsanleihen, Schatzscheine oder anderen vom Staat ausgegebenen Papiere, sondern auch alles, was an Handel zwischen Privatfirmen von und mit Griechenland gelaufen ist. Es haben sich ja bereits Medikamenten- und Lebensmittelfirmen aus diesem Markt zurückgezogen, da sie zu den bereits aufgelaufenen Verlusten keine neuen hinzufügen wollten und die zukünftige Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden und Handelspartner negativ einschätzten. Dazu kommen die bei den Notenbanken aufgelaufenen Zahlungbilanz-Ausgleichsschulden, (Sinn spricht nur von der Bundesbank, aber die Nationalbanken anderer Länder sind natürlich genauso betroffen,) deren Höhe nicht bekannt ist, die aber im Falle eines Austritts schlagend, und sich sehr negativ auf die internationale Performance des Euro auswirken würden.
3. Wenn der Austritt nur eines Landes möglich und wirklich würde, wären weiteren Austritten Tür und Tor geöffnet, und das gleiche Szenario wie 1. und 2. würde sich vervielfachen.

31 Gedanken zu “Wieder einmal Grexit

  1. Rückt die Einführung der Drachme nun näher oder nicht? – Die Argumente die bei dir unter Rekapitulation der Bedeutung eines Austritts Griechenlands aus der EU stehen, legen das nicht nahe. Bloß weil ein paar CDU Politiker das anders sehen, weil sie Druck auf Griechenland ausüben wollen, muss man ja nicht anfangen an diesen Argumenten zu zweifeln. Ich sehe das so, dass der Druck der von EU-Seite aufgebaut wird, um Griechenland gefügig zu machen, wegen oben stehenden Argumenten keine gescheiten Druckmittel sind. Die EU kann gar nicht wollen, dass Griechenland austritt, also kann man auch nicht glaubwürdig damit drohen. Um dennoch ein Drohungsszenario aufrecht zu erhalten, braucht es Stimmen in den Parteien, die sich für den Austritt Griechenlands aussprechen. Sonst wäre die Austrittsdrohung allzuschnell als leere Drohung entlarvt.

  2. Ich sehe das so, daß die EU in dieser Frage eben gespalten ist. Und zwar deshalb, weil alle bisher ergriffenen Maßnahmen, um das Zerbrechen der Eurozone zu verhindern, nicht erfolgreich waren und nicht erfolgversprechend sind.
    Deshalb bereiten sich Großbritannien seit Herbst 2011 und die meisten größeren Firmen seit Anfang dieses Jahres, spätestens seit den griechischen Wahlen vom Mai, z.B. durch Änderung der Währung in Verträgen auf das Euro-Ende vor. Auch die österreichische Bankenwelt ist in dieser Frage gespalten, aber die Anzahl der Euro-Skeptiker wächst.

    Ich sehe das so, dass der Druck der von EU-Seite aufgebaut wird, um Griechenland gefügig zu machen

    Gefügig wobei, ist nur die Frage. Es ist doch klar, daß Griechenland aus eigener – und eben auch aus fremder – Kraft nicht mehr kreditwürdig wird, da kann es Ausgaben kürzen was es will – ein erfolgreicher Kapitalstandort wird es dadurch nicht.
    Alle Gegenmaßnahmen laufen letztlich daraus hinaus, Euros in die Welt zu setzen, um die Pleite-Staaten damit kreditmäßig über Wasser zu halten, und das ist auf Dauer kein gangbarer Weg, weil damit die Glaubwürdigkeit des Euro und des Projekts Europa untergraben würde. Der Euro würde seinen Status als internationales Zahlungsmittel und als Maß der Werte verlieren. Das wäre das, was in der bürgerlichen Welt „galoppierende Inflation“ genannt wird, und entgegen allen Behauptungen nicht von der absoluten Geldmenge abhängt, sondern vom Mißverhältnis zwischen Warenproduktion und Mehrwertrealisierung einerseits, und dem Output der Gelderzeugungsmaschinerie andererseits.

  3. Gefügig beim Erfüllen der EU-Forderungen. Dass die griechische EU-Folgsamkeit der Weg aus der Krise ist, habe ich nicht behauptet. Die staatlichen Kürzungen sind ja eher kontraproduktiv, wenn es darum geht, dass Geschäfte in Griechenland gemacht werden. Der EU-Sparkurs ist ja durchaus umstritten. Meines Wissen sagen sogar die Ratingagenturen, dass das Zusammenkürzen des Staatshaushalts eher kontraproduktiv ist und weder die Wirtschaft noch dem Kredit nützt.
    “weil damit die Glaubwürdigkeit des Euro und des Projekts Europa untergraben würde. Der Euro würde seinen Status als internationales Zahlungsmittel und als Maß der Werte verlieren.”
    Ja, stimmt schon. Die Frage ist eben, wie lange man durchhält. Wie man es dreht und wendet, es bleibt eine Zwickmühle. Schmeißt man Griechenland raus, ist bald Spanien, Portugal und Italien dran und die Währung schifft gemeinsam mit der geschrumpften EU ab. Oder es wird immer mehr Kredit rausgehauen und der Euro ist wegen einer galoppierenden Inflation am Ende.

  4. Damit wollte ich jetzt aber nicht die Notwendigkeit des Euroendes abgeleitet haben. Es ist genauso möglich, dass die EU die Kreditierung der zahlungsunfähigen Staaten solange durchhalten, bis sich allgemein die Wirtschaft wieder belebt. Das Finanzkapital kann ja auch zu dem Schluss kommen: Wenn die EU für griechische Schulden geradesteht, dann ist dieser Kredit faktisch doch nicht so schlecht. Also kann man griechische Schulden auch wieder nehmen. Ganz risikofrei ist kein Kredit, also geht es um eine Risikoabschätzung und die kann sich auch wieder ändern.
    Es ist ja auch so, dass eigentlich keiner will, dass der Euro wertlos wird, weil er eine Weltwährung ist d.h. ein Teil des abstrakten Reichtums dieser Welt besteht in Euro bzw. Euroschulden. Fällt der Euro aus, möcht ich mal wissen, wie der Rest der Welt diese Verluste wegstecken will.

  5. Was du sagst, ist genau die Berechnung der EU-Spitze: Durchhalten, bis wieder Wachstum eintritt. Das steht auch sicher in irgendwelchen Lehrbüchern.
    Allerdings setzen sie mit ihren Sparmaßnahmen genau alle Daten, daß dieses Wachstum nicht eintreten kann. Bei den Pleitestaaten dadurch, daß dort praktisch alle Wirtschaftstätigkeit abgewürgt wird, bei den noch-nicht Pleitestaaten dadurch, daß ihnen die Märkte wegbrechen.
    Was das Finanzkapital und Griechenland betrifft: Die ursprüngliche Berechnung war doch, daß die Eurozone und im Grunde auch die EU+ für alle in Euro aufgenommenen Schulden geradestehen. Deswegen wurden die Staatsanleihen aller Euro-Staaten auch gern gekauft. Klar, iregendwo in den Tausenden von Seiten EU-Verträgen stand drin, daß dem nicht so ist, aber wer liest denn das Zeug schon.
    Und als es dann doch schlagend wurde, die (falsch)angenommene Garantie, da hieß es erst: niemals! und dann gabs eine Schuldenstreichung (die übrigens noch immer nicht ausverhandelt ist).
    Und damit ist die Vorstellung, daß die gesamte Eurozone für die Schulden ihrer Mitgliedsländer geradesteht, als Irrtum entlarvt. Das ist eine der Grundlagen der derzeitigen Eurokrise.
    Risikofrei ist kein Kredit, genau deswegen sind ja die Bonität und die Ratings so wichtig. Und da sind die Zukunftsperspektiven für Euro-Anleihen eben schlecht, sogar für deutsche und französische. Es zeigt sich, daß ein guter Teil der Staaten auf die finanzielle Potenz der eigenen Banken zurückgeworfen ist, die wiederum alles mobilisieren, was sie können, weil sie wissen, daß mit der Kreditwürdigkeit ihres Staates auch ihre eigene fällt.
    Niemand will, daß der Euro wertlos wird, aber immer mehr wichtige Player rechnen damit, daß das eintreten wird. Firmen z.B., die ihre Verträge in Dollar umschreiben. Oder Finanzspekulanten, die in andere Währungen umsteigen. Und diese – zahlenmäßig wahrscheinlich gar nicht erfaßte, zumindest nicht publik gemachte – Fluchtbewegung aus dem Euro hat etwas von self fulfilling prophecy an sich.

  6. “Und damit ist die Vorstellung, daß die gesamte Eurozone für die Schulden ihrer Mitgliedsländer geradesteht, als Irrtum entlarvt. Das ist eine der Grundlagen der derzeitigen Eurokrise.”
    Darum streiten die Regierungen doch noch (jedenfalls war das vor drei Monaten noch so), ob für die Schulden alle Eu-Länder geradestehen sollen. Außerdem sind die Rettungspakete ja auch sowas ähnliches, wie für die Schulden einzustehen. Man verhindert durch fremden Kredit die Zahlungsunfähigkeit und macht dadurch den Zinsdienst wieder möglich – wenigstens teilweise.
    “Niemand will, daß der Euro wertlos wird, aber immer mehr wichtige Player rechnen damit, daß das eintreten wird.” Na ja. Die Player sichern sich eben ab. Andererseits würde bei einer Fluchtbewegung wie du sie darstellst, der Eurokurs in den Keller rauschen. Das sehe ich noch nicht. Außerdem wäre dann viel mehr Panik angesagt. Im Moment sind wir noch im “Sorge/Besorgnis” -stadium. Das kann sich natürlich ändern.

  7. Ja, aber man merkt doch den Rettungspaketen an, daß dieses Übernehmen der Schulden der anderen keineswegs die Selbstverständlichkeit hat, wie sie bei der Einführung des Euro suggeriert wurde. Ich erinnere an die heftigen Parlamentsdebatten bei der Zustimmung zu diesen Rettungsschirmen, die Gegnerschaft der Slowakei und Finnlands.
    Diese Vorstellung, für den Kredit jedes Mitgliedslandes stehen auch den anderen ein, beruhte eben auf dem Vertrauen = Kredit, daß das so ist. Jetzt, wo dieses Vertrauen flöten gegangen ist, lassen sich auf Dauer die Pleitestaaten nicht vom noch vorhandenen Kredit finanzieren, ohne das Vertrauen zu untergraben, daß sich das auch stemmen läßt. Und dadurch schwindet der Kredit der Eurozone weiter …
    Die Fluchtbewegung ist da, der Kurs ist eine andere Sache: Der Kurs wird ja offenbar durch Aufkäufe gestützt, sonst schaute er viel schlechter aus. Hauptverdächtiger ist die EZB und die Nationalbanken von Staaten, die noch Kredit haben.
    Panik ist natürlich nie „angesagt“, sondern soll doch gerade vermieden werden. Deswegen wird bis zum Schluß beschwichtigt. Ein Artikel aus El País, den ich einmal übersetzt habe
    http://NestorMachno.blogsport.de/2011/12/09/pressespiegel-el-pais-9-12-einfrieren-von-sparguthaben/
    erinnert daran, daß es auch in Argentinien so war: Bis einen Tag vor dem Aufheben der Dollarbindung wurde offiziell verkündet: niemals!

  8. @ Nestor

    Diese Vorstellung, für den Kredit jedes Mitgliedslandes stehen auch den anderen ein, beruhte eben auf dem Vertrauen = Kredit, daß das so ist.

    Es hat ja niemand daran gadacht dass es so weit kommen würde.
    Bei allem Interesse an der imperialistischen Staatenkonkurrenz erfolgreich teilzunehmen, haben sich eben viele Staaten bzw. Staatenführer darüber getäuscht was Differenzen beim Produktivitätsniveau, Leistungsbilanzvergleich, Handelsbilanzüberschüsse bei einheitlicher Währung im Falle eines Wirtschaftseinbruchs irgendwo auf der Welt alles anrichten könnte. Die Staaten sind ja nicht nur ein Währungsbündnis eingegangen, sondern haben auch gegeneinander konkurriert. Außerdem stand eine Pletora von Wirtschaftswissenschaftlern Pate, die jegliche politische Gestaltungsspielräume bis ins kleinste Detail hinein bilanzieren bzw. auseinandernehmen konnte. Ich gebe zu Bedenken dass einige Volldeppen noch heute glauben dass die Staatschuldenkrise bei besserer Haushalts-, Steuer-, Wirtschafts- bzw. Arbeitsmarktpolitik eigentlich (womöglich?) zu vermeiden gewesen wäre.

  9. “daß dieses Übernehmen der Schulden der anderen keineswegs die Selbstverständlichkeit hat, wie sie bei der Einführung des Euro suggeriert wurde.” Eigentlich wurde die Übernahme der Schulden anderer überhaupt nicht suggeriert, sondern es wurde Stabilitätskriterien festgesetzt. Für den Fall, dass der Staatskredit allgemein flöten geht, läßt sich eh nicht vorsorgen.
    “Der Kurs wird ja offenbar durch Aufkäufe gestützt, sonst schaute er viel schlechter aus.” Na das ist vielleicht ne Logik. Weil du meinst es müsste eigentlich viel schlechter aussehen, wird der Kurs “offenbar” gestützt. Und wenn ich meine der Kurs müsste viel besser aussehen, dann wird er “offenbar” niedrig gehalten.
    Ich denke aber, dass der Euro eher “gesund geschrumpft” wird, als dass er vom einen Tag auf den anderen aufgegeben wird. Denn eigentlich will ihn niemand aufgeben. Da glaube ich eher, dass man sich von einem Teil der Staaten trennt, bevor es von einem Tag auf den anderen eine Währungsreform gibt.

  10. @Krim
    Ich erinnere daran, daß Währungspflege eine der Aufgaben der EZB ist. Das Aufkaufen der eigenen Währung wäre auch keine Besonderheit der EZB, sondern das machen auch Nationalbanken bei Nationalwährungen. Außerdem kauft die Schweizer NB Euros auf, um den Kurs des Franken zu stützen.
    @star wars
    😉
    Ich habe jetzt dieses alte Juwel zugänglich gemacht, in dem schon darauf hingewiesen wird, daß die Handelsbilanzdefizite einer der Pferdefüße der EU sind:
    http://msz1974-80.net/EG75.html

  11. “Ich erinnere daran, daß Währungspflege eine der Aufgaben der EZB ist.” Kann ja sein, dass der Kurs gestützt wird. Bloß die Art wie du das erschließt, aus irgendeiner Kurshöhe ist unzulässig. Richtig wäre ein Verweis auf irgendeine Quelle die davon berichtet, dass Stützungskäufe stattfinden.
    “Außerdem kauft die Schweizer NB Euros auf, um den Kurs des Franken zu stützen.” Wohl eher um den Kurs des Franken zu drücken, der steigt, weil er eine Fluchtwährung ist.

  12. @ Nestor

    Diese Vorstellung, für den Kredit jedes Mitgliedslandes stehen auch den anderen ein, beruhte eben auf dem Vertrauen = Kredit, daß das so ist. Jetzt, wo dieses Vertrauen flöten gegangen ist, lassen sich auf Dauer die Pleitestaaten nicht vom noch vorhandenen Kredit finanzieren, ohne das Vertrauen zu untergraben, daß sich das auch stemmen läßt. Und dadurch schwindet der Kredit der Eurozone weiter … Der Kurs wird ja offenbar durch Aufkäufe gestützt, sonst schaute er viel schlechter aus. Hauptverdächtiger ist die EZB und die Nationalbanken von Staaten, die noch Kredit haben.

    Anleihenkäufe hat ja ebanfalls die Notenbank der USA und andere Nationalbanken schon vor der Hypothekenkrise veranlaßt, abgeschifft sind die USA deswegen noch längst nicht. 2006 (also noch bevor die Hypothekenkrise in Erscheinung getreten ist) mußten die Zentralbanken wiederholt mit massiven Stützungskäufen bzw. –verkäufen auf den Kapitalmärkten intervenieren. Gestützt werden mußte mehrmals der Dollar, was durch massive Käufe von Dollar-Anleihen durchgeführt wurde. So hat zum Beispiel die britische Zentralbank im Jahr 2006 den Wert ihrer Dollaranleihen um 20% erhöht. Andererseits hat man massive Anstrengungen unternommen um den Anstieg des Goldpreises zu verlangsamen, denn ein explosionsartig steigender Goldpreis wäre sicherlich ein Auslöser einer Weltwirtschaftskrise gewesen. So hat die europäische Zentralbank im Jahr 2005 bereits aus ihren Reserven 100 Tonnen Gold verkauft und erneut im Jahr 2006 im Februar/März die gleiche Menge. Eine Tonne Gold repräsentiert etwa 10 Millionen Dollar, damit sind 200 Tonnen etwa 2 Milliarden Dollar.
    Schon im Mai 2003 drängte der damalige Notenbankgouverneur Ban Bernanke in Japan auf eine „konzentrierte Aktion“, anscheinend um massive Interventionen den Notenbank Japans zugunsten des Dollar zu veranlassen. Die Fed sei darauf vorbereitet, die Zahlungsfähigkeit der amerikanischen Konsumenten zu opfern. Steuersenkungen und niedrige Zinssätze könnten sie weiterhin verlocken, Dinge zu kaufen, die sie nicht bräuchten, mit Geld, das sie nicht hätten. Aber Japan müsse den USA helfen, die Zinssätze niedrig zu halten – durch den Aufkauf von Dollars und in Dollar notierenden Anlagen, vor allem US-Schatzbriefen. Und tatsächlich, „im Jahr 2003 und im ersten Vierteljahr 2004 führte Japan ein bemerkenswertes geldpolitisches Experiment durch – bemerkenswert im Hinblick auf seine Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und bemerkenswert insofern, als die Wirtschaftspresse fast nicht Notiz davon nahm. Im Laufe dieser 15 Monate schöpften die für die japanische Geldpolitik Verantwortlichen 35 Billionen Yen. Um einen Eindruck von der Größenordnung zu vermitteln: 35 Billionen Yen versprechen rund 1 Prozent der weltweiten jährlichen Wirtschaftsproduktion. Es ist ungefähr so viel wie die jährlichen Steuereinnahmen Japans und fast so viel wie die ausstehenden Kredite der UFJ, einer der vier größten Banken Japans. … Kurzum, hier fand Geldschöpfung in einem Umfang statt, wie es sie in Friedenszeiten nie zuvor gegeben hatte.“ *
    In Europa ist die (politische) Öffentlichkeit Interventionen der Europäischen Zentralbank dieses Ausmaßes nicht gewöhnt. Abgesehen davon befürchtet insbesondere die deutsche Regierung dass die Rettung/Intervention zugunsten schwacher/angeschlagener Kapitalstandorte irgendwann den eigenen Standortvorteil beeinträchtigen könnte. Diese Befürchtung wird beständig mit nationalistischen Untertönen medial begleitet, und entsprechend inszeniert. Und drittens sollen/müssen nur die eigenen Finanzmittel (der Banken) gerettet werden. Um die Rettung angeschlagener Staaten geht es ihnen vordergründig nicht. „Damit haben sie ihren ganz eigenen innereuropäischen Beitrag zu der Überakkumulation finanzkapitalistischer Anspruchstitel geleistet, die die kapitalistischen Großmächte seit fünf Jahren zu ihren gewaltigen Rettungsmanövern nötigt. Was Europas Führungsmächte nun für ihre gefährdeten Partner aufwenden, ist Teil dieses Großunternehmens zur Abwendung des Zusammenbruchs des globalen Finanzgeschäfts: Wenn sie – unter anderem auch – Forderungen refinanzieren, für die die schwächeren Partner nicht mehr einstehen können, dann retten sie damit das Finanzvermögen ihrer Bankenwelt; und mittlerweile retten sie damit den Wert der eigenen Kredite, mit denen sie ihrer Bankenwelt deren überakkumuliertes Portfolio abgekauft haben.“ ** Jahr 6 der Weltfinanzkrise: Die Krisenkonkurrenz der Euro-Partner tritt in ihr finales Stadium ein. (Danke noch mal an Alex).
    * Richard Duncan, «How Japan Financed Global Reflation», 2005
    ** (Vermutlich aus dem kommenden GS 3-12)

  13. “120 ZDFtext Do 06.09.12 20:23:45 ZDFtext heute Nachrichten
    Draghi kündigt EZB-Programm zum Ankauf von Anleihen an
    Die Europäische Zentralbank will klammen Eurostaaten mit einer neuen Runde von Anleihekäufen unter die Arme greifen. Das Programm werde es ermöglichen, die Störungen an den Anleihemärkten anzugehen, sagte EZB-Chef Mario Draghi nach der Ratssitzung. Allerdings müssten sich die betreffenden Staaten der strikten Kontrolle der Euro-Rettungsfonds unterwerfen. Dann könne die EZB unbegrenzt Anleihen mit einer Laufzeit von einem bis drei Jahren kaufen. Zuvor hatte EZB auf eine weitere Senkung des Leitzinses unter das Rekordtief von 0,75 Prozent verzichtet.”

  14. @Krim
    Klar, zu drücken, ich hab mich da ungeschickt ausgedrückt.
    Die Stützungskäufe werden nirgends offiziell angekündigt, weil das ja das angestrebte Manöver vereiteln würde: damit wäre die Stützung ja desavouiert, wenn jeder wüßte, daß der Aussteller selbst oder die Nationalbanken im Euroraum diese Zettel kaufen würden und nicht die geschäftsmäßig tickenden „Märkte“, die man ja zum Richter über die Solidität erkoren hatte.
    Deswegen ist es ja auch heikel, wenn die EZB Staatsanleihen von Problemstaaten aufkauft, und war ursprünglich gar nicht vorgesehen. Denn es ist das inderekte Eingeständnis, daß dieses Geld seine Grundlage in einer staatlichen bzw. internationalen Institution hat und nicht im Geschäftemachen.

  15. “Denn es ist das inderekte Eingeständnis, daß dieses Geld seine Grundlage in einer staatlichen bzw. internationalen Institution hat und nicht im Geschäftemachen.” Na ja. In Zeiten der Krise kann das aber niemanden wirklich verwundern. Beim Dollar ist es nicht anders.
    Die Zinsen auf Staatsanleihen sind in Italien, Portugal und Spanien anscheinend schon von über 7% auf unter 6% gefallen.

  16. Ich würde einmal vermuten, inzwischen geht es vielen Besitzern von Euro-Papieren darum, den Bruch möglichst lange hinauszuzögern, um noch möglichst gut bei der Sache auszusteigen.
    Die Politiker wiederum versuchen das Floriani-Prinzip umzusetzen – lieber Gott, verschon mein Häusl, zünd dem Nachbarn seins an – und die Unkosten des Zerbrechens des Euros auf andere abzuwälzen.

  17. Es geht nicht nur um’s Aussteigen und der Zusammenbruch des Euro ist auch nicht sicher. Worum es zur Zeit geht, steht im Artikel. Nämlich um die innereuropäische Konkurrenz. Die Konkurrenzgewinner wollen nicht über die Währung mit den Problemen der Konkurrenzverlierern belastet werden. Die Südstaaten kriegen ihre Staatspapiere auf den Finanzmärkten nicht oder schlecht los, weil im Land nicht genug Geschäft gemacht wurde d.h. Staatspleite ist angesagt. Kann der Staat sich nicht mehr verschulden, kann er seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. Es gibt nun zwei Möglichkeiten. Entweder die EU macht nichts und lässt ihn Pleite gehen. Der Pleitestaat tritt aus der Eurozone aus und führt die Drachme wieder ein. Als Folge davon bricht der Euroraum nach und nach weg. Die eine Pleite ist Vorbild für die nächste. Das tolle Weltgeld das sich die Europäer geschaffen haben, büßt nach und nach seine ökonomische Bedeutung ein und dadurch sind auch die Konkurrenzgewinner von dem Ausfall der Konkurrenzverlierer betroffen. Das wollten die Konkurrenzgewinner nicht, die Verlierer erst recht nicht.
    Deshalb haben sie sich zunächst zur zweiten Möglichkeit durchgerungen, die Rettungspaket heißt. Direkte Kreditierung der Verschuldungsunfähigen Staaten gegen Auflagen, die den Finanzbedarf des Staates kontrollieren bzw. herunterfahren soll. Was zur Folge hat, dass das Geschäftsvolumen wegen der wegbrechenden Nachfrage, die der Staat gestiftet hat und wegen der verringerten Funktionalität des Staates fürs Kapital, weiter zurückgeht. So ist eine dauerhafte Kreditierung vorprogrammiert. Vor allem ändert sich das Urteil der Finanzmärkte über die Staaten ohne Kredit so nicht.
    Die Ankündigung der EZB, wenn es notwendig ist, unbegrenzt Anleihen zu kaufen, ist die Garantie, die du weiter oben vermisst hast. “Was das Finanzkapital und Griechenland betrifft: Die ursprüngliche Berechnung war doch, daß die Eurozone und im Grunde auch die EU+ für alle in Euro aufgenommenen Schulden geradestehen.” Durch so eine Maßnahme wird das Vertrauen in den Euro wieder gestärkt. Denn soviel Staatsanleihen auch auf den Markt kommen, weil das Finanzkapital den ausgebenden Staat als schlechten Schuldner ansieht. Die EZB kauft einfach solange, bis Staatsanleihen mit angemessenem Zins wieder genommen werden. Wenn das so ist, dann ist das Mißtrauen in den ausgebenden Staat gegenstandslos und die Notwendigkeit Staatsanleihen zu verkaufen entfällt.
    Die Frage ist ein bestimmter Staat kreditwürdig, wird also ersetzt durch die Frage ist die gesamte Eurozone kreditwürdig. Das ist auch der Grund warum die Deutschen so gegen diese EZB-Maßnahme wettern. Denn wird diese Frage von den Märkten negativ entschieden, dann hängt Deutschland als Konkurrenzgewinner voll mit drin. Dann gibt es kein allmähliches Wegbrechen einzelner Staaten aus der Eurozone mehr, dann geht entweder ganz Europa bankrott bzw. eine galoppierende Superinflation macht das Geld kaputt oder der Euro überlebt. Den Euro auf Biegen und Brechen zu halten, war doch eigentlich auch das erklärte Ziel aller in Europa Maßgeblichen. Dafür gehen sie jetzt auf’s Ganze.
    Wieso heißt das denn bei euch in Österreich Floriani-Prinzip? Der Heilige heißt doch Sankt Florian und nicht Sankt Floriani.
    “Heiliger Sankt Florian / Verschon’ mein Haus / Zünd’ andre an!”
    Reimt sich auch viel schöner.

  18. Stimmt natürlich alles.
    Es gibt eben eine Menge „Player“, also Finanzkapitalisten und Unternehmer, die der bisherigen Performance zur Euro-Rettung entnehmen, daß die Sache nicht gut ausschaut, und entsprechende Maßnahmen treffen. Und Großbritannien als Ganzes hat wiederholtermaßen bekundet, daß es von diesen Rettungsschirmen und anderen Beschlüssen wenig hält und dem Euro keine Zukunft gibt. Was natürlich auch für die City Folgen hat und haben muß.

  19. Die Rettungsschirme vergangener Bauart, dass eine Kreditsumme von x00 Milliarden von den potenten Staaten bereitgestellt wird, um die Staatshaushalte der Pleitestaaten nicht zusammenbrechen zu lassen, gegen eine von Außen verordnete Reduzierung der Staatsausgaben sind obsolet geworden, wenn ich das recht verstanden habe. Die Pleitestaaten haben jetzt wieder Kredit. Dafür müssen sie sich der “strikten Kontrolle der Euro-Rettungsfonds unterwerfen”, was wohl so ungefähr heißen soll, dass sie sich ihren Haushalt von der EZB genehmigen lassen müssen bzw. ihre Ausgaben zügeln müssen.
    “Und Großbritannien als Ganzes hat wiederholtermaßen bekundet, daß es von diesen Rettungsschirmen und anderen Beschlüssen wenig hält…” Bloß warum hält Großbritannien davon nichts.
    “King warnte, die Euro-Schuldenkrise würge die Konjunktur ab. „Die schwarze Wolke hat die Lebenskraft geschwächt“, sagte er. „Unternehmen und Haushalte bereiten sich auf die kommenden Stürme vor.“” Und was macht Großbritannien dagegen, die übrigens noch mehr Schulden haben im Verhältnis zum BIP als Griechenand (Der Schuldenstand des Staates lag im Februar 2012 bei 2,173 Billionen GBP, dies entsprach 137,9% des nominalen BIPs!). Sie versorgen ihre Bank mit einer Kriegskasse von 100 Milliarden Pfund. Ein anderes Konzept ist das auch nicht. Klar mosern die Briten, denn sie sind von der Eurokrise betroffen ohne Mitreden zu dürfen. Im Moment ist ihre Klage ein wenig ungerecht, weil das Pfund ähnlich wie der Franken zur Ausweich- bzw. Fluchtwährung für Eurogeld wird. Ginge der Euro aber wirklich den Bach runter, dann wäre es damit vorbei und Großbritannien wäre der nächste Pleitekandidat.

  20. @ Krim

    Die Rettungsschirme vergangener Bauart, dass eine Kreditsumme von x00 Milliarden von den potenten Staaten bereitgestellt wird, um die Staatshaushalte der Pleitestaaten nicht zusammenbrechen zu lassen, gegen eine von Außen verordnete Reduzierung der Staatsausgaben sind obsolet geworden, wenn ich das recht verstanden habe. Die Pleitestaaten haben jetzt wieder Kredit.

    Also, man muss die verschiedenen Ebenen voneinander auseinanderhalten. Was die Notenbank betrifft, setzt sie ein Instrumentarium ein. Sie wirft die Notenpresse an, um mögliche Pleitekandidaten zahlungsfähig zu halten. Und das geht offensichtlich nur soweit „bad money“ potentiell besseres, „gutes Geld“ (bildlich gesprochen guter Kredit gegen „schlechter Kredit“ ) nachgeworfen wird. Das müsste eigentlich die Konsequenz davon sein wenn die Zentralbank ein Geschäft daraus macht (Geld gegen Staatsanleihen). Auch diesbezüglich hat sich Deutschland lange Zeit quergestellt. Vermutlich bis der ökonomische Zusammenbruch der Eurozone buchstäblich vor der Tür stand. Was finanzpolitisch daraus wird hängt davon ab, ob a) relativ zeitnah dass Vertrauen der Finanzmärkte wieder hergestellt wird, und b) wann und inwiefern die Geschäfte in Europa wieder stärker florieren. Dahingehend sind die Perspektiven schon wieder sehr unsicher in Europa.
    Was die Rettungsschirme betrifft, wenn ich es richtig verstanden habe, streiten sich die Staatsführer äußerst heftig darüber, ob die mächtigen Staaten für Zahlungsausfälle aus dem Rettungsschirm haften sollen, oder nicht. Oder die (naive) Alternative Deutschlands, man vergibt Finanzmittel aus einem (europäischen) Rettungsfonds, unter der Bedingung strenger Auflagen, die den Finanzbedarf des Staates recht zeitnah kontrollieren bzw. herunterfahren solle. Durch die starke Staaten gehaftet werden kann nicht, es muss dagegen gnaden- bzw. bedingungslos vom Pleitekandidaten, deswegen auch zeitnah, gespart werden, damit das Geld aus dem Rettungsfonds in die Staatskassen wieder hineinfließen kann. Was sich äußerst schwierig gestaltet, weil der Pleitekandidat keinen Kredit genießt, und die Geschäfte nicht florieren. Gespart werden muss sowieso, der Streit zwischen den Staatenlenkern ist deswegen ein Kompetenzgerangel um die Verteilung von Lasten und jeweiligen Verpflichtungen durch die starken Staaten der europäischen Gemeinschaft, insofern es um die Kreditierung von Pleitekandidaten geht.
    Diese politische Anspruchshaltung vor allem Deutschlands trifft auf entschiedenen und äußerst heftigen Gegenwind von allen Staaten in Europa, vor allem weil irgendwie a) jeder mittlerweile Pleitekandidat ist und b) Deutschland auf wirtschaftlichem Terrain in Europa eindeutig die Nummer eins ist. Die Argumentation lautet, Deutschland profitiert von der Verschuldungsmaschinerie der anderen Staaten, deswegen müsse Deutschland auch zu seinen ökonomischen und politischen Verpflichtungen gegenüber anderen Staaten der europäischen Gemeinschaft stehen. Zudem wäre die Haftung für Zahlungsausfälle aus dem europäischen Rettungsfond ein Gebot ökonomischer und politischer Vernunft, wenn der Euro bzw. die Europäische Union gerettet werden solle.

    Sie versorgen ihre Bank mit einer Kriegskasse von 100 Milliarden Pfund. Ein anderes Konzept ist das auch nicht. Klar mosern die Briten, denn sie sind von der Eurokrise betroffen ohne Mitreden zu dürfen. Im Moment ist ihre Klage ein wenig ungerecht, weil das Pfund ähnlich wie der Franken zur Ausweich- bzw. Fluchtwährung für Eurogeld wird.

    Naja, ich denke eher dass GB Angst hat, weil sie der nächste Pleitekandidat in Europa wären. Deswegen beobachten die britischen Staatenlenker die Rettungsmaschinerie aus der Eurozone mit gemischten Gefühlen. Aus dem Schneider sind sie allerdings längst nicht, sie befinden sich im Gegenteil seit mindestens einem Jahr in der Rezession.

  21. “Das müsste eigentlich die Konsequenz davon sein wenn die Zentralbank ein Geschäft daraus macht (Geld gegen Staatsanleihen).” Wie soll das ein Geschäft werden, wenn die EZB Staatsanleihen kauft, die keiner mehr will. Höchstens darüber, dass sie die Bedienung der Staatspapiere ermöglicht, weil die Staaten nicht zahlungsunfähig werden. Eigentlich finanziert sie sich selbst über einen Umweg die Gewinne, die sie mit diesen Papieren macht. Sie ermöglicht die neuerliche Auflage von Staatsanleihen, die dann die Zinsen der alten Anleihen zahlen.
    “Was die Rettungsschirme betrifft, wenn ich es richtig verstanden habe, streiten sich die Staatsführer äußerst heftig darüber, ob die mächtigen Staaten für Zahlungsausfälle aus dem Rettungsschirm haften sollen, oder nicht.”
    Dass die wirtschaftlich potenten Staaten für die aufgelegten Schulden aus den Rettungsschirmen geradestehen müssen, ist denke ich nicht das Thema. Das Thema ist, dass damit das griechische Pleiteproblem ein griechisches Pleiteproblem bleiben soll und sich nicht ausweiten soll auf die Konkurrenzgewinner. Deutschland hat ja noch Kredit, daher macht es auch nicht so viel aus, wenn sie diesen benutzen, um die griechische Zahlungsunfähigkeit irgendwie zu managen. Dass der griechische Staat dabei über die Klinge springt, war ein Opfer, das gebracht wurde, um den guten Kredit nicht zu gefährden. Das hat sich aber nicht als gangbarer Weg herausgestellt, weil Griechenland nicht durch ein paar Kürzungen im Haushalt nicht zu retten ist. Das Problem war ja, dass sie auf den Finanzmärkten sich nicht mehr verschulden können, weil sie von den Märkten als schlechter Schuldner angesehen werden. Diese Vertrauenskrise = Kreditkrise, wird nicht dadurch behoben, dass man ein paar Ausgaben kürzt, von den negativen Wirkungen auf die Wirtschaft mal ganz abgesehen. Wenn Griechenland also nicht aus dem Euroraum ausbrechen und die Drachme wieder einführen soll, muss man sich was anderes überlegen.
    Der Ankauf von Staatsanleihen die keiner mehr haben will durch die EZB, verwischt nun die Grenzen zwischem gutem Eurokredit und schlechtem Eurokredit. Es gibt tendenziell nur noch Eurokredit, weil die EZB die Unterschiede ausgleicht. Jetzt müssen die Märkte schon gegen die Eurozone als ganzes spekulieren und dem Eurokredit als ganzes sein Vertrauen oder Mißtrauen aussprechen. Und genau das bringt die Deutschen auf die Palme. Deutscher Eurokredit ist kein besonders sicherer Kredit mehr, sondern bloß noch Eurokredit, der seine Bonität aus dem Geschäft bezieht, das in der gesamten Eurozone gemacht wird.

  22. Daß die Pleitestaaten nach den Rettungspaket genannten Kreditgarantien jetzt wieder „Kredit haben“ (Krim), halte ich für eine etwas hmmm, schönfärberische Ausdrucksweise. Der Risikoaufschlag ist bei Italien und Spanien etwas heruntergegangen, aber die Neuverschuldung kommt diese Staaten nach wie vor so teuer, daß sich dadurch ihre Kreditklemme noch verschärft. Außerdem werden griechische und wahrscheinlich auch andere Anleihen inzwischen, wenn überhaupt, nicht aus kommerziellen Gründen gekauft, also wei sich jemand eine fix sprudelnde Geldquelle in Form eones fix verzinslichen Wertpapiers zulegen will. Entweder es sind Stützungskäufe von Nationalbanken oder von einheimischen Banken, oder es sind Spekulationen auf Ausfall.
    Im Ausfalls-Falle, also wenn ein Staat aus dem Euro aussteigt, so werden diese Garantien, die im Rahmen der Rettungsschirme von den anderen Staaten gegeben wurden, fällig. Ob jetzt ein Staat wie die Slowakei oder Österreich für seinen Teil an der Garantie für Griechenland geradesteht, oder ob er ihn verfallen läßt, wird sich auf den zukünftigen Kredit dieser Garantenstaaten auswirken.
    Was Großbritannien angeht, so hält es vom Sparen nix und buttert so wie die USA in seine Banken einen Haufen Geld hinein. Ob das was bringt, hängt davon ab, wieviele gewinnbringende Geschäfte die britischen Banken machen oder kreditieren werden. Auf jeden Fall kann das GB einmal deswegen machen, weil es eben den Euro nicht hat und Herr seiner Währungspolitik ist. Es steht aber hinter GB nicht das geballte Vertrauen, das die Weltmacht USA genießt, wenn sie Geld ohne Ende in die Welt setzt.
    Alles sehr zweischneidig, und man kann sicher bald mit neuen Paniknachrichten rechnen.

  23. @ Krim

    Wie soll das ein Geschäft werden, wenn die EZB Staatsanleihen kauft, die keiner mehr will.

    Natürlich ist das ein Geschäft (der Tausch Geld gegen fragwürdige Staatspapiere), der Geschäftszweck besteht darin als Stifterin der europäischen Einheitswährung im Euroraum für Geldwertstabilität zu sorgen. Die EZB setzt fremden Nationalkredit auf´ s Spiel, weil sie durch die Zerstörung des Nationalkredits anderer Staaten ihr Geschäftsmittel bzw. den Kredit im Euroraum als Ganzes gefährdet sieht.
    Die deutsche Regierung stimmt dem Vorgehen der Europäischen Zentralbank stillschweigend zu, weil sie im Vorgehen der EZB auf Voraussetzungen hofft, dass Deutschland auch in Zukunft auf den Euro setzen kann, bzw. auf den internationalen Kapitalmärkten kreditwürdig bleiben wird. Es wird die Zerstörung von (eigenem) Nationalkredit in Kauf genommen bzw. dessen Entwertung auf´ s Spiel gesetzt, damit die Voraussetzungen geschaffen werden können, dass in der EU, und damit auch in Deutschland, der Euro kreditwürdig, und damit als Geschäftsmittel der EU-Zone weiterhin erhalten bleiben könne. Der Haken in der Geschichte ist dass die EZB zwar in der Lage versetzt wird Geld in die Kapitalmärkte zu pumpen (im Grunde genommen wird nur Geld von einem Kanal in andere Kanäle umverteilt), die Solvenz eines einzelnen Staates kann sie über diese Maßnahme jedoch nicht gewährleisten.

    Dass die wirtschaftlich potenten Staaten für die aufgelegten Schulden aus den Rettungsschirmen geradestehen müssen, ist denke ich nicht das Thema. Das Thema ist, dass damit das griechische Pleiteproblem ein griechisches Pleiteproblem bleiben soll und sich nicht ausweiten soll auf die Konkurrenzgewinner

    Das griechische Pleiteproblem ist schon jetzt dauerhaft ein Problem anderer Staaten, und das aus sehr gutem Grund. Denn die geschäftsträchtigen Erfolge der Konkurrenzgewinner werden (teilweise) über ein von Banken (über-) akkumuliertes Portfolio von Finanzwerten kreditiert, auf dessen Grundlage sogar ein Verliererstaat wie Griechenland sich über Jahre bzw. Jahrzehnte hinweg in der Lage versetzt sah seinen Staatsapparat ausreichend mit Geld versorgen zu können. Sogar Staaten deren Finanzbedarf bzw. Wirtschaftskraft bis vor einigen Jahren als solide galten (Spanien, Italien) sind in die Bredoullie gekommen, weil und insofern das (über-) akkumulierte Portfolio der Banken (sogar der eigenen Bankenwelt) in sich
    zusammengebrochen ist.
    Deutschland bildet daher die Spitze eines Einsbergs weil und insofern es in der Lage versetzt wird durch seine Wirtschaftskraft in Europa zu dominieren. Der einzige Haken entsteht dadurch dass über die Überakkumulation in Produktion und Finanzgewerbe, die Voraussetzungen dieser Dominanz (seiner Wirtschaftskraft) neu verhandelt werden müsste.

  24. @nestor: Einverstanden. “oder es sind Spekulationen auf Ausfall.” -Ausfallspekulationen funktionieren jetzt ja nicht mehr.
    @starwars: “der Geschäftszweck besteht darin als Stifterin der europäischen Einheitswährung im Euroraum für Geldwertstabilität zu sorgen.” Geschäftszweck ist immer aus Geld mehr Geld zu machen, einen anderen Geschäftszweck gibt es nicht. Geldwertstabilität ist der Zweck einer Nationalbank, der es nicht nur ums Geschäft geht. Darin ist sie sozusagen ideeller Gesamtgeldkapitalist. Geldwertstabilität wird durch Anleihekäufe gerade nicht gefördert, was die Bank auch gleich beschwichtigend berücksichtigen will, indem sie das zusätzliche Geld wieder aus dem Markt nimmt (“sterilisiert”, was immer das auch heißen mag).
    “die Solvenz eines einzelnen Staates kann sie über diese Maßnahme jedoch nicht gewährleisten.” Wieso nicht? Sie kauft ihm seine Anleihen ab.

  25. Geldwertstabilität wird durch Anleihekäufe gerade nicht gefördert, was die Bank auch gleich beschwichtigend berücksichtigen will, indem sie das zusätzliche Geld wieder aus dem Markt nimmt („sterilisiert“, was immer das auch heißen mag).

    Du meinst umgekehrt sie pumpt im Austausch gegen (von den Kapitalmärkten als fragwürdig quittierte) Versprechungen auf Zugriffsnanweisungen auf Reichtum, solides Geld in genau den Teilsektor der Kapitalmärkte wieder hinein, der diese Versprechen selbst als fragwürdig ausgewiesen hat. Es passiert genau was ich schon oben ausführlich beschrieben habe, es wird von der EZB die Zerstörung von fremden Nationalkredit in Kauf genommen bzw. dessen Entwertung auf´ s Spiel gesetzt, damit die Voraussetzungen geschaffen werden können, dass in der EU, und damit auch in Deutschland, der Euro kreditwürdig, und damit die Einheitswährung Euro als Geschäftsmittel der EU-Zone weiterhin erhalten bleiben könne. Dadurch dass sie dem (schlechten) Schuldner (vorläufig) mit Solvenz versorgt, fördert sie gleichzeitig die Geldwertstabilität der gemeinsamen Einheitswährung in der EU-Zone. Die Solvenz (bzw. Solidität) der gesamten Eurozone steht auf den Spiel, und deswegen müssen auch die stärkeren Staaten einiges an Opfern (zugunsten des Euro) aufbringen. Ob das alles klappt, ist eine andere Geschichte.

  26. “es wird von der EZB die Zerstörung von fremden Nationalkredit in Kauf genommen” Versteh ich nicht. Wenn die Finanzkapitalisten von der EZB für ihre griechischen Anleihen Euros bekommen, dann gefährdet das höchstens den Euro, aber keine fremde Währung.
    “Dadurch dass sie dem (schlechten) Schuldner (vorläufig) mit Solvenz versorgt, fördert sie gleichzeitig die Geldwertstabilität der gemeinsamen Einheitswährung in der EU-Zone.” Nein tut sie nicht. Sie setzt die Geldwertstabilität auf Spiel, weil sie Geldzettel druckt, die bloß was wert sind, weil die EZB das behauptet und nicht weil sie produzierter Mehrwert sind. Also bläht sie die Euromenge auf, was Inflation verursacht und das weiß sie auch. Weswegen sie gleich beschwichtigend Gegenmaßnahmen ankündigt.

  27. @ Krim

    Nein tut sie nicht. Sie setzt die Geldwertstabilität auf Spiel, weil sie Geldzettel druckt, die bloß was wert sind, weil die EZB das behauptet und nicht weil sie produzierter Mehrwert sind. …

    Zugriffsanweisung auf produzierten Mehrwert repräsentieren sie doch sowieso nicht unbedingt. Sie repräsentieren aber auf jeden Fall Zugriffstitel auf Wert. Der Staat begibt Staatsanleihen, bedient auf dieser Grundlage Versprechen auf Zugriffsanweisungen auf Wert, indem er Steuern erhebt. Der Staat verwendet die, von Finanzkapitalisten beliehenen, Zugriffsanweisungen auf Wert, weil es ihm auf dessen Verwendung im eigenen Staatshaushalt ankommt. Und dieser Zweck hat alles andere, nur nichts mit der Produktion bzw. der Realisierung von Mehrwert in Profit, wie es der Profitzweck eines Kapitalisten vorgibt, zu tun.

  28. Folgendes zu den Behauptungen und Aussagen der letzten Beiträge:
    @star wars
    Wenn die EZB den kommerziellen Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und sonstigen Haltern von Wertpapieren fragwürdige bzw. entwertete Papiere abkauft, ist das vielleicht ein Geschäft – das hängt davon ab, zu welchem Preis die EZB sie kauft. Viel wichtiger bei diesem Manöver ist jedoch, daß der Wert dieser Papiere durch den Ankauf erhalten wird, sie also nicht verfallen. Das ist erstens für den Wert aller Euro-Staatsanleihen essentiell, um sie weiterhin als „sicher“ gelten zu lassen. Das ist zweitens für die ganzen Banken und sonstigen Institute wichtig, weil sonst ihre ganze Geschäftstätigkeit fragwürdig würde.
    Wenn die EZB Anleihen ankauft, setzt sie – da hat Krim recht – gerade die Geldwertstabilität aufs Spiel, obwohl die Sorge um selbige ja seinerzeit als ihre hohe Aufgabe angesehen und genau deshalb der Ankauf von Staatsanleihen ausgeschlossen wurde.
    Zu Klärung dieses Fragen ist es nicht zielführend, ständig von „Zugriffsmacht“ von X auf Y zu palavern. Geld ist Zugriffsmacht auf den Reichtum der Welt, solange ihm diese Fähigkeit weltweit zugetraut und zugebilligt wird. Genau das steht beim Euro auf dem Spiel.

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