Pressespiegel EL País, 4.2.: Energielieferungen aus Rußland

ZWEI JAHRE NACH DER INVASION FLIESSEN NOCH IMMER RUSSISCHES GAS UND ÖL UNTER UKRAINISCHEM BODEN

Moskau nutzt die Ukraine weiterhin, um Treibstoff an die EU zu verkaufen, die den Gaspipeline-Vertrag zum Jahresende auslaufen lassen will. Der Vertrag für das Öl läuft bis 2030

Es ist ein grausames Paradox der Realpolitik. Die Ukraine transportiert weiterhin russisches Gas und Öl über die ukrainische Transitgaspipeline und die Druschba-Ölpipeline in die EU. Während Rußland täglich seine Städte bombardiert und ein Fünftel seines Territoriums besetzt, zirkulieren weiterhin Gas und Rohöl aus Sibirien, dem Kaspischen Meer und dem Ural durch ein überfallenes Land auf dem Weg in die EU.

Zum Jahresende läuft der 2019 zwischen den russischen und ukrainischen Staatsunternehmen Gazprom und Naftogaz unterzeichnete Vertrag über den Gastransport aus.
Es waren andere Zeiten: Das Verhältnis zwischen Moskau und Kiew war angespannt – das war es seit der (…) Annexion der Krim durch Rußland im Jahr 2014 –, aber es gab immer noch Kommunikationskanäle.“

Nicht nur „Kommunitionkanäle“, sondern vor allem Interessen. Die Ukraine braucht erstens das russische Öl und Gas selbst, um ihre Rest-Industrie und den Rest des Landes am Laufen zu halten, und zweitens waren die Transitgebühren, die sowohl Rußland als auch die Empfängerländer in die ukrainische Staatskasse einzahlten, ein wichtiger Posten im ukrainischen Budget.
Die inzwischen ziemlich abgehalfterte einstige Liebfrau des Westens, Julia Timoschenko, machte einen guten Teil ihres Vermögens und ihre politische Karriere über dunkle Gastransit-Geschäfte.

„Heute, angesichts der russischen Invasion, hat die ukrainische Regierung nicht die Absicht, das Abkommen zu verlängern.“

Die Frage ist, woher sie dann selbst die Energie beziehen will? Und die Transitgebühren ersetzen will, – vielleicht durch westliche Geldgeschenke?

„Aber es öffnet anderen europäischen Betreibern die Tür, sich direkt mit Rußland über die Nutzung ihrer Infrastruktur zu einigen.“

Sieh da, sieh da.
Transitland will die Ukraine weiter bleiben, und jetzt die westlichen Staaten seine Gas- und Ölrechnungen bezahlen lassen, sofern sie weiter auf russische Energieträger Wert legen.
Damit bringen Rußland und die Ukraine ihre westlichen Partner/Gegner in eine wirklich heikle Lage: Man muß trotz allem Sanktionsgetöse neue Verträge machen, um den Kollaps der eigenen und ukrainischen Wirtschaft zu verhindern – alles unter medialem Getöse wegen „Blutgeld“ usw.

„Die Anomalie könnte über den 31. Dezember hinaus andauern, obwohl Brüssel bereits mehr oder weniger verschleierte Signale aussendet, daß seine erste Absicht darin besteht, den Gasempfang über diese Route einzustellen, auch wenn das bedeutet, das Kopfzerbrechen mehrerer Mitgliedsstaaten weiter zu verstärken.“

Was da so komisch ausgedrückt wird: Brüssel würde den Gasbezug gerne verbieten, kann es aber aus verschiedenen Gründen nicht.
Das angesichts der Tatsache, daß z.B. Spanien 2023 eine Rekordmenge an russischem Flüssiggas bezogen hat.
Denn:

„Was die Gaslieferungen betrifft: Ungarn, die Tschechische Republik, die Slowakei, Österreich und sogar Italien – die drittgrößte Volkswirtschaft des Euro – sind weiterhin auf russisches Gas und Öl angewiesen, das über die Ukraine ankommt.
Anders als russisches Rohöl, das auf dem Seeweg transportiert wird, ist das per Pipeline zugeführte Rohöl nicht von den Sanktionen betroffen, mit denen die EU versucht, die Einnahmen des Kremls zu schmälern.“

Diese Leier wird bis zum Geht-Nicht-Mehr strapaziert, obwohl ich inzwischen zweifelsfrei herausgestellt hat, daß diese Strategie, was Rußland betrifft, gescheitert ist, was die EU selbst betrifft, enorm geschadet hat.

„Im Fall von Gas haben Versorgungsengpässe – trotz des Wunders (!!) des Flüssigerdgases (LNG), das per Schiff aus der halben Welt ankommt – dazu geführt, daß die EU den Weg der Sanktionen meidet.
Noch.“

Wie die Episode mit dem deutschen EU-Botschafter Selmayr, der Österreich der „Blutgeld“-Zahlungen bezichtigte, zeigt, wird sich da eine Konkurrenz zwischen den EU-Staaten, die russische Energieträger beziehen, und jenen, die von ihnen abgeschnitten sind, entwickeln.

„Auch über die Türkei

Das Paradoxon hat dazu geführt, daß der Ukraine-Transit heute – zusammen mit dem TurkStream, der die Türkei durchquert und über Bulgarien und Rumänien in gemeinschaftliches Gebiet gelangt und nach der Explosion der Nord Stream-Pipeline sowie dem Ende des Bezugs durch die Jamal-Pipeline, die durch Weißrußland nach Polen führt – die einzige Gaspipeline ist, über die russischer Treibstoff in die EU fließt.“

Es hat natürlich nicht „das Paradoxon“ als Subjekt irgendetwas verursacht, sondern der bisher unbekannte Zerstörer der Nord Stream-Pipeline und die Gazprom, die den Durchfluß durch die Jamal-Pipeline beendet hat – als Reaktion von Beschlagnahmungen russischen, vor allem Gazprom-Vermögens in Polen.
Diese Punkte zu berühren, ist allerdings heikel, weshalb der Autor lieber „das Paradoxon“ vorschiebt.

„So ist die Ukraine heute die Haupteintrittsroute: etwas mehr als 300 Millionen Kubikmeter pro Woche, halb so viel wie vor dem Krieg, aber doppelt so viel wie im letzten Jahr.
Wenn die derzeitige Versorgungsrate beibehalten wird, würde sich das russische Gas, das durch die Ukraine fließt, im Jahr 2024 auf knapp über 16 Milliarden Kubikmeter belaufen. Eine wichtige Zahl – und vor allem voller Symbolik – aber gering im Hinblick auf die Gesamtnachfrage.
Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) werden es in diesem Jahr rund 500 Milliarden Kubikmeter sein. Die Haupt-Energiequelle wird erneut LNG sein: das Werkzeug, das es den 27 ermöglicht hat, den komplexesten Matchball in ihrer gesamten Energiegeschichte zu überwinden.“

Importe in die EU im Monat Jänner

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Haha, welch eine Ausdrucksweise, um das Wort „Eigentor“ zu vermeiden, das angesichts der Tatsachen weitaus angebrachter wäre.
Außerdem wird mit dieser Einführung des LNG als wichtigster Energiequelle elegant verschwiegen, daß viel von dem LNG auch aus Rußland kommt, also gar nicht die viel gepriesene Alternative zum russischen Pipeline-Gas ist, – und außerdem, wie in der Zwischenüberschrift angekündigt, Rumänien und Bulgarien sowie diverse Nachfolgestaaten Jugoslawiens ebenfalls russisches Gas über die Turkstream beziehen.

„Ein Millionenabkommen, das Rußland nicht einhält

Als Gegenleistung für die Nutzung des Ukraine-Transits setzte Gazprom eine Zahlung von 7 Milliarden Dollar (6,46 Milliarden Euro) an Naftogaz über einen Zeitraum von fünf Jahren fest.“

Halten wir fest: Gazprom zahlt nach wie vor jährlich einige Milliarden Euro an eine ukrainische Firma, Krieg hin oder her.
Ein interessantes Detail am Rande, daß diese Gaslieferungen in $ berechnet werden, offenbar ein Zugeständnis der Ukraine an ihren Big Brother.

„Im Falle von Öl ist der Transfer von russischem Rohöl durch die Druschba-Pipeline mit einer jährlichen Zahlung von 150 Millionen Dollar (138 Millionen Euro) durch das russische Unternehmen Transneft verbunden. Ein Vertrag, der im Gegensatz zum vorherigen bis 2030 gültig ist.“

Vergleichsweise ein Peanut.

„Roman Nitsovitsch, Leiter für Analysen beim ukrainischen Beratungsunternehmen Dixi, erinnert daran, daß der russische Gaskonzern Gazprom die vereinbarten Zahlungen nicht vollständig einhält und dabei mit einem geringeren Gas-Durchlass argumentiert.
Im September 2022, ein halbes Jahr nach Beginn der Invasion, eröffnete Naftogaz ein Schlichtungsverfahren vor der Internationalen Handelskammer, um die ausstehenden Gelder einzufordern.“

Vermutlich mit wenig Chancen, da sich Gazprom sicher abgesichert hat, um die Transitgebühr an das Volumen zu knüpfen, das durchgeschickt wird.

„Die Regierungen Ungarns und der Slowakei – die von russischer Energie durch die Druschba-Pipeline abhängig sind – stehen Wladimir Putin auch am nächsten.“

Der Autor stellt damit eine Verbindung zwischen Außenpolitik und Energieabhängigkeit her, die sicher zutreffend ist, aber von Brüssel nicht gerne zugegeben wird, weil es dafür noch andere Kandidaten in der EU gibt.

„Eine Unterbrechung der Lieferungen von russischem Öl wäre möglich, allerdings auf die Gefahr hin, einen höheren Preis für das Produkt zu zahlen und einen diplomatischen Konflikt zu provozieren. Dies geschah im August 2022, als Ukrtransnafta, die die Druschba auf ihrem Weg durch die Ukraine verwaltet, aufgrund von Differenzen bezüglich der Zahlungen von russischer Seite den Hahn zudrehte.
Die Situation wurde innerhalb weniger Tage gelöst, aber Ungarn verschärfte seinen Ton so sehr, daß sein Ministerpräsident Viktor Orbán dringend den ungarischen Verteidigungsrat einberief.“

Man muß noch hinzufügen, daß der Außenminister Szijjártó voriges Jahr darauf hingewiesen hat, daß die ungarischen Raffinerien auf die Verarbeitung von russischem Erdöl ausgelegt sind.
Ölimporte aus anderen Ländern – was auch bei einem Binnenland logistisch kompliziert und außerdem extrem umweltschädlich wäre – würden dort Schäden verursachen.

„»Europa könnte seinen Bedarf ohne russisches Gas decken, sei es über die Ukraine, den Turkstream oder über den Seeweg«, sagt Georg Zachmann vom Think Tank Bruegel.“

Blödsinn, wie im Folgenden klar wird. Der Think Tank Bruegel wird offenbar für die Produkton von Brüssel genehmen Fake News finanziert.

„Für die Slowakei, Österreich, Ungarn und die Ukraine selbst würde das Ende des Flusses durch den Ukraine-Transit jedoch eine Neuausrichtung erzwingen und sie müßten sicherstellen, daß Flüssiggas, das in entfernten Seeterminals verarbeitet wird, sie erreicht.“

Wie denn?
Mit enormen Kosten und Tankwägen, also total umweltbelastend – wie auch das Flüssiggas selber.

„Technisch gesehen ist es möglich, aber es würde wahrscheinlich zu höheren Gaskosten in diesen Ländern führen und zu einer stärkeren Nachfragezerstörung führen.“

Nachfragezerstörung!
Wenn Betriebe zusperren müssen oder Haushalte nix mehr zum Heizen oder Kochen oder kein warmes Wasser mehr haben, so ist das eine „Nachfragezerstörung“!
Die Ruinierung ganzer Volkswirtschaften wird so als eine Art technisches Problem besprochen, mit dem die halt umgehen müssen.

„Henning Gloystein vom Risikoberatungsunternehmen Eurasia stimmt dem zu und ist der Ansicht, daß die EU das russische Gas, das per Pipeline und Schiff ankommt, noch nicht aufgegeben hat, weil sie zunächst einmal den laufenden Winterbedarf befriedigen will. »Brüssel spielt auf Zeit«, sagt er per E-Mail.
Wie viele andere Analysten war Gloystein davon überzeugt, daß der Gastransport durch die Ukraine in den ersten Kriegswochen enden würde.“

Wie kam der Mann auf diese Idee, wenn ein guter Teil der Staaten der EU davon abhängt?

„»Offensichtlich haben wir uns geirrt. Im Nachhinein betrachtet möchte Rußland sowohl sein Einkommen sichern als auch vermeiden, Orbán zu schaden, der seine einzige Stütze in der EU ist.“

Er versucht also die Sache so darzustellen, daß die Russen das Gas und Öl abdrehen hätten wollen.
Wäre dem so gewesen, so hätten die USA(?) ja nicht die Nord Stream Pipelines sprengen müssen. Das war also eine Folge der Einsicht, daß Rußland überhaupt nicht daran interessiert war, von sich aus die Hähne abzudrehen.
Die Schilderung von Hersh über den Hergang der Sprengung erwähnt ja, daß die Rohre erst durch Taucher vermint worden waren und erst später gesprengt wurden – als Rußland entgegen aller Medien-Hysterie gar keine Anstalten machte, den Gashahn zuzudrehen.
Man könnte die Angelegenheit auch umgekehrt so betrachten, daß sich die USA vorher versichert hatten, daß sie auf jeden Fall Deutschland das Gas abdrehen und es auf NATO-Linie bringen können.

„Und die Ukraine scheint daran interessiert zu sein, weiterhin russische Zahlungen für den Transit zu erhalten, was sie überraschenderweise auch mitten in der Invasion weiterhin ausführte.«“

Die Ukraine erhält ja selber Gas und Öl aus Rußland, auf das sie nicht verzichten kann!
Haben das diese ganzen schlauen Analysten und Prophezeier nicht gewußt?

„Ukrainischer Kompromiss mit der EU

Die Ukraine will ihre Verpflichtungen gegenüber Partnern in der EU nicht aufgeben. Dies wurde im vergangenen Oktober vom Präsidenten von Naftogaz, Oleksij Tschernisov, hervorgehoben, als er bestätigte, daß sein Unternehmen den Vertrag mit Gazprom über die Gaslieferungen nach Europa im Jahr 2024 nicht verlängern werde.
Tschernisow erkannte damals das moralische Dilemma der Lage: »Der Export von Erdgas und Öl ist eine der Hauptwaffen Rußlands im Krieg gegen die Ukraine.«“

Aha.
Rußland weiß, daß die EU ohne russisches Gas und Öl zusammenbricht. Sie selbst hat nicht genug Energiequellen und wird diese auch nicht schaffen können.
Man kann das natürlich als „Waffe“ betrachten, aber zunächst handelt es sich einfach um Tatsachen, denen sich keine der beiden Seiten entziehen kann.
In all diesem BlaBla wird der Energiebedarf der Ukraine selbst völlig durchgestrichen.
Was nicht sein darf, kann nicht sein.

„Auch die Ukraine ist aufgrund verschiedener rechtlicher Bindungen gesetzlich zur Aufrechterhaltung dieser Verträge verpflichtet.
Das erste und wichtigste ist das Assoziierungsabkommen, das die Rada (das ukrainische Parlament) 2017 genehmigt hat.“

Das war das Abkommen, um dessentwillen der ganze Maidan losgegangen ist. Es brauchte dann immer noch 3 Jahre, bis die Rada diesen Vertrag genehmigt hat. Darin hat die Ukraine sich offenbar zum Gastransit verpflichtet, weil der für die EU damals wichtig war – und angesichts der Nord Stream-Pipeline auch als Verpflichtung der EU gegenüber der Ukraine vertraglich festgehalten wurde. Die EU wollte damals die Ukraine als Gas-Transitland und die Pipelines durch die Ukraine sichern.

„Auch die europäische Gesetzgebung zum Gasverbrauch, der sich die Ukraine angeschlossen hat, verpflichtet zu diesem Gastransit, wie Nitsovitsch erklärt.

Im Mai 2023 kam ans Licht, daß der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einem Treffen mit seiner Militärführung eine Sabotage der Druschba vorgeschlagen hatte, wie Quellen der US-Geheimdienste der Washington Post berichteten.
Die Nordstream-Gaspipeline, die Rußland mit Deutschland verbindet, war die Hauptzugangsroute für russisches Gas nach Europa, bis ein Anschlag im September 2022 ihre Tätigkeit beendete.“

Das ist nicht ganz richtig, weil das wäre erst der Fall gewesen, wenn Nord Stream II in Betrieb genommen worden wäre. Vorher war immer noch die ukrainische Gas-Pipeline – und die Jamal – die wichtigsten Zuliefer-Pipelines für Gas. Dies allein schon deshalb, weil sie viele Staaten belieferten und die nötige Infrastruktur für die Weiterleitung vorhanden war, die für die Nord Stream-Pipelines erst hergestellt werden mußte.

„Die deutsche, dänische und schwedische Justiz behaupten – zusätzlich zu US-Geheimdiensten –, daß für den Angriff ukrainische Spezialeinheiten verantwortlich war.“

Dazu ist zu bemerken, daß erstens die Ukraine für einen solchen Sabotageakt nicht über die nötigen technischen Voraussetzungen verfügt. Selbst wenn ukrainische Schiffe oder Taucher daran beteilgt waren, hätten sie dafür logistischer Unterstützung seitens der USA oder GBs bedurft – die dafür die nötigen Hilfsmittel haben.
Zweitens aber fand der Sabotageakt in schwedischen und dänischen Hoheitsgewässern statt, die notwendigerweise eingeweiht sein mußten.
Also selbst wenn die Ukraine beteiligt war, hatte sie Helfer und Mitwisser.

„Der Präsident von Naftogaz räumte auch ein, daß es »Zeit brauchen wird«, die Abhängigkeit der EU von russischem Gas zu beenden: »Wir sind uns alle der Kapazitäts- und Versorgungsbeschränkungen, insbesondere von LNG, bewusst.« Ende Januar berichtete der ukrainische Ministerrat, daß das Abkommen zwar nicht verlängert werde, die Tür für Verhandlungen mit EU-Mitgliedstaaten »über die Nutzung der Gastransportinfrastruktur« jedoch offen gelassen werde.
Nitsovich führt aus, daß die Protokolle des ukrainischen Gaspipelinebetreibers GTSOU es europäischen Unternehmen ermöglichen, Verträge über das Netzwerk abzuschließen und mit der russischen Seite zu verhandeln.

100 % nationale Produktion

Für die 27 geht die Bedeutung der Ukraine im Energiebereich – und insbesondere im Gasbereich – über den ukrainischen Transit hinaus.
Seine riesigen unterirdischen Lagerhäuser machen dieses Land in unruhigen Zeiten zu einer Art Schweizer Taschenmesser:“

Damit ist offenbar gemeint, daß die Ukraine energiemäßig verschiedene Funktionen hat.

„Obwohl die Ukraine jetzt – aus offensichtlichen Gründen: sie erhält kein russisches Gas mehr für den internen Verbrauch und die Speicherung“

Es ist schwer vorstellbar, daß die Ukraine von einem Tag auf den anderen keine Energie aus Rußland mehr erhält – angesichts der aus sowjetischen Zeiten stammenden Abhängigkeiten und auch der Gaskriege des vergangenen Jahrzehnts und der IWF-Auflagen, die die Subventionierung der Energieträger durch den Staat verboten. Letzteres wäre wohl nicht notwendig gewesen, wenn die Ukraine kein Gas und Öl aus Rußland bezogen hätte.
Der Konsum der Ukraine wird offenbar sowohl vor der eigenen Bevölkerung als auch vor der europäischen Öffentlichkeit verborgen, weil das dem ganzen Sanktionsregime und der öffentlichen Besprechung der „Abhängigkeit“ von Rußland, die man reduzieren muß, widerspricht.

„– nur ein Fünftel seiner Kapazität nutzt, kann sie 3x mehr Energie“ (offenbar Gas und Öl gemeinsam) „in ihren unterirdischen Speichern aufnehmen als zum Beispiel Spanien oder Polen. Das wäre eine mächtige Waffe gegen zukünftige Erpressungen durch den Kreml.“

Die Widersprüchlichkeit dieser Ausführungen ist derart schlagend, daß einem die Spucke wegbleibt.
Die Ukraine soll ihre Speicher für die EU zur Verfügung stellen, aber ohne russisches Gas oder Öl?!
Woher soll denn das Zeug kommen, wenn nicht aus Rußland?

„All dies geschieht zu einem historischen Zeitpunkt für die Ukraine, so der Premierminister Denis Shmyhal, denn im Januar dieses Jahres wurde der Gasverbrauch des Landes zum ersten Mal vollständig inländisch produziert. Naftogaz versichert, daß die Ukraine mit den drittgrößten Gasreserven in Europa das Ziel habe, ein Exporteur zu werden, um die Abhängigkeit Europas vom Kreml zu brechen.“

Wers glaubt, wird selig.

19 Gedanken zu “Pressespiegel EL País, 4.2.: Energielieferungen aus Rußland

  1. Energieprobleme in Rußland selbst

    Rußland hatte im heurigen Winter, der bisher dort recht kalt ausgefallen ist, eine Serie von Ausfällen vor allem der Heizungen, die mit Fernwärme betrieben werden.

    Ein Grund sind die Sanktionen, die den Import von Ersatzteilen erschweren und selbige verteuern. Sehr viel von der Energie-Infrastruktur beruht nämlich auf ausländischer Technologie und ausländischen Ersatzteilen.

    Man erinnere sich an die Siemens-Turbine, mit der sich Scholz ablichten ließ, und die in Kanada gewartet werden mußte.
    Man merkt, wie wenig die russische Führung mit der geballten Feindseligkeit und den Sanktionen gerechnet hat – sonst hätte sie nie genehmigt, daß solche Schlüsselindustrien sich von Importen abhängig machen.
    Gerade gegenüber EU-Staaten wollte Rußland sich immer als verläßlicher und wohlwollender Handelspartner präsentieren, um den friedlichen Handel und Wandel als angemessene Verfahrensform zwischen Staaten zu propagieren.
    Das alles muß jetzt umgestellt werden.

    Ein weiterer Grund ist, daß sich die Budgets für Aufwendungen der Gemeinden und Provinzen verringert haben, weil im Budget sehr viel für den Ukraine-Krieg aufgewendet wird, und die auch in Rußland nicht ganz kleine Inflation dadurch zu einem geringeren Budgetanteil für die Kommunalausgaben führt – was sich wieder auf die Wartungsarbeiten geschlagen hat.

    Viele der Rohre sind überaltert und hätten schon lange ausgetauscht werden müssen:

    „Das größte Warnsignal kam Anfang Januar aus Podolsk bei Moskau. Etwa 20.000 Menschen waren ohne Heizung, da die Region einen schlimmen Kälteeinbruch mit Temperaturen von -30 Grad erlitt.
    Erst 2 Wochen später konnten die Techniker den Wärmekreislauf vollständig wiederherstellen, und Bilder von Bewohnern, die sich an improvisierten Lagerfeuern aufwärmten, gingen durch die russischen Medien. Weitere ähnliche Vorfälle ereigneten sich auch in Nowosibirsk, der Hauptstadt Sibiriens, wo weitere 14.000 Menschen ohne Heizung blieben, und in Lipezk südlich von Moskau, wo 10.000 Menschen betroffen waren.
    Nach Angaben des Vorsitzenden des parlamentarischen Ausschusses für Bauwesen, Wohnungswesen und kommunale Dienstleistungen, Sergej Pachomow, wiesen im Jahr 2022 rund 70 % der Heizungs-, Wasser- und Abwasserinfrastruktur starke Abnutzungserscheinungen auf, und im vergangenen Jahr hat sich die Situation noch verschlimmert.“

    (El País, 17.2.)

    „In einem Land, das sich immer als eine Supermacht in Sachen Energie gesehen hat, haben die Vorfälle auch emotionales Gewicht. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine warnten Propagandisten lauthals vor EU-Sanktionen auf Gasimporte und behaupteten, ohne russisches Gas würde Europa »erfrieren«.
    Fast zwei Jahre nach Beginn des Krieges scheint die Heizwärme in Europa gesichert, während die Behörden in Russland Mühe haben, auf die Heizungskrise zu reagieren. Ein Kontrast, der hämischen Putin-Kritikern und ukrainischen Nutzern der sozialen Netzwerke nicht entgeht.“

    (DW, 21.1.)

    Wobei allerdings die Milde des Winters hier und die Härte des Winters dort zusammenspielt – der „härteste Winter seit Jahrzehnten“, laut DW,  hat in Rußland Einzug gehalten.

    „Die Staatshaushalte werden durch Einnahmen aus Kohlenwasserstoffen gestützt, und die Öl- und Gasunternehmen haben große Schwierigkeiten, die Maschinen zu importieren, die sie für den Betrieb benötigen.“

    Sie müssen also mehr Gewinn abliefern, als für den Betrieb gut ist und können deshalb zu wenig reinvestieren, um den Laden störungsfrei am Laufen zu halten.
    Ein Problem, das bereits in der SU existiert hat.

    Die Lukoil-Benzinraffinerie in Nischni Nowgorod, eine der größten des Landes, hat ihre Produktion aufgrund einer Panne, die »kurzfristig« nicht behoben werden kann, um die Hälfte reduziert, wie das Unternehmen Mitte Januar gegenüber der Zeitung Kommersant erklärte. Die von den USA, der EU und anderen westlichen Ländern eingeführte Preisobergrenze für russisches Öl hat den Export russischer Raffinerieprodukte angekurbelt.“

    (El País, 17.2.)

    A ja.
    Die Preisobergrenze gilt nämlich nur für Rohöl.

    Also werden Benzin, Heizöl und Diesel auf Teufel-Komm-Raus produziert und auf dem Weltmarkt verkauft. Und da kommen die Kapazitäten schneller an ihre Grenzen als wenn nur für den Inlandsmarkt produziert werden muß.

    Dazu noch die eingangs beschriebenen Schwierigkeiten mit dem Import von Ersatzteilen.

    Auf lange Sicht wird Rußland auf eigene Produktion oder auf diejenige verläßlicher Bündnispartner umsteigen müssen.

  2. „Krise in der Photovoltaik-Industrie
    Billig-Importe aus China: Steht Europas PV-Industrie erneut kurz vor dem Aus?

    Noch vor wenigen Monaten herrschte in der Photovoltaik-Industrie Aufbruchstimmung: Fronius etwa investierte hunderte Millionen Euro in den Ausbau der Wechselrichterproduktion. Neue Mitarbeiter sollten eingestellt werden. Stattdessen wurde die Arbeitszeit der Beschäftigten gekürzt. Und Meyer Burger kündigte kürzlich das Aus für Europas größte Solarproduktion an. Warum die EU vor einem Dilemma steht.

    Die europäische Solarindustrie ist im Kampf ums Überleben. In Europa, wo sich die Solarindustrie ohnehin nur noch aus wenigen Unternehmen zusammensetzt, schlittern erste Hersteller wie Norwegian Crystals in die Insolvenz. Andere wie Meyer Burger oder Solarwatt drohen mit der Schließung ihrer Fabriken, weil sich die Modulproduktion schlicht nicht mehr lohnt. Die europäische Photovoltaik-Industrie steht vor dem Aus, obwohl die Nachfrage nach Solaranlagen auf Rekordniveau ist.“

    Ja ja, die Wunder der Marktwirtschaft …

    „Der oberösterreichische Hersteller Fronius stemmt sich derzeit noch gegen den Trend. Das Unternehmen verlängerte die Weihnachtsferien, verkürzt die Arbeitszeit für rund 1.000 Beschäftigte und kündigt 100 Leiharbeiter. Und das, obwohl die Nachfrage nach Wechselrichtern so hoch ist wie noch nie.“

    Dieses Paradox bleibt in diesem Artikel ungeklärt. Offenbar sind diese Geräte nicht das hauptsächliche Produktionselement der Firma.

    Der Schweizer Solarausrüster Meyer Burger will sein deutsches Werk für Photovoltaikmodule schließen. Falls die Politik keine Maßnahmen zur Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen ergreife, wolle das Unternehmen damit gegen die aktuellen Verluste vorgehen, teilte Meyer Burger mit. Anfang April soll unter anderem das Werk im deutschen Freiberg mit rund 500 Mitarbeitenden geschlossen werden. Es handelt sich dabei um die größte in Betrieb befindliche Solarmodulproduktion Europas. Bis zur zweiten Februarhälfte 2024 soll eine endgültige Entscheidung fallen.

    Die Produktion von Solarzellen im deutschen Thalheim soll auch weiterhin den Hochlauf der Produktion von Solarmodulen im US-amerikanischen Werk in Goodyear unterstützen. Nicht betroffen von diesen Massnahmen wären der Maschinenbau sowie die Forschungs- und Entwicklungsstandorte in der Schweiz und in Deutschland.“

    Nach mehreren Absätzen des Gejammers und des Wunderns kommt sowas wie eine Erklärung:

    „Ein starker Anstieg der chinesischen Überkapazitäten sowie Handelsbeschränkungen durch Indien und die USA hätten im vergangenen Jahr zu einem erheblichen Überangebot und Verzerrungen auf dem europäischen Solarmarkt geführt. Meyer Burger forderte politische Maßnahmen für bessere Wettbewerbsbedingungen. (…)“

    Die Chinesen produzieren nach wie vor günstiger, sowohl Solarelemente als auch Autos. Dagegen kann man doch nix sagen, nach jedem Ökonomie-Lehrbuch geht das doch in Ordnung, oder?
    Einen Handelskrieg mit China durch Importbeschränkungen kann und will sich die EU allerdings nicht leisten.
    Nach dem erfolgreichen Absenken des Lohnniveaus und der durch die Sanktionen befeuerten Inflation würde die EU-Wirtschaft eine plötzliche Verteuerung der aus China kommenden Konsumgüter nicht verkraften.
    Den USA geht es in dieser Frage übrigens ähnlich.

    „Der deutsche Bundesverband Solarwirtschaft hat die Regierung in Berlin zur Unterstützung beim Aufbau großer und wettbewerbsfähiger Solarfabriken in Deutschland aufgefordert. »Andernfalls ist der Zug für eine erfolgreiche Wiederansiedlung der Solarindustrie in Deutschland endgültig abgefahren«, sagte Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig am Mittwoch der DPA.“

    Wieder ein Industriezweig, der sich um Subventionen anstellt:

    „Für die Aufbauphase europäischer Solarfabriken sollen laut Körnig für einen Teil der Solarförderung »Resilienz-Boni« die Mehrkosten von Solarmodulen aus heimischer Produktion ausgleichen. Je nach europäischer Wertschöpfungstiefe seien Prämien von 1 bis 3 Cent pro Kilowattstunde notwendig. Diese sollten neue Betreiber erhalten, wenn sie Solarmodule »Made in Europe« einsetzen. Die Produktionskosten europäischer Fabriken seien deutlich höher als die asiatischer Fabriken. Die Bundesregierung plant ein Solarpaket. Dazu gibt es aber noch Beratungsbedarf in den Koalitionsfraktionen.

    Überraschend ergebnislos verliefen Anfang Februar die Gespräche über mögliche Soforthilfen in Brüssel. Das zeigt, wie uneinig sich die Beteiligten darüber sind, wie der heimischen Solarindustrie geholfen werden kann. Darauf deutet auch die Bandbreite der diskutierten Maßnahmen hin: von einem Sofort-Rettungspaket über handelspolitische Schutzmaßnahmen wie Zölle – die in der Industrie umstritten sind – bis hin zum »Net Zero Industry Act« (NZIA) für saubere Technologien, der derzeit abschließend verhandelt wird, aber erst langfristig greifen sollen. (…)

    Um mehr als 50 Prozent sind die Preise für Solarmodule innerhalb weniger Monate gefallen. Um fast die Hälfte unterbieten chinesische Hersteller die Preise europäischer Anbieter. Für beide Seiten ist das ein ruinöser Preiskampf.

    Preiskämpfe und volle Lager

    Hersteller intelligenter Solarkomponenten, wie der Wechselrichterhersteller Fronius, leiden – Hersteller austauschbarer Produkte, wie Solarzellen, sind in einer bedrohlichen Situation: Chinesische Solarproduzenten haben ihre Fabriken in den letzten Jahren massiv ausgebaut. Gleichzeitig haben die USA und Indien Handelsrestriktionen gegen fernöstliche Module verhängt. Aus diesem Grund versuchen die Hersteller aus China, ihre Produkte zu einem sehr niedrigen Preis auf den europäischen Markt zu bringen. Dies führt zu einem regelrechten Preiskrieg und zu vollen Lagern. (…)“

    Aha.
    Die USA können oder wollen sich einen Handelskrieg mit China offenbar eher leisten.
    Indien will möglicherweise eine eigene Solar-Industrie aufbauen.

    „Europa habe den Solar-Markt kampflos China überlassen sagt Fronius-Chefin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß. Die USA gehen derzeit einen anderen Weg: Neben Einfuhrverboten für chinesische PV-Anlagen sorgt deutlich preiswerterer Industriestrom für die energieaufwändige Solarpanelproduktion für einen Anreiz.“

    Mit voller Hose ist leicht stinken. In den USA ist die Energie eben deutlich günstiger als in der EU. Hier bleibt nur die Subvention.
    (Wer hatte also vor allem ein Interesse an der Sprengung der N S-Pipelines?)

    „Im Rahmen des Inflation Reduction Acts wurden zudem massive große Steuervorteile die Ansiedelung der Solarbranche festgeschrieben. Eine Tatsache, die auch die Industrie bemerkt. »Die Amerikaner machen eine ganz starke Industriepolitik« sagt die Fronius-Chefin.“

    (Industrie-Magazin, 20.2.)

    Bezüglich erneuerbarer Energien haben die USA auch noch viele Ausbaukapazitäten, da sie die vergangenen Jahrzehnte diesbezüglich wenig gemacht haben.

  3. Politinitiative zur Sicherung russischer Gaslieferungen ab 2025 gefordert

    WKO-Chef Kopf und IV-Chef Neumayr machen sich für ein Konsortium stark, das die ukrainischen Transitpipelines nutzen soll, um Gas aus Sibirien nach Europa zu bringen

    Das drohende Ende russischer Gaslieferungen ab nächstem Jahr aufgrund der Nichtverlängerung des Transitvertrags durch das ukrainische Energieunternehmen Naftogaz und damit absehbar höhere Preise schweißen Wirtschaftskammer (WKO) und Industriellenvereinigung (IV) zusammen. Beide Generalsekretäre, Karlheinz Kopf von der WKO und Christoph Neumayr von der IV, forderten bei einem gemeinsamen Auftritt am Montag raschestmöglich eine politische Initiative, um das Schlimmste zu vermeiden.

    Adressatin der Forderung ist Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Sie habe es verabsäumt, rechtzeitig für die von der Energiepolitik betroffenen Unternehmen verkraftbare Maßnahmen zur Diversifizierung der Gasbezüge zu treffen. Sowohl Kopf als auch Neumayr sprachen von "zwei verlorenen Jahren". Der Wag-Loop, die Verstärkung der West-Austria-Gasleitung auf etwa 40 Kilometer Länge zwischen Oberkappel und Bad Leonfelden in Oberösterreich, hätte demnach bereits 2025 in Betrieb genommen werden können, wäre rechtzeitig reagiert worden.“

    Die gesamte „Diversifizierung“ läuft natürlich nur darauf hinaus, Gas und Öl über Zwischenhändler zu beziehen, was auf jeden Fall teurer ist.

    „Sondergenehmigungsregime

    So steht der Wag-Loop nach Klärung der Finanzierungsfrage – rund 70 Millionen der erforderlichen gut 200 Millionen Euro stellt das Finanzministerium zur Verfügung – frühestens 2027 bereit. Damit das fix klappt, sollte man politisch »ein Sondergenehmigungsregime für den Wag-Loop« überlegen, sagte Kopf.

    Und wie könnte russisches Gas, dessen Ausbleiben nach dem Dafürhalten von Kopf und Neumayr zu ernsthaften Versorgungsproblemen und entsprechend hohen Preisen in Österreich führen würde, bei einem Ausscheren von Naftogaz weiter nach Zentraleuropa kommen? Indem ein internationales Konsortium aus Gashändlern betroffener Staaten anstelle der ukrainischen Naftogaz den Weitertransport von russischem Gas bewerkstelligt. Ungarn und die Slowakei, die wie Österreich russisches Gas über das ukrainische Leitungsnetz beziehen, seien bereits in diese Richtung initiativ geworden. Es sei höchste Zeit, dass sich auch Österreich dieser Initiative anschließe. Dabei geht es wohl auch um Garantien und Risikoübernahmen, damit sich überhaupt ein privates Unternehmen im Zuge einer Ausschreibung beteiligt.“

    Eine Art Anti-Sanktionsblock zusammen mit Ungarn und der Slowakei, das würde sicher viele in der EU freuen …

    „Klage gegen Deutschland urgiert

    Noch bei einem anderen Thema wollen Kopf und Neumayr Ministerin Gewessler in die Pflicht nehmen, nämlich rasch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland anzustrengen, um die von Transiteuren verlangte Gasspeicherabgabe vom Tisch zu bekommen. Diese ist erst zu Jahresbeginn von 1,45 Euro je Megawattstunde (MWh) auf 1,58 Euro angehoben worden. Das sei gleichbedeutend mit einem Aufschlag von rund sieben Prozent auf den Großhandelspreis, wenn Gas über Deutschland nach Österreich geleitet wird, sagt Kopf. Das sei nichts anderes als ein einseitiger Zoll, der von Deutschland eingehoben werde, und damit EU-rechtswidrig, meinen nicht nur WKO und IV.“

    Nun ja, Deutschland will aus seiner Energiemisere eben auch irgendwie Profit schlagen …

    „Die Gefahr sei, dass bei einer Nichtbekämpfung dieser Praxis auch andere Länder auf den Geschmack kommen und Ähnliches planen könnten. In Italien, wo ähnliche Pläne gewälzt worden sind und eine »Solidaritätsabgabe« von 2,19 Euro je MWh ursprünglich ab April im Gespräch war, habe man das nicht zuletzt aufgrund der Diskussionen in Österreich für den Moment ausgesetzt, sagten die Vertreter von Wirtschaft und Industrie. Sowohl Kopf als auch Neumayr sind nicht prinzipiell gegen eine Diversifizierung der Gasbezüge, im Gegenteil. Das sei wichtig und auch vernünftig, sagen sie, aber alles mit Maß und Ziel.“

    (Standard, 19.3.)

  4. Öl und Gas aus Russland
    Wegen Gas-Verträgen: Gazprom und OMV vor Schiedsgericht in Paris

    Die russische Gazprom will der OMV gerichtlich untersagen lassen, ein bisher in der Öffentlichkeit unbekanntes Verfahren vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof in Paris weiter zu betreiben. Das geht aus einer Veröffentlichung des St. Petersburger Handelsgerichts hervor, das für den 16. April eine erste Anhörung in der Causa anberaumt hat. Bei der OMV war man am Mittwoch auf Anfrage der APA zu einer Stellungnahme nicht bereit.
    Schiedsgerichte werden beispielsweise dann angerufen, wenn Vertragspartner einseitig aus Verträgen aussteigen wollen.

    In dem am Wochenende veröffentlichten Gerichtsbeschluss heißt es, dass das St. Petersburger Handelsgericht am 29. März begonnen habe, die eine Woche zuvor von Gazprom gegen die OMV Exploration & Production GmbH mit Sitz in Wien eingebrachte Klage zu verhandeln. Die Klage beziehe sich im Wesentlichen auf das von Gazprom beantragte »Verbot, ein Verfahren vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer fortzuführen, und die Verurteilung zu einer Geldstrafe, so die Gerichtsentscheidung zum Verbot nicht beachtet würde«.

    Ausstieg aus langfristigen Gaslieferverträgen

    Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bereitet aktuell den Ausstieg aus den Gaslieferverträgen zwischen dem teilstaatlichen Öl- und Gaskonzern OMV und der russischen Gazprom vor. Die Verträge zwischen OMV und Gazprom haben eine Laufzeit bis 2040 und sehen laut Gewessler eine feste Abnahmeverpflichtung (»take or pay«) für große Mengen Erdgas vor. Auch für den Fall, dass das russische Erdgas nicht abgerufen werde, müsse also bezahlt werden. Dies führe zu einem höheren Anteil an russischem Erdgas, obwohl der Gasverbrauch insgesamt rückläufig sei und die Importmengen konstant blieben. Die Abhängigkeit Österreichs von russischem Erdgas wurde durch diese Gaslieferverträge »zementiert«.

    Bis heute ist unklar, ob und auf welcher Basis ein Ausstieg aus den Verträgen überhaupt möglich ist. Im November des Vorjahres war von Wolfgang Urbantschitsch, Chef der E-Control, zu hören: »Solange sie (Gazprom, Anm.) liefern und der Vertrag aufrecht ist, muss die OMV wahrscheinlich auch diesen Vertrag erfüllen.« Auf die Frage, ob Gewessler notfalls auch einen Vertragsbruch gegenüber Gazprom in Kauf nehmen würde, ging sie nicht direkt ein – man müsse »alle Handlungsmöglichkeiten ausloten«, so die Ministerin. Sollte die OMV – wie bei internationalen Verträgen üblich – vom Vertrag zurücktreten oder die Zahlungen einseitig einstellen, könnte Gazprom ein Schiedsgericht anrufen. Vor Gericht würde dann geklärt werden, ob die von der OMV angeführten Gründe für die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sind.

    St. Petersburg oder Paris?

    Die erste mündliche Verhandlung ist für den 16. April angesetzt. Beide Parteien haben nun bis zum 12. April Zeit, Dokumente und Erklärungen beim Gericht einzureichen. Von dem Rechtsstreit betroffen ist die niederländische Gazprom Sakhalin Holdings B.V., die als Tochter des russischen Gaskonzerns gilt. Was dieses Unternehmen mit dem genannten Verfahren vor dem Pariser Schiedsgericht zu tun hat, ist unklar. »Wir kommentieren grundsätzlich keine laufenden Rechtsverfahren«, erklärte ein Sprecher des österreichischen Konzerns am Mittwoch gegenüber der APA. Die Pressestelle von Gazprom ließ wiederholte Anfragen der APA unbeantwortet.

    Seit Beginn des russischen Angriffskrieges wird von verschiedenen Beobachtern und politischen Akteuren ein Ausstieg der OMV aus den russischen Gaslieferungen gefordert. Ein Ausstieg aus den Verträgen mit dem Staatskonzern Gazprom wäre aber nur vor einem internationalen Schiedsgericht möglich. Nun wurde bekannt, dass der österreichische Konzern zumindest ein solches Schlichtungsverfahren in Gang gesetzt hat, wobei nicht bekannt ist, ob es sich dabei um den Gasliefervertrag handelt.

    Gazprom ist in eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit europäischen Käufern und Lieferanten von russischem Gas verwickelt. In jüngster Zeit hat Gazprom versucht, seine Streitigkeiten mit internationalen Partnern vor lokalen Gerichten auszutragen, was einige europäische Unternehmen für illegal halten. Gazprom ist vor das Schiedsgericht der Region St. Petersburg und Leningrad gezogen und hat europäischen Unternehmen mit Geldstrafen gedroht, sollten sie ihre Rechtsstreitigkeiten außerhalb Russlands fortsetzen.“

    (Industrie-Magazin, 4.4.)

    Hier steht sehr viel auf dem Spiel.

    1. Auf Österreich wird von Seiten der EU Druck gemacht, aus den Gasverträgen mit Rußland auszusteigen. Angesichts der Sanktionen und deren schädlicher Wirkung auf die EU-Energieversorgung wird hier Österreich indirekt vorgeworfen, sich einen moralisch verwerflichen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen EU-Staaten zu verschaffen. Federführend ist hierbei Deutschland (Sedlmayr, „Blutgeld“).
    Österreich gibt dem auch statt, zum Unterschied von Ungarn oder der Slowakei und zieht vor Gericht.

    2. Das ganze internationale Handelsrecht ist hier Gegenstand von Umwälzungen. Die Sanktionen müssen sozusagen auf die Ebene der lokalen Gerichte herunter durchgesetzt werden, was alle bisher geschlossenen Verträge in Frage stellt. Weil wenn hier ein Präzedenzfall geschaffen wird, so können jede Menge andere Verträge auch neu begutachtet werden, wenn eine Seite das wünscht – nicht nur mit Rußland, und nicht nur in Energiefragen.

  5. „Eingefrorenes Gas: Warum die Preise für den blauen Kraftstoff unter Null fielen

    Negative Erdgasnotierungen in Amerika bedeuten nicht sinkende Preise in Europa und Asien

    Die US-Erdgaspreise sind auf Rekordtiefs. An einigen Handelszentren bezahlen Verkäufer die Käufer dafür, dass sie ihr Gas abnehmen. Aber diese Situation läßt sich erklären.
    Warum der Gaspreis in Amerika unter Null liegt, wie lange dieser außergewöhnliche Marktzustand anhalten wird und was dies für die Gaspreise in Europa und Asien bedeutet, wo russische Exporteure tätig sind, erklärt die Izvestija.

    Auf dem Weg zum 29-Jahres-Tief

    Ende April lagen die amerikanischen Gaspreise im Süden der USA sehr nahe an ihrem 29-Jahres-Tief.
    Am größten Hub, Henry in Louisiana, sanken sie auf 1,8 US-Dollar pro Million British Thermal Units (MBTU) oder etwa 64 US-Dollar pro tausend Kubikmeter.

    Zum Vergleich: Im Oktober kostete Gas am selben Hub etwa 3,8 US-Dollar/MBTU. Aber noch interessantere Dynamiken zeigten sich an einem anderen Knotenpunkt – Waha, im Westen des größten Gas produzierenden Bundesstaates der USA, Texas, wo die Preise seit März auf einem negativen Niveau verharren.
    Ende April erreichten die Preise minus 3 US-Dollar pro MBTU, als bekannt wurde, dass eine der in der Region betriebenen Gaspipelines geschlossen wurde. (…)

    Natürlich ist es ziemlich schwer, sich Situationen vorzustellen, in denen ein Geschäft für den Kauf von einem Dutzend Eiern einen Aufpreis zahlen würde … Aber auf dem Großhandelsmarkt verkauftes Gas ist ein anderes Produkt. Sie können es nur kaufen, wenn es eine Leitung gibt, die blauen Kraftstoff direkt zu Ihnen nach Hause oder zu einer Fabrik liefern kann. Aus offensichtlichen Gründen ist die Anzahl der Eigentümer von Gasleitungen an einem bestimmten Standort begrenzt.

    Wenn die Preise unter die Nullmarke oder sogar das Rentabilitätsniveau fallen, kann der Hersteller normalerweise den Versand einstellen. Bei Kohlenwasserstoffen ist dies jedoch nicht so einfach: Das Abschalten und anschließende Wiederanfahren eines Feldes kann eine hübsche Summe kosten. Für Kleinproduzenten ist es manchmal einfacher, mit Verlust zu handeln, als die Pumpen an- und auszuschalten.

    Verwandte Produkte

    Bei Öl kommt diese Situation jedoch selten vor. Das bekannteste Beispiel ereignete sich in Texas im Jahr 2020, ganz am Anfang der Pandemie und der damit einhergehenden Panik auf den globalen Rohstoffmärkten.
    Gas ist eine andere Sache. In unserem Fall handelt es sich um Kraftstoff, der im Schieferfeld des Permian-Beckens produziert und von dort aus an den Waha-Hub geliefert wird. Im Permian-Becken ist Gas ein Nebenprodukt der Ölförderung, und die Ölpreise sind derzeit für amerikanische Produzenten mehr als zufriedenstellend (über 80 US-Dollar pro Barrel). Aufgrund einer so »Kleinigkeit« wie der Notwendigkeit, für das Laden von Gas in eine Gaspipeline zu bezahlen, wird niemand einen profitabel sprudelnde Quelle stoppen.

    Es besteht auch die Möglichkeit, das Begleitgas abzufackeln, allerdings ist eine Verschwendung von Ressourcen nicht erfreulich und außerdem besteht die Gefahr von Bußgeldern durch die Umweltbehörden.
    Allerdings brennen nach wie vor Fackeln auf den Ölfeldern – manchmal gibt es kein Entrinnen, und aus mehreren Gründen kann eine Befreiung vom Verbot der Verbrennung von Treibstoff beantragt werden.
    Die Gewinner in diesem Fall sind Gashändler, die sich ihren Platz in Gaspipelines langfristig gesichert haben – sie können beim Kauf und beim Verkauf doppelt Geld für Gas erhalten. Dennoch sind dies nicht die erfreulichsten Ereignisse für die Hersteller. Obwohl negative Preise für die Ressource eine lokale Ausnahmeerscheinung darstellen, ist Gas überhaupt in Amerika im historischen Vergleich mittlerweile unglaublich günstig.

    Wie lange kann diese Situation andauern?

    Nicht ewig

    Vor dem Hintergrund ungewöhnlich hoher Lagerkapazitäten sowie eines leichten Rückgangs der LNG-Exporte aufgrund von Wartungsarbeiten an zwei Technologielinien des großen Freeport-Werks liegen die Preise derzeit auf einem Rekordtief, erklärt Ivan Timonin, Projektmanager bei »Implementa«.

    »Gleichzeitig ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Kurse des Henry Hub am Horizont des Monats auf etwa 2 US-Dollar pro MBTU erholen und infolge der Wiederaufnahme des Freeport-Betriebs weiter steigen werden.“

    Das Gasverflüssigungs-Terminal in Freeport, Texas war die wichtigste Anlage für die Exporte nach Europa, aber durch Überlastung kam es in den letzten Monaten wiederholt zu Havarien.

    „Darüber hinaus ist es wichtig zu beachten, dass sich die amerikanische Gasproduktionsindustrie durch eine hohe Flexibilität auszeichnet und daher auch Produktionskürzungen zu steigenden Preisen beitragen werden«, so der Experte.

    Ihm zufolge könnten die Notierungen auf dem amerikanischen Markt bis zum Jahresende bereits auf das Niveau von 3,5 $/MBTU steigen, unter anderem aufgrund der Inbetriebnahme großer neuer Kapazitäten in der Gasverflüssigungsanlage in Corpus Christi.

    Wie »Finam«-Analyst Sergei Kaufman sagte, liegen die Preise für Henry, dem wichtigsten Förderort für die USA, weiterhin bei etwa 2 US-Dollar pro MBTU, was im historischen Vergleich natürlich ein extrem niedriger Wert ist, aber von einem Rückgang in den negativen Bereich ist keine Rede.
    Aufgrund der niedrigen Preise seit Jahresbeginn kam es in den USA bereits zu einem Rückgang der Gasproduktion, was wiederum das Wachstum der Notierungen unterstützen könnte. »Wir gehen davon aus, dass die Preise in der zweiten Jahreshälfte auf 2,5 bis 2,8 US-Dollar pro MMBtu steigen könnten«, so Kaufman.

    Ohne Russland geht es nicht

    Mittlerweile sind die USA längst zum Nettoexporteur von Erdgas geworden. Daher werden die US-Preise für diesen Rohstoff auch im Rest der Welt beobachtet. Einschließlich Russland, wo die Gasexporte im vergangenen Jahr aufgrund der Weigerung der Europäer, einen erheblichen Teil des Kraftstoffs von der Russischen Föderation zu kaufen, und anderer Sanktionen erheblich zurückgingen (um 30 % über Pipelines und 1,5 % über LNG).
    Obwohl es Russland gelungen ist, die Öllieferungen erfolgreich auf alternative Märkte umzulenken, ist dies mit Gas deutlich schwieriger zu bewerkstelligen. Hohe Weltmarktpreise könnten den Schaden durch verringerte Lieferungen auffangen, aber wie realistisch ist dies angesichts der Situation in Amerika?

    Laut Ivan Timonin ist der amerikanische Gasmarkt weitgehend vom europäischen und asiatischen Markt isoliert und hat keinen direkten Einfluss auf diese.

    Niedrige Preise auf dem US-amerikanischen Inlandsmarkt erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit des im Land produzierten LNG, aber die amerikanischen Anlagen seien bereits auf einem hohen Auslastungsgrad, und daher werde es bis zur Inbetriebnahme neuer Produktionskapazitäten keinen nennenswerten Anstieg der Exporte geben, nach Ansicht von Timonin.“

    D.h., woanders müssen die Verbraucher mit dem auskommen, was sie bisher hatten, bei steigendem Bedarf:

    „Was das Gleichgewicht des Weltmarktes insgesamt betrifft, ist in diesem Jahr kein Überangebot zu erwarten: Dem Produktionswachstum steht ein proportionaler Anstieg der Nachfrage gegenüber.

    Sergei Kaufman weist seinerseits darauf hin, dass die USA aufgrund begrenzter Verflüssigungskapazitäten nicht in der Lage seien, das Exportvolumen abhängig von den Marktbedingungen zu erhöhen oder zu verringern. »Die Kosten nur eines Teils des exportierten LNG sind an die Inlandspreise gebunden, und in der Regel handelt es sich dabei um die Preise des Henry-Hubs, die zwar auf einem niedrigen Niveau liegen, aber nicht in den negativen Bereich fallen. Aufgrund dieser Faktoren sind die Auswirkungen des US-Gasüberschusses auf den Weltmarkt recht begrenzt.“

    Die USA ersticken sozusagen in ihrem eigenen Gas, weil sie nicht genug Verflüssigungsmöglichkeiten haben, um es zu exportieren.

    „Gleichzeitig, so der Analyst, könne es tatsächlich zu einem Gasüberschuss auf dem europäischen Markt kommen, wenn auch hauptsächlich aus anderen Gründen.

    Vor dem Hintergrund von Sparmaßnahmen, einem Anstieg des Anteils erneuerbarer Energiequellen, neutralem Winterwetter und erhöhten Importen von LNG sind die Gasspeicher in der EU mittlerweile zu 63 % ausgelastet, was für diese Zeit des Jahres einem aktuellen Rekordniveau nahekommt.
    »Darüber hinaus wird erwartet, dass Ende 2024 eine Phase des Angebotswachstums auf dem LNG-Markt beginnt (hauptsächlich aus den USA). Aufgrund dieser Faktoren können die Speicher vor Beginn der Heizperiode zu 100 % gefüllt sein. Vor diesem Hintergrund gehen wir im Basisszenario davon aus, dass die europäischen Gaspreise in den kommenden Quartalen auf 200 bis 250 US-Dollar pro tausend Kubikmeter sinken werden«, sagt Kaufman.

    »In den letzten Jahren wurde der zuvor stark fragmentierte Weltgasmarkt durch den Ausbau des LNG-Segments stärker vernetzt“, erklärte Marcel Salichov, Präsident des «Instituts für Energie und Finanzen«. »Deshalb haben niedrige Gaspreise in den USA auch Auswirkungen auf andere Märkte – Asien und Europa. Die Einschränkung liegt jedoch in der Kapazität der LNG-Exportterminals in den USA, die fast voll ausgelastet sind.
    Darüber hinaus sinkt die Gasnachfrage in der EU weiter, was sich auch auf den Bedarf an LNG-Importen auswirkt. Ich gehe nicht davon aus, dass der Markt überfüllt sein wird, aber die Preise dürften dieses Jahr niedrig bleiben.“

    Wenn sie weltweit steigt, aber in der EU sinkt, so heißt das, daß das Wachstum außerhalb der EU stattfindet und in den letzten Jahren erhöhte Nachfrage nach Gas entstanden ist – vermutlich vor allem im asiatischen Raum.

    (Izvestija, 7.5.)

  6. Die EU will unbedingt Österreichs Gasverbindung zu Rußland kappen:

    „Öl und Gas aus Russland
    Nach Gerichtsurteil: Stellt Russland seine Gaslieferungen nach Österreich ein?

    Die OMV veröffentlichte in der Nacht auf Mittwoch eine dringende Mitteilung: Der Anlass ist ein ausländisches Gerichtsurteil, das von einem großen europäischen Energieunternehmen erwirkt wurde. Sollte dieses Urteil in Österreich gegen die OMV vollstreckt werden, könnte dies zu erheblichen Einschränkungen bei den Gaslieferungen aus Russland führen. (…)“

    (Industrie-Magazin, 23.5.)

  7. Obs stürmt, obs schneit — Deutschland versucht offenbar, seine durch die Sprengung der Pipelines abhanden gekommene Verteiler-Rolle für Energie irgendwie zu kompensieren, mit Hilfe der Gasspeicher, die seinerzeit Gazprom gebaut hat:

    „Öl- und Gaspreise in Österreich
    Gasspeicherumlage: Erhebliche Mehrkosten für Österreichs Industrie

    Die Gasspeicherumlage in Deutschland führt zu erheblichen Mehrkosten für die österreichische Industrie. Insbesondere energieintensive Sektoren wie die Chemie- und Stahlindustrie stehen vor steigenden Produktionskosten und einer verschärften internationalen Konkurrenz. Politik und Wirtschaft fordern Maßnahmen zur Entlastung und zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.

    Österreich verschärft im Konflikt um die deutsche Gasspeicherumlage gemeinsam mit Ungarn, Tschechien und der Slowakei den Druck auf Deutschland. Die vier Länder fordern in einem Dokument, das sie beim EU-Energierat am Donnerstag vorlegen wollen, die EU-Kommission zum Handeln auf, um ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland voranzutreiben. Besonders brisant wird das Thema durch die geplante Erhöhung der Umlage zum 1. Juli.

    Ab Juli wird die deutsche Gasspeicherumlage von 1,86 Euro auf 2,50 Euro netto pro Megawattstunde angehoben. Diese Umlage wird auf den Gaspreis aufgeschlagen und soll laut deutschen Angaben zur Sicherstellung der Mindestfüllmengen in den Gasspeichern dienen. Eingeführt wurde sie 2022 als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine und dessen Auswirkungen auf den Energiemarkt.

    Österreich, Ungarn, Tschechien und die Slowakei kritisieren, dass die Umlage den Export von nicht-russischem Gas in mittel- und osteuropäische Länder verteuert und somit die Abhängigkeit dieser Länder von Russland erhöhen könnte. In einem gemeinsamen Papier, das der APA vorliegt, warnen die vier Staaten: »Zusammen mit dem geplanten Ende des Transits von russischem Gas über die Ukraine zum Ende dieses Jahres wird die Abgabe die Versorgungssicherheit der gesamten CEE-Region erheblich verringern und sie anfälliger für Preisschwankungen machen.«

    EU-Energiekommissarin Kadri Simson hatte bereits Anfang März beim jüngsten EU-Energieministerrat eingeräumt, dass die deutsche Maßnahme die Diversifizierung der europäischen Gasimporte gefährden könnte. Die Kommission steht laut eigenen Angaben in Kontakt mit den deutschen Behörden und hat bereits ein Pilot-Verfahren gegen Deutschland eingeleitet, bisher jedoch auf ein formelles Vertragsverletzungsverfahren verzichtet.“

    (Industrie-Magazin, 29.5.)

    Deutschland macht eigentlich damit die Politik nach, die seinerzeit die Ukraine vorgezeigt hat: Die eigene geographische Lage und über ihr Gebiet verlaufende Pipelines zu nutzen, um anderen energieäbhängigen Staaten einen Obolus abzuknöpfen.
    Natürlich in deren ureigenstem Interesse, um deren Energiesicherheit zu gewährleisten!

    Der ehemalige Exportweltmeister und Vorzeige-Wirtschafter nimmt immer mehr Anleihen bei Staaten aus der 2. und 3. Reihe.

  8. Offenbar macht Deutschland einen Rückzieher, angesichts der Sachlage:

    „Deutschland streicht 2025 die Gasspeicherumlage, die auch Tigas-Kunden 10 Mio. Euro im Jahr kostet. Tigas will von Deutschland Geld zurück.

    Innsbruck – Deutschland will mit 1. Jänner 2025 seine Gasspeicherumlage an den Grenzübergängen abschaffen und sie nur noch im Inland verrechnen. Das hat auch Auswirkungen für Tiroler Gaskunden. Denn die deutsche Umlage, die im Zuge der Notbefüllung der deutschen Gasspeicher nach Ausbruch des dem Ukraine-Krieges eingeführt wurde, müssen beispielsweise auch die Tigas-Kunden mit insgesamt rund 10 Millionen Euro pro Jahr zahlen. Für einen Tiroler Haushalt sind das jährlich ungefähr 10 bis 12 Euro. (…)

    Tigas-Geschäftsführer Georg Tollinger zeigt sich erfreut, aber überrascht vom nahenden Ende der Abgabe. Erst kürzlich wurde in Deutschland die Einhebung der Umlage bis April 2027 verlängert. (…) Er meint aber den Grund für den deutschen Sinneswandel zu kennen. »Mit der Abgabe hat sich der Gastransit durch Deutschland verteuert, das Gas floss daher über andere Routen. Das hat die Kosten für das deutsche Fernleitungsnetz erhöht.«

    Das Thema Gasspeicherumlage ist mit dem nahenden Aus aber noch nicht beendet. Denn die Tigas hat die bisherigen Zahlungen an Deutschland – insgesamt rund 20 Mio. Euro – nur unter Vorbehalt geleistet. Tirols Landesenergieversorger hält die Umlage für österreichische Versorger als EU-rechtswidrig, weil sie wie eine Zollgebühr wirke und damit gegen den freien Warenverkehr verstoße. Die Tigas habe zudem selbst Gas einspeichern müssen und zahle damit doppelt. „Die Frage ist, was jetzt mit den Millionen passiert, die wir bereits nach Deutschland bezahlt haben“, so Tollinger. Er pocht auf Rückzahlung der Gelder. (…)“

    (Tiroler Tageszeitung, 30.5.)

    Wieder nix mit Zusatzeinnahmen und noch dazu ein drohendes Verfahren und Rückzahlungen. Deutschland kann praktisch nicht so vorgehen, wie es gerne würde.

  9. „Europa-Politik:
    Bundesregierung blockiert bei Russland-Sanktionen der EU

    Die deutsche Regierung sorgt in Brüssel mit Vorbehalten gegen neue Russland-Sanktionen für Unmut. Über die Hintergründe lässt sich spekulieren.

    Brüssel (dpa) – Die Bundesregierung blockiert nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Fortschritte in den Verhandlungen über das nächste Paket mit Russland-Sanktionen der EU. Nach Angaben von Diplomaten in Brüssel sind deutsche Bedenken und Änderungswünsche ein entscheidender Grund dafür, dass die Sanktionsplanungen bislang nicht zum Abschluss gebracht werden konnten.

    Zuletzt habe es sich angefühlt, als ob Deutschland das neue Ungarn sei, sagte ein EU-Beamter in Anspielung darauf, dass die Budapester Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban in der Vergangenheit immer wieder Entscheidungen für Russland-Sanktionen verzögert hatte.“

    In Deutschland kann man offenbar den Umstand nicht mehr ganz wegschieben, daß diese ganzen Sanktionen Schüsse ins Knie sind, die man den USA und der EU-internen Konkurrenz zuliebe macht.

    „Mit den geplanten neuen EU-Strafmaßnahmen soll insbesondere gegen die Umgehung von bereits bestehenden Sanktionen vorgegangen werden. Diese führt beispielsweise dazu, dass Russlands Rüstungsindustrie noch immer westliche Technologie nutzen kann, um Waffen für den Krieg gegen die Ukraine herzustellen.

    Zudem ist geplant, erstmals scharfe EU-Sanktionen gegen Russlands milliardenschwere Geschäfte mit Flüssigerdgas (LNG) zu verhängen. Nach Angaben von Diplomaten will die Europäische Kommission verbieten lassen, dass Häfen wie der im belgischen Zeebrugge zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden. Dies soll dann dazu führen, dass Russland wegen mangelnder Transportkapazitäten weniger Flüssigerdgas verkaufen und weniger Geld in seinen Angriffskrieg stecken kann.“

    Also Deutschland und Holland, vielleicht auch anderen soll ein wichtiger Gashahn abgedreht werden.

    „Bundesregierung thematisiert Haftungsfragen

    Die deutschen Vorbehalte gegen die Pläne beziehen sich nach Angaben von EU-Diplomaten vor allem auf Maßnahmen, die eine Umgehung von EU-Sanktionen erschweren sollen. Demnach fordert die Bundesregierung unter anderem, eine geplante Regel zur Haftung von Zweigniederlassungen von Unternehmen bei Verstößen auf bestimmte Güter einzugrenzen oder ganz zu streichen. Hintergrund ist offensichtlich die Befürchtung, dass sonst deutsche Unternehmen für Sanktionsverstöße verantwortlich gemacht werden könnten.

    Zudem erachtet die Bundesregierung nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bestimmte Berichtspflichten als überflüssig und will erreichen, dass eine Maßnahme abgeschwächt wird, die die Nutzung des russischen SPFS-Systems zum Austausch elektronischer Nachrichten zu Finanztransaktionen weiter einschränken soll. (…)

    (SZ, 13.6.)

    Man kann daraus schließen, daß deutsche Firmen groß im Sanktions-Umgehungs-Geschäft beteiligt sind und Deutschland die Konsequenzen fürchtet.

  10. „Russland-Sanktionen:
    Was Dänemark gegen die Passage alter Öl-Tanker plant

    Dänemark prüft Möglichkeiten, die Durchfahrt alter Tanker mit russischem Öl durch die Ostsee zu beschränken. Sein Land habe eine Gruppe verbündeter Staaten gebildet, die Maßnahmen gegen diese »Schattenflotte« alternder Schiffe prüften, heißt es in einer E-Mail von Außenminister Lars Løkke Rasmussen an Reuters. (…)

    (Table-Europe, 18.6.)

    Von den saudischen Öltankern, die inzwischen in die andere Richtung fahren, um das Baltikum und Polen zu versorgen, weil die ja jede Pipeline nach Rußland geschlossen haben, ist hier nicht die Rede …

  11. „Gasversorgung aus Russland
    Zukunft der Gasversorgung: Europas Dilemma mit russischem Gas

    Ende 2024 läuft der Transitvertrag zwischen Gazprom und Naftogaz aus, was Europas Gasversorgung vor große Herausforderungen stellt. Während einige EU-Staaten weiterhin stark von russischem Gas abhängig sind, drängt die EU auf vollständige Unabhängigkeit. Alternativen wie aserbaidschanisches Gas und Solidaritätsabkommen stehen zur Debatte, doch die politischen Spannungen bleiben hoch.

    Mit dem bevorstehenden Auslaufen des Gastransitvertrags zwischen Gazprom und Naftogaz Ende 2024 steht Europa vor einer entscheidenden Frage: Wie kann die Energieversorgung Europas unabhängig von russischem Gas sichergestellt werden? Diese Problematik wirft erhebliche geopolitische und wirtschaftliche Herausforderungen auf. Naftogaz ist das nationale Energieunternehmen der Ukraine und spielt eine entscheidende Rolle im Gastransport von Russland nach Europa. Gegründet im Jahr 1998, ist Naftogaz für die Exploration, Produktion, Verarbeitung, Lagerung und den Transport von Erdgas und Öl zuständig. Das Unternehmen verwaltet auch das ukrainische Gastransportsystem, das eine zentrale Route für den Gasfluss von Russland nach Europa darstellt.

    Einige europäische Länder, wie Österreich und Ungarn, beziehen immer noch einen Großteil ihres Gases aus Russland. Laut dem österreichischen Umweltministerium importierte Österreich im Frühjahr 2023 über 80 Prozent seines Gases aus Russland. Trotz des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland hält diese Abhängigkeit an, was zu Spannungen innerhalb der EU führt.

    Transit-Verträge enden im Dezember 2024

    Der bestehende Vertrag zwischen Gazprom und Naftogaz, der den Gastransit durch die Ukraine regelt, endet am 31. Dezember 2024. Dies könnte theoretisch bedeuten, dass kein weiteres russisches Gas durch die Ukraine fließen wird – ein Szenario, das Länder wie die Slowakei, Ungarn, Tschechien und Österreich vor erhebliche Herausforderungen stellt. Sergiy Makogon, ehemaliger Vorstand des ukrainischen Gaspipelinebetreibers, erklärte, dass Gazprom bereits 2017 ankündigte, ab 2020 kein Gas mehr durch die Ukraine leiten zu wollen, da alternative Pipelines wie Nord Stream 2 und Turkstream geplant waren.

    >>> Österreichische Gerichte verweigern Eingriff in OMV-Zahlungen an Gazprom: Gefahr für die Gasversorgung?

    Die Europäische Union hat sich das Ziel gesetzt, die Abhängigkeit von russischem Gas bis 2027 auf null zu reduzieren. Othmar Karas, Erster Vizepräsident des Europaparlaments, betont die Notwendigkeit, aus den Abhängigkeiten zu lernen und alternative Energiequellen zu nutzen. Die EU-Kommission versichert, dass Europa den kommenden Winter ohne russisches Pipeline-Gas bewältigen und die Speicher für das Frühjahr 2025 füllen kann.

    Die aktuelle Lage offenbart tiefe Meinungsverschiedenheiten innerhalb Europas. Das Auslaufen der Transitverträge bietet eine Gelegenheit, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern. Im ersten Quartal dieses Jahres importierte die EU 18 Prozent ihres Gases aus Russland. Ohne die Gaslieferungen durch die Ukraine wären es lediglich 13 Prozent gewesen, wie Daten der Brüsseler Denkfabrik Bruegel zeigen. Diese Zahlen verdeutlichen, wie wichtig die Ukraine-Route für die europäische Gasversorgung weiterhin ist und welche strategische Bedeutung das Thema für die Zukunft hat.“

    Tricks um Gasfluss durch die Ukraine zu verschleiern?

    Trotz dieser offiziellen Positionen gibt es innerhalb der EU weiterhin Befürworter einer Fortsetzung der russischen Gastransporte durch die Ukraine. Es wird befürchtet, dass einige Länder an Tricks arbeiten, um die Transite nach 2024 zu verschleiern. Walter Boltz, Energieberater bei der Anwaltskanzlei Baker McKenzie, sieht dies kritisch und betont, dass eine solche Fortsetzung das europäische Sanktionsregime und die Bemühungen um Energieunabhängigkeit untergraben würde.

    Ein möglicher Ausweg könnte sein, dass ein Energieunternehmen aus der EU einen neuen Liefervertrag mit Gazprom abschließt und das Gas durch die Ukraine transportieren lässt. Das Unternehmen könnte das Gas von Gazprom an der russisch-ukrainischen Grenze kaufen, durch die Ukraine in die EU leiten lassen und dafür dem ukrainischen Gastransportnetzbetreiber GTSOU Transitgebühren überweisen.

    Diese Lösung würde jedoch die politischen Spannungen innerhalb der EU verschärfen und die Bemühungen um Unabhängigkeit untergraben. Experten wie Boltz sehen diese Optionen kritisch, da sie rechtliche und politische Risiken bergen. Die OMV, der österreichische Gaskonzern, könnte dabei eine Rolle spielen, hat sich aber bisher aus den Gesprächen zurückgezogen. Die OMV selbst wäre wahrscheinlich gar nicht so unglücklich, wenn Gazprom sie nicht mehr über die Ukraine beliefern könnte, weil die OMV so eine Chance hätte, ohne Rechtsrisiko selbst aus ihrem Vertrag mit Gazprom herauszukommen.

    Die OMV hat einen Vertrag mit Gazprom abgeschlossen, der zusätzliche Gaslieferungen bis 2040 vorsieht. Dieser Vertrag kann jedoch nur erfüllt werden, wenn die Gastransite durch die Ukraine weiterhin stattfinden. Das Unternehmen antwortete nicht direkt auf die Fragen, ob es Gespräche über die Zukunft der Gastransite führe oder in Erwägung ziehe, die Rolle von Naftogaz zu übernehmen. OMV verwies lediglich vage auf "die dafür zuständigen Stellen".

    Aserbaidschan als Alternative?

    Ein weiteres diskutiertes Szenario ist der Import von Gas aus Aserbaidschan über das Pipelinesystem TAP/TANAP, das an Russland und der Ukraine vorbei über die Türkei bis nach Italien führt. Jacopo Pepe von der Stiftung Wissenschaft und Politik erläutert, dass dieses Pipelinesystem derzeit voll ausgelastet ist und Aserbaidschan kurzfristig kein zusätzliches Gas liefern kann. Zudem müsste das Gas durch Russland fließen, was die gewünschte Unabhängigkeit nicht erreicht. Pepe betont, dass Gas aus Aserbaidschan faktisch Gas aus Russland ist, da Aserbaidschan selbst in Russland Gas einkauft, um seine Lieferverpflichtungen zu erfüllen.

    Dennoch gibt es offenbar Pläne, zusätzliches Gas aus Aserbaidschan nach Europa zu leiten – und zwar über die Ukraine. Dadurch müsste niemand einen Vertrag mit Gazprom abschließen. Ein Berater des aserbaidschanischen Präsidenten erklärte, dass die EU und Transitländer aufgrund der Transitmöglichkeiten durch die Ukraine an Aserbaidschan herangetreten seien.

    Die vermeintliche Lösung hat jedoch einen entscheidenden Nachteil: Wenn Österreich, Ungarn und die Slowakei zukünftig Gas aus Aserbaidschan über die Ukraine importieren würden, könnte dies politisch vielleicht besser verkauft werden, doch in Wahrheit wäre es eine Täuschung. Gas aus Aserbaidschan, das in die Ukraine gelangt, muss zunächst durch Russland fließen, da es keinen anderen Weg gibt. Laut Boltz verkauft Aserbaidschan bereits heute Gas an Russland. Russland hat seinerseits große Gasmengen übrig, seitdem kein Gas mehr über die Nord-Stream-Pipelines nach Europa transportiert wird.

    Laut Boltz würde sich nichts an den Gasflüssen ändern, wenn Europa nun formal Gas aus Aserbaidschan statt aus Russland beziehen würde, da dadurch keine zusätzlichen Mengen aus Aserbaidschan geliefert würden. Das Gas aus Aserbaidschan sei faktisch das gleiche Gas, das Russland bereits bisher von Aserbaidschan gekauft habe. Es sei auch gut denkbar, dass Aserbaidschan einen Großteil seiner Einnahmen aus den Gasexporten nach Europa an Russland weitergeben würde. EU-Vertreter Karas betont, dass es nicht darum gehe, nach Alternativen für Gastransporte durch die Ukraine zu suchen, sondern vielmehr darum, die bestehenden Verträge zu beenden. Jede Alternative, die Russland weiterhin involviere, stelle eine Schwächung der Europäischen Union dar.

    Solidaritätsabkommen greifen bei Gas-Mangel

    Das Ende des Jahres bleibt unklar hinsichtlich der Ukraine-Transite. Sollte tatsächlich kein Gas mehr aus Russland über diese Route kommen, müssten Österreich, Ungarn, die Slowakei und Tschechien alternative Versorgungswege finden. Daher ist auch die deutsche Bundesregierung in die Verhandlungen über zukünftige Regelungen involviert. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums erklärt, dass Deutschland an den Gesprächen teilnimmt, da eventuelle Solidaritätsabkommen greifen würden.

    In den letzten Jahren hat sich die deutsche Bundesregierung verpflichtet, in Situationen von Gasengpässen, unter anderem Österreich, zu helfen. Zudem verpflichtet der EU-Notfallplan Gas die Mitgliedstaaten, sich gegenseitig zu unterstützen. Die EU muss also sicherstellen, dass die mittel- und osteuropäischen Staaten langfristig auch ohne russisches Pipelinegas durch die Ukraine versorgt werden können.

    (Industrie-Magazin, 15.7.)

  12. „Ukraine kappt Zugang zu russischem Öl
    Ungarn droht die Energiekrise

    Die Ukraine dreht Ungarn den Zugang zu russischem Öl ab – zumindest in weiten Teilen. In Budapest befürchtet die Orbán-Regierung nun eine handfeste Energiekrise.

    Die Beziehungen zwischen Ungarn und der Ukraine sind auf einem Tiefpunkt. Kiew kritisiert die Regierung in Budapest schon lange für seinen russlandfreundlichen Kurs. Dann reiste Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán kürzlich auch noch zu Kremlchef Putin nach Moskau und zog damit erneut den Zorn der ukrainischen Regierung auf sich. Neue Sanktionen der Ukraine gegen Russland bergen nun weiteres Konfliktpotenzial.

    Bereits im Juni hatte die Ukraine den Transport von russischem Öl des Konzerns Lukoil über ihr Territorium endgültig verboten. Lukoil versorgt über den südlichen Teil der Druschba-Pipeline noch Ungarn und die Slowakei mit Öl. Andere Exporteure dürfen die Pipeline weiter nutzen. Trotz der von Kiew verhängten Sanktionen gegen Lukoil liefen die Transporte zunächst weiter, doch am vergangenen Donnerstag meldeten beide Länder dann, dass sie kein Lukoil-Öl mehr über die Pipeline erhielten.

    Besonders Ungarn setzt das unter Zugzwang. Laut dem US-Portal "Politico" erhält Ungarn 70 Prozent seiner Ölimporte aus Russland, die Hälfte davon stammt vom Konzern Lukoil. Nun ist diese wichtige Quelle versiegt. Ungarn droht dadurch eine handfeste Energiekrise. Es könnte zu Stromausfällen und Treibstoffknappheit kommen.

    "Könnte zu einer ernsten Situation führen"

    Die Ungarn-Expertin Ilona Gizińska vom Centre for Eastern Studies sagte "Politico" dazu: "Die ukrainischen Maßnahmen könnten zu einer ernsten Situation führen." Binnen weniger Wochen könnten die Energiepreise explodieren und Stromausfälle drohen – außer Ungarn finde eine Lösung.

    In Budapest arbeitet die Regierung wohl bereits unter Hochdruck daran. Außenminister Péter Szijjártó erklärte am Freitag in einer Pressekonferenz: "Es ist uns gelungen, die Situation mit vorübergehenden Lösungen zu stabilisieren, aber diese werden auch in naher Zukunft nicht ausreichen." Man habe versucht, mit den ukrainischen Behörden eine Lösung zu finden, doch trotz anfänglich gutem Willen der Ukrainer sei dieser nun verebbt. Jetzt drohen Szijjártó zufolge langfristige Folgen für Ungarns Energiesicherheit.

    In der Ukraine bringt man derweil wenig Verständnis für die ungarische Kritik auf. Inna Sowsun von der Oppositionspartei Holos sagte "Politico", dass die Ukraine die Dinge nun selbst in die Hand nehmen wolle: "Wir warten seit über zwei Jahren darauf, dass die EU und die G7 echte Sanktionen gegen russisches [Pipeline-]Öl einführen." Es sei "absurd", dass Russland erlaubt werde, Öl durch die Ukraine zu transportieren und mit dem so eingenommenen Geld seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland zu finanzieren.

    Slowakei wettert gegen Kiews Sanktionen

    Die EU hatte kurz nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine Sanktionen gegen den Import von russischem Öl über den Seeweg verhängt. Damit wollte Brüssel den Ländern in Ost- und Zentraleuropa ein Zeitfenster einräumen, um sich um andere Lieferquellen zu kümmern. Doch vor allem Ungarn und die Slowakei haben an den Pipeline-Geschäften mit Russland festgehalten.

    Auch die slowakische Regierung reagiert ungehalten auf den ukrainischen Alleingang. Premierminister Robert Fico erklärte am Samstag, dass sich sein Land nicht zur "Geisel der ukrainisch-russischen Beziehungen" machen werde. "Die Aufnahme von Lukoil in die Sanktionsliste ist nur ein weiteres Beispiel für sinnlose Sanktionen, die nicht der Russischen Föderation, sondern vor allem einem (EU-)Mitgliedstaat schaden, was inakzeptabel ist", hieß es aus Ficos Büro. Der Premierminister gilt seit Langem als scharfer Kritiker der Russland-Sanktionen.

    Laut Regierungsangaben erhält die größte slowakische Raffiniere Slovnaft nun 40 Prozent weniger Öl, als sie eigentlich benötigt. Slovnaft gehört dem ungarischen Mineralölkonzern MOL. Das könnte demzufolge einerseits die slowakischen Märkte beeinträchtigen, andererseits aber auch dazu führen, dass die Slowakei Dieselexporte an die Ukraine einstellt. Eine unverhohlene Drohung an Kiew.

    "Wir haben wirklich alle diplomatischen Lösungen ausprobiert"

    Doch auch die Ukraine hat wohl über die Verhinderung russischer Öleinnahmen hinaus weitere Motive für die Lukoil-Sanktionen. Die Abgeordnete Sowsun sagte "Politico", dass Kiew versuche, Ungarn dazu zu bewegen, seine Opposition gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aufzugeben. "Wir haben wirklich alle diplomatischen Lösungen ausprobiert, und sie haben nie funktioniert", sagte sie. "Es scheint also, dass wir andere Wege finden müssen, um mit ihnen zu reden."

    Die ungarisch-ukrainischen Beziehungen hatten sich zuletzt zugespitzt, weil Ungarns Ministerpräsident Orbán Anfang Juli nach Moskau reiste, um sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu treffen. Orbán deklarierte die Reise als "Friedensmission". Wenige Tage später besuchte er zudem Chinas Staatschef Xi Jinping in Peking und den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in den Vereinigten Staaten. Die erste Station seiner "Friedensmission" – also noch vor dem Moskau-Besuch – war jedoch Kiew. Die Reisen erfolgten ohne Abstimmung mit der EU oder der ukrainischen Regierung.

    Selenskyj über Orbán: "Warum sollten wir so eine Person beachten?"

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte die Alleingänge Orbáns scharf. "Wenn jemand Reisen in die Hauptstadt des Kriegs machen will, um zu reden und vielleicht irgendwas auf Kosten der Ukraine zu versprechen, warum sollten wir so eine Person beachten?", sagte Selenskyj beim Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft am Donnerstag bei Oxford. Moskau sei immer interessiert, die Geschlossenheit des Westens durch individuelle Angebote oder auch Erpressung zu brechen, sagte er.

    Moskau bezichtigte die Ukraine einer "politischen Entscheidung". Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, die Situation sei "kritisch" für Länder, die weiterhin russisches Öl beziehen. Laut dem ungarischen Außenminister Szijjártó arbeite Ungarn jedoch bereits mit Russland an einer "Lösung".

    Noch im vergangenen Jahr hat Russland laut Berechnungen der Kyiv School of Economics rund 180 Milliarden Dollar durch seine Ölgeschäfte eingenommen. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, die sich auf Quellen in der Industrie bezieht, wurden zuletzt monatlich rund 1,1 Millionen Tonnen Öl durch die Druschba-Pipeline transportiert, wovon insgesamt gut 900.000 Tonnen an die Slowakei und Ungarn gingen. Die Pipeline versorgt zudem auch Tschechien.“

    (t-online, 21.7.)

    Das kann ja heiter werden. Die Ukraine dreht nach Absprache mit Brüssel störrischen Mitgliedern den Hahn zu.

  13. Von Ungarn kommen jedenfalls keine versöhnlichen Töne:

    „Erinnern wir uns daran, dass Josep Borrell als Vergeltung für Orbans Reisen entlang der Route Kiew – Moskau – Baku“

    – daß Orbán auch in Aserbaidschan war, ist bei der Entrüstung über andere Reiseziele von ihm untergangen –

    „– Peking – Washington – Trumps Anwesen – sogar beschloss, bei einem Treffen der Außenminister der EU-Mitgliedstaaten einen diplomatischen Boykott Ungarns zu organisieren.
    Er versprach dass zum informellen Gipfel der Leiter dieser Ressorts, der Ende August geplant ist, nur Abgeordnete nach Budapest kommen werden, weil Borrell genau zu diesen Terminen die Minister zu seinem Treffen einberufen wird.

    »Ich habe in den letzten Tagen weder einen Brief dieses Inhalts noch irgendeinen Brief vom Herrn Hohen Vertreter erhalten.
    Wenn er einen solchen Brief schicken würde, würde ich ihm wahrscheinlich als Antwort eine Sandschaufel schicken, denn das ist das intellektuelle Niveau eines Kindergartens: Ich rufe jetzt meine Freunde, wenn du nicht anrufst.« – So antwortete der ungarische Außenminister Peter Szijjártó auf Fragen zu einer solchen Aussage von Borrell auf einer Pressekonferenz und nahm damit den derzeitigen diplomatischen »Chefs« der EU-Diplomatie auf die Schaufel.

    »Glücklicherweise geht Josep Borrell bald, und das könnte neue Hoffnung geben, dass der Gewichtsverlust in der EU-Außenpolitik aufhört.
    Obwohl ich sagen muss, dass ich während meiner zehn Jahre als Außenministerin die Gelegenheit hatte, mit drei hohen Vertretern der EU in der Außenpolitik zusammenzuarbeiten, und jedes Mal, wenn die Amtszeit des nächsten ablief, war ich mir sicher, dass es nicht weitergehen konnte schlimmer, aber ich habe mich immer geirrt.«

    Danach wies Szijjártó insbesondere darauf hin, dass die Wettbewerbsfähigkeit der EU »dramatisch abnimmt« und das Gewicht der europäischen Außenpolitik »noch nie so schwach war wie jetzt«, weshalb Borrell »eher beklagenswert als beleidigend« sei.“

    (KP, 20.7.)

    Wenn Ungarn über die Druschba-Pipeline kein Öl mehr erhält, so bleibt nur die Pipeline durch die Türkei, aber auch da muß sich Ungarn mit Rumänien einigen, oder mit Bulgarien. Sollte die Janaf-Pipeline benutzt werden, so muß Kroatien als Transitland fungieren, und es ist anzunehmen, daß aus Berlin und Brüssel auf alle diese Staaten Druck ausgeübt werden wird.
    So oder so, die Energiepreise in Ungarn werden in die Höhe schießen.

    Interessant wird auch, wie die ebenfalls an der Druschba-Pipeline hängenden Staaten Slowakei und Tschechien reagieren werden.

  14. Der ganze Alarm ist insofern abgeblasen, als sich die Sperre der ukrainischen Pipeline nur auf die Lukoil-Lieferungen bezogen hat, die inzwischen völlig durch die Lieferungen anderer – russischer – Ölfirmen ersetzt wurden – sowohl nach Ungarn als auch in die Slowakei.

    Der Außenminister Szijjártó bemerkte allerdings, das sei keine Dauerlösung. Man müsse die Angelegenheit diplomatisch oder sonstwie bereinigen.

    (Portfolio, 22.7.)

    Es mag sein, daß Orbán deshalb auch in Aserbaidschan war. Aber auch aserisches Öl müßte durch russische und ukrainische Leitungen fließen.

  15. „Die Slowakei drohte Kiew mit Vergeltungsmaßnahmen aufgrund des Verbots des Öltransits aus der Russischen Föderation

    Peter Pellegrini sagte, dass Kiews Verbot des Öltransits aus der RF der Slowakei schade

    Bratislava kann Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, wenn Kiew die Situation mit dem Verbot des Öltransits aus Russland durch sein Hoheitsgebiet nicht bald klärt. Aufgrund der neuen Sachlage wurde die Lieferung von Treibstoff gleichzeitig in zwei Nachbarländer unterbrochen, so der slowakische Präsident Peter Pellegrini.

    Er betonte, dass das Land unter dem zweifelhaften Verbot der Ukraine ernsthaft gelitten habe. Deshalb können solche Handlungen nicht nur als schwerwiegend, sondern auch als feindselig bezeichnet werden. Darüber hinaus zerstören sie die »guten Beziehungen« zwischen den beiden Staaten. (…)

    »Ich bin fest davon überzeugt, dass die Ukraine dies schnellstmöglich in Ordnung bringen kann, da die Slowakei als souveräner Staat irgendwann Gegenmaßnahmen ergreifen muss. Dies würde weder der Ukraine noch ihren Bürgern nützen«, sagte Pellegrini auf einer Pressekonferenz.“

    Er erinnert die Ukraine damit daran, daß sie einen Teil ihres Treibstoff-Volumens aus der Slowakei bezieht, da sie ihre Verträge mit den russischen Ölfirmen aufgekündigt hat, aber das russische Öl nach wie vor braucht.
    Deswegen wird es erst in die Slowakei gepumpt und dann zu gegebenen Zeitpunkten wieder ein Teil rückgepumpt, wodurch das Öl zwar russisch, der Vertragspartner aber die Slowakei ist.

    „Gleichzeitig betonte der ungarische Außenminister Peter Szijjártó, dass das Vorgehen Kiews auch Budapest schadete. Darüber hinaus verstößt das eingeführte Verbot gegen die Vereinbarungen der Ukraine mit der EU.“

    (KP, 24.7.)

    Die Ukraine wurde ja gerade von der EU als Transitland gewünscht, was auch zu bösen Tönen gegen die Nordstream-Pipelines führte. Damit sollte die Wichtigkeit von und die Unterstützung der Ukraine betont werden.
    Dazu noch diese komische Vereinbarung des Rückkaufs von Transittreibstoff …

    All das ist zu bedenken, wenn die Ukraine droht, den Hahn abzudrehen.

  16. „OMV-Chef Stern: "Nicht länger abhängig von den Lieferungen durch Gazprom"

    Die OMV plant, sich aus dem Gas-Liefervertrag mit Gazprom zu lösen und setzt dabei auf die genaue Vertragseinhaltung. Durch die Diversifizierung der Gasquellen und Transportwege hat sich die OMV erfolgreich von der Abhängigkeit russischen Gases befreit, so CEO Alfred Stern.

    Um sich aus dem Gas-Liefervertrag mit Russland zu lösen, betont die OMV die exakte Einhaltung des Vertrags durch den russischen Gazprom-Konzern. "Lieferort ist die slowakisch-österreichische Grenze", erklärte OMV-Chef Stern. Sollte die Ukraine den Gas-Transitvertrag mit Russland nicht verlängern, könnte Gazprom den Vertrag ab Jahresende nicht erfüllen. Stern erklärte zur APA, dass die OMV nicht mehr auf russisches Gas angewiesen sei. (…)

    Mehrere Verfahren vor Schiedsgerichten

    Die Kommunikation zwischen der OMV und Gazprom erfolgt derzeit vorwiegend über Anwälte, mehrere Verfahren laufen vor Schiedsgerichten. "Wir haben seit Anfang 2023, seit über eineinhalb Jahren, eine dezidierte Rechtsstrategie, die dazu dient, die Rechte der OMV zu wahren", so Stern. In der zweiten Jahreshälfte werde man mehr dazu sagen können. "Man wird sicher nicht alle Schiedsurteile durchsetzen können, aber es wird durchaus die Möglichkeit geben, verschiedene Teile davon umzusetzen", meint der OMV-Chef. "Wichtig ist, dass man sich zumindest die Rechtstitel sichert und dass man nicht im rechtsfreien Raum Entscheidungen trifft." Die OMV verhalte sich stets rechtskonform und halte die Sanktionsbestimmungen ein – Pipeline-Gas sei nach wie vor nicht von Sanktionen umfasst.“

    Auch LNG-Gas nicht …
    Der Ausweg liegt angeblich in Rumänien:

    „Beim Gasprojekt Neptun Deep im rumänischen Schwarzen Meer befindet man sich in der Umsetzung. »Wir haben mittlerweile 90 Prozent der Umsetzungsverträge vergeben.« Man gehe weiterhin davon aus, 2025 mit den Bohrungen zu beginnen und Anfang 2027 in Betrieb zu gehen. »Das ist Europas größtes Offshore-Projekt und wird Rumänien zum größten Gasproduzenten in der EU machen und zur Energieunabhängigkeit der EU beitragen.« Die Produktion dort werde sehr geringe CO2-Emissionen haben und viel umweltverträglicher als LNG sein. Im Juni übernahm die OMV auch von Total Energies alle Anteile am Öl- und Gasfeld Khan Asparuh im bulgarischen Schwarzen Meer. »Wir werden uns dort, wie es in der Öl- und Gasindustrie üblich ist, einen starken Partner suchen.«“

    (Industrie-Magazin, 31.7.)

  17. „RUSSLAND VERKAUFTE MEHR GAS NACH EUROPA ALS DIE USA

    Die deutsche Zeitung »Die Welt« veröffentlichte Material über das Wachstum der russischen Gasexporte nach Europa. Die Lieferungen aus der Russischen Föderation belegten mengenmäßig erstmals nach 2022 den ersten Platz – damals war unser Land nach Norwegen der zweitgrößte Anbieter auf dem LNG-Markt. Nun importierte die EU im zweiten Quartal 2024 zum ersten Mal seit fast zwei Jahren mehr Gas aus Russland als aus den USA. Die USA schickten 12,27 Milliarden m³ Treibstoff nach Europa – und Russland etwa 12,73 Milliarden m³. Und das ohne Nord Streams.

    Der deutsche Außenpolitikexperte Norbert Röttgen nannte es »skandalös«, dass »die EU zulässt, dass Russland erneut zu einem wichtigen Gasexporteur in Europa wird«, da dies »im Widerspruch zu den Milliarden steht, die zur Unterstützung der Ukraine bereitgestellt werden.“

    (KP, 3.9.)

    Das mit dem Widerspruch stimmt zwar, aber anders herum: Die Unterstützung der Ukraine will ja bezahlt werden. Dafür braucht es eine Wirtschaft, die halbwegs flutscht und diese Unterstützung finanziert, und für eine solche Wirtschaft braucht es – Energie.

  18. Weitere Schüsse ins Knie bzw. die Verarschung der Öffentlichkeit:

    „Russisches Gas fließt weiter nach Österreich, aber nicht an die OMV: Was heißt das für die Preise?

    E-Control meldet reduzierte Flüsse, die am Knotenpunkt Baumgarten ankommen. Gas dürfte nun über andere Händler in Zentraleuropa und Österreich verteilt werden

    Die Meldungen am Freitagabend haben sich überschlagen: Die OMV gab bekannt, von dem russischen Lieferanten Gazprom darüber informiert worden zu sein, dass man ab Samstagmorgen kein Gas mehr erhalten würde. Doch was genau wäre die Folge? Prompt setzten die Spekulationen darüber ein. Denn aus der Ukraine meldete die Naftogaz, die neben der Versorgung des Landes auch den Gastransit abwickelt, dass die Gazprom für Samstag die Durchleitung derselben Gasmengen Richtung Westen angekündigt hat wie am Tag davor.

    Und tatsächlich: Am Samstagmorgen meldete die staatliche Marktaufsichtsbehörde in Österreich, E-Control, dass am Knotenpunkt Baumgarten in Niederösterreich weiterhin russisches Gas ankomme, auch wenn der Fluss laut E-Control-Experten Leo Lehr »etwas reduziert erscheine«, konkret sind die Flüsse nach Österreich um 17 Prozent reduziert.

    Damit erfüllt sich ein Szenario, das von Experten immer wieder diskutiert wurde: Es gibt in Österreich kein Importverbot für russisches Gas, auch gibt es keine EU-Sanktionen, wonach die Gazprom von den europäischen Gasmärkten ausgeschlossen wäre. Sprich: Russland kann Gas weiter in Europa verkaufen, eben über andere Abnehmer als die OMV. Laut Leo Lehr verbleibt etwas mehr Gas in der Slowakei. Am wahrscheinlichsten sei es, dass das Gas aus Russland nun direkt an der Börse gehandelt werde, dem Central European Gas Hub. Das würde auch erklären, dass die Gaspreise am Freitag als Reaktion auf den angekündigten Lieferstopp an die OMV zunächst angezogen haben, dann aber auf das Ausgangsniveau zurückgefallen sind. "Es handelt sich um eine wirtschaftliche Änderung, keine physische", so Leo Lehr zu den Vorgängen.

    Eine Folge der Entwicklung wäre, dass Österreich weiter Gas aus Russland bekommen würde, wenn auch über Umwege. Die Schecks dafür würden weiter in Russland landen.

    Spannend zu sehen sein wird, was diese Änderung mit den Preisen macht. Die große Frage war immer, ob das russische Gas, das die OMV bekommt, wirklich billiger ist – wie das Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die OMV-Führung in der Vergangenheit immer wieder betont haben, und billig für wen? Eine Analyse des Ökonomen Sebastian Koch vom IHS aus dem Frühjahr hat gezeigt, dass sich seit Kriegsbeginn in der Ukraine die Gaspreise für Haushalte nirgendwo in der EU so stark verteuert haben wie in Österreich. Österreich war sogar insoweit ein Einzelfall, als die hohen Preise auf dem hohen Niveau verblieben sind. Nach billigem russischen Gas klingt das nicht. Der OMV-Vertrag ist zwar nicht einsehbar. Aber eine Vermutung lautet: Der darin vereinbarte Abnahmepreis dürfte sich recht nah am Marktpreis fürs Gas bewegen. Als die Marktpreise 2022 anzogen, weil Russland seine Lieferungen an Deutschland oder Polen einstellte und Angst vor Knappheit einsetzte, zahlte das auch Österreich voll mit.

    Russisches Gas ist wohl nicht wirklich billig

    Dafür, dass Gas aus Russland nicht billig ist, gibt es noch andere Hinweise. Der Neos-Lab, der Thinktank der Oppositionspartei, hat immer wieder Außenhandelsdaten der Statistik Austria ausgewertet. Unternehmen müssen einmelden, zu welchem Preis sie wie viel Gas kaufen. Statistiker sagen, diese Daten seien verlässlich. Laut Zahlen des Labs kostet russisches Gas etwa so viel wie Gas, das über Deutschland oder Italien nach Österreich kommt. Die Überweisungen nach Russland sind 2022 mit dem Anstieg der Energiepreise explodiert. »Das mit dem billigen russischen Gas ist eine Mär«, sagte Energieexperte Walter Boltz deshalb einst.

    Kurzum: Gut möglich, dass es für den Preis nur einen sehr kleinen Unterschied macht, wer russisches Gas weiterverkauft in Österreich, sofern es weiter kommt. Bei der E-Control teilt man diese Einschätzung.

    Eine andere Frage ist, was geschieht, wenn kein Gas aus Russland in Zentraleuropa landet. Dann würde es komplizierter werden.

    Die EU hat ihre Gasversorgung bereits diversifiziert. Laut einer Auswertung des Brüsseler Thinktanks Breugel, kommt gerade noch fünf Prozent des in die EU importierten Gases via Ukraine aus Russland nach Österreich, in die Slowakei und nach Ungarn. Die EU hat ihre Importe von russischem Gas seit Kriegsbeginn in der Ukraine um 70 Prozent reduziert. Das russische Gas wurde durch Importe aus Norwegen, den USA und dem Vereinigten Königreich ersetzt. Der Hebel Moskaus ist also klein geworden. Weiter wichtig sind Einfuhren für Österreich, die Slowakei und Ungarn. Zwischen 80 und 90 Prozent der importierten Mengen in Österreich kamen zuletzt aus Russland.

    Laut Berechnungen der E-Control und der Energieagentur, die fürs Klimaministerium zuarbeitet, kann Österreich einen Lieferstopp angesichts gut gefüllter Gasspeicher verkraften. Das ergab eine Analyse aus dem Juni, wonach zusätzliche Importmengen aus Italien und Deutschland ausreichen sollen, um den Lieferausfall zu kompensieren. Zu einem Preisanstieg würde das allerdings führen, so die Erwartung damals. (…)“

    (Standard, 16.11.)

    Fassen wir das bisherige zusammen: Gas aus Rußland kommt weiterhin, aber nicht an die ÖMV. Andere Händler können ein Gschaftl machen, indem sie mehr aufkaufen und das dann mit Aufschlag an die ÖMV weiterverkaufen.
    Die Preisunterschiede werden mit ziemlicher Sicherheit aus dem Budget subventioniert.
    Damit das aber nicht so auffällt, werden Geschichten über Gaspreise in die Welt gesetzt, deren Wahrheitsgehalt schwer zu überprüfen ist, da ja aufgrund der Energie-Börse der EU eine größtmögliche Intransparenz bei den Preisen geschaffen wurde.

    Die österreichische Regierung kann jedenfalls gegenüber ihren Kritikern sagen: Wir haben eh die Verträge mit Gazpromgekündigt, was wollt ihr?!
    Das Ganze ist sicher auch mit der Gazprom abgesprochen.

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