Der europäische Banksektor in der Pandemiestarre – Teil 1

„WENN DIE FLUT ZURÜCKGEHT, WERDEN DIE LEICHEN AM STRAND SICHTBAR“
sagte jemand aus der Finanzwelt im Jahr 2008 anläßlich des Platzens des Madoff-Pyramidenspiels.

Er meinte damit, daß in Zeiten der Krise eben alle diejenigen Machinationen ans Tageslicht kommen, die in der Euphorie der Konjunktur und des Glaubens an die Unendlichkeit des Kredites unbemerkt geblieben waren.

Man kann zwar nicht sagen, daß vor der Coronakrise eine ähnliche Euphorie herrschte. Eher ging es darum, mit staatlichen Hilfen und medialer Schönwetter-Berichterstattung den Umstand zu verschleiern, daß die ganze Finanzwelt gründlich angeschlagen war. Aber so plätscherte es dahin, man begrüßte vermeintliche oder minimale Aufschwünge und wartete auf den Tag X, wo alles wieder ins Lot kommen würde.
Bankenprobleme und schlechte Nachrichten wurden kleingeredet, zu nationalen Besonderheiten erklärt und hinter verschlossenen Türen irgendwie geregelt, meistens mit Hilfe von Interventionen der EZB.
Die Coronakrise mit ihren Lockdowns und Umsatzrückgängen hat diesem Treiben ein jähes Ende gesetzt, und jetzt geht eine Art notwendige Neubestimmung der Rolle des Finanzsektors einher.

So sind eben jetzt wieder diverse Banken aus verschiedenen Gründen im Gerede.

ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND

1. Commerzialbank Mattersburg
In Österreich ist gerade einmal eine kleine Provinzbank gekracht. Es stellt sich heraus, daß diese Commerzialbank Mattersburg seit Jahrzehnten die Bilanzen gefälscht hatte, der Chef keinen Computer anrührte, die meisten Unterlagen nur auf Papier existierten und die Bankenaufsicht nie etwas gemerkt haben will.
Der Direktor und seine engste Vertraute betrieben eine Art Pyramidenspiel, mit dem die Wirtschaft im Einzugsbereich dieser Bank am Laufen gehalten wurde: Sparer und auch Gemeinden, die ihr Geld dort veranlagten, erhielten 4–4,5% Zinsen.

Schon daran, meinen viele Leute aus dem Banksektor, hätte man merken können, daß etwas nicht stimmt, weil diese Zinserlöse sind auf dem Finanzmarkt heute nicht mehr zu erwirtschaften.

Um das Pyramidenspiel aufrechtzuerhalten, spiegelte die CBM Kreditgeschäfte vor, deren Kreditnehmer aus dem Telefonbuch zusammengesucht wurden, vornehmlich Ärzte, weil die eine hohe Bonität besitzen, und besicherte diese Kredite mit fiktiven Immobilien, die nicht ins Grundbuch eingetragen wurden.
Außerdem unterhielt sie fiktive Konten bei anderen Banken, die mit Briefen mit gefälschten Briefköpfen bestätigt wurden. Die Stempel für diese Briefköpfe lagerten im Tresor, die Briefe wurden von Kurieren in verschiedenen Teilen Österreichs aufgegeben, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen.
Um immer genügend Bargeld zur Verfügung zu haben, wurden große Summen in Schuhschachteln im Tresor gelagert.

„Rund 13.500 Privatkunden und 720 Betriebe sind betroffen. Der Technologiekonzern Frequentis wird 31 Millionen Euro verlieren, der Veranstalter Barracuda-Events 34, der Wohnbaukonzern Gesiba 17,5, Tausende ihr Erspartes – die Einlagensicherung reicht bis 100.000 Euro. Laut Chef der Einlagensicherung werden 450 Millionen Euro an Ex-CBM-Kunden ausbezahlt werden.“ (Kurier, 4.8. 2020)

Bisher ist nur von österreichischen Geschädigten die Rede. Der österreichische Banksektor ist auf jeden Fall stärker betroffen, als die bisherigen Berichte vermelden, da die CBM auch Kredite bei anderen Geldinstituten aufgenommen hat.

Vor allem der Finanzplatz Österreich kommt hier in ein schiefes Licht. Während der österreichische Staat im letzten Jahrzehnt mehrmals Anleihen mit 100 Jahren Laufzeit plaziert hat, was auf das gute Kredit-Rating Österreichs zurückzuführen ist, machen die Bankenaufsicht und die Nationalbank keine gute Figur.
Es entsteht der Eindruck, daß sie diesen Betrug gedeckt haben, um nicht durch das Auffliegen desselben einen Domino-Effekt auszulösen, weil andere Banken möglicherweise ähnlich beinander sind.
Dazu kommen die Strapazierung der Einlagensicherung und Klagen der Geschädigten, wie Großkunden und Gemeinden, deren Ansprüche vermutlich in der Zukunft aus der Staatskasse befriedigt werden müssen.

Verstärkt wird das Unbehagen über die CBM durch den fast zeitgleichen Crash von Wirecard, Zahlungsdienstleister mit österreichischen personellen Wurzeln.

2. Wirecard

Der Skandal um Wirecard hat weitaus größere Dimensionen.

Erstens war Wirecard an der deutschen Börse notiert.

Zweitens erfreute sich diese Firma offensichtlich des Wohlwollens der deutschen Regierung und Finanzwelt, und hatte unter anderem vor, die Deutsche Bank zu übernehmen. Das wäre vielen Akteuren aus dem Finanzsektor recht gewesen, weil dieses größte deutsche Geldinstitut seit über einem Jahrzehnt ein Milliardengrab ist, in das die EZB und die deutsche Staatskasse regelmäßig enorme Summen zuschießen müssen, um einen Crash zu verhindern.

Drittens hat Wirecard Ähnliches getrieben wie die CBM, aber in weitaus größeren internationalen Dimensionen, also fingierte Kredite vergeben und fingierte Konten angelegt, und außerdem Kredite bei anderen Banken aufgenommen, in der EU und weltweit.

Das Kerngeschäft von Wirecard war der internationale Zahlungsverkehr.

Der ist traditionell in der Hand von Kreditkartenfirmen und Banken. Er ist mit erheblichen Kosten belastet, weil wenn jemand per Mausklick etwas kauft oder mit der Kreditkarte eine Hotelrechnung bezahlt, sitzen in verschiedenen Büros und auch zu Hause Computerexperten, die diese Transaktion verschlüsseln und dadurch sicher machen.
Diese Leute muß man auch gut zahlen, damit sie bei der Stange bleiben und nicht womöglich mitsamt ihrem Know-How ins Lager der Hacker überwechseln.

Diese Verschlüsselung braucht auch immer stärkere und potentere Server, weil überall auf der Welt sitzen Hacker, die versuchen, in diese Transaktionen einzudringen. Die Konkurrenz um die Sicherheit der Übertragungsdaten wird also über das dabei investierte Kapital ausgetragen: Die Zahlungs-Dienstleister verfügen über mehr Experten und größere Server-Parks als die Hacker, und liefern sich mit ihnen tagtäglich eine Schlacht um die Datenverschlüsselung.

Wenn es dennoch einmal einem Hacker gelingt, Daten zu entschlüsseln und von den Konten der User Geld abzuziehen, so müssen die Kreditkartenfirmen bzw. Paypal, Amazon oder die Hausbank die Kosten tragen, also den Usern das Geld zurückerstatten – sonst würde niemand mehr ihre Services in Anspruch nehmen bzw. die Bank klagen und zu einer anderen Bank wechseln.
Das heißt, daß jede Sicherheitslücke die Zahlungsverkehrs-Dienstleister Geld kostet. Sie können also bei der Sicherheit nichts einsparen, weil das würde sofort ungeheure Kosten verursachen.
Für diese Dienstleistung halten sich die Banken bei ihren Kunden mit Kontogebühren schadlos. Bei Amazon, Zalando und anderen trägt die Firma selbst die Kosten und schlägt sie auf den Verkaufspreis der Waren drauf (bzw. zieht sie davon ab).
Bei Geschäften, d.h. Verkaufslokalen, Reisebüros, Restaurants, Hotels, Apartments etc. trägt ebenfalls der Anbieter die Kosten, die in Form von Gebühren an die Kreditkartenfirmen oder booking.com, AirBnB usw. als Vermittler abgeführt werden müssen. Diese oftmals eher klein strukturierten Betriebe, Familienbetriebe usw. stöhnen unter diesen Kosten, die sie aus Gründen der Konkurrenz nicht einfach 1:1 an die Kunden weitergeben können.
Hier setzte Wirecard an. Es versprach allen Kunden geringere Gebühren und versuchte damit die angestammten Zahlungsverkehrs-Anbieter zu verdrängen.

Nach dem oben Erläuterten hatte Wirecard die in der kapitalistischen Konkurrenz übliche Vorgangsweise – Drücken der Kosten und darüber Erhöhung des Gewinnes – nicht zur Verfügung. Jegliches Sparen bei der Sicherheit hätte erstens Kosten für Sicherheitslücken verursacht und zweitens ihren Versuch, auf diesem Markt Fuß zu fassen, vereitelt.
Wirecard mußte also von Anfang an große Investitionen in Internet-Präsenz und Sicherheit tätigen, um in diesem Markt Fuß zu fassen, praktisch ohne Einnahmen zu haben. Dieses Geld holten sie sich von Investoren, die stets auf der Lauer liegen nach vielversprechenden Start-Ups, mit denen man auf einem ziemlich stagnierenden Markt doch noch Gewinne lukrieren könnte.

Der Weg zum Börsengang war holprig, durch Insolvenzen, Namensänderungen, Fusionen und andere Bruchstellen gezeichnet. Genaugenommen war Wirecard unter diesem Namen erst seit 2018 im DAX notiert. Vorher dümpelte sie unter anderem Namen in einer Art Vorfeld-Segment der Deutschen Börse herum. Die Aufnahme von Wirecard als DAX-Unternehmen war auch dem Interesse der Deutschen Börse geschuldet, als Zeichen einer Erholung des Finanzmarktes mehr Unternehmen zu listen. Da wurde nicht so genau nachgeschaut, Hauptsache, es geht voran.
Die Berechnung der Wirecard-Gründer sah offenbar so aus: Erst einmal fest investieren und sich nachher durch niedrige Gebühren einen Platz im Zahlungsverkehrs-Markt zu verschaffen. Zunächst nahm es also Verluste in Kauf, mit der Hoffnung, schließlich über die Masse der Umsätze bei dennoch niedrigeren Gebühren einen Profit zu verschaffen. Und schließlich, wenn man zum Platzhirschen geworden wäre, die Gebühren wieder zu erhöhen.
Im Grund war diese Berechnung ein Unsinn. Weil die Banken geben ihren Sicherheitsapparat nicht auf, dieser Markt war von Anfang an geschlossen. Amazon und Ebay mit Paypal gaben ebenfalls aus Gründen ihres Geschäftsmodells ihren Zahlungsverkehr nicht aus der Hand, ebensowenig Alibaba. Vermutlich gelang es auch nicht, andere, kleinere Internet-Handelsunternehmen für Wirecard zu gewinnen.

Wirecard arbeitete als „Unterstützer“ für die großen Kreditkartenfirmen, Paypal usw., übernahm also Zahlungen über diese Kreditkarten und Zahlungssysteme zu geringeren Gebühren. Auch hier muß es mit Verlust gearbeitet haben, anders ist es nicht möglich, diese Firmen zu unterbieten.
Es blieben weiters die kleinen Betreiber auf dem Boden, also vor Ort: Der Einzelhandel, die Reisebranche, Tourismusbetriebe, die Dienstleister aller Art.
In diesem Segment versuchte Wirecard zu expandieren, mit mäßigem Erfolg.

Die Schulden und die von Jahr zu Jahr wachsenden Verluste versuchte es mit Krediten und, ähnlich wie die CBM, fingierten Kreditgeschäften und Konten zuzuspachteln. Dafür suchte es sich, aufgrund der Ferne zur europäischen Banken- und Börsenaufsicht, Singapur und Hongkong aus. Dort sind aus Gründen der internationalen Finanzkrise seit 2008 ff. die Bestimmungen auch eher lax: Hauptsache, es tut sich was! Wodurch sich diese beiden Destinationen geradezu anbieten für betrügerische Transaktionen europäischer Banken.

Es war ein Bericht der Financial Times im Februar 2019, der den Untergang von Wirecard einleitete. Man darf das Organ der City of London getrost als ein Vehikel der Konkurrenz betrachten, das die gegnerischen Leichen im Keller zur Kenntnis der Behörden bringt. Es war möglicherweise ein Vorstoß, im Zusammenhang mit dem Brexit die kontinentale Deutsche Börse und überhaupt den Finanzplatz Deutschland ein bißl anzupatzen – da wurde auch vorsichtig ein Unternehmen ausgesucht, das am britischen Finanzmarkt nicht so sehr präsent war.
Das Interessante an Wirecard ist, wie sich dieses – zu keinem Augenblick wirklich seriöse – Unternehmen über diverse Manipulationen und Verfahren, wo sie andere Personen wegen übler Nachrede und Kursmanipulation klagte und immer recht bekam, so lange an der Börse halten konnte.

Die politische Rückendeckung ist hier, ebenso wie bei der österreichischen Bank, offensichtlich. Die Idee, ein wichtiges Unternehmen aus dem Bereich des Welthandels und der IT-Branche bei sich zu beheimaten, war hier bestimmend, es sollte mit allen Mitteln gehalten und gefördert werden.

Auch hier, bei Wirecard, läßt dieser Fall Rückschlüsse auf den Zustand anderer Unternehmen aus der Finanzbranche und die Bedeutung fernöstlicher Handelsplätze für europäische Unternehmen zu. Die unterliegen nämlich nicht oder nur bedingt der EU-Finanzaufsicht und dort kann man viel verstecken bzw. vorspiegeln.

Fortsetzung: Cum-Ex-Geschäfte

6 Gedanken zu “Der europäische Banksektor in der Pandemiestarre – Teil 1

  1. Die Nachfolger stehen schon in den Startlöchern und wollen alles besser machen.
    Vor allem aber spüren sie den Rückenwind der Politik, der unbedingt dieses Zwischen-Geschäft auf europäischen Boden holen will:
    Wirecard-Töchter sind heiß begehrt
    Das Interesse an einigen Tochterfirmen ist groß, auch an der österreichischen. Investoren haben das Geschäft mit Zahlungsabwicklung entdeckt
    https://www.derstandard.at/story/2000119898570/wirecard-toechter-sind-heiss-begehrt

  2. Als weitere Bank-Neuigkeiten gibt es Nachrichten über die Deutsche Bank:
    “Zweifelhafte Gelder flossen nach Deutschland
    Stand: 21.09.2020 19:08 Uhr
    Interne Dokumente zeigen, dass im Rahmen der Spiegelgeschäfte der Deutschen Bank, den sogenannten Mirror Trades, auch zweifelhaftes Geld nach Deutschland floss. Die Aufsichtsbehörden hier blieben erstaunlich passiv.
    Von Petra Blum, WDR
    Im Jahr 2015 hat die Deutsche Bank die Aufsichtsbehörden und Bankenregulierer in Moskau, London und New York darüber informiert, dass ein möglicher Geldwäsche-Skandal in der Deutschen Bank Moskau aufgefallen sei. Sofort begannen die Behörden in den verschiedensten Ländern mit ihren Untersuchungen.”
    https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/fincen-geldwaesche-russland-deutschland-101.html
    2015, als die Sache erstmal bekannt wurde, zog sich die DB aus Rußland zurück. In den USA und GB wurden ziemliche Strafen gezahlt, man hoffte bei der Bank und in der Politik offenbar, die Sache sei durchgestanden.
    Aber die USA haben weitere Anzeigen auf Lager:
    “Kurs der Deutschen Bank bricht stark ein
    Kriminelle, Oligarchen, Terroristen als Kunden: Nach Berichten über mögliche Geldwäsche müssen sich Banken auf der ganzen Welt für ihre Versäumnisse rechtfertigen – mit Folgen.
    Nach internationalen Medienberichten über erhebliche Versäumnisse bei der Bekämpfung von Geldwäsche ist der Aktienkurs der Deutschen Bank regelrecht eingebrochen. Bis Montagmittag sackte er an der Börse in Frankfurt am Main um mehr als acht Prozent ab. Der Deutsche Aktienindex (Dax) insgesamt verlor zwischenzeitlich mehr als drei Prozent zum Schlusskurs von Freitag.”
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/geldwaesche-berichte-kurs-der-deutschen-bank-bricht-stark-ein-a-66031c78-df97-4a1d-bdb9-6067aeed1b56
    Die Dimensionen haben es in sich:
    “The FinCEN files cover around two trillion dollars’ worth of suspicious transactions reported at major banks between 1999 and 2017. Of that two trillion, more than half — around $1.3 trillion — passed through Deutsche Bank.” (The New Yorker, 23.9.)
    Das kann also nicht an einem unverläßlichen Mitarbeiter gelegen haben.

  3. Kurioser Aktienmarkt: Anleger sollten mit anderen Augen auf die Rally schauen
    Tesla, Wasserstoff, Signal, Wirecard – das Börsenjahr ist noch keine zwei Wochen alt, aber schon reich an Kuriositäten. Das Enttäuschungspotenzial ist riesig.
    Handelsblatt, 14.1.
    Wie ist es eigentlich möglich, daß die Wirecard-Aktie noch auf der Börse gehandelt werden kann, während nach dem Geschäftsführer auf Interpol gefahndet wird?

  4. Wirecard-Mitarbeiter trugen Geld im Plastiksackerl aus Konzern
    Die Aufarbeitung der spektakulären Pleite von Wirecard bringt immer noch pikante Details ans Licht. Laut “Financial Times” sagten ehemalige Angestellte vor der Münchner Polizei aus, dass Mitarbeiter über Jahre hinweg regelmäßig große Geldmengen in bar in Supermarktplastiktaschen aus der Zentrale trugen. Die Praxis soll bereits 2012 begonnen haben. Wie viel Geld insgesamt und zu welchem Zweck aus dem Gebäude getragen wurde, sei unklar.
    Viele der Bargeldbehebungen seien durch die Assistentin eines hochrangigen Wirecard-Managers, der für die in Dubai tätige Tochter tätig war, erfolgt. Sie habe die Plastiktaschen voller Geld zumindest in einem Fall zum Flughafen München gebracht. In einem anderen Fall soll ein sechsstelliger Betrag für den in Manila sitzenden Ex-Wirecard-Mitarbeiter Christopher Bauer bestimmt gewesen sein. Kurz nach dem Zusammenbruch von Wirecard wurde berichtet, Bauer sei gestorben.
    Der Kontakt von Merkel zu Ex-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist hingegen “momentan erstorben”, sagte Merkel im U-Ausschuss. Sie habe sich wegen dessen Lobbyismus für den Skandalkonzern Wirecard distanziert. Es gebe derzeit keine konkreten Pläne, noch einmal Kontakt mit ihm zu haben, auch wenn dies nicht ausgeschlossen sei. Der frühere Shootingstar der CSU hat im Dienste von Wirecard die Regierung im September 2019 über den geplanten Markteintritt des Zahlungsabwicklers in China informiert und diese gebeten, die Pläne wohlwollend zu unterstützen – was Merkel dann wenige Tage später bei einer China-Reise auch tat.
    https://www.derstandard.at/story/2000126103898/wirecard-mitarbeiter-trugen-geld-im-plastiksackerl-aus-konzern

  5. Neues aus der Bankenwelt:

    Wie kommt es, dass kleine Lokalbanken Millionenkredite an die Signa vergeben haben?

    In der Gläubigerlister der Signa tauchen nicht nur Großbanken auf – sondern auch kleine, regionale Institute. Warum sie ins Geschäft mit dem milliardenschweren Konzern eingestiegen sind.

    Die Graubündner Kantonalbank in der Schweiz. Die Kreissparkasse Groß-Gerau in Deutschland. Die Raiffeisenbanken von Bad Leonfelden und Wels in Oberösterreich.

    Etwas ist auffällig an den Gläubigerlisten des Signa-Konzerns. Auf ihnen sind nicht nur zahlreiche Großbanken aufgeführt, denen die Signa viel Geld schuldet – von der Erste Group über die Raiffeisen Bank International (RBI) bis zum Schweizer Institut Julius Bär. Es finden sich daneben auch zahlreiche kleine, lokale Institute. Deren Kernaufgabe ist es eigentlich, Private und Unternehmen in ihrer Region mit Krediten und Bankdienstleistungen zu versorgen – und nicht riskante Geschäfte mit einem Milliardenkonzern.

    Lokale Institute

    Laut einer Gläubigerliste, die die deutsche Bild-Zeitung zuerst publiziert hat, schuldet die Signa etwa der Volksbank Mittelhessen 15 Millionen Euro, der Salzburger Sparkasse 17 Millionen Euro und den genannten Raiffeisenbanken in Oberösterreich zwei Millionen (Bad Leonfelden) und elf Millionen Euro (Wels).

    Warum diese Geschäfte? Fest steht: Häufig gibt es in den Regionen, in denen sich diese Banken befinden, keinerlei Signa-Immobilien. Spezifische Finanzierungen von Signa-Projekten in der jeweiligen Region stecken also nicht dahinter.

    Die Institute berufen sich allesamt auf das Bankgeheimnis, DER STANDARD hat sich aber in der Branche umgehört. Demnach stammen die Engagements vornehmlich aus der Nullzinsphase vor dem Jahr 2022. Die Banken hatten viel Geld auf der Seite – und wenige Möglichkeiten, es lukrativ anzulegen.

    Suche nach Profiten

    In dieser Zeit traten hochspezialisierte Kreditvermittlungsbüros an die Institute heran, um sie zu Finanzierungen zu bewegen, die eigentlich nicht ihr Kerngebiet waren – aber eine gute Verzinsung versprachen. Häufig taten sich infolge eines solchen Offerts mehrere kleine Banken für eine Kreditvergabe zusammen – was einerseits eine hohe Kreditsumme ermöglichte und andererseits das Risiko der einzelnen Teilnehmer verringerte.

    Einen dieser Fälle hat etwa die deutsche Lokalzeitung Die Rheinpfalz recherchiert. Demnach schlossen sich mehrere deutsche Sparkassen zusammen, offenbar unter Federführung der Sparkasse Rhein-Nahe unweit von Frankfurt. Jede Sparkasse trug einige Millionen bei; in Summe wurde der Signa Holding solcherart ein 100-Millionen-Euro-Kredit beschert. Die deutschen Banken stehen heute ebenso auf den Gläubigerlisten wie viele österreichische, etwa des Raiffeisensektors.

    Wie viel Geld für die kleinen Banken heute wirklich verloren ist, gestaltet sich wohl von Fall zu Fall unterschiedlich: Immerhin weiß man nicht, wie viel von einem Kredit einer bestimmten Bank bereits getilgt worden ist. Außerdem hoffen die Gläubiger, am Ende der Insolvenzverfahren eine Quote von 30 Prozent zu bekommen.

    (Standard, 18.1.)

    Die Signa-Pleite hat das Potential, die europäische Bankenwelt wieder etwas aufzumischen.

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