Inflation droht!

DIE ANGST VOR DER GELDENTWERTUNG

ist ziemlich dumm. Und zwar deshalb, weil sie einen falschen Grund dafür annimmt: Eine zu große Geldmenge. Das Wort „Inflation“ – Aufblasung – ist nämlich schon der Ausdruck der verkehrten Auffassung, der Wert des Geldes läge an der Menge, mit der es in die Welt kommt.

Man sollte also die beiden Dinge einmal trennen.

Erstens, die Preise steigen. Das passiert übrigens dauernd, wie man an der mittels Warenkorb ständig gemessenen und auch immer veröffentlichten Inflationsrate mitverfolgen kann. Es ist also schon sehr verkehrt, zu sagen: Es wird eine Inflation geben! wenn es ohnehin schon dauernd eine gibt. Wir reden von Preiserhöhungen, wohlbemerkt.

Die Gründe für Preiserhöhungen sind mannigfaltig. Entweder ein Staat macht Belastungspakete und erhöht die Mehrwert-, die Mineralöl-, die Getränke und andere Verbrauchssteuern. Oder es gibt eine Spekulation auf Rohstoffe und Agrarprodukte, die die Preise für diese in die Höhe treibt. Und wenn die Energiepreise steigen, so verteuert sich sowieso noch einmal alles, weil zur Herstellung der meisten Güter Energie notwendig ist.
Dann gibt es Preissteigerungen bei Immobilien, die auch verschiedenste Gründe haben – die Attraktivität eines Standortes, einer Tourismusdestination oder einer Stadt, staatliche Kreditstützungen und anlagesuchendes privates Kapital.

Es ist auch nicht richtig, wie allgemein bei der Warnung vor den bösen Folgen der Inflation unterstellt wird, daß diese erhöhten Preise immer anstandslos gezahlt werden. Um so mehr ist das unwahrscheinlich, als ja immer bei einer als zu hoch empfundenen Inflationsrate davor gewarnt wird, ja nicht bei Löhnen, Gehältern und Pensionen Steigerungen vorzunehmen, weil damit eine „Inflationsspirale“ angeheizt würde. Die Preissteigerungen sind vor allem bei Ökonomen ein anerkanntes Mittel, um diejenigen Menschen, die ihren Lebensunterhalt aus unselbständiger Beschäftigung bestreiten, arm zu halten.
So können Preissteigerungen auch dazu führen, daß „Märkte zusammenbrechen“, weil bei gleichbleibenden oder sinkenden Einkünften die Preise steigen – dergleichen läßt sich gerade an Griechenland beobachten.

Ganz eine andere Frage ist die der Geldmenge, die entgegen landläufigen Vorstellungen nicht nur von den Staaten, die es schon lange nicht mehr einfach drucken, sondern auch von den Banken über die von ihnen vergebenen Kredite und ausgegebenen Wertpapiere erhöht wird.
Die Vorstellung, bei dieser Menge, die übrigens niemand genau kennt, könnte es ein „gerade richtig“ und ein „zuviel“ gegenüber ja, was eigentlich? – den Bedürfnissen der Menschen? den stofflich vorhandenen Waren und den gar nicht so genau erfaßbaren Dienstleistungen? den Bodenschätzen und Agrarprodukten? – geben, ist ein sehr dummes volkswirtschaftliches Märchen, das inzwischen bis in fast jedes Wohnzimmer geschafft hat.
Es handelt sich um Quantitäten, die sich gar nicht gegeneinander aufrechnen lassen, weil sie inkommensurabel sind wie Äpfel und Birnen. Auch die Idee eines Gleichgewichtes, bei dem alles „funktioniert“, und einem „zuviel“, bei dem alles aus den Fugen gerät, ist lächerlich in einer Gesellschaft, in der es um Wachstum und Gewinn, also um maßlose Steigerung des Vorhandenen geht.

Schließlich gelten die Ängste all dieser guten Bürger gar nicht den ganz üblichen Preissteigerungen – da könnten sie keine Minute ruhig schlafen –, sondern dem, was Marx die „allgemeine Diskreditierung des Geldes“ nennt: Daß auf einmal niemand mehr an diese bedruckten Zettel glaubt, weil hinter ihnen gar nichts mehr steht. Das ist aber etwas anderes als die dauernd fortschreitende Geldentwertung, die zum Wachstum, dem Geschäftemachen und ihrer gewaltmäßigen Verwaltug einfach dazugehört.

Sofern man diese Besorgnis – womöglich ist das Geld einmal gar nix mehr wert! – ernsthaft hegen würde, müßte man sofort fragen: warum ist es heute etwas wert, warum glaubt man heute daran? Warum erscheint es so selbstverständlich, daß ein Zettel Papier, auf dem eine Summe aufgedruckt ist, der einzige Zugang zu den Gütern der Welt ist? (Oder heute sogar nur mehr eine Summe auf einem Bankkonto, die einer Plastikkarte Leben einhaucht und sie als Zahlungsmittel brauchbar macht.)
Und wer sich diese Zettel und Plastikkarten nicht verschaffen kann, vom Genuß der Güter ausgeschlossen ist?
Und warum ist es so, daß die Zettel der einen Staaten dafür unbegrenzt taugen, die anderer Staaten jedoch nur sehr eingeschränkt Mittel für den Zugang zur großen bunten Warenwelt sind?

Sobald man aber bei diesen Fragen angelangt ist und dem nachgeht, warum das so ist, so kommt man nicht umhin, über die Ziele unserer Gesellschaft nachzudenken. Das Gute dabei ist aber: dann ist man auch die Angst los, daß die verschiedenen Banknoten einmal fragwürdig werden könnten.

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