Die Sanktionen in Vorwegnahme und in Folge des Ukraine-Krieges

SCHÜSSE INS KNIE?

Schon bei den Sanktionen nach der Annexion der Krim war klar, daß diese die russische Regierung nicht von ihren Zielen abbringen, aber neben Schädigungen der russischen Wirtschaft auch negative Folgen für die Sanktionierer haben.
Damals meinte der ungarische Staatschef, diese Sanktionen kämen einem Schuß ins Knie gleich und seien nicht im Interesse Ungarns.

Bei den jetzigen Sanktionen ist dies um so augenfälliger, obwohl die Kette der Sanktionen noch gar nicht an ihrem Ende angelangt ist.

Es scheint so zu sein, daß mit diesen Sanktionen eine innereuropäische Konkurrenz und eine zwischen EU und USA ausgetragen wird. D.h., es geht darum, Sanktionen durchzusetzen, die zumindest einem Rivalen innerhalb der EU mehr schaden als anderen, und die EU als Ganzes schwächen.
Vorreiter bei dieser Politik scheint Polen zu sein, das hier eine Möglichkeit sieht, sich als Frontstaat von allen ökonomischen Schranken zu lösen, mit denen andere zu kämpfen haben, sich völlig auf die guten Verbindungen mit den USA verlassend.
Diese wiederum scheinen Polen als eine Art Trojanisches Pferd in der EU einzusetzen, um deren ohnenhin schon recht zerrütteten Zustand weiter zu verschlimmern.

Eine andere Frage ist auch, wie weit alle die Sanktionen umsetzen. Weil bei vielen von der EU gesetzten Sanktionen nahmen viele Mitglieder nur unter der Bedingung teil, daß sie in einem für sie verträglichen Rahmen bleiben. Um den Schein der Einheit zu wahren, mußten also andere Staaten Abstriche hinnehmen. Und eine Sache ist, wie man nach vorne in die Kamera von Sanktionen spricht, eine andere, wie sie hinten überhaupt durchgeführt werden.

218 Gedanken zu “Die Sanktionen in Vorwegnahme und in Folge des Ukraine-Krieges

  1. Dieser Herr scheint offenbar nicht vom Interesse der österreichischen Wirtschaft bewegt zu sein, sondern spricht ein Interesse aus, das außerhalb der hiesigen Grenzen beheimatet ist:

    Sollten Gaslieferungen aus Russland gestoppt werden?

    Der Westen kann Ökonomen zufolge bei den Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine noch deutlich nachlegen. "Den giftigsten Pfeil hat er noch nicht verschossen: einen Importstopp von Gas", sagte der Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (Wifo) in Wien, Gabriel Felbermayr, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters.

    https://industriemagazin.at/news/sollten-gaslieferungen-aus-russland-gestoppt-werden/

  2. Der giftigste Pfeil ist auch für die hiesige Wirtschaft am giftigsten, weil durch die Angebotsverknappung dann die Preise explodieren. Der Boykott von russischem Gas kommt aber irgendwann, weil der Krieg den hiesigen Imperialisten beweist, dass man von russischem Gas unabhängig werden muss. Das verteuert die Energiepreise und alle Waren, in die der Energiepreis eingeht und zwar allem Geschwurbel um erneuerbare Energien zum Trotz. Man schaue sich die Benzinpreise an, die jetzt schon durch die Decke gehen. Der USA ist das 1. egal, weil sie selbst Zugriff auf genügend Öl und Gas verfügt und 2. freut sie sich, weil sie ihre Konkurrenten schädigt. 

    Während Deutschland wieder einmal meint europäische Führungsnation mimen zu müssen, idem sie den Verteidungshaushalt erhöht und ein Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden bereitstellt. Mit solchen großen Worten in der "historischen Rede" des Bundeskanzlers will sich Deutschland an die Spitze der europäischen Russenfeinde stellen und in dieser Hinsicht in der europäischen Konkurrenz nichts anbrennen lassen. Das blöde ist nur, dass das faux frais sind, die sich negativ auf die ökonomische Konkurrenz auswirken. Sich immer als europäische Führungsnation profilieren zu wollen, ist ganz schön teuer und kann am Ende das Gegenteil bewirken. Man ganz davon zu schweigen, dass es auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen wird.

    Toxisch ist das also nicht nur für Russland, sondern auch für Europa und die BRD.

    Eine andere Frage ist auch, wie weit alle die Sanktionen umsetzen. Weil bei vielen von der EU gesetzten Sanktionen nahmen viele Mitglieder nur unter der Bedingung teil, daß sie in einem für sie verträglichen Rahmen bleiben. Um den Schein der Einheit zu wahren, mußten also andere Staaten Abstriche hinnehmen. Und eine Sache ist, wie man nach vorne in die Kamera von Sanktionen spricht, eine andere, wie sie hinten überhaupt durchgeführt werden.

    Man kann das auch an den einzelnen Sanktionen durchdeklinieren. 1. Die Genehmigung von Nordstream 2 wird nicht abgelehnt, sondern es wird die Zertifizierung ausgesetzt.2. Sondervemögen Bundeswehr. – Was soll das sein? Das ist ja erstmal nur ne Willenserklärung, Kredit. Die Ankündigung, dass man bereit ist mehr in die Aufrüstung zu investieren. 3. Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf über 2% des Bruttosozialprodukts. Wie das konkret ausgestaltet wird, weiß kein Mensch. Es ist nur die Auskunft: Wir tun was. 4. Waffenlieferungen: a. 5000 Helme – nicht mehr als ein Zeichen der Solidarität b. Flugabwehrraketen

    "Zweifel an Qualität der "Strela" Der Grund für die Zurückhaltung könnten Zweifel an der Qualität der Waffen sein. Denn der Waffentyp, der nun im Gespräch ist, sorgt bei einigen für Überraschung: Bei den "Strela"-Flugabwehrraketen, die von der Schulter abgefeuert werden, handelt es sich um betagtes Material aus Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA). Die Raketen stammen also aus sowjetischer Produktion und aus DDR-Zeiten. Bereits 2014 habe die Bundeswehr das DDR-System aus dem laufenden Betrieb genommen. Erste „Strela“-Raketen seien damals „aus Sicherheitsgründen“ gesperrt worden, berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf einen vertraulichen Vermerk. Seitdem seien die Waffenkisten so stark verschimmelt, dass Soldaten die Lager nur noch mit Schutzkleidung betreten dürfen, heißt es weiter."

    Statt das Zeug aufwendig auseinander zu bauen, wird es eben in den ukrainischen Himmel geschossen. Dass teilweise die Handstücke fehlen, um die Raketen abschießen zu können, ist auch kein großen Hindernis. Die Ukraine könnte solche noch auf Lager haben. Es kommt also hauptsächlich drauf an öffentlichkeitswirksam Solidarität zu zeigen.

  3. Bei den ganzen Sanktionen der NATO-Staaten gegen Rußland ist zudem zu bedenken, daß Rußland ja auch Sanktionen gegen diese Staaten verhängen kann. Wenn jetzt Rußland die Benutzung der Öl- und Gaseinnahmen und der Zentralbankdevisenreserve unmöglich gemacht wird, dann ist es ja naheliegend, daß Rußland daraufhin seinen Export von natürlichen Rohstoffen einstellt, denn verschenken werden die das sicher nicht wollen. Da geht es ja noch um erheblich mehr als nur fossile Brennstoffe. Gerade die deutsche Industrie würde das erheblich schädigen. Was natürlich ein großer Vorteil für die US-Industrie wäre.
    “Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte, alle Maßnahmen zusammengenommen würden »Russland ruinieren«.” Vielleicht nicht, massiv schädigen allemal. Und da wird erwartet, daß Rußland das sehenden Auges hinnimmt?

  4. "Und da wird erwartet, daß Rußland das sehenden Auges hinnimmt?" Ja. Es sieht zur Zeit echt düster aus und ich muss zugeben, das schlägt mir zur Zeit ziemlich aufs Gemüt. Nicht nur, dass der Kapitalismus einem das Leben versaut, am Ende jagen diese Idioten noch die ganze Welt in die Luft und man selber steckt mitten drin.

    Im Radio darf man sich dann noch anhören, dass man spenden darf und dass alle für den Frieden sind – natürlich den Frieden der Nato.

  5. Ja, natürlich erwartet jemand wie Baerbock, daß Rußland sich zähneknirschend ruinieren läßt. Aber ernsthaft, wenn man sowas als "Kriegsziel" verkündet, dann muß man schon dazu aufzählen, was es für Reaktionsmöglichkeiten des Feindes gibt, ohne daß der seine Interkontinentalraketen als ultima ratio abfeuert.

  6. Putin hat ja schon angedroht, die ganzen ausländischen Kapitale in Russland zu enteignen. Da geht dann das Geschrei erst richtig los. 

    Das Problem ist, dass diese Idioten nicht daran glauben, dass irgendwer, also die Russen, den Atomkrieg wirklich führen will, dabei kalkulieren sie selbst damit. Den gleichen Fehler haben sie ja bei der Nato-Osterweiterung auch schon gemacht. Auf Putins diplomatischen Offerten eine Vereinbarung zu treffen, die Ukraine nicht in die Nato aufzunehmen, hat der Westen immer ablehnend reagiert und Putin vor die Wahl gestellt, das hinzunehmen oder Krieg zu führen. Und Putin hat angekündigt, dass er sich das nicht gefallen lässt, wenn die Ukraine als Bedrohung gegen Russland aufgebaut wird. Jetzt tut Putin, was er angekündigt hat und Baerbock glaubt immer noch, dass Putin einen Rückzieher macht.

    Das ist das Gefährliche an der westlichen Überheblichkeit. Die denken doch tatsächlich sie können mit der alten Masche die russischen Drohungen zu überhören immer weiter machen. Die lassen es drauf ankommen. Russland lässt es aber auch drauf ankommen. Russland macht keinen Rückzieher, die Fechten das jetzt durch, weil Putin vor Augen geführt bekommen hat wohin es führt, wenn Russland nachgibt. 

  7. SEIT ANGRIFF AUF DIE UKRAINE:
    Fernsteuerung von Tausenden Windkraftanlagen gestört

    Der Betrieb von Tausenden Windenergieanlagen ist wegen einer Störung der Satellitenverbindung weiter eingeschränkt. Beim großen deutschen Windenergieanlagen-Hersteller Enercon sind 5800 Anlagen in Zentraleuropa betroffen, wie das Unternehmen am Mittwoch in Aurich mitteilte. Enercon arbeite mit Hochdruck an einer Lösung. (…)

    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fernsteuerung-von-tausenden-windkraftanlagen-gestoert-17845889.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

  8. Lutz Herden erläutert im Freitag, wie  die aktuelle Politik des Westens katastrophale Folgen hat,  und. "…. wie wichtig der westliche Vorposten Ukraine bislang war und bleiben soll, um Russland zu schwächen. Schließlich war der Kampf um dieses Land von Anfang an vorrangig ein Kampf um Russland, um das politische Sein oder Nichtsein des Systems Putin. Da sind Kompromisse kaum denkbar, nur Sieg oder Niederlage."

    https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/krieg-russland-wird-nicht-verschwinden

    Auch Bernhard Trautvetter warnt vor den Folgen des deutschen Aufrüstungsprogramms und der deutschen kriegerischen Unterstützung der US-Position.
    https://www.heise.de/tp/features/Zeitenwende-ohne-Zukunftschancen-6535381.html?seite=all

    Die derzeitigen aktuellen deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine seien irrsinnig:
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161869.kontra-waffenlieferung-historischer-fehler.html

  9. Eine Sache ist das Gas und Öl: Wenn schon allen Regierungen und Unternehmen der EU gedroht wird, nur ja keinen müden Euro mehr nach Rußland zu schicken, sonst krachts, ist klar, daß man von dort keine fossilen Rohstoffe mehr importieren darf. 
    Die Folgen sind wirklich unabsehbar. Die ganze Industrie wird ihre Produktion einschränken müssen. Die Mobilität wird eine Bauchlandung machen.
    Was ist mit dem ganzen Gemüse, das aus Spanien quer durch Europa geführt wird, wenn die Treibstoffpreise explodieren?
    Von den Haushalten ganz zu schweigen …

    Das zweite ist die Aufrüstungwohin will Deutschland denn aufrüsten? Welche Waffengattungen? Wer soll die bedienen? Wird wieder die Wehrpflicht eingeführt? Oder jede Menge Arbeitslose und Hartz II-Bezieher in die Armee gelockt?
    Das gilt natürlich für andere EU-Mitglieder auch.

  10. Daran, dass neben NVA-Uralt-Waffen auch noch mehr weitere Waffen in die Ukraine exportiert werden sollen, und daran, dass die Sanktionen  verschärft fortgeführt werden, lässt sich eine Änderung des Standpunktes der BRD zu Russland ablesen.  Nicht mehr Benutzung Russlands für eigene Wertproduktion soll der Hauptzweck sein, sondern dieser wird untergeordnet unter den neuen Hauptzweck der Abgrenzung von Russland bis  hin zur. Schädigung russischer Interessen. Dass man dabei blauäugig wäre, dass Russland sich das alles schön brav gefallen lasse, glaube ich nicht. (Vorbereitet wird ideologisch die Verschärfung dieses Standpunktes Richtung Kriegswirtschaft.)

    Was die Rüstung betrifft, so fiel bisher ja eine gewisse “Ziellosigkeit” (na ja) auf, bzw. ging es vor allem auch um weltweite Flüchtlingseindämmung etc. Die Bundeswehr sollte bisher dafür auf weltweite Kriseneinsatz-Reaktionskräfte (Afghanistan, Mali) umgestellt werden: weniger Heer und Panzer, und mehr weltweit transportables Gerät und Elektronik-Krimskrams. Das wird anscheinend nun ziemlich grundlegend revidiert.  Wie genau, das werden sie schon noch mitteilen.
    https://de.nachrichten.yahoo.com/merz-fordert-klarheit-investitionsprogramm-für-084236300.html

  11. Polen macht sich für die USA und für die komplette NATO wichtig als Schlüsselland für Waffenlieferungen in die Ukraine, die aktuell dorthin tonnenweise weitergeleitet werden

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/polen-spielt-schluesselrolle-bei-westlichen-waffenlieferungen-an-die-ukraine/

    https://www.berliner-zeitung.de/news/diskret-und-schnell-westliche-waffenlieferungen-fuer-die-ukraine-li.215439

    “Am Freitag hat die NATO erklärt, sie werde nicht aktiv in den Krieg einsteigen, etwa durch die Ausrufung einer »Flugverbotszone« über der Ukraine. Die Ankündigung kam mit allen Anzeichen des Zähneknirschens, aber sie trägt dem Umstand Rechnung, dass keines der Mitgliedsländer – vom weltpolitischen Zwerg Luxemburg bis zur Weltmacht USA – wegen der Ukraine einen Krieg mit Russland riskieren will. ”
    https://www.jungewelt.de/artikel/422077.ukrainisches-dilemma.html

    Einen offenen Krieg zumindestens (noch) nicht.

  12. "Einen offenen Krieg zumindestens (noch) nicht" So wird das auch im Radio besprochen. Wann gibt es Waffenlieferungen, gibt es eine Flugverbotszone oder (noch) nicht, weil das einen Kriegseintritt bedeuten würde, und werden stattdessen den Ukrainern russische Kampfflugzeuge aus Polen bereitgestellt aus der regulären polnischen Armee, die dann natürlich durch deutsche Flugzeuge in Polen kompensiert werden sollen. Und irgendwie weit und breit kein Entsetzen, was hier zur Zeit abgeht und dass hier mit Krieg kalkuliert wird.

    "Dass man dabei blauäugig wäre, dass Russland sich das alles schön brav gefallen lasse, glaube ich nicht. (Vorbereitet wird ideologisch die Verschärfung dieses Standpunktes Richtung Kriegswirtschaft.)"

    Und das heißt wie einst von Karl Held formuliert: Der Westen will den Krieg.  Was für mich wirklich schwer zu begreifen, zu akzeptieren ist, wie man meinen kann, dass Krieg mit Russland von Deutschland und Europa noch was übrig lässt. Die können nicht im Ernst annehmen, dass so ein Krieg "gewinnbar" ist. Das da hinterher überhaupt noch sowas wie ein deutscher Staat existiert.

  13. "Die können nicht im Ernst annehmen, dass so ein Krieg "gewinnbar" ist."

    Doch – egal ob das ernst oder irre ist – das nehmen die tatsächlich an. Und setzen Himmel und Hölle in Bewegung (in einem sehr buchstäblichem Sinn) um das zu erreichen.

  14. Heuchelei und Selbstgerechtigkeit der westlichen Kriegsapostel wird hier aufgespießt:

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161929.ukraine-krieg-krieg-ist-nicht-gleich-krieg.html

    Besonders dem Zeitgeist verpflichtet fühlen sich die Grünen. Frühere vornehme ideologische Differenzierungen und Grabenschlachten zwischen “Gesinnungsethikern” (Philosophen, Literaten etc.) und “Verantwortungsethikern” (Politikern) lösen sie vorurteilsfrei auf: Beides sei unter dem Label “Frieden” komplett genau die gleiche Kriegspropaganda für westliche Werte wie für westliche Machtpolitik.

  15. Die USA variieren ihre Beziehungen zu Venezuela und Iran, denn “Washington ist auf der Suche nach Alternativen zu Erdöl aus Russland.” (FAZ)

    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/lockert-washington-sanktionen-gegen-maduros-venezuela-17859170.html

    https://www.jungewelt.de/artikel/422162.russland-und-lateinamerika-gespräche-in-caracas.html

    Zu Trumps Venezuela-Politik:

    https://wissenundkritik.de/wp-content/uploads/2021/04/Venezuela-2-29.4.19-GS-2-18.pdf

    Zu Iran:

    https://www.spiegel.de/ausland/iran-russland-provoziert-usa-bei-atom-verhandlungen-in-wien-a-37bafdea-07e0-4d42-bb23-dc40345940a1

    Interessanterweise weist Russland darauf hin, dass es Teil des Gespräche über den Iran sei – und daher in solchen Affären der Weltpolitik beteiligt werden müsse – und dies dadurch auch erzwingen könne … – “Für die nächsten Tage werde mit einem Ministertreffen der an der Vereinbarung beteiligten Länder in Wien gerechnet, hieß es aus diplomatischen Kreisen am Sonntag. Zunächst schien eine solche Zusammenkunft bereits am Wochenende möglich.” (SPON/dpa)

    —–

    vgl. Trump kündigte 2018 das Iran-Abkommen

    https://kk-gruppe.net/der-multilaterale-atomdeal-mit-iran-trump-kuendigt-die-amerikanische-welt-gewaltordnung/

  16. Doch – egal ob das ernst oder irre ist – das nehmen die tatsächlich an. Und setzen Himmel und Hölle in Bewegung (in einem sehr buchstäblichem Sinn) um das zu erreichen.

    Dann muss man sich eben mal überlegen, was "gewinnen" bedeuten soll. Es gibt ja auch sowas wie einen Pyrrhussieg , also ein Sieg, der eigentlich eine Niederlage ist. Was soll da denn noch übrig bleiben? Die Amerikaner denken vielleicht noch: Ja der Krieg wird in Europa stattfinden und die Atomraketen der Russen schießen wir ab. Für Europa gilt das aber nicht. Das wird zum Schlachtfeld und was soll da noch übrig bleiben, wenn Russland und die Nato im Krieg sind.

    Was für ein skrupelloser Drecksack muss man sein, um diese Konfrontation voranzutreiben. Soll heißen: Mit welchen Opfern kalkulieren solche Typen? Was nutzt ein gewonnener Krieg in einem verwüsteten Europa, das über Generationen verstrahlt ist, und nicht mehr aufgebaut werden kann. Nicht davon zu reden, dass die Opferzahlen des zweiten Weltkriegs dagegen wie ein Zugunglück erscheinen werden. 

  17. Nicht dass man für solche Konfrontationspolitik ein mieser Drecksack sein muss (die Charakterdarstellung der eigenen wie der gegnerischen Regierungschefs ist bekanntlich bereits Teil ihrer Kriegführungsstrategien…) – sondern inhaltlich ein paar weitere Gesichtspunkte –  erläutert der Gegenstandpunkt im demnächst erscheinenden März-Heft. Ein Hauptartikel über die Reformierung der bundesdeutschen Kriegsmoral  ist gerade vorab veröffentlicht worden: Eine Zeitenwende.

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/zeitenwende

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/editorial-3

  18. Russland droht nun mit Gaslieferstopp durch Nord Stream 1

    Russland hat nun erstmals offen mit einem Gaslieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gedroht. "Wir haben das volle Recht, eine "spiegelgerechte" Entscheidung zu treffen und ein Embargo zu erlassen auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1, die heute maximal mit 100 Prozent ausgelastet ist", sagte der russische Vizeregierungschef Alexander Nowak. Er äußerte sich mit Blick auf die gestoppte Leitung Nord Stream 2, deren Inbetriebnahme Russland anstrebt. "Aber noch treffen wir diese Entscheidung nicht. Niemand gewinnt dabei", erklärte Nowak.

    Russland gilt als größter Öllieferant in Europa – mit 30 Prozent des jährlichen Verbrauchs von 500 Millionen Tonnen. "Es ist völlig offensichtlich, dass der Verzicht auf russisches Öl zu katastrophalen Folgen auf dem Weltmarkt führt", betonte Nowak. Er sagte Preise von rund 300 US-Dollar je Barrel Öl voraus. "Die europäischen Politiker sollten ihre Bürger und Verbraucher ehrlich davor warnen, dass die Preise dann fürs Tanken, für Strom und für das Heizen in die Höhe schießen."

    Man sei vorbereitet und werde andere Absatzmärkte als Europa und die USA finden, so Nowak. "Europa verbraucht heute 500 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, 40 Prozent davon sichert Russland", erklärte der Politiker. Allein über Nord Stream 1 liefen 60 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Über alle Krisen hinweg habe das Land stets zuverlässig geliefert und leite zudem weiter Gas durch die Ukraine und über andere Wege nach Europa.

    https://www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000133885104/russland-droht-erstmals-mit-gaslieferstopp-durch-nord-stream-1

    Die Frage ist jetzt, wie dieses Gas und Öl bezahlt werden. Es sieht so aus, daß bald kein müder Euro mehr nach Rußland fließen darf, sonst drehen die USA und an seinem Rockzipfel Brüssel noch ganz andere Sachen ab.
    Die Sanktionsspirale ist ja noch nicht ausgeschöpft.

  19. @Kehrer

    Die können nicht im Ernst annehmen, dass so ein Krieg "gewinnbar" ist. Das da hinterher überhaupt noch sowas wie ein deutscher Staat existiert.

    Ich würde das so sehen, daß bei solcher Kriegstreiberei jede gewöhnliche Kalkulation aussetzt und die Politiker nur mehr der pure Wille oder Wahn antreibt.
    Wir haben uns ja schon hier vor einiger Zeit darüber unterhalten, daß die meisten Politiker der EU größenwahnsinnig sind und ständig Ziele formulieren, für die sie gar keine Mittel in der Hand haben.

    Dergleichen setzt sich eben jetzt fort. Die Wut über eine Staatsmacht, die sich durch den Westen nicht beschränken läßt, übersetzt sich in Absichtskundgebungen, deren Umsetzung jedem neutralen Beobachter sehr fraglich erscheint.

  20. @Kehrer

    Die Amerikaner denken vielleicht noch: Ja der Krieg wird in Europa stattfinden und die Atomraketen der Russen schießen wir ab. Für Europa gilt das aber nicht. Das wird zum Schlachtfeld und was soll da noch übrig bleiben, wenn Russland und die Nato im Krieg sind.

    Sie denken sich das nicht nur, sondern genau das ist m.E. ihre Berechnung: Europa als Rivalen zu versenken.

    Auch hier gilt: Plan ist nicht gleich Wirklichkeit. Die Sanktionen und deren Auswirkungen werden vor den USA möglicherweise auch nicht stehenbleiben.

  21. "Ich würde das so sehen, daß bei solcher Kriegstreiberei jede gewöhnliche Kalkulation aussetzt und die Politiker nur mehr der pure Wille oder Wahn antreibt."

    Nein, die kalkulieren auch jetzt wie immer ganz kühl. Wenn es nur um puren Willen ginge, (oder gar nur um Wahn), dann ist kaum zu erklären, wie der Kurs der handfesten Kriegsvorbereitungen von beiden Seiten all die Jahre und auch jetzt im konkreten Krieg abgelaufen sind.

    Und es ja, es würde die Hölle auf Erden werden, wenn da eine der Groß- bzw. Weltmächte tatsächlich zur Einschätzung käme, daß der Weltkrieg "jetzt" gewinnbar wäre.

  22. @Leser

    Interessanterweise weist Russland darauf hin, dass es Teil des Gespräche über den Iran sei – und daher in solchen Affären der Weltpolitik beteiligt werden müsse

    Es geht ja hier nicht in erster Linie um das Beharren auf diplomatischen oder internationalen Konventionen, sondern um die Forderung, daß nicht der Iran über diesen Deal in das Sanktionsregime eingebunden wird – was durchaus auch im Sinne des Iran sein dürfte, der das auch nicht will.

  23. @Neoprene

    Nein, die kalkulieren auch jetzt wie immer ganz kühl.

    So etwas wie ein Krieg läßt sich nicht „kalkulieren“, schon gar nicht „kühl“.

    Wenn es nur um puren Willen ginge, (oder gar nur um Wahn), dann ist kaum zu erklären, wie der Kurs der handfesten Kriegsvorbereitungen von beiden Seiten all die Jahre und auch jetzt im konkreten Krieg abgelaufen sind.

    Na ja, wie „handfest“ die Kriegsvorbereitungen waren, kann ich in Deutschland z.B. nicht erkennen, wo doch jetzt gerade alles umgeschmissen wird. Dort wird doch gerade gesagt, wir haben zuwenig gemacht.

    In meiner Einschätzung sind es einige Staaten in Europa, die den Krieg unbedingt wollen und dabei auf die USA hoffen, daß die ihnen den Rücken stärken wird – auch um sich in der EU oder in Europa nach vorne zu katapultieren.
    Auch deren Berechnungen können natürlich zuschanden werden, weil sowohl militärisch als auch wirtschaftlich ist die Situation derzeit überhaupt nicht kalkulierbar.

  24. Angesichts solche Aussichten tritt die Pandemie natürlich in den Hintergrund. Die ganzen Heucheleien es ginge um den "Schutz der Bevölkerung" blamieren sich an den Dimensionen der Schlächtereien mit denen jetzt kalkuliert wird.

  25. Die Unternehmer sind offenbar auch unschlüssig, wie ernst die Lage denn ist:

    „Energielieferanten haben wenig Anreiz für höhere Einspeicherung

    Ein neues Gesetz soll die Gasspeicher bis Oktober zu 80 Prozent füllen. Warum das notwendig ist und eine Prognose für die Energiepreise kommenden Winter.

    Trotz des Angriffs Russlands auf die Ukraine gibt es noch keine Anzeichen dafür, dass Erdgas im kommenden Winter teurer sein könnte als derzeit, das könnte sich aber ändern. Bis April sind die Preise der Gas-Forwards sehr hoch, doch ab dem dritten Quartal gibt es jedes Vierteljahr Rückgänge. Zunächst gehe der Markt offenbar von möglichen Lieferunterbrechungen aus. Doch den Haushalten drohe wohl kein Preisschub bis Ende des Jahres, so E-Control-Experte Johannes Mayer.“

    https://industriemagazin.at/news/energielieferanten-haben-wenig-anreiz-fuer-hoehere-einspeicherung/

    Etwas blauäugig, würde ich sagen.

    „Derzeit fliesst soviel Öl und Gas wie schon lange nichtmehr durch die unzähligen Öl- und Gas-Pipelines, die Russland mit Westeuropa verbinden. Für Österreich wichtig ist dabei Gas-Pipeline "Bruderschaft", die vor 46 Jahren, noch im kalten Krieg, in die Slowakei gebaut wurde – und mit der Österreich direkt verbunden ist. Die Drohung Russlands umfasst ausdrücklich nicht diese Pipeline. Zudem ist die Ölpipeline Druschba für die heimische Ölversorgung wichtig.

    Der russische Vize-Regierungschef Nowak schränkte seine Aussagen zudem auch ein: "Aber noch treffen wir diese Entscheidung nicht. Niemand gewinnt dabei", erklärte Nowak. Allerdings sehe sich Russland inzwischen durch die europäischen Politiker und ihre Anschuldigungen in diese Richtung gestoßen. Russland verfolge die Äußerungen westlicher Politiker, die sich von russischem Gas und Öl lösen wollten, meinte Nowak. Die EU-Politiker würden durch ihre Handlungen die Energiepreise inzwischen überhitzen.“ (…)

    Russland gilt als größter Öllieferant in Europa – mit 30 Prozent des jährlichen Verbrauchs von 500 Millionen Tonnen. "Es ist völlig offensichtlich, dass der Verzicht auf russisches Öl zu katastrophalen Folgen auf dem Weltmarkt führt", betonte Nowak. Er sagte Preise von rund 300 US-Dollar je Barrel Öl voraus. Die Rohstoffmacht Russland sei vorbereitet und werde andere Absatzmärkte als Europa und die USA finden, so Nowak.

    "Europa verbraucht heute 500 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, 40 Prozent davon sichert Russland", erklärte der Politiker. Allein über Nord Stream 1 liefen 60 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Über alle Krisen hinweg habe das Land stets zuverlässig geliefert und leite zudem weiter Gas durch die Ukraine und über andere Wege nach Europa. In seiner Rede warnte Nowak, die Nationalisten könnten bei den Kämpfen in der Ukraine einen Anschlag auf das Durchleitungssystem verüben. Russland werde alles tun, um eine Eskalation zu verhindern.“ (apa/red)

    https://industriemagazin.at/news/russland-droht-mit-lieferstopp-von-gas/

    Realistischer sind wohl solche Überlegungen:

    „Die Diskussion darüber, wie Österreichs Industrie zukünftig ihren Energiebedarf decken kann, geht, angesichts des Kriegs in der Ukraine weiter. Während gestern das CESAR-Institut mit einer Analyse an die Öffentlichkeit ging, wonach Österreich russisches Erdgas nicht kurzfristig ersetzen kann, sieht der Energieexperte Florian Haslauer auch einen verstärkten Rückgriff auf fossile Rohstoffe als unvermeidlich an: Es werde zwar mehr Flüssigerdgas als bisher nach Europa kommen, aber es würden künftig statt Gas- auch viel mehr Kohle- und Atomkraftwerke laufen, sagt er: „Wir werden zukünftig eben mehr Atomkraft und mehr Kohlekraft anstatt Gaskraftwerken im Markt haben.“

    Österreich könne zwar mit Wasserkraft einen Teil der Grundlastkapazitäten abdecken. Trotzdem sei es aber auf Stromimporte angewiesen. Vor allem in der Industrie sei der Hebel, um den Verbrauch zu senken, ziemlich klein: In nur zehn Prozent der Fälle ist ein Umstieg auf andere Brennstoffe möglich, ohne die Produktion einzuschränken.

    Analysten gehen einhellig davon aus, dass die Menge an eingeführtem Flüssigerdgas (LNG) in Europa steigen wird. Momentan macht LNG in Europa bereits ungefähr 25 Prozent aus, es gibt aber Potenzial, den Anteil weiter zu erhöhen. Im ersten Schritt könnten die Kapazitäten besser genutzt werden – in Europa seien die LNG-Terminals nur zu rund der Hälfte ausgelastet. Längerfristig wären dann auch mehr Schiffskapazitäten nötig.

    Rettungsanker Afrika?

    Aus Deutschland kommt nun die Idee, verstärkt auf Afrika in der Stromversorgung zu setzen. „Kurzfristig können und wollen afrikanische Länder wie Algerien, Ägypten, Nigeria und Angola Gas nach Europa liefern, um unsere Abhängigkeit von russischen Importen verringern", sagte etwa der Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, Stefan Liebing. "Algerien liefert bereits zuverlässig Erdgas nach Südeuropa und hat in den letzten Tagen angekündigt, die Liefermenge kurzfristig auch erhöhen zu können." Über die 750 Kilometer lange Medgaz-Pipeline, die gerade erweitert werde, fließe das algerische Gas unter dem Mittelmeer bereits in die EU.

    Auch Ägypten, Nigeria und Angola seien Produzenten von LNG und wären in der Lage, mehr Flüssiggas nach Europa zu exportieren. "Dafür braucht es auch gar keine Flüssiggasterminals in Deutschland, denn es gibt schon jetzt insgesamt 20 solcher Terminals in Europa", sagte Liebing. Zusammen könnten diese vier afrikanischen Länder einen signifikanten Beitrag zur Versorgungssicherheit Deutschlands und Europas mit Erdgas leisten und die Abhängigkeit von Importen aus Russland senken.

    IEA vorsichtig optimistisch

    Einen vorsichtig optimistischen Ausblick liefert nun auch die Internationalen Energieagentur (IEA). Ihr zufolge kann seine Importe von russischem Gas innerhalb eines Jahres um mehr als ein Drittel reduzieren. Die IEA kündigte dazu einen Zehn-Punkte-Plan an. "Niemand gibt sich mehr Illusionen hin. Dass Russland seine Erdgasressourcen als wirtschaftliche und politische Waffe einsetzt, zeigt, dass Europa schnell handeln muss, um für den nächsten Winter auf erhebliche Unsicherheiten bei den russischen Gaslieferungen vorbereitet zu sein", erklärt IEA-Chef Fatih Birol. Die in Paris ansässige IEA koordiniert die Energiepolitik der Industrieländer.

    Die EU bezieht rund 40 Prozent ihrer Erdgaslieferungen aus Russland. Zwar sind die Lieferungen trotz der Sanktionen und Spannungen nach der russischen Invasion in die Ukraine noch stabil geblieben. Die Preise sind aber wegen der Furcht vor Lieferausfällen in die Rekordhöhen geschossen. Es wird befürchtet, dass Russland seine Lieferungen drosseln könnte oder EU-Sanktionen auf die russischen Energieexporte abzielen könnten.

    https://industriemagazin.at/news/ukraine-experte-kuenftig-mehr-lng-in-europa-aber-auch-kohle-atom-geschichte-zu-ersatz-von-russischem-erdgas/

    … aber wie Österreich anders an Gas kommen könnte, ist völlig unklar: Es gibt meines Wissens keine Glüssiggas-Umwandlungsterminals, die mit dem österreichischen Netz verbunden sind.

  26. "Die EU-Politiker würden durch ihre Handlungen die Energiepreise inzwischen überhitzen.“ (…)"

    Ganz eindeutig. Der Preisanstieg kommt, weil jetzt alle alles an Erdöl kaufen, was sie kriegen.

    US-Präsident Biden plant Stopp russischer Öllieferungen in die USA

    Länder wie Deutschland sind von Importen von russischem Erdgas und Erdöl abhängig und wollen deswegen bislang in diesem Bereich keine Sanktionen verhängen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte am Montag, Europa habe Energielieferungen aus Russland "bewusst" von Sanktionen ausgenommen. "Die Versorgung Europas mit Energie für die Wärmeerzeugung, für die Mobilität, die Stromversorgung und für die Industrie kann im Moment nicht anders gesichert werden", erklärte der Kanzler mit Blick auf Importe aus Russland.

    Europäische Regierungen informiert

    Der von der US-Regierung geplante Stopp der Ölimporte aus Russland ist nach Angaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck mit den Europäern abgestimmt. Deutschland werde aber nicht folgen und es gebe auch keine entsprechenden Forderungen aus den USA, sagte Habeck nach einer Sonderschalte der Energieminister von Bund und Ländern.

     Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, forderte einen Stopp der Importe von Gas und Öl aus Russland.

    Die Drohung des russischen Präsidenten Putin, die Gaspipeline Nord Stream 1 abzuschalten, zeige nur, "dass ihn unsere Sanktionen hart treffen", sagte die FDP-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. "Wir müssen jetzt das Heft des Handelns in der Hand behalten und uns dazu entscheiden, ein neues Kapitel Gas und Öl aufzuschlagen. Deutschland muss den Importstopp dieser beiden Rohstoffe aus Russland sofort umsetzen."

    Nein, das zeigt nicht nur, dass die Sanktionen Russland hart treffen, es zeigt auch, das  sie Nordstream 1 zudrehen können, also den Westen durchaus auch schädigen können.

  27. Kaum macht man den Fernseher wird man mit Kriegspropaganda zugeschüttet. "Die Anstalt" – eine Satiresendung macht Putin Witze, um Putin mal so richtig lächerlich zu machen und durch den Kakao zu ziehen. Klaus von Wagner stellt öffentlich seinen Pazifismus in Frage, weil man braucht jetzt halt einfach Waffen, um Putin aufzuhalten. Die ganze Leute stellen selbstkritische Fragen und wissen plötzlich, dass es ein Fehler war auf russische Energie zu bauen, geben sogar Trump recht in seiner Einschätzung, man hätte sich in russische Abhängigkeit begeben. Putin wäre schon immer ein Egomane und böser Machtpolitiker gewesen, dem man nie hätte trauen dürfen. Als wäre Putins Tun nicht die Konsequenz dessen, wie der Westen mit ihm umgesprungen ist. Es wird ein regelrechtes Kriegsgeschrei veranstaltet. Es besteht jetzt nach der "Zeitenwende" weitgehend Einigkeit darin, dass man Russland fertig machen muss und das jeder Euro oder Dollar Richtung Russland ein Euro zuviel ist. Es wird öffentlich betränt, dass man leider,  leider auf russisches Gas angewiesen ist, dass es sich dabei aber um einen unhaltbaren Zustand handelt.

    Es wird gefragt: Können wir die Energiesicherheit auch anders gewährleisten. – Ja, sagt die Expertin, es wird aber sehr teuer und wird der Wirtschaft massiv schaden. Die andere Frage lautet aber, lässt sich das Russland bieten, wenn es vom Westen an die Wand gedrückt wird. Diese Möglichkeit wird geflissentlich ignoriert. Das muss man einfach machen. Strack-Zimmermann sagt sogar, Putin sei eh so unberechenbar, dass es nichts nutzen würde darauf Rücksicht zu nehmen. Das meine ich mit skrupelloser Drecksau, dass man  so prinzipiell wird, dass jede Rücksicht über Bord wirft und Millionen von Toten in Kauf nimmt nur um Russland zu schaden.

    Waffenlieferungen? Aber klar doch! Wie konnten wir früher nur so naiv sein Zurückhaltung zu üben, (wie auch immer diese Zurückhaltung ausgesehen hat.) Mehr Waffen in die Ukraine! Die Polen haben jetzt anscheinend die Düse gekriegt und wollten ihre alten Migs nur hergeben, wenn sie dafür Nato-flugzeuge bekommt. Zu diesem Zweck sollten die Migs erst nach Rammstein geflogen werden. Wahrscheinlich damit die russische Bombe nach Deutschland und nicht nach Polen geschickt wird. Die Gäste bei  Lanz hätten damit alle kein Problem gehabt.

    Die USA hat das dann klar abgelehnt, weil sie das offenbar für zu riskant eingeschätzt hat.

    Warschau schloss eine direkte Lieferung in das Nachbarland indes wiederholt aus. „Entscheidungen über die Lieferung von Offensivwaffen müssen auf der Ebene der gesamten Nato einstimmig getroffen werden“, sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki am Dienstagabend in Oslo. Polen könne keine eigenständigen Schritte unternehmen, weil es nicht an diesem Krieg beteiligt sei.

    Das US-amerikanische Verteidigungsministerium lehnte Polens Vorschlag jedoch ab. Wie CNN in der Nacht zu Mittwoch berichtete, wies es den Vorstoß als „nicht haltbar“ zurück. Pentagon-Pressesprecher John Kirby unterstich demnach die „Komplexität“ der Übergabe der Kampfflugzeuge an die Ukraine.

    Die USA würden sich weiterhin mit Polen und anderen Nato-Verbündeten über diese Frage und die „damit verbundenen schwierigen logistischen Herausforderungen“ beraten. „Aber wir glauben nicht, dass der polnische Vorschlag umsetzbar ist“, sagte Kirby. Er erklärte zudem, die von Polen vorgeschlagene Lösung sei zu riskant, da die USA und die Nato einen offenen Konflikt zwischen der Allianz und Russland vermeiden wollten.

    Wagenknechts Wochenschau: Hochrüstung und Kriegsrhetorik – Taumeln wir in den III. Weltkrieg? https://www.youtube.com/watch?v=SYLsSPSjTX8

  28. So so, die „Anstalt“ dreht auch ihr Fähnchen nach dem Winde.

    Was das Öl betrifft, ist es inzwischen so, daß westliche Ölfirmen kein russisches Öl kaufen, weil sie Repressalien befürchten. Sodaß die Russen auf ihrem Öl sitzenbleiben und die Preise hier weiter steigen.

    Ich frage mich, was das alles für die EU heißt, wo Tomaten von Südspanien auf der Achse bis ins Baltikum gekarrt werden, um nur ein Extrembeispiel zu nennen. Ohne billigeb Transport – das gilt übrigens auch für Schiffe – ist das ganze EU-Modell gefährdet.

  29. Heute hab ich im Radio gehört, dass wegen der hohen Dieselpreise die Speditionen möglicherweise ihre Laster stehen lassen müssten. Weil es sich nicht lohnt und Überbrückungspolster nicht vorhanden sind. Das würde zu Unterbrechung der Lieferketten führen. Die Bundesregierung solle ein Sofortmaßnahmenpaket schnüren. Dabei ist ganz unklar, ob wirklich zu wenig Öl da ist, wenn das Russische nicht mehr gekauft wird, oder ob der Preisanstieg der Spekulation damit zu verdanken ist. Die Regierung würde im Fall, dass ein Maßnahmenpaket verabschiedet wird, die Extrapofite der Spekulanten finanzieren.

    “So so, die „Anstalt“ dreht auch ihr Fähnchen nach dem Winde.” Ja, echt übel.
    https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-8-maerz-2022-100.html
    Nur für den Fall, dass du ein echt biologisches Brechmittel benötigst. Wirkt zuverlässig.

    Vielleicht hat die AIIB Angst, dass sie das Geld verliert, dass sie an Russland verleiht. Soll heißen, dass sie mehr oder weniger keine Wahl hat.

  30. Verhandlungen über Kriegsende-Was Russland und die Ukraine fordern

    Das bietet Präsident Selenskyj an

    • Verzicht auf Nato-Mitgliedschaft: Ein Nato-Beitritt ist seit 2019 in der Verfassung der Ukraine festgelegt, Präsident Selenskyj zeigt sich nun bereit, dieses Ziel aufzugeben. Er habe seine Haltung zu dieser Frage "schon vor einiger Zeit abgemildert", da die Nato offenbar nicht bereit sei, "die Ukraine zu akzeptieren", sagte Selenskyj.

     Das fordert Präsident Selenskyj

    • Sicherheitsgarantien des Westens: Die Ukraine sei nur bereit, auf die Nato-Mitgliedschaft zu verzichten, wenn es Sicherheitsgarantien des Westens gebe. "Garantiestaaten könnten die USA, die Türkei und die Nachbarstaaten der Ukraine werden."

    LOL. Also Selenski bietet die Neutralität der Ukraine an, da die Nato die Ukraine sowieso nicht in die Nato aufnehmen wird. Was bietet er dann eigentlich an? – Es wird noch besser. Dieses "Zugeständnis", das keines ist, wird nur gemacht wenn die Nachbarstaaten, die USA und die Türkey Sicherheitsgarantien für die Ukraine abgeben. Also quasi eine Nato Mitgliedschaft ohne Natomitgliedschaft. Damit er dann die Ukraine noch 4 Jahre hochrüsten kann, dann einen Krieg vom Zaun bricht, in den er dann die USA, quasi die Nato mit reinziehen kann. 

    Ticker:
    “Doch nun weigert sich China der russischen Flugsicherheitsbehörde Rosawiazia zufolge offenbar auch, russische Fluggesellschaften mit Ersatzteilen für Flugzeuge zu versorgen. Man werde versuchen, Ersatzteile aus anderen Ländern wie Indien oder der Türkei zu beschaffen, wird ein Sprecher der Behörde zitiert.”

  31. @Kehrer

    Ja, China ist echt sauer, weil es nicht rechtzeitig informiert wurde und sich daher auf den ganzen Sanktionshagel nicht vorbereiten konnte. Das ist ein Hinweis darauf, wie plötzlich und auch für viele russische Politiker und Unternehmer unerwartet der Beschluß für den Einmarsch gefaßt wurde.

    Das „Angebot“ Selenskijs, auf den status quo ante zurückzukehren, ist in diesem Augenblick ein Probeballon dahingehend, ob die russische Seite zum Rückzug mit leeren Händen bereit ist.

  32. "Das „Angebot“ Selenskijs, auf den status quo ante zurückzukehren, ist in diesem Augenblick ein Probeballon dahingehend, ob die russische Seite zum Rückzug mit leeren Händen bereit ist."

    Sehr gut formuliert. Genau das ist es.

  33. Die Satire ist ein Totalausfall. Auch Jan Böhmermann weiß, was er dem nationalen Publikum schuldig ist – Genuss der eigenen Parteilichkeit – und hetzt gegen Putin was das Zeug hält. Bei Böhmermann war das allerdings zu erwarten nach seinen Auslassungen über Streek und Kekule.

  34. Putin: "Sanktionen werden Russlands Unabhängigkeit fördern"

    Die beispiellosen Sanktionen des Westens werden Russland laut Kremlchef Wladimir Putin unabhängiger vom Rest der Welt machen. "Sanktionsdruck gab es schon immer, aber jetzt hat er einen komplexen Charakter, er schafft bestimmte Fragen, Probleme und Schwierigkeiten für uns", räumte Putin am Donnerstag bei einer Sitzung mit Regierungsvertretern ein. Russland werde diese aber lösen und halte auch seine Energie-Verpflichtungen ein. (…)

    https://www.sn.at/politik/weltpolitik/putin-sanktionen-werden-russlands-unabhaengigkeit-foerdern-118250902

    Putin ist offenbar zu dem Schluß gekommen, daß der ganze Weg nach Westen und die Öffnung gegenüber dem Kapital vom nationalen Standpunkt Rußlands ein Fehler war.

  35. Maduro leidet mit Putin

    Nicolás Maduro dürfte ziemlich angespannt sein. Der Krieg seines russischen Amtskollegen Wladimir Putin gegen die Ukraine ist zwar weit weg von Venezuela. Doch die Folgen der Sanktionen gegen Russland wird das sozialistische Regime in Caracas unmittelbar zu spüren bekommen. Russland ist für Venezuela zu einem wichtigen Umschlagplatz geworden. Machthaber Maduro nutzt das russische Bankensystem, um die amerikanischen Sanktionen zu umgehen und weiterhin Erdöl und auch größere Mengen Gold zu exportieren. Caracas braucht die Devisen, um Nahrungsmittel und andere Grundgüter nach Venezuela zu importieren. Russlands Ausschluss aus dem internationalen Finanzsystem wird Maduro deshalb vor größere Probleme stellen, sind sich Ökonomen einig.

    Bereits unter dem Eindruck der amerikanischen Sanktionen, die sich unter anderem gegen venezolanische Staatsbetriebe und Institutionen wie die Zentralbank richten, hat der staatliche Erdölkonzern PdVSA 2019 seinen Ableger in Europa von Lissabon nach Moskau verlegt. Seitdem werden alle Finanzoperationen für venezolanische Öl- und Goldexporte von Moskau aus abgewickelt, was zuvor direkt über die venezolanische Zentralbank erledigt wurde. So ließen sich die Sanktionen offenbar relativ einfach umgehen. Doch mit dem Ausschluss von Russlands Banken aus dem internationalen Transfersystem SWIFT ist auch Venezuela von seinen wichtigsten internationalen Operationen abgeschnitten.

    Die venezolanische Regierung verbirgt die Zahlen der Zentralbank sowie die wichtigsten Wirtschaftsindikatoren. Es ist daher schwer einzuschätzen, wie stark PdVSA und damit der Staat betroffen sind. Das Erdöl hat längst nicht mehr das wirtschaftliche Gewicht früherer Jahre. In den vergangenen 20 Jahren ist Venezuelas Produktion durch Korruption, Misswirtschaft und mangelnde Investitionen von 3,3 Millionen Fass je Tag auf unter 700 000 Fass gefallen. Der Ölhandel über Russland und andere Staaten wie beispielsweise Iran hat sich dennoch als eine wichtige Lebensader für das Maduro-Regime erwiesen.

    Zu einer zweiten Lebensader ist das venezolanische Gold geworden. Venezuela besitzt große Mineralreserven im Orinoco-Becken, in die auch Russland vor wenigen Jahren etwa eine Milliarde Dollar investiert hat. Moskau hat Beteiligungen an einem Gebiet von mehr als 100.000 Quadratkilometern, wo es schätzungsweise 7000 Tonnen Gold, Kupfer, Diamanten, Eisen, Bauxit und andere Reserven gibt. Das Gebiet ist umkämpft. Die Minen werden teilweise von kriminellen Organisationen kontrolliert. Die Präsenz von kolumbianischen Guerilla-Gruppen in der Region hat das Szenario noch komplexer gemacht. 70 bis 90 Prozent des Goldes werden auf illegale Weise abgebaut und gehandelt, auch mithilfe von ranghohen Funktionären.
    (…)

    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/sanktionen-gegen-russland-maduro-leidet-mit-putin-17849545.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

  36. "Putin ist offenbar zu dem Schluß gekommen, daß der ganze Weg nach Westen und die Öffnung gegenüber dem Kapital vom nationalen Standpunkt Rußlands ein Fehler war."

     Kapitalismuskritisch wird er wahrscheinlich nicht, aber die Öffnung gegenüber westlichem Kapital stellt sich jetzt klar als Gefährdung der nationalen Souveränität dar. Das ist die spiegelbildliche Auffassung der Deutschen, die jetzt alle wissen, dass man sich von russischem Gas und Öl unabhängig machen muss. So denkt Putin jetzt wahrscheinlich, dass man sich von der Verstrickung in die Dollar- und Eurowelt lösen muss. Es reicht gar nicht Weltgeld zu besitzen, ein großen Devisenschatz aufzuhäufen, sondern man muss über Weltgeld g e b i e t e n, um nicht davon abhängig zu sein. Insofern ist es völlig klar worauf das rausläuft. Nämlich von der völligen Abkopplung Russlands vom Dollar. China bekommt gerade auch vorgeführt, was ihre riesigen Dollarschätze ihr im Ernstfall nützen. Die werden das aufmerksam verfolgen  und vielleicht zusammen mit Russland eigene Finanzsysteme aufbauen. 

    Die Sanktionen könnten sich langfristig als schwerer Fehler für die USA erweisen. Dann nämlich wenn sich der geschaffene Reichtum auf der Welt nicht mehr hauptsächlich in Dollar bilanziert.

  37. @Kehrer

    Kapitalismuskritisch wird er wahrscheinlich nicht

    Die Frage ist, was ist „kapitalismuskritisch“?

    Für Putin und den Kreis seiner Geheimdienstfreunde ist der erste Gesichtspunkt der Staat und seine Macht. Alles andere wird darauf begutachtet: Nützt es oder schadet es?
    Der erste Fall von „Kapitalismuskritik“ war die Ausschaltung von Chodorkowski, der die Rohstoffe Rußlands an die New Yorker Börse bringen und die Ausplünderung Rußlands auch gleich noch verfassungsmäßig absichern wollte.
    Seither wurde jede Menge Unternehmen verstaatlicht, und die Sanktionen und den Rückzug westlicher Firmen betrachtet Putin anscheinend als Gelegenheit, auch hier einiges zu verstaatlichen.

    Die EU ist übrigens in dieser Hinsicht ein warnendes Beispiel für Politiker wie Putin: Abhängigkeiten in alle Richtungen, wegen „Outsourcing“: Internet und Software von den USA, Microchips und sogar Masken und Ähnliches aus Fernost, Energie aus Rußland.
    Das ganze „Modell“, von dem aus die EU gestartet ist, mit ökonomischem Power die USA zu überholen, ist in ein groteskes Gegenteil umgeschlagen, wo ihre Politiker zwischen den verschiedenen Abhängigkeiten lavieren müssen.

    Die werden das aufmerksam verfolgen und vielleicht zusammen mit Russland eigene Finanzsysteme aufbauen.

    Daran arbeiten sie ja schon seit geraumer Zeit, im Versuch, so etwas wie die bilateralen Umrechnungen der beiden Währung wie einstmals im RGW neu zu schaffen.

    Was mir gerade noch einfällt: Als Moskau 2011 sein Stadtgebiet erweiterte – mehr als verdoppelte –, so war damals auch geplant, eine Rohstoffbörse einzurichten, die der Londoner oder dem Rotterdamer Spotmarkt das Wasser abgraben sollte. Für Energieträger, Metalle aller Art usw.

    Der Plan wurde ziemlich bald auf Eis gelegt.

  38. Russland macht sein Internet unabhängiger und einfach überwachbar

    Der Staat stellt nun eigene TLS-Zertifikate aus. Das würde theoretisch auch eine weitreichende Überwachung des Internetverkehrs von russischen Nutzern ermöglichen

    Seit Jahren probt Russland regelmäßig die Abtrennung des eigenen Landes vom Internet – und dann das: Die infolge des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine verhängten Sanktionen haben in den vergangenen Tagen deutlich gezeigt, dass das russische Netz bei weitem nicht so unabhängig ist, wie man es gerne hätte. Gerade der Rückzug großer Firmen hat einige Probleme verursacht, auch gegen Angriffe ist man offenbar nur begrenzt gewappnet – eben weil man viele wichtige Infrastrukturdienste gar nicht selbst im Griff hat.

    Maßnahmenpaket

    Aktuell versucht die russische Regierung diese Defizite also mit Hochdruck auszuräumen. Nachdem Regierungsseiten bereits vor wenigen Tagen die Nutzung von ausländischem Hosting sowie von in anderen Ländern angesiedelten DNS-Diensten verboten wurde, folgt nun der nächste Streich. Und zwar einer, der dem Staat auch weitreichende Überwachungsmöglichkeiten eröffnet.

    Der russische Staat hat in den vergangenen Tagen eine eigene "Certificate Authority" (CA) gestartet. Solche Stellen sind dafür gedacht, um TLS-Zertifikate für Webseiten auszustellen, die dann zur Verschlüsselung des Datenverkehrs am Weg zwischen Nutzer und dem jeweiligen Server verwendet werden. Sie stellen also einen zentralen Punkt moderner Sicherheit im Internet dar, in dem sie sicherstellen, dass am Transportweg der Daten niemand mitlesen kann.

    Ein logischer Schritt

    An sich ist dieser Schritt durchaus logisch. Immerhin waren schon vorher Befürchtungen laut geworden, dass viele russische Webseiten infolge der Sanktionen ihre Zertifikate verlieren könnten, was für russische Nutzer verheerend wäre. Immerhin hieße das, dass dann all die Kommunikation zu den betroffenen Servern nur mehr unverschlüsselt klappt, im schlimmsten Fall also jemand am Weg selbst die Kommunikation mit Banken einsehen und sogar manipulieren könnte.

    Um das zu verhindern, sollen die Nutzer nun das sogenannte Root-Zertifikat der neuen staatlichen Certification Authority installieren. Das ist notwendig, damit die betreffenden TLS-Zertifikate überhaupt vom jeweiligen Browser akzeptiert werden, ansonst verweigert dieser die Verbindung. Eine Ausnahme bildet der Yandex Browser, bei dem besagtes Root-Zertifikat in der aktuellsten Version offenbar schon vorinstalliert ist.

    Ein gefährlicher Schritt

    Klingt alles nachvollziehbar, hat aber ein nicht gar so kleines Problem. Genau das öffnet nämlich den Weg zur Totalüberwachung des russischen Internets. Theoretisch kann der Staat damit nämlich dann Zertifikate für beliebige Seiten ausstellen und so für "Man in the Middle"-Attacken nutzen. Also den Datenverkehr über eine eigene Zwischenstelle umleiten und dort mitlesen. Die Nutzer würden davon nichts merken, da ihr Browser das falsche Zertifikat für echt hält – nachdem zuvor das Root-Zertifikat akzeptiert wurde.

    Es gibt Vorbilder

    Einen Beleg dafür, dass dies auch tatsächlich für Überwachung genutzt wird, gibt es bisher nicht. Dass diese Befürchtung mehr als nur ein theoretisches Szenario darstellt, zeigt aber ein Blick in eines der Nachbarländer Russlands. Die Regierung Kasachstans hat nämlich in den vergangenen Jahren bereits mehrfach genau solch eine Methode angewandt, um die eigene Bevölkerung auszuspionieren.

    https://www.derstandard.at/story/2000134033680/russland-macht-sein-internet-unabhaengiger-und-einfach-ueberwachbar
    ————-

    Die EU spricht bei den Sanktionen nicht mit einer Stimme:

    Deripaska fehlt auf der EU-Sanktionsliste

    Das Außenministerium bestreitet die Blockade von EU-Sanktionen gegen den in Österreich bestens vernetzten Milliardär

    In der umfangreichen Liste der von der EU wegen des russischen Angriffskriegs sanktionierten Personen fehlt ein Name: Oleg Deripaska. Der russische Aluminium-Milliardär soll kurz nach Kriegsbeginn noch in einem Entwurf einer Sanktionsliste gestanden sein, berichten die ARD und die "Zeit".

    Vertrauliche Beratungen

    Deripaska befindet sich seit Jahren auf einer Sanktionsliste der USA, am Donnerstag wurde er auch von Großbritannien mit Sanktionen belegt. Warum Deripaska von der EU-Sanktionsliste verschwunden ist, ist unklar. Die EU-Kommission will sich dazu nicht äußern, da die Beratungen vertraulich seien. Auch die Regierung in Wien beruft sich auf die Vertraulichkeit der Entstehung der Sanktionsliste.

    Deripaska hat in Österreich starke wirtschaftliche Interessen. Über eine Holding ist er mit fast einem Drittel an der Strabag beteiligt, in Lech ließ er das Luxushotel Aurelio errichten, das mittlerweile seinem Cousin Pawel Esubow gehören soll. Laut "Forbes" investierte Deripaska 30 Millionen Dollar in das Hotel.

    Österreichs Außenministerium widersprach auf Twitter Gerüchten, wonach Österreich die Sanktionen gegen Deripaska torpediert habe. Man halte "unmissverständlich fest, dass die österreichischen Vertreter in den gesamten Beratungen in Brüssel die vom Hohen Vertreter vorgeschlagenen Listungen in keinster Weise beeinsprucht oder Änderungen eingefordert haben, sondern diese vollumfänglich mitgetragen haben. So werden wir das auch in Zukunft handhaben."

    https://www.derstandard.at/story/2000134027431/deripaska-fehlt-auf-der-eu-sanktionsliste

  39. Ich verstehe Putin und Lawrow nicht, die selbst jetzt, nach Saktionsverschärfungen, die Rußland gemäß Baerbock "ruinieren" sollen und garantiert enorme Schäden nach sich ziehen werden, immer noch an den bisherigen Energielieferverträgen festhält, "alle Verträge werden von uns erfüllt", wo doch die Gegenseite gerade überhaupt keinen Vertrag erfüllt. Warum bekommt z.B. ausgerechnet Deutschland weiter Gas geliefert, wo unklar ist, ob Rußland dafür überhaupt einen einzigen Dollar oder Euro als Bezahlung erhalten wird, so massiv wie der Finanzsektor mit Sanktionen und Verboten eingedeckt wurde.

  40. "Die Frage ist, was ist „kapitalismuskritisch“?" Na z.B. die Einführung von Planwirtschaft wäre eine praktische Kapitalismuskritik. Verstaatlichte Unternehmen sind halt immer noch Unternehmen. Den Kapitalismus auf den Staat zu verpflichten, würde ich nicht als Kapitalismuskritik durchgehen lassen.

    Die EU ist übrigens in dieser Hinsicht ein warnendes Beispiel für Politiker wie Putin: Abhängigkeiten in alle Richtungen, wegen „Outsourcing“: Internet und Software von den USA, Microchips und sogar Masken und Ähnliches aus Fernost, Energie aus Rußland.

    Früher hieß das mal Neoliberalismus und war der Renner schlechthin. Am besten alles dem Markt und privaten Firmen überlassen. Ich bin mir nicht sicher, ob das nun zu Ende geht. 

    Daran arbeiten sie ja schon seit geraumer Zeit, im Versuch, so etwas wie die bilateralen Umrechnungen der beiden Währung wie einstmals im RGW neu zu schaffen.

    Bloß stellt sich die Notwendigkeit/Dringlichkeit schon ein bisschen anders dar, wenn man gerade aus dem Swiftsystem rausgeflogen ist.

    Der Plan wurde ziemlich bald auf Eis gelegt.

    Auf Eis hält er sich am längsten frisch. 🙂

    Ich verstehe Putin und Lawrow nicht, die selbst jetzt, nach Saktionsverschärfungen, die Rußland gemäß Baerbock "ruinieren" sollen und garantiert enorme Schäden nach sich ziehen werden, immer noch an den bisherigen Energielieferverträgen festhält, "alle Verträge werden von uns erfüllt", wo doch die Gegenseite gerade überhaupt keinen Vertrag erfüllt. 

    Es gibt mehrere mögliche Antworten. 1.Sie wollen als Geschäftspartner berechenbar bleiben und weiter Rohstoffe exportieren. 2. Können sie das immer noch z.B. wenn sich die Nato entschließt doch noch Flugzeuge von Rammstein Richtung Ukraine starten zu lassen 3. Weiß man nicht genau was eingefroren ist und was nicht. Bezahlt wird das Gas und Öl wahrscheinlich weiterhin, aber inwieweit sie auf das Geld Zugriff haben ist unklar. Will sagen die Europäer stellen ja nicht die Zahlungen ein.

  41. @Neoprene

    wo unklar ist, ob Rußland dafür überhaupt einen einzigen Dollar oder Euro als Bezahlung erhalten wird

    Soweit ich weiß, wurde das SWIFT-System nur für einige russische Banken gesperrt, für die Gaszahlungen gibt es weiterhin Möglichkeiten.
    Rußland würde nicht liefern, wenn es nicht bezahlt würde.

    Man muß bedenken, daß eine Sache ist, wie mit großem medialem Getöse Sanktionen verhängt werden und eine andere, wie dahinter leise weiter gewisse Geld- und Warenströme fliessen.
    Ich nehme Ähnliches wahr wie bei der Krimkrise 2014, daß um den Preis der einhelligen Zustimmung Hintertüren offen gelassen werden.

    @Kehrer

    Am besten alles dem Markt und privaten Firmen überlassen. Ich bin mir nicht sicher, ob das nun zu Ende geht.

    Das ist eine Frage des Bestehens der EU: Sie hat sich das in ihre Gründungs- und weiteren Verträge hineingeschrieben. Das war für sie die Erfolgsmasche.
    Die Fähigkeit zu verstaatlichen hat Rußland und hat das UK seit dem Brexit.
    Bei den USA kenne ich mich nicht so gut aus, es mag sein, daß das verfassungsmäßig als eine Beschränkung des „pursuit of happiness“ festgelegt ist.

    Aber die EU müßte sich dafür sozusagen neu erfinden.

  42. "Sie wollen als Geschäftspartner berechenbar bleiben". Ja das betonen die russischen Politiker ja treppauf treppab. Nur wirkt das irre in einer Situation, in einem Wirtschaftskrieg, wo Rußland vom Westen vorgehalten bekommt, daß Rußland mit überhaupt nicht rechnen kann und darf und Verträge das Papier nicht wert sind, auf dem sie feierlich unterschrieben wurden.

    "Sie wollen weiter Rohstoffe exportieren". Ja, wenn sie dafür bezahlt würden, dann machte das Sinn. Wenn aber die USA weltweit durchsetzen, daß Gazprom & Co. buchstäblich keinen Cent dafür sehen dürfen, dann schenkt Rußland also dem Westen die Mittel für dessen Krieg gegen Rußland?

    " Können sie das immer noch z.B. wenn sich die Nato entschließt doch noch Flugzeuge von Rammstein Richtung Ukraine starten zu lassen." Dann stehen alle Staaten aber eh schon in der ersten Stufe des dann weiter eskalierenden Dritten Weltkriegs. Dann werden wohl in der Tat keine Pipelines mehr benötigt werden.

    "Bezahlt wird das Gas und Öl wahrscheinlich weiterhin" Vielleicht, nur können die russischen Exporteure mit dem Geld dann nichts anfangen, weil ihnen ja die Weltfinanzmärkte genauso verschlossen werden wie Warenmärkte für Industriegüterimporte z.B. 

  43. @Neoprene

    Wenn aber die USA weltweit durchsetzen, daß Gazprom & Co. buchstäblich keinen Cent dafür sehen dürfen, dann schenkt Rußland also dem Westen die Mittel für dessen Krieg gegen Rußland?

    Ich bin überzeugt, daß Rußland nix herschenkt. So blöd sind sie auch nicht. Wenn also Gas fließt, so wird es gezahlt.

    Das letzte Wort in der Frage ist noch nicht gesprochen, aber die EU kann es sich einfach nicht leisten, kein Gas von Rußland mehr zu beziehen.
    Und wie es aussieht, haben das die USA derzeit auch eingesehen.

    Was die Waffenhilfe für die Ukraine betrifft, so habe ich langsam den Eindruck eines gewissen Zynismus: Die Ukraine soll einmal beweisen, daß sie den russischen Bären stoppen kann. Waffen kriegt sie, aber benützen müssen sie die Ukrainer. Dann ist sie auch würdig, in die NATO aufgenommen zu werden.
    Wenn sich das Kriegsglück sehr gegen die Ukraine wendet, so kann man ja noch immer eskalieren.

  44. neoprene: 1. Das heißt doch nur, dass Russland noch nicht alle Konsequenzen zieht, die es ziehen könnte. Das kann aber alles noch kommen. 2. "dann schenkt Rußland also dem Westen die Mittel für dessen Krieg gegen Rußland?" Das sehen die Europäer umgekehrt genauso, weswegen sie sich von Abhängigkeit von russischem Öl und Gas befreien wollen. 3. " Dann werden wohl in der Tat keine Pipelines mehr benötigt werden." Das weißt du doch nicht wann und wie eskaliert wird und ob dann keine Pipelines mehr benötigt werden. 4.  "Vielleicht, nur können die russischen Exporteure mit dem Geld dann nichts anfangen," Wenn das so ist, werden sie sicher irgendwann die Konsequenz ziehen nichts mehr zu liefern. Vielleicht fahren dann Goldlaster von West nach Ost.

    "Dann ist sie auch würdig, in die NATO aufgenommen zu werden." Die Ukraine wäre nur dann würdig, wenn Russland völlig zerschlagen ist. Ist sie das nicht wäre die Nato schön blöd die Ukraine regulär in die Nato aufzunehmen, weil sie dann in einen direkten Krieg mit Russland reingezogen werden würde.

  45. Imperium vor dem Abstieg

    Sanktionen treiben Russland aus der Abhängigkeit vom US-Dollar. Die drastischen Wirtschaftssanktionen, die die USA und die EU als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine erlassen haben, werfen ihre Schatten voraus. Der US-Ökonom Michael Hudson interpretiert die Folgen dieser Maßnahmen als Auftakt vom Abstieg der Vorherrschaft der Vereinigten Staaten. Im folgenden dokumentieren wir einen leicht gekürzten Artikel, den Michael Hudson am 6. März auf seinem Blog veröffentlicht hat.

    (jw/11.03.22)

  46. Ich bin mir nicht sicher, ob man davon ausgehen kann, daß für die europäischen Staaten die Sanktionen nur auf dem Papier stehen werden und sie weiter business as usual machen können. Insbesondere ob sie sich einem weitgehendem Embargo entziehen können/dürfen/werden. Denn die USA meinen es ja bitter ernst mit einem Wirtschaftsvernichtungskrieg gegen Rußland. Und eine Menge Politiker in der EU und selbst bzw. gerade in Deutschland auch. Baerbocks "wir werden die ruinieren" ist ja kein überzogener Spruch eines Stammtischmenschen, sondern ist die offizielle Verlautbarung einer NATO-Regierung, die in engster Absprache mit den USA in diesem Krieg agiert.
    Bei den Iran-Sanktionen wollte Deutschland eigentlich auch nicht so massiv mitmachen, hat es aber meines Wissens nach nicht geschafft, die Embargomaßnahmen der USA effektiv zu unterlaufen.

  47. Krieg der Getreide-Großmächte lässt weltweit Angst vor Brotrevolten wachsen

    Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine könnte weltweit Spannungen bringen. Schon jetzt müssen Helfer "Hungernden Essen nehmen, um es Verhungernden zu geben"

    Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auf immer katastrophalere Weise auf die weltweite Ernährungslage aus. Fachleute weisen schon jetzt auf stark steigende Preise von Lebensmitteln hin. Vor allem betrifft das den Weizen, dessen weltweite Exporte zu fast einem Drittel aus der Ukraine und Russland stammen, und dessen Weltmarktpreis seit Kriegsausbruch um 50 Prozent in die Höhe geschnellt ist.
    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000134007387/krieg-der-getreide-grossmaechte-laesst-weltweit-angst-vor-brotrevolten-wachsen

    Es ist eigentlich schon interessant, wie sich die Landwirtschaft weltweit entwickelt hat:

    Vor 1990 IMPORTIERTE die Sowjetunion Getreide, hauptsächlich aus Argentinien und den USA. Die Getreideproduktion Rußlands und der Ukraine deckte damals offenbar nicht einmal den Inlandsbedarf.

    Woraus buk der Rest der Welt sein Brot?

    Offenbar haben seither viele Staaten Lateinamerikas und Afrikas die eigene Getreideproduktion aufgegeben und die fruchtbaren Böden auf Cash Crops umgestellt, mit deren Exporterlösen sie den Getreideimport finanzieren. In Argentinien z.B. erfolgte eine großflächige Umstellung auf Sojaproduktion.

    Energie und Getreide – immer wurde Rußland belächelt, weil es keinen Industrieexport hinkriegte.
    Wie man inzwischen sieht, beruht die ganze Weltwirtschaft eben auf diesen Produkten.

  48. Diese angebliche Angst vor "Brotrevolten" war dem IWF schon immer fremd, wie man seinen drakonischen Auflagen für die Staaten, die seinen Kredit bemüht haben, ansehen konnte. Ich befürchte, daß demnächst zwar unter anderem das Brot drastisch teurer werden wird, aber das allein deshalb noch lange keine Revolte zu sehen sein wird. Das hätte nun wirklich schon früher kommen können/müssen.

  49. Na ja, über Brotrevolten in Ägypten oder Mali muß man sich auch nicht freuen. Das sind ja nicht Revolutionen, wo irgendwer ein anderes Konzept von Staat und Gesellschaft hätte, sondern da gehen Leute auf die Straße, weil sie nix mehr zum Fressen haben.

    In Kommentaren erinnern sich viele Leute daran, wie viele landwirtschaftliche Nutzflächen seit Jahren betoniert werden, um dort Shopping Centers oder Parkplätze hinzustellen. Die Erzeugung von Lebensmitteln ist irgendwie aus der Mode gekommen, seit die Supermarktketten die Einkaufspreise so drücken, daß viele Leute nicht mehr zu diesen Preisen produzieren können.

  50. China hat die USA und Europa am Mittwoch aufgefordert, seine Bedenken in der Ukraine-Frage und in den Beziehungen zu Russland ernst zu nehmen, und vor allen Schritten gewarnt, die den chinesischen Rechten und Interessen schaden könnten.

    Damit reagierte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, am Mittwoch auf eine Frage zu den Äußerungen der Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, zu den westlichen Sanktionen gegen Russland.

    Psaki hatte am Montag erklärt, dass die USA über Mittel verfügen, „Schritte zu unternehmen“, falls China sich nicht an die Sanktionen halte.

    „Sanktionen sind grundsätzlich kein wirksames Mittel, um Probleme zu lösen“, sagte Zhao auf der Pressekonferenz. China lehne alle Formen einseitiger Sanktionen und langwieriger Rechtsprechung durch die Vereinigten Staaten entschieden ab. China werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die legitimen Rechte und Interessen chinesischer Unternehmen und Einzelpersonen zu schützen, so Zhao weiter.

    Zhao fügte hinzu, dass die meisten chinesischen Staatsbürger bereits aus der Ukraine evakuiert worden seien. Zudem sei die erste Ladung humanitärer Hilfe noch am selben Tag aus Beijing verschifft worden und werde so bald wie möglich mit geeigneten Mitteln in die Ukraine gebracht.

    Als Reaktion auf die von der US-Seite verbreiteten Falschinformationen über angebliche Verwicklung Chinas in die Ukraine-Frage wies Zhao darauf hin, dass die US-Regierung in der Ukraine-Frage wiederholt Falschinformationen gegen China verbreitet habe, um vom eigentlichen Konflikt abzulenken und eine Konfrontation zu provozieren. All dies gehöre zu verabscheuungswürdigen Mitteln und böse Absichten.

    http://german.cri.cn/aktuell/alle/3250/20220309/741360.html

  51. Diese Tips für Anleger werfen ein bezeichnendes Licht auf die zukünftigen Unwegbarkeiten unserer Ökonomien:

    Zeitenwende an den Börsen: Wie sollen sich Anleger verhalten?

    Eine Kriegshypothek löst die Friedensdividende ab. An den Finanzmärkten werden die Karten neu gemischt – wobei Europa kein allzu gutes Blatt hat

    Der Ausbruch des Ukraine-Kriegs markiert einen Umschwung, auf den sich auch Anleger einstellen müssen – und unbequemen Tatsachen ins Auge blicken. Mit der Aussage, "die Friedensdividende ist auf jeden Fall zu Ende", findet Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen Research, klare Worte. Vorbei ist also jene Zeit nach dem Ende des Kalten Kriegs, in der Europa kostengünstig unter einen Verteidigungsschirm der USA schlüpfen konnte und billige Energie aus Russland bezog. Stattdessen laste nun "eine gewisse Kriegshypothek" auf dem Kontinent, der die stärksten Einbrüche bei Aktien verzeichnete.

    Auch der Blick in die Zukunft gewährt wenig florierende Aussichten. Schon zuvor ließ der Mangel an Technologiekonzernen den Kontinent alt aussehen, dazu kommen weitere Probleme: Die Abkehr von russischem Gas und Öl wird teuer werden, ebenso die Aufrüstung des Kontinents. "Es soll sich niemand täuschen lassen", betont Brezinschek, "eine geopolitische Zeitenwende ist angesagt."

    Zuvor hatten lange Zeit wirtschaftliche Wohlfahrtsaspekte in der Politik Vorrang gegenüber der Geopolitik – was sich Brezinschek zufolge nun umgekehrt hat: "Das ist ein Wechsel im Wirtschaftsregime." Was bedeutet, dass Versorgungssicherheit einen größeren Stellenwert als der günstigste Preis bekommt – ein Prozess, der mit der Rückverlagerung von Lieferketten oder Produktionsstätten nach Europa, etwa bei Computerchips, eingesetzt hat und sich nun verstärkt. Anders ausgedrückt: Die Globalisierungseffekte werden künftig neu verteilt.

    Staatsausgaben statt Geldpolitik

    Diverse Anlaufkosten sowie die Auswirkungen der hohen Energie- und Rohstoffpreise werden die Inflation weltweit hochhalten. Deshalb sind den Notenbanken, die zuletzt noch während der Covid-Pandemie als Krisenfeuerwehr eingesprungen seien, diesmal weitgehend die Hände gebunden. Sie müssten sich auf das Mandat der Preisstabilität, also Inflationsbekämpfung, konzentrieren. Vielmehr müsste diesmal die Fiskalpolitik, konkret über vermehrte Staatsausgaben, die Konjunktur unterstützen.

    Was das für die Geldanlage bedeutet? Die jüngsten Kursverluste haben gezeigt, wie schädlich sich ein sogenannter Home-Bias auswirken kann – also verstärkt im eigenen Land oder Kontinent zu investieren. Dadurch setzt man sich übermäßigen Risiken aus, sollte die Region – wie jetzt Österreich beziehungsweise Europa – in Probleme geraten, die bei einer breiteren geografischen Streuung zu verhindern gewesen wären. "Ein Home-Bias ist immer etwas Schlechtes", sagt Brezinschek.

    Er spricht sich daher für global breitgestreute Veranlagungen aus, wodurch sich auch die Risiken auf mehrere Währungen verteilen, deren Kursgewinne gegenüber Europa zuletzt ebenfalls Verluste abgefedert hatten. Besonders Nordamerika sieht Brezinschek derzeit aussichtsreicher als Europa. "Die USA haben in solchen Phasen meistens die Nase vorn."

    Kapitalflucht aus der Gemeinschaftswährung

    Wie wichtig eine regionale Streuung der Anlage auch in andere Währungsräume ist, zeigt der Absturz des Euro seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Gegenüber dem Dollar hat er auf Jahressicht mehr als sieben Prozent eingebüßt, das meiste davon seit Kriegsausbruch. "Der Euro kommt aus der politischen Ecke und der Zinsecke unter Druck", erklärt Raiffeisen-Chefanalyst Brezinschek. Aber auch gegenüber dem Schweizer Franken oder dem britischen Pfund hat die Gemeinschaftswährung an Terrain verloren.

    Mit folgendem Effekt: Die Verluste von Aktien oder anderen Anlage aus diesen Währungen wurden zumindest teilweise von Wechselkursgewinnen abgefedert. Dies gilt natürlich auch für andere Anlagen wie Staatsanleihen aus den USA, die bei zehnjährigen Papieren noch dazu fast 1,9 Prozent Rendite einspielen, verglichen mit mickrigen 0,2 Prozent ihrer deutschen Pendants. Auch der Preisaufschwung von Gold, das kurzfristig über die Marke von 2000 Dollar für eine Feinunze sprang, wurde für Investoren aus der Eurozone durch Wechselkursgewinne verstärkt.

    Durststrecke liegt in der Luft

    Schwer durchgebeutelt wurden seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs die europäischen Aktienmärkte, allen voran die bankenlastige Wiener Börse. Wer vor einem Jahr in den Euro Stoxx 50, gewissermaßen Leitindex der Eurozone, investierte, liegt nun zwei Prozent im Minus – im Gegensatz zur Wall Street. Diese erzielte gemessen am S&P-500-Index trotz der jüngsten Rückgänge im selben Zeitraum einen 11-prozentigen Zuwachs. Auch mit dem globalen MSCI-World, der zumindest ein kleines Plus aufweist, sind Anleger besser gefahren.

    "Man muss mit einer längeren Durststrecke bei riskanten Assetklassen wie Aktien rechnen", sagt Brezinschek. Besonders an alten Kontinent sei mit Risikoprämien zu rechnen, also geringere Bewertungen. Dazu kommt die sehr hohe Inflation, die derzeit die Börsen noch bremst. "Die Aktienmärkte werden wieder besser Tritt fassen, wenn die Inflation unter die Vier-Prozent-Marke sinkt", sagt Brezinschek. Technologie, Nachhaltigkeit, Energie, Infrastruktur, Verteidigung und Gesundheit sind Bereiche, in denen er künftiges Wachstum verortet.

    In Europa drohen sechs Prozent Teuerung

    Trotz der ökonomischen Schockwellen, die vor allem die Sanktionen gegen Russland ausgelöst haben, werden sich die Notenbanken vorrangig um Inflation kümmern müssen. Die Bank of England ist bereits mit Zinserhöhungen vorgeprescht, noch im März sollte die US-Notenbank Fed folgen, um die Teuerung zu bekämpfen. In Europa rechnet Brezinschek heuer mit einer etwa sechsprozentigen Teuerung, weshalb ihm zufolge auch die Europäische Zentralbank (EZB) – entgegen anderen Erwartungen – die geldpolitische Wende auf Schiene bringen muss. Sonst drohe eine Lohn-Preis-Spirale, die für weiteren Preisauftrieb sorgen würde.

    https://www.derstandard.at/story/2000134041057/zeitenwende-an-den-boersen-wie-sollen-sich-anleger-verhalten

    Das Mantra von den Zinserhöhungen als Anti-Inflations-Maßnahme wird gebetsmühlenartig hergebetet. Nachgeschaut, ob sich dieses Mittel überhaupt bewährt, wird natürlich nicht.
    Wenn die Fed und die britische Notenbank jedoch ihre Leitzinsen erhöhen, entziehen sie der Eurozone Kapital.

  52. Russische Infanteriefahrzeuge fahren mit Bauteilen von Bosch

    Die ukrainische Armee hat russische Fahrzeuge analysiert und dabei Bauteile von Bosch gefunden. Der Konzern bestätigt jetzt, dass die Komponenten aus seiner Produktion kommen.

    In Fahrzeugen der russischen Armee wurden Bauteile von Bosch verbaut. Das bestätigte der größte Autozulieferer der Welt am Montag. Entsprechende Vorwürfe hatte zuvor der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erhoben.

    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/ukraine-bosch-bestaetigt-bauteile-in-russischen-militaer-fahrzeugen-17876246.html

    Gibts jetzt bald Sanktionen gegen Deutschland?

    MacDonalds geht weg aus Rußland – es gibt doch auch gute Neuigkeiten

    Kann LNG russisches Pipeline-Gas in Europa ersetzen? (Teil III)
    Streitpunkt Energiesicherheit

    Wegen dem Krieg in der Ukraine sind Deutschland und die EU dabei, unter anderem die Energiepartnerschaft mit Russland zu überdenken.
    Vor dem Beginn der Kampfhandlungen am 24. Februar hatte Berlin bereits die Zertifizierung der Gasleitung ’Nord Stream 2’ ausgesetzt. Künftig könnte es darum gehen, die europäischen Energiesicherheit ohne die russischen Gaslieferungen zu verwirklichen. Dabei soll das importierte Pipeline-Gas am besten durch verflüssigtes Erdgas ersetzt werden. Allerdings lassen bereits Aspekte wie die globale Verfügbarkeit von Flüssiggas sowie die unzureichende LNG-Infrastruktur auf dem europäischen Kontinent die Perspektiven einer optimalen Nutzung dieses Energieträgers derzeit fraglich erscheinen.

    Angesichts des Kampfhandlungen in der Ukraine sind Deutschland und die Europäische Union dabei, das Verhältnis zu Russland zu überdenken. Das betrifft in hohem Masse auch die Energiepartnerschaft mit der russischen Seite. Berlin hatte zovur bereits als Reaktion auf die Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Regionen Donezk und Lugansk am 21. Februar durch Moskau die Zertifizierung der Gasleitung ’Nord Stream 2’ ausgesetzt. Inzwischen geht es für die Bundesrepublik und die EU im Hinblick auf die europäische Energiesicherheit wohl auch darum, Bedingungen dafür zu schaffen, um künftig auf russische Gaslieferungen verzichten zu können. (…)

    https://www.untergrund-blättle.ch/wirtschaft/theorie/europa-lng-gas-terminals-energiesicherheit-teil-3-6912.html

  53. Ich habe jetzt beide Posts mit Hinweisen zum GSP gelöscht, und zwar, weil beide unter dem Beitrag „Sanktionen“ gepostet wurden, aber mit denen gar nichts zu tun hatten.

    Hier ist keine GSP-Pinnwand, wo man das Zeug beliebig abladen kann.

  54. Man muß sagen, daß diese prominenten Herrschaften nicht nur in der Ruinierung der russischen Wirtschaft eifrig unterwegs sind, sondern auch in der der deutschen: So einen Importstopp kann sich doch Deutschand gar nicht leisten.

    Zum Glück sind die so prominent auch nicht, daß so ein Schrieb irgendwen beeindrucken würde.

  55. Es hat schon mal jemand gegeben, der alle Deutschen gefragt hat, "Wollt ihr den totalen Krieg?" Und bekanntlich haben die meisten Deutschen oder jedenfalls ein hinreichend großer Teil davon, den damals wohl tatsächlich haben wollen. Deshalb befürchte ich, daß es schon den eine noder anderen hierzulande geben wird, der Opfer bringen würde, wenn es nur zackig gegen Rußland geht.

  56. Ihr seid alle hysterisch.
    Es ist doch offensichtlich, daß im Augenblick weder ein NATO-Krieg angesagt ist, noch alle hingehen würden.
    Was da der Hinweis auf Adolf soll, weiß ich nicht.

    Man soll auch nicht alle Äußerungen von aufgeregten Moralhütern als Ausweis dessen nehmen, wie die ganze Bevölkerung denkt.

  57. Ja, jetzt sind viele hysterisch. Vor allem bei den ideologischen Kriegstreibern. Alle übrigens weder damals noch heute. Der Hinweis sollte belegen, daß eine Regierung, die die Unterstützung für ihren Kriegskurs hat, ihrer Bevölkerung, enorme Lasten und letztlich auch einen enormen Blutzoll aufbürden kann. 

  58. Polen hat jetzt den Vorschlag einer Friedensmission unterbreitet. Da muss ich auch sagen, im Moment steht das nicht zur Debatte. Das kann keine klassische Peace-Keeping-Operation im Moment sein. Das wäre ja dann eine Peace-Enforcement-Operation zur Unterstützung der Ukraine gegen Russland, und das wird die NATO auch nicht machen. Das sind Forderungen, die einfach dieser generellen Linie, sich nicht reinziehen zu lassen in diesen militärischen Konflikt, jedenfalls nicht aktiv, widersprechen.

    Dieser Vorschlag des polnischen Vizepremiers hat auch mich überrascht. Denn da ging es ja schon darum, bewaffnete NATO-Truppen auf ukrainischem Boden einzusetzen. Das wäre dann ja sozusagen eine Teilnahme an dem Konflikt gewesen.

    Richtig. Das muss man unter den jetzigen Maßstäben sehen. Ob mal eine Friedensmission kommen wird, nach einem Friedensschluss, wie immer der aussieht, das ist offen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt wäre das eine Peace-Enforcement-Operation, eine Friedens-Erzwingungs-Operation, und damit wäre die NATO Kriegspartei. Und ich finde, man muss mit diesen Forderungen wirklich aufpassen, dass man nicht sehenden Auges in einen dritten Weltkrieg hineingeht.

    Militärexperte zum Angriffskrieg: "Konventioneller Krieg war sehr erfolgreich für Russen" – n-tv.de

  59. Was hat dieser letzte Beitrag mit den Sanktionen zu tun?

    Ist es so schwierig, die Beiträge unter die entsprechenden Themen einzureihen?

  60. Was wäre denn deiner Meinung nach der richtige Thread gewesen, ich habe mir das nämlich auch überlegt gehabt, und fand, das dies hier nirgends richtig hingepaßt hat:
    Globalisierungsverlierer? Nein
    Sanktionen? Nein
    Wieso der Einmarsch? Nein 
    Wieso kein Krieg? Nein
    Das weltweite Finanzsystem? Nein

  61. Also die Einmarsch- und Kriegs-Threads sind für den Verlauf des Krieges da, warum denn „ungeeignet“?

    Hier bitte nur wirtschaftliche Themen.

    Raiffeisen Bank International könnte ganz aus Russland aussteigen

    Noch Anfang Februar stand ein Rückzug aus dem Geschäft mit Russland nicht zur Debatte. Jetzt prüft die RBI diese Option sehr wohl. Welchen Gewinn ließe man zurück?

    Für die Raiffeisen Bank International (RBI) spitzt sich die Lage in Russland immer weiter zu. Die Bank prüft nun alle Optionen für das Geschäft in dem Land – "bis hin zu einem sorgfältig gesteuerten Ausstieg aus der Raiffeisenbank in Russland", so RBI-Chef Johann Strobl in einer Aussendung vom Donnerstag. "Diese noch nie dagewesene Situation veranlasst die RBI, ihre Position in Russland zu überdenken."

    In den vergangenen Wochen hatte Strobl noch mehrmals betont, dass die RBI an der Russland-Tochter festhalten wolle. "Die Raiffeisen Bank International hat keine Pläne Russland zu verlassen", hieß es beispielsweise Anfang März in Reaktion auf einen Reuters-Bericht, dass die Bank einen Rückzug erwäge. Nun ist ein Verkauf oder gar ein Exit der Raiffeisen aus Russland nicht mehr ausgeschlossen.

    Die RBI und ihre Töchter würden weiterhin "in Übereinstimmung mit den lokalen und internationalen Sanktionsgesetzen" agieren. Zudem wies die Bank darauf hin, dass die Töchter eigenfinanziert und gut kapitalisiert seien.

    Die RBI ist seit mehreren Jahrzehnten und intensiv in Russland investiert. Die Region Russland, Ukraine und Weißrussland gilt als Cashcow für die Bank. Das Geschäft in Russland machte zuletzt fast ein Drittel des Nettogewinns der Gruppe aus. In der gesamten Region "Osteuropa", die Russland, Weißrussland und die Ukraine umfasst, hat die RBI laut Geschäftsbericht für 2021 rund 600 Mio. Euro Gewinn gemacht. Das entspricht knapp der Hälfte des im Vorjahr erzielten Konzerngewinns von 1,37 Mrd. Euro.

    Zudem hat die RBI in Russland 2,4 Mrd. Euro an Eigenkapital stecken. Das Kreditvolumen liegt bei 11,6 Mrd. Euro, davon sind in etwa 473 Mio. Euro von den Sanktionen gegen Russland betroffen. Das Gesamtexposure liegt bei 22,9 Mrd. Euro. In Russland hat die RBI derzeit rund 9.000 Mitarbeiter.

    Wie es mit dem Geschäft in der Ukraine weitergeht, dazu wollte sich die Bank heute noch nicht äußern. Die Filialen seien dort "on und off, wo es die Situation zulässt" noch offen, sagte eine Sprecherin zur APA. Insgesamt beschäftigt die RBI 6.600 Mitarbeiter in der Ukraine, nicht alle seien aber mehr im Land, einige würden mittlerweile auch von anderen Ländern aus arbeiten. Das Exposure der RBI in der Ukraine liegt bei 4,4 Mrd. Euro. Das Kreditvolumen beläuft sich auf 2,2 Mrd. Euro und das Eigenkapital auf 320 Mio. Euro.

    Vor eineinhalb Monaten, als sich die Situation zwischen Russland und der Ukraine bereits verschärfte, der Krieg aber noch nicht ausgebrochen war, stand ein Rückzug aus einem der beiden Länder für die RBI noch nicht zur Debatte. Die Institute in der Ukraine und in Russland brächten einen "guten Risikopolster", hieß es. "Wir stellen derzeit keine derartigen Überlegungen an", so Strobl damals. Dennoch beobachte man die Lage weiter genau.

    https://industriemagazin.at/news/raiffeisen-bank-international-koennte-ganz-aus-russland-aussteigen/

  62. Netzinfrastruktur:
    Ласкаво просимо! Ukrainisches Stromnetz jetzt an Kontinentaleuropa angebunden

    Die Vorarbeiten laufen seit Jahren, jetzt ging alles sehr schnell: Im Zuge einer Notsynchronisierung wurde das ukrainische Stromnetz am 16. März an Kontinental-Europa angebunden. Warum es jetzt so schnell ging – und was das für Österreichs Versorgungssicherheit bedeutet.

    Herzlich Willkommen, Nachbarn!

    Eigentlich hätte es nur ein Test sein sollen, doch der Krieg beschleunigte alles. Drei Tage lang, wollte die Ukraine Ende Februar prüfen, wie gut ihr Stromnetz auch für sich allein funktionieren kann – abgekoppelt von Russland und Belarus. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine in den frühen Morgenstunden des 24. Februar, dem letzten Test-Tag, wurde aus der Übung auf einmal ein Ernstfall.

    Abgesehen von der kleinen Burschtyn-Region im Südwesten des Landes, die schon seit Jahren mit dem kontinentaleuropäischen Netz verbunden ist, fand sich die Ukraine in einem dauerhaften Inselbetrieb wieder, der so niemals geplant war. Und der so manche Gefahr mit sich brachte. Denn kleine, isolierte Netze – und gemessen am russischen Netz ist die Ukraine ein kleines Netz – tendieren zu Instabilität. Weshalb der ukrainische Netzbetreiber Ukrenergo am 27. Februar einen Antrag auf eine Notsynchronisierung mit dem Westen stellte. Die Begründung: Angesichts des Kriegs, in dem man sich befindet, sei es für die Ukraine überlebenswichtig, ihr Netz unter diesen Umständen so stabil wie möglich zu halten.

    Pläne für einen Anschluss des Landes an das vom Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (Entso-E) betriebene europäische Stromnetz gab es seit 2017. Sie kamen aber nur schrittweise voran, nicht zuletzt wegen der Tragweite des geplanten Vorhabens: 39 Netzbetreiber aus 35 Staaten sind an Entso-E beteiligt, das Netz reicht weit über die Europäische Union hinaus. Weshalb EU-Kommissarin Kadri Simson nach dem ukrainischen Antrag auf Notsynchronisierung, diesen zwar unterstützte, die Entscheidung über die praktische und technische Umsetzbarkeit aber an die Entso-E weiter gab.

    Task-Force am Werk

    Noch am gleichen Tag erklärte Entso-E in einer Stellungnahme: „Entso-E würdigt die außergewöhnlichen Bemühungen des ukrainischen Netzbetreibers Ukrenergo, das Stromnetz in diesen schwierigen Zeiten zu betreiben und aufrechtzuerhalten, und wird diese Bemühungen weiterhin unterstützen.“

    Wenige Stunden später stand bereits eine Entso-Task-Force bereit, die die Möglichkeiten und Risiken einer unmittelbaren Aufnahme der Ukraine (und damit auch der am ukrainischen Netz hängenden Republik Moldau) in den westlichen Netzverbund evaluieren sollte. Regulär wurde bislang übrigens erst der Sommer 2023 als frühester möglicher Beitrittstermin gehandelt.

    Im Kern ging es bei den Erhebungen der Task-Force darum, anhand technischer Parameter zu beurteilen, ob nach einem Anschluss der Ukraine und Moldawiens weiterhin ein gesicherterer Stromfluss durch gut gewartete und verwaltete Stromsysteme garantiert werden kann. Vor allem für die Netzbetreiber in den westlichen Nachbarländern der Ukraine, also Slowakei, Ungarn, Polen und Rumänien, war auch zu prüfen, welche Anpassungen sie noch vornehmen müssen, um etwaige Stromflüsse von oder aus der Ukraine verarbeiten zu können. Am Ende fiel das Urteil der Experten nicht nur unerwartet schnell, sondern auch eindeutig positiv aus. Das technische Risiko der Anbindung an den Entso-E-Netzverbund bewegt sich, wie die Übertragungsnetzbetreiber betonen, in beherrschbarem Rahmen. Am Nachmittag des gestrigen 16. März wurde die Notsynchronisation der Stromnetze von Kontinentaleuropa und der Ukraine daher vollzogen.

    Die Anbindung der Ukraine: Ziel ist Stabilisierung, nicht Stromaustausch – Risiken für Österreich beherrschbar

    Aufgrund des Krieges in der Ukraine ist die Stromversorgung vorort gefährdet. Um hier entgegenzuwirken hat der Verband der europäischen Übertragungsnetzbetreiber Entso-E (European Network of Transmission System Operators for Electricity; Europäische Dachorganisation aller Übertragungsnetzbetreiber in Europa) heute mit Unterstützung der EU Kommission und den entsprechenden Behörden die Not-Synchronisation der Stromnetze von Kontinentaleuropa und der Ukraine umgesetzt. Dabei geht es vor allem darum, die Frequenz vorort zu stabilisieren und schwere Instabilitäten in der Ukraine abzuwenden. Dies bietet zusätzliche Optionen bei weiteren Eskalierungen des Konflikts u.a. die Gefahr des Ausfalls von Kühlsystemen der Kernkraftwerke bei Schäden in der Strominfrastruktur zu vermindern oder aber Netzwiederaufbauprozesse in der Ukraine schneller umzusetzen. Gleichzeitig wird im Sinne der Sicherheit des kontinentaleuropäischen Stromsystems das betriebliche Verhalten des entstehenden Netzverbunds genauestens beobachtet. Sollte es zu großen negativen Rückwirkungen kommen oder Gefahr im Verzug sein, kann eine Entkopplung der Stromsysteme umgehend durchgeführt werden.

    https://industriemagazin.at/energie/laskavo-prosimo-susidi-ukrainisches-stromnetz-jetzt-an-kontinentaleuropa-angeschlossen/

  63. Renate Dillmann: „Zeitenwende“: Aufrüstung, Energiesouveränität, Kriegsmoral

    Wie Deutschland den Krieg für einen nationalen Aufbruch nutzt.

    Olaf Scholz hat in seiner Regierungserklärung zur Ukraine eine „Zeitenwende“ in der deutschen Sicherheitspolitik und ein gigantisches Aufrüstungsprogramm verkündet. Robert Habeck nimmt den laufenden Krieg als endgültiges Argument dafür, die Nation von ihrer „Abhängigkeit“ von russischen Öl- und Gaslieferungen zu „befreien“ und stattdessen Fracking-Gas aus den USA zu importieren. Der Wirtschaftsminister spricht offen aus, dass der Kern der deutschen Klimapolitik die „Energiesouveränität“ der Bundesrepublik ist und kann sich dabei der Unterstützung durch fff gewiss sein. Und Annalena Baerbock verurteilt bei ihrer als „emotional“ gefeierten Rede vor den Vereinten Nationen Russland in einer Art und Weise, die den alten Weltkriegsverlierer Deutschland in die Rolle eines moralischen Richters hebt und demonstriert, was „wertebasierte Außenpolitik“ meint.

    Mit Fingerzeig auf den „bösen Mann“ in Moskau wird einiges, was die deutsche Nation in der Vergangenheit zum Teil entzweit und drangsaliert hat, mit Macht und ungeahnter Geschlossenheit voran getrieben – unter freundlicher Schützenhilfe der Mainstream-Medien, die ihre „Debattenkultur“ noch einmal stark verbessert haben.

    Regieren mit „dem bösen Mann“

    Das deutsche Souveränitäts-Dilemma wird endlich gelöst

    Energie-Autarkie statt Abhängigkeit von russischem Gas und Öl

    Kriegsmoral auf höchstem Niveau

    Ende der Nachkriegsordnung

    Und die deutschen Bürger?

    Sie hören sich die diesbezüglichen Ansagen ihrer Regierung an. Dass Aufrüstung und Energie-Autarkie neben der sowieso schon deftigen Inflation ihren Lebensunterhalt weiter nach unten drücken, führt in unserer „freien Gesellschaft“ vorläufig ebenso wenig zu Massenprotesten oder Streiks wie die Tatsache, dass die deutsche Außenpolitik zurzeit alle paar Tage die „rote Linie“, die Putin mit seiner Atomkriegs-Drohung gezogen hat, gezielt überschreitet und auslotet, was der „Irre in Moskau“ hinzunehmen bereit ist.

    Ebenso wenig stören sich die aufgeklärten deutschen Bürger anscheinend daran, dass in unserer „freien Presse“ herzlich wenig über den wirklichen Verlauf des Kriegs zu erfahren ist. Für das Bedürfnis nach „Information“ reichen die Interviews mit Betroffenen (natürlich nur von der richtigen Seite!), den Klitschko-Brüdern und die täglichen Videos von Selenskij mit Drei-Tage-Bart und Militär-T-Shirt anscheinend völlig aus. Über die Positionen anderer Staaten ist kaum etwas, über die des „Feindes“ nichts zu erfahren (außer sozialpathologischen Beschimpfungen).

    Feindsender wie RT und Sputnik sind in der meinungsfreien Bundesrepublik verboten; Gabriele Krone-Schmalz, die sich mit ihren Analysen in der Vergangenheit dafür stark gemacht hatte, die russische Position wenigstens einmal intellektuell zu begreifen, wird als „Putin-Versteherin“ von der Mainstream-Presse fertig gemacht – ihre „reißerisch aufgemachten Paperbacks“ sollen am besten verschwinden.

    So geht es in der liberalsten Demokratie, die Deutschland jemals hatte, zu. Aber die „freie“ Ukraine darf keinesfalls neutral werden – eher ist man für den Weltkrieg!

    Jodtabletten sind übrigens ausverkauft.

    https://krass-und-konkret.de/politik-wirtschaft/zeitenwende-aufruestung-energiesouveraenitaet-kriegsmoral/

  64. Der Internetverkehr Russlands wird umgeroutet

    Mit Lumen und Cogent verlassen der führende Transit-Carrier und die Nummer drei gerade den russischen Markt. Das passiert offenbar nicht ganz freiwillig und vor allem nicht so schnell wie angesagt.

    Nach dem Mediensektor und der Börse treffen die Sanktionen des Westens die russische IT-Branche nun mit voller Wucht. Mit Cogent und Lumen sind zwei der führenden fünf internationalen Internet-Carrier gerade dabei, ihre Großkunden in Russland nacheinander abzutrennen. Marktführer Rostelecom, alle Mobilfunkfirmen und der Internetkonzern Yandex verlieren ihre stärksten Anbindungen an die Welt.

    Am Freitag gab die Londoner Internet-Exchange bekannt, dass Datenverkehr von Rostelecom nicht mehr geroutet wird. All das ist ein Novum in der Geschichte des Internets, die Stellungnahmen der beiden Carrier aber werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten.
    (…)

    https://fm4.orf.at/stories/3022642/?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

    Es fragt sich, was dergleichen Schritte für die Anbindung Rußlands an das Internet und für das Internet überhaupt bedeuten.

  65. Etwas off-topic, aber dennoch erwähnenswert: Die Ukraine ist definitiv EU-reif!

    Leihmutterschaft in der umkämpften Ukraine
    »Bleiben Sie ruhig. Das Leben Ihres Kindes hängt davon ab«

    Vor dem Krieg galt die Ukraine als globales Zentrum für Leihmutterschaften. Jetzt liegen 18 Babys in einem Schutzbunker, weil ihre ausländischen Eltern sie nicht abholen können. Und fast täglich kommen neue hinzu.

    Ein Neugeborenes, gehüllt in eine gemusterte Decke, gähnt von der Website der ukrainischen Leihmutterschaftsklinik BioTexCom, dann weint es ein wenig. »Schhhhh«, macht eine Krankenschwester und beugt sich über das Kleine, wiegt es in der Babyschale auf und ab.

    Neben dem Video steht ein Text: »Liebe BioTexCom-Patienten, unglücklicherweise hat das Level der militärischen Aggression durch Russland gegen die Ukraine alle Erwartungen übertroffen. Gleichzeitig bitten wir Sie: Bleiben Sie ruhig. Ihr Leben und das Ihres Kindes hängt davon ab.«

    Das müde Neugeborenes ist eines von 18 Babys, die derzeit in einem Bunker der größten ukrainischen Leihmutterschaftsklinik in einem Vorort von Kiew untergebracht sind – und auf ihre Familien warten. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges ist es für die zukünftigen Eltern immer schwieriger geworden, ihre Kinder abzuholen. Und jeden Tag kommen neue Kinder von Leihmüttern in der Ukraine zur Welt, Hunderte sind noch schwanger.
    (…)

    https://www.spiegel.de/ausland/leihmutterschaft-in-der-ukraine-ein-bunker-voller-babys-a-4a514c55-097a-4818-b379-98e5a82c7a67

  66. Notenbank sitzt auf 2300 Tonnen
    Russlands nutzloser Goldschatz

    Um im Fall eines Konflikts mit dem Westen auch finanziell gerüstet zu sein, hat Russland einen erheblichen Teil seiner Devisenreserven von Dollar in Gold umgeschichtet. Weit über 2000 Tonnen des Edelmetalls lagern in den Tresoren der Zentralbank – und erweisen sich im Ernstfall als weitgehend unverkäuflich.

    Russland hat sich auf den Krieg gegen die Ukraine ebenso wie die Sanktionen des Westens lange vorbereitet. Zu diesen Vorbereitungen gehörte unter anderem der Aufbau eines riesigen Goldschatzes der russischen Notenbank. Seit 2014, als Russland die ukrainische Krim besetzte und westliche Staaten – im Vergleich zu den aktuellen – mäßige Sanktionen verhängten, kaufte die Zentralbank mehr als 1000 Tonnen Gold. Gleichzeitig reduzierten die Moskauer Währungshüter ihren Bestand an US-Dollar, um sich vom amerikanischen Finanzsystem unabhängiger zu machen.

    Der auf insgesamt rund 2300 Tonnen angewachsene Goldschatz lagert außerdem offiziellen Angaben zufolge vollständig in Russland und nicht wie die Reserven anderer Notenbanken teilweise an internationalen Handelsplätzen wie London oder New York.

    Nun ist der Kriegsfall eingetreten. Rund die Hälfte der insgesamt etwa 600 Milliarden Dollar schweren Devisenreserven sind für Russlands Zentralbank aufgrund der westlichen Sanktionen nicht mehr zugänglich. Dagegen ist die Goldreserve in den eigenen Tresoren im Wert von 140 Milliarden Dollar vor ausländischem Zugriff geschützt – und dennoch weitgehend nutzlos.

    Sinn von Devisenreserven, zu denen das Zentralbankgold gehört, ist, die heimische Währung im Krisenfall vor Wertverlust zu schützen. Indem die Notenbank beispielsweise mit Dollar, Euro oder Gold Rubel kauft, schafft sie Nachfrage und stützt so den Wechselkurs. Doch nachdem die Dollar- und Eurobestände bereits eingefroren sind, dürfte es für Russland wohl schwierig werden, größere Mengen Gold zu verkaufen.

    Britische, EU- und US-Institutionen dürfen laut Sanktionsbeschlüssen überhaupt keine Geschäfte mit der russischen Notenbank machen. Damit ist Russland effektiv von den wichtigsten Goldhandelsplätzen wie dem London Bullion Market ausgeschlossen. Wie Bloomberg berichtet, lassen allerdings auch Goldhändler und Banken in anderen Ländern lieber die Finger von russischem Gold, zum einem, da dies auf westlichen Märkten kaum noch weiterverkäuflich ist und zum anderen aus Angst vor sogenannten Sekundärsanktionen. Im US-Senat ist bereits ein Antrag auf eine solche Strafmaßnahme gegen alle Käufer und Verkäufer russischen Goldes, in welchem Land auch immer, anhängig.

    Theoretisch bleiben der Zentralbank noch Auswege, ihr Gold einzusetzen. So könnte sie versuchen, es an andere Notenbanken zu verkaufen. Wie Russland haben auch andere Länder in den vergangenen Jahren den Goldanteil ihrer Reserven aufgestockt und könnten Interesse an weiteren Zukäufen haben. Indien etwa oder China werden in Medienberichten immer wieder genannt. Größere Mengen Gold würden sie Russland derzeit aber wohl nur mit einem erheblichen Preisnachlass abnehmen. Eine andere Möglichkeit wäre, Gold – über russische Banken oder Händler – direkt an die russische Bevölkerung zu verkaufen. Viele Russen haben aus Sorge um ihr Vermögen offenbar Interesse, ihre Rubel in Gold zu tauschen. Die Zentralbank könnte so versuchen, eine Art Goldstandard für den Rubel zu etablieren. Das würde allerdings die Geldpolitik stark einschränken in einer Zeit, in der die Regierung auf die Ausgabe neuer Rubel zur Finanzierung des Krieges angewiesen sein könnte.

    Für einige Experten zeigt das russische Dilemma, dass Gold als Reservewährung für Zentralbanken stark überschätzt wurde, insbesondere in Russland. Die Zeit des "Gold-Fetischismus" sei wohl vorüber, schreiben die Wirtschaftswissenschaftler Harold James und Brendan Greeley von der Uni Princeton in der "Financial Times". Gold sei letztlich kein wertvoller Rohstoff, sondern ein Zahlungsmittel, dessen Wert allein von der Bereitschaft aller, es als solches zu akzeptieren abhänge. Diese Bereitschaft ist im Falle der russischen Reserven eine politische Frage und ist damit beispielsweise auch von Sanktionen abhängig.

    Darauf, dass es selbst ohne Sanktionen schwierig wäre, einen Goldschatz wie den russischen zur Stabilisierung der Währung einzusetzen, weist Währungsexperte Florian Kern vom Münchener Thinktank Dezernat Zukunft hin. Der globale Goldmarkt sei nicht liquide genug, um einen signifikanten Teil der über 2000 Tonnen russischen Goldes aufzunehmen, schreibt Kern bei Twitter. Ein Preissturz wäre wohl die Folge. Es würde sich herausstellen, dass der Wert dieses Schatzes von 140 Milliarden Dollar auf dem Papier zusammenschmilzt, wenn er tatsächlich gebraucht würde.

    https://www.n-tv.de/wirtschaft/Russlands-nutzloser-Goldschatz-article23214510.html

    Niemand will ukrainisches Geld
    Hryvnia: stabil, aber für Flüchtlinge nutzlos

    Inmitten des brutalen russischen Angriffskriegs hält sich die ukrainische Hryvnia erstaunlich stabil – im Gegensatz zum Rubel, der abschmierenden Währung des Aggressors. Für viele Ukrainer im Ausland ist das allerdings kein Trost. Niemand will ihr Geld annehmen.

    Offiziell läuft es bestens für die Hryvnia (deutsch auch Griwna). Die ukrainische Währung hat in den vergangenen Tagen internationalen Finanzdatendiensten zufolge gegenüber dem Dollar sogar ganz leicht an Wert gewonnen. In der Ukraine selbst hat die Zentralbank im Zuge der Ausrufung des Kriegsrechts nach dem russischen Überfall den Kurs zum Dollar auf gut 29 Hryvnia offiziell fest- und den Devisenhandel weitgehend ausgesetzt. Zentralbank und Regierung verweisen auf die Devisenreserven der ukrainischen Währungshüter von fast 28 Milliarden Dollar, mit denen sie den Hryvnia stützen könnten. Zudem stehe der Internationale Währungsfonds bereit, mit weiteren Milliarden zu helfen.

    Mitten im Krieg zeigt die Währung des von der Atommacht Russland angegriffenen und teils verwüsteten Landes eine erstaunliche Stabilität – im Gegensatz zur Währung des Aggressors. Der Rubel ist infolge der westlichen Sanktionen eingebrochen. Millionen von Ukrainern, die etwa als Flüchtlinge im Ausland dringend Euro, polnische Zloty oder rumänische Leu brauchen, nutzt diese Stabilität allerdings gar nichts. Hryvnia umzutauschen, erweist sich seit Kriegsbeginn als nahezu unmöglich.

    Viele Ukrainer haben größere Summen in bar auf der Flucht dabei. Devisen wie Euro und Dollar zahlen die ukrainischen Banken seit Kriegsbeginn nur noch begrenzt, praktisch oft gar nicht mehr aus. Doch Hryvnia-Scheine erweisen sich im Ausland nun als nahezu wertlos. Schon vor dem Krieg war die Hryvnia eine exotische, von internationalen Banken kaum gehandelte Devise. Banken, Sparkassen und auch viele Wechselstuben nahmen sie nicht an und tun es auch jetzt nicht. Zu klein war die Nachfrage schon immer, zu groß der Aufwand, Hryvnia wieder loszuwerden.

    Jetzt klagen auch Wechselstuben in den Nachbarländern der Ukraine über dasselbe Problem. Mehr als eine Million ukrainischer Flüchtling sind bereits in dem Land. Vor den Wechselstuben bilden sich teils lange Schlangen. Alle wollen Hrynvia verkaufen, aber niemand kaufen. Angebot und Nachfrage kommen zum offiziellen Kurs nicht ins Gleichgewicht. Theoretisch garantiert zwar die ukrainische Notenbank einen Umtausch zum von ihr festgelegten Kurs. Dafür müssten die Devisenhändler die Scheine allerdings in die Ukraine zur Zentralbank ins Kriegsgebiet bringen. Ein Unterfangen, das offenbar niemand riskieren will – zumindest nicht für den zum offiziellen Wechselkurs möglichen Gewinn. Berichten zufolge finden Geldwechsler in Polen etwa zum Kurs 1 Dollar zu 50 Hryvnia Käufer, die ihnen ausreichende Mengen der ukrainischen Währung abnehmen.

    Bei den Zentralbanken ist das Problem bekannt. Seit mehr als einer Woche schon sind die Währungshüter unter anderem der Eurozone und Polens im Gespräch mit der ukrainischen Zentralbank. Eine einfache Lösung wäre ein Fonds zum Ankauf von Hryvnia von Geschäftsbanken, die dann Wechselstuben oder auch direkt ukrainischen Kunden deren Bargeld zum offiziellen Kurs abnehmen könnten. Doch ein solcher Hilfsfonds würde höchstwahrscheinlich erhebliche Verluste machen und das Mandat der EZB überschreiten. Die Finanzierung müssten also die EU-Regierungen übernehmen. Gespräche auch dazu mit den Finanzministerien gibt es, allerdings bislang ohne Ergebnis.

    https://www.n-tv.de/wirtschaft/Hryvnia-stabil-aber-fuer-Fluechtlinge-nutzlos-article23197652.html

  67. Russland will für Gaslieferungen nur noch Rubel

    Die russische Währung steht stark unter Druck. Als Teil der Sanktionen sind zudem Vermögenswerte im Ausland eingefroren. Präsident Putin kündigt darauf nun eine Reaktion an: Erdgas werde nur noch gegen Rubel fließen. Ein Gasembargo wird damit wohl wahrscheinlicher.

    Für Gaslieferungen aus Russland müssen Kunden in Deutschland und anderen EU-Staaten künftig in Rubel bezahlen. Der russische Präsident Wladimir Putin wies die Regierung an, keine Zahlungen in Dollar oder Euro mehr zu akzeptieren. Die Lieferungen würden weiter in vollem Umfang gewährleistet, versicherte der Kremlchef in einer Videokonferenz der Regierung, die im Staatsfernsehen übertragen wurde. Eine Zahlung für russische Waren in Devisen habe ihren Sinn verloren.

    Betroffen sind demnach die von Russland auf einer schwarzen Liste festgehaltenen "unfreundlichen Staaten". Dazu gehören Deutschland und alle anderen EU-Staaten, aber etwa auch die USA, Kanada und Großbritannien.

    Die Ankündigung sorgte prompt für eine Stärkung der russischen Währung, die massiv unter Druck steht. Die Zentralbank und die russische Regierung hätten nun eine Woche Zeit, die Modalitäten für die Umstellung von Devisen- und auf Rubelzahlungen festzulegen, sagte Putin. Der Westen habe selbst seine Währungen entwertet, indem russische Aktiva im Ausland eingefroren worden seien.

    "Eine echte Breitseite"

    Der Wirtschaftswissenschaftler Jens Suedekum von der Universität Düsseldorf erläuterte in einer ersten Reaktion, dass die betroffenen EU-Staaten sich nun Rubel besorgen müssten, von denen es auf den internationalen Finanzmärkten nicht genug gebe. Die russische Zentralbank, die über Rubel verfüge, unterliege westlichen Sanktionen. Putin mache sie "wieder zu einem zentralen Spieler". Der Westen werde damit indirekt gezwungen, seine eigenen Sanktionen zu unterlaufen.

    Dies sei "eine echte Breitseite von Putin", die "in der Form nicht viele erwartet hatten", so Suedekum. Für die EU-Staaten gebe es nun die Möglichkeit, die Entscheidung als Provokation aufzufassen und die Gasimporte zu stoppen. "Vielleicht will Putin genau das erreichen."

    Suedekum betont zudem, dass Putins Schritt vermutlich einen Vertragsbruch darstelle, da die Lieferverträge eine Zahlung mit Dollar oder Euro vorsehen dürften. Der Westen werde das nicht einfach hinnehmen können. "Das Szenario eines kompletten Gasembargos ist heute, egal ob wir es uns wünschen oder nicht, wahrscheinlicher geworden."

    Als Reaktion auf die Sanktionen des Westens hatte die russische Regierung bereits Anfang des Monats beschlossen, dass eigene finanzielle Verpflichtungen bei "unfreundlichen Staaten" nur noch in Rubel beglichen werden. Darunter sind auch die Ukraine, die Schweiz und Japan.

  68. Flüchtlingspolitik als Kriegsbeteiligung – Gespräch mit Freerk Huisken auf YouTube – 99 ZU EINS – Ep. 111

    https://www.youtube.com/watch?v=nApS0AHIIrU

    ….  erläutert vor allem anhand des geänderten Umgangs mit Flüchtlingen die europäische Position zum Krieg und zu Russland

    Was hat es mit der neuen, humanistischen Wende der Deutschen Flüchtlingspolitik auf sich? Kann man sich darüber freuen? Was hat das alles mit der Deutschen Haltung zum Ukrainekrieg zu tun? Und was lernen wir aus der unterschiedlichen Behandlung von Flüchtlingen aus der Ukraine im Vergleich zu Flüchtlingen der letzten Jahrzehnte?

  69. BlackRock chief Larry Fink says Ukraine war marks end of globalisation

    Boss of $10tn asset manager warns about inflation as companies reconfigure supply chains

    Russia’s invasion of Ukraine will reshape the world economy and further drive up inflation by prompting companies to pull back from their global supply chains, BlackRock chief executive Larry Fink has warned. “The Russian invasion of Ukraine has put an end to the globalisation we have experienced over the last three decades,” Fink wrote in his annual letter to shareholders of BlackRock, which oversees $10tn as the world’s largest asset manager. While the immediate result had been Russia’s total isolation from capital markets, Fink predicted “companies and governments will also be looking more broadly at their dependencies on other nations. This may lead companies to onshore or nearshore more of their operations, resulting in a faster pull back from some countries.” “A large-scale reorientation of supply chains will inherently be inflationary,” Fink wrote, in a wide-ranging 10-page letter that also addressed the invasion’s effect on the energy transition and cryptocurrencies, and which updated investors on BlackRock’s business lines and the reopening of its main offices.

    The letter did not mention any specific country that would be hurt by the shifts, but Fink wrote that “Mexico, Brazil, the United States, or manufacturing hubs in Southeast Asia could stand to benefit”. Other investors have argued that the last group could substitute for China, where BlackRock last year launched a set of retail investment products. Fink has advocated for companies in which BlackRock invests to do more to address climate change. His letter predicted that the Russian invasion would affect the transition to cleaner energy. Initially, the search for alternatives to Russian oil and natural gas “will inevitably slow the world’s progress toward net zero [emissions] in the near term”, he wrote. “Longer-term, I believe that recent events will actually accelerate the shift toward greener sources of energy” because higher prices for fossil fuels would make a broader range of renewables financially competitive, he wrote.

    He told investors that owing to increasing client interest, BlackRock was studying digital currencies and the underlying technology. Fink commiserated with his shareholders over a rocky start for financial markets this year, in which BlackRock shares are down almost 20 per cent. “I share your disappointment in our stock’s performance year-to-date. But we’ve faced challenging markets before. And we’ve always managed to come out better and more prepared on the other side,” he wrote. He also noted that the company was coming off “the strongest organic growth in its history” in 2021 when buoyant markets and rising interest in alternative assets and exchange traded funds brought $540bn of net inflows.

    Though climate activists want investors to shun fossil fuels entirely, Fink rejected this approach, as he did in his January letter to chief executives. “BlackRock remains committed to helping clients navigate the energy transition. This includes continuing to work with hydrocarbon companies,” he wrote. “To ensure the continuity of affordable energy prices during the transition, fossil fuels like natural gas will be important as a transition fuel.” In one of his first comments on cryptocurrencies, Fink drew attention to the Ukraine war’s “potential impact on accelerating digital currencies . . . 

    A global digital payment system, thoughtfully designed, can enhance the settlement of international transactions while reducing the risk of money laundering and corruption.”

    Looking ahead, Fink made clear that BlackRock wants employees back in the office but will not be among those employers who insist on a complete return to pre-pandemic norms. “Working together, collaborating and developing our people in person is essential for BlackRock’s future,” he wrote. “There are certain conversations that can’t be replicated on a video call . . . We lose the space, the creativity, and the emotional connectivity that come from being together in person.” “At the same time, we recognize the pandemic has redefined the relationship between employers and employees. To retain and attract best-in-class diverse talent, we need to maintain the flexibility of working from home at least part of the time,” he said.

    https://www.ft.com/content/0c9e3b72-8d8d-4129-afb5-655571a01025

  70. Spanien senkt die Energiesteuern – Wut über steigenden Stromkosten

    Spanien senkt die Energiesteuern, da immer mehr Bürger sich über hohe Strompreise beklagen. Premierminister Pedro Sánchez sagte, er wolle die „außergewöhnlichen Vorteile“ für Energieunternehmen im Rahmen der geltenden Vorschriften beschneiden.

    Die Großhandelspreise für Strom sind in den letzten Monaten auf Rekordhöhen gestiegen und haben einen Aufschrei der Verbraucherverbände in ganz Spanien ausgelöst. Die spanische Nachrichtenagentur Europa Press berichtet, dass die Stromkosten um mehr als 250% höher sind als vor einem Jahr.
    (…)

    Kohle- und Atomausstieg

    Die Energiewende und der Atom- und Kohleausstieg werden dazu führen, dass Deutschland abhängig ist von Stromimporten aus dem Ausland. Tschechiens Staatsoberhaupt Milos Zeman hat bereits erklärt, das Tschechien sich bereit erklärt Deutschland Strom zu liefern.

    Viele Länder der EU bauen neue Atomkraftwerke. Da Atomstrom nahezu CO2 frei ist wird es in vielen Ländern von den Umweltparteien unterstützt. Ein Gutachten im Auftrag der EU hat außerdem ergeben, daß Atomkraft nachhaltig ist. (…)

    https://blackout-news.de/aktuelles/spanien-senkt-die-energiesteuern-wut-ueber-steigenden-stromkosten/

    Spanien mußte sich die Deckelung der Energiepreise von der EU genehmigen lassen, nachdem ein LKW-Fahrer-Streik dort die Versorgung ziemlich lahmgelegt hat.

    Die eine Methode, Steuern und Abgaben auf Energieträger auszusetzen, ist nur teilweise geeignet, deren Preise niedrig zu halten, bringt aber den Staat um Einnahmen.
    Die Energieträger werden von priwaten, marktwirtschaftlich orientierten Unternehmen gehandelt, denen man die Verkaufspreise nicht vorschreiben kann. Der zweite Schritt ist dann notwendigerweise die Subventionierung der Strom- und Gaspreise – etwas, was der IWF und die EU z.B. der Ukraine verboten hat.

    Wenn das spanische Modell in Serie geht, wird das einen zusätzlichen Verschuldungsschub der EU und der Eurozone zur Folge haben.

  71. Peking windet sich und kann doch nicht anders – Xi Jinpings Parteinahme für Putin im Ukraine-Krieg dürfte sein bisher grösster aussenpolitischer Fehler sein

    Es bleibt unklar, ob China in den geplanten russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eingeweiht war. Tatsache ist, dass man in Peking ratlos ist, wie man mit der «Freundschaft ohne Obergrenze» umgehen soll, die Putin nun angesichts der westlichen Sanktionen strapaziert.

    Bis vor kurzem waren chinesische Medien bemüht, den russischen Angriffskrieg zu verteidigen. Nun aber zeigt sich, dass sich Chinas Einstellung gegenüber der Invasion der Ukraine verändert.

    Am 16. März strahlte der Nachrichtensender CCTV wiederholt eine Erklärung des ukrainischen Militärs vom 15. März aus. Es ging darin um die Verluste, welche die russischen Truppen bei ihrem Einmarsch bisher erlitten haben. Man muss dabei bedenken, dass zuvor das chinesische Propagandaministerium die Medien ausdrücklich aufgefordert hatte, keine «ungünstigen Nachrichten» über Russland zu verbreiten. Innerhalb der Volksrepublik waren und sind Äusserungen gegen den Krieg sowie Kritik an Wladimir Putin nach wie vor tabu. Sogar den in China lebenden Ukrainern wurde wegen möglicher Verbreitung von Putin-kritischen Statements von der Polizei mit Strafe gedroht.

    Nicht vom Gewissen getrieben

    Am 15. März traf der chinesische Botschafter in Kiew, Fan Xianrong, mit ukrainischen Militärs zusammen, lobte die ukrainische Einheit und die «strategische Partnerschaft» zwischen China und der Ukraine und bot wirtschaftliche und humanitäre Hilfe an. Fan sagte auch, dass China «die Souveränität der Ukraine respektieren» und «die Ukraine niemals angreifen» werde.

    Qin Gang, Chinas Botschafter in den USA, veröffentlichte am 16. März einen Gastkommentar in der «Washington Post». Darin bestreitet er, dass China im Voraus von Russlands Plänen zur militärischen Eroberung der Ukraine gewusst und Putin gebeten habe, diese bis nach den Olympischen Winterspielen zu verschieben. Er verneint zudem eine mögliche vorgängige Unterstützung der Angriffspläne durch China. Bezeichnenderweise verwendet er in seinem für das internationale Publikum verfassten Artikel erstmals das Wort «Krieg».

    Warum aber kam es innerhalb der Kommunistischen Partei (KP) Chinas zu dieser Kurskorrektur? Zu vermuten steht, dass sich Peking dabei nicht von Moral und Gewissen leiten liess, sondern dass es sich um einen prinzipienlosen Opportunismus chinesischer Prägung handelt. Es geht um die Verteidigung von Eigeninteressen.

    Die chinesische Neubewertung der Lage ist in erster Linie auf Warnungen der USA zurückzuführen. Showdown war ein Treffen zwischen dem amerikanischen Berater für nationale Sicherheit, Jake Sullivan, und dem obersten chinesischen Aussenbeauftragten, Yang Jiechi, am 14. März in Rom. Sieben Stunden sprach man miteinander. Die Botschaft der USA war eindeutig: Wenn China Russland helfe, die Sanktionen zu umgehen, müsse es mit ernsten Konsequenzen rechnen. In einem Telefongespräch mit Xi Jinping unterstrich Joe Biden jüngst seinerseits diesen Grundsatz.

    Unbestreitbar ist, dass China sich während der Olympischen Winterspiele mit Russland verbündet und eine «Freundschaft ohne Obergrenze» angeboten hatte. Es war und ist dies Xi Jinpings ureigenes Projekt. Am 5. März veröffentlichte Hu Wei, der stellvertretende Direktor des Forschungszentrums für öffentliche Politik, einen Artikel, in dem er die chinesische Führung aufforderte, die Beziehungen zu Russland so schnell wie möglich tiefer zu hängen und sich auf keinen Fall an den russischen Präsidenten zu binden. Der Beitrag wurde zwar von der Zensur entfernt, aber er widerspiegelt die Besorgnis von KP-Funktionären ausserhalb von Xis Umfeld.

    Offensichtlich verfolgt die KP Chinas den Verlauf von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine sehr genau. Dabei darf der ursprüngliche Plan einer schnellen Einnahme Kiews und der Absetzung der Regierung Selenski schon jetzt als gescheitert gelten. Umgekehrt fallen Peking die starke Leistung des Präsidenten und die heroische Verteidigungsanstrengung des ukrainischen Volkes, verbunden

    mit der gewaltigen materiellen und ideellen Unterstützung des Westens, ins Auge. Der ständige Zustrom moderner panzerbrechender Waffen über die Grenze könnte dazu führen, dass die ukrainische Armee die Invasoren in Schach zu halten oder gar zurückzudrängen vermag.

    Auf der moralischen Seite hat der Europarat Russland als Mitglied ausgeschlossen und Biden Putin offen als Kriegsverbrecher bezeichnet. Xi Jinping dürfte mit der Einsicht ringen, dass Putin seinen Krieg definitiv nicht gewinnen wird. Im Gegenteil, er könnte sogar das Ende von dessen Herrschaft bedeuten. Es dürfte Xi, der bisher ein überzeugter Bewunderer Putins war, nun dämmern, dass er auf das falsche Pferd gesetzt hat. Es muss ihm darum gehen, China vor den Folgeschäden zumal im wirtschaftlichen Bereich zu schützen.
    (…)

    https://www.nzz.ch/meinung/ukraine-peking-windet-sich-und-kann-nicht-anders-ld.1675469

    China ist natürlich nicht daran interessiert, daß Rußland völlig abschifft.

  72. Reichster Oligarch der Ukraine:
    Der Strippenzieher

    Rinat Achmetow liebt Fußball und verfügt über Milliarden. Lange hat er sich im Konflikt nicht festgelegt. Jetzt hat er sich positioniert.

    Rinat Achmetow hat sich entschieden. Der reichste Mann der Ukraine hat sich verabschiedet vom Donbass und von seiner Heimatstadt Donezk. Der Mann, der wie ein Stern aufgestiegen ist über dem kargen Landstrich mit seinen Hochöfen, Zechen und Schloten, hat seinen Traum begraben. Es war der Traum von einem blühenden Revier unter seinem Regiment, dem des Stahlbarons Rinat Achmetow, Sohn eines tatarischen Bergmanns und einer Verkäuferin aus der Millionenstadt Donezk.

    Jahrelang hatte es der Oligarch vermieden, Position zu beziehen, hatte versucht, seine Stahlwerke, seine Minen, all seine Besitztümer herauszuhalten aus dem Konflikt, der im April 2014 in der Abspaltung der beiden „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk kulminierte. Er schimpfte 2014 über die Banditen, die als „Vaterlandsverteidiger“ mit Knarren in der Hand seine Heimatstadt drangsalierten. Er rief: „Was haben sie denn geleistet?“ Achmetow klang tief gekränkt. Er hat sich aber auch nicht auf die Seite der Maidan-Revolutionäre gestellt, die in Kiew zur selben Zeit EU-Fahnen schwenkten. Rinat Achmetow hat laviert. Bis jetzt.

    „Ich warte aufrichtig auf den Sieg der Ukraine“, ließ er am 9. März über das Magazin Forbes Ukraine verkünden und setzte ein aufrüttelndes Bekenntnis obenauf: „Putin hat jene Länder im Blick, in denen es Freiheit gibt und Demokratie und die unabhängig sind. Alle Länder der freien Welt sind potenzielle Ziele. Wenn ihn die Ukraine nicht aufhält, weiß keiner, wer der Nächste sein wird.“ Achmetow klingt plötzlich wie ein Freiheitsapostel.

    Und der 55-Jährige, dessen Vermögen Forbes im vergangenen Jahr auf 7,6 Milliarden US-Dollar taxierte, belässt es nicht bei einer Predigt. Sein Stahlkonzern Metinvest, Achmetow ist dessen Mehrheitseigner, habe bereits 35.000 Panzersperren und 2.100 Stahlbetonblöcke gefertigt, Schutzwesten gekauft und 80 Tonnen Hilfsgüter auf den Weg gebracht. So berichtet es Metinvest-Direktor Ryschenkow am 15. März gegenüber CNN. Man tue alles, um der Ukraine zum Sieg zu verhelfen. „Wir bleiben in Kiew, zusammen mit unserem Präsidenten, der Staatsmacht und unseren Soldaten, um uns Schulter an Schulter dem Feind entgegenzustellen“, berichtet der CEO am 15. März. Mit in der Phalanx Rinat Achmetow – auch wenn er sich nach Forbes-Angaben derzeit in der Westukraine aufhalten soll.

    Ein wendiger Milliardär

    So viel Loyalität ist neu. Neulich erst, im November 2021 bezichtigte ihn Präsident Wolodymyr Selenskyj der Finanzierung eines von Russland geplanten Putsches. Achmetow wies das empört als „absolute Lüge“ zurück. In Erwartung eines russischen Angriffs verließ er allerdings am 13. Februar das Land. Achmetow flog nach Genf. Drei Tage später tauchte er im Donbass wieder auf – in Mariupol.

    In der Stadt am Asowschen Meer inspizierte er seine metallurgischen Kombinate Asow-Stahl und Iljitsch-Stahl mit zusammen 24.000 Beschäftigten, ließ sich an der Uferpromenade mit seinem Juniorpartner Vadim Nowinskij, ebenfalls Milliardär, ablichten und bekräftigte den Einwohnern seine Unterstützung angesichts der russischen Panzer. Und er wiederholte seinen Traum von Donezk, wo er 2014 das letzte Mal gewesen sein soll. Er, Achmetow, möchte wieder in der Donbass-Arena vor seinen Landsleuten auftreten, während im Stadion seines Fußballklubs Schachtar die Hymne der Champions League erschallt. Dann rief er: „Ein glückliches Donezk, ein glückliches Donbass kann es nur geben in einer geeinten Ukraine!“

    Drei Wochen später toben im Donbass schwerste Kämpfe, die russischen Belagerer pulverisieren Mariupol, seit Samstag ist auch das Gelände von Asow-Stahl blutig umkämpft. Seine Kokerei in Awdijiwka in der „Kontaktlinie“, jener Pufferzone zwischen Separatisten und ukrainisch kontrolliertem Gebiet, brennt. Es ist die größte in Europa. Die Kontrolle über sämtliche Beteiligungen in den „Volksrepubliken“ verlor er 2017. Schachtar ist bereits seit 2014 heimatlos, zog durchs Land und bestritt seine Heimspiele ohne Fanunterstützung in fremden Städten, zuletzt in Charkiw. Der Spielbetrieb ist inzwischen eingestellt. Der Traum ist aus. Endgültig.

    Mit einem Bombenanschlag begann die Karriere

    Der Aufstieg Achmetows … (…)

    Rinat Achmetow hat sich entschieden. Ob der Entscheidung von Dauer ist, muss sich allerdings noch erweisen. Nach dem Krieg.

    https://taz.de/Reichster-Oligarch-der-Ukraine/!5840210/

    Achmetow setzt derzeit eher auf die ukrainischen Streitkräfte. Einmal sehen, ob es dabei bleibt, falls das Kriegsglück in die andere Richtung ausschlägt.

    Zur Erinnerung:

    Anläßlich der Wahlen in der Ukraine
    Portrait eines Oligarchen: Rinat Achmetov

  73. Sanktionen
    Brau-Union zieht sich zurück: Kein Gösser mehr für Russland

    Der Heineken-Konzern, zu dem auch die österreichische Brau-Union gehört, verlässt endgültig den russischen Markt und stellt auch die lokale Produktion ein. Noch vor Kurzem galt Russland für die Brau-Union als ein wichtiger Expansionsmarkt. Das Gösser-Bier wurde auch im Land selbst produziert.

    https://industriemagazin.at/news/brau-union-mutter-heinken-zieht-sich-voellig-aus-russland-zurueck/

    Dergleichen Abgänge kann Rußland leicht verschmerzen: Die Fabriken stehen dort, Hopfen und Gerste haben sie auch, die Technologie ist nicht allzu schwer, es gibt vermutlich jetzt jede Menge Biersorten „Made in Russia“, mit anderem Etikett.

    Aber für die westliche Geschäftswelt sind das herbe Einbußen.

  74. In Spanien und Portugal beginnen die Regierungen, Energie zu subventionieren. Es ist anzunehmen, daß der Rest der EU früher oder später nachziehen wird, um einen wirtschaftlichen Crash zu vermeiden.

    Das ist genau das, was EU und IWF der Ukraine nach 2014 verboten haben, mit den entsprechenden Konsequenzen für ukrainische Haushalte.

     

  75. Bolsonaro schont Putin

    Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro nimmt Russlands Machthaber Wladimir Putin in Schutz. Die brasilianische Landwirtschaft ist auf den Dünger aus Russland angewiesen.

    Erstmals seit dem Beginn der russischen Militäroffensive hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro sich zu dem Überfall auf die Ukraine öffentlich geäußert. „Wir dürfen uns nicht einmischen“, sagte er am Sonntag vor Journalisten. Brasilien bleibe neu­tral. Man wolle Frieden, doch man sei gegen Sanktionen, die negative Auswirkungen für Brasilienhätten. Bolsonaro, der kurz vor der russischen Invasion noch bei Präsident Wladimir Putin am kleinen Tisch und „in Solidarität mit Russland“ zu Besuch war, schien den Kremlherrscher stellenweise gar in Schutz zu nehmen. Von einem Journalisten auf das „Massaker“ in der Ukraine angesprochen, sprach er von einer Übertreibung, kein Staatschef habe Interesse an einem Massaker. „Ein großer Teil der ukrainischen Bevölkerung spricht Russisch.“ Beide Länder seien Brudernationen, sagte er und spottete zudem, dass die Ukrainer ihr Schicksal in die Hände eines Komödianten gelegt hätten. Die russische Staatspresse nahm Bolsonaros Worte dankbar auf.

    Bolsonaros Beweggründe sind vor allem wirtschaftlicher Natur. Brasiliens Landwirtschaft verbraucht Unmengen von Dünger – und etwa ein Viertel davon stammt aus Russland. Bei einigen Düngemitteln ist die Abhängigkeit noch größer. 3,5 Milliarden Dollar gab Brasilien im vergangenen Jahr für den importierten Dünger aus Russland aus. 

    https://www.faz.net/aktuell/politik/wegen-duenger-lieferungen-bolsonaro-schont-putin-17841287.html

    Der Dünger aus Rußland und Weißrußland wird auch in der EU fehlen, daran liegt die Sache nicht.

    Brasilien wird auch nicht von den USA mit Sanktionen belegt, weil die auf das brasilianische Öl scharf sind.

  76. In der meinungsführenden Kommentierung der ehemals liberalen deutschen Öffentlichkeit (z.B. beim Talk beim Lanz) kann der Übergang zur Kriegswirtschaft gar nicht schnell genug gehen. Feigheit und Zögerlichkeit vor dem Feind – wird da der Regierung vorgeworfen. Und wer sich vor den edlen kriegerischen Notwendigkeiten anscheinend drücken will,  wer als Regierung also nicht selber sich russisches Gas und Öl abstellt, der gehört  als vaterlandsloser Drückeberger (moralisch…)  eigentlich erschossen!

    Für solcherlei innere Mobilisierung von Kriegsbereitschaft werden in Russland und in der Ukraine abweichende Zeitungen verboten. Einfach klasse, dass es anscheinend hierzulande dafür rein gar nichts mehr an Verboten braucht …

    —-

    https://www.heise.de/tp/features/Wie-Deutschland-gefuehlt-zum-Teil-der-Anti-Hitler-Koalition-2-0-wurde-6655430.html?seite=all

  77. @Leser

    Russland und die Ukraine scheinen zu versuchen, den Krieg zu beenden.

    Es fragt sich, wer „die Ukraine“ ist.
    Man vergesse nicht, daß ein Mitglied der ersten Verhandlungsdelegation erschossen wurde, wobei gar nicht sehr verborgen wird, daß der SBU, also der ukrainische Sicherheitsdienst, der Exekutor war.

    Die Verhandler, Podoljak, Selenskij dürfen nur das sagen, was der SBU ihnen genehmigt, und der ist vom CIA instruiert.

  78. Rußland und Indien, genauer genommen die Außenhandelsbank Rußlands und die indische Reserve- (= Zentral-)Bank haben einen Ersatz für das SWIFT-System erarbeitet, um den bilateralen Handel abwickeln zu können. (KP, 31.3.)

  79. Das Flüssiggas-Terminal in Klaipeda ist zwar bereits in Betrieb, aber wird nicht das gesamte Baltikum versorgen können, sagte die litauische Premierministerin Ingrida Simonyte.

    „Laut Simonyte hat Vilnius die Frage der Erhöhung der Kapazität des LNG-Terminals in Klaipeda noch nicht in Betracht gezogen. Sie merkte auch an, dass Lettland und Estland einen Dialog (mit Litauen) über die Bereitstellung des blauem Kraftstoffs führen sollten.

    Zuvor sagte die estnische Finanzministerin Kate Pentus-Rosimannus, Tallinn erwäge den Bau eines LNG-Terminals, um die Energiesicherheit des Landes zu gewährleisten.

    Zur Erinnerung: Der offizielle Vertreter der Europäischen Kommission, Tim McPhie verlautbarte am 28.3., dass die Europäische Union mindestens bis 2027 von russischen Energieträgern abhängig sein wird.“

    (KP 31.3.)

  80. Moskau will Rubel-Zahlungen auch für Industrie-Rohstoffe

    Nickel, Kobalt, Neon: Nach dem angekündigten Übergang zu Rubelzahlungen für russisches Gas diskutiert Moskau nun über eine Ausweitung der Praxis auf den Export von anderen Rohstoffen.

    Als Teil der Kriegsführung Russlands in der Ukraine kann nun auch die Rohstoffversorgung des Westens gelten. Nachdem sich die westlichen Staaten auf Wirtschaftssanktionen und das Einfrieren staatlicher Reserven für Moskau geeinigt haben, sucht Russland nach Wegen, die eigene Währung zu stützen. Etwa indem konvertible Währungen, die derzeit für Öl-, Gas- und Rohstofflieferungen fliessen – aber durch die Sanktionen nicht gewechselt werden können – über verpflichtende Einkäufe in Rubel für Russland freizusetzen. Nach dem angekündigten Übergang zu Rubelzahlungen – eine Entscheidung darüber soll "noch nicht am Donnerstag fallen" wie es heisst – für russisches Gas diskutiert Moskau nun über eine Ausweitung der Praxis auf den Export von anderen Rohstoffen und Waren. Kremlsprecher Dmitri Peskow begrüßte eine solche Initiative von Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin, der vorschlug, auch Öl und weitere Rohstoffe in Rubel begleichen zu lassen.

    Die Verwendung der nationalen Währung sei unausweichlich, meinte Peskow am Mittwoch. Das Prestige des Dollar sei "ziemlich ins Wanken" geraten. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte erklärt, dass wegen der Sanktionen des Westens und des Einfrierens staatlicher Reserven für Moskau Euro und Dollar keinen Wert mehr hätten. Es wird erwartet, dass der Kremlchef an diesem Donnerstag bei einem Treffen mit Vertretern des Gasriesen Gazprom und der russischen Zentralbank erklärt, ab wann genau westliche Kunden in Rubel bezahlen sollen.

    Parlamentschef Wolodin sagte, im Export sollten andere Rohstoffe wie Metalle und Kohle sowie Waren wie Dünger und Getreide ebenfalls in Rubel bezahlt werden. "Die europäischen Staaten haben alle Marktinstrumente, um in Rubel zu bezahlen", schrieb Wolodin bei Telegram. "Eine Zusammenarbeit sollte für beide Seiten Vorteile haben." Der durch die Sanktionen des Westens zuletzt unter Druck geratene Rubel hat seit Putins Ankündigung wieder deutlich an Wert gegenüber dem Dollar und dem Euro gewonnen. Wolodin sagte, die europäischen Staaten sollten endlich aufhören, nach Begründungen zu suchen, warum Zahlungen in Rubel angeblich nicht möglich seien – und einfach zahlen. Deutschland etwa hatte mit Blick auf die vereinbarten Gaslieferungen Russland Vertragsbruch vorgeworfen, weil keine Rubelzahlungen vorgesehen seien. "Wenn Sie Gas erhalten wollen, dann suchen Sie Rubel", schrieb Wolodin.

    https://industriemagazin.at/metall-rohstoffe-stahl/moskau-will-rubel-zahlungen-auch-fuer-industrie-rohstoffe/

  81. Europa im Abstieg

    Ukraine-Krieg führt zu ernsten Folgen für die Wirtschaft Deutschlands und der EU. Diese befindet sich ohnehin in einem langfristigen Abstieg – stärker als die Wirtschaft der USA.

    BERLIN (Eigener Bericht) – Die ökonomischen Folgen des Ukraine-Kriegs treffen die Wirtschaft Deutschlands und der EU mitten in einer Ära des historischen Abstiegs. Wie das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in einer aktuellen Publikation konstatiert, ist der Anteil der EU an der globalen Wirtschaftsleistung seit der Jahrtausendwende um fast ein Drittel zurückgegangen; er liegt nur noch bei 18 Prozent. Aufgestiegen ist zur selben Zeit China; die Vereinigten Staaten sind ökonomisch ebenfalls zurückgefallen, aber nicht so stark wie die EU. Das IW führt dies darauf zurück, dass von den zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre einige – etwa der Brexit – die EU trafen, nicht aber deren globale Konkurrenz. In dieser Situation entfalten direkte Kriegsfolgen, aber auch die westlichen Russland-Sanktionen eine für die deutsche Industrie bedrohliche Wirkung. Beobachter urteilen, könne etwa die deutsche Kfz-Branche kriegsbedingte Lieferausfälle nicht in Kürze beheben, dann drohten ihr „katastrophale“ Konsequenzen. Wachstumsprognosen wurden bereits jetzt massiv gesenkt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stellt künftige „Härten“ in Aussicht und fordert „Standhaftigkeit“.

    Bedrohte „wirtschaftliche Großmacht“

    Das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) warnt in einer aktuellen Veröffentlichung vor einem langfristigen ökonomischen Abstieg Europas, gefördert durch eine Reihe globaler und regionaler Krisen, „denen sich vor allem die EU in den letzten zwei Dekaden gegenübersah“. Zu diesen Krisen zählt das Institut – neben dem aktuell tobenden Krieg in der Ukraine – die Immobilen- und Finanzkrise von 2008, die daran anschließende Eurokrise, die 2015 einsetzende Massenflucht nach Europa, den Brexit und die 2020 ausgebrochene Covid-19-Pandemie. Diese Krisenabfolge gefährde zunehmend „die Position der EU als globale wirtschaftliche Großmacht“, urteilt das IW. Demnach hätten sich die „globalen Wettbewerber“, insbesondere die USA und China, bei einer Reihe „relevanter Wettbewerbsfaktoren“ von der EU absetzen können.

    Schrumpfende Anteile

    Konkret verweist das IW auf den schrumpfenden Anteil der EU am globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP), der von den Höchstwerten von 25 bis 26 Prozent zu Beginn des 21. Jahrhunderts auf inzwischen nur noch 18 Prozent gesunken sei. Die Vereinigten Staaten hätten zwar ebenfalls Einbußen bei ihrem Anteil an der Weltwirtschaftsleistung hinnehmen müssen, der vor rund zwei Dekaden bei 31 Prozent gipfelte; doch falle deren Abstieg auf inzwischen 25 Prozent nicht so gravierend aus wie derjenige der EU. Zudem erreichten die Vereinigten Staaten ihren höheren Anteil am globalen BIP mit einer „geringeren Bevölkerung als die EU“. Die schrumpfenden globalen Wirtschaftsanteile des Westens gingen zugunsten der Volksrepublik China, die seit der Jahrtausendwende ihren Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung von drei Prozent auf 17 Prozent erhöhen konnte. Nicht nur in absoluten Zahlen, auch bei der Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung falle die EU zurück, heißt es weiter im IW-Bericht. Diese verringerte sich in der Union von rund 70 Prozent des US-Niveaus im Jahr 1999 auf 65,7 Prozent 2020. Das pro Kopf der Bevölkerung berechnete Bruttoinlandsprodukt Chinas konnte hingegen im selben Zeitraum von 7,7 Prozent auf 27,2 Prozent des US-Niveaus ansteigen.

    Finanzielle und natürliche Ressourcen

    Das IW bemängelt zudem die niedrigen Konsumausgaben der privaten Haushalte in Europa, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten „in den USA und China deutlich stärker gewachsen“ seien – eine Folge des deutschen Austeritätskurses während der Eurokrise unter dem damaligen deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble, der den südeuropäischen Ländern ein ökonomisch verheerendes Spardiktat oktroyierte. Ähnlich schlecht gestalte sich die Investitionstätigkeit, heißt es in der IW-Publikation: „In der EU wird deutlich weniger investiert“ als in konkurrierenden Weltregionen. Anhand seines hauseigenen Standortindexes, der die ökonomische Attraktivität einer Volkswirtschaft erfassen soll, kam das Kölner Institut zu dem abschließenden Fazit, die EU liege diesbezüglich weit hinter den USA. Selbst wirtschaftlich führende Länder wie Deutschland, die Niederlande oder Schweden lagen demnach mit für die EU überdurchschnittlich guten Werten von 128 bis 131 Punkten hinter den Vereinigten Staaten, die 133 Zähler erreichten (auf einer Skala von null bis 200 Punkten). Periphere Eurostaaten wie die Slowakei, Portugal oder Polen erreichten weniger als den Durchschnittswert von 100 Punkten. Einen der wichtigsten Faktoren bei der Ausformung der größeren „Standortattraktivität“ der USA sah das IW in dem „Abstand“ gegenüber den Vereinigten Staaten „bei der Verfügbarkeit von natürlichen und finanziellen Ressourcen“. Der „Zugang zu günstigen Rohstoffen wie Energiequellen“ stelle einen wichtigen, schwer wettzumachenden Standortvorteil der USA dar; doch könne „der chronische Rückstand Europas bei der Unternehmensfinanzierung und bei Fachkräften“ durchaus behoben werden, wenn man denn die „Hebung“ ungenutzter Potenziale bei Finanz- und Humanressourcen entschlossen angehe.

    „Ernst, sehr ernst“

    Beobachter sehen insbesondere die innovationsfaule deutsche Kfz-Branche in Gefahr, die jahrzehntelang auf den Verbrennungsmotor setzte und mitunter die Durchsetzung alternativer Antriebsarten durch Lobbyarbeit in Berlin behindern ließ. Die Lage für die deutsche Wirtschaft allgemein, speziell aber für die Autoindustrie sei aufgrund des Krieges in der Ukraine „ernst, sehr ernst sogar“, heißt es in einem Bericht unter Verweis auf die explodierenden Energiepreise und die zunehmenden Lieferengpässe bei Ressourcen und Komponenten. Bei weiteren Verschärfungen der westlichen Sanktionen und bei einer längeren Kriegsdauer, gar bei einem „Stopp der russischen Energielieferungen nach Deutschland“ drohten „katastrophale“ Folgen für die deutsche Kfz-Industrie. Die führende Exportbranche der Bundesrepublik kämpfe zwar schon länger mit protektionistischen Tendenzen in den USA und mit dem Komponentenmangel etwa bei Mikrochips; doch habe die aktuelle Gefährdung eine „andere Qualität“ als zuvor. Der gesamten Branche drohe ein „kollektiver Kollaps“.

    Vom Lieferausfall bedroht

    Die aktuellen Schwierigkeiten beruhen unter anderem darauf, dass beispielsweise eine zentrale Komponente im Fahrzeugbau, sogenannte Kabelbäume, zuletzt ganz überwiegend in der Ukraine gefertigt wurde, nachdem die arbeitsintensive Produktion in den vergangenen Jahren von Nordafrika in das osteuropäische Land verlegt worden war. Die deutsche Autoindustrie bezog am Vorabend des Krieges folglich rund 80 Prozent ihrer Kabelbäume aus der Ukraine. Die Komponente, die zudem modellspezifisch ist, könne nicht nachträglich nachgerüstet werden, heißt es in dem Bericht; sind Kabelbäume nicht vorhanden, „können Autos nicht gebaut werden und die gesamte Wertschöpfungskette steht still“. Da kurzfristige Standortverlagerungen unmöglich seien und den Speditionen überdies rund 100.000 ukrainische LKW-Fahrer fehlten, drohe in den nächsten Wochen ein totaler „Lieferausfall“, der die gesamte Wertschöpfungskette der Pkw-Produktion zu paralysieren drohe – mit nicht absehbaren Folgen für „Wachstum und Beschäftigung“.

    Konjunktureinbruch

    Die durch den Krieg ausgelösten wirtschaftlichen Verwerfungen führten bereits zu einer massiven Korrektur der deutschen Wachstumsprognosen für das laufende Jahr. Der wirtschaftspolitische Sachverständigenrat der Bundesregierung, im Medienjargon als „Wirtschaftsweise“ bezeichnet, musste seine Konjunkturvorhersage für 2022 bereits von 4,6 Prozent auf 1,8 Prozent reduzieren, da die russische Invasion in die Ukraine das Wachstum dämpft, die Energie- und Verbraucherpreise ansteigen lässt und zu „hoher Unsicherheit“ führt. Da die Bundesrepublik „stark von russischen Energielieferungen abhängig“ sei, drohe der deutschen Volkswirtschaft überdies eine tiefe Rezession samt einer stärkeren Inflation, sollte es im Kriegsverlauf zu einem „Stopp russischer Energielieferungen“ kommen, urteilt der Sachverständigenrat. Einzelne Gremiumsmitglieder rechnen immerhin damit, Deutschland könne „mit den Folgen eines Gasembargos zurechtkommen“, obwohl dies mit „massiven Einschnitten verbunden“ sei. Der Staat müsse in diesem Fall vor allem die „Härten abfedern“, die mit einer aus dem Gasembargo resultierenden Rezession einhergingen. Der Wirtschaftseinbruch werde dabei voraussichtlich eine Größenordnung erreichen, die „vergleichbar mit der Pandemie“ sei. Da aber die Staatsschuldenquote der Bundesrepublik im Pandemieverlauf „nur“ von 60 Prozent auf 70 Prozent des BIP angestiegen sei, sei hier „noch Spielraum“, den man nutzen könne – dann jedenfalls, wenn Berlin zu der Überzeugung komme, „den Konflikt durch eine Einstellung der Zahlungen an Russland einhegen zu können“.

    „Harte Zeiten“

    Bereits Anfang März wurden überdies die ersten Angaben zum kriegsbedingten Einbruch des Welthandels publiziert, der die exportfixierte deutsche Wirtschaft besonders hart treffen dürfte. Demnach ist laut Berechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) der Welthandel im Februar um 5,6 Prozent gegenüber dem Vormonat zurückgegangen. Dies sei der „größte Einbruch sei der Corona-Pandemie“. Angesichts der sich rasch verdüsternden wirtschaftlichen Aussichten schwor Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bundesbürger bereits auf „langfristige Einschränkungen“ ein. Anlässlich eines Solidaritätskonzerts für die Ukraine erklärte Steinmeier, auf „uns in Deutschland“ kämen „härtere Tage“ zu. Die Welt verändere sich derzeit schneller, als „wir es für möglich gehalten hätten“, äußerte der Bundespräsident, der zudem ankündigte, die meisten „Härten“ würden noch „vor uns liegen“: Die „Solidarität“, die „Standhaftigkeit“ und die Bereitschaft der Bundesbürger „zu Einschränkungen“ würden noch „auf lange Zeit gefordert sein“.

    https://www.german-foreign-policy.com/

    Man merkt hier übrigens auch, was der Sinn und Zweck des EU-Assoziationsabkommens mit der Ukraine war, das den Euromajdan ausgelöst hat und nicht ohne gute Gründe – wegen heftigen Widerstandes in der Ukraine – erst dreieinhalb Jahre später unterzeichnet wurde.
    Seither wurde von EU-Firmen aus dem Land einiges an Reichtum abgeschleppt, aber dadurch sind auch Abhängigkeiten entstanden, die der EU jetzt auf den Kopf fallen.

  82. Von Facebook:
    "China hat der Forderung der Europäischen Union, sich bezüglich des Ukraine-Konflikts auf die europäische Seite zu stellen, eine deutliche Absage erteilt. "Niemand sollte andere zwingen, sich für eine Seite zu entscheiden", sagte Außenamtssprecher Zhao Lijian am Freitag:

    "Einen simplistischen Ansatz von Freund und Feind zu wählen, ist unklug. Und eine Mentalität des Kalten Krieges und der Konfrontation der Blöcke sollte abgelehnt werden."

    Mit der deutlichen Ansage reagierte Lijian auf zuvor erfolgte Warnungen der Europäer und Amerikaner, wonach die chinesische Regierung Russland besser keine materielle Unterstützung leisten oder bei der Umgehung westlicher Sanktionen helfen solle.

    China verfolge eine "unabhängige Außenpolitik", erklärte der Außenamtssprecher. Demnach arbeite China daran, die Lage in der Ukraine zu entspannen. Die Friedensgespräche wolle das asiatische Land jedoch auf seine Weise fördern. Sanktionen lehne sein Land weiter ab, ergänzte Lijian."

    Meine Antwort darauf:
    "Natürlich versuchen alle Staaten noch weitere Staaten dazu zu bringen ihre Politik zu unterstützen. Das gilt schon im "Frieden" und erst recht im Krieg. Und wenn die angesprochenen Staaten das aus ihren eigenen Interessen eigentlich nicht unterstützen wollen, dann können stärkere Staaten auch schon mal das Operationsbesteck auf den Tisch legen. Und wenn man wie die USA eine wirkliche Weltmacht ist, dann kann man manchen Staat wirklich zum Mitmachen "zwingen".

    Das Winden von China zeigt, wie schwer es selbst diesem mittlerweile auch recht einflußreich gewordenem Staat fällt, sich dem Kriegskurs gegen Rußland zu entziehen. Eine wohlmöglich erwogene Unterstützung Rußland ht sich die Führung Chinas schon nicht mehr getraut angesichts der Drohungen der USA und der EU.

    Das Gefährliche an der aktuellen Situation ist auch die Befürchtung, daß China so schnell wirtschaftlich und vor allem militärisch stärker zu werden droht, daß die USA nicht mehr lange sicher sein können, eine ernsthafte militärischen Konfrontation und Auseinandersetzung mit China noch gewinnen zu können. So wie Rußland nicht warten wollte, bis die NATO die Ukraine so weit militärisch aufgepäppelt haben, daß die erfolgreich den Donbass und die Krim zurückerobern hätten können, so könnten die USA auch zum Schluß kommen, lieber "jetzt" China anzugreifen, um noch gewinnen zu können als "später" zurückweichen zu müssen.

  83. Auch europäisch gerät einiges ins Rutschen, wenn die BRD/EU sich offen als Kriegspartei aufstellt  – und das betrifft nicht nur die bisherigen Rüstungsexport-Kontroll-Richtlinien.  https://www.heise.de/tp/features/EU-Ertuechtigungsfonds-Toedliches-Geraet-ausser-Kontrolle-6661474.html?seite=3.  Auch die Finanzierung der EU-Aufrüstungskampagne bzw. konkret: der aktuellen Waffenlieferungen an die Ukraine wirkt nicht nur in haushälterischer Hinsicht etwas seltsam: die EU eröffnet einen gemeinsamen Fonds der EU-Kommission , in den dann die Einzelstaaten je nach ihren Zahlungswilligkeiten einzahlen ….  Abweichendes ist z.B. aus Bulgarien und Ungarn zu hören: “Von den NATO-Mitgliedstaaten haben sowohl Bulgarien als auch Ungarn der Ukraine keine militärische Hilfe zugesagt oder geleistet.” https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/sechs-ehemalige-verteidigungsminister-fordern-bulgarien-auf-waffen-an-kyjiw-zu-liefern/
    Auch China lässt sich bekanntlich nicht vor den europäischen Karren spannen, wie Neo oben dargelegt hat. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162679.eu-china-gipfel-frostiges-treffen.html

  84. Zu China: 1. Nestors Artikel aus der NZZ.

    "Xi Jinpings Parteinahme für Putin im Ukraine-Krieg dürfte sein bisher grösster aussenpolitischer Fehler sein"

    Das ist natürlich Blödsinn. Im Gegenteil. Auch China wird die Feindschaft des Westens angetragen. China wird im Moment vorgeführt womit es selbst zu rechnen hat und auf was es sich einstellen muss. Man darf sicher annehmen, dass die Chinesen daraus lernen und ihrer Schlüsse daraus ziehen. Das war kein außenpolitischer Fehler. An der Seite von Russland ist China in der Lage die Feindschaft des Westens auszuhalten und für sich zu entscheiden und das zeigt sich gerade in der Krise. Russland wird sich künftig noch stärker Richtung China orientieren und hat dort zuverlässige Abnehmer für ihre Roststoffe.

    Natürlich hat China kein Interesse am Ukrainekrieg, wegen der Verwerfungen im Welthandel, an denen China kein Interesse hat. Das wirkt sich auf den Export chinesischer Waren aus, also aufs Geschäft.

    Das heißt aber nicht, dass es "Xi, der bisher ein überzeugter Anhänger Putins war, nun dämmert, dass er auf das falsche Pferd gesetzt hat." Der hat gar nicht aufs falsche Pferd gesetzt, sondern auf einen Staat der ebenfalls als Feind des Westens auserkoren ist. Der Feind meines Feindes ist mein Freund. So einfach ist das.

    "Das Winden von China zeigt, wie schwer es selbst diesem mittlerweile auch recht einflußreich gewordenem Staat fällt, sich dem Kriegskurs gegen Rußland zu entziehen. Eine wohlmöglich erwogene Unterstützung Rußland ht sich die Führung Chinas schon nicht mehr getraut angesichts der Drohungen der USA und der EU."

    Aus dem "Winden" von China sollte man nicht den Schluss ziehen, dass es ihm wirklich schwer fällt sich dem "Kriegskurs gegen Russland zu entziehen". China hat das Ansinnen der Europäer recht deutlich zurückgewiesen. Ich fand es ja schon vermessen, dass die Europäer tatsächlich geglaubt haben China auf ihren Kurs verpflichten zu können. China ist nicht dumm, die wissen wo sie stehen. Sorge bereitet denen nur der Sanktionswahn des Westens und der Versuch China ins westliche Boot zu holen, oder ansonsten selbst von Sanktionen überzogen zu werden. Deshalb eiern sie rum und wollen auch niemanden verärgern. Mehr steckt da nicht dahinter. China wird Russland natürlich unterstützen, bloß an die große Glocke hängen sie das nicht. Die werden das vielleicht sogar abstreiten, gleichzeitig praktisch aber etwas anderes machen. 

    "Das Gefährliche an der aktuellen Situation ist auch die Befürchtung, daß China so schnell wirtschaftlich und vor allem militärisch stärker zu werden droht, daß die USA nicht mehr lange sicher sein können, eine ernsthafte militärischen Konfrontation und Auseinandersetzung mit China noch gewinnen zu können."

    Der Fahrplan der USA wird wohl eher sein, erst Russland fertigzumachen. Den vermeintlich schwächeren Gegner. Bevor man sich sich der eigentlichen Aufgabe widmet. Statt sich mit zwei Brocken anzulegen, will man die Potenzen und Rohstoffe Russlands einkassieren, um dann China als Hauptfeind auf die Tagesordnung zu setzen. Also Spalten der Freundschaft ohne Obergrenzen zwischen China und Russland. Denn gleichzeitig sind die nicht zu packen. So geht die USA ja immer vor. Mit Europa ging das relativ leicht. Europa trägt die Hauptlast des Wirtschaftskrieges gegen Russland und hat am stärksten darunter zu leiden. So macht das die USA: immer andere gegeneinander aufhetzen.

  85. @Kehrer

    Der Fahrplan der USA wird wohl eher sein, erst Russland fertigzumachen.

    Das überlassen sie größtenteils den Europäern. Die Überlegung von Neoprene hat schon was an sich – Rußland ist beschäftigt, kann China nicht zu Hilfe kommen für den Fall, daß …
    Immerhin war die sowjetische Führung 1940/41 auch überzeugt, daß Hitler erst den Westen fertigmachen will und keinen Zweifrontenkrieg anfangen wird.

  86. Das war ja auch vernünftig, dass die sowjetische Führung 1940/41 das gedacht hat. Und schließlich hat Hitler den Krieg verloren. Das wäre kein gutes Vorbild für die USA einen Zweifrontenkrieg zu beginnen.

    Natürlich weiß niemand was die Zukunft bringt. Aber von der Strategie her ist es besser zwei Gegner nacheinander fertigzumachen, als sich gleich gegen beide zu wenden. Auch wer jemals ein Strategiespiel auf dem PC gespielt hat weiß. Zuerst macht man die schwachen Gegner fertig, die nicht viel aushalten und knüpft sich dann den Tank vor und nicht umgekehrt. – Gut, Bei Russland und China geht es eher um zwei Tanks. (ein sogenannter Tank ist ein Gegner, der viel aushält).

    Die Überlegung von neoprene hat in der Tat war für sich aber eher der erste Teil: "Das Gefährliche an der aktuellen Situation ist auch die Befürchtung, dass China so schnell wirtschaftlich und vor allem militärisch stärker zu werden droht, dass die USA nicht mehr lange sicher sein können, eine ernsthafte militärischen Konfrontation und Auseinandersetzung mit China noch gewinnen zu können."  Das bedeutet aber nicht, dass die USA Hals über Kopf einen Zweifrontenkrieg anfängt.

    Die Frage ist doch im Gegenteil, ob nicht gerade die Sanktionen gegen Russland kontraproduktiv sind und die Ablösung des Dollar noch weiter beschleunigen. Russland ist ja gezwungen seinen Außenhandel nach Asien zu orientieren. Die Verunmöglichung der Handels mit Russland schwächt Europa bedeutend. Auch das stärkt von den USA aus gesehen nicht die europäische Flanke. Langfristig wird sich das verheerend auf die Vormachtstellung des Westens auswirken.

  87. Sehr empfehlenswert dieses  Interview mit einer einflussreichen Figur aus dem „inneren Zirkel russischer Herrschaft“.  "Events Like These Only Happen Once Every Century" ist die Übersetzung eines Interviews mit Sergey Glazyev. Darin wird die ganze Gemengelage, die zum Krieg führte, aber auch die Aussichten, was sich daraus entwickelt stringent und überzeugend dargelegt. Es sind auch einige verstörende Infos zu den Biolaboren in der Ukraine enthalten. Allerdings ebenso „verstörend“ und „wenig schön“ sind die geteilten polit-ökonomischen Vorstellungen und Agenden der globalen Herausforderer des alten Imperiums – falls nicht doch der große Rumms dazwischen kommt. Hier eine deutsche Übersetzung:

    https://nolteweb.wordpress.com/2022/04/03/sergey-glazyev-uber-das-ende-der-dollar-herrschaft-eine-neue-weltwahrung-und-den-dritten-weltkrieg/

     

  88. @Kehrer

    Ich sehe das so, daß die USA den „Westen“ instrumentaisiert, um Europa und Rußland gleichermaßen zu schwächen. Die Idee ist, als lachender Dritter übrig zu bleiben.

    Ob das klappt, ist eine andere Frage, aber Schaden wird auf jeden Fall genug angerichtet.

    @Phineas

    Ach, den Saker gibt es auch noch.
    Wie die ganzen Eurasier-Philosophen hat er eine quasi missionarische Vision. Ich bezweifle auch, daß seine Analyse der russischen militärischen Erfolge akkurat ist.
    Aber natürlich, daß das westliche, dollarbasierte Währungssystem an seine Grenzen gekommen ist, zwitscherten schon geraume Zeit die Spatzen von allen Dächern. Es fragt sich nur, ob der Krieg den Abstieg beschleunigt oder aufhält.

  89. "Die Idee ist, als lachender Dritter übrig zu bleiben." Vielleicht bleiben die USA wirklich übrig, aber ob sie dann lachen, steht trotzdem noch aus. Die Ruinierung einiger Konkurrenten ist ja nicht dasselbe, wie selbst als Sieger dazustehen. Möglicherweise gewinnen die USA im Verhältnis zu Europa, aber verlieren im Verhältnis zu China. 

  90. Das sind alles Pläne. Ob sie aufgehen, ist eine andere Frage.
    Aber der Schaden für die EU, Rußland und die Ukraine, der steht fest.

  91. Den Schluss des Interviews mit Sergey Glazyev, wo es um die Rolle der russischen Zentralbank geht finde ich am aufschlussreichsten. Das hört sich für mich am vernünftigsten an. d.h. Der Zentralbank verbieten Gewinne zu machen, indem sie teuer gekaufte Devisen noch teurer verkauft und sich damit eine goldene Nase verdient. Das treibt die Inflation in die Höhe und dieser wird mit Zinserhöhungen entgegengewirkt,  was der Wirtschaft logischerweise den Kredithahn zudreht und Investitionen verunmöglicht bzw. die Wirtschaft abwürgt, die solche Zinsen nicht bezahlen kann.

  92. Das geht eben davon aus, daß erstens Devisen überhaupt da sind und in ausreichender Menge.

    Aber die ganze eurasische und vielleicht auch inzwischen Putin-Strategie zielt ja überhaupt darauf, sich vom Weltmarkt und dem Dollar abzukoppeln und auf ein bilaterales, elastisches Tauschverhältnis nationaler Währungen umzusteigen, eine Weiterentwicklung der seinerzeitigen RGW-Handels- und Abrechnungsmodalitäten.

    Wenn man bei Marx im 1. Abschnitt des K I nachliest, so sind dort die Wertformen angeführt: Ware A gibt Ware B ihren Wert – das ist die einfache Wertform. Erst mit der Zeit der Entwicklung des Marktes kommt es zu der Absonderung einer besondern Ware, die den anderen allen ihren Wert gibt, dem allgemeinen Äquivalent, des Vorläufers des Geldes.

    Auf dem Weltmarkt sind diese privilegierten Gelder die Weltwährungen oder Devisen: der Dollar, mit viel Abstand der Euro und dann Pfund, Yen und noch ein paar Mini-Währungen.

    Rußland will dort raus.

  93. Russland will  dort raus. Was dieser Glazyev anbietet scheint mir aber auch unausgegoren. 

    Das heißt, wenn wir wollen, dass die Metallpreise nicht in London, sondern in Russland gebildet werden, genau wie die Ölpreise, dann impliziert dies die Entstehung einer anderen Währung, insbesondere wenn wir nicht nur innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion, sondern in Eurasien im weitesten Sinne, im Zentrum der neuen Weltwirtschaftsordnung, zu der ich China, Indien, Indochina, Japan, Korea und den Iran zähle, operieren wollen. Es handelt sich um große Länder, die alle ihre eigenen grundlegenden nationalen Interessen haben. Nach den aktuellen Geschichten über die Beschlagnahmung von Dollarreserven glaube ich nicht, dass irgendein Land die Währung eines anderen Landes als Reservewährung verwenden möchte. Es wird also ein neues Instrument benötigt. Und das wäre meiner Meinung nach zunächst einmal eine Art synthetische Währung, die als ein solcher aggregierter Index konstruiert würde.

    Könnten wir einige Beispiele haben? Was ist das?

    Sergey Glazyev: Nun, nehmen wir an, der Euro – es gab eine solche Erfahrung in der Europäischen Union. Er wurde als Korb von Währungen aufgebaut. Alle Länder, die sich an der Schaffung einer neuen Rechenwährung beteiligen, müssen das Recht erhalten, ihre nationale Währung in diesem Korb zu haben. Und die gemeinsame Währung wird als Index gebildet, als gewichteter Durchschnitt dieser nationalen Währungen. Nun, aus meiner Sicht müssen Sie noch Rohstoffe dazuzählen: nicht nur Gold, sondern auch Öl, Metall, Getreide und Wasser. Eine Art Warenbündel, das nach unseren Schätzungen etwa 20 Waren umfassen sollte. Sie bilden nämlich die globalen Preisproportionen und sollten daher in den Korb für die Bildung einer neuen Rechnungswährung aufgenommen werden. Und wir brauchen einen internationalen Vertrag, der die Regeln für den Umlauf dieser Währung festlegt und eine Organisation ähnlich dem Internationalen Währungsfonds schafft. 

    Die Talkshows sind zur Zeit wirklich schwer zu ertragen. Nationalisten sind schon eine selten blöde Spezies. Melnik bei Maischberger. Melnik: Alle Russen sind unsere Feinde. Maischberger sinngemäß:  Muss man nicht unterscheiden, weil nicht alle Russen sind gleich und teilen vielleicht auch nicht die Politik von Putin. Melnik: Ich gebe zu, das es Schwierigkeiten gibt das zu verarbeiten, aber so ist die Lage. 

    Melnik weiß natürlich, dass ein beträchtlicher Anteil der ukrainischen Bevölkerung aus Russen besteht und trotzdem sagt er das. Das läuft natürlich genau darauf heraus, was er den Russen unterstellt. Er will die Ukraine von Russen säubern und unterstellt gleichzeitig den Russen, sie wollten das ukrainische Volk ausrotten. Er sagt die russischen Soldaten seien alle "zombifiziert",  was ungefähr heißen soll, dass sie einer nationalistischen Gehirnwäsche unterzogen wurden. Und das sagt genau derjenige für den der zombifizierte Nationalismus Normalzustand darstellt.

    Jetzt werden nicht nur Verteidigungswaffen gefordert,  sondern man denkt offen über die Lieferung von  Angriffswaffen nach und will sie auch liefern. Panzer usw. 

  94. Renate Dillmann:  Was die "Zeitenwende" von Bundeskanzler Scholz bedeutet

    Aufrüstung, Energiesouveränität, Kriegsmoral: Deutschland macht sich im Schatten des Ukraine-Krieges von 'Lasten der Vergangenheit'  frei

    Das deutsche Souveränitäts-Dilemma wird endlich gelöst

    Energie-Autarkie statt Abhängigkeit von russischem Gas und Öl

    Kriegsmoral auf höchstem Niveau

    Ende der Nachkriegsordnung

    Wie Deutschland den Krieg für einen nationalen Aufbruch nutzt

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in seiner Regierungserklärung zur Ukraine eine "Zeitenwende" in der deutschen Sicherheitspolitik und ein gigantisches Aufrüstungsprogramm verkündet. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) nimmt den laufenden Krieg als endgültiges Argument dafür, die Nation von ihrer "Abhängigkeit" von russischen Öl- und Gaslieferungen zu "befreien" und stattdessen Fracking-Gas aus den USA zu importieren.

    Der Wirtschaftsminister spricht offen aus, dass der Kern der deutschen Klimapolitik die "Energiesouveränität" der Bundesrepublik ist und kann sich dabei der Unterstützung durch Fridays for Future gewiss sein.   (Forts.):

    https://www.heise.de/tp/features/Was-die-Zeitenwende-von-Bundeskanzler-Scholz-bedeutet-6665130.html?seite=all

    —-

    Vgl. die neuesten Beschlüsse der EU:

    https://www.heise.de/tp/features/EU-Kommission-will-neue-Sanktionen-gegen-Russland-6663644.html

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/naechste-eu-sanktionen-gegen-russland-zielen-auf-kohle-schifffahrt-und-strassenverkehr/

    Nicht nur in Bulgarien und Ungarn, auch im EU-Umfeld (‘Hinterhof’?) im Balkan bröckelt es…

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/serbische-minister-in-bosnien-blockieren-russland-sanktionen/

  95. ERSATZ FÜR RUSSISCHE EXPORTE
    Für Deutschlands Rohstoffhunger bietet sich Kasachstan als Alternative zu Russland an

    Die ehemalige Sowjetrepublik Kasachstan könnte fast alles liefern – mit deutscher Hilfe, sagt Botschafter Dauren Karipov im Interview. Der Wirtschaftsstandort bietet bis zu 25 Jahren Steuerfreiheit.

    Der Weg zum kasachischen Außenposten in Deutschland führt tief nach Ostberlin, nach Schönhausen im Bezirk Pankow. Die einstige Residenz des US-Botschafters in der DDR gehört heute zur Botschaft Kasachstans, einst Teil der UdSSR. Dort bittet Botschafter Dauren Karipov, der ausgezeichnet Deutsch spricht, bereitwillig zum Gespräch. Thema: Wie sein Land, das selbst zuletzt von politischen Unruhen erschüttert wurde, bei denen sogar russische Einheiten eingriffen, den Deutschen nun helfen kann, russisches Gas, Öl und andere Rohstoffe zu ersetzen und auch landwirtschaftliche Erzeugnisse zu liefern.

    (…)

    https://www.wiwo.de/politik/ausland/ersatz-fuer-russische-exporte-fuer-deutschlands-rohstoffhunger-bietet-sich-kasachstan-als-alternative-zu-russland-an/28226836.html

    Allerdings läuft der ganze kasachische Ölexport bis heute – in Ermangelung eigener Pipelines – über eine aus der sowjetischen Zeit stammende, durch Rußland verlaufende Pipeline und den russischen Hafen von Novorossisk.
    Mit dem Gas wäre es ähnlich.
    Kasachstan verfügt über keinen Zugang zu Weltmeeren und ist auf Transit durch Rußland – und möglicherweise den Iran – angewiesen.

  96. @Kehrer

    „Unausgegoren“ ist m.E. nicht die richtige Charakterisierung dieses Geldidealismus.

    Ich erinnere zurück, daß bei der Erweiterung Moskaus auch geplant war, eine Rohstoffbörse in Rußland einzurichten, die derjenigen in London Konkurrenz machen bzw. den Rang ablaufen wollte. Es wurde dann nichts daraus, aber die Idee ist offenbar, aus der Verfügung über Rohstoffe eine Deckung des nationalen Geldes zu erzeugen.
    Im Gegensatz zu den jetzigen Weltwährungen, die nur auf Schulden beruhen.

    Ich erinnere daran, was Marx im K III zum Currency Principle und der britischen Bankgesetzgebung und dem Peelschen Bankakt sagt: Es ist nicht die Deckung einer Währung, die ihre Qualität bestimmt, sondern die Anzahl an Geschäften, die in ihr gemacht werden und die Nachfrage nach ihr bestimmen.

    Sodaß die Theorie Glazyevs an die Überlegungen verschiedenener sowjetischer Ökonomen anknüpft, die das Geld als Steuerungsmittel der Planwirtschaft angesehen haben und dann immer auf der Suche nach den „richtigen“ Preisen für die Güter waren, die ihren „wahren“ Wert widerspiegeln sollten.

    Ich habe jetzt nachgeschaut, wer Glazyev ist und was er so macht. Aus der russischen Wikipedia:

    „In den Jahren 1987-1991 war er Mitglied einer informellen Gruppe von meist jungen Ökonomen (E. T. Gaidar, A. L. Kudrin, S. M. Ignatiev, A. B. Tschubais usw.), die Seminare abhielten, auf denen sie Maßnahmen zur Reform der sowjetischen Wirtschaft diskutierten. Zusammen mit den Teilnehmern der Seminare besuchte er 1991 Chile, wo er am Institut für Freiheit und Entwicklung einen Vortrag über die Erfahrungen chilenischer Wirtschaftsreformen hörte.“

    Hmmm. Da wollte er sich bei den Chikago Boys und der Pinochet-Diktatur Tips für die Reform der sowjetischen Ökonomie holen.

    Er gehört zu dem Kreis der „Reformer“ der Perestrojka-Zeit, von denen einige in Ungnade gefallen, andere gestorben und viele zu Oligarchen aufgestiegen sind.

  97. Glazyevs macht ja einen Vergleich zum Euro. Beim Euro ist es aber so, dass er die alten Währungen ersetzte. Glazyev stellt sich aber so eine Art internationale Währung vor die parallel zu den alten Währungen existiert. Daraus ergibt sich dann das Problem, dass deren Wert im Verhältnis zu den Nationalwährungen irgendwie ermittelt werden muss, denn den Spekulanten soll das ja nicht überlassen werden. Und weil Russland viele Rohstoffe und wenig Geschäft hat, sollen auch die Rohstoffe einbezogen werden. Was eben darauf hinausläuft, dass die Austauschverhältnisse politisch ausgeschachert werden. Das soll man natürlich nicht so sehen, sondern wie du sagst als Ermittlung des "wahren Werts" des Geldes und der "richtigen Preise". Der Haken ist natürlich, dass das System sofort an die Wand fährt, wenn es Meinungsverschiedenheiten bzgl. der Austauschverhältnisse gibt. Und die gibt es zwangsläufig, weil darüber die Konkurrenz der Nationen ausgetragen wird.

  98. Das Problem entsteht daraus, daß das Geld ein Ergebnis der Marktwirtschaft ist. Also aus dem Tausch und dem Geschäftsinteresse entsteht.

    Die Crux des gesamten Realsozialismus war, daß er das Geld beibehalten hat, weil seine Führer es als Steuermittel einsetzen wollten, obwohl sie den Markt abgeschafft hatten. Dem Geld wurde somit der Boden unter den Füßen weggezogen.

    In diese Richtung bewegt sich Rußland von neuem.

  99. Zum Teil bleibt ihnen ja auch gar nicht anderes übrig, wenn ihre Devisen eingefroren sind. Von vielen äußeren Märkten sind sie ausgeschlossen. Auf der Basis dass sie den Rubel weiter wollen, müssen sich eine gesellschaftliche Reproduktion hinkriegen und dann ist der Rubel automatisch Steuerungsmittel. Die Frage ist bloß inwieweit Indien oder China die russischen Vorstellungen mitmacht um eine neue gemeinsame Währung zu schaffen. Da bin ich skeptisch.

  100. Kein russischer Stahl mehr: Den Palettenherstellern gehen die Nägel aus

    Weil ihre Nagel-Lieferanten keinen Stahl mehr aus Russland bekommen, droht deutschen Palettenherstellern das Material auszugehen. Schon in einigen Wochen könnten die ersten Firmen gezwungen sein, ihre Produktion runterzufahren, teilte der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten und Exportverpackung (HPE) am Mittwoch in Bad Honnef mit.

    90 Prozent des sogenannten Drahtstahls, aus dem die für Paletten genutzten Nägel gemacht werden, komme aus Russland. Stahllieferungen sind wegen der Russland-Sanktionen aber untersagt. Kurzfristige Alternativen gibt es dem Verband zufolge nicht, da spezielle Nägel nötig sind.

    https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/logistik-kein-russischer-stahl-mehr-den-palettenherstellern-gehen-die-naegel-aus/28231318.html

    Macht ja nichts. Es wird wieder alles nur ein bißl teurer.

  101. @Kehrer

    Auf der Basis dass sie den Rubel weiter wollen, müssen sich eine gesellschaftliche Reproduktion hinkriegen und dann ist der Rubel automatisch Steuerungsmittel.

    Das ist sozusagen ein Advokatenbeweis, wo der Schluß bereits in der Prämisse enthalten ist. Wenn sie den Rubel haben wollen (das ist so!) – als Steuerungsmittel nämlich –, dann ist er …

    Die gesellschaftliche Reproduktion ließe sich ohne Geld auch organisieren. Es wäre sogar weitaus einfacher und vernünftiger. Aber dann wäre die Steuermänner überflüssig und wer will denn sowas. Im Kreml sicher niemand.

    Die Frage ist bloß inwieweit Indien oder China die russischen Vorstellungen mitmacht um eine neue gemeinsame Währung zu schaffen.

    So wie ich Glazyev verstanden habe, meine er beim Euro eigentlich nur die Vorstufe, das EWS, das dann durch Soros’ segensreiches Wirken an sein vorläufiges Ende kam. Soros konnte seine Attacken auf Pfund und Lira jedoch auch nur deshalb erfolgreich durchführen, weil die SU gerade abgedankt hatte und der EWG dadurch der Zusammenhalt gegen den gemeinsamen Feind abhanden gekommen war.
    Also er meint ein System fixer Wechselkurse, das sich von den Devisenbörsen unabhängig macht. Und das könnte durchaus im Sinne der anderen beiden Mächte sein. Irgend so etwas war in glücklicheren BRICS-Zeiten, vor Rousseffs Sturz, bereits im Schwunge.
    China hatte ein eigenes Programm, den Yuan Renminbi zur Weltwährung zu machen, das spießte sich mit den russischen Plänen.
    Für diese chinesischen Vorstellungen waren jedoch die Londoner City vor dem Brexit und Hongkong und seine Börse Eckpfeiler, die inzwischen beide weggebrochen sind, also China könnte durchaus dabei sein bei der Sache.

    Das setzt aber voraus, daß in Rußland die innere Produktion am Laufen gehalten bzw. zum Laufen gebracht wird. Siehe hierzu diesen Blog-Beitrag.

    Beim RGW gab es den Transfer-Rubel als gemeinsame Verrechnungseinheit, mit dem sich alle übervorteilt fühlten.
    Dann kam die Wende, der RGW zerfiel, alle stellten auf Dollar um und der Handel kam zum Erliegen, weil niemand Dollar hatte.

  102. Ne. Wenn ein Staat eine Währung haben will, heißt das nicht notwendig, dass er sie nur als Steuerungsmittel haben will. Für andere Staaten ist die Währung z.B. Bereicherungsmittel. Wäre eine Nationalwährung immer notwendig nur Steuerungsmittel, bräuchte man das ja nicht anzustreben oder noch nicht mal erwähnen. Du willst das doch auch als Besonderheit der Russen im Umgang mit der Währung darstellen.

    Weil sich die gesellschaftliche Reproduktion auch ohne Geld bewerkstelligen ließe, sage ich ja, dass die Russen das nicht wollen. Das können sie sich nicht vorstellen und eine Planwirtschaft wollen sie auch nicht. Wenn man also am Geld festhalten will, dann müssen sie eben ihre gesellschaftliche Reproduktion auf dieser Grundlage abwickeln. Wenn man von einem großen Teil der Welt abgeschnitten ist, dann fällt Bereicherung am Ausland schon mal flach. Also ist die Währung automatisch eher nationales Steuerungsmittel der gesellschaftlichen Reproduktion.

    "Also er meint ein System fixer Wechselkurse, das sich von den Devisenbörsen unabhängig macht. Und das könnte durchaus im Sinne der anderen beiden Mächte sein." Ja, könnte. Ich will auch nicht sagen, dass es nicht geht. Sondern man muss es aushandeln und dabei gibt es notwendig Gegensätze, weil es ja um den Reichtum der Nation geht. Das ist ein Gegenstand der Konkurrenz. Diese Gegensätze werden nur zurückgestellt, wenn es eine Gemeinsamkeit gibt, z.B. der Gegensatz zum Westen. Das heißt aber, dass das nur so lang gut gehen kann, wie dieser Gegensatz besteht. Das ist kein Argument gegen die Sache, eher eins gegen ihre Haltbarkeit.

    "Beim RGW gab es den Transfer-Rubel als gemeinsame Verrechnungseinheit, mit dem sich alle übervorteilt fühlten. Dann kam die Wende, der RGW zerfiel,…"

    Na eben.

  103. ZWEI MILLIARDEN EURO WEG
    OMV kommt das Russland-Geschäft teuer zu stehen

    Für das Russland-Geschäft muss die OMV mit zwei Milliarden Euro mehr Geld als erwartet abschreiben. Im ersten Quartal halfen hohe Preise, die Gasproduktion fiel zurück

    Die enge Verzahnung mit Russland hat rote Spuren durch die Bilanz des ersten Quartals der OMV gezogen. Der teilstaatliche Ölkonzern muss wegen des Ukraine-Krieges insgesamt zwei Milliarden Euro abschreiben. Davon entfällt eine Milliarde auf die umstrittene, inzwischen auf Eis gelegte Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, an deren Finanzierung die OMV beteiligt ist. Eine weitere Milliarde wird für den Viertel-Anteil der OMV am Juschno-Russkoje-Gasfeld fällig, gab die OMV am Freitag in ihrem Quartalszwischenbericht bekannt.

    Verlängerte Gasverträge

    Aufrecht bleiben jedoch die jahrzehntelangen Gaslieferverträge mit dem russischen Gaskonzern Gazprom, an dem der Staat die Mehrheit hält. Die seit Jahrzehnten laufenden Lieferverträge wurden erst vor einem Jahr bis 2040 verlängert. Die Lieferverträge mit Russland seien “wichtig für die Versorgungssicherheit”. Ein Ausstieg aus dem Vertrag werde nicht geprüft, sagte Stern Mitte März. Dennoch, nach dem am Donnerstag vereinbarten EU-Boykott von russischer Kohle rücken auch Öl- und in weiterer Folge wohl auch Gaslieferungen zunehmend in die Diskussionen über mögliche weitere Sanktionen der Union gegen Russland.

    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000134778958/nord-stream-und-russland-gasfeldomv-2-mrd-wertberichtigungen-durch

  104. Das Schlupfloch russischer Oligarchen

    Immer mehr russische Oligarchen schaffen ihr Vermögen in die Vereinigten Arabischen Emirate – und umgehen so die internationalen Sanktionen gegen Moskau. Dubai lockt mit unbürokratischen Verfahren – und wenig Fragen. (…)

    Der altgediente russische Chefdiplomat bedankt sich dafür, dass die Vereinigten Arabischen Emirate als nichtständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat Putins Angriffskrieg nicht verurteilten, sondern sich der Stimme enthielten. Damit nicht genug der russisch-arabischen Partnerschaft: Dubai verweigert sich auch den internationalen Sanktionen und ist im Schatten des Ukraine-Krieges so etwas wie ein "Save Haven" für das Vermögen russischer Oligarchen geworden. (…)

    https://www.tagesschau.de/ausland/asien/vereinigte-arabische-emirate-russland-ukraine-sanktionen-101.html

    ———–

    "Wir wissen nicht, was wem gehört"

    Die gegen russische Staatsbürger verhängten Sanktionen können im Immobilienbereich kaum durchgesetzt werden. Es fehlt rbb-Recherchen zufolge die gesetzliche Grundlage, Immobilien sanktionierter Personen zu identifizieren.

    Berlin galt lange als "Hotspot" für russische Investoren im Immobilienbereich. Seit 2014 haben hier nach Informationen von rbb24 Recherche und des ARD-Politikmagazins Kontraste russische Privatpersonen und Unternehmen Immobilien im Wert von gut 442 Millionen Euro erworben. Bekannt ist auch: Es gibt 17 Objekte, die dem russischen Staat gehören, darunter die Botschaft Unter den Linden und das "Russische Haus".

    Anonyme Eigentümer

    Was ebenfalls bekannt ist: Unzählige Berliner Immobilien gehören Firmen, deren Eigentümer anonym sind. Die Sanktionen, die gegen Russland erlassen wurden, sind deshalb kaum durchsetzbar, erklärt Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei-Zoll (GdP-Zoll). "Einer Durchsetzung von Sanktionen muss ja immer vorausgehen, dass man feststellt, ob es eigentlich Vermögen von sanktionierten Personen in Deutschland gibt", beschreibt Buckenhofer im Interview mit dem rbb die Situation. "Wir haben aber gar keine Behörde, die den gesetzlichen Auftrag hat, diese Vermögensgegenstände aufzuspüren."

    (…)

    Finanzpolizei nach italienischem Vorbild

    Bislang wurden in Deutschland nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums nur Konten im Wert von etwas mehr als 93 Millionen Euro eingefroren. In Italien und Frankreich wurden dagegen Yachten und Villen im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro beschlagnahmt. Frank Buckenhofer verweist deshalb auf eine schon gut zwanzig Jahre alte Forderung der Gewerkschaft der Polizei: "Deutschland braucht eine Finanzpolizei", die Vermögen unklarer Herkunft aufspürt – eine der ersten Aufgaben, vor denen auch die Taskforce steht.

    https://www.tagesschau.de/investigativ/rbb/russland-sanktionen-immobilienbranche-101.html

    Erst wurde jede Menge von Beschränkungen aufgehoben, um die Immobilienspekulation zu befeuern.
    Jetzt ärgern sich alle, daß man sich nicht so sehr bereichern kann wie andere Kollegen in der EU.

  105. Das russische Propagandablatt, das ich gerne lese, fällt jetzt auch unter die EU-Sanktionen, zumindest sein Chefredakteur, mit der Begründung:

    „… die Zeitung Komsomolskaja Prawda ist eines der beliebtesten Massenmedien in Russland. Die Komsomolskaja Pravda nennt Präsident Wladimir Putin seine Lieblingszeitung. Daher ist Wladimir Sungorkin verantwortlich für die Unterstützung von Aktionen und Strategien, die die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben.“

    Der Betroffene meint, damit kann er leben. Er hätte kein Eigentum in der EU, und schifahren kann man inzwischen in Rußland auch.

    (KP, 9.1.)

    Ich wußte gar nicht, daß ich mit meiner Vorliebe für diese Zeitung in so illustrer Gesellschaft bin. 🙂

  106. Während die EU Spanien überprüfen will, wie das seine Energiesubventionen finanziert – irgend etwas scheint da trotz langer Verhandlungen unklar geblieben zu sein –, feiert Algerien Italien als seinen neuen großen Energiepartner. (El País, 11.4.)

    Daraus kann man schließen, daß Spanien relativ wenig algerisches Gas erhalten wird, auch wenn die direkte Pipeline nach Spanien noch fungiert (die andere über Marokko wird wegen der Saharafrage blockiert).

  107. Protokoll zum Jour Fixe vom 04.04.2022 – Der Krieg in der Ukraine (Teil 3)

    Vorab zwei Anmerkungen zum Protokoll vom 21.03.2022: Auf der letzten Seite, wo es um die ökonomischen Interessen Russlands im Verhältnis zu den westlichen Mächten geht, steht: „Russland hat bei der Benutzung der imperialistisch eingerichteten Welt keine gleichgelagerten Interessen zu verteidigen, es steht gar nicht in Konkurrenz zu den imperialistischen Mächten“. Der letzte Halbsatz ist verkehrt. Russland betätigt sich in der Konkurrenz z.B. mit dem Verkauf von Energieträgern, Rohstoffen, Rüstungs- und Atomtechnik und konkurriert damit verbunden um Einfluss in der Welt.
    Beim Satz darunter „Macht braucht Russland außerdem zur Absicherung seiner Existenz“ legt das Wort „außerdem“ nahe, das sei ein selbstständiger, eigener Zweck, der sich gar nicht aus dem anderen erklärt. Die Absicherung seiner Existenz ist die Grundlage dafür, dass sich Russland in der anderen Weise als Konkurrent um Reichtum und Einfluss in der Welt betätigen kann.
    (..)

    In Bezug auf die Rede von Biden an die Weltgemeinschaft im März in Warschau sollen drei Punkte besprochen werden: Was drückt Biden aus, wenn er sagt, dass Putins Krieg ein Angriff auf die regelbasierte Weltordnung ist, auf die Friedensordnung in Europa oder auch auf die europäische Sicherheitsarchitektur. Zweitens wird behauptet, die NATO bedrohe niemanden, sei ein reines Verteidigungsbündnis. Welche Art militärischer Logik wird da praktiziert? Und drittens: Was ist im Fortgang der Auseinandersetzung an militärischer Aufrüstung und an Sanktionen in der Welt? (…) (Forts.):

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf220404-Ukrainekrieg-3.pdf

    https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

    https://www.heise.de/tp/features/Die-Antwort-der-USA-6631915.html?seite=all

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/supermacht-ringt-sich-um-ihre-weltweite-suprematie

  108. Ukraine-Krieg reißt ganze Weltregion mit in die Tiefe

    Der Krieg in der Ukraine richtet auch in Ländern, die militärisch nicht involviert sind, Schaden an. Migrations-, Geld- und Warenströme geraten durcheinander, sagt die Weltbank. 40 Millionen Menschen könnten komplett verarmen

    1,6 Millionen Tadschiken arbeiten in Russland, vor allem auf Baustellen. Das Geld, das diese Menschen Monat für Monat zu ihren Familien nach Hause schicken, ist für einen Gutteil der Wirtschaftsleistung (BIP) in Tadschikistan verantwortlich. In Summe entsprechen die Zahlungen der Gastarbeiter 26,7 Prozent des tadschikischen BIPs.

    Diese Geldströme brechen nun ein: Denn die russische Wirtschaft soll heuer als Folge der kriegsbedingten Sanktionen um rund elf Prozent schrumpfen. Die Investitionen und die Bautätigkeit werden zurückgehen. Viele der Gastarbeiter werden nicht länger gebraucht.

    Rezession in vielen Ländern

    Ähnlich geht es hunderttausenden Arbeitern aus Kirgisistan und Usbekistan. Die Folge ist ein Einbruch der Wirtschaftsleistung dieser Staaten. Statt zu wachsen, so wie das zu Jahresbeginn vorhergesagt wurde, soll die kirgisische Wirtschaft heuer um fünf Prozent schrumpfen, jene Tadschikistans um zwei Prozent.

    Diese Zahlen stammen aus einem neuen Bericht der Weltbank, der die Folgen des Krieges in der Ukraine für die Weltregion Asien und Europa analysiert. Die schlimmsten Folgen hat der Krieg natürlich in der Ukraine selbst, wo die Wirtschaftsleistung heuer um 45 Prozent einbrechen soll. Selbst das ist nur eine grobe Schätzung, getroffen auf Basis von Daten zum Elektrizitätsverbrauch. Aus diesen Zahlen lässt sich die Entwicklung abschätzen.

    Doch die Rezession in Russland, die Unterbrechung von Lieferketten und Geldströmen werden in zahlreichen weiteren Ländern Rezessionen auslösen: neben Tadschikistan und Kirgisistan auch in Belarus und Moldau. Einen starken Einbruch erwartet die Weltbank in Armenien, Georgien, Rumänien und Serbien.

    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000134852999/krieg-in-der-ukraine-reisst-ganze-weltregion-mit-in-die

  109. Als Hördatei sowie auch in schriftlicher Form liegt vor eine Darlegung von Herbert Auinger über die Prinzipien des Völkerrechtes – im Licht des aktuellen Ukraine-Krieges.

    Krieg in der Ukraine: Die Wahrheit stirbt zuerst (4) – Das Völkerrecht im Krieg

    Das Kriegsrecht bildet einen prominenten Teil des Völkerrechts; sowohl das Recht zum Krieg, als auch das Recht im Krieg.  Die populäre Vorstellung, dass das Völkerrecht den totalen Gegensatz zum Krieg beinhalte, dass der Krieg wenigstens vom Völkerrecht generell geächtet sei, auch wenn permanent irgendwo Krieg geführt wird – diese Vorstellung blamiert sich schon daran, dass das Kriegsrecht einen prominenten Teil des Völkerrechts bildet; und das betrifft sowohl das Recht zum Krieg, als auch das Recht im Krieg, an das sich also die kriegführenden Parteien halten mögen. 

    https://cba.fro.at/551405

  110. Beachtlich, was alles gesperrt werden kann:

    The American company Monotype has blocked access to the catalog on the site from Russia

    Residents of Russia may be left without popular fonts. The American company Monotype closed access to them on its website, reports newspaper “Vedomosti”.

    She owns the rights to Arial, Times New Roman, Verdana, Helvetica and Tahoma. The company’s website is available, but the catalog of fonts does not open – a message appears about access being closed.

    “Access denied. Error code 1020. The site owner may have set restrictions preventing access to the site,” the site says.

    With the VPN service turned on, there is no such problem. There was no official statement about the blocking on the Monotype website, the latest news is dated February 22 and is dedicated to the new project.

    https://oopstop.com/access-to-times-new-roman-and-arial-fonts-closed-for-russians/

  111. Damit es einmal auch was zum Lachen gibt: Bronislav Kalvoda, Abgeordneter aus Liberec, wurde seines Amtes enthoben, nachdem er ein Partyfoto mit belegten Broten mit dem Buchstaben „Z“ ins Netz gestellt hatte. 

    Feindbrote

  112. Nestor, wenn man lachen soll, musst du den Witz erklären. Ich musste erst googeln und übersetzen, Jilemnice liegt in Tschechien: 

    Die Stadträte von Jilemnice in der Region Semily haben den Rücktritt von Stadtrat Bronislav Kalvoda (SPD) gefordert. Am Wochenende postete er in den sozialen Medien Fotos von Sandwiches, die mit Käse in Form eines Z verziert waren, was unter anderem die russische Aggression in der Ukraine symbolisiert. …

    Der Buchstabe Z ist auf einigen russischen Panzern und anderem militärischen Gerät abgebildet, das in der Ukraine eingesetzt wird. In Russland z. B. wird es auch auf Autos, Häuser oder Kleidung geklebt. Sie bringen damit ihre Unterstützung für die russischen Besatzungstruppen zum Ausdruck.

    Die Möhre von Phineas war übrigens auch witzig.

  113. Ah ja, nicht Liberec, sondern Jilemnice.

    Ich dachte, das Verbot des Buchstabens „Z“ ist inzwischen bekannt.

  114. Zur Spekulation und dem Verhältnis und Nachfrage bei den Energieträgern:

    Treibt Putins Krieg die Rohstoffpreise in die Höhe?

    Noch hat der Ukraine-Krieg nicht in großem Maßstab zu Unterbrechungen der Versorgung mit Öl, Gas oder anderen wichtigen Rohstoffen geführt. Die Gründe für die hohen Kosten liegen woanders.

    (…)

    Ja, die Weizenlieferungen aus der Ukraine wurden gestoppt, und die diesjährige Ernte ist in Frage gestellt, weil die ukrainischen Landwirte ihre Felder nicht bestellen können. Aber die Ukraine produziert nur etwa drei Prozent des weltweiten Weizens. Russland hingegen produziert elf Prozent, und sowohl die Produktion als auch die Ausfuhren werden nach wie vor aufrechterhalten. (…)

    Die Ölpreise sind zwar seit Kriegsbeginn gestiegen, aber nur um moderate 20 Prozent. Obwohl die Erdgaspreise mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, da sie sich direkt auf die Heizkosten der Haushalte auswirken, sind die Ölpreise für Europa viel wichtiger, da der Wert seiner Ölimporte traditionell etwa fünfmal höher ist. (…)

    Natürlich schließen sich diese Erklärungen nicht gegenseitig aus; alle drei Faktoren – der Schweinezyklus, die ESG-Standards und der Krieg – tragen wahrscheinlich zu höheren Rohstoffpreisen bei. Die Preistrends vor der Invasion deuten jedoch darauf hin, dass der Krieg ein untergeordneter Faktor ist.

    https://www.derstandard.at/story/2000134969231/treibt-putins-krieg-die-rohstoffpreise-in-die-hoehe?

  115. Aktueller Stand der Dinge
    Kampf um den ’’Gasrubel’’

    Im Zusammenhang mit den wegen des Ukraine-Krieges verhängten Wirtschaftsbeschränkungen des Westens gegenüber Russland hatte der russische Präsident Wladimir Putin Ende März verordnet, dass die sogenannten unfreundlichen Staaten die russischen Gaslieferungen ab dem April 2022 in Rubel bezahlen müssen.

    Dazu zählen unter anderem alle Länder der Europäischen Union. Die Zahlungen für das im April gelieferte Gas sind jedoch erst im Mai bzw. Ende April fällig, so dass der künftige Stellenwert des ’’Gasrubels’’ erst dann geklärt werden kann, wenn das Gas bezahlt ist. Bis dahin kann eine Zwischenbilanz in dieser Angelegenheit gezogen werden.

    Es sind bereits mehr als drei Wochen vergangen, nachdem Russland angekündigt hatte, die eigene Nationalwährung bei dem Erdgasverkauf an „unfreundliche Staaten” zu verwenden. Als solche Staaten, die die russischen Gaslieferungen ab dem April 2022 in Rubel bezahlen sollen, klassifiziert Moskau unter anderem die USA, Grossbritannien, Japan und die Mitglieder der Europäischen Union.

    Zur Erinnerung: Gemäss den Forderungen des Kremls sollen die westlichen Energieunternehmen ihre Finanzmittel, die auf US-Dollar- bzw. Euro lauten, an der russischen Börse verkaufen und im Gegenzug Rubel kaufen sowie zwei Konten bei der Gazprombank eröffnen, eines in Fremdwährung und eines in Rubel. (Diese Bank wurde wegen ihrer Bedeutung für die Gaslieferungen zuvor von den EU-Sanktionen ausgenommen.) Die Käufer zahlen in ausländischer Währung und ermächtigen die Bank, diese Währung gegen Rubel zu verkaufen, die dann auf das zweite Konto überwiesen werden, auf dem das Gas offiziell gekauft wird.

    Demnach müssen die Gaskunden ihre Zahlungen nun direkt an die russische Bank leisten. Damit entgehen diese Zahlungen dem Weg über die US-kontrollierte Transferbanken, die bislang für die Transaktionen zuständig waren und die Gebühren auf die Zahlung einbehalten hatten.

    Der aktuelle Stand der Dinge

    Die Zahlungen für das im April gelieferte Gas sollen aber erst im Mai bzw. in der zweiten Aprilhälfte erfolgen, so dass die europäischen Unternehmen noch Zeit haben, sich auf die neuen Zahlungsregeln vorzubereiten. Danach wird erst die Frage geklärt, wie es um den Gasrubel steht.

    Die G7-Staaten etwa hatten nach der ersten Ankündigung der russischen Seite in diesem Zusammenhang die Forderung des Kremls erwartungsgemäss abgelehnt und hatten zugleich darauf verwiesen, dass die Lieferverträge auf dem Euro bzw. Dollar basieren. Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck erklärte laut dem Handelsblatt am 28. März: „Der Versuch Putins, einen Keil zwischen uns zu treiben, ist offensichtlich, aber Sie können sehen, dass wir uns nicht spalten lassen, und die Antwort der G7 ist klar: Die Verträge werden eingehalten”.

    Allerdings werden solche Aussagen von Spitzenpolitikern getätigt, nicht von Unternehmen, die letztendlich die europäischen Bürger mit Gas versorgen, oder auf russisches Gas angewiesen sind.

    (…)

    https://www.untergrund-blättle.ch/wirtschaft/kampf-um-den-gasrubel-aktueller-stand-der-dinge-6989.html

  116. Einen Hinweis auf inneneuropäische "Stolpersteine" bei den Vorhaben der EU-Kommissionschefin liefert Bulgarien. Falls die Wahl am Sonntag in Frankreich anders ausgeht, dürfte auch von dort diversester Gegenwind zu erwarten sein. Undurchsichtig bleibt z.B. auch Ungarn. Dass die deutsche Regierung Geld nach Brüssel überweist, damit die Ukraine damit dann auf deren Verantwortung selbst Waffen einkauften soll, zeigt auch Differenzierungen innerhalb der kriegerischen Linie der diversen europäischen Länder an.

    https://www.euractiv.de/section/europakompakt-2/news/bulgarien-bekraeftigt-veto-gegen-eu-beitrittsgespraeche-mit-skopje/

    https://www.euractiv.de/section/europakompakt-2/news/orbans-sieg-koennte-finnlands-nato-bestrebungen-blockieren/

    https://www.euractiv.de/section/europakompakt-2/news/slowakischer-ex-premierminister-gefaehrdete-raketenlieferung-an-die-ukraine/

    Innerhalb der Kriegskoalition des Westens scheint man sich uneins zu sein, ob man ganz und gar offiziell in den Krieg eintreten will, und was inhaltlich dies denn eigentlich unterscheidet. Und was von den vermutlichen Folgen dann die eigene Staatlichkeit betrifft.
    https://www.fr.de/meinung/kommentare/ukraine-krieg-waffen-lieferung-deutschland-selenskyj-kommentar-91485198.html

    https://www.tagesschau.de/inland/waffenlieferungen-ukraine-113.html

  117. Krieg in der Ukraine bringt Eiszeit zwischen Riad und Washington

    Die Beziehungen zwischen den jahrzehntelangen strategischen Partnern sind gestört. Saudi-Arabien pflegt die Kontakte zu Russland und China

    An einer "Zerreißgrenze" sieht das "Wall Street Journal" die Beziehungen zwischen den traditionellen Partnern Saudi-Arabien und USA – und erinnert an das Treffen zwischen Präsident Franklin D. Roosevelt und König Abdulaziz Al Saud auf der USS Qincey im Februar 1945 auf dem Großen Bittersee am ägyptischen Suezkanal. Dort wurde der strategische Pakt geknüpft, der – verkürzt gesagt – den USA jahrzehntelang Ölsicherheit und den Saudis militärische Sicherheit bescherte. Nicht dass es keine Krisen gegeben hätte – etwa den arabischen Ölstopp 1973 nach dem Jom-Kippur-Krieg oder die Al-Kaida-Anschläge von 9/11, bei denen die Mehrzahl der Täter Saudis waren. Aber noch nie war das Verhältnis auf höchster Ebene so zerrüttet.

    Es war bereits schlecht – bevor der Krieg in der Ukraine noch deutlicher machte, wie sehr sich Riad bereits von Washington entfernt hat. Wie die meisten Staaten in der Region folgt auch Saudi-Arabien nicht der US-Linie gegenüber Russland.

    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000135131558/krieg-in-der-ukraine-bringt-eiszeit-zwischen-riad-und-washington

  118. Eine Bemerkung zu dem Stop der Gaslieferungen an Polen und Bulgarien.

    Diese beiden Staaten haben den Stop der Gaslieferungen provoziert, indem sie entweder nicht auf den von Moskau vorgeschlagenen Zahlungsmodus eingestiegen sind oder überhaupt nicht gezahlt haben.

    Wie Polen das russische Gas ersetzt, wird sich vielleicht herausstellen. Es ist jedenfalls kaum betroffen, da es bereits seit Jahren in Flüssiggasterminals investiert hat. Vielleicht erhalten sie von den USA auch einen Vorzugspreis für treue Dienste. Außerdem ist in Polen sowieso der Gasanteil am nationalen Energemix gering, weil Polen immer noch viel Kohle einsetzt.

    Mit Bulgarien ist die Lage anders. Aber da wurde möglicherweise ein Deal mit der Türkei gemacht. Bulgarien bezieht sein Gas über Turkish Stream, den Ersatz für South Stream, die Pipeline, die EU abgedreht hat und die ursprünglich über Bulgarien laufen sollte.
    Vermutlich ist das also eine Blendgranate für die Medien: Seht her, sogar das arme Bulgarien hat mehr Mumm als Deutschland und weist Rußland die Tür! Und Deutschland …?
    Währenddessen firmiert Bulgarien als Kunde der Türkei, die streift fest Transitgebühren und Zusatzgebühren ein und zahlt Rußland dann das Gas, das Bulgarien verbraucht.

  119. Rosneft wird Millionen Fässer Öl nicht los

    Trotz der westlichen Sanktionen ist niemandem verboten, russisches Öl zu kaufen. Trotzdem hat selbst der Öl-Gigant Rosneft Schwierigkeiten, Abnehmer zu finden.

    Öl ist begehrt. Das ändert allerdings nichts daran, dass es russischen Produzenten immer schwerer fällt, ihr Öl zu verkaufen. Der Energieriese Rosneft scheiterte nun spektakulär mit dem Versuch, Öl im Volumen von 38 Millionen Fässern zu verkaufen. Zur Einordnung: Ein Fass sind jeweils knapp 159 Liter, die angebotene Menge würde eine Flotte von 19 großen Tankern füllen.

    Rosneft hatte das Öl vergangene Woche in einer Auktion angeboten. Das ist die gängige Methode auf dem Ölmarkt. Durch sie soll ein möglichst hoher Preis erzielt werden. Dem "Wall Street Journal" zufolge waren neben 5,1 Millionen metrischen Tonnen der russischen Sorte Urals auch deutlich kleinere Mengen anderer Ölsorten im Angebot. Der Rohstoff sollte aus russischen Häfen an der Ostsee und am Schwarzen Meer verschifft und im Mai und Juni geliefert werden.

    So üblich Auktionen sind, so ungewöhnlich war eine Bedingung von Rosneft: Das Öl sollte in Rubel bezahlt werden. Diese Forderung könnte ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass der Öl-Gigant keinen Abnehmer gefunden hat. Hintergrund der Forderung dürfte die Anordnung von Präsident Wladimir Putin sein, dass Rechnungen für russische Energie-Lieferungen künftig in Rubel beglichen werden müssen.

    Doch auch ohne die Rubel-Forderung ist es russischen Öl-Firmen in den letzten Wochen schwergefallen, Käufer zu finden. Surgutneftegas und Zarubezhneft scheiterten mit Auktionen, Rosneft wurde Öl nur durch einen hohen Preisnachlass los.

    Öl-Multis machen keine Geschäfte mit Russen

    Westliche Firmen fallen als Kunden immer stärker aus. Sie dürfen zwar weiterhin Öl aus Russland kaufen, suchen aber intensiv nach Alternativen. Vor dem Überfall auf die Ukraine hatte Deutschland rund 35 Prozent seines Öls aus Russland bezogen. Nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wurde dieser Anteil an den Ölimporten auf etwa 12 Prozent gesenkt. Ziel ist es, möglichst schnell ganz auf russisches Öl zu verzichten.

    Russland ist für westliche Öl-Multis so toxisch geworden, dass etwa Shell und BP kein russisches Öl mehr kaufen. Sie trennen sich von Investitionen und Beteiligungen in Russland und schreiben so Milliarden ab. Auch Rohstoffhändler, etwa die Vitol-Gruppe aus der Schweiz, stellen Öl-Geschäfte mit Russland ein.

    Russland sucht vor diesem Hintergrund nach Alternativen. Von den großen Öl-Verbrauchern kauft vor allem Indien zunehmend russisches Öl. Doch die misslungenen Auktionen zeigen, dass sich europäische Kunden nicht problemlos durch andere ersetzen lassen. Hinzu kommt: Am Markt gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Je weniger Interesse an russischem Öl besteht, desto geringer ist der Preis. Russland muss für sein Öl also Abschläge hinnehmen.

    Der Preisunterschied von russischem Öl zu dem anderer Produzenten ist gewaltig. Normalerweise kostet ein Fass Urals etwa 60 Cent weniger als ein Fass der Nordseesorte Brent. Derzeit kostet ein Fass rund 73 Dollar und ist damit 32 Dollar billiger als die Konkurrenz aus der Nordsee.

    Staatshaushalt abhängig von Energie-Einnahmen

    Die gescheiterte Auktion bedeutet nicht, dass Rosneft überhaupt keine Käufer mehr für sein Öl findet. Denn zu der Versteigerung hatten sich Interessenten angemeldet, die dem "Wall Street Journal" zufolge aus dem asiatisch-pazifischen Raum stammen. Das kann als Signal verstanden werden, dass sie bereit sind, mit Rosneft trotz der russischen Angriffe in der Ukraine Geschäfte zu machen.

    Wahrscheinlich dürfte Rosneft künftig weniger in öffentlichen Auktionen Öl verkaufen, sondern direkt an Abnehmer, die so besser unter dem Radar bleiben können. Das bedeutet aber auch, dass die Verhandlungsposition der Russen schwächer ist und sie Preisabschläge akzeptieren müssen.

    Für den Kreml ist das eine schlechte Nachricht. Die russische Wirtschaft leidet zunehmend unter den westlichen Sanktionen. Deshalb ist die Regierung noch stärker auf die Einnahmen von Rosneft angewiesen. Der Öl-Multi ist der größte Steuerzahler und trägt nach eigenen Angaben alleine zu einem Fünftel des Staatshaushalts bei. Der Internationalen Energieagentur zufolge haben die gesamten Exporte von russischem Öl und Gas im vergangenen Jahr 45 Prozent des Haushalts finanziert.

    https://www.n-tv.de/wirtschaft/Rosneft-wird-Millionen-Faesser-Ol-nicht-los-article23295510.html

    Es heißt eben, daß die westlichen Abnehmer mehr zahlen müssen, also der Weltmarkt-Ölpreis steigen wird, während diejenigen Staaten, die von Rosneft kaufen, billiger davonkommen werden.

  120. Interessante Bemerkungen zum Gasimport und dem Eiertanz um Bezahlungen und Lieferstop: Woher bezieht eigentlich die Ukraine ihr Gas? Die hat ja aus sowjetischen Zeiten auch eine hohe Gasabhängigkeit, nicht nur zum Heizen privater Wohnungen.

    Sie bezieht es wie schon früher aus der Slowakei, als Rückpumpen russischen Gases. Und die bezieht es wahrscheinlich aus Ungarn.
    Wie das abgerechnet wird, wissen die Götter. Vermutlich erhält die Slowakei das Geld aus EU- oder US-Geldern, aber letztlich wird es vom Erstimporteur nach Rußlands Vorgaben an Rußland bezahlt.

    Auch Polen bezieht das Gas, das es braucht und nicht mehr aus Rußland beziehen will, aus Deutschland.

    Während also ein Geschrei darüber gemacht wird, daß die EU mit ihren Gasimporten „Putins Krieg“ finanziert, beziehen die großen Krakeeler ihr Gas von denjenigen Nationen, die sie an den Pranger stellen.

    (Nach Informationen aus KP, 30.4.)

  121. Der Artikel erklärt viel, auch warum Rußland schlecht vorbereitet auf die geballte ökonomische Feinschaftserklärung des Westens war:

    Die Bankerin, die Putin rettet

    Vor dem Krieg war Russlands Notenbankchefin eine weltweit respektierte Ökonomin. Nun kämpft Elwira Nabiullina erfolgreich gegen die Folgen der Sanktionen und zerstört damit, was sie in den letzten Jahren aufgebaut hat.

    Aschfahles Gesicht, ganz in Schwarz gekleidet, den Kopf in die rechte Hand gestützt: Elwira Nabiullina, Gouverneurin der russischen Zentralbank, sitzt am Ende eines sehr langen Tisches im Kreml. Am anderen Ende, etwa sechs Meter von den anderen Teilnehmern des Treffens entfernt, sitzt Russlands Präsident Wladimir Putin. Die 58-Jährige versucht augenscheinlich herauszufinden, in was für einer Lage sie sich eigentlich befindet und zu begreifen, wie es dazu bloß kommen konnte.

    Vier Tage zuvor hatte Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet. Der Rubel war fast 30 Prozent in die Riefe gerauscht. Der Westen hatte eine Salve von Sanktionen abgefeuert und sogar die russische Zentralbank getroffen. Nabiullina habe vorher viele Stresstests für Banken und Finanzsystem durchführen lassen, zitiert die "Financial Times" einen ehemaligen hohen Beamten, der die Ökonomin kennt. "Aber niemand hat ihr gesagt, dass es dazu [zu einer Invasion] kommen wird."

    Nabiullina hatte zwar die Folgen eines Ausschlusses russischer Banken aus dem Kommunikationsnetz Swift analysieren lassen – aber mit einer Sanktionierung der Notenbank hatte sie nicht gerechnet. Und plötzlich muss sie zur Stabilisierung von Wirtschaft und Finanzsystem eines Landes beitragen, das sich im Krieg befindet.

    Vor dem Überfall auf die Ukraine hatte sich Nabiullina einen guten Ruf aufgebaut, seit sie 2013 Chefin der russischen Zentralbank wurde. Sie räumte im Bankensektor auf und wickelte einige in Schieflage geratene Finanzinstitute ab. Ihr gelang es, die Inflation in Russland auf den niedrigsten Stand seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu drücken. Im Frühjahr gab sie als Ziel aus, die Inflation unter vier Prozent zu drücken. Derweil zog der Kreml Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammen.

    Großer Devisenschatz angelegt

    Ihren ersten Erfolg als Notenbankgouverneurin erzielte Nabiullina nach der Annexion der Krim durch Russland. Fallende Ölpreise und von den USA sowie der EU verhängte Sanktionen sorgten dafür, dass der Rubel etwa die Hälfte an Wert verlor. Sie setzte auf orthodoxe Methoden, verbrannte insgesamt rund 70 Milliarden Dollar Devisenreserven und katapultierte den Leitzins auf mehr als 17 Prozent – doch schließlich wuchs die Wirtschaft wieder, die Inflation ging spürbar zurück, und der Rubel gewann ohne Interventionen der Zentralbank wieder an Stärke.

    Nabiullina gelang es, einen der weltweit größten Devisenvorräte anzulegen – der Schatz hatte vor dem Angriff ein Volumen von 643 Milliarden Dollar. Das Ziel war nach den westlichen Reaktionen auf die Krim-Annexion, eine ausreichend große Kasse anzulegen, um mögliche westliche Wirtschaftssanktionen künftig ohne größeren Schaden zu überstehen.

    Investoren feierten die Notenbankerin, die damalige IWF-Chefin und heutige EZB-Präsidentin Christine Lagarde verglich ihre Fähigkeiten 2018 mit denen eines "großen Dirigenten." Fachzeitschriften wie "Euromoney" und "The Banker" sahen in ihr eine der besten Geldpolitikerinnen.

    Heute steht Nabiullina vor einer völlig anderen Aufgabe. Die russische Wirtschaft ist von harten Sanktionen des Westens getroffen, hunderte ausländische Firmen haben das Land verlassen. Die Folgen sind in Russland immer stärker zu spüren:

    Die Konjunktur ist eingebrochen. Nabiullina rechnet für dieses Jahr mit einem Minus von mehr als 9 Prozent und einer Inflation von mehr als 20 Prozent. Im russischen Parlament räumte sie "Schwierigkeiten" der gesamten russischen Wirtschaft ein und sprach von einer "strukturellen Transformation", die angesichts der Sanktionen nötig sei. "Sie setzt ein tapferes Gesicht auf, während die Wirtschaft schwer kämpft", so das "Wall Street Journal".

    Rubel zurück zu alter Stärke

    Nicht nur die russische Wirtschaft kämpft, die Zentralbank tut das auch. Ein Problem dabei ist, dass sie wegen der Sanktionen an einen Großteil des Devisenschatzes nicht herankommt. Doch unter Nabiullinas Führung ist es dennoch gelungen, den Schaden zu begrenzen. Der Rubel ist wieder auf dem Niveau vor dem Überfall auf die Ukraine, und Russland schafft es bisher, seine Auslandsschulden trotz der Sanktionen zu begleichen und damit die technische Pleite zu vermeiden.

    Der Preis dafür ist allerdings hoch. Der Leitzins wurde verdoppelt, und Russland führte Kapitalkontrollen ein, um den Abfluss von Devisen ins Ausland zu verhindern. Ausländer dürfen russische Aktien an der Börse in Moskau nicht verkaufen. Exporteure – darunter die Energiegiganten Gazprom und Rosneft – müssen Euro- und Dollar-Einnahmen in Rubel tauschen und übernehmen damit beim Rubel-Stützen die Rolle der Zentralbank. In ausländischer Währung dürfen sich russische Unternehmen nicht mehr verschulden.

    Das ist genau das Gegenteil von dem, was die wirtschaftsliberale Ökonomin will. Der Krieg zerstört, was sie in den vergangenen Jahren aufgebaut hat: ihre wirtschaftlichen Prinzipien und ihren Ruf. Sie trägt dazu bei, dass Russland den Krieg fortsetzen kann. "Sie ist eine sehr professionelle, erfahrene Makroökonomin und Zentralbankerin", sagte die ukrainische Notenbankchefin Walerija Hontarewa der "Financial Times" über ihre Amtskollegin. "Aber ohne Werte ist Professionalität wertlos".

    Dabei wollte die Liebhaberin von Opern und französischer Poesie nach dem Angriff auf die Ukraine offenbar von ihrem Posten zurücktreten. Der Finanznachrichtenagentur Bloomberg zufolge wies Putin sie allerdings an, im Amt zu bleiben. Der russische Präsident ist hochzufrieden mit Nabiullina und sorgte dafür, dass sie im Juni ihre dritte Amtszeit beginnen muss.

    "Muss loyal sein"

    Die ethnische Tatarin ist eine der wenigen Frauen, die in der russischen Administration einen Job an der Spitze haben. Dem Vernehmen nach wäre ihr Rücktritt in der jetzigen Lage von Putin wohl als Verrat gewertet worden. Mit ihm arbeitet Nabiullina seit mehr als 20 Jahren zusammen. Bevor sie an die Spitze der Zentralbank wechselte, war sie seit 2007 Ministerin für wirtschaftliche Entwicklung.

    Über den Krieg hat sich Nabiullina öffentlich nicht geäußert. Doch angesichts einer Kündigungswelle in der Zentralbank bat sie Bloomberg zufolge in einem an die Mitarbeiter adressierten Video darum, "politische Diskussionen" zu vermeiden, die lediglich "die Energie kosten, die wir brauchen, um unseren Job zu machen." Die wirtschaftliche Situation sei "extrem", so die Notenbankchefin. "Wir alle hätten uns gewünscht, dass all das nicht passiert wäre".

    "Sie denkt, dass ihr Job wichtig für die russische Bevölkerung ist und sie das besser kann als jemand anderes, was nicht unwahrscheinlich ist", sagte Sergej Gurijew der "Financial Times". Der russische Ökonom lehrt im Pariser Exil an der Universität Sciences Po. "Also muss sie Putin gegenüber loyal sein und kann nicht zurücktreten." Wenn sie sich gegen Putin wende, werde sie herausgeworfen und könne den Russen nicht mehr helfen.

    Die ukrainische Notenbankchefin Hontarewa fällt ein anderes Urteil: "Der einzige Weg nach vorn für sie ist, den Wechselkurs zu stabilisieren (…) und eine Banken-Panik zu verhindern – und dann ihr Rücktrittsgesuch zu schreiben." Dann werde sie eine weltweit respektierte Person sein. Andernfalls werde sie sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag "mit all den anderen Banditen" wiederfinden.

    https://www.n-tv.de/wirtschaft/Die-Bankerin-die-Putin-rettet-article23288370.html

    Na klar, das wäre der ukrainischen Notenbankchefin recht, wenn jemand mit diesen Fähigkeiten Rußland verlassen würde.

  122. In China liest man offenbar aufmerksam die Zeichen an der Wand:

    FT: China diskutiert über den Schutz ausländischer Vermögenswerte vor US-Sanktionen

    Peking befürchtet ein ähnliches Einfrieren von Vermögenswerten wie der Westen gegen Russland

    Die People's Bank of China und das Finanzministerium der VR China hielten ein Dringlichkeitstreffen mit Vertretern ausländischer Banken aus den USA ab.

    Quellen der Financial Times sagen, dass chinesische Beamte Bedenken hinsichtlich der US-Maßnahmen haben, die denen ähneln, die gegenüber Russland angewendet werden. Eine solche Möglichkeit besteht im Zusammenhang mit einem möglichen regionalen militärischen Konflikt um Taiwan oder einer anderen Krise, heißt es in dem Bericht.

    Laut informierten Quellen begann das Treffen mit Erklärungen über die Fähigkeit Washingtons und seiner Verbündeten, die Vermögenswerte der russischen Zentralbank einzufrieren. Einer der Teilnehmer des Treffens merkte an, dass im Falle einer „Invasion“ Chinas in Taiwan die „Trennung“ der chinesischen und der westlichen Wirtschaft gravierender wäre als im Fall Russlands, da sich Pekings Einfluss auf die gesamte Weltwirtschaft erstrecke.

    Eine andere Quelle wiederum sagte, dass das chinesische Bankensystem nicht darauf vorbereitet wäre, daß seine Devisenanlagen eingefroren würden oder daß es vom internationalen SWIFT-Zahlungssystem getrennt würde.

    (KP, 1.5.)

  123. Jetzt versteh ich auch was das Theater soll, dass die Euros die russisches Gas bezahlen in Rubel umgetauscht werden sollen. Das soll Nachfrage nach Rubel generieren und so den Wechselkurs stützen.

    Überweisung auf "Konto K" im Einklang mit Sanktionen?

    Dabei scheint das Ganze nach den jüngsten Äußerungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium eigentlich gar kein großartig komplizierter Vorgang zu sein: Die Gaszahlungen deutscher Unternehmen könnten im Einklang mit den Sanktionsbestimmungen in Euro oder Dollar auf ein sogenanntes "Konto K" bei der Gazprombank erfolgen, hieß es gestern aus dem Hause von Minister Robert Habeck (Grüne).

    "Der technische Zahlungsvorgang kann komplett bei Gazprom ablaufen", erläutert Jens Südekum, Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsministeriums, auf Anfrage von tagesschau.de. Uniper zahle wie gewohnt in Euro und weise die Gazprombank an, diese zum aktuellen Kurs in Rubel zu tauschen und einem neuen Rubelkonto, das ebenfalls bei der Gazprombank liegt, gutzuschreiben. "Damit kriegen alle Seiten, was sie wollen. Uniper zahlt wie bisher in Euro, aber Gazprom – also Putin – kann behaupten, er erhalte Rubel."

    Klingt irgendwie zu einfach. Warum dann das Theater. Das hätte Gazprom die Dollars und Euros doch gleich in Rubel tauschen können? Es ist dann ja wohl so, dass Gazprom die Devisen bei der Zentralbank für Rubel eintauscht. Die Zentralbank hat dann Devisen und Gazprom Rubel. Das wäre so als würde Gazprom vom Staat verpflichtet alle Devisen in Rubel zu tauschen. 

    Was wäre wenn die Gaskunden direkt in Rubel bezahlen. Die Rubel müssten sie sich ja beschaffen. Über Umwegen wahrscheinlich auch  von der russischen Zentralbank. Die hat dann die Devisen und die Gaskunden zahlen Gazprom Rubel. Das Ergebnis ist das selbe. Oder übersehe ich was?

  124. Was wäre wenn die Gaskunden direkt in Rubel bezahlen.

    Das wäre gegen die Verträge, die für den Gasbezug abgeschlossen wurden – zumindest hat das der österreichische Zuständige von der ÖMV oder irgendeinem Ministerium gesagt.
    Deswegen eben diese Transaktion mit der Gazprom-Bank.

  125. Na ja. Wenn beide Seiten mit der Änderung des Vertrages einverstanden wären, wäre es ja auch möglich eine Zusatzvereinbarung zu schließen. Waren Sie aber nicht. Ich wollte drauf raus, dass es so wie ich es verstehe im Endeffekt keinen großen Unterschied macht, ob gleich in Rubel gezahlt wird oder mit diesem Umtauschkonto. Mit dem Umtauschkonto ist es nicht gegen die Verträge, aber vielleicht, wenn die EU das beschließt gegen die Sanktionen.

  126. Bei den Gaszahlungen und einem möglichen Embargo ist es so, daß anscheinend Ungarn und Österreich eine Einigung blockieren.
    Deshalb wird nun individuell gearbeitet.
    Die Sache mit Polen und Bulgarien war ein Versuch, Musterschüler vorzuschicken – die beiden haben aber offenbar andere Bezugsmöglichkeiten, die andere nicht haben.

    Das ist aber, so wie ich das verstehe, gar nicht von dieser Rubel-Zahlung abhängig. Bevor Rußland die Rubel-Zahlung forderte, hieß es allgemein, man dürfe Rußland nicht Deviseneinnahmen verschaffen.

  127. „Brüssel verlangt, Gas zu rationalisieren und zu teilen, falls Putin die Zufuhr stoppt.“ (El PAÍS, 8.5.)

    Irgendwie ist das schon sehr verrückt.

    Man rekapituliere: Erst werden Sanktionen verhängt, die den Import von russischem Erdöl stoppen sollen.
    Man fragt sich schon langsam, wer denn da wen sanktioniert, wenn die EU-Mitglieder einander verbieten wollen, nötige Energieträger zu importieren.
    Es ist auch nicht ganz klar, ob das wirklich so beschlossen wurde und ob sich auch alle dran halten werden.
    Es scheint so ein Gentleman Agreement zwischen den EU-Staaten zu geben, daß man im Interesse der Einheit bei irgend etwas zustimmt und dann im Gegenzug keiner überprüft, ob das entsprechende Mitgliedsland sich auch daran hält.

    Nachdem wochenlang herumgetan wurde, daß die EU-Staaten kein Gas mehr von Rußland kaufen sollen, weil man doch nicht die russische Aggression unterstützen will, wird jetzt ein Szenario ausgemalt, daß Rußland von sich aus den Gashahn zudreht.
    Damit wird die ganze vorige Debatte dementiert: Es ist gar kein Druckmittel gegen Rußland, wenn dieses von sich aus die Gaslieferungen stoppen könnte.
    Von der Rolle des Kasperls, der sich selbst ins Knie schießt, geht die EU also ab und versucht sich jetzt zum armen Opfer zu stilisieren, bei dem wegen Putins Willkür bald das Licht ausgeht.

    Wohin dieses ganze Theater führen soll, ist wirklich nicht abzusehen.

    Dazu kommen dann auch noch surreal wirkende Pläne, künstliche Inseln voller Windräder zu schaffen, oder eine Gasentflüssigungsstation im Meer zu schaffen, als ob das alles auch nur annähernd etwaiges ausbleibendes Pipeline-Gas ersetzen könnte.
    Nicht weniger absurd sind die vorgeschlagenen Sparmaßnahmen für die Bürger: Weniger duschen! Mit weniger Hitze kochen! Das Fahrrad statt des Autos benützen! (Das, nachdem die Zumutbarkeitsdistanzen für Arbeitssuchende immer mehr erhöht wurden, was die Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsplatz betrifft …) Wenn man das Auto dennoch benützt, langsamer fahren!
    In Berlin wird die Wassertemperatur in den öffentlichen Schwimmbädern gesenkt!

  128. Damit wird die ganze vorige Debatte dementiert: Es ist gar kein Druckmittel gegen Rußland, wenn dieses von sich aus die Gaslieferungen stoppen könnte.

    Es ist ein schlechtes Druckmittel, weil man nicht Russland unter Druck setzt, sondern auch sich selbst. Das Bild mit dem Kasperl, der sich ins eigene Knie schießt trifft es ganz gut. Es ist eben eine gegenseitige Abhängigkeit. Und das heißt das beide Seiten es als Druckmittel verwenden können. Das merkt man daran, dass mitten im Krieg das Gas immer noch fließt. So kann das Gas von Putin als Druckmittel gegen Europa, aber auch Europa kann das Gas als Druckmittel gegen Russland verwenden und wenn beide das tun, schießen sie sich ins Knie. Die Lösung ist aus europäischer Sicht (teuren) Ersatz zu suchen. Bloß dauert das halt lange.

    Nachdem wochenlang herumgetan wurde, daß die EU-Staaten kein Gas mehr von Rußland kaufen sollen, weil man doch nicht die russische Aggression unterstützen will, wird jetzt ein Szenario ausgemalt, daß Rußland von sich aus den Gashahn zudreht.

    Das wäre halt schon ärgerlich, wenn Putin das Gas abstellt, bevor anderweitig Ersatz verfügbar ist, weil das würde die Ökonomie hart treffen. Das wollen sie nicht. Sie wollen sich teuren Ersatz suchen und dann keinen russischen Rohstoff mehr kaufen.

    Nicht weniger absurd sind die vorgeschlagenen Sparmaßnahmen für die Bürger: Weniger duschen! Mit weniger Hitze kochen! Das Fahrrad statt des Autos benützen! (Das, nachdem die Zumutbarkeitsdistanzen für Arbeitssuchende immer mehr erhöht wurden, was die Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsplatz betrifft …) Wenn man das Auto dennoch benützt, langsamer fahren!

    Ja. Solche Vorschläge ärgern mich auch immer maßlos. Die Energie war auch bisher nicht so günstig, dass niemand auf Energiesparen kam. als gäbe es die Klimadebatte gar nicht und als wäre nicht die Einsparung von Energie moralische Bürgerpflicht oder durch die eigene Armut geboten. Sowas wirkt auf mich wie blanker Hohn – beim Durchschnittsbürger soll es ja eher ein zustimmendes Kopfnicken auslösen, weil das Energiesparen eh das ist, was er schon längst eingesehen hat

    In Berlin wird die Wassertemperatur in den öffentlichen Schwimmbädern gesenkt!

    Weil sie offenbar zu geizig sind Sonnenkollektoren anzuschaffen. Die sind ideal für Schwimmbäder geeignet. Schwimmbäder sind nämlich dann geöffnet, wenn eh die Sonne scheint – in der warmen Jahreszeit. Und Sonnenkollektoren, in denen einfach Wasser von der Sonne aufgeheizt wird, dessen Wärme direkt verwendet wird ohne verlustreiche Umwandlung in eine andere Energieform, haben einen ungleich höheren Wirkungsgrad (60-75%) als stromproduzierende Photovoltaikanlagen(15-20%). 

  129. Ein Freund von mir hat zu Beginn des Ukraine-Krieges auf Facebook die Behauptung aufgestellt und mit historischen Börsenkursen bebildert, daß Kriege gut sind für den Aktienmarkt.

    Im 3. Monat des Krieges bestätigt sich das nicht.

    Der Dow Jones dümpelt vor sich hin, Tendenz fallend:
    https://www.finanzen.net/index/dow_jones

    Der DAX wirkt auch nicht besonders beflügelt:
    https://www.finanzen.net/index/dax

    Einzig die Londoner Börse scheint durch den Ukraine-Krieg ein bißl aus der Brexit-Depression herausgekommen zu sein:
    https://www.finanzen.net/aktien/london_stock_exchange-aktie

    Auch die Pariser Börse ist eher matt unterwegs:
    https://www.finanzen.net/index/cac_40

    Ganz am Sand die Mailänder Börse:
    https://www.finanzen.net/index/ftse_mib

    Profite der Sonderklasse machen derzeit — surprise, surprise! — diverse Energieversorger:

    As Gas Prices Reach New Highs, Oil Companies Are Profiteering

    The Biden White House is confronting a form of shareholder capitalism that has no place for modest profits or rallying around Ukraine.

    With the price of crude oil soaring to more than a hundred dollars a barrel this year, and A.A.A. reporting that the average national gas price reached a new high of $4.37 per gallon last week, Big Oil has been making historic profits. In the first three months of 2022, ExxonMobil pocketed $5.5 billion after taxes; Chevron gained $6.3 billion; and ConocoPhillips made $5.8 billion. Smaller energy producers, which are concentrated in the U.S. and often referred to as wildcatters, are also profiting enormously. Last week, Pioneer Natural Resources reported first-quarter earnings of two billion dollars, and Marathon Oil reported revenues of $1.3 billion.

    Some Democrats on Capitol Hill have called for a windfall tax on oil companies. The Biden Administration hasn’t endorsed this idea, but it is pushing U.S. energy companies to help drive down prices by adding more rigs, pumping more crude, and increasing supply. “The C.E.O.s of major oil companies have said they’ll increase investment and production,” President Biden said in March. “They have the capacity to do it. . . . My message is: it’s time—in this time of war, it’s not a time of profit. It’s time for reinvesting in America.” Despite this appeal, though, over-all U.S. oil production is still running far below its pre-pandemic level. In February, 2020, U.S. oil fields generated around thirteen million barrels of crude a day; last month, they produced less than 11.9 million barrels a day. (…)

    https://www.newyorker.com/news/our-columnists/as-gas-prices-reach-new-highs-oil-companies-are-profiteering

    Interessante Debatten laufen in der westlichen Welt rund um die Besteuerung. Während zur Bekämpfung der Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel die Konsumsteuern reduziert oder abgeschafft werden sollen, rufen andere zur erhöhten Besteuerung von Kriegsgewinnlern.
    Diese Fragen sollte im Auge behalten werden.
    Weil alle Budgetposten, die nicht durch Steuern finanziert werden können, müssen durch Verschuldung gestemmt werden. Die sprengt sowieso derzeit wieder alle bisherigen Rahmen.
    Da haben die USA wieder einmal die Nase vorn gegenüber dem Euro, der darüber in die nächste Krise schlittern könnte.

  130. "Die" Aktienkurse steigen bei Kriegen immer dann, wenn die gesamte Börse erwartet, daß ihr Staat siegen wird. Und daß die dort notierten Konzerne dann alle bessere Gewinne machen werden.
    Da dieser Krieg, vor allem infolge des Sanktionsregimes, aber massiv zu Umsatz- und Gewinnverlusten der europäischen Konzerne führen wird, je länger der Krieg dauert, umso mehr weil ja auch nicht ersichtlich ist, wieso ein NATO-Sieg dann einen Boom nach sich ziehen sollte (Wenn Zelenskyi davon träumt, von den NATO-Staaten mal so eben 600 Milliarden geschenkt/geliehen zu bekommen, damit die Ukraine wieder aufgemöbelt werden kann, dann war das schlechtes Koks), sind die meisten Börsianer alles andere als euphorisch.
    Natürlich gibt es auch in diesem Krieg eine wenige Konzerne, die davon fett profitieren und weiter profitieren werden. Aber die meisten anderen eben nicht.

  131. "Profite der Sonderklasse machen derzeit — surprise, surprise! — diverse Energieversorger:"

    Ist eigentlich tatsächlich weniger Öl auf dem Markt oder sind die Kunden einfach bereit mehr zu bezahlen, weil ihnen einleuchtet dass die Preise steigen müssen: So nach dem Motto. Jetzt ist Krieg, da verknappt sich das Öl, also gehen die Preise hoch und diese müssen wir leider zahlen. Also wird der Preisanstieg antizipiert und geht deswegen hoch. Oder spekulieren jetzt alle auf den Preisanstieg kaufen wie bescheuert und treiben damit den Preis hoch. Oder findet alles gleichzeitig statt.

    Wie funktioniert das denn eigentlich, wenn weniger Öl auf dem Markt ist. Wird weniger verbraucht, weil die Preise steigen? Oder kann nur der ins Auto steigen, der es sich leisten kann. Bleiben irgendwo Autos liegen, weil sie kein Benzin mehr haben. Ist das ein absoluter Mangel?

    Bleibt der Verbrauch in Industrieländern fast gleich und geht in armen Ländern zurück?

  132. Der jw-Themenbeitrag von Peter Schadt (von vorgestern)  endet wie folgt:

    "Steigende Heiz- und sonstige Kosten sind das Nebenprodukt der deutschen Energiepolitik allgemein und der Nutzung der russischen Abhängigkeit als politökonomische Ware im Ukrainekrieg im Besonderen. Wer die Kosten trägt, ist dabei schon längst klar. Mit dem Interesse, Russland zu besiegen, schreitet notwendig auch die Verarmung der heimischen Bevölkerung voran, was auch gar nicht verschwiegen wird: »Frieden und Freiheit in Europa haben kein Preisschild«, heißt es bei Baerbock, bei Altbundespräsident Joachim Gauck »Frieren für die Freiheit«. Mit einer »neuen Armut« (so ziemlich jeder Politiker der Ampelregierung in den vergangenen Wochen) rechnet dabei die Regierung. Sie muss es wissen, denn sie gestaltet die Verhältnisse, die Armut notwendig hervorbringt. Demgemäß wird versprochen, dass die Leute nicht stärker ruiniert werden als nötig, und der Wirtschaftsminister bekommt von der Presse auch noch gute Noten ausgestellt, weil er »ohne Schönfärberei« ankündigt, was ansteht. Die Kosten der Freiheit sind also auch bei der Energiefrage schon verteilt, Welt- und damit Atomkriegsgefahr inklusive."

    https://www.jungewelt.de/artikel/426327.i-ve-got-the-power-ins-mark-treffen.html

    Von den kriegswirtschaftlichen Konsequenzen der westlichen militärischen
    Gegen-Mobilisierung gegen Russland, hier: im Sozial-/Arbeitnehmerbereich
    kapitalistischer Nationen

    https://www.tages-politik.de/Innenpolitik/Harte_Zeiten_in_Kriegszeiten-2022.html

    —-

    Zur Frage: Wer gewinnt bei den diversen Preiserhöhungen? – Zwei aktuelle Antworten von Stephan Kaufmann:

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163194.gewinne-wer-verdient-an-der-inflation.html

    https://www.fr.de/wirtschaft/noch-sprudeln-die-gewinne-91538694.html

    —-

    Eine sog. ‘kritische VWL-Sicht’ aus dem Umfeld der sog. ‘kritischen Wirtschaftsweisen’ wird hier – ohne Gewähr … – referiert
    https://www.heise.de/tp/features/Hochriskantes-Embargo-von-russischem-Erdgas-7079729.html?seite=all

    —-

    Bei Spiegel Online gibt es Fragen und Antworten zum Thema Öl:

    Wegen Erdöl werden Kriege geführt, Schwankungen des Ölpreises treiben Staaten an den Rand der Pleite. Warum ist dieser Rohstoff so begehrt? Und was, wenn er versiegt? Die wichtigsten Fakten – endlich verständlich von Rainer Lübbert und Stefan Schultz
    (Aufklappbare) Antworten in 18 Bereichen:

    Bereich 1. Wie ist Öl entstanden?
    (…) Bereich 7. Wie entsteht der Ölpreis?
    Bereich 8. Ist Öl teurer oder billiger als früher?
    Bereich 9. Brent, WTI, Zueitina: Warum hat Öl so viele Namen?
    Bereich 10. Wer beherrscht den Ölmarkt?
    Bereich 11. Was genau macht die Opec?

    Bereich 12. Wie beeinflusst der Ölpreis die Weltwirtschaft? (aufgeklappte Antwort:)

    Bei jeder Schwankung des Ölpreises werden gewaltige Kapitalströme umgelenkt. Fällt der Preis, dann erleiden Ölproduzenten sowie deren Zulieferer und Kreditgeber dramatische Verluste. Die Ölverbraucher dagegen sparen viel Geld und können dieses an anderer Stelle ausgeben. Steigt der Preis, ist es umgekehrt.

    Was für eine gewaltige Umverteilung da im Gange ist, zeigt folgende Rechnung: Lange war ein Ölpreis von 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) die Norm. Bei diesem wäre die jährliche Weltölproduktion gut 3,4 Billionen Dollar wert. Bei einem Preis von 60 Dollar sind es nur noch gut zwei Billionen Dollar.

    Die Umlenkung der Kapitalströme verändert die Weltwirtschaft an Millionen Stellen gleichzeitig, im Großen wie im Kleinen. Betroffen sind Unternehmen, die ihre Projektpläne ändern müssen. Investoren, die ihre Risikokalkulationen und Anlagestrategien anpassen. Aber auch ganze Märkte, in denen sich Angebot und Nachfrage verändern. So können dem Sektor für Luxusimmobilien plötzlich die reichen Ölscheichs als Kunden fehlen. Und in Nahost werden Infrastrukturprojekte aufgeschoben – was dann bei europäischen Baufirmen zu Ausfällen führt.

    Betroffen sind Autobesitzer, deren Fahrverhalten sich an den Benzinpreis anpassen. Konsumenten, die sich, abhängig von den Energiepreisen, mehr oder weniger Dinge leisten können. Aber eben auch Regierungen wie Russland, deren Haushaltsetat stark von der heimischen Ölproduktion abhängt.

    Nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds setzt ein sinkender Ölpreis unterm Strich mehr Kapital frei als ein Anstieg. Das liege vor allem daran, dass die Milliarden von den Ölproduzenten zu den Konsumenten wandern. Durchschnittsverdiener, so der IWF, geben von ihrem Geld in der Regel deutlich mehr aus als arabische Ölscheichs oder nigerianische Kleptokraten. Bei einem Preisrückgang von zehn Prozent wachse die Weltwirtschaft entsprechend um 0,2 Prozent stärker.

    Bereich 13. Warum sinkt oft der Ölpreis – aber nicht der Benzinpreis?
    (…) Bereich 17. Wann geht der Welt das Öl aus?
    Bereich 18. Welche Alternativen gibt es zum Öl?
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/oelpreis-endlich-verstaendlich-die-wichtigsten-fakten-zum-erdoel-a-1140628.html

    —-

    Noch mal empfohlen seien einige fundamentale Infos über Energie, Öl, grüne Energien, Kapitalismus – und darin sogar auch zum Thema ‘Klimapolitik’ – erläutert von
    Peter Schadt im Gespräch bei 99 zu eins (vor 3 Tagen live gestreamt)

    https://www.youtube.com/watch?v=nMuyv-DsOA8

  133. Siemens verläßt Rußland und gibt seine gesamte Geschäftstätigkeit dort auf. Damit verlieren 3000 Leute ihren Job. Außerdem können wahrscheinlich die Hochgeschwindigkeitszüge „Schwalbe“ und „Wanderfalke“ bald nicht mehr fahren, weil sich die in ihnen eingesetzte Siemens-Technologie nicht ersetzen läßt.

    Jede Menge medizinische Geräte von Siemens stehen in russischen Kliniken herum, von Röntgenapparaten bis zu weitaus komplizierten Diagnosegeräten, wie denen der Magnetresonanz.

    Ein Haufen Ausrüstung in Raffinerien, Rohre für Pipelines, usw. kommt von Siemens. Der ganze Transport von Öl und Gas ist sehr mit dieser Firma verbunden.

    Auch sonstige Industriezweige sind sehr mit Siemens verbunden.

    Es rächt sich hier, daß Rußland gewisse Produktionen nach 1990 einfach aufgegeben hat.
    Jetzt ist guter Rat teuer. Von China läßt sich dergleichen schwer beziehen, und über informelle Kanäle auch mit Schwierigkeiten, weil bei gewissen Ersatzteilen einfach klar ist, für wen die bestimmt sind, auch wenn jemand ganz anderer als Käufer auftritt.

    Besonders heikel ist die Sache mit den Hochgeschwindigkeitszügen. Mitte der 2000-er Jahre wurde mit Siemens ein Vertrag abgeschlossen, bei dem Siemens sich das Monopol auf gewisse Elektronik gesichert hat: Rußland mußte seine eigenen Projekte aufgeben. Und jetzt haben sie den Salat. Mehr als 200 solcher Züge fahren in Rußland herum, vermutlich nicht mehr lange. Die eine Art davon wurde sogar im Ausland gebaut und importiert.

    (KP, 12.5.)

    In Rußland ist jetzt Köpfekratzen und erfinderischer Elan angesagt.

    Aber was heißt das eigentlich für Siemens? Die Firma verliert jetzt eine gewaltige Geschäftssphäre, die sich nicht ersetzen läßt. Außerdem werden andere Staaten, die mit Siemens Geschäfte gemacht haben, jetzt ihre Verträge anschauen und sich Gedanken machen, möglicherweise diese Firma in Zukunft zu meiden, Verträge auslaufen zu lassen und sich nach nationalen oder ausländischen, aber weniger zweifelhaften Alternativen umzusehen.

  134. Peter Schadt gibt mal wieder den gleichen GSP-Käse von sich, den wir bei Neoprene schon rauf und runter diskutiert haben. Der Grundfehler besteht darin das Wirken des Staates als ideeller Gesamtkapitalist und das imperialistische Vorhaben der Energiesouveränität durch Ausbau erneuerbarer Energien gegeneinander zu halten. Als wäre es ein Widerspruch beides zu Wollen und zu tun. Wenn Schadt sich gegen die Erklärung der Klimapolitik aus der Bestimmung des bürgerlichen Staates als ideeller Gesamtkapitalist wendet, der Maßnahmen beschließt, die die Ruinierung der Natur als Bedingung der kapitalistischen Reichtumsvermehrung verhindern sollen, dann wird unter der Hand diese Zweckstimmung immer gegen eine andere ausgetauscht. Die Alternative Zweck kommt in Form eines Dementis daher:

    "Damit beteiligt sich noch der kritischste Aktivismus der Klimabewegung an der Ideologie, dass der deutsche Energieimperialismus eigentlich keinen anderen Inhalt habe als die Rettung des Planeten."

    Die "Rettung des Planeten" soll ungefähr das selbe sein, wie die Erhaltung der Natur für die kapitalistische Vernutzung – also in genau dieser Zweckbestimmung. Dabei dürfte selbst ihm klar sein, dass sich Klimaaktivisten, die den Planeten retten wollen und marxistisch gebildete Linke die vielleicht sogar den "bürgerlichen Staat" gelesen haben durchaus unterscheiden.

    Es ist nämlich überhaupt nicht einzusehen, warum der bürgerliche Staat ausgerechnet in Sachen Klima eine ihm ansonsten bereitwillig zugestandene Bestimmung abstreifen soll. Entweder er kümmert sich als ideeller Gesamtkapitalist um den Erhalt der Natur (und des Arbeiters) in ihrer Funktion Vernutzungsgrundlage der kapitalistischen Reichtumsproduktion zu sein oder er tut das nicht. Warum er es generell tun soll, aber ausgerechnet beim Klima nicht, ist ein Widerspruch. 

    Schadt sagt dazu, dass der bürgerliche Staat in Form der BRD, das Klima nicht retten kann, weil er nur für 2% des weltweiten Co2 Ausstoßes verantwortlich ist. Aha. Und weil die BRD die Erderwärmung (alleine) nicht stoppen kann, soll sie es auch gar nicht wollen. Das ist doch Quatsch. Bloß weil ich alleine keine Revolution machen kann, heißt das doch nicht, dass ich sie nicht will und nicht anstrebe. Und genau den Übergang machen sie doch. Sie anerkennen die Notwendigkeit von Klimapolitik und veranstalten Klimakonferenzen, auf denen sie sich gemeinsam ums Klima kümmern wollen. 

    Das tut Schadt einfach ab: "Schieben wir das mal in den Konjunktiv. Ist nicht passiert."

    Wie? Was ist nicht passiert? Da kommt dann gleich ein Ersatzangebot als Erklärung. Ja wenn "Klimarettung" (wer hat das denn behauptet, dass das Kümmern und die dauerhafte kapitalistische Vernutzungsfähigkeit des Klimas das selbe wie Klimarettung sei?) nicht der Zweck ist, dann muss es wohl um das imperialistische Projekt der Klimarettung gehen. Wie gesagt – die Eselei besteht darin das gegeneinanderzuhalten. Es geht nicht um das eine, sondern um das andere, als würde sich das ausschließen. Dabei sind die imperialistischen Standpunkte die auf Klimakonferenzen gegeneinander gehalten werden doch bloß die Verlaufsform dessen, wie sich auf der Grundlage, dass Klima nicht an der Staatsgrenze endet, kapitalistische Staaten "gemeinschaftlich" um das Klima kümmern. Und das heißt eben alles andere als gemeinschaftlich, sondern in Konkurrenz zueinander. Denn ersten sind sie vom Klimawandel ganz unterschiedlich betroffen und zweitens sortieren sie sich auch unterschiedlich je nachdem, ob sie fossile Brennstoffe haben oder einführen müssen. Also wird die ganze Klimarettung auf gut imperialistisch durch gegenseitige Ansprüche und Erpressung auf den Weg gebracht. Dass dabei das Klima als Lebensgrundlage der Menschen auf der Strecke bleibt, ist folgerichtig und wenig verwunderlich. Genau so findet Klimarettung im Kapitalismus unter konkurrierenden Nationen eben statt. Und dass ein Teil der Nationen, die von den fosssilen Energieträgern anderer Nationen abhängig sind, das Klima mit den zugehörigen grünen Technologien als Chance betrachten in Energiefragen souverän zu werden und gleich noch andere von diesen Technologien abhängig zu machen, das braucht nun wirklich keine Verwunderung auszulösen. Das passt also zusammen und widerspricht sich nicht.

  135. Wenn du schon darauf verweist, dass deine Gegenargumente bereits diskutiert wurden:

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/leserbrief-klimapolitik

    Es ist übrigens erstmal nicht der GSP, der laut hinausposaunt, dass hierzulande Klimapolitik vor allem, und jetzt erst recht, Energiesouveränität bedeutet:

    https://www.inforadio.de/rubriken/interviews/2022/05/03/ukraine-reise-bundeskanzler-scholz-opposition-merz-aussenpolitik-roth.html

    https://www.heise.de/tp/features/Wenn-Putin-als-Grund-fuer-mehr-Klimaschutz-gebraucht-wird-7073182.html

  136. Der Witz ist ja, dass Schadt bei 99:1 selbst das Argument bringt, dass es nicht um Energiesouveränität statt Klimarettung geht. Dafür bringt er das Beispiel Australien, wo er drauf hinweist, dass es nicht schlicht drum geht Lieferländer für Wasserstoff zu finden, sondern dass eine energiesouveräne BRD auch bestimmen will, wie der Wasserstoff produziert wird. Er soll nicht aus australischer Kohle gewonnen werden, sondern nachhaltig aus erneuerbaren Energien. Da stellt sich mir aber sofort die Frage: Wieso denn das? Wenn es gar nicht ums Klima geht, sondern bloß darum in Energiefragen nicht erpressbar zu sein und als Staat über die Energieversorgung frei zu entscheiden, dann ist Wasserstoff aus Kohle genau so gut. Aber offenbar gibt es gegen eine solche Energie einen Vorbehalt, der nur inhaltlich mit CO2-Reduzierung zu erklären ist. 

  137. Meines Wissens gibt es Bestrebungen,  dass die BRD mit Wasserstoff-Technologie eine eigene Geschäftssphäre anleiern will. Und die soll eben auch potentiell Australien umfassen. Das ist generell der Witz, dass die neuen (z.T. auch eher fraglich ‘grünen’…) Technologien verkauft werden sollen. Klimapolitik koste keine, sondern ermögliche mehr Arbeitsplätze, so wird das fürs Volk verdolmetscht. (Obige GSP-Leserbrief-Beantwortung (!) bringt meiner Erinnerung zufolge dazu auch das Argument, dass solche Technologien beim Methan anscheinen noch nicht produktionsfähig sind – daher kümmert das Methan als Klimakiller bei solchen Konferenzen kein Schwein.)

    Ähnlich ironischer Weise übrigens Kanada: das will der BRD aktuell nämlich deswegen kein Flüssiggas verkaufen (für das die BRD übrigens nicht nur “Klimaschutz-“, sondern auch sonstige “Umwelt-Standards” flott links liegen lässt…), weil auch Kanada vor allem auf die neuen Technologien als neue Geschäftssphäre setzen will. (Die Scheichs wird’s freuen…)
    https://www.heise.de/tp/features/LNG-Terminals-Deutschland-sucht-haenderingend-Gaslieferanten-7081183.html

  138. Es ist übrigens erstmal nicht der GSP, der laut hinausposaunt, dass hierzulande Klimapolitik vor allem, und jetzt erst recht, Energiesouveränität bedeutet:

    Ja, ja. Statt die Sache zu erklären, verlinkst du auf Äußerungen von Politikern. Warum nicht einfach eine Zitatesammlung anlegen, statt den Gegenstandpunkt vollzuschreiben. Was Politiker aktuell zum Klimaschutz vermelden erklärt doch nichts. Das ist vielmehr erklärungsbedürftig. Außerdem machst du den gleichen Fehler. Du tust so als hätte ich abgestritten, dass Klimaschutz die Frage der zwischenstaatlichen Energieabhängigkeit wälzt, weil du wie Schadt daraus einen Gegensatz machst. Als könnte es nicht um Klimaschutz als Aufgabe des ideellen Gesamtkapitalisten gehen, wenn praktisch internationale Energiepolitik gemacht wird. Dabei ist letzteres nur die  Form des ersten. Alles was Energie betrifft ist im Kapitalismus automatisch eine imperialistische Angelegenheit. Es sind zwei Staatsaufgaben, die b e i d e zu realisieren sind. Daraus kann man aber nicht schließen, dass es n u r um Energiesouveränität geht und nicht um kapitalistischen Klimaschutz.

    Ja wollen, will die BRD die Wasserstofftechnologie schon ewig. Es wird bloß immer nichts draus. Das sind immer irgendwelche Forschungsversuchsprojekte, die nicht wirklich rentabel sind. 

    weil auch Kanada vor allem auf die neuen Technologien als neue Geschäftssphäre setzen will.

    Versteh ich nicht. Dann hätten sie doch Gas übrig, wenn sie auf neue Technologien setzen.

  139. Dass sie ihr Gas für eigene Zwecke behalten wollen, ist kein Gegensatz dazu, dass sie gerade dies nicht mehr als weltweite Geschäftssphäre ausbauen wollen.   Es geht nicht darum, ob sie Gas übrig haben. Sondern dass sie damit kein Geschäftsmodell für die Zukunft anstoßen wollen.

    Das Argument, dass es um neue Geschäftsmodelle für die Zukunft geht, und dafür wird mit dem Label Klimapolitik Politik gemacht,  willst du geflissentlich überlesen.

    Und ja. Das Lesen des GSP sei empfohlen. Z.B. die oben verlinkte Antwort auf den Leserbrief zur Klimapolitik.

  140. Das Lesen dieses GSP Zeugs mit seinen verschachtelten Sätzen dauert. Bis jetzt überzeugt mich das gar nicht. Vielleicht äußerst du dich in der Zwischenzeit zu den vorgetragenen Argumenten.

    Ja was jetzt wollen die Kanadier ihr Gas behalten oder wollen sie auf grüne Energie umsteigen. Oder was ist das Argument? Wollen sie andere bekehren, indem sie sie nicht mit Gas beliefern. Was hält sie denn davon ab grüne Geschäftsmodelle zu entwickeln und trotzdem Gas zu liefern. Das widerspricht sich doch nicht. Oder glauben sie wenn sie kein Gas liefern, kaufen die potentiellen Kunden Wasserstoff oder Strom, was sie noch gar nicht im Angebot haben.

  141. Mein Eindruck ist, dass die Antwort der Redaktion "Zum strittigen Zusammenhang von Klima- und Energiepolitik" versucht einen Einwand, den sie nicht unbeachtet lassen kann, in ihre Erklärung des Klimaschutzes als Energiepolitik einzubauen versucht. Das  geht leider schief und leuchtet mir nicht ein.

    Schritt für Schritt. Nochmal das Argument von Schadt, das ich oben schon kritisiert habe, auf das Leser aber nicht eingehen will. 

    "Immerhin handelt es sich beim Klima seiner Natur nach um ein globales Phänomen, sodass eine national verfügte Beschränkung beim Emittieren von Treibhausgasen gar nicht sicherstellen kann, dass es für den Standort benutzbar bzw. in der bisherigen Weise nutzbar bleibt, zumal Deutschland zu den weltweiten Emissionen je nach Rechnung nur 1-2 % beiträgt."

    Bloß weil Deutschland alleine nicht sicherstellen kann, dass keine Erderwärmung auftritt, soll sie es schon gleich gar nicht wollen? Dabei liegt die Konsequenz doch auf der Hand: "Was wir alleine nicht schaffen Das schaffen wir dann zusammen" Daraus folgen die bekannten Klimakonferenzen. Was schließt der GSP messerscharf: "Es gibt also kein nationales Subjekt einer umweltpolitischen Klimarettung." Na dann eben ein internationales Subjekt, das sich aus nationalen Gewaltsubjekten zusammensetzt. Nächster Satz:

    "Ob die Staaten es jemals zu einer internationalen Kooperation im Sinne eines globalen Umweltschutzes gebracht hätten, ob also die führenden Staatenlenker sich auf ein gemeinsames Klimarettungsprogramm zur Sicherung ihrer jeweiligen nationalen Grundlagen, die vom Klimawandel auch sehr unterschiedlich und gar nicht ausnahmslos negativ betroffen sind, hätten einigen können, werden wir nie erfahren." 

    Da werden einfach mal so nonchalant die Ergebnisse der Klimaschutzkonferenzen vom Tisch gewischt mit dem Verweis darauf, es würde kein gemeinsames Klimarettungsprogramm zur Sicherung der jeweiligen nationalen Grundlagen geben. Stattdessen, so die Auskunft, gibt es etwas ganz anderes, nämlich ein Wachstumsprogramm, das lediglich unter dem T i t e l "CO2-Reduktion" läuft. Wieso eigentlich CO2-Reduktion? "Wachstum forever" – wäre doch ein viel schönerer Titel. Es wird der Eindruck erweckt als hätte das inhaltlich gar nichts mit Dekarbonisierung und Klimarettung zu tun. Es wäre bloß ein imperialistisches Wachstumsprogramm und die CO2-Reduktion das mehr oder weniger beliebige Mäntelchen dafür.

    "Sie haben nämlich – mit Deutschland als Vorreiter – mit der CO2-Reduktion als Lösung in einer klimaneutralen grünen Zukunft etwas weit Größeres entdeckt als solch ein defensives Programm, das die natürlichen Grundlagen der Kapitalakkumulation vor der Zerstörung durch das Kapital bewahren soll, ohne dabei sein Wachstum zu schädigen: Die EU, die USA und auch China sehen darin gerade die Zukunft ihres Wachstums."

     Tja, warum bloß sehen diese Mächte in der Co2-Reduktion die Zukunft ihres Wachstums, wenn es gar nicht ums Klima geht, s o n d e r n ums Wachstum. Ständig wird so getan als handle es sich bei Wachstum und Bewahrung der natürlichen Grundlage um einen Gegensatz. Dabei steht in dem oben zitierten Satz sogar drin, dass die Bewahrung der natürlichen Grundlagen der Kapitalakkumulation, seinen Maßstab im Wachstum hat, weil selbiges durch die Zerstörung der natürlichen Grundlagen geschädigt wird. Dabei e r g i b t sich das eine aus dem anderen wie der Schmetterling aus der Raupe. Wenn die Schädigung des Wachstums der Maßstab dafür ist, ob die natürlichen Grundlagen der Kapitalakkumulation geschädigt werden, dann ist das Wachstum schon T e i l des Standpunkts sich um die natürlichen Grundlagen der Kapitalakkumulation zu kümmern und nichts "Größeres" oder etwas ganz anderes, das statt der Klimarettung getan wird. Der Gsp will jedoch auf die gegenteilige Aussage raus.

    "Die Kooperation, die es wirklich gibt, besteht deshalb in Verhandlungen um CO2-Reduktion auf Klimakonferenzen…"

    Wohl im Gegensatz zu der Kooperation, die es nicht gibt, um den Klimawandel kapitalverträglich zu gestalten.

    "Auf der Grundlage wird in diesen Verhandlungen der Streit darum geführt, welche Energiewende sich wie durchsetzt, also globalisiert wird. Mit unseren Ausführungen, nicht zuletzt im PS des von dir beanstandeten Artikels, versuchen wir zu erklären, dass es den Klimaschutz nur als dieses imperialistische Konkurrenzprogramm gibt, weil es das ist, was die entscheidenden Staaten aus dem Klimawandel als Chance gemacht haben. Wir haben also nie behauptet, es ginge „nicht um Dekarbonisierung, sondern um Energieautonomie“ – die Dekarbonisierung ist eben genau die Form, in der Deutschland seine Energiewende zur Neuaufstellung seiner Energieautonomie vorantreibt."

    Die Frage ist doch, warum ausgerechnet die Dekarbonisierung die Form ist, in der Deutschland seine Energieautonomie vorantreibt? Hier kommt das so vor als gäbe es gar keinen inhaltlichen Zusammenhang zum kapitalistisch Klimaschutz des bürgerlichen Gesamtkapitalisten. Als sei die Co2-Reduktion ein mehr oder weniger gegriffener Titel, der zufällig gut passt, um die deutsche Energiesouveränität voranzutreiben. Und genau das, also die Eignung der Co2-Reduktion Titel/Ideologie/Narrativ für imperialistische Energieautonomie, wird im folgenden tatsächlich begründet.

    "Es wird übrigens schon so sein, dass unsere Politiker bei der Vorstellung einer um mehrere Grad erwärmten Atmosphäre oder auch bei der Betrachtung schon eingetretener Schäden wie z.B. an der Ahr „erschrecken“ und deshalb nicht nur das Anliegen verfolgen, den Standort Deutschland gegen die vermehrt auftretenden Extremwetterereignisse resilient zu machen, sondern auch das Klima schützen wollen durch die Ursachenbekämpfung des Klimawandels: die Minderung der klimaschädlichen CO2-Emissionen."

    Wie jetzt? Wieso wird jetzt zugestanden, dass "unsere Politiker" wirklich das Klima schützen wollen und nicht nur den Standort. Was ist das denn jetzt wieder für ein Gegensatz? Wer hat denn behauptet sie seien berechnungslose Klimaschützer, denen es gar nicht in erster Line um den Standort geht. Natürlich geht es ihnen um den Standort und deshalb betreiben sie Klimaschutz.

    Dieses "Zugeständnis" wird aber bloß gemacht, um dann zu erklären, dass Klimaschutz bloß ein Unterpunkt, ein Abfallprodukt eines imperialistischen Projekts namens Energiesouveränität ist.

    "Dieses Anliegen, die Bekämpfung der Klimakrise, der größten Herausforderung unserer Zeit, ist für die regierenden Standortnationalisten bestens in dem grünen Standort- und Konkurrenzaufbruch aufgehoben, den sie schon länger im Programm haben, jetzt verstärkt vorantreiben und der unter dem Label Klimaschutzpolitik läuft, nämlich als Quidproquo von energie- und wachstumspolitischem Zweck und dekarbonisierender Wirkung." 

    Was denn jetzt? Label oder staatlicher Zweck. Auch die Vorstellung eines Quidproquo, dies für das, Klimaschutz für Energiesouveränität, Dekarbonisierung versus Wachstum geht wieder von einem Gegensatz aus. Energiesouveränität ist der Zweck, Klimaschutz bloß die Dreingabe. Und nicht in der richtigen Reihenfolge: Der Klimaschutz wird als Streben nach Energiesouveränität betrieben. Der Klimaschutz ist eben nicht die zusätzliche Dreingabe (die man auch weglassen könnte) sondern der Inhalt, der in Form des Strebens nach Souveränität eines neuen noch zu schaffenden und zu erobernden Marktes, ausgetragen wird. Nicht (grünes) Wachstum ist das Ziel und Klimarettung die Wirkung, sondern umgekehrt. Die Sicherung der natürlichen Grundlagen des Wachstum ist das Ziel und das geht in kapitalistischen Gesellschaften eben nur, indem ein imperialistisches grünes Wachstumsprogramm aufgelegt wird. Wenn das mal keine Kritik am Kapitalismus und am bürgerlichen Staat ist. Der kann gegen die Ruinierung der natürlichen Grundlagen durch das weltweit agierende Kapital nur etwas unternehmen, wenn er ein imperialistisches Konkurrenzprogram auflegt, das Gewinner und Verlierer in der Staatenwelt produziert. Also müssen Nationen ruiniert oder geschädigt werden nur, weil die Natur als dauerhafte Grundlage die Wachstums erhalten werden soll. Und das ist nur die Absicht. Ob die Erderwärmung aufgehalten wird, steht in den Sternen.

    "Nun mögen die Politiker nicht mehr unterscheiden wollen zwischen dem Zweck ihrer Energiewende und deren klimafreundlicher Wirkung. Wahr ist die Verwechslung deshalb trotzdem nicht."

    Wahr ist auch nicht, dass das Wachstum der Zweck ist und das Klima nur eine (Neben)Wirkung.

    Im Punkt 5 wird jetzt begründet, warum die Politik bei ihrem Projekt Energiesouveränität auf Dekarbonisierung bzw. Co2-Reduktion kommt, denn ein inhaltlichen Zusammenhang, der auf Klimaschutz verweist, soll ja ausdrücklich bestritten werden. 

    "Der Fortschritt bei dem besprochenen Umbau der Energienutzung lässt sich genau in dieser Größe [Co2]wunderbar messen. Deswegen redet unser Artikel bei der CO2-Reduktion auch nicht von einem willkürlich gewählten Vorwand für irgendeinen ganz anderen Zweck: Dieser Stoff, das Reaktionsprodukt der Verbrennung, misst die Nutzung fossiler Energieträger und wurde deswegen auf den Klimakonferenzen zum Maßstab für die Umstellung der Energiebereitstellung gemacht."

    Im Ernst? Co2 wird deshalb als Maßstab gewählt, weil es so eine praktische Messgröße sein soll. 1. Co2 "misst" überhaupt nichts. Messen tun das irgendwelche Wissenschaftler. 2. Co2 entsteht bei einer ganzen Reihe von natürlichen Prozessen, sodass man eine Menge schätzen, annehmen und rausrechnen muss. Auf der anderen Seite löst sich Co2 im Meer. So unproblematisch, dass Co2 direkt die Verbrennung "misst" bzw. als verlässlicher Indikator betrachtet werden kann, ist das ganz und gar nicht. 3. Verteilt sich das Co2 in der Atmosphäre auf dem ganzen Globus. Was misst man also, wenn man eine ppm-Wert bestimmt hat. Wie soll man das wem zuordnen? 4. Sagt die GSP-Redaktion, die den Leserbrief beantwortet, das Gegenargument selbst. 

    "Und wenn dann ein ganzes Staatenbündnis bei der rechtlichen Festlegung dieses Schadstoffes gar kein Verbot oder einen Grenzwert erlässt, sondern Zertifikate, Erlaubnisscheine für den CO2-Ausstoß, vorschreibt, die auch noch gehandelt werden dürfen und sollen, sodass die Vermeidung von Ausstoß auch noch zum Wertobjekt wird, dann ist man bei einem echten Kunstgriff der Regierung einer modernen Marktwirtschaft gelandet:"

    Das Co2 ist also gar kein praktischer Messwert, der ins Verhältnis zu einem Grenzwert gesetzt wird. Der Co2-Ausstoß wird gar nicht gemessen, sondern anhand der Vorprodukte und der chemischen Reaktion, die stattfindet errechnet. Nicht weil sich CO2 so wunderbar messen lässt, wird darauf Bezug genommen, sondern weil es mengenmäßig das wichtigste Treibhausgas ist.

    Dass es angeblich nicht darum geht, welche Wirkung CO2 als Treibhausgas hat, will die GSP-Redaktion mit dem Verweis auf Methan beweisen. Das angeblich keinen interessiert. Komisch nur, dass das Umweltbundesamt die Methanemissionen seit 1990 verfolgt. In dieser Zeit sind die Methanemissionen um mehr als die Hälfte gesunken.  Der Anteil der Landwirtschaft bleibt dabei konstant. Vor allem Rinder produzieren Methan bei der Verdauung. Dass an der Fleischfront kein Krieg tobt, wird hoffentlich niemand behaupten wollen. Fleisch zu essen, wird langsam politisch unkorrekt für den grünen Bio-Klima-Verantwortungs-Heini. 

    "Die angepeilten 30 % sind mit diesen Programmen gut zu erledigen, sodass die beiden Initiatoren die Hauptemissionsquelle Landwirtschaft weiterhin getrost außen vor lassen können – in Sachen Rindviehhaltung, Düngung usw. planen sie derzeit nun einmal keine Revolutionierung."

    Nur die Ruhe. Kommt ganz sicher. Eine Viecherei nach der anderen. Dass Methan dann schließlich doch in den Focus als Treibhausgas gerückt ist, soll wieder nicht daran liegen, dass es eben Treibhausgas ist, sondern dass man seine Verringerung mit der Modernisierung der Energieinfrastruktur gleich mit erledigen kann. Die Frage ist doch, warum es überhaupt mit erledigt wird beim Modernisieren und bei der Versiegelung alter Bohrlöcher? Denn Treibhausgas zu sein, wird als Grund ja ausgeschlossen. Um Treibhausgas geht es bloß als praktische Messgröße. Alles geht in Ordnung als Grund Methan zu reduzieren ("Besserungen in der öffentlichen Gesundheit und der Produktivität in der Landwirtschaft, Vermeidung von 200 000 Todesfällen, Notaufnhmen wegen Asthma, Ernteverluste…") bloß seine Wirkung auf das Klima darf es nicht sein, weil sonst stimmt die GSP-Theorie ja nicht. Huch! Diese Aufzählung des Nutzens der Methanreduktion klingt übrigens ganz nach Ideologie. Der Beschluss zur Reduktion wird mit seinem unabweisbaren Nutzen gerechtfertigt. Wenn der aber so unabweisbar ist, aus Gründen die keine Klimagründe sind, fragt man sich, warum die Amerikaner erst jetzt damit, um die Ecke kommen.

    Insofern kann ich dem Leserbriefautoren nur zustimmen:

    "Der Artikel will sich dem nicht anschließen, erfindet stattdessen als Grund die angeblich noch nicht saturierte staatliche Energieautonomie und dreht die Sache glatt um: Die Dekarbonisierung ist, wenn überhaupt, ein mehr zufälliges Nebenprodukt.“"

    Das stimmt zu 100%! Und die Antwort der Redaktion bestätigt das nochmal. Der Gsp stellt glatt auf den Kopf, was er früher noch wusste. Der Versuch der mächtigen Staaten auf Klimakonferenzen die Bedingungen für ein grünes Wachstum zu setzen folgt nicht aus der Gefahr der Erderwärmung für das kapitalistische Wachstum, sondern umgekehrt sind die Klimakonferenzen ein imperialistisches Projekt rohstoffarmer abhängiger Staaten, die Energiesouveränität erlangen wollen. Auf Co2 Reduktion kommen sie nicht, weil es sich um ein Treibhausgas handelt, sondern weil es angeblich so eine praktische Messgröße ist, mit der man die Fortschritte dieses grünen Wachstums messen und dokumentieren kann. 

  142. Zu eurer Debatte kann ich nur bemerken, daß Klimarettung m.E. gestern war. Heute gibt es andere Probleme bei der Energiepolitik. Wenn ein guter Teil der Industrie stillsteht, weil keine Energie da ist, dann hören sich Debatten um grünen oder blauen Wasserstoff sowieso auf.

  143. Da täuscht du dich. Wenn was aufhört, dann ist das vorübergehend. Kein Krieg dauert ewig, aber die Angewiesenheit auf fossile Brennstoffe bleibt und daher auch die Klimadebatte. Außerdem ist es ein schlechter Einwand gegen ein Thema, dass gerade andere Themen in den Fokus geraten. Und das stimmt ja noch nicht mal, denn die Grünen schließen aus der Abhängigkeit von Russland, dass jetzt um so schneller Energiesouveränität hergestellt werden muss. Es stimmt also nicht, dass sich Debatten über alternative Energie erübrigen. Das Gegenteil ist richtig.

    Außerdem kann ich von Debatte kaum etwas bemerken. Ich argumentiere, Leser verlinkt. Aber was will man von einem Leser auch erwarten? Der liest halt – Sonst hätte er sich schließlich Argumentierer oder Streiter genannt.

  144. Ja die Klimadebatte als Debatte bleibt. Schließlich will die BRD grüne Technologien verkaufen.

    Und ja, die Wissenschaft stellt fest, dass gar nicht merkwürdigerweise  alle Verabredungen und Ziele der angeblichen Klimapolitik bereits am Tag der Unterschrift das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden. 

    Und ja, Beispiele erspare ich mir: Zur Heuchelei mit dem Zölibat und Anstand bei den Anhängern des Balkensepp gibt es allenthalben seit neustem eben auch Heuchelei über den Klimasünder in uns allen mit dem furchtbaren ökologischen Fußabdruck. (Seltsamerweise gibts dgl. Rechnungsweisen über die Vorbereitungen für Frackinggas aus den USA aber kaum noch …)

    https://report.ipcc.ch/ar6wg3/pdf/IPCC_AR6_WGIII_SummaryForPolicymakers.pdf

    https://www.heise.de/tp/features/Erderwaermung-1-5-Grad-Schwelle-schon-in-fuenf-Jahren-erreicht-7081286.html?seite=all

    Übrigens verpflichten sich auch alle Staaten dazu, Kriege abzuschaffen, und unterschreiben eine UN-Charta,  die noch weitere  Ideologien zum Staatenmachen enthält. Auch da sieht man ja bereits beim Blick in die Morgenpresse, was solche Papier-Unterschriften in Wirklichkeit wert sind. (Anlässlich der Reden des früheren Außenministers Maas über Klimapolitik und bessere Staatenzusammenarbeit ist das übrigens damals selbst Krim aufgefallen.). Maas-Rede vor der UNO: “Wer sein Land liebt, der setzt auf Zusammenarbeit. Denn nur so haben wir alle eine Zukunft. Nachhaltige Außenpolitik, das ist multilaterale Außenpolitik. Auf diesem Gedanken gründen die Vereinten Nationen. Er leitet auch deutsche und europäische Außenpolitik.” https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-generalversammlung/2249828. Und solch ideologisches Zeugs soll die Wahrheit sein über deutsche Außenpolitik? (Zur Kritik der Kritik von Krim komme ich erst morgen.)

    —-

    P.S. Für den eigenen Glauben daran, in der Außenpolitik kapitalistischer Staaten würden diese sich an ihre eigenen hehren angeblichen besseren Ziele ihrer eigenen Außenpolitik halten, z.B. Prinzipien der sog. ‘Klimapolitik’, wie sie es in der UNO-Vollversammlung hinausposaunen, braucht es natürlich keine Links. Sondern nur einen festen Glauben daran, dass das dann schon auch so sei.. Analog würde ich Krim, auch einen andern Namen vorschlagen. (und bleibe bei meinem “Leser”).

  145. Inhaltlich zur Klimapolitik (bzw. zur moralischen Stellung dazu) noch mal eine Zusammenfassung von Stephan Kaufmann (ersichtlich aus einem anderen Argumentationszusammenhang gerissen – und dazu werde ich mir morgen inhaltlich auch noch mal was überlegen):

    "Als Konsument:innen haben wir nur begrenz­ten Ein­fluss auf die Art und Wei­se, wie die Din­ge pro­du­ziert wer­den. Das ist ei­ne Fra­ge des  Systems.

    Die­ses Sys­tem braucht ers­tens per­ma­nen­tes Wachs­tum. (…) Zwei­tens beruht die­ses Sys­tem auf der betriebs­wirt­schaft­li­chen Kal­ku­la­ti­on mit Kos­ten und Erträ­gen. Inter­na­tio­na­le Ver­ein­ba­run­gen zum Kli­ma­schutz schei­tern daher nicht an der Eng­stir­nig­keit »der Alten«, son­dern dar­an, dass der Schutz des Kli­mas meist Kos­ten für die Unter­neh­men ver­ur­sacht – zum Bei­spiel teu­re­re Ener­gie – und damit der Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Stand­or­tes scha­det. In inter­na­tio­na­len Ver­trä­gen wird daher ver­sucht, die­se Mehr­kos­ten so zu ver­tei­len, dass die eige­ne Wirt­schaft kei­nen Scha­den davon­trägt. Die­ser Kampf führt bis­lang dazu, dass der Kli­ma­schutz stets hin­ter dem zurück­bleibt, was nötig wäre.

    Die Logik der Kapi­tal­ren­di­te (…) wider­spricht also dem Umwelt­schutz. Dass alle Par­tei­en ver­spre­chen, Öko­lo­gie und Öko­no­mie zu »ver­söh­nen«, negiert die­sen Wider­spruch nicht, son­dern unter­stellt ihn: Ver­söhnt muss nur wer­den, was im Streit liegt. Im Streit lie­gen aber nicht Alte und Jun­ge, son­dern das betriebs­wirt­schaft­li­che Kal­kül an gerin­gen Kos­ten und hoher Ren­di­te mit den Not­wen­dig­kei­ten der Natur.”

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163709.kapitalismus-not-okay-boomer.html

  146. Ich hab ja schon einen neuen Namen. Oder was meinst du wäre passend, "Provokant" vielleicht? Es ist halt wenig erquicklich, wenn man eine Argumentation auseinandernimmt und keiner fühlt sich bemüßigt inhaltlich drauf einzugehen. Oder sollen die Auslassungen von Maas schon sowas sein. 

    Und solch ideologisches Zeugs soll die Wahrheit sein über deutsche Außenpolitik?

    Was du zitiert hast, ist doch gar nicht besonders ideologisch. Vielleicht euphemistisch, wegen "Zusammenarbeit" wie er das gegenseitige Erpressen nennt. Aber wenn man mal Zusammenarbeit durch Erpresserei ersetzt, dann steht da, dass Außenpolitik in der multilateralen also gegenseitigen Erpresserei der Nationen untereinander besteht. Und nachhaltig ist die dann insofern man sich seine Maßnahmen gegen andere von allen absegnen, anerkennen lässt. Also wenn die eigenen Maßnahmen erfolgreich sind, waren sie offensichtlich nachhaltig. Er will einfach seinem Verständnis von Außenpolitik einen zeitgemäßen frischen Anstrich geben (nachhaltige Zusammenarbeit). 

    Deiner Auffassung, dass Klimapolitik das Musterbeispiel für Außenpolitik sei, die generell so Gestrickt sei, dass man sich an vereinbarte Ziele nicht hält, kann ich nicht zustimmen. Schließlich sollen gegenseitige Abmachungen und Verträge den Willen des gegenüber binden und das tun sie nur, wenn man sich selbst auch daran hält. Es gibt also ein Interesse nicht gegen sie zu verstoßen. Und wenn es kein Interesse mehr gibt, dann wird dagegen verstoßen und die Verträge werden für null und nichtig erklärt. Abreden auf Klimakonferenzen sind da eher die Ausnahme als die Regel. Sie halten lediglich minimale Absichtserklärungen fest, nach denen zu streben ist, deren Nichterfüllung aber keine Konsequenzen nach sich zieht.

     

  147. Vielleicht kurz über Ideologie und Gewalt in der Außenpolitik,  fällt mir anlässlich der momentanen Pressekonferenzen zum G7-Gipfel ein. Die Ideologien von Gemeinschaftlichkeit der Staatenwelt sind einerseits unverbindlich hinausposauntes Zeugs. Andererseits fällt auf, wie ehemals z.B.bei Trump, wenn jemand dabei ausschert. Trump hat nämlich festgehalten, dass es Gewalt braucht, damit aus diesen Gemeinschaftsbekundungen imperialistische nationale Politik wird. Je mehr Gewalt vorhanden, desto weniger unverbindlich ist dann so ein Beschluss zur Gemeinsamkeit- Extremes Beispiel ist eine Kapitulationserklärung eines Staates, da verpflichtet sich der abweichende und deswegen zerstörte Staatswille, sich trotzdem an das Aufgeherrschte halten zu sollen.

    Solche Gewalt 'ersetzt'  im vorliegenden Fall der Klimapolitik auch ein EU-Kredit: Staaten kriegen Kredite zugebilligt, die sie für Projekte im Bereich der Grünen Technologien bzw. der Digitalisierung verwenden sollen. Das müssen sie in Form von Projekten beantragen, und die EU-Kommission muss dazu dann nochzustimmen. (Letztens waren Anträge aus Polen und Ungarn immer noch nicht von der EU-Kommission abgesegnet.) [Also von wegen – nicht mal innerhalb der EU selbst gibt es einen tragfähigen gemeinsamen Willen betr. Klimapolitik! Und das sogar, wenn die Staaten dafür Kredite zugebilligt kriegen! ] Also auch darin steckt der (finanzielle…) Gewalt-Vorbehalt, dass souveräne Staaten sich eben an solche Gemeinschaftsbeschlüsse nur halten, wenn und so weit es ihren eigenen nationalen Ambitionen nützt.

    Einmal im Herbst müssen die Staaten bei einer jährlichen Klimakonferenz offen legen, wie es mit den Klimazielen und deren Umsetzung bei ihnen im Detail im vergangenen Jahr bestellt war.. Da werden dann diverse Gründe erzählt, warum man als Staat auch dieses Jahr wieder enorm hinter den Klimazielen zurückgeblieben sei. Und das war es dann auch schon mit der Verbindlichkeit ….

    Europäischer Kredit für Grüne Technologien plus der Kredit auf diesen Kredit plus darauf dann schon wieder spekulativen Kredit – haben übrigens von dem Hype um Klimapolitik, Nachhaltigkeit etc. profitiert. Ob Europa damit technologisch wirklich konkurrenzlos Spitze bei diesen Technologien wird, ist damit noch nicht ganz heraus…. (Schließlich wollen die anderen Weltblöcke unter dem Label ‘Klima’ und ‘Grüntechnologie’ auch ihr eigenes nationales Wachstum dagegen befördern.)

    Spitzenreiter ansonsten: Wetterunbilden und Wetterkatastrophen allenthalben, Nordeuropa geht damit anders um als Südeuropa oder Afrika, ist ja auch anders betroffen.

    Spitzenreiter zwei: die öffentliche Moral. Noch das hinterletzte Arschloch-Interesse verkauft sich besser mit dem Label ‘nachhaltig’ und ‘klimafreundlich’

  148. @Kehrer

    jetzt um so schneller Energiesouveränität hergestellt werden muss. Es stimmt also nicht, dass sich Debatten über alternative Energie erübrigen.

    Das habe ich ja auch nicht behauptet. Nur ob sie klimafreundlich sind, ist zweitrangig. Hauptsache, sie sind da.

    Die Klimafreundlichkeit bleibt als rein ideologischer Titel erhalten, aber notfalls wird Kohle oder AKWs auch wieder in den Vordergrund treten. Mit den "sauberen" Energieformen läßt sich Öl und Gas nie und nimmer ersetzen.

  149. Nachtrag zu Siemens:

    Geschäftsende
    Der Rückzug von Siemens aus Russland

    Bereits im März hat Siemens sämtliche Neugeschäfte mit Russland stillgelegt. Manches wurde noch weitergeführt – doch damit ist seit heute Schluss. Wie ein Land, das nur ein Prozent des Umsatzes ausmachte, den Konzern nun hunderte Millionen Euro kostet. (…)

    Doch Siemens ist ein großer Konzern – welche Bereiche sind von dem Rückzug betroffen? Anscheinend sind durch die Sanktionen gegen Russland Belastungen entstanden, die auf rund 600 Millionen Euro beziffert werden. Sie sind besonders im Bahnservice und in der Instandhaltung entstanden. Dass noch schärfere Sanktionen drohen, ist ebenfalls schädlich für das Geschäft.

    Die Sparte Siemens Mobility produziert seit 160 Jahren Transportlösungen und ist unter anderem mit einem Standort in Wien vertreten. Die Sanktionen hätten zuletzt sogar Schmierstoffe betroffen, so wäre eine Aufrechterhaltung der Service-Tätigkeiten nicht mehr möglich, erklärte Bosch laut Medienberichten. (…)

    https://industriemagazin.at/news/der-rueckzug-von-siemens-aus-russland/

    Wie das 1% Umsatz und die großen Kosten des Rückzugs zusammenhängen, erschließt sich mir aus dem Artikel nicht.
    Das ist ein Hinweis darauf, daß die Zahlen, die über die Tätigkeit von Konzernen veröffentlicht werden, schon seit geraumer Zeit unverläßlich, weil für die Öffentlichkeit gefiltert sind.

  150. Die Moskauer Börse plant, weitere fremdländische Währungen als Handelswährungen zuzulassen. Bisher kann dort gehandelt werden mit:

    US-Dollar
    Hongkong-Dollar
    Euro
    Britisches Pfund
    Yen
    Yuan
    Schweizer Franken

    Kasachische Tenge
    Weißrussischer Rubel
    Türkische Lira

    Jetzt wird geplant, folgende Währungen hinzuzufügen:

    Usbekischer Sum
    Armenischer Dram
    Arabischer Dirham (Währung der VAE)

    Das ist natürlich auch eine Kundgabe, mit welchen Staaten Rußland weiter rege Handelsbeziehungen zu pflegen hofft.

    (KP, 14.5.)

  151. @nestor:"Die Klimafreundlichkeit bleibt als rein ideologischer Titel erhalten, aber notfalls wird Kohle oder AKWs auch wieder in den Vordergrund treten."

    Ja, aber du sagst es ja selbst. "notfalls" also im Notfall. Im Regelfall werden einige Staaten weiter versuchen sich von fossilen Rohstoffen unabhängiger zu machen.

    @leser: Stefan Kaufmann bringt das meines Erachtens nicht scharf genug auf den Punkt. Vor allem hier:

    "In inter­na­tio­na­len Ver­trä­gen wird daher ver­sucht, die­se Mehr­kos­ten so zu ver­tei­len, dass die eige­ne Wirt­schaft kei­nen Scha­den davon­trägt."

    Verteilen? Wie soll man sich das vorstellen. Es ist so, wie bei der Sozialgesetzgebung, wo sich der Staat ja ebenfalls als ideeller Gesamtkapitalist betätigt. Hier geht es darum, dass der Staat auf seinem Territorium gleiche Bedingungen fürs Konkurrieren herstellt. Deshalb braucht es den Staat, der den Kapitalisten die gleichen Bedingungen aufzwingt. Nach innen kann er das einfach beschließen, nach außen aber nicht, weil er da nichts zu sagen hat. Und hier haben wir einen ganz anderen Übergang, als einfach zu sagen Energiesouveränität ist ein imperialistisches Projekt. An dieser Stelle gibt es nämlich eine N o t w e  n d i g k e i t sich mit anderen Souveränen ins Benehmen zu setzen. Wenn ein Staat von sich aus auf grüne Technologien setzt, dann hat er da zwar einen Vorsprung gegenüber anderen. Der nützt ihm aber überhaupt nichts, wenn die anderen nicht dasselbe machen. Im Gegenteil, dann verteuert er seine Waren gegenüber allen Standorten die diese Kosten nicht haben und seine Waren bleiben liegen. Daher das Interesse einiger Staaten (z.B. BRD) die Bedingung, die sie dem einheimischen Kapital setzen zu verallgemeinern. Daran entscheidet sich zum großen Teil der Erfolg seines Kapitals. Umgekehrt gibt es auch jede Menge Staaten, die das nicht wollen, weil sie z.B. Rohstoffe haben oder weil sie nicht das Kapital haben die Wirtschaft grün umzugestalten.

    "Also von wegen – nicht mal innerhalb der EU selbst gibt es einen tragfähigen gemeinsamen Willen betr. Klimapolitik!"

    Das sollte mit obigen Bemerkungen geklärt sein. Es ist gar nicht so, dass es daran scheitert, dass die Staaten die Notwendigkeit nicht einsehen der klimamäßigen Ruinierung der Natur entgegenzusteuern. Die merken bloß, dass das Kosten verursacht, die der Wettbewerbsfähigkeit ihres Standorts schadet und je nach dem wie ihre Berechnungen aussehen, gehen sie in internationalen Klimakonferenzen voran oder bremsen.

    "Spitzenreiter zwei: die öffentliche Moral. Noch das hinterletzte Arschloch-Interesse verkauft sich besser mit dem Label ‘nachhaltig’ und ‘klimafreundlich’" Ja schrecklich. Ich kanns nicht mehr hören.

  152. "… eine N o t w e  n d i g k e i t sich mit anderen Souveränen ins Benehmen zu setzen. Wenn ein Staat von sich aus auf grüne Technologien setzt, dann hat er da zwar einen Vorsprung gegenüber anderen. Der nützt ihm aber überhaupt nichts, wenn die anderen nicht dasselbe machen. Im Gegenteil, dann verteuert er seine Waren gegenüber allen Standorten die diese Kosten nicht haben und seine Waren bleiben liegen. Daher das Interesse einiger Staaten (z.B. BRD) die Bedingung, die sie dem einheimischen Kapital setzen zu verallgemeinern. Daran entscheidet sich zum großen Teil der Erfolg seines Kapitals. Umgekehrt gibt es auch jede Menge Staaten, die das nicht wollen, weil sie z.B. Rohstoffe haben oder weil sie nicht das Kapital haben die Wirtschaft grün umzugestalten." (Kehrer)

    Sich mit anderen Staaten ins Benehmen setzen – das soll weniger schwammig sein? Das Projekt erfordert, dass die klimaschädlichere Produktion ihren Vorteil, nämlich dass sie für etliche Staaten (z.B. die mit eigenen fossilen Brennstoff gut ausgestatteten)  billiger ist,  hergeben muss. "Ins Benehmen setzen" heißt also, dass entweder diese grünen Technologien deswegen unwidersprechlich die Referenztechnologien sind, weil sie von A bis Z technologisch als einzige funktionieren – und da das zumindestens jetzt erst einmal nicht so sein wird, wird es alternativ ein System zur Verteuerung der auf fossilen Brennstoffen basierenden Produktion geben müssen. Falls die Staaten das mit dem Klima ernst nähmen. Darüber wird zwar geschwafelt. Von solchen Importzöllen für Produkte klimaschädlicher Produktion sehe ich aber außer Gelabere darüber rein gar nichts.  Stattdessen gibt es einen Verschmutzungsrechte-Handel, mit dem innerhalb der EU (und darüber hinaus?) sich Staaten und Produzenten freikaufen können, indem sie Verschmutzungsrechte von Grüntech-Produzenten (beim Auto sogar von Konsumenten) aufkaufen. Und darauf kann man dann sogar noch spekulieren, was den Börsenheinis ein neues Gewinn- und Verlustfeld eröffnet. Denn im Kapitalismus muss mit jedem Umwelt-Dreck ein neues Geschäft ermöglicht werden. Anstatt den Dreck abzuschaffen.

  153. So – oder s o – steht China im Mittelpunkt diversester Geschäftskalkulationen …

    https://www.heise.de/tp/features/Warum-die-deutsche-Energiewende-wohl-nur-mit-China-gelingen-kann-7092172.html?seite=all

    Probleme – nicht mit den neuen, sondern den alten Energiequellen:

    https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8920

    Weiß wer, was aus dieser weltweiten europäischen Steuer eigentlich geworden ist:

    https://www.dw.com/de/co2-steuer-eu-importe-klimaschutz-europa/a-59918233

    EU-intern soll der Handel mit Verschmutzungsrechten mal wieder modernisiert werden:

    https://www.euractiv.de/section/energie-und-umwelt/special_report/reform-des-co2-marktes-und-preisstabilitaet/

    Aktuell schaut die Perspektive eines Europa unter deutscher Führung nämlich eher wenig “alternativ” aus ….

    https://www.heise.de/tp/features/Wertegemeinschaft-Europa-Feindbilder-statt-Vorbild-6329940.html?seite=all

  154. "Sich mit anderen Staaten ins Benehmen setzen – das soll weniger schwammig sein?"

    Das war genau so abstrakt gemeint. Ich hätte auch schreiben können ins Verhältnis setzen, was genau so abstrakt ist. Es geht an dieser Stelle darum den Unterschied klar zu machen, was der bürgerliche Staat nach innen tut und was er nach außen tut. Nach innen muss er sich nämlich n i c h t ins Benehmen mit anderen Gewaltsubjekten setzen – nach außen schon. Deshalb steht das so abstrakt da. Und genau das ist der wichtige Übergang aus dem sein Imperialismus folgt, also die Erpresserei und Schacherei mit anderen Staaten. Da werden überhaupt keine Mehrkosten "verteilt". In dem Sinn, dass die anderen deutsche Windräder zahlen sollen – zum Teil. Es werden vielmehr anderen Staaten Mehrkosten aufgebürdet. Und das ist doch was anderes als Kostenverteilung. Kaufmann hätte seine Kostenverteilung auch noch ausführen können. Hat er aber nicht und dadurch hängt das Argument ein wenig in der Luft. Das macht den Unterschied, ob man einen Zusammenhang versteht oder nicht.

    "und da das zumindestens jetzt erst einmal nicht so sein wird, wird es alternativ ein System zur Verteuerung der auf fossilen Brennstoffen basierenden Produktion geben müssen."

    Naja, ja. Erstmal sind die alternativen regenerativen Energien schon teurer als die auf Verbrennung fossiler Rohstoffe basierenden. Das ist der Antrieb diese möglichst zur Norm zu machen bei allen, weil sonst hat die grün umgebaute Ökonomie Konkurrenznachteile. Also gilt es diese Technologien verpflichtend zu machen und das kann man bewerkstelligen, indem man die alten Technologien künstlich verteuert, damit alle "freiwillig" wegen der Kosten auf grün umsteigen. Das ist die CO2 Bepreisung.

    "Stattdessen gibt es einen Verschmutzungsrechte-Handel"

    Wieso stattdessen? Das ist doch die Verteuerung der auf fossilen Brennstoffen basierenden Produktion. Und die wird eben kapitalistisch organisiert.

    "Und darauf kann man dann sogar noch spekulieren, was den Börsenheinis ein neues Gewinn- und Verlustfeld eröffnet. Denn im Kapitalismus muss mit jedem Umwelt-Dreck ein neues Geschäft ermöglicht werden. Anstatt den Dreck abzuschaffen."

    Genau.

  155. "Sowohl Qatar als auch US-Frackingkonzerne bestehen auf langfristigen Abnahmegarantien über rund zwei Jahrzehnte. Lässt Berlin sich darauf ein, wird die Bundesrepublik wohl nicht, wie geplant, bis 2045 klimaneutral. Zudem sind ausreichende Mengen an Flüssiggas – wenn überhaupt – frühestens erst in einigen Jahren verfügbar."

    Das an alle, die Nord Stream 2 im Nachhinein für einen so gewaltigen Fehler hielten. Jetzt sehen sie was passiert, wenn man auf bestimmte Lieferanten angewiesen ist, weil man den alten nicht mehr will. Ich weiß auch noch, dass die Energieversorger keine langfristigen Lieferverträge mit Russland schließen wollten, weil sie dachten sich auf den Spotmärkten billiger mit Energiekontingenten eindecken zu können. Und das waren keine Verträge über 20 Jahre.

    – Deutschland würde gerne verflüssigtes Erdgas aus Katar kaufen, um die Abhängigkeit von Russland zu mindern. Aber man streitet über Preise, Vertragslaufzeiten und Lieferbedingungen. Dabei zeigt sich die katarische Seite erheblich unflexibler als Russland (bisher).

    Ich weiß auch noch wie die Gegner von Nord Stream 2 immer betont haben, die Pipeline sei sehr wohl ein politisches Projekt. Energieversorgung ist immer auch politisch. Das heißt aber, dass auch amerikanisches und arabisches Gas politisch ist. Der Unterschied ist bloß, dass die einen die Guten sind und die anderen nicht.

  156. nur kurz zur Souveränität:

    Der Verschmutzungsrechte-Handel gilt innerhalb der EU, das ist quasi darin schon ein gesamteuropäischer Akt. Quasi mit einem neuen europäischen Souverän: der EU-Kommission (bzw. dem Europäischen Rat der nationalen Häuptlinge…). Das ist so also schon nicht mehr ein nur nationaler Akt. Aber bekanntlich sollen  ja u.a. chinesische  billigere Stahlimporte auf dem gesamten europäischen Markt (als ‘verschmutzte’) verteuert werden. Dass China sich das wird bieten lassen, und ob die EU-Kommission das überhaupt wird unbedingt durchsetzen wollen,  – das steht in den Sternen. (Bzw. ‘es wird geprüft’…)

    —–

    “… könn­te die fata­le Lage ent­ste­hen, dass Ber­lin über­teu­er­tes LNG-Gas aus den USA bezieht und gleich­zei­tig an Russ­land Über­wei­sun­gen für Nichts zu ent­rich­ten hat. Die ver­trag­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen zu igno­rie­ren, käme aber auch nicht in Fra­ge. Schließ­lich war es Ber­lin selbst, das Mos­kau nach des­sen For­de­rung, dass Gas-Lie­fe­run­gen nur noch in Rubel zu bezah­len sei­en, auf die Ein­hal­tung bestehen­der Ver­trä­ge hin­wies. Eine Ana­ly­se der »Aka­de­mie Berg­stra­ße für Ressourcen‑, Demo­kra­tie- und Frie­dens­for­schung« wies schon vor Wochen dar­auf hin, dass Deutsch­land auch im Fal­le eines Gas-Import­stopps an Gaz­prom zah­len müsse.
    In der Stu­die heißt es: »Es geht über­wie­gend um lang­fris­ti­ge Ver­trä­ge mit Lauf­zei­ten von 10 bis 25 Jah­ren mit fest­ge­leg­ten Men­gen und Prei­sen. Mehr noch: Es han­delt sich um so genann­te Take-or-Pay-Ver­trä­ge, bei denen die deut­schen Impor­teu­re eine unbe­ding­te Ver­pflich­tung zur Zah­lung über­nom­men haben, unab­hän­gig davon, ob man das Erd­gas tat­säch­lich impor­tiert oder nicht. Man muss also die für etli­che Jah­re vor­be­stell­te Abnah­me­men­ge bezah­len, ob das Gas am Ende fließt oder nicht.«
    Ver­kom­pli­ziert wird die Aus­gangs­la­ge dadurch, dass Wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grü­ne) außer Lip­pen­be­kennt­nis­sen [über angebliche alternative Lieferungen von sonstwoher] nichts wirk­lich zu bie­ten hat.”

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163796.gas-lieferungen-das-scheitern-eines-strategischen-entwurfs.html

  157. Ja, stimmt. Die EU stellt so gleiche Bedingungen für alle europäischen Kapitale her. Durchsetzen tun das dann die europäischen Staatsgewalten auf ihrem jeweiligen Territorium. 

    Die EU könnte auch eine Verordnung erlassen, die dann gilt und gesamteuropäisch vorschreibt wieviel CO2 abgegeben werden darf und welche neuen Technologien angewendet werden müssen. Stattdessen überlässt sie das dem Markt und macht einen Verschmutzungsrechtehandel, sodass sich jeder zwischen Kosten fürs CO2 oder Investition zur Vermeidung von CO2 entscheiden kann. Die Klimarettung wird zu einer Frage der Kostenkalkulation. Das geht natürlich nicht immer günstig für's Klima aus. So müssen sich die Nationen auch nicht mehr inhaltlich über die Einführung irgendwelcher Technologien streiten, sondern nur noch um den CO2 Preis.

  158. @Kehrer

    Erstmal sind die alternativen regenerativen Energien schon teurer als die auf Verbrennung fossiler Rohstoffe basierenden.

    Noch.
    Die diversen Quellen, die vor allem Leser anführt, weisen darauf hin, daß das bald aufhören könnte — und nicht deshalb, weil die erneuerbaren Energien billiger würden.

  159. Na klar, wenn man die kohlenstoffbasierten Rohstoffe teurer m a c h t, sind sie teurer. Irgendwo tautologo oder? Wenn man sie aber teurer machen muss, waren sie vorher billiger. Das ist sozusagen ne umgekehrte Subvention. Statt die erneuerbaren zu verbilligen, macht man die fossilen teurer.

  160. Von Facebook rübergespiegelt (ohne die Karikatur, die den Streit ausgelöst hat, wird aber in den Kommentaren hinreichend beschrieben):

    Neo:
    Es ist nun mal so, daß ein Krieg gegen einen anderen halbwegs potenten Staat nicht umsonst zu haben ist. Und wenn die Menschen eines Staates diesen Krieg, bzw. den Sieg des eigenen Staates für anstrebenswert halten, dann ist es regelmäßig ein Leichtes, ihnen die dafür nötigen Opfer abzuverlangen. Es nützt also nichts, wenn man Patrioten von ihrem Patriotismus wegbekommen will, ihnen vorzubuchstabieren, was sie das alles kosten wird.

    Amelie:
    Ich weiß nicht, ob die Politik diverser EU-Staaten mit "Patriotismus" richtig beschrieben ist.
    Man könnte ja auch sagen, aus Unterwürfigkeit gegenüber der Weltmacht sehr gegen die eigenen Interessen, also unpatriotisch.

    Neo:
    Die Unterwürfigkeit gegenüber der Weltmacht USA ist aber keine dumme Flause von ein paar gekauften Politikern, sondern seit Jahrzehnten, seit dem ende des zweiten Weltkriegs, die Existenzgrundlage der Staaten in Europa. Die konnten überhaupt nur groß werden (wie Deutschland) oder halbwegs groß bleiben (wie Großbritannien und Frankreich und schon merklich weiter hinten Spanien und Italien) in enger Anlehnung an die Interessen der USA. Dieses Grundinteresse, daß weiterhin die USA die Welt beherrschen können müssen, steht über dem Interesse möglichst keine Vasallendienste im Kriegsfall (und davor natürlich auch schon, siehe die ewige Aufrüstungsdebatte in der NATO) leisten zu müssen. Da haben sich die EU-Staaten wohlüberlegt entschieden, eher in eine fette Wirtschaftskrise zu laufen als die Ukraine, so wie sie bisher drauf war, untergehen zu sehen. Der in ihrer Auffassung jetzt möglichen Sieg über Rußland, dessen dadurch weitgehende militärische Zurückstufung und Schwächung ist ihnen wirklich eine Menge wert an eigenem wirtschaftlichem Rückgang, an Schwächung des Euro, an massiver Erhöhung der Staatsschulden. Es geht um viel für solche Patrioten, da sind sie bereit, Gott und die Welt für zu verheizen. (Und von einem Atomkrieg habe ich noch nicht mal geschrieben.)

    Amelie:
     Ich weiß nicht so recht, was ich mit der negativen Bestimmung, etwas sei "nicht", anfangen soll. Noch dazu eine dumme Flause (?)
    Es ist auch nicht nötig, mir zu erklären, wie die Politiker ticken, das ist mir bekannt.
    Ich weiß überhaupt nicht, wie der "Patriotismus" hier in die Debatte kommt — mit dem von Auel geposteten Bild oben hat er doch gar nichts zu tun.

    Neo:
    "Ich weiß überhaupt nicht, wie der "Patriotismus" hier in die Debatte kommt — mit dem von Auel geposteten Bild oben hat er doch gar nichts zu tun."
    Natürlich doch: Es ist eine matte Tour, denjenigen, die den Sieg über Rußland fordern, vorzuhalten, daß das aber ne Menge kostet: Die Exporte sinken, der Euro auch, die Sanktionen werden zum Gasstop führen, "unsere" Stellung in der Welt wird noch schwächer werden, was nur den Amis Vorteile bringt, zudem Rußland eh nicht zu besiegen ist, so groß und stark wie die sind.
    Das sind durchweg nationalistische Erwägungen, wie Deutschland sich einerseits in der EU andererseits die EU gegenüber den USA und Rußland besser positionieren und gewinnen kann. Da kommt dann halt von der einen Sorte von Euro-Nationalisten, daß die Ukrainepolitik "aus Unterwürfigkeit gegenüber der Weltmacht" zustande gekommen wäre, als wenn die EU-Staaten sowas aus eigenen Interessen natürlich nie und nimmer angestellt hätten, die Friedenslämmer, die sie ja bekanntlich alle sind.

    Amelie
    "Es ist eine matte Tour, denjenigen, die den Sieg über Rußland fordern, vorzuhalten, daß das aber ne Menge kostet"
    Das sagt doch das Bild gar nicht.
    Erstens geht es gar nicht um die Forderung des Sieges über Rußland.
    Zweitens wird auch niemandem etwas vorgehalten.
    Das sind alles Interpretationen von euch, die aber in dem Bild selbst nicht enthalten sind.

    Neo:
     "Das sagt doch das Bild gar nicht"
    Dann gehen wir das Bild eben im Einzelnen durch:
    Es gibt da eine Grenze in Europa, die EU-Wirtschaft auf der einen Seite, die keinen Schimmer hat, worum es im aktuellen Konflikt überhaupt gehen könnte (Schon mal mein erster Lacher) und jenseits der ökonomischen, natürlich nur imaginären Grenze (die Ukraine mit ihren Grenzen kommt ganz bewußt nicht vor in dem Bild, der laufende Krieg auch nicht) sitzt ein russischer Bär, der erst recht keinen Schimmer hat, was denn da der Grund für irgendwelche Streitereien sein soll und einen auf unbeteiligt macht (es läuft halt nur eine kleine SMO, da braucht man doch nicht so einen Wind zu machen). Die EU, das politische Wesen Westeuropas, hat derweil schon seinen antirussischen Kriegskurs gefahren ("Stampf, Stampf"), also in dieser Karikatur völlig grundlos. Das freut nun die USA, die am liebsten sehen würden, wenn die EU jetzt noch einen Zacken drauflegen und Selbstmord begehen. Nun ja, nicht sich als politische Union, aber durch die komplette Schlachtung der EU-Wirtschaft, die eh schon durch das bisherige Sanktionsregime um ihre Exportchancen gebracht wurde, nun aber noch massivere Sanktionen gegen Rußland verhängen soll und dabei unweigerlich vor die Hunde gehen würde. Als wenn sich die wirtschaftliche Lage nicht eh schon durch die immer weitergehende Weigerung russische fossile Brennstoffe zu kaufen rapide verschlechtert hätte, denn bisher ist doch die EU mit dem billigen russischen Gas so prima gefahren, wozu also jetzt der Knoten?
    Diese ganze transatlantische Kontroverse findet nun aber überhaupt nur statt, das ganze Sanktionswesen wurde nur verhängt, weil es den Krieg in der Ukraine gibt, den es im Bild ja gar nicht gibt und die NATO, da allen voran die USA, aber eben mittlerweile einhellig alle NATO-Staaten in diesen Krieg intervenieren mit dem klar ausgesprochenen Ziel, das das ganze Maßnahmenpaket, vom Ölembargo bis zu den Panzerhaubitzen dazu dienen möge, Rußland eine empfindliche Niederlage zuzufügen. Also die Grenzen aller möglichen Art schon lange überschritten haben.
    Und gegen diese offizielle NATO-Linie vertritt diese Karikatur den politischen Standpunkt, daß erstens Rußland kein Angreifer ist, sondern sich nur gegen die EU-NATO-USA verteidigt, und es für die EU-Staaten besser wäre, *nicht* beim Kriegskurs, den die USA vorgeben, mitzumachen, sondern sich lieber gut stellen sollten mit Rußland, schon weil die eigenen Wirtschaftserfolge (auch gegen die USA) davon abhängen, daß sich die europäischen Staaten billig und zuverlässig bei Rußland mit allem Möglichen eindecken können, vom Gas, Öl bis hin zu Nichteisenmetallen (Nickel, Palladium und Chrom).
    Das Ganze ist der ernstgemeinte Vorwurf an die Kriegmeute hierzulande, daß sich die europäischen Staaten mit ihrem rabiaten Kriegskurs empfindlich und gefährlich ins eigene Fleisch schneiden. Also eigentlich die Macron und Scholz die wahren Vaterlandsverräter seien und nicht die Putinversteher.

    Amelie:
    "ist der ernstgemeinte Vorwurf an die Kriegmeute hierzulande, daß sich die europäischen Staaten mit ihrem rabiaten Kriegskurs empfindlich und gefährlich ins eigene Fleisch schneiden."
    Stimmt ja auch.
    Ebenso das Bild der USA als diejenigen, die das Feuer schüren.
    Nirgends ist Patriotismus zu entdecken. Darum ging es mir.
    Übrigens auch in dem Vorwurf nicht.
    Es ist schlicht festzustellen, daß die EU mit ihrem Kriegskurs den Bach hinuntergeht.
    Inwiefern sie damit die USA mitzieht, wird sich erst weisen.

    Neo:
    Erstmal zum rein Faktischen: "Es ist schlicht festzustellen, daß die EU mit ihrem Kriegskurs den Bach hinuntergeht."
    Nein, ist es natürlich nicht. Du magst dieser Einschätzung sein, einige andere wie der Karikaturist auch. Aber alle, auf die es in dieser imperialistischen Welt ankommt, von den Regierungschefs bis runter zu den Chefredakteuren sind der Auffassung, daß der rabiate Kriegskurs richtig ist, unterstützt werden "muß" (weil Rußland fertig gemacht werden muß, "ruiniert" erden muß, um mit Baerbock zu reden) und "unsere" Sache den Sieg verspricht (wenn man nur noch ein bißchen massiver nachhilft, dauert natürlich seine Zeit).
    Zweitens: Wenn nun diese Karikatur ganz entschieden fordert, Schluß mit dem Ausverkauf "unserer" Interessen, Europa muß den USA die Stirn bieten (man sagt da immer so schön "auf Augenhöhe", vor allem, wenn die eine Seite viel kleiner ist, weniger mächtig und durchsetzungsfähig als die andere), dann soll das keine nationalistische/patriotische Position sein?

  161. Das Karikatur ist (sehr wahrscheinlich) die Karikatur, um die es sich handelt.

    Ich find die Karikatur schon witzig. Ob die Aussage stimmt steht auf einem anderen Blatt.

    Witzig find ich den Tobsuchtsanfall der EU, die sozusagen  ihr eigenes Porzellan zerschlägt und von Uncle Sam noch ein Messer gereicht bekommt: "Jetzt schlachte den Bullen (die Eu-Ökonomie), das wird ganz sich den Bären treffen." Die Aussage ist, dass sich die EU schadet, das aber den russischen Bären völlig kalt lässt und ihm nicht schadet. Es wird also bestritten, dass die Sanktionen merklichen Einfluss auf Russland haben. Das heißt, wenn die Sanktion dem Bären schaden würden, dann wäre alles Roger und gebongt. Aber weil es ihn nicht trifft, wirkt die Europa leicht hysterisch durchgeknallt, weil sie sich selbst statt dem Bären schadet. Dass man dem Bären schaden muss, wird geteilt, aber halt nicht indem man sich ins eigene Knie schießt.

    Die Karikatur hat nicht die Absicht, jemanden vom Patriotismus wegzubringen. Die nationalistische Gemeinsamkeit besteht darin, dass es ok ist dem Bären zu schaden. Aber nicht so, dass man selbst seine heiligen Kühe schlachtet. Dass die Sanktionen dem Bären durchaus zu schaffen machen, darüber sieht das Bild für seine Botschaft "Die Sanktionen schaden in der Hauptsache uns" hinweg.

  162. Ja, die Version bei Facebook hat nur einen deutschen Text bekommen.

    "Die Aussage ist, dass sich die EU schadet, das aber den russischen Bären völlig kalt lässt und ihm nicht schadet."

    Und das ist falsch. An allen Ecken und Enden schaden die Unmengen von Sanktionsmaßnahmen der Wirtschaft (und dem Militär) Rußlands. Vom Diebstahl der Devisenreserven angefangen bis hin zu Chips, was jetzt z.B. aus dem größten Autokonzern des Landes werden soll, Avtovaz, (und damit aus Tolyatti, der Stadt, die davon gelebt hat)wird man sehen. Baerbocks Ansage, daß Rußland ruiniert werden soll und wird, wenn das erstmal allenthalben greift, sollte man jedenfalls ernst nehmen und nicht als reine Aufschneiderei eines Politclowns.

  163. Ja klar. So sehe ich das auch. Es scheint mir eine interessierte Sichtweise zu sein, die eben etwas dagegen hat, dass erhebliche Teile des Nationalreichtums (ob dabei an die daraus folgende Verarmung der Bevölkerung gedacht ist, weiß ich noch nicht mal) der Ruinierung Russland geopfert werden. Das wird dann so vorgetragen, dass das Ziel Russland zu schaden gar nicht erreicht wird und sich damit blamiert. Europäischer Reichtum vernichtet für nichts und wieder nichts. 

    Natürlich passt es dem europäischen Kapital gar nicht, was gerade passiert. Schließlich ist es "ihr" Reichtum der gerade verbraten wird (auf die Leute ist geschissen, die werden höchstens ideell gewürdigt.) Kein Wunder also, dass solche Karikaturen in den Medien auftauchen. 

  164. Eni eröffnet ein Rubelkonto bei Gazprom. Dabei ist nicht nur erwähnenswert, daß die Firma das tut — in Österreich läuft das ja auch so –, sondern daß sie es auch offiziell bekannt gibt.

    Vorher hat sich ja Draghi als Scharfmacher aufgeführt und versucht, über Algerien das nötige Gas zu beziehen. Das geht wohl nicht. 43% des italienischen  Gases kommen aus Rußland.

    (El País, 19.5.)

    Österreich, Ungarn, Italien wollen also auf keinen Fall auf russisches Gas verzichten.
    Andere Staaten wollen Höchstpreise festsetzen, d.h., das Gas und Öl subventionieren.
    Die Energiefirmen freuen sich.

  165. Schröder, dem Deutschland North Stream I und auch II verdankt, wird sanktioniert: Er erhält keine Altkanzler-Privilegien mehr, darf kein Büro auf Staatskosten unterhalten usw.
    Es trifft ja keinen Armen, also die materielle Seite ist nicht der Witz an der Sache.

    Aber ein Staatsmann, der immerhin mit der Agenda 2010 das Verhältnis von Kapital und Arbeit sehr grundlegend umgestaltet und mit der Teilnahme am Jugoslawienkrieg auch außenpolitisch eine neue Aera eingeleitet hat, wird damit demontiert, sozusagen zu einer persona non grata und zu einem Agenten einer fremden Macht erklärt.

    Was sagt eigentlich die AfD dazu?

  166. Während Ungarn meint, es würde nur einem Embargo gegen russisches Öl zustimmen, wenn es auf Tankertransporte beschränkt würde; während Italien überhaupt keinem Ölembargo zustimmen will, stellen griechische Tanker weiterhin fleißig Öl in europäische Hafen-Ölterminals zu.

    (KP, 20.5.)

  167. Finnland erhält kein Gas mehr von Rußland, weil es nicht zahlt.
    Über die herkömmlichen Kanäle geht es wegen der Embargobestimmungen nicht und ein Rubelkonto bei Gazprom will Finnland nicht eröffnen.
    Gas soll weiter genug da sein, aber die Teuerung geht weiter.

    Das ganze wird in westlichen Medien als Willkürakt Rußlands besprochen, das in seiner abgründigen Bosheit, einfach so, den Gashahn ausschaltet.

    Dazu meint der Kremlsprecher Peskov leicht genervt: Es ist offensichtlich, daß niemand gratis liefert.

    (El País, 21.5.)

  168. Riad lehnt „antirussisches” Vorgehen im Erdölsektor ab
    Saudi-Arabien zieht bei „Erdölkrieg” gegen Russland nicht mit

    Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und des Anstiegs der globalen Energiepreise scheinen die Golfstaaten sich von den USA immer mehr zu distanzieren.

    So lehnen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate die Sanktionen gegen Russland ab und weigern sich, sich an dem „Erdölkrieg” des Westens gegen Moskau zu beteiligen. Vor allem Riad zeigt sich in Bezug auf die US-Aussenpolitik zunehmend unkooperativ, und stärkt damit Moskau, mit dem es unter anderem seine Ölproduktion koordiniert.

    Die Ukraine-Krise und die Wirtschaftsbeschränkungen gegen Russland haben gezeigt, dass globale Schlüsselakteure geopolitisch mehrheitlich unabhängig handeln und dass sie es ablehnen, die Sanktionspolitik des Westens mitzutragen. Und während die europäischen Länder die USA nahezu bedingungslos unterstützen, indem sie fragwürdige Entscheidungen im Rahmen der antirussischen Sanktionen treffen, die sogar ihren eigenen Interessen schaden, zeigen neben China und Indien auch die arabischen Monarchien ein hohes Mass an Pragmatismus. Vor allem Saudi-Arabien distanziert sich immer mehr von Washington und hält weiterhin an der Zusammenarbeit mit Russland fest. (…)

    https://www.untergrund-blättle.ch/wirtschaft/saudi-arabien-zieht-bei-erdoelkrieg-gegen-russland-nicht-mit-7063.html

    Man muß angesichts der vielen Gründe, die der Autor zur Verstimmung zwischen Saudi-Arabien und den USA anführt, auch bemerken, daß eine Steigerung der Erdölproduktion extrem gegen das Interesse der erdölfördernden Staaten verstößt.

    Sie haben ja nichts anderes zu verkaufen als eben dieeses Öl, und je mehr sie davon fördern, um so eher wird es gar. Also ist es sozusagen Staatsräson dort, bei hohen Preisen den Hahn etwas herunterzudrehen, damit er länger sprudelt.
    Bei der derzeitigen Situation ist es dazu noch so, daß genug Öl da wäre. Es liegt also nicht wie bei anderen Ölkrisen ein Mißverhältnis von Angebot — zu wenig — und Nachfrage — zu viel — vor.

    Es handelt sich ausschließlich um den politischen Willen der USA und ihrer Vasallen, gewisse Erzeuger-Staaten unte Embargo zu setzen. (Jetzt schauen alle nach Rußland, aber man vergesse Venezuela und den Iran nicht, die seit geraumer Zeit mit den Embargo-Bestimmungen leben müssen, die ihnen auch Investitionen in die Ölförderung erschweren und verteuern.)

    Es könnte sogar der Auftakt dafür sein, daß die Saudis ein sinkendes Schiff verlassen und ihre Allianz mit den USA neu interpretieren.

  169. Die russische Nationalbank überlegt, den Leitzins von derzeit 20% zu senken. Angestrebt wird für heuer ein Leitzins zwischen 12 und 14%. (KP, 25.5.)

    Der hohe Leitzins soll offenbar Kapitalflucht verhindern und Investitionen in Rubel-Anleihen attraktiv machen. Gleichzeitig würgt er das private Kreditgeschäft ab. Möglicherweise ist dieser Effekt auch gewollt …

  170. „Die EU einigt sich auf ein Teilembargo für russisches Erdöl“ titelt freudestrahlend El País und gibt schon in der Überschrift kund, daß es mit der Einigung nicht so leicht war.
    Das Embargo betrifft lediglich mit Tankern angeliefertes Erdöl. Das über Pipelines bezogene Erdöl ist davon ausgenommen. Das war die Bedingung Ungarns, um dem Embargo zuzustimmen. Die ungarische Regierung hatte da sicher Verbündete oder zumindest stille Bewunderer.

    Das über Tanker angelieferte Öl hingegen läßt sich kaum kontrollieren, da ist sehr viel Manöver für Manipulationen gegeben. Österreich bezieht z.B. kasachisches Öl über Tanker, angeliefert über Triest. Aber um in die Tanker zu gelangen, muß es erst durch russische Pipelines in ein russisches Schwarzmeer-Terminal, um dort in den Tanker eingefüllt zu werden.

    Im Baltikum gibt es bereits Vorkehrungen von Ölfirmen, die russisches Öl auf hoher See umfüllen und dann anders deklariert wieder an Land bringen.

    Nachtrag: Es stellt sich heraus, daß das Embargo auch für das Tanker-Öl nicht sofort gültig wird, sondern nur stufenweise, nach Teilstaaten gestaffelt, mit x Ausnahmen und Fristen 😀 😉

  171. Rußland hat voriges Jahr Öl im Wert von 88 Milliarden Euro in die EU exportiert. Daraus schließt El País, daß das Öl-Embargo Rußland bis zu 80 Milliarden an Einnahmen „kosten könnte“. In der Möglichkeitsform, wohlbemerkt.

    Rein rechnerisch ist das Unsinn. Weil wenn man von einem gleichmäßigen Verbrauch pro Monat ausgeht, so handelt es sich um 7,33 Milliarden pro Monat, also bleiben für das heurige Jahr 7 Monate, das macht also noch 51, 33 Milliarden in diesem Jahr. Wenn man für die Wintermonate einen höheren Verbrauch annimmt, so noch etwas weniger.
    Dazu kommt noch, daß das Embargo sich nur auf die 2/3 des Öls bezieht, das über Tanker importiert wird. Das Drittel, das über Pipelines importiert wird, ist davon ausgenommen. Das heißt, von den 51,33 errechneten Milliarden bleiben nur 34,22 übrig.

    Weiters ist der Ölpreis seit vorigem Jahr ständig gestiegen, sodaß bei geringerem Verkauf von Öl dennoch vergleichbare Summen in die russischen Kassen fließen können.

    Das aber unter der Bedingung, daß Rußland keine anderen Käufer für sein Öl findet. Da es sich um per Tanker verschifftes Öl handelt, ist das um so einfacher, vor allem, da Rosneft eine staatliche Firma ist, also die Preise von staatlicher Seite festgesetzt werden können. Damit kann es auch unter dem Weltmarktpreis verkaufen und muß sich mit keinen privaten Energiefirmen ins Benehmen setzen.
    Deswegen versuchen die westlichen Staaten jetzt, über die internationale Tankerflotte und die Versicherungen ihr Embargo durchzuziehen.

    Die zweite Frage ist: Was macht die EU selbst unter diesen Bedingungen? Wie ersetzt sie das Öl, das sie von Rußland nicht mehr importieren will?

    Die EU ist der zweitgrößte Erdölimporteur der Welt. Sie kauft 9,3 Millionen Faß Rohöl und 5,6 Millionen Faß raffinierter Ölprodukte täglich.
    Das macht, umgerechnet auf ein Jahr, 3,3945 Milliarden Faß Rohöl und etwas mehr als 2 Milliarden Faß Raffinerieprodukte.
    Davon kam bisher 30% des ersteren und 15% des zweiteren aus Rußland.
    Das heißt, die EU muß in Zukunft jährlich über einer Milliarde Faß Rohöl und 306 Millionen Faß Raffinerieprodukte pro Jahr von anderen Ölexporteuren beziehen. Da wir bereits im Monat Juni sind, bedeutet das für heuer immerhin noch fast 600 Millionen Faß Rohöl und 178 Millionen Faß Raffinerieprodukte, die von woanders aufgestellt werden müssen.

    Weiters ist Öl nicht gleich Öl. Es geht nicht nur um reine Quantitäten.
    Ungarn hat bei seiner Weigerung, sich dem Embargo anzuschließen, darauf hingewiesen, daß seine Raffinerien auf das russische Rohöl angelegt sind und die Aufnahme von anderem Öl kostspielige Umbauten erfodern würde, die entweder die EU Ungarn bezahlen müßte, ebenso wie Produktionsausfälle während der Umbauten. Da die Rest-EU dazu nicht bereit war, haben die Ungarn die Pipeline-Ausnahme zugestanden bekommen.
    Das gleiche gilt aber für andere Raffinerien Osteuropas, die seinerzeit als RGW-Mitglieder an das sowjetische Pipeline-Netz angeschlossen wurden, so auch die deutsche Raffinerie von Schwedt. Alle diese Raffinerien können nicht so einfach über Tanklaster mit, sagen wir, saudischem oder katarischem Öl versorgt werden. Die müßten genauso umgebaut werden wie die ungarischen.

    Daraus folgt, daß sich mit diesem Embargo eine weitere Spaltung der EU abzeichnet: Die westeuropäischen, die bereits auf anderes Öl eingestellt sind, und die osteuropäischen inklusive mancher deutscher (das Erbe der DDR!), die gar nicht so einfach auf anderes Rohöl umsteigen können. Sie müßten, wollen sie ihren bisherigen Verbrauch wie bisher aufrechterhalten, mehr Raffinerieprodukte auf dem Weltmarkt einkaufen, was die Energiepreise weiter erhöhen wird und was möglicherweise gar nicht geht, weil die Welt nicht so viel Raffinerieprodukte bereit hält.

    Es gibt also für diese Staaten nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie fahren ihre Produktion zurück oder sie versuchen das Embargo zu unterlaufen.

    Dazu ist zu bemerken, daß ja auch für sie das Ölembargo nur für Tanker-Öl gilt, nicht für Pipeline-Öl. Das heißt, sie könnten als dritte Variante ihre Ölimporte via Pipeline aus Rußland in die Höhe fahren, um das Tanker-Öl zu ersetzen. Wodurch das ganze Embargo eigentlich ad absurdum geführt wird, – oder aber, sich zu einem weiteren Hebel der Konkurrenz innerhalb der EU entwickeln kann.

    Schließlich wird auch noch erwähnt, sozusagen im Vorübergehen, daß das ganze Embargo erst ab 2023 gelten soll. Damit ist einerseits kundgetan, daß die EU den Konflikt auf keinen Fall in diesem Jahr beilegen will (womit hingegen russische Militärs und Beobachter rechnen), sondern ihn weiter fortführen will.
    Auf der anderen Seite hat sie sich damit auch die Tür offen gehalten, es sich anders zu überlegen, falls sich doch eine andere Weltlage ergibt.

    (Alle Zahlen und Infos aus EL País, 1.6.: Der 6. Schlag der EU erreicht das finanzielle Herz des Kremls)

  172. Janet Yellen targets Russian oil in EU talks with price cap and tariff proposals

    US Treasury secretary Janet Yellen is stepping up talks with EU and G7 allies on a potential price cap or tariff on Russian oil, as Brussels struggles to reach a consensus among its member states on a full import ban.

    Yellen raised the Biden administration’s ideas during a visit to the European bloc’s leaders this week and was expected to present them at a gathering of G7 finance ministers and central bank governors in Germany that starts on Wednesday.

    “We discussed a wide range of options. We’re not trying to tell them what’s in their best interest, but [ . . . ] we discussed some of the things that are under consideration,” Yellen told reporters who were travelling with her in Belgium. A US Treasury official said Washington was proposing a price “mechanism” — such as a tariff or price cap — that would be applied to Russian oil and serve as a bridge to the moment the EU might impose a full embargo.

    “They are talking about the next year as a timeframe [for an embargo], and in the meantime it might be possible to combine a phaseout with a price mechanism,” Yellen said.

    (…)

    https://www.ft.com/content/15b6b14d-89e2-45b0-a79f-b8358cb45f52

    Eine ziemliche Schnapsidee, die das absurde Ziel vor Augen hat, allen Staaten der Welt ihre Ölkäufe vorschreiben zu können.
    Dergleichen geht offenbar nur mit der EU und wird von den USA deshalb dort mit Nachdruck verfolgt.

  173. Die Grünen in Deutschland sind offenbar in einen Wettbewerb mit Polen und GB eingetreten, was das Buhlen um die Gunst der USA angeht.

  174. Die Abwärtsbewegung des Yen scheint kein Ende zu haben. Nach einer Woche der fortgesetzten Leitzinssenkungen, wie sie seit 2 Jahrzehnten nicht mehr vorgekommen waren, sank er gestern auf 135,19 Yen pro Dollar, der niedrigste Stand seit 24 Jahren. Damals war die große Asien-Krise am Ende der 90-er Jahre.

    (El País, 14.6.)

    Während also die EZB die Leitzinsen minimal anhebt und schon alle vor soviel Wagemut zittern, senkt die japanische NB die Zinsen. Und zwar noch mehr ins Minus, da sie ja schon seit 6 Jahren Negativzinsen verlangt, laut dieser Website:
    https://www.finanzen.net/zinsen/leitzins/japan

    Damit ist natürlich eine Konkurrenz des internationalen Finankapitals angeregt, die aus dem Yen in andere Währungen geht, dadurch sinkt der Yen gegenüber dem Dollar, was für Japans Wirtschaft die Kosten für Importe wie die Energieträger noch einmal erhöht …

    Dazu noch einige Angaben:

    Importabhängigkeit bleibt hoch

    Die Erzeugung von Gas aus inländischen Onshore- und Offshore-Feldern lag im Fiskaljahr 2019 bei circa 1,7 Millionen Tonnen. Gleichzeitig führte der Archipel 76,5 Millionen Tonnen Flüssiggas und 173 Millionen Kiloliter Öl ein. Die Importanteile gibt die japanische Energieagentur Agency for Natural Resources and Energy mit 97,6 Prozent für Gas und 99,7 Prozent für Rohöl an.

    Bei Kohle sieht es nicht anders aus. Der Archipel verfügt inzwischen kaum mehr über eigene Vorkommen. Während der Einsatz von Rohöl bei der Energieerzeugung stark verringert wurde, bleiben Gas und Kohle in den nächsten Jahren nach wie vor die wichtigsten Energieträger. Japan erzeugt insgesamt etwa zwei Drittel seiner Elektrizität auf Basis von Gas und Kohle.
    Japan verfügt über große Ölreserven

    Um auf Krisen reagieren zu können, hat Japan nach dem Ölembargo der 1970er Jahre eine Ölreserve aufgebaut, die laut dem Gesetz Oil Stockpiling Act 1975 aus staatlichen und privaten Beständen besteht. Gegenwärtig können diese Reserven den inländischen Bedarf für 240 Tage abdecken. Die staatlichen Reserven reichen hierbei für 145 Tage.

    Für Flüssiggas gibt es in Japan hierzu keine Entsprechung. Es wird nicht langfristig gelagert. Die Handelshäuser und Energieversorger halten Lagerkapazitäten vor, die einen Bedarf von etwa zwei bis drei Wochen abdecken. Bei Kohle für den Einsatz in Thermalkraftwerken belief sich der Vorrat laut Wirtschaftsministerium Ende September 2021 auf 7,8 Millionen Tonnen.“
    https://www.gtai.de/de/trade/japan/branchen/sichere-energieversorgung-hat-hohen-stellenwert-797188

  175. Eins kann man schon sagen: Gas wird teurer.
    Ob die Kapazitäten für Flüssiggas reichen, ist auch fraglich.

    Gasversorgung
    Gas aus Spanien: Die Lösung für Alles?

    Europa versucht vom Gas aus Russland wegzukommen. Alternativen sind meist deutlich teurer, von logistischen Problemen gar nicht zu sprechen. Nun rückt Spanien als möglicher Lieferant in den Fokus. Denn das Land hat etwas sehr wichtiges: LNG-Terminals.

    Laut dem Brüsseler RepowerEU-Plan könnte die Gaspipeline von Barcelona durch das Mittelmeer ins norditalienische Livorno führen. Die EU-Kommission kalkuliert, die 700 Kilometer lange Gasleitung, die zwischen 2,5 und 3 Milliarden Euro kosten dürfte, in ein bis zwei Jahren fertigstellen zu können.

    Der italienische Gaskonzern Snam hat bereits mit der spanischen Enagas vereinbart, den Bau einer Offshore-Pipeline zwischen den beiden Ländern zu prüfen, da sich Europa bemüht, seinen Energieversorgungsmix auf diesem Weg zu diversifizieren und sich vom russischen Gas zu lösen. Die Pipeline hätte, wenn sie genehmigt wird, eine Kapazität von bis zu 30 Mrd. Kubikmetern pro Jahr.

    Gleichzeitig wird über den Weiterbau der MidCat-Pipeline durch das Pyrenäen-Gebirge nachgedacht, um Gas von Spanien nach Südfrankreich transportieren zu können. Eigentlich sollte die 200 Kilometer lange Gasverbindung zwischen Nordspanien und Südfrankreich schon vor Jahren fertiggestellt werden. Doch 2018 wurde der Bau gestoppt, weil in Madrid, Paris sowie in Brüssel Zweifel an der Wirtschaftlichkeit aufkamen. Vor dem Hintergrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine könnte das Projekt jetzt wieder aufgenommen werden.

    Nach dem alten Projekt sollten bis zu 8 Mrd. Kubikmeter Erdgas pro Jahr durch MidCat geschickt werden. Zusammen mit zwei kleineren Fernleitungen, die bereits zwischen Spanien und Frankreich existieren, könnten somit jährlich mindestens 15 zusätzliche Mrd. Kubikmeter Gas nach Zentraleuropa fließen.

    Die Spanier sind bereit. Bedingung: Brüssel müsse die Baukosten von schätzungsweise 3 Mrd. Euro übernehmen. Vor allem Deutschland, größter EU-Empfänger russischen Gases, unterstützt die Wiederaufnahme des MidCat-Plans.

    Spanien ist energietechnisch durch das Pyrenäengebirge relativ isoliert vom restlichen Europa und bezieht sein Gas vor allem über zwei Offshore-Pipelines aus dem nordafrikanischen Algerien sowie per Schiff Flüssiggas aus Ländern wie den USA, Katar, Nigeria, Trinidad und Tobago. So verfügt Spanien auch über insgesamt sechs Regasifizierungsanlagen. Das sind rund 42 Prozent sämtlicher Speicherkapazitäten für verflüssigtes Erdgas in der EU.

    Aus Algerien erhält Spanien über die MedGaz Offshore-Pipeline jährlich rund 10 Mrd. Kubikmeter Gas, das von Algeriens rohstoffreicher Wüste durchs Mittelmeer bis zum südspanischen Küstenort Almería und von dort ins nördliche Barcelona transportiert wird. Eine zweite Pipeline namens Maghreb-Europe führt von Algerien über Marokko durch die Meerenge von Gibraltar nach Südspanien und verfügt über eine Kapazität von rund 12 Mrd. Kubikmeter jährlich.

    "Spanien wird eine wichtige Rolle in der Versorgung Europas spielen. Dafür müssen wir an der Vernetzung zwischen der Iberischen Halbinsel und dem Rest Europas arbeiten", kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits im März auf einem Besuch in Madrid an, bei dem sie mit dem spanischen Regierungschef Pedro Sánchez über die Gaskrise beraten hatte.

    (…)

    https://industriemagazin.at/news/gas-aus-spanien-die-loesung-fuer-alles/

  176. Griechische Tanker für Putins Öl

    Ein „zerstörendes“ Ölembargo gegen Russland hatte die EU-Kommission angekündigt. Aber auf Druck griechischer Reedereien knickte sie ein. Damit kann Putin mithilfe deren Tanker sein Geschäft sogar ausbauen, wie Recherchen von Monitor zeigen.

    Nach vielen Diskussionen einigte sich die EU beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende Mai auf ein Ölembargo. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von „zerstörenden“ Sanktionen, die Russland hart treffen würden. Das Ziel: keine Geschäfte mehr mit russischem Öl auf dem Seeweg. Dies hätte vor allem europäische Reedereien betroffen, deren Tanker russisches Öl über die Meere transportieren, nicht nur nach Europa.

    Allerdings soll das Embargo erst in sechs Monaten in Kraft treten. Das sei notwendig, so die EU-Kommission, um „dem Weltmarkt die Chance zu geben, sich anzupassen“.

    Experten sehen das ganz anders. Die sechs Monate seien eine Schonfrist für Russlands Präsident Wladimir Putin, sagt Simon Johnson, Professor am Massachusetts Institute of Technology. Die Frist biete Putin genügend Zeit, um verstärkt auf andere Abnehmerländer für sein Öl zu setzen, so der Ökonom. Bereits jetzt gehen fast ein Viertel der russischen Ölexporte nach China. Der Anteil russischer Ölexporte nach Indien hat sich in diesem Jahr verzehnfacht.

    Putin braucht die europäischen Tanker

    Für die neuen Geschäfte mit Asien ist Russland allerdings auf Tanker aus Europa angewiesen, insbesondere aus Griechenland. Ohne die griechischen Öltanker geht fast nichts im globalen Ölgeschäft auf hoher See. Knapp 27 Prozent der weltweiten Tankerflotte gehören griechischen Reedereien.

    Wie bedeutend die griechischen Öltanker für die russischen Ölexporte auf dem Seeweg sind, lässt sich auch durch neuere Zahlen belegen:  Laut dem Institute of International Finance (IIF) hat sich der Anteil an Öl aus Russland, das durch griechische Tanker verschifft wird, im letzten Jahr fast verdoppelt. Würden die griechischen Tanker wegfallen, wäre es Putin kaum möglich, seine globalen Öl-Exporte von Europa in andere Staaten zu verlagern, sagt Johnson.

    Griechenland setzt sich durch

    Ursprünglich wollte die EU bei ihrem Ölembargo genau hier ansetzen. Dem ARD-Politmagazin Monitor liegt ein unveröffentlichter erster Vorschlagsentwurf der EU-Kommission von Anfang Mai vor. Darin ist ein Verbot für Tankschiffe aus EU-Ländern vorgesehen, russisches Öl „mit Schiffen, die unter der Flagge eines Mitgliedstaats registriert sind oder sich im Eigentum eines Staatsangehörigen eines  Mitgliedsstaats befinden, in Drittländer zu befördern“ heißt es darin. Im finalen Text zum beschlossenen Embargo wurde dieser Absatz dann allerdings komplett gestrichen.

    Das sei das Ergebnis starker Lobbyarbeit der griechischen Reedereien, sagt Michelle Wiese-Bockmann, Analystin des Londoner Schifffahrt-Registers Lloyd's List: „Die griechischen Reedereien sind – aufgrund ihrer großen Flotte und weil sie schon lange im Geschäft sind – sehr mächtig und haben eine sehr starke Stimme in der internationalen Schiffsindustrie. Das ermöglicht ihnen, ihre Interessen auf EU-Ebene durchzusetzen.“

    „Macht Sanktionen butterweich“

    Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis äußerte sich auf einer Pressekonferenz äußerst zufrieden damit, dass die griechischen Tanker von den Sanktionen verschont wurden: „Es gibt keine – und das möchte ich betonen – Sanktionen gegen die griechische Schifffahrt, was den Transfer von Öl aus Russland in Drittländer betrifft.“

    Für Erdal Yalcin, Professor für internationalen Handel an der Hochschule für Wirtschaft in Konstanz, laufen die Sanktionen gegen Russland damit weitgehend ins Leere: „Die Möglichkeit, dass griechische Reedereien weiterhin russisches Öl befördern, bedeutet schlichtweg, dass man die Sanktionen butterweich macht.“

    Verbot für europäische Schiffsversicherer als Alternative

    In Brüssel versucht man die Angelegenheit herunterzuspielen. Im Sanktionspaket fände sich schließlich ein anderes Verbot, so die EU-Kommission gegenüber Monitor. Dabei soll es Versicherungsunternehmen aus EU-Staaten verboten werden, Schiffe, die russisches Öl transportieren, zu versichern. Auch so würde man die Ölausfuhr für Russland massiv erschweren.

    Doch daran gibt es erhebliche Zweifel. Das Versicherungsverbot werde Putin nicht daran hindern, sein Öl weiter zu verkaufen, sagt der Deutschlandchef von Lloyd-Versicherungen, Jan Blumenthal: Putin werde sein Öl „auf asiatischen Märkten verkaufen, und entsprechend wird der Transport auch auf asiatischen Märkten durch asiatische Versicherer versichert werden.“

    Auch Yalcin bezweifelt die Effektivität des Versicherungsverbots: „Es gibt in Ostasien sehr wohl Versicherer, auch in China, in Indien, die diese Lücke füllen werden.“ Michael Bloss, EU-Abgeordneter der Grünen im Europaparlament, zieht eine ernüchternde Bilanz: „In dem Moment, in dem griechische Reeder in ihren Profiten eingeschränkt werden, dann ist es vorbei mit dem Starksein gegen Putin.“ Auf diese Weise helfe die EU sogar dabei, Putins Kasse weiter zu füllen.

    https://www.tagesschau.de/investigativ/griechenland-russisches-oel-101.html

    Man kann annehmen, daß die „Lobbyarbeit“ deswegen so gut gelungen ist, weil die griechischen Reeder ähnlich wie die ungarische Regierung nur diejenigen der Verhinderer waren, die sich offen dazu bekannt haben.

    Außerdem wäre dieses Verbot in der Tat schwer durchzusetzen, da diese Schiffe nicht unter griechischer, sondern anderer Flagge fahren und sie offenbar stufenweise ihre marktbeherrschende Stellung einbüßen.

  177. Es ist wirklich schon eine Art Treppenwitz, wie sich die EU aufführt:

    15 EU-Mitgliedsstaaten rufen zur Förderung der Unterzeichnung von Freihandelsabkommen auf

    Die EU soll die Unterzeichnung von Freihandelsabkommen fördern, um das langfristige Wirtschaftswachstum und die geopolitische Position dieser Organisation in der Welt zu gewährleisten. 

    https://vovworld.vn/de-DE/nachrichten/15-eumitgliedsstaaten-rufen-zur-forderung-der-unterzeichnung-von-freihandelsabkommen-auf-1111033.vov

    Im Schatten von Sanktionen, die den Handel mit Rußland stoppen und die Inflation anheizen, und die Lieferketten weiter durcheinanderbringen, erwarten sich diese ganzen Schießbudenfiguren eine Belebung und einen Aufschwung durch den Handel mit Japan, Indonesien, Neuseeland usw.

  178. In Rußland haben sich offenbar die Regierung und Gazprom dazu entschieden, das heimische Gasnetz auszubauen und verstärkt Haushalte mit Gas zu versorgen, die bisher andere Energien genutzt haben, vor allem auf dem Land.

    Das ist auch ein Versuch, den Urbanisierungsprozeß und die Landflucht zu bremsen, indem man das Leben auf dem Dorf attraktiver zu machen versucht.

  179. Wahre Worte auf dem österreichischen Industriekongress:

    Wann werden die Sanktionen gegen Russland wirken?

    Auch von den Sanktionen sieht sich der Chef des Anbieters von Verkehrslösungen nicht unmittelbar betroffen. „Wir machen einiges in Weißrussland. Das wenige, was wir in Russland machen, ist verkraftbar.“ Aber schließlich ginge es nicht nur um das eigene Unternehmen. „Ich glaube, die Politik der EU gegenüber Russland läuft schon seit langem falsch.“ Ohne den Krieg verharmlosen zu wollen, wie Georg Kapsch betont, meint er: „Unschuldig sind wir als Europa nicht.“

    Da drängt sich die Frage auf, ob die Sanktionen ein Fehler waren. Kapsch verweist auf die erwünschte, aber nicht eingetroffene Wirksamkeit dieser. Und das nicht nur im gegenwärtigen Fall von Russland, sondern auch in der Vergangenheit – beispielsweise in Kuba und im Iran. „Die Sanktionen haben die Regime zumindest für zehn oder 20 Jahre nicht in die Knie gezwungen. Und gelitten hat immer nur die Bevölkerung“, so Kapsch.

    https://industriemagazin.at/menschen-meinungen/wandel-durch-handel/

  180. RACHE FÜR DIE SANKTIONEN:
    Russland verstaatlicht das Erdgasprojekt Sachalin II

    Mehrfach hat der Kreml seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine mit der Verstaatlichung von Unternehmen gedroht, an denen ausländische Investoren beteiligt sind. Nun geht Russland diesen Schritt tatsächlich. Präsident Wladimir Putin hat mit einem Dekret faktisch die staatliche Kontrolle über das Öl- und Erdgasprojekt Sachalin II auf der russischen Pazifikinsel Sachalin übernommen. Der Schritt trifft vor allem Japan, das Flüssiggas von Sachalin als wichtigen Bestandteil seiner Energieversorgung ansieht. Unklar ist, ob und unter welchen Bedingungen die bisherigen westlichen Anteilseigner sich weiter an dem Projekt beteiligen dürfen. Neben Russlands Gazprom, das 50 Prozent und eine Aktie hält, sind an Sachalin II die britische Shell und die japanischen Handelshäuser Mitsui & Co. und Mitsubishi beteiligt.

    Das Dekret ist eine neue Eskalationsstufe im Ringen der russischen Regierung mit ausländischen Unternehmen. Russland wird ein neues Unternehmen gründen, auf das alle Rechte und Pflichten der bisherigen Gesellschaft Sakhalin Energy Investment übertragen werden. Die ausländischen Anteilseigner haben vier Wochen Zeit, um ihr Interesse an einer Beteiligung an dem neuen Unternehmen zu von Russland gesetzten Bedingungen anzumelden. Falls sie dies ablehnen, soll ihr Anteil verkauft werden. Dabei ist unklar, ob sie entschädigt werden. Das Geld aus dem Verkauf ihrer Anteile soll zwar auf Konten der Anteilseigner gehen, allerdings in Russland, wo es nach Angaben der Zeitung „Kommersant“ eingefroren würde. Die Auszahlung kann reduziert werden, falls der ausländische Investor für Schäden an Sachalin II verantwortlich ist.

    Shell, das 27,5 Prozent minus eine Aktie an Sachalin II hält, hatte schon Ende Februar seinen Rückzug angekündigt und sucht einen Käufer für seine Anteile. Mitsui (12,5 Prozent) und Mitsubishi (10 Prozent) wollten aber bislang im Einklang mit der japanischen Regierung das Projekt nicht aufgeben. Jetzt kommt in Japan die Sorge auf, dass das rohstoffarme Land aus Sachalin II herausgeworfen wird.

    Sachalin II liefert seit 2009 Flüssiggas (LNG) und trägt etwa 2,5 Prozent zum globalen Angebot bei. Von den rund 10 Millionen Tonnen Flüssiggas aus der Förderstätte werden rund 6 Millionen Tonnen nach Japan geliefert. Für Japan sind das fast 10 Prozent des jährlichen Verbrauchs von LNG.

    Die Reaktionen in Japan waren bestimmt von Erstaunen und Abwiegeln. „Es ist schwer zu glauben, dass ein Land ohne Grund ein Projekt nationalisiert, in dem Ausländer mit Verträgen investiert sind“, sagte Akio Mimura, der Vorsitzende der Japanischen Handels- und Indus­triekammer. In der Zukunft werde schwerlich noch ein privates Unternehmen in Russland investieren. Ministerpräsident Fumio Kishida betonte, dass die Versorgung mit LNG aus Sachalin nicht unmittelbar eingestellt werde. Mitsui, Mitsubishi und Shell erklärten, die Auswirkungen des Dekrets zu prüfen. Die Aktienkurse der japanischen Handelshäuser gaben um mehr als 5 Prozent nach. Shell legte gut 1 Prozent zu.

    Die russische Führung hatte ähnliche Schritte der Verstaatlichung zuletzt für den Fall angedroht, dass ausländische Unternehmen ihren rechtlichen Verpflichtungen in Russland nicht nachkämen, etwa wenn sie ihren Mitarbeitern kein Gehalt mehr zahlten. Auf diese Weise hatte der Kreml auf den Rückzug etlicher westlicher Unternehmen vom russischen Markt reagiert. Die staatliche Propaganda ist bemüht, diesen Prozess als Chance darzustellen: So soll im früheren Moskauer Renault-Werk, das nun im Besitz der Hauptstadt ist, künftig wieder die in der Sowjetunion verbreitete Automarke Moskwitsch gebaut werden. Der französische Autokonzern Renault hatte seine Anteile an dem russischen Autohersteller Avtovaz, dem Besitzer der Marke Lada, für einen symbolischen Preis an den russischen Staat verkauft. Die Nationalisierung von Aktiva weckt in Russland Erinnerungen an die sowjetische Planwirtschaft, die bei vielen Russen einen guten Ruf hat, weil die Sowjetunion im Staatsfernsehen verherrlicht wird.

    Als Grund für den Schritt gibt der Kreml in dem Erlass die Sanktionen der USA und „sich ihnen angeschlossener Länder“ an. Zudem hätten ausländische Geschäftspartner durch Verstoß gegen Vereinbarungen zu den Förderstätten von Sachalin II die „Gefahr eines ökologischen und technologischen Notfalls“ hervorgerufen.

    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/russland-verstaatlicht-das-erdgasprojekt-sachalin-ii-18143931.html

    Na, da sind jetzt alle erstaunt und verärgert – Sanktionen setzen und andere schädigen dürfen doch nur wir!
    Weiters: Solange nicht geklärt ist, wie die Sache mit diesem Projekt weitergeht, wird der Gasmarkt weiter angespannt sein und die Preise weiter steigen.
    Dabei hatte sich Japan gerade deshalb an dem Projekt beteiligt, um eine Alternative zum Gas-Spotmarkt zu haben.

  181. „Es ist schwer zu glauben, dass ein Land ohne Grund ein Projekt nationalisiert, in dem Ausländer mit Verträgen investiert sind“, sagte Akio Mimura, der Vorsitzende der Japanischen Handels- und Indus­triekammer.  In der Zukunft werde schwerlich noch ein privates Unternehmen in Russland investieren. 

    Witzbold! "ohne Grund" Auf der ganzen Welt wird das Vermögen russischer Kapitalisten beschlagnahmt, Russland wird aus dem Bankensystem rausgeworfen, russische Konten werden eingefroren, aber der Versuch wieder handlungsfähig zu werden, indem man das westliche Kapital rauswirft, soll ein grundloser Willkürakt sein? Skandal ein Land verweigert sich westlichem Kapital. Das darf nicht sein. Offenbar braucht es dafür keinen Kommunismus. Und dass "private" Unternehmen (die aus dem Westen kommen) nicht mehr in Russland investieren, war eh klar.

    Na, da sind jetzt alle erstaunt und verärgert – Sanktionen setzen und andere schädigen dürfen doch nur wir!

    Hier ein Interview mit Dr. Daniele Ganser (ein Monat alt), dessen Ansichten mir ganz vernünftig erscheinen. In welche Ecke der gehört, weiß ich nicht, ist mir aber eigentlich auch egal. 

  182. Streik könnte Gasförderung aus Norwegen verringern

    Minus von 13 Prozent befürchtet. Streikbeginn am 5. Juli, wenn auf Gehaltsforderungen nicht eingangen wird.

    Inmitten der Sorgen um die Gasversorgung Europas könnte ein für die neue Woche geplanter Streik der Öl- und Gasarbeiter in Norwegen dessen Gasförderung deutlich verringern. Diese könne um 292.000 Barrel Öläquivalent pro Tag sinken, was 13 Prozent der Produktion entspreche, wie die Arbeitgebervereinigung Norwegian Oil and Gas Association (NOG) am Sonntag mitteilte.

    Die Ölproduktion wiederum könnte um 130.000 Barrel pro Tag reduziert werden. Die zuständige Gewerkschaft hatte einen Streikbeginn am Dienstag (5. Juli) für den Fall angedroht, dass die Arbeitgeberseite nicht auf ihre Gehaltsforderungen eingehe.

    (…)

    https://kurier.at/wirtschaft/streik-koennte-gasfoerderung-aus-norwegen-verringern/402061687

    Der Gaspreis ist derzeit rückläufig und nähert sich dem Vorkriegsniveau, aber das kann sich bald ändern …

  183. Die Gasspeicher in Österreich füllen sich aktuell nicht so schnell wie gehofft. Wie das zuständige Klimaministerium von Leonore Gewessler (Grüne) am Freitag mitteilte, ist die Einspeicherung in die österreichischen Speicher seit Dienstag dieser Woche "merklich zurückgegangen". Sie kündigte für kommenden Dienstag eine Lageeinschätzung der Bundesregierung an. Ursache für die niedrigen Einspeicherraten seien laut ersten Analysen hohe Gasexporte von Österreich nach Italien.

    "Die Lage ist ernst. Es ist wichtig, dass wir die Ursachen genau analysieren. Am Dienstag werden wir in der Bundesregierung über mögliche weitere Schritte entscheiden", hieß es in der schriftlichen Erklärung von Gewessler am Freitag.

    Österreich hatte am 30. März die Frühwarnstufe, die erste Stufe im dreistufigen Gasnotfallplan, ausgerufen. Deutschland rief vergangene Woche die Alarmstufe aus, nachdem Russlands Staatskonzern Gazprom Mitte Juni die Lieferungen nach Europa, unter anderem über Nord Stream 1, drosselte.

    Das für Energiefragen zuständige Gewessler-Ressort hielt am Freitag fest, dass mit der Frühwarnstufe eine "umfassende Vorbereitung auf den Ernstfall und eine engmaschige Überwachung der Gasversorgung" verbunden sei. Ziel der Regierung ist, die Speicher bis zum Beginn der Heizsaison auf 80 Prozent zu füllen. "Sollte dieses Ziel gefährdet sein, wird auch in Österreich die Alarmstufe ausgerufen", so das Ministerium.

    Was oft nicht bedacht wird: Die Industrie benötigt Gas das ganze Jahr über – nicht nur im Winter.

    https://industriemagazin.at/news/gasspeicher-befuellung-weniger-als-gehofft/

    Nota bene: Es ist nicht deswegen zu wenig Gas da, weil zu wenig geliefert wurde – sondern weil zu viel exportiert wurde.

    Der gesteigerte Gasbedarf Italiens ist offenbar ein Ergebnis der Dürre, weswegen Wasserkraft durch Gas für die Stromerzeugung eingesetzt werden muß.
    Italien sagt aber nicht laut: Ich brauche mehr Gas! – sondern holt es sich heimlich still und leise in Österreich, wo es dann vielleicht später einmal fehlt …

  184. Zuletzt Österreichs Hauptlieferant: Russland unterbindet Öltransit aus Kasachstan in den Westen

    Moskau spricht von Umweltschäden, Kasachstan hatte jüngst angeboten, russische Energie zu ersetzen. Österreich ist laut OMV nicht direkt von der Lieferunterbrechung betroffen.

    Ein für den Export von kasachischem Öl bestimmtes Terminal im Schwarzen Meer muss auf Beschluss eines Gerichts in Südrussland für 30 Tage seinen Betrieb einstellen. Begründet wurde der Stopp mit möglichen Umweltschäden, wie die Nachrichtenagentur Interfax in der Nacht zum Mittwoch berichtete. Zuletzt gab es zwischen Russland und der benachbarten zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Kasachstan wegen des Ukraine-Kriegs Unstimmigkeiten, nachdem Kasachstan angeboten hatte, russische Energielieferungen zu ersetzen.

    Über das Terminal in der südrussischen Hafenstadt Noworossijsk fließen 80 Prozent des aus Kasachstan exportierten Öls. Kasachstan hat keinen eigenen Zugang zu den Weltmeeren. Die Umschlagkapazität liegt bei 67 Millionen Tonnen Öl pro Jahr.

    Die kasachische Betreibergesellschaft Caspian Pipeline Consortium (CPC) sei "gezwungen, das Gerichtsurteil umzusetzen", werde aber dagegen klagen, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Nach offiziellen Angaben ist die Dokumentation beim Notfallplan für die Beseitigung eventueller Ölunfälle unvollständig. Ursprünglich hatten die Behörden CPC bis zum 30. November Zeit gegeben, die Verstöße zu beseitigen, doch in einer Gerichtsverhandlung am Dienstag forderte die regionale Transportaufsicht überraschend die Schließung des Terminals – und erhielt recht.

    Kasachstan wollte EU bei Energieversorgung helfen

    Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte zuletzt der EU angeboten, mehr Öl und Gas nach Europa zu liefern, um die Energiesicherheit des Kontinents trotz des Ukrainekriegs und der damit zusammenhängenden Sanktionen gegen Russland zu gewährleisten.

    Kasachstan hat die Unabhängigkeit der von Moskau protegierten Separatistenrepubliken im Osten der Ukraine nicht anerkannt. Allerdings hatte Russland noch im Jänner nach Unruhen Friedenstruppen in das zentralasiatische Land geschickt und maßgeblich zur Stützung der Regierung beigetragen.

    Größter Lieferant Österreichs

    Kasachstan ist zudem seit vielen Jahren Österreichs wichtigster Öllieferant mit einem Importanteil von zuletzt 38,9 Prozent. An zweiter und dritter Stelle folgen Libyen mit 22,1 Prozent und der Irak mit 20,7 Prozent.

    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000137193599/zuletzt-oesterreichs-hauptlieferantrussland-unterbindet-oeltransit-aus-kasachstan-in-den-westen

    Die Raffinerie in Schwechat sei sowieso havariert, also deswegen sei der Schaden nicht so groß (!), meint die zuständige Ministerin.

    Hmmmm.

  185. Gasspeicher Haidach
    Russische Gasprom könnte Nutzungsrechte verlieren

    Mit Gas aus Speichern soll in Österreich auch im Winter die Versorgung gesichert werden. Immer noch leer ist der Speicher der GSA in Haidach bei Straßwalchen. Sie ist eine Tochterfirma der russischen Gasprom. In den kommenden Tagen könnte das Unternehmen die Nutzungsrechte verlieren.

    HAIDACH.Er ist und bleibt leer. Der Speicher der Gazprom-Tochter GSA in Haidach. Es fließt kein Gas hinein. Genau dieser Speicher war Auslöser für eine Gesetzesänderung, die am Freitag in Kraft treten soll, nach dem Prinzip „nützen oder verlieren“. Unternehmen, die nicht mindestens 10 Prozent einlagern, verlieren die Rechte für die Einlagerung. Die Zehn-Prozent Hürde wird sich beim GSA-Speicher bis Freitag nicht ausgehen. Er wird also wohl frei.

    (…)

    https://www.meinbezirk.at/salzburg/c-wirtschaft/russische-gasprom-koennte-nutzungsrechte-verlieren_a5438170

    Eine eigenartige Situation.

    Österreich exportiert Gas nach Italien (siehe oben) – wie soll dann der Speicher voll werden? Außerdem wird offenbar wenig Gas eingekauft, was in den Medien so ausgedrückt wird, als würde zuwenig geliefert.
    Wenn jetzt der Speicher enteignet wird – worauf vor allem Deutschland zu dringen scheint, das ihn auch nützt und verstärkt nützen will – so fragt sich erst recht, wo dann das Gas herkommen soll, das dort gespeichert werden soll? Gazprom wird ja nicht gerade erfreut mit vermehrten Gaslieferungen reagieren.

  186. "Wenn jetzt der Speicher enteignet wird – worauf vor allem Deutschland zu dringen scheint, das ihn auch nützt und verstärkt nützen will – so fragt sich erst recht, wo dann das Gas herkommen soll, das dort gespeichert werden soll? Gazprom wird ja nicht gerade erfreut mit vermehrten Gaslieferungen reagieren."

    In Deutschland war es so, das ca. 30% aller deutschen Gasspeicher der Gazprom gehörten. Offenbar hat Russland Gazprom veranlasst die Speicher nicht mehr zu füllen, um damit Deutschland im Winter in eine prekäre Lage zu bringen und die Preise weiter hochzutreiben. Daraufhin hat Deutschland das Energiesicherungsgesetz verabschiedet, das unter anderem die Betreiber der Gasspeicher zu Mindestfüllständen verpflichtet.

    "Dem neuen Gesetz zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen, kurz: Gasspeichergesetz, wurde am 25. März vom Bundestag zugestimmt, nach Beschluss durch den Bundesrat soll es zum 1. Mai in Kraft treten und ist bis 1. April 2025 befristet. Mit dem Gesetz sollen alle Betreiber in Deutschland verpflichtet werden, ihre Speicher schrittweise zu füllen. Vor allem mit Blick auf den kommenden Winter soll die Energie-Versorgung damit auch weiterhin gewährleistet und heftige Preisausschläge eingedämmt werden. In einem mehrstufigen Verfahren soll zunächst die Speicherbefüllung marktbasiert erfolgen und, wenn erforderlich, durch Ausschreibung von Gas-Optionen angereizt werden. Wenn Mindestfüllstände absehbar nicht erreicht werden, greifen zusätzliche Instrumente, damit definierte Mindestfüllmengen zu verschiedenen Terminen erreicht werden: zum 1. Oktober zu 80 Prozent, zum 1. November zu 90 Prozent und am 1. Februar zu 40 Prozent."

    Spätestens jetzt war klar, dass die Gasspeicher zur kritischen Infrastruktur gehören. Eigentlich hätte das schon längst klar sein müssen. Denn die Mechanismen sind ja nicht erst seit dem Ukrainekrieg bekannt. Auch hier hat der Neoliberalismus zur Auffassung geführt, dass man auch das Betreiben von Gasspeichern dem Markt überlassen kann, was zur Folge gehabt hat, dass Gazprom erlaubt wurde Gasspeicher zu kaufen und zu betreiben. In der Öffentlichkeit wurde nun diskutiert, ob Gazprom enteignet werden soll. In der Folge ist Gazprom Germania am 4. April von der deutschen Regierung unter Treuhandschaft der Bundesnetzagentur gestellt worden.

    "Gazprom Germania war bis vor kurzem die deutsche Tochtergesellschaft des staatlichen russischen Gaskonzerns Gazprom. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin unterhält große Erdgasspeicher, betreibt Gashandel und ist Miteigentümer von Gasleitungen. Damit ist es laut Bundesregierung ein «Schlüsselunternehmen für die Gasversorgung in Deutschland». Mittelbar hänge von ihm die Versorgung zahlreicher Stadtwerke ab.

    Die Gazprom Germania war am 4. April von der deutschen Regierung unter Treuhandschaft der Bundesnetzagentur gestellt worden. Hintergrund waren der undurchsichtige Verkauf des Unternehmens an eine russische Gesellschaft mit unbekannten wirtschaftlichen Berechtigten und die Anordnung dieser Gesellschaft, die Gazprom Germania zu liquidieren.

    Russische Sanktionen
    In einer Retourkutsche verhängte Russland am 11. Mai Sanktionen gegen die Gazprom Germania und nahezu alle ihre Töchter. Dies provozierte laut Bundesregierung eine finanzielle Schieflage des Unternehmens, das Ersatz für die ausgefallenen russischen Gaslieferungen zu derzeit sehr hohen Marktpreisen beschaffen und absichern muss. Dadurch habe sich seine finanzielle Lage so sehr verschlechtert, dass die Bundesregierung die Liquidität mit einem Darlehen der staatlichen Förderbank KfW absichern müsse.

    Damit soll eine Insolvenz abgewendet und ein Kaskadeneffekt im Markt verhindert werden. Zur Höhe des Kredits liegen keine offiziellen Angaben vor. Laut Regierungskreisen soll es um 9 bis 10 Milliarden Euro gehen. Die Bundesregierung betonte, das Geld dürfe nur für den Geschäftsbetrieb und die Aufrechterhaltung der Gasversorgung eingesetzt werden und könne nicht nach Russland abfliessen. In einem nächsten Schritt werde man Möglichkeiten prüfen, das Darlehen in Eigenkapital umzuwandeln und so die Versorgungssicherheit auch langfristig zu gewähren."

    Man darf annehmen, dass die Treuhänderschaft in nächster Zeit nicht rückgängig gemacht wird. Auch der neue Name deutet darauf hin, dass Gazprom Germania nicht mehr zurückgegeben wird.  Man staunt, wie schnell und ohne mit der Wimper zu zucken in den Markt eingegriffen wird und wie wenig heilig das Eigentum ist, wenn es zur falschen Nation gehört.

    "Mehr Kontrolle, neuer Name
    Das Bundeskanzleramt sowie die Ministerien für Finanzen und für Wirtschaft haben zudem beschlossen, die Treuhandverwaltung der Gazprom Germania über September 2022 hinaus zu verlängern. Beruhte sie bisher auf dem Aussenwirtschaftsrecht, wird sie neu auf die Basis des im Mai novellierten Energiesicherungsgesetzes gestellt. Dies gibt dem Treuhänder mehr Möglichkeiten. Zudem kann die Treuhänderschaft anders als bisher mehrmals für jeweils sechs Monate verlängert werden. Ferner wird das Unternehmen in Securing Energy for Europe GmbH (Sefe) umbenannt.

    Nur Stunden vor der Ankündigung der Bundesregierung zur Gazprom Germania hatte deren ehemalige Muttergesellschaft, der russische Gaskonzern Gazprom, in einem separaten Schritt angekündigt, dass die maximalen Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland wegen Verzögerungen bei Reparaturarbeiten um 40 Prozent reduziert würden. Laut Agenturberichten, die sich auf Firmenangaben berufen, entstand die Verzögerung, weil das deutsche Unternehmen Siemens Energy Gasturbinen, die zur Überholung nach Kanada geschickt wurden, wegen kanadischer Sanktionen nicht mehr zurückliefern kann. Das deutsche Wirtschaftsministerium hielt fest, die Versorgung sei aktuell weiter gewährleistet."

    Die Gasmisere trifft aber nicht nur Gazprom. Auch Uniper, (kannte ich gar nicht, aber anscheinend der größte deutsche Gasimporteur) ist in Bedrängnis geraten und hat um Staatshilfen gebeten.

    Uniper hat gegenüber den Kunden Preisgarantien gegeben, die jetzt zu Verlusten führen. Die Politik reagiert darauf, indem gerade die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass trotz vertraglich vereinbarter Preisgarantien die Gaspreise im Notfall an den Endkunden weitergegeben werden können. Zweck dieses Gesetzes ist es die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Denn machen die Energieversorger bankrott hat das weitreichende Folgen für die gesamte Wirtschaft (durchaus vergleichbar mit einer Krise). Kaltschnäuzig werden die Lasten dabei der Bevölkerung aufgehalst. Deshalb werden gerade Überlegungen angestellt, wie man diese Mehrkosten gleichmäßig auf die Endkunden verteilen kann.

    Etwas seltsam ist, dass der Gaspreis laut dieser Grafik zu fallen scheint
    Während gleichzeitig immer neue Panikmeldungen bezüglich des Gaspreises eingehen.

    Vor allem Habeck scheint die Bevölkerung auf einen Horrorwinter vorbereiten zu wollen. Als würde er es absichtlich drauf anlegen Energie bzw. Gas exorbitant teuer zu machen. 

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lehnt angesichts der erwarteten weiteren Verteuerung von Gas eine staatliche Preisdeckelung ab. Die hohen Preissteigerungen seien ein "externer Schock" und könnten vom Staat nicht vollständig aufgefangen werden, sagte Habeck am Mittwoch am Rande der Münchner Handwerksmesse. "Das wird das Land in der einen oder anderen Form tragen müssen." Auch ökonomisch wäre ein Preisdeckel nach Einschätzung des Wirtschaftsministers das falsche Signal: "Eine Deckelung der Preise wäre bei einem knappen Gut ein Signal: Energie ist nicht wertvoll, haut raus, was ihr wollt", sagte Habeck.

    Was für ein Idiot? "Haut raus, was ihr wollt?" Wer denkt denn so? Als seien die Leute sowas wie Verbraucherschweine, die nicht Heizen damit es warm wird, sondern deren Existenzzweck es ist die Grünen mit ihrem Energieverbrauch zu ärgern. Als seien die Leute nicht arm genug, als müsste man sie noch extra strafen, weil sie uneinsichtige Energiesünder sind. Was hat der Habeck für ein Menschenbild?

  187. @Kehrer

    Offenbar hat Russland Gazprom veranlasst die Speicher nicht mehr zu füllen

    Ich vermute einmal, es spießt sich an der Zahlung.
    Es war ja so, daß schon vor einiger Zeit die Gas-Einkaufspolitik von langfristigen Lieferverträgen auf kurzfristige Einkäufe auf einer Art Gas-Spotmarkt übergegangen sind. Rußland hat das bemängelt und gemeint, das Gas ist eine Ware, die kurzzeitige Lieferverträge nicht verträgt.
    Schon vor dem Krieg wurde wenig Gas eingekauft, weil die ganze Lage unsicher war.
    Dann kam der Krieg, dann die Sanktionen, und inzwischen scheint der ganze Gasmarkt irgendwie nicht mehr zu funktionieren, wegen der Zahlungsproblematik.

    Dazu kommt, daß das Gas ja irgendwie kontinuierlich fließen muß. Das wird nicht in Paketen per Rohrpost verschickt. Es braucht eine Mindestmenge und einen Mindestdruck. Rußland schickt möglicherweise das Minimum und wartet auf Folgeaufträge.

    Außerdem hat die Ukraine irgendeine Gasleitung gesperrt. Also über die wird nichts mehr eingespeist. Nord Stream 1 steht wegen der reparierten Turbinen, die Kanada nicht hergibt. Und die Jamal Pipeline über Polen scheint auch gesperrt zu sein.
    Österreich müßte sich an TurkStream anschließen, über Ungarn, aber da scheint auch nichts geplant zu sein.

    Überall liest man nur: Rußland liefert nicht! Aber ich denke, wenn Deutschland oder Österreich einen satten Geldbetrag hinüberschieben würden, so würde das Gas schon kommen.
    Das wollen sie aber offenbar nicht.
    —————

    Die Deckelung der Preise ist auch so eine Sache. Wie geht das eigentlich? Subventioniert der Staat dann das Gas (oder Öl)? Oder werden die privaten Energieversorger – Marktwirtschaft, Marktwirtschaft! – dann gezwungen, zu einem bestimmten Preis zu verkaufen, auch wenn sie zu einem hohen Preis eingekauft haben?

    In Argentinien durften die Energieversorger zu Kirchners Zeiten nur zu einem gewissen Preis verkaufen, dadurch ging die Energie-Infrastruktur den Bach hinunter, weil die wenig Geld für Wartung und Ausbau des Netzes hatten. Da sind dann die Chinesen eingesprungen, alles natürlich mit internationalem medialen Getöse, wie undemokratisch und wirtschaftsfeindlich es dort zugeht.

  188. "Ich vermute einmal, es spießt sich an der Zahlung."  Das wurde mit dem Umtausch Zinnober Euro Rubel geregelt. Dass die Russen nicht an ihr Geld gekommen wären, habe ich jedenfalls nicht vernommen.

    Es war ja so, daß schon vor einiger Zeit die Gas-Einkaufspolitik von langfristigen Lieferverträgen auf kurzfristige Einkäufe auf einer Art Gas-Spotmarkt übergegangen sind.

    Das war im letzten Jahr. Vielleicht habe ich das auch zu einfach dargestellt. In den Artikeln, die ich gelesen habe war es so, dass die Speicher, die von Gazprom betrieben wurden sehr unterdurchschnittlich gefüllt waren. Warum das so war konnte ich auf die Schnelle nicht recherchieren. Da müsste man tiefer einsteigen und das kostet zuviel Zeit. Selbst wenn sich herausstellen würde, dass die Speicher im Vergleich zu den Vorjahren gar nicht so schlecht gefüllt waren, so wird jetzt im Krieg ein anderer Maßstab angelegt. Selbst bei niedrigem Speicherstand war es vor dem Krieg eben kein Problem an Gas zu kommen. Jetzt ist es das schon. Dementsprechend gibt es das Bedürfnis durch volle Speicher gerüstet zu sein, um nicht in einen Gasnotstand zu rutschen. Und dem stand Gazprom aus politischen Gründen wegen falscher Nationalität im Weg. 

    "Rußland schickt möglicherweise das Minimum und wartet auf Folgeaufträge." Glaube ich nicht, dass das das Problem ist. Das Gas würde schon gekauft werden. Vielleicht nicht ganz so günstig wie früher, aber billiger wie woanders her. Das Gas wird ja unbedingt gebraucht und dass man eine Ware bezahlen muss selbst wenn sie aus Russland kommt, dürfte selbst Habeck klar sein. Dass das Gas von den Importeuren nicht bezahlt wird und dann behauptet wird Russland  würde nicht liefern, dass wäre schon sehr dreist. Was sein kann, ist dass hier Panikmache betrieben wird, um das Gesetz, das eventuelle Preissteigerungen auf die Endkunden abwälzt durchgewunken wird. Das würde auch zum Fallenden Gaspreis passen.  Möglicherweise ist aber auch die Befürchtung berechtigt, dass Russland mit der Verringerung der Gasliefermengen auf die Sanktionen reagiert, z.B. auf die Blockade von Kaliningrad. 

    Oder werden die privaten Energieversorger – Marktwirtschaft, Marktwirtschaft! – dann gezwungen, zu einem bestimmten Preis zu verkaufen, auch wenn sie zu einem hohen Preis eingekauft haben?

    Habeck will das ja nicht. Aber es kann nur so sein, dass der Staat einen Preis (oder mehrere z.B. für Großabnehmer) festlegt, den er für verträglich hält. Die Gasversorger kaufen ein und die Differenz zum Abgabepreis bezahlt der Staat. Ich frag mich eh worin der Unterschied besteht zu den Milliardenkrediten, die den Gasversorgern gewährt werden, weil sie die teuren Gaspreise nicht an die Endkunden weitergeben können. Dass die Energieinfrastruktur den Bach runter geht will niemand.

  189. Dass das Gas von den Importeuren nicht bezahlt wird und dann behauptet wird Russland  würde nicht liefern, dass wäre schon sehr dreist.

    Aber angesichts der derzeitigen Stimmung durchaus möglich.

    Ich weiß nicht, wie das mit dem Gas ist: Vorher zahlen und dann Lieferung? oder erst Lieferung, dann zahlen?

    Man müßte einmal schauen, wie diese Speicher bisher gefüllt wurden und wie da die Zahlungsmodalitäten waren.

    Aber dieses billige „Rußland liefert nicht!“ kommt mir etwas seltsam vor.
    Angesichts dessen, daß alle schreien: Wie kann man nur vom Teufel Gas kaufen?!

  190. Dass die Energieinfrastruktur den Bach runter geht will niemand.

    Dein Wort in Gottes Ohr.
    Genaugenommen hätte man dann diese ganzen Sanktionen nicht verhngen dürfen.

    Dieser Kommentar aus dem „Standard“ erhellt einiges:

    „Es gibt genug Gas, um die Speicher zu füllen. Warum gerade deutlich weniger als theoretisch möglich in die Speicher fließt, liegt offenbar daran, dass einige Firmen wegen der hohen Preise in Zahlungsnot geraten sind, und daher das Gas weiterverkaufen, anstatt es zu speichern, allen voran das ins Trudeln gelangte Uniper.“

  191. Aber dieses billige „Rußland liefert nicht!“ kommt mir etwas seltsam vor.

    Da hast du recht. Anscheinend hängt es wirklich an diesen blöden Gasturbinen, die in Kanada hergestellt werden und dort regelmäßig zur Wartung hin müssen. Die werden jetzt von Kanada zurückgehalten, weil sie unter die Sanktionen fallen. 

    Der russische EU-Botschafter Wladimir Tschichow hatte zuletzt angedeutet, dass Nord Stream auch komplett stillgelegt werden könnte, sollte es weitere Probleme bei der Reparatur von Turbinen geben. Tschichow hatte beim internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg gesagt: „Wenn alle diese Turbinen zur Reparatur nach Kanada abreisen, droht der Stopp der Pipeline. Ich denke, es wird eine Katastrophe für Deutschland sein.“ In Deutschland, den Niederlanden und Österreich wurden als Reaktion auf die Gasknappheit wieder Kohlekraftwerke in Betrieb genommen, um mögliche Engpässe im Winter, wenn die Nachfrage am höchsten ist, abzuwenden.

    Zwar wolle man „die Sanktionen respektieren, denn sie wurden nicht ohne Grund verhängt“, sagte Kanadas Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, jetzt in einem Interview. Das berichtet das Nachrichtenportal Bloomberg. Allerdings sei es „nie die Absicht der Sanktionen“ gewesen, „Deutschland, einem unserer engsten Freunde und Verbündeten, erheblichen Schaden zuzufügen“. Wilkinson: „Wir sprechen mit Deutschland und versuchen, einen Weg zu finden, wie wir den Gasfluss (wieder) ermöglichen können.“

    Die Turbinen wurden in Kanada hergestellt und müssen regelmäßig zur Wartung durch die deutsche Siemens Energy AG dorthin zurückgeschickt werden. Eine der Turbinen wurde in Montreal überholt, wird aber nicht zurückgeschickt, da die in diesem Monat verhängten kanadischen Sanktionen den Export wichtiger technischer Dienstleistungen an die russische Industrie für fossile Brennstoffe verbieten. Andere Turbinen befinden sich noch in Russland, laut Gazprom sind allerdings nicht alle von ihnen funktionsfähig. Der Energieriese berief sich auf die Anweisung der staatlichen Sicherheitsbehörde, keine Anlagen mehr zu verwenden, bei denen die regelmäßige Wartung fällig ist.

    Russland sei bereit, die Europäische Union zu beliefern, aber die Turbinen müssen nach der Wartung zurückgegeben werden, erklärte der Kreml diese Woche. Die russische Verdichterstation Portovaya ist der Einspeisepunkt der Nord-Stream-Pipeline. Hier werden nach russischen Angaben sechs große Turbinen benötigt, um das Gas mit voller Kapazität in die Ostseepipeline zu pumpen. Nach Angaben einer mit der Situation vertrauten Person sind derzeit jedoch nur zwei davon in Betrieb. Im Juli soll Nord Stream zudem für 10 Tage komplett abgeschaltet werden.

    Wie absurd ist das denn? Sanktionen, die dazu führen, dass der Sanktionierende sanktioniert wird. 

    https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/game-over-wie-gazprom-chef-deutschlands-energiesicherheit-infrage-stellt-li.237579

    Doch auch hier zeigt sich Miller nicht besonders enttäuscht. Er ist mit der Situation sogar zufrieden. Ja, man habe die Lieferungen nach Europa um mehrere Dutzend Prozent reduziert, gab er zu. „Aber wissen Sie, die Gaspreise sind nicht um zehn Prozent, sondern um ein Vielfaches gestiegen. Entschuldigen Sie mich, aber wenn ich jetzt sage, dass wir die Entwicklung niemandem nachtragen, dann ist es keine Heuchelei. Es ist wahr.“

    Millers Fazit: Russland sei für Energiestabilität. Und Russland sei ein Lieferant von Energiestabilität für Russlands Freunde.

    US-Medien geben Sahra Wagenknecht recht: Putin kassiert mehr als vor dem Krieg

    Zum Kommentar aus dem Standard: Die Verringerung der Lieferungen durch Nordstream 1 ist auch ein Grund, warum die Speicher nicht gefüllt werden. Es liegt nicht nur daran, das Gas weiterverkauft wird. Das Weiterverkaufen führt höchstens dazu, dass Gas statt in dem einen Speicher in den anderen fließt. Aber insgesamt wird es dadurch nicht weniger.

    “Ich weiß nicht, wie das mit dem Gas ist: Vorher zahlen und dann Lieferung? oder erst Lieferung, dann zahlen?” Auf den Spotmärkten ist es im Unterschied zu Terminbörsen so, dass direkt Ware gegen Geld getauscht wird. Auf Terminbörsen findet der Tausch zu einem Termin in der Zukunft statt. “Beim Geschäftsabschluss erfolgt noch keine gegenseitige Erfüllung, sondern die Abwicklung findet erst in der Zukunft statt. Im Gegensatz dazu steht die Kassabörse [Spotmarkt], wo die Erfüllung des geschlossenen Vertrages „sofort“ stattfindet, das heißt mindestens innerhalb von zwei Handelstagen.”

  192. Weiteres zur Energieversorgung:

    Enorme Abhängigkeit von China bei Photovoltaikmodulen

    Die Fertigung von Solarpaneelen konzentriert sich zu über 80 Prozent auf China. In den letzten zehn Jahren hat China etwa 49 Milliarden Euro in Photovoltaik-Produktionskapazitäten investiert – zehnmal so viel wie Europa

    China dominiert den weltweiten Markt für Solarmodule. Der Anteil Chinas an allen Fertigungsstufen der Produktion beträgt inzwischen über 80 Prozent, heißt es in einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA). Das Land habe in den vergangenen zehn Jahren über 50 Milliarden Dollar (48,6 Milliarden Euro) in Photovoltaik-Produktionskapazitäten investiert. Das war zehnmal so viel wie in Europa. Die zehn führenden Lieferanten von PV-Produktionsanlagen sind in China beheimatet.

    Starke Abhängigkeit

    Die massiven Investitionen in China haben weltweit die Kosten für Solarstrom um 80 Prozent fallen lassen, aber starke Abhängigkeiten geschaffen. "Das Ausmaß der geografischen Konzentration in globalen Lieferketten erzeugt potenzielle Herausforderungen, die die Regierungen angehen müssen", wie es IEA-Generalsekretär Fatih Birol formuliert. Auf Basis aktueller Investitionen sei davon auszugehen, dass China bei wichtigen Elementen der Solarzellen, insbesondere dem derzeit knappen Ausgangsmaterial Polysilikon, bald einen Marktanteil von 95 Prozent erreichen dürfte.

    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000137229431/enorme-abhaengigkeit-von-china-bei-photovoltaik-modulen

    Ha ha ha!

    Aus der Umarmung des russischen Bären in die des chinesischen Pandas!

  193. Tja. Die Chinesen investieren 50 Milliarden in die Fertigung von Solarzellen. Die Deutschen 100 Milliarden in ein Aufrüstungsprogramm.

    Ergänzend dazu: Der deutsche Lithium-Traum droht zu platzen

    Zusätzlich ist die ganze Wasserstofftechnologie darauf angewiesen, dass der Wasserstoff in Ländern produziert wird wo die Sonne scheint.

    Also von wegen Energiesouveränität durch erneuerbare Energieträger. Solarzellen aus China. Lithium aus Südamerika und Wasserstoff aus Australien oder Afrika.

    Da gibt es ja noch mehr Staaten auf der Welt, die Erdöl und Erdgas liefern.

  194. Um diese Gaslieferungen und Gasspeicher ist die Lage offensichtlich sehr kompliziert, dank Marktwirtschaft:

    Speichergas in Österreich gehört Österreich nicht exklusiv

    Österreich hat pro Kopf die meiste Speicherkapazität bei Gas, Deutschland liegt in absoluten Zahlen vorne. Wer mehr zahlt, bekommt in der Regel das Gas.

    Österreich ist gesegnet mit Gasspeichern. Etwa ein Jahresbedarf hat in den unterirdischen Kavernen, die sich im niederösterreichischen Weinviertel und im Grenzgebiet Oberösterreich, Salzburg befinden, Platz – theoretisch. Praktisch kann man nie alles Gas entnehmen, weil der Druck dann zu stark nachlassen würde und die Gefahr bestünde, dass die Speicherfähigkeit in den unterirdischen Gesteinsschichten nachlässt – sprich dass die Speicher unbrauchbar würden.

    Speicher gibt es nicht nur in Österreich, wegen der Geologie und Geografie hier aber besonders viele. Österreich ist eine Gasdrehscheibe, wo deutlich mehr Gas ankommt, als verbraucht wird. Grund sind wichtige Pipelines, die seit Ende der 1960er-Jahre in Baumgarten an der österreichisch-slowakischen Grenze Gas aus Westsibirien hierherbringen. Große Mengen werden weiterverteilt nach Deutschland und Ungarn, sehr viel geht auch nach Italien. Die Speicher dienen als Zwischenlager, unter anderem um Lieferschwankungen, die es nicht nur jetzt, sondern auch früher gegeben hat, auszugleichen.

    Speicher privat finanziert

    Die Errichtung der Speicher hat weder in Österreich noch in Deutschland der Staat finanziert. Es sind vielmehr Unternehmen wie OMV und die mehrheitlich der EVN gehörende frühere Rohölaufsuchungsgesellschaft RAG, die Geld ausgelegt haben. Die RAG hat sich vor einiger Zeit in Renewables and Gas umbenannt, um ihren Fokus auch nach außen hin zu schärfen. Und es gibt Gazprom. Der russische Gasmonopolist hat vor gut 15 Jahren den Ausbau des Speichers Haidach finanziert, als allgemein noch wenig Interesse bestanden hat, Geld für einen Speicher auszugeben. Gas kostete so wenig, dass sich so eine Investition auch schwer rechnete – damals.

    Den Speicher in Haidach nahe der bayerischen Grenze, der bisher nur an das deutsche Netz angeschlossen ist, betreut übrigens die RAG. Das Unternehmen ist kürzlich angewiesen worden, eine Verbindung zum österreichischen Gasnetz herzustellen. Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hofft, dass Gas aus Haidach "noch in diesem Winter" in das österreichische Netz fließt, wie sie am Dienstag sagte. So manche Experten halten das, gelinde gesagt, für "sehr ambitioniert".

    Gashändler buchen Speicherplatz

    Wem gehört nun das Gas, das in den Speichern ist? Es sind Gashändler wie OMV oder die deutsche Uniper, die Gas gegen Gebühr lagern; bei OMV geht das Geld sozusagen von der linken in die rechte Tasche, von der Abteilung Gashandel zum Speicherunternehmen OMV Gas Storage. Erstmals hat auch die Republik Österreich eine strategische Reserve eingespeichert. In einer Auktion wurden 7,7 Terawattstunden (TWh) Gas gekauft und quer über alle Speicher für den Notfall eingelagert. Kostenpunkt: 958 Millionen Euro.

    Zum Vergleich: In allen österreichischen Speichern zusammen hat Gas mit maximal 95,5 TWh Platz. Eine TWh sind eine Milliarde Kilowattstunden. Damit verfügt Österreich pro Kopf der Bevölkerung das größte Speichervolumen. In absoluten Zahlen hat Deutschland deutlich mehr, es verfügt nach USA, Ukraine und Russland über die größten Gasspeichermöglichkeiten.

    Auch große europäische Banken mischen übrigens in diesem Spiel aktiv mit. Sie kaufen Gas, verkaufen es und bedienen sich zwischendurch auch der Speicher. Es ist ein kommerzielles Geschäft, das bisher ziemlich klaglos funktioniert hat.

    Günstig kaufen, teuer verkaufen

    Meistens kauften Händler Gas günstig im Sommer, buchten Speicherplatz und verkauften das Gas in der Regel im Winter zu deutlich höheren Preisen – ein Spiel von Angebot und Nachfrage. Im Vorjahr war das plötzlich anders. Nach dem starken Wirtschaftseinbruch infolge der Corona-Pandemie sprang die Konjunktur derart an, dass die Gasnachfrage auch am Ende der Heizsaison nicht wie üblich zurückging, sondern deutlich in die Höhe schoss. Gleichzeitig, und dahinter vermuten Experten eine ausgeklügelte Strategie Russlands, hat Gazprom seine Speicher in Österreich und Deutschland sukzessive geleert und nicht wiederbefüllt. Das trieb den Preis nach oben und verleidete es anderen Händlern, Gas zu hohen Preisen einzukaufen und über die Sommermonate einzuspeichern.

    Nach dem Einmarsch von Putins Truppen in der Ukraine waren plötzlich alle Verantwortungsträger aufgeschreckt. Die Füllstände der Speicher sollten bis zu Beginn der Heizsaison zumindest 80 Prozent erreichen, wurde von der Bundesregierung als Ziel ausgegeben. Österreichs Speicher sind aktuell zu 46 Prozent gefüllt. Und sie füllen sich stetig.

    Füllstände in Deutschland höher

    In Deutschland liegen die aktuellen Füllstände der – wenngleich weniger voluminöseren – Gasspeicher bei 62,27 Prozent. Der Speicher Rehden, in Niedersachsen, ist zu 22,13 Prozent befüllt.

    Er ist der größte Gasspeicher Deutschlands und hatte sich bis zum Frühjahr in der Hand des russischen Staatskonzerns Gazprom befunden. Doch dessen Deutschland-Tochter hatte ihn, ähnlich wie Haidach, fast leer geräumt. Im März lag der Füllstand zwischenzeitlich nur noch bei 0,51 Prozent. Dann griff der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein und stellte Gazprom Germania und damit auch den Speicher Rehden unter Kontrolle der Bundesnetzagentur. Diese hält ihr Ziel für "erreichbar": einen Füllstand von 80 Prozent mit 1. Oktober und einen von 90 Prozent mit 1. November.

    Sorgen wegen Nord Stream 1

    In Habecks Ministerium heißt es zur Gesamtlage: "Die Gasflüsse aus Nord Stream 1 liegen derzeit bei etwa 40 Prozent der Maximalleistung. Sollten die russischen Gaslieferungen über Nord Stream 1 weiterhin auf diesem niedrigen Niveau verharren, ist ein Speicherstand von 90 Prozent bis November kaum mehr ohne zusätzliche Maßnahmen erreichbar." Und weiter: "Von der Reduktion ist die Weitergabe von Gas in andere europäische Länder, wie zum Beispiel Frankreich, Österreich und Tschechien, betroffen."

    In Deutschland ist die Sorge, dass Russland nach der Wartung von Nord Stream 1 den Gashahn gar nicht mehr aufdrehen könnte, groß. Kanzler Olaf Scholz hat die Bürgerinnen und Bürger dieser Tage auf lang anhaltende, harte Zeiten mit hohen Preisen eingestimmt: "Die aktuelle Krise wird nicht in wenigen Monaten vorübergehen", sagte er zum Auftakt der sogenannten konzertierten Aktion. Dabei berieten Spitzenvertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften im Kanzleramt über mögliche Abfederungen für Konsumentinnen und Konsumenten. Konkrete Ergebnisse gibt es noch nicht, sie sollen im Herbst vorliegen.

    Deutschland hat am 23. Juni die zweite Stufe im Gasnotfall-Plan ausgerufen. "Gas ist von nun an ein knappes Gut. Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen", sagte Habeck damals und appellierte an die Industrie sowie an private Verbraucher, Energie zu sparen.

    Mehrkosten sozialisiert

    Am Mittwoch wurde der Entwurf für die Reform des Energiesicherungsgesetzes verabschiedet. Demnach sollen Mehrkosten für Importe, die fehlendes russisches Gas kompensieren, gleichmäßig auf alle Kunden verteilt werden. Sonst wären diejenigen im Vorteil, deren Versorger jetzt schon Gas auch aus anderen Ländern beziehen.

    "Die Unternehmen, die jetzt sehr viel russisches Gas haben, die haben ein echtes Problem", sagte Habeck mit Blick auf den in Not geratenen Uniper. Seit Mitte Juni bekommt der größte deutsche Gasimporteur nur 40 Prozent der Gaslieferungen, die Gazprom vertraglich zugesagt hat. Uniper könne flexibel mit anderweitigen Einkäufen darauf reagieren und den eigenen Kunden Versorgungssicherheit garantieren. Jedoch gehe das nur zu "deutlich höheren Preisen", so Habeck. Man sei daher im Gespräch über Staatshilfen. (Günther Strobl, Birgit Baumann, 6.7.2022)

    https://www.derstandard.at/story/2000137188673/speichergas-in-oesterreich-gehoert-oesterreich-nicht-exklusiv

    Also Österreich und Deutschland bzw. deren Unternehmen haben sich von Gazprom Speicher bauen lassen und kassieren die jetzt ein.
    Und gleichzeitig gibt es ein Geschrei: Die Russen liefern nicht wie „vertraglich vereinbart“! – eine sehr schwammige Formulierung …

    Irgendwie geht es hier ausgesprochen unseriös zu.

  195. Dass es in Deutschland relativ viel Gasspeicher gibt, liegt wahrscheinlich am Zechsteinmeer, das sich unter 2/3 bis 3/4 von Deutschland erstreckt hat. Deshalb gibt es fast überall Salz und wenn das ausgesohlt wird hat man einen Hohlraum, der als Gasspeicher genutzt werden kann. Ausgesohlt wird zum Beispiel noch für die Produktion von Soda. 

    Das was ich mir bis jetzt zusammengereimt hat ist folgendes: Die Russen sind unglücklich über die Liberalisierung des Gasmarktes in der EU vor allem mit dem 3. Energiepaket das 2009 verabschiedet wurde. Das hat laut deren Aussagen dazu geführt, das weniger langfristige Verträge abgeschlossen werden und das führt dazu, dass die Gasförderunternehmen einen geringeren finanziellen Spielraum haben, um neue Gasfelder zu erschließen. (das sagen die Russen). 

    Ich nehme an, dass die Nichtbefüllung der Speicher die Reaktion darauf ist. Es wird quasi das Angebot verknappt, damit der Preis steigt. Das war vor dem Krieg. Im Krieg ist diese Vorgehensweise aufgeflogen und ist auch problematisch, weil direkt die deutsche Versorgungssicherheit tangiert ist. Deshalb ist Gazprom Germania unter Treuhandverwaltung gestellt worden und den Versorgern wurden Mindestfüllstände vorgegeben. Das wurmt die Russen natürlich.

    Jetzt wird eine Wartung von Turbinen dazu benutzt, weniger Gas durch Nordstream 1 zu leiten. Dabei kann man nicht nachvollziehen, ob das in diesem Umfang wirklich notwendig ist. Kann sein oder nicht. Die Russen stehen auf dem Standpunkt, wenn Kanada die Turbine wegen den Sanktionen nicht rausgibt ist das nicht unser Problem. Wir würden die Vertäge ja einhalten, aber eure eigenen Sanktionen verhindern das. Die zweite Intention könnte sein, NordStream 1 still zu legen, damit die fertige Nord Stream 2 zertifiziert wird. Würden die Deutschen das machen, wären die Speicher ruck zuck voll, und wahrscheinlich würde dann wie durch ein Wunder auch durch Nordstream 1 wieder Gas fließen.

    Meines Erachtens wäre das gar nicht so blöd Nordstream 2 anzuschließen. Denn wenn Nordstream 1 gewartet wird, kommt immer noch was über Nordstream 2. Nord Stream 2 ist fertig. Das Zertifizieren kostet quasi nichts. Und wenn die Deutschen oder die Europäer das russische Gas nicht mehr brauchen, müssen sie es ja nicht kaufen in Zukunft. Aber es ist doch blöd eine Leitung zu kappen und dann zu jammern: Das Gas ist so teuer.

    Das ist so, wie wenn man in der Wohnung alle Stromleitungen versiegeln würde, weil man sich eine Holzheizung einbaut.

    Das verrückte ist ja, dass mit solche Ankündigung von Habeck die Panik weiter geschürt wird und das führt zu weiteren Spekulationen auf die Erhöhung des Gaspreises. Mit der realen Verfügbarkeit von Gas hat das erst in zweiter Linie zu tun.

  196. Die Stellung der Russen zu dieser Liberalisierung des Gasmarktes war und ist, daß Gas ein so grundlegendes Gut ist, daß man es nicht den Marktlaunen überlassen sollte. Bei sich zu Hause wurde ja Chodorkowskij unter anderem deshalb abgesägt, weil er den russischen Energiemarkt ebenfalls auf Marktwirtschaft umstellen und Jukos an die New Yorker Börse bringen wollte.

    Ähnlich dachten ja auch die österreichischen Politiker und das in Einklang mit den Besatzungsmächten, als 1947-8 in Österreich die gesamte Energiewirtschaft verstaatlicht wurde. Das war nach dem Krieg für den Wiederaufbau essentiell und die Energie ist eine Grundlage jeder Ökonomie.

    Gazprom hat diese Speicher eigentlich als Serviceleistung gebaut, weil sich offenbar kein deutscher oder österreichischer Energieversorger gefunden hat, der diese Leistung erbringen wollte.
    Wenn jetzt diese Speicher verstaatlicht werden, so löst das das Problem nur bedingt, weil auf die Speicher haben ja die privaten Energieversorger Zugriff und können mit dem dort gelagerten Gas Handel treiben.
    Österreichische Unternehmen haben also Gas nach Italien verkauft, vermutlich zu einem höheren als dem Lieferpreis, und das Gas ist jetzt nicht im Speicher.
    Die hiesigen Gasunternehmen hätten gerne, daß Rußland Gas liefert und sie es dann zu einem höheren Preis weitergeben können – mit Berufung auf Logistik und Unkosten und pi-pa-po.

    Das ist bisher meine Schlußfolgerung aus dem obigen Artikel.

    Wie die Lieferverpflichtungen der Russen aussehen, ist nicht klar, aber es ist begreiflich, wenn sie sich nicht gerade um Übererfüllung bemühen angesichts des ganzen Schmutzes, der über sie ausgegossen wird, und den Erschwernissen bei der Zahlung, die durch die Sanktionen entstanden sind.

  197. Zu dem „Preisdeckel“ (auch so ein Unwort der neueren Zeit) schreibt GFP Folgendes:

    „Um zu verhindern, dass Russland von den gestiegenen Ölpreisen profitiert, haben die G7 im Grundsatz beschlossen, einen Preisdeckel für russisches Öl einzuführen. Realisiert werden soll er mit Hilfe von Schiffsversicherern, denen die G7 untersagen wollen, Öltransporte zu versichern, wenn der Rohstoff für einen höheren als den von ihnen festgesetzten Preis verkauft wird. Unklar ist, wie dies funktionieren soll: Versicherer haben keinen Einfluss auf den Verkaufspreis des Öls. Hinzu kommt, dass die traditionelle Dominanz europäischer Versicherer zu bröckeln beginnt: Russische Schiffe werden inzwischen vorwiegend von der Russian National Reinsurance Company (RNRC) versichert; dem Einstieg von Firmen aus anderen Ländern jenseits Europas und Nordamerikas steht prinzipiell nichts im Wege.
    Im Fall von Zertifizierungen etwa ist Indien bereits eingesprungen. Falls sich der Preisdeckel technisch durchsetzen ließe, ist immer noch völlig unklar, wie Moskau darauf reagieren würde. Bekannt ist, dass Gazprom seine Lieferungen an alle europäischen Staaten, die seine neuen Zahlungsmodalitäten nicht akzeptiert haben, gänzlich eingestellt hat. Eine ähnliche Reaktion gilt im Fall eines Preisdeckels als nicht unwahrscheinlich. Zumindest die G7-Staaten aus Europa setzten mit einem Preisdeckel also einen erheblichen Teil ihrer Energieversorgung aufs Spiel.“

    https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8962

    Ein größenwahnsinniges Projekt, das auch die internationale Versicherungswelt umkrempeln könnte. Jede Versicherungsgesellschaft, die sich auf so etwas einläßt, verliert Marktanteile.

    Ähnliches läßt sich aus dem gleichen Artikel für das Gold-Handelsverbot mit russischem Gold erschließen – das Verbot wird nur dazu führen, daß London als Goldbörse an Bedeutung verliert.

  198. Wenn jetzt diese Speicher verstaatlicht werden, so löst das das Problem nur bedingt, weil auf die Speicher haben ja die privaten Energieversorger Zugriff und können mit dem dort gelagerten Gas Handel treiben.

     Der Handel soll ja auch sein. Nur müssen die Speicher jetzt zu bestimmten Terminen bestimmte Füllstände aufweisen und das sollte zumindest in Deutschland, wo dieses Gesetz gilt, nicht dazu führen, dass durch Verkauf Speicher geleert werden. Der Verkauf kann dann nur in einem Umfang stattfinden, dass diese Füllstände eingehalten werden. Wie sich das auswirkt, kann ich auch nicht herleiten. 

  199. Warum die deutsche Handelsbilanz jetzt negativ ist – die Gründe

    Die deutsche Handelsbilanz weist normalerweise immer gigantische Überschüsse aus. Jetzt ist sie ins Defizit gerutscht. Hier die Gründe.

    Die deutsche Handelsbilanz ist ins Minus gerutscht! Nach jahrzehntelangen Überschüssen ist das ein Hingucker – es ist das erste Defizit seit 1991. Deutschland hat also zuletzt mehr Waren importiert als exportiert. Wie kann das sein? Laut heute veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamts wurden im Mai 2022 kalender- und saisonbereinigt Waren im Wert von 125,8 Milliarden Euro aus Deutschland exportiert, und Waren im Wert von 126,7 Milliarden Euro nach Deutschland importiert. Die deutsche Handelsbilanz schloss im Mai 2022 mit einem negativen Saldo von 0,9 Milliarden Euro ab. Im April 2022 hatte der Saldo der Außenhandelsstatistik bei +3,1 Milliarden Euro gelegen, im Mai 2021 waren es noch +13,4 Milliarden Euro.

    Handelsbilanz ist jetzt negativ – die Gründe

    In der ersten Grafik sehen wir, wie sich die beiden Linien immer mehr angenähert haben – der Überschuss in der Handelsbilanz schmolz also immer mehr zusammen, um sich jetzt in ein Defizit zu verwandeln. Es fließt also netto Geld aus Deutschland ab. Die deutschen Exporte im Mai sind gegenüber April 2022 kalender- und saisonbereinigt um 0,5 Prozent gesunken, während die Importe um 2,7 Prozent gestiegen sind. Als Grund für die jetzt negative Handelsbilanz kann man die Verteuerung bei den Energiepreisen anführen. Nicht die Verschlechterung bei den deutschen Exporten ist schuld, sondern die Verteuerung der Energieimporte, die aus dem Ausland eingekauft werden.

    Und wo sieht man einen spürbaren Anstieg der Importe? Im deutschen Außenhandel mit den USA! Dort verschlechtert sich die deutsche Handelsbilanz deutlich. Denn auf Biegen und Brechen versucht man derzeit mehr Öl und vor allem Gas (!) aus den USA einzukaufen. Dies zeigt sich auch in den aktuellen Daten. Die Importe aus den USA stiegen von April auf Mai um 9,7 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro! Gleichzeitig sanken die Importe aus China um 1,6 Prozent im Monatsvergleich, aus UK sanken sie um 2 Prozent. Sogar aus Russland sanken die Importe um 9,8 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Hier ist die Lage klar – Europa und Deutschland reduzieren die Importe aus Russland so schnell und umfangreich wie es nur geht, wegen dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Insgesamt sieht man: Weil Deutschland so viel mehr Energie aus den USA importiert, und weil die Preise für die Energieträger stark steigen, rutscht die deutsche Handelsbilanz ins Minus.

    Auch eine andere Zahl zeigt, dass Deutschland strukturell noch kein Problem im Außenhandel hat. Denn im Handel mit EU-Staaten erzielte Deutschland eine eindeutig positive Handelsbilanz. Im Mai exportierte man in die EU Waren für 67,5 Milliarden Euro, und importierte Waren für 61,8 Milliarden Euro. Die negative Handelsbilanz ist also ganz klar auf den Handel mit Staaten außerhalb der EU zurückzuführen. Dort ist die Außenhandelsbilanz eindeutig negativ. Hier lagen die deutschen Exporte bei einem Volumen von 58,3 Milliarden Euro, und die Importe bei 65 Milliarden Euro.

    Noch eine interessante Zahl: Die deutschen Exporte im Mai 2022 steigen im Jahresvergleich um 11,7 Prozent. Die Importe allerdings steigen viel schneller mit +27,8 Prozent! Daran erkennt man: Die steigenden Importpreise für Brennstoffe lassen die positive deutsche Handelsbilanz abschmelzen, und drehen sie jetzt ins Minus.

    https://finanzmarktwelt.de/handelsbilanz-defizit-gruende-238823/

  200. @Kehrer

    Nur müssen die Speicher jetzt zu bestimmten Terminen bestimmte Füllstände aufweisen.

    Das erinnert mich an bestimmte Elemente der Bankgesetzgebung, wo an einem bestimmten Stichtag eine Summe X in der Kasse sein muß. Da wurden dann am Tag vorher schnell Geldsummen ausgeborgt und am Tag nachher wieder zurückgegeben.
    Die Finanzkrise zeigte allerdings schnell die Grenzen solcher Praktiken auf, weil keiner mehr was herborgen wollte.

    Ob das mit Gas so einfach geht wie mit Geldsummen auf Computern, wage ich allerdings zu bezweifeln. Wahrscheinlich liegen dann ein paar Gas-Futures im Speicher. 🙂 😀

  201. Über die Zahlen der EU-Sanktionen gegenüber Russland, die Angaben über die Teilnahme (welche EU-Länder dabei tätig sind, und welche eher passiv bleiben) schwanken die Angaben beträchtlich:

    “Die EU hat seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar russische Vermögenswerte im Wert von 13,8 Milliarden Euro eingefroren, tut sich aber schwer mit der Beschlagnahmung.
    Diese hohe Summe bleibt in der gesamten EU weitgehend unberührt, sagte ein hochrangiger Beamter der Europäischen Kommission am Dienstag (12. Juli).
    „Im Moment haben wir 13,8 Milliarden Euro eingefroren, die von Oligarch:innen und Einrichtungen stammen, es handelt sich also um eine ziemlich große Summe“, sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders gegenüber Reporter:innen in Prag.
    „Aber ich muss sagen, dass ein sehr großer Teil davon, mehr als 12 Milliarden Euro […], aus fünf Mitgliedstaaten stammt“, sagte er, ohne die Namen der betreffenden Länder zu nennen, und fügte hinzu, er erwarte, dass andere Mitgliedstaaten ihre Bemühungen bald verstärken würden.
    Finanzminister Christian Lindner schätzte die in Deutschland eingefrorenen Vermögenswerte Mitte Juni auf 4,48 Milliarden Euro.
    Ende Juni erklärte eine internationale Taskforce für Sanktionen, dass ihre Mitglieder, zu denen auch mehrere EU-Länder gehören, Vermögenswerte russischer Oligarch:innen und Amtsträger:innen in Höhe von 30 Milliarden Dollar eingefroren hätten.

    Die Russian Elites, Proxies, and Oligarchs Task Force (REPO) teilte mit, dass ihre Mitglieder, zu denen auch die USA, Kanada, Großbritannien, Japan und andere Verbündete gehören, 300 Milliarden Dollar im Besitz der russischen Zentralbank blockiert hätten.
    Die EU hat bisher sechs Sanktionspakete gegen Russland verabschiedet, darunter ein Anfang Juni beschlossenes Verbot der meisten russischen Öleinfuhren.
    Der Besitz von 98 Unternehmen und 1 158 Einzelpersonen, zu denen auch der russische Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow gehören, wurde eingefroren. Außerdem wurde ihnen die Einreise in die EU untersagt."

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/eu-friert-russische-guthaben-im-wert-von-138-milliarden-euro-ein/

    [In der Überschrift und im Text ist übrigens von 13,8 EU-Milliarden die Rede, der Linkschreiber insinuiert hingegen, dass es 138 Milliarden seien. Da war wohl ein größenwahnsinniger Fehlerteufel am Werk. Die vermutlich US-nahe Task Force kommt – weltweit – gar auf 300 Milliarden. Darin würden sich die 14 Milliarden der EU eher mickrig ausmachen..]

  202. In English:  https://www.france24.com/en/live-news/20220629-allies-freeze-330-bn-of-russian-assets-since-ukraine-invasion-task-force

    Dort findet sich, dass die Sanktionen wg. Gold anscheinend innerhalb der G7 nicht von allen geteilt worden sind, gar nur ‘announced’ worden seien:  "On Sunday Britain, Canada, Japan and the United States jointly announced they would ban the purchase of gold from Russia in order to prevent the country and its tycoons from using the metal to avoid sanctions."

    Die feinsinnige Unterscheidung, die Sanktionen sollten die Oligarchen und nicht die normale Bevölkerung treffen, unterschlägt, dass Herrschaftszeiten dadurch gekennzeichnet sind, dass Herrschaften ihren Schaden auf den Rest der Untertanen werden abwälzen können, das macht schließlich eine Wirtschafts-Elite oder ‘Oligarchie’ in Klassengesellschaften generell so aus. Zweitens sollen die Wirtschaftssanktionen, gerade wenn sie so auch die russische Bevölkerung empfindlich treffen sollen, darin den gegnerischen Staatswillen schwächen. So oder so gehts nämlich bekanntlich um den russischen Staat und dessen Niederringung.

  203. Ich stelle in letzter Zeit üfter fest, daß Überschriften in Zeitungen nicht mit dem im Artikel abgehandelten Fakten übereinstimmen.
    Oftmals scheinen die Überschriften das Wunschdenken wiederzugeben, während dann doch die hinter den Wünschen zurückbleibende Realität im Text steht.

    Was für die Sanktionen gilt, ist das gleiche wie mit den Kriegsverbrechen: Die Rererei um die „zivilen Opfer“ ist verlogen, es geht immer gegen die ganze Bevölkerung.

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