DER HEILIGE GEIST GIBT DEN GEIST AUF
„Die portugiesische Regierung erwägt Insidern zufolge, der angeschlagenen Banco Espirito Santo (BES) mit Steuergeld unter die Armee zu greifen. … Der Verlust der größten an der Börse notierten portugiesischen Bank belief sich in den sechs Monaten auf 3,6 Milliarden Euro. Damit wurden alle Kapitalpuffer vernichtet, die Kernkapitalquote fiel unter den von der Notenbank vorgeschrieben Wert. … Am Mittwoch hatte die Bank für das erste Halbjahr den größten Verlust verkündet, den jemals ein portugiesisches Bankhaus verzeichnet hatte.“ (Handelsblatt, 1.8.)
Wie konnte es dazu kommen?
Die Bank und Holding Espirito Santo – die Familie heißt wirklich so! – war einer der großen Gewinner des Estado Novo Salazars. In der Interessensverflechtung von Staat und Wirtschaft dominierte das Unternehmen den Handel mit den Kolonien, die Lebensmittelindustrie, Handel und Versicherungswesen. Das ganze Firmenkonglomerat rund um die Bank war eine der Säulen, auf der der Estado Novo beruhte. Nach der Revolution von 1974 wurde ihre Stellung für die neue Regierung untragbar. Die Bank wurde verstaatlicht, der Geschäftsführer vor Gericht gestellt. Das Imperium wurde zerschlagen, die Unternehmerfamilie verließ das Land.
Dergleichen Schritte der portugiesischen Regierung waren nicht, oder nicht ausschließlich ideologisch begründet oder inneren Machtkämpfen geschuldet. Dergleichen Staaten innerhalb des Staates, Monopolkapitale waren mit der angestrebten EG-Integration unvereinbar, wie auch die Jahre später in Spanien verfügte Auflösung und Teilverstaatlichung der Rumasa-Holding zeigt.
Die Familie Espirito Santo begann, mittels ihrer im Ausland verbliebenen Assets ein neues Imperium aufzubauen. Es kam zu einer Firmengründung in Luxemburg, dem Kauf von Banken in Florida, London und Paris. Als die portugiesische Regierung unter dem derzeitigen Präsidenten und damaligen Premierminister Cavaco Silva ab 1985 eine umfangreiche Re-Privatisierung einleitete, nahm die Familie Espirito Santo die Chance wahr, sich wieder in Portugal einzunisten. Ihre strategischen Partner dabei waren Credit Agricole und Chase Manhattan.
Nach ihrer Neustrukturierung in Portugal wurde die Bank BES (Banco Espirito Santo) zum Pionier des Hypothekarkredits, der Kreditkarten und des Leasing. Sie galt als effizienteste portugiesische Bank und unternahm 1993 einen erfolgreichen Börsengang in New York. Mit der EU-Integration, der Liberalisierung des Kreditwesens und der Einführung des Euro expandierte die Bank weiter. Als besonderer Wachstumsmarkt galt ihr Angola, das vor ungefähr einem Jahrzehnt aufgrund seiner Rohstoffe ein Hoffnungsmarkt für Spekulationen aller Art wurde, die zu einem guten Teil über die BES abgewickelt wurden.
Von der Krise 2008 wurde die BES natürlich auch betroffen. Sie reagierte mit Kapitalaufstockungen und Wertpapieremissionen. Staatliche Hilfe lehnte sie ab, weil sie dann behördlichen Prüfern Einsicht in ihre Bilanzen hätte gewähren müssen. 2011 war die BES eine der drei portugiesischen Banken, die sich weigerten, weiter Staatsanleihen aufzukaufen und damit die portugiesische Regierung nötigten, bei der EU um Kreditstützung, irreführenderweise „Rettungsschirm“ genannt, anzusuchen.
Es ist lustigerweise, oder vielleicht notwendigerweise gerade die in den Zeitungen vielbejubelte „Erholung“ Portugals, die offizielle Beendigung der Kreditstützung im Mai dieses Jahres, die die BES-Holding in Schwierigkeiten brachten. Auf einmal richtete sich der Blick des internationalen Finanzkapitals wieder auf Portugal, und es stellte sich heraus, daß viele der Kapitalaufstockungen der BES den Vorschriften der Finanzbranche widersprochen hatten.
Bereits 2013 hatte sich herausgestellt, daß ihre Tochterbank in Angola ein paar Milliarden Euro in den Sand gesetzt hatte. Der angolesische Kreditsektor konnte nur durch Garantien des Staates aufrechterhalten werden. Eine Verstaatlichung der angolesischen Tochterbank steht ins Haus.
Zu den Institutionen, die der BES in den letzten Jahren unter die Arme gegriffen haben, gehört die portugiesische Telefongesellschaft, die BES-Anleihen in der Höhe von 900 Millionen Euro gekauft hat. Außerdem wurden in den vergangenen Jahren alle möglichen Schulden so „bewältigt“, daß Tochterunternehmen die Bank oder die Bank die Tochterunternehmen kreditierte. In diesem Hin- und Herschieben von Schuldtiteln und teilweise obskuren, halb geheimen Wertpapierausgaben sind ein paar Milliarden an Schulden aufgelaufen. Man vermutet, daß die derzeit offiziell gewordenen 3,6 Milliarden nur die Spitze des Eisbergs sind.
Die blöde Agenturmeldung (das HB schreibt auch nur mehr von Agenturen ab), daß die portugiesische Regierung erwägt, der Bank „mit Steuergeld unter die Armee zu greifen“, hats auch in sich. Die BES könnte Portugal in diesem Falle ein zweites Mal in die Zahlungsunfähigkeit schicken. Schon jetzt gehen die Zinsen für portugiesische Anleihen wieder in die Höhe. Die Einrichtung einer Bad Bank wird erwogen – auch die würde den portugiesischen Staatskredit belasten.
Die BES ist ein integraler Teil des portugiesischen Unternehmens-Panoramas. Viele Unternehmen sind entweder Schuldner der Bank oder Gläubiger eines ihrer Tochter-Unternehmen. Schon aus nationalem Interesse kann sich Portugal nicht leisten, die Bank pleite gehen zu lassen.
Auch die internationalen Verflechtungen haben es in sich. London, Paris und New York spüren die Beben, die derzeit von Portugal ausgehen, schon allein wegen der zahlreichen Beteiligungen, die entweder BES bei ausländischen Banken, oder diese bei der BES haben. Es ist ja außerdem nicht so, daß die Praktiken und die Situation der BES so ein Ausnahmefall in der EU wären. Jede Menge andere Banken ist in ähnlicher Lage – ein kleiner Vertrauensverlust, zu genaues Nachschauen durch einen Prüfer, und schon kann das Ding kippen.
Vermutlich ist wieder einmal de EZB aufgerufen, hier irgendwie Geld und Garantien zu liefern – also den Euro-Kredit mit weiteren entwerteten Schuldtiteln zu belasten.
Vor zwei Monaten freuten sich alle: Portugal generiert Wachstum, die Arbeitslosenrate wurde auf 15% (!) reduziert, es geht bergauf!
Aus der Traum, und die Propagandaabteilung der EU tut sich derzeit schwer.
Antikapitalismus/Die Marktwirtschaft und ihre Unkosten/Geld & Kredit/öffentliche Schulden (Staaten, Länder, Gemeinden)
Da Portugal immer hinter Griechenland nicht so im Fokus der Berichte stand, verlinke ich einen Artukel von 2011 über Portugal, der das “Reformprogramm”, das bis vor kurzem als super erfolgreich galt, darstellt
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/das-volk-billiger-machen
Die Frage, die schon einmal auf diesem Blog im Zusammenhang mit Griechenland aufgetaucht ist, ist die: warum macht es eigentlich ein Land kreditwürdig, wenn die Bevölkerung verarmt wird?
Ist es die Härte gegen die eigene Bevölkerung, die den Kreditgebern Vertrauen einflößt? Lieber zieh ich allen Portugiesen das letzte Hemd aus, als eine Staatsanleihe unbezahlt zu lassen? (Ist ja seinerzeit bei Argentinien gründlich schiefgegangen.)
Oder ist es die Überzeugung, daß billige und willige Arbeitskräfte mit Notwendigkeit Kapital und Aufschwung ins Land bringen?
Die Frage will sich über die Qualität der Schulden (und über das Ausmaß der Verschuldungsfähigkeit eines Landes) Rechenschaft ablegen. Der Theorie nach sollen Schulden ja lediglich vorweggenommenes Wachstum sein.
Das wird gemessen und bezweifelt, weil die Finanzer daran im Zinssatz das Verhältnis von Renditeerwartung zu Risiko gewichten.
(Dass das der Sache nach allesamt so nicht hinhaut, stimmt ja.
Trotzdem machen die Finanzer das – und haben das als Regeln für ihre Fonds etc. festgeschrieben.
Ab einem bestimmtem Ausmaß an Verschuldung dürfen sie Staatsanleihen von ‘überschuldeten Ländern’ nicht mehr in ihre sicheren Portfolios aufnehmen. Das gilt dann nämlich als Risikokapital, also eine andere Geschäftssphäre.
Der entsprechende Staat kann sich dann nur noch gegen sehr hohe Zinssätze refinanzieren.)
Dass damit klar ist, dass nie “Euro-Bonds” o.ä. aufgelegt würden, die den Staaten also eine höhere Verschuldungsrate ermöglichen, denn nur so ließe sich Wachstum anschieben, weiß man nicht. Frankreich und Italien plädieren ja sehr dafür, diese strikte Verarmungspolitik zu mildern.
(Die SPD als Regierungspartei will es darüber aber vermutlich – noch – nicht zum Krach kommen lassen – derzeit …)
Meine Antwort ist übrigens etwas schräg zu deiner Frage.
Deine Frage habe ich nämlich so umformuliert:
Warum wird so auf die (angebliche) “Qualität” der Schulden geachtet
– und zwar von seiten des Finanzkapitals…???
(Dass auf ihren Schuldenstand zu achten sei, müssen diese Staaten unterschreiben als Unterwerfung unter das Reglement der EZB. Die Troika kommt dann alle Wochen vorbei und überprüft, ob auch wirklich genug verarmt worden ist, ansonsten wird die nächste Kredit-Tranche der EZB nämlich nicht ausgezahlt und das Land weiter erpresst, dann gibts darüber Zoff mit Berlin, und dann wird ggf. verspätet ausgezahlt
– vgl. die Modalitäten der Troika mit Griechenland.)
http://www.nzz.ch/wirtschaft/milliardenschweres-rettungspaket-fuer-banco-espirito-santo-1.18356077
Die NZZ berichtet:
“Der weitaus grösste Teil der angekündigten Finanzspritze kommt aus einem nicht spezifizierten Betrag aus Mitteln der externen «Troika».
Der Zentralbankgouverneur erklärte in einer Fernsehansprache, dass der Abwicklungsfonds (finanziert durch portugiesische Banken und Kreditanstalten) allein nicht über genügend Mittel verfüge und daher auf Gelder aus dem Hilfsprogramm der «Troika» zurückgreifen müsse.”
@Nestor
“Warum macht es eigentlich ein Land kreditwürdig, wenn die Bevölkerung verarmt wird?”
Lese doch dazu mal die zahlreichen Finanz-Artikel im GSP! Die Verarmung ist nicht der Zweck, aber der Staat
soll darüber das Überflüssige weil Unproduktive bei sich reduzieren und abschaffen, um darüber wieder kreditwürdig zu werden.
@dazu
“Der Theorie nach sollen Schulden ja lediglich vorweggenommenes Wachstum sein.”
Welcher Theorie nach?
Sie s i n d es doch, oder sie sind faule Kredite.
Und warum “lediglich”?
Welchen Zweck sollen Kredite denn sonst haben?
Der Preis der Kredite, die Zinsen, müssen schon aus den Gewinnen herauskommen.
Auch hierzu meine Empfehlung im GSP die einschlägigen Artikel. Oder das Buch “Das Geld”.
Hallo Volker,
nun machen Staaten bekanntlich keine Gewinne,
sondern häufen Schulden auf
(auch die erfolgreichen!)
Erläutere doch mal die Prinzipien,
nach denen S t a a t e n Kredit bekommen.
Ist schon mal ein europäischer Staat aufgelöst worden,
weil er keinen Kredit gekriegt hat?
Warum denn eigentlich nicht?
Gibts da nicht massenweise “faule Kredite”?
Was sind denn dafür die Kriterien?
Danke für den Buchtipp,
was entnimmst du dem Buch denn genau?
@dazu
Du erstaunst mich. Aber dann empfehle ich die Lektüre des GStP – erscheint 1/4 jährlich-
😉
und viele Artikel sind auch im Internet abrufbar.
Staaten bekommen natürlich als ideelle Gesamtkapitalisten Kredit, um ihre Wirtschaft erfolgreich z B als Standort auf dem Weltmarkt zu behaupten. Dafür setzen sie ihr Volk ein und schaffen Infrastrukturmaßnahmen etc pp.
Und last not least weil sie eine erfolgreiche Gewalt aufzubieten haben. Warum sind denn die USA die größten Schuldner?
Es gibt hierzu auch einen aktuellen Veranstaltungsmitschnitt unter argudiss.
@ Volker
wenn Schulden, wie du mich oben zitierst hast, “vorweggenommenes Wachstum” sein sollen – dann unterstellen sie ja den Verwertungsprozess, der aus einer gegebenen Menge Reichtum (abstrakten Reichtum: Geld) ein Mehr an Reichtum produziert.
Schulden sind d a n n vom Unternehmer an die Bank quasi das Versprechen (und die Erpressung gleichzeitig), dass diese Verwertung funktioniert, sonst sieht der Schuldner alt aus, denn dann kann er nicht nur die Bank-Zinsen nicht bezahlen, sondern hat vielleicht sogar sein vorgeschossenes Kapital verloren (wenn er z.B. Ladenhüter produziert hat, die kein Mensch ihm für seinen erwarteten Preis abkaufen will).
Das ist das ökonomische Verhältnis von Geld und Schulden im kapitalistischen Verwertungsprozess.
Hier ist das mit den faulen Krediten auch gut angesiedelt,
wer die Kredite nicht zurückzahlt, dem sperrt die Bank den Geldhahn für weitere Kredite zu, und, da sie misstrauisch geworden ist, verlangt sie penibelst auch die sofortige Rückzahlung des ausgeliehenen Geldes.
Kriegt sie das aber nicht zurück, dann sind das bei der Bank Verluste:
“faule Kredite”.
(Das m u s s man übrigens im Original bei Marx studieren,
alle Zusammenfassungen, Wiki-Artikel etc darüber nutzen nix!)
Das mit den Staaten funktioniert aber etwas anders.
(Aber schreib erst mal, ob du dies so nachvollziehst,
– oder ob ich dich sowieso nur mit Banalitäten langweile…)
@dazu
volle Übereinstimmung – so wirds auch beim GS dargestellt, oder hast du dbgl Differenzen?
@dazu
volle Übereinstimmung,so und noch ausführlicher wirds im KIII und GStpkt dargestellt. Ich habe mich in aller Kürze auf die Staatsschulden bezogen.
@dazu
Soweit ich weiß, liegt es nicht an der Verschuldung, sondern am Rating. Papiere unter einer bestimmten Bonitätsstufe dürfen nicht gekauft oder müssen verkauft werden, sobals sie heruntergestuft werden. So kam ja Griechenland in die Bredouille – die Agenturen haben das 3. „B“ weggenommen und alle sogenannten institutionellen Anleger, also Versicherungen, Pensionsfonds und Waisenkassen, mußten verkaufen.
Du hast wahrscheinlich recht, daß diese ganze Sache auf irgendwelchen Formalismen beruht.
Es gab ja so eine Formel, daß über 80% Staatsverschuldung angeblich das Schulden-Rückzahlen enorm erschweren, und deshalb die Staatsverschuldung immer darunter bleiben sollte. Das haben ein paar US-Profs mit Hilfe irgendwelcher Statistiken „nachgewiesen“. Voriges Jahr hat ein Student in den USA nachgewiesen, daß diese Statistiken nach der Logik des Vorurteils ausgewertet wurden – die Profs hatten schon vorher die 80% im Sinn und haben die Statistiken dann frisiert – und damit ist eigentlich endgültig klar, daß das ein Riesen-Schmarrn ist.
Auch die Maastricht-Kriterien leben ja von der verkehrten, im Grunde sogar verrückten Logik, daß ein quantitatives Verhältnis den Erfolg der Nation garantieren oder zumindest als sein Ausweis gelten soll.
Im Grunde geht aber die Antwort in der Tat an meiner Frage vorbei, weil die lautete ja: Warum wird Verarmung der Bevölkerung als Ausweis der Solidität der Schulden angesehen? Oder zumindest angenommen, daß dieser Staat ein verläßlicher Schuldner ist?
Man könnte als Finanz-Fuzi, der Staatsanleihen kaufen will, ja genauso sagen: aha, da geht die Zahlungsfähigkeit zurück, der Markt und die Wirtschaft schrumpfen, die Einnahmen des Staates werden also zurückgehen, nix wie weg hier!
Die Staatsverschuldung Portugals ist übrigens während der Zeit des „Rettungsschirmes“ gestiegen, sie liegt derzeit bei 133% des BIP – dennoch wurde Portugal als „gerettet“ eingestuft und im Mai aus dem Troika-Regime entlassen.
@dazu
Alles klar, nur verstehe ich deinen argumentativen Wechsel von Staatsschulden zu Unternehmerschulden nicht. Worüber möchtst du dich denn nun auslassen?
@dazu
Soweit einverstanden. Auf Wiki bezog ich mich nicht s o 😉
Geht/ging es dir denn in deinen Beiträgen um Kredit für den Staat oder für Unternehmen?
Schulden sind übrigens ein Rechtsverhältnis, das man nur dann als eine Erpressung ansehen kann, wenn eine Seite diesen Vertrag nicht erfüllen will, denn um ein Schuldverhältnis einzugehen, wird man nicht gezwungen.
Über den Grund für Staatsverschuldung habe ich in aller Kürze etwas auf die Frage geschrieben. Aber wichtig scheint noch zu sein, dass der Kredit (für Staatsschulden) überhaupt erst die Geburt des Geldes darstellt. Aber wir gesagt, dazu gibt es im genannten Verlag viel Material.
@Volker
Was soll man sich darunter vorstellen? Alle Arbeitslosen ins Meer kippen, oder was? Säuglinge und Pensionisten hinterher?
Ein ziemlich dummer Spruch, wenn er ernst gemeint ist. Das kann ja auch von der EU bzw. der Troika nicht gemeint sein, daß der Staat sich aller nicht produktiven Bevölkerungsteile entledigen soll.
Irgendso ein verrücktes Ideal muß es natürlich geben, das auch mit dem Wort „gesundschrumpfen“ bezeichnet ist.
Da heißt es immer, das Um- und Auf der kapitalistischen Wirtschaft sei Wachstum, und auf einmal soll es „gesund“ sein, zu schrumpfen?
Es werden ja in den letzten Jahren alle möglichen dieser komischen Prinzipien durch die Hintertür entsorgt. Und an Griechenland läßt sich auch feststellen, daß Verarmung der Bevölkerung eben kein Investoren-Vertrauen schafft, sondern das Land noch tiefer in die EU-Rettungsseile hängt.
Eben deshalb war es so notwendig, an Portugal zu zeigen, daß die IWF-Politik und Troika-Politik doch funktioniert, „greift“, deshalb die vermeintliche Entlassung auf den freien Markt, die durch den Zusammenbruch der BES jetzt wieder in ein etwas schiefes Licht gerät.
Übrigens weist es auf eine Schwäche des eigenen Arguments hin, wenn man jemandem anderen eine Lektüre empfiehlt, anstatt eine Frage zu beantworten. Wie man sieht, bringt das GSP-Zitat ja auch nicht gerade Klarheit in die Sache.
Auf was die Frage von mir eigentlich abzielte, war: was für eine Berechnung wird beim potentiellen Anleihen-Käufer angenommen, daß der die Verarmung durch Anleihenkauf honorieren soll?
Damals, seinerzeit, kam die Frage deshalb auf, weil die IWF-Politik in Lateinamerika und auch Osteuropa lange funktioniert hat, aber das war eben in Peripherie-Ländern vom Standpunkt der Kapitalakkumulation, wo auch die Staatsverschuldung etwas anders verläuft. Diese gleiche Politik auf Kernländer des Kapitals, die Teilnehmer an einer Weltwährung sind, anzuwenden, bringt nicht das angestrebte Ergebnis.
Ich versuchs mal
Um wettbewerbsfähig zu sein, muss der Anteil des Lohns an jedem Stück Ware ständig gesenkt werden (“Lohnstückkosten-Vergleich”).
Das geschieht zum einen durch Verbilligung der Arbeit. (Klassisch: Lohnsenkung, Niedriglohnsektor etc – das alles wird ja auch heftig in den ‘Krisenländern’ eingerichtet, bzw. gabs schon dort).
Das geschieht zum anderen dadurch, dass pro Stück immer weniger menschliche Arbeitskraft aufgewendet wird, was die Arbeit immer produktiver macht. Die entsprechenden Investitionen in Maschinerie, Arbeitsorganisation usw., die allerdings zusätzlichen Kapitaleinsatz erfordern, führen dazu, dass aus jedem einzelnen Arbeiter immer mehr Leistung für relativ weniger Lohn herausgeholt werden kann.
So setzt sich ein Konkurrent gegen seine Mitkonkurrenten auf dem Markt durch, indem er einen unschlagbar günstigen Preis erzielt, mit dem er die zahlungsfähige Nachfrage dann also auf sich zieht.
Bei den Krisenländern fehlt im Regelfall die gesamte Abteilung zwei, es gibt kaum weltmarktmäßige Fabriken dort.
Die Kalkulation mit der Verarmung zielt darauf, dass ein Investor die übermäßig spottbillige Arbeiterbevölkerung als Anlass nimmt, dann dort weltmarkttaugliche neue Fabriken hin zu verlegen.
Unterstellt ist dabei allerdings, dass die Billigkeit der Arbeitskraft das aller-entscheidendste Argument wäre. Dem ist aber hierzulande gerade eher nicht so. Die entsprechenden Fabriken (Textil z.B.) sind längst in die Sphäre der superbilligen Lohnarbeiter ausgewandert, z.B. nach Pakistan oder Bangladesch, wo letztens die Fabriken zusammengekracht sind.
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/textilfabriken-in-bangladesch-eigentlich-muessten-wir-alle-fabriken-schliessen/9771918.html
@Volker
Verschiedene Kommentare von dir sind in der Warteschlange hängengeblieben und jetzt erst von mir dort befreit worden.
Dort kommen sie dann hin, wenn der Blog-Administrator den Verdacht hat, es könnte sich um Spam handeln.
Nach was für Kriterien der vorgeht, weiß ich nicht. Seit eineinhalb Monaten muß ich nämlich auch immer Spam-Postings löschen, die er durchgelassen hat, und die im Unterschied zu deinen Beiträgen in völlig fehlerhaftem Deutsch verfaßt sind.
“1.) Über den Grund für Staatsverschuldung habe ich in aller Kürze etwas auf die Frage geschrieben.
2.) Aber wichtig scheint noch zu sein, dass der Kredit (für Staatsschulden) überhaupt erst die Geburt des Geldes darstellt.”
(Volker)
Deine Ausführung zur ersten These habe ich jetzt nicht entdeckt, die sind wohl wirklich im SPAM gelandet. (Oder?)
Aber das Nachdenken über das Ausmaß oder die Höhe der Staatsverschuldung macht ja eigentlich eh nur Sinn, wenn man das Prinzipielle daran vorher geklärt hat. Wieso / wofür hat der Staat Geld, und muss er es sich leihen oder druckt er es sich einfach selber?
Könntest du also bitte einfach deine zweite These noch einmal etwas ausführlicher aufschreiben? Was genau meinst du damit?
@dazu
Ja, genau so einfach und primitiv muß die Logik gehen. Das tut so, als wäre dort nur deshalb nichts entstanden, weil die Löhne zu hoch waren, als hätte das Kapital keine anderen Gesichtspunkte als die Höhe des Lohns. Dann fragt man sich wirklich, warum es in Afrika so wenig Industrie gibt.
Portugal soll angeblich auf Grundlage der verbilligten Arbeitskraft eine bedeutende Schuhindustrie auf die Beine gestellt haben und deshalb Wachstum generieren – so unter anderem wurde die „Erholung“ Portugals und der Rückzug der Troika verkauft.
Mir kommt das komisch vor. Erstens kann man nicht in 3 Jahren einen ganzen Industriezweig aus dem Boden stampfen, da muß schon vorher etwas dagewesen sein. Außerdem vermute ich, daß die Konkurrenzfähigkeit gegenüber südostasiatischer Billigware durch verdeckte Exportsubventionen hergestellt wurde.
scheint säääääähr innovativ zu sein
http://www.die-welt-der-schuhe.de/internationale-schuhwelt/portugiesische-schuhe.aspx
habe ich auch nur ergoogelt
– und habe keine Antwort auf deine Fragen.
Portugal hat ja mit dem späten EU-Beitritt auch damals EU-Gelder (Regionalfonds / Kohäsionsfonds?) gekriegt, und etliches völlig umgekrempelt. Da lässt sich vermutlich noch etliches finden über die damalige EU-Euphorie und die Folgen in Portugal.
Und wieso das dann doch nur ein “Strohfeuer” war.
Also, wie „dazu“ schon in einer Erklärung angesetzt hat, versuche ich das noch mal in drei Schritten.
1. Geld und Kredit – 2. Kreditmittel des Staates – 3. Währungsvergleich (Vergleich des Staatsschulden)
Ich möchte dabei auf das Buch „Das Geld“ verweisen, S. 113ff „Das Geld des Staates“, wo es ab S. 115ff sinngemäß heißt, was ich hier in Kürze versuche zu referieren:
1. Der Staat – resp seine Instanzen, in der EU die EZB- schöpft das Geld mit dem Gebrauch seiner Hoheit über die ökonomischen Beziehungen zwischen den Bürgern untereinander und ihm. Er knüpft an die Usancen der privaten Kreditwirtschaft an, wo Zahlungsversprechen als Zahlungsmittel dienen. …
Mit dem Ersatz von barem Geld durch Buchungsakte erleichtern die Banken nicht nur den Zahlungsverkehr, sondern das Entscheidende ist, dass sie den Kapitalisten von der Last befreien, auf den Rückfluss des G’ / den Erlös seiner Waren zu warten und ihm Kredit gewähren: Das Geld, das erst noch verdient werden muss, also noch bevor der Verkaufserlös beim Verkäufer eingetroffen und der geschaffene Tauschwert überhaupt realisiert ist, wird bereits seiner Verwendung als Geld heckendes Kapital zugeführt. Der Umschlag G – G’ stockt also nicht, er kann sogar ohne die benötigte Geldsumme in Gang kommen.
Die Banken eröffnen sich damit die Freiheit, sich von dem Geldbestand, über den sie verfügen, zu emanzipieren und zahlen mit Kreditgeld, mit Banknoten, die auch bei ihnen gar nicht für verdientes und verfügbares Geld, sondern für Geldforderungen aus Leihgeschäften aller Art stehen. (Vgl. K III S.557)
Das Ganze funktioniert natürlich nur auf Basis dessen, dass das kapitalistische Gesamtkunstwerk seinen Gang geht und das Kapital im Großen und Ganzen tatsächlich erfolgreich umschlägt und wächst. …
Die Leistung der staatlichen Zentralbank: Geschäftsbanken müssen bei der Zentralbank Einlagen hinterlegen etc. Für das Zentralbankgeld, das die Geschäftsbanken abrufen können, müssen sie kommerzielle Wertpapiere hinterlegen etc. Die Zentalbank ist natürlich nicht dazu da, den Geldkapitalisten das Kreditrisiko abzukaufen, sondern soll gelingende Kreditgeschäfte refinanzieren und daran regulär mitverdienen. … Der Geldschatz, den die Banknoten der Zentralbank also repräsentieren, besteht in nichts anderem als in ihrem öffentlichen Auftrag, alle Geldfunktonen einschließlich der definitiven Gestalt des gesellschaftlichen Reichtums resp. des privaten Vermögens zu versehen. … Die staatliche Notenbank stiftet also selber das Geld, um dessen Vermehrung es im Umschlag des Kapitals der Gesellschaft geht.
Zu den Staatsfinanzen vgl auch Artikel im GStdpkt 4-97, der im Internet abrufbar ist, im genannten Buch auf S.127ff , S. 132 heißt es u. a.
2. Der Staat verwendet seine Schulden zur Finanzierung für notwendig erachteter Bedingungen (!) des nationalen Wachstums –
@ Nestor: Thema Volk:
Er baut Infrastruktur (Straßen …) aus, bildet sein Volk in Schulen, Universitäten aus, baut Krankenhäuser etc. Das unterlässt er dann auch, wenn es zum nationalen Wachstum nichts beiträgt resp. sich nicht dahingehend auszahlt, dass er kreditwürdig ist und das Geld dafür bekommt.
Er konsumiert, was er sich leiht und etabliert einen Widerspruch: Er verbraucht gesellschaftlichen Reichtum und organisiert dessen Abzug vom Vermögen der Gesellschaft als Zuwachs von Finanzkapital, von Wachtumsmtteln in den Händen der nationalen Geschäftswelt.
Dabei inszeniert er den Widerspruch: Der Staat trennt zwischen Geldschöpfung und fiskalischer Geldbeschaffung: Was seine Notenbank an Geld in die Zirkulation gibt, soll erst als Kreditmittel fungieren, als kapitalistischer Vorschuss seinen Dienst tun, bevor er es sich ausleiht. Staatsschulden also in die Welt gesetzer Kredit, soll in jeder Hinsicht als Wachtsumsmittel wirken, als Finanzmasse für weiteren Kapitalvorschuss in den Händen der Geldanleger, aber auch als investive Ausgabe in seinem Haushalt, als Vorschuss, der durch Einsparung oder durch Zunahme von Steuermitteln quasi kapitalistisch eingelöst wird. Eine Fiktion! Denn es ist ein Kredit, der nicht als Kapitalvorschuss ausgegeben wird und das Kreditgeld der Staatsschulden verdankt seine Macht keinem Tauschwert, dessen Realisierung es antizipiert. Es ist nichts als staatliche Gewalt was diese Schulden zu fiktivem Kapital mit Zinserträgen und die darauf basierenden Umlaufmittel zu Geld machen. Das ist ein Verstoß gegen die elementare Bestimmung des abstrakten Reichtums, das Ergebnis gelungener kapitalistischer Geschäfte zu sein.
Doch der Kredit tut dessenungeachtet seinen Dienst. Aus den Wertpapieren wird die Basis für mehr Kredit und mit den Umlaufsmtteln wird gekauft und gezahlt. Für die kapitalitische Geschäftswelt eröffnet sich die Freiheit, für die produktive Tätigkeit höhere Preise zu velangen. In der Konkurrenz um die vorhandene Zahlungsfähigkeit steigern sie nicht jeden Preis aber das Zahlungsniveau. Das Geld wird dadurch weniger wert (Inflation) …
@ Volker,
ich bin nicht so schnell,
für meinen Privatgebrauch hast du in deinen beiden Posts einfach zu viele schwierige Themen auf allzu knappem Raum verhandeln wollen.
Man tut sich übrigens beim Verstehen leichter, wenn man sich von den genauen Worten der Textvorlage auch mal löst und alle Inhalte Schritt für Schritt mit seinen eigenen Worten konstruiert. Denken muss man den Kram doch sowieso selber, warum dann so sklavisch an der Vorlage kleben?
Du fängst an mit:
“Der Staat (…) schöpft das Geld mit dem Gebrauch seiner Hoheit über die ökonomischen Beziehungen zwischen den Bürgern untereinander und ihm.”
Ich dachte immer, Staaten finanzieren sich über Steuern und Abgaben.
Du behauptest hier aber, sie finanzieren sich über Geldschöpfung.
In der BRD wird grad eine heftige Debatte über “stille Progression” geführt, demzufolge der Staat zu viele Steuern kassiere.
Wieso gibt es solche Debatte, wenn der Staat einfach das Geld schöpft?
Oder leihen die Bürger dem Staat das Geld (und krieges es dann in Form von staatlichen Leistungen zurück)?
So wird ja im Wahlkampf argumentiert. Wir Bürger geben dem Staat das Geld, dann erwarten wir auch, dass der Staat wenigstens ordentlich funktioniert.
Was genau ist denn nun deine “Geldschöpfung”?
Und wozu dienen dann noch Steuern und Abgaben?
Du hast m.E. in deinem ersten Post Zitate dazu zusammengestellt, wie das Verhältnis der Zentralbank zu den Geschäftsbanken funktioniert. Das ist aber a) eine sehr abgeleitete Fragestellung, die sehr viel vorher Geklärtes voraussetzt.
b) Sehe ich darin keinen direkten Zusammenhang zum Thema “Portugal”, sondern c) in deinen Zitaten geht es m.E. also um eine ganz andere Fragestellung (da müsste man die EZB bzw. Bundesbank erklären).
Vielleicht ist es eine gute Idee, einmal ein paar alte MSZ-Artikel zu Portugal zu lesen, weil viel ist über dieses Land ja hierzulande nicht bekannt:
http://msz1974-80.net/Portugal.html
http://msz1974-80.net/Portugal2.html
http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/80/80_5/portugal.htm
http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/81/81_3/eg.htm (Zum EG-Beitritt, so „spät“ war der übrigens nicht)
http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/86/86_3/portugal.htm
@Volker
Dein theoretischer Ehrgeiz in Ehren, aber ein Blog ist nicht dazu geeignet, zu klären, was Geld ist.
Da sei wirklich einmal auf das Buch verwiesen:
http://www.gegenstandpunkt.com/vlg/geld/gsgeld_i.html
wo das versucht wird erschöpfend abzuhandeln.
@ Volker
„Der Theorie nach sollen Schulden ja lediglich vorweggenommenes Wachstum sein.“ (dazu)
“Sie s i n d es doch, oder sie sind faule Kredite.” (Volker)
“Nun machen Staaten bekanntlich keine Gewinne,
sondern häufen Schulden auf
(auch die erfolgreichen!)” (dazu)
Volker, ehe man sich über die Techniken davon unterhält,
w i e nun eine Geschäftsbank vom Staat mit Geld versorgt wird
(das war d e i n Thema,
– da ist aber schon das Staatsgeld längst als erklärt unterstellt!)
– wollte ich ganz prinzipiell unterstreichen,
dass der Staat ein extrem besonderer Schuldner ist,
weil er erst einmal gar nicht klassisch bankrott gehen kann.
“Überschuldete Haushalte” haben die Staaten also alle.
Und dass man das Staatsverhalten als “Staatshaushalt” bezeichnet,
legt ja die falsche Vermutung auch etwas nahe, dass es dort so zuginge,
wie bei der strengen Hausfrau im Schwäbischen,
die darauf achtet, dass Vatern nicht mehr Geld ausgibt,
als das Familieneinkommen eingebracht hat.
Das ist ein populäres Missverständnis.
Alle Staaten sind hoch verschuldet,
oft schon seit Jahrzehnten.
Selbst wenn die BRD behauptet, demnächst keine weiteren Neuschulden mehr machen zu wollen (- abwarten…), so sitzt sie immer noch ganz zufrieden auf einem gigantischen Riesenberg von Altschulden.
Und schau dir das alle Beschreibungen spottende (angebliche Miss-) Verhältnis der Schulden zu den staatlichen Einnahmen in den USA an.
Schulden der erfolgreichen Staaten werden oft durch weitere Schulden abgelöst – und das sind dann aus Sicht der Geschäftswelt sogar prima Kredite, um die sich die Hedgefonds-Manager sehr reißen – also von wegen “faule Kredite”…! Diese Kredite sind so gut angesehen, dass man heutzutage dafür fast gar keine Zinsen mehr kriegt, wenn man so eine Staatsanleihe z.B. der BRD aufkauft.
Auf diesen Unterschied zwischen einer privaten Verschuldung (die oft ja einen Menschen in den Ruin treibt) und einer staatlichen Verschuldung, mit der z.B. die USA extrem prächtig leben können, kam es mir an.
@dazu
… immer …
Auch die der weniger erfolgreichen. Die Staatspapiere waren bis zur Euro-Krise die allersicherste Anlage.
Es ist aber gerade das Verfahren, daß Anleihen einen Zahltag haben, wenn sie „abreifen“, und das als „Umschuldung“ bezeichnet wird, das von den Staaten einen Beweis der Kreditwürdigkeit verlangt. Weil um die alten abzuzahlen, müssen sie neue aufnehemen – wenn die neuen Anleihen aber keiner mehr will, können sie die alten nicht zahlen …
Die Rettung der BES wird, soweit man das den Zeitungen entnehmen kann, von der EU übernommen. Was das für den portugiesischen Staatskredit heißt, wird sich erst weisen. 133% Staatsverschuldung und eine bankrotte Großbank …
dazu, wenn du den Standardspruch machst,
(Theo Wentzke als Wahl-Badenwürttemberger hat den auch öfter gebracht)
dann ist das blöd:
Der Staat handelt nicht wie ein armer Schlucker aka “schwäbische Hausfrau” sondern eigentlich auch nur wie jeder kapitalistische Betrieb. Keine einzige Firma oder Bank, die was werden will, also noch größer werden will, gibt nur das Geld aus (“investiert”), das sie tatsächlich schon eingenommen hat. Das können nur ganz wenige supererfolgreiche Monopolfirmen wie Apple. Ansonsten leben alle vom und durch Kredit, Firmen genauso wie Staaten. (Und manche Privathaushalte auch, jedenfalls bis zur Abgabe der eV)
Neoprene,
mir kam es gerade auf den Unterschied an,
den du gerade unwichtig findest.
“Ansonsten leben alle vom und durch Kredit, Firmen genauso wie Staaten.”
“Genau so” – das ist schlicht falsch.
Firmen können zwar Wechsel sich untereinander ausstellen, wenn sie sich trotz Konkurrenz untereinander kreditwürdig finden wollen, ein allgemein gültiges Geld zu drucken ist ihnen aber selbstverständlich verboten!
Staaten machen das. Die drucken ihr eigenes Geld.
(Kommerzielle Wechsel sind also Zahlungsversprechen.
Und wenn die platzen,
dann erweist sich,
dass sie nicht Geld (Wert) sind.)
Bei Firmen ist Kredit wirklich
vorweggenommenes Wachstum.
Und, falls sich das dann nicht einstellt,
dann wird die Firma abgewickelt.
Sense – das war es dann.
Etliche große Firmen der Vergangenheit
gibt es daher gar nicht mehr.
Volker hatte oben darauf angespielt
mit den “faulen Krediten”.
Das ist bei Staaten gaaaaanz prinzipiell anders.
Selbst wenn alle Rating-Agenturen die Kreditwürdigkeit
z.B. Argentiniens auf völligen Ramsch herabstufen würden,
(was sie ja gar nicht machen werden!)
g i b t es den Staat Argentinien auch weiterhin.
Und sicherlich wären etliche Fonds-Manager,
die auf Risikokapital spezialisiert sind,
sogar erfreut darüber.
Das ist vom Ausgangspunkt ganz anders
zwischen Argentinien und Apple.
(Warum du das gleich machen willst,
erschließt sich mir nicht.
Da bei Apple und bei Argentinien
Geld im Spiel ist,
wird es auch Gemeinsamkeiten geben.
Kennzeichnend sind die aber gerade nicht!)
Anders formuliert:
Eine “Konzentration des Kapitals”,
erfolgreiches Kapital verdrängt das minder erfolgreiche vom Markt
– und das gibt es zukünftig dann nicht mehr –
(heutzutage läuft die Konzentration meist über die Frage,
ob man weiterhin Zugang zu Krediten kriegt,
oder ob die Banken die Kreditierung misstrauisch überprüfen und keine Kreditverlängerung genehmigen…)
– das gibt es s o bei Staaten gar nicht!
Oder an welchen Staat hattest du gedacht,
der deswegen, weil er seine Kredite nicht bezahlen konnte,
seine Grenzen offen gemacht hätte und aufgegeben hätte?
(Im Regelfall legen Staaten schwer Wert auf ihre Existenz,
und spalten sich dann sogar noch eher,
als dass sie einfach Tschüß sagen…
Die DDR ist ein politisch begründeter Sonderfall,
das Aufgeben der DDR war Teil des Niedergangs der
Konzeption des “Realen Sozialismus”,
sowie des Erfolgs des NATO-assistierten
bundesdeutschen Revanchismus.
Polen, Ungarn, Rumänien
gibt es aber bekanntlich ja auch weiterhin.)
Ich habe deshalb die Ähnlichkeit der Überlegungen von Kapitalisten und Politikern betont, weil es um die Logik der Überlegungen geht. Nicht darum, wie das dann hinterher ausgeht. Ja, das weiß ich auch, daß es keine Staateninsolvenz gibt wie bei jeder AG oder GmbH.
Was du an zentralen Unterschieden hervorgehoben hast, ist aber überzogen:
Staaten verfügen (wie Firmen, möchte ich hinzufügen) letztlich gar nicht über “allgemein gültiges Geld”. International gilt das sowieso schon mal nicht und national auch nicht unbegrenzt, wie jeder Hyperinfaltion und Währungsreform belegt.
Dem fügst du triumphierend hinzu, daß es bankrotte Staaten wie Argentinien wenigstens hinterher noch gibt. Ja, als Staatsgewalt, als Rechtssubjekte schon, aber was es bedeutet, wenn auf einem Staatsgebiet sich das Wirtschaftswachstum nicht eingestellt hat, auf das all die Staatsschulden reflektiert hatten konnte man an Argentinien genauso sehen wie an Griechenland ein paar Jahre später.
Wenn du so selbstsicher höhnisch fragst “an welchen Staat hattest du gedacht, der deswegen, weil er seine Kredite nicht bezahlen konnte,seine Grenzen offen gemacht hätte und aufgegeben hätte?” bin ich übrigens geneigt zu antworten: An die Ukraine z.B. usw. usw.
Nein Neoprene,
die Ukraine gibt es weiterhin,
im Osten wollen sie ja sogar ggf. eher noch einen weiteren Staat aufmachen.
(Dass Russland sie sich angliedern würde,
dürften sie wohl selbst nicht mehr glauben.)
Dass das daran gelegen hätte,
dass da wer Kredite nicht bezahlt hätte,
ist auch obendrein eine falsche Unterstellung.
(In deinem Blog wurde doch meterweise diskutiert,
dass da Nationalisten unterwegs sind etcpp.)
Es lenkt sowieso ab von dem Prinzipiellen,
dass Staaten nicht einer Konkurrenz der Kapitalisten
unterliegen, sondern ganz anders und stattdessen schwer Wert auf ihre Selbständigkeit und ihr Gewaltmonopol legen.
Seitdem es die UNO gibt, wurden immer n e u e Staaten aufgenommen, dann bezweifele das doch mal mit den entsprechenden Zahlen!
Dass mal einer gestrichen worden wäre, das war wirklich einzig und allein die DDR, so weit ich das erinnere.
(Aber ich weiß ja, dass es dir nicht passt,
die Einzigartigkeit des staatlichen Gewaltmonopols
– incl. Geldmonopols –
zu betonen.
Dass es dir nicht passt,
das macht es aber nicht richtiger.
Also was soll dein “usw.usw.” ???? )
Irgendein Finanz-Fuzzi aus einer Rating-Agentur hat letztens mal gestöhnt, dass man insolvente Staaten leider nicht abwickeln könne.
Es gäbe dafür leider kein “Insolvenzrecht”.
(Dass er damit die USA hätte angreifen wollen,
hat er vermutlich auch nicht gemeint…
Wieso denn die USA eigentlich nicht???)
Ja dazu, natürlich weiß ich auch, daß es die Ukraine als Staat mit allem drum und dran noch gibt. Und daneben gibt es die Vertragsverhandlungen/Teilverträge mit der EU. Und danch gibt es eben die Ukraine als Staatssubjekt im eigentlichen Sinne nicht mehr.
Mit deinem Prinzipiellen tue ich mich schwer:
Kannst du da noch nachreichen, was deiner Meinung nach nicht gilt und was der Inhalt des stattdessen ist?
Neoprene, die Formulierung “Konzetration des Kapitals”
(jeder erfolgreiche Kapitalist schlägt Dutzende minder erfolgreche Konkurrenten vom Markt)
hatte ich als altlinke Ausdrucksweise
übrigens extra wegen dir gewählt
(kein Scherz):
a) nicht gitlt also:
Eine „Konzentration des Kapitals“,
erfolgreiches Kapital verdrängt das minder erfolgreiche vom Markt
– und das gibt es zukünftig dann nicht mehr –
(- heutzutage läuft die Konzentration meist über die Frage,
ob man weiterhin Zugang zu Krediten kriegt,
oder ob die Banken die Kreditierung misstrauisch überprüfen und keine Kreditverlängerung genehmigen… – )
– das gibt es s o bei Staaten gar nicht!
Auch “marode” Staaten existieren weiter,
es gibt keine “Insolvenzordnung” für Staaten,
dass die sich anschließend auflösen müssten.
b) stattdessen gilt:
Staaten, als Gewaltmonopolisten, bestimmen innerhalb der Grenzen ihres Gewaltmonopols u.a. auch über ihr eigenes Geld.
(Dass damit noch nichts über dessen Werthaltigkeit gesagt ist, manche Staaten sich gleich an einen Paten wenden, der möge doch seinen Franc in Afrika einsetzen etc – ist dazu kein Gegenargument.)
Die Gesellschaft wird auf das staatliche Zahlungsmittel festgelegt – zumindestens erst einmal und zumindestens im Binnenverhältnis. (Ist ja in vielen 3.Welt-Staaten gar nicht mehr gang und gäbe, dort gilt bei teuren Sachen sowieso dann nur noch Dollar oder Euro als Zahlungsmittel. Verboten ist dgl. trotzdem im Regelfall, vermindert der Gebrauch einer auswärtigen Währung doch noch weiter die Werthaltigkeit der eigenen – und damit Machtmöglichkeiten des Gewaltinhabers.
Erst recht verboten ist die Bezahlung mit Dollars in 3.Welt-Staaten also beim Lohn der kleinen Leute, so weit dort überhaupt ein Lohnverhältnis existiert. – Obwohl das argentinische Arbeiter auch schon mal durchsetzen wollten, dass sie in Dollars bezahlt werden wollen.)
Quwert gerade – dazu gut passend! – bei Neoprene:
Die Leute per Gewalt auf Eigentumserwerb (Gelderwerb – sowie dem staatlichen Schutz des Eigentums!) festzulegen, macht die gesamte Gesellschaft zum Diener der damit beabsichtigten Akkumulation. Die sind alle Eigentümer, damit sie für das Ziel der Eigentumsvermehrung nützlich werden,
– und sei es als Marktwächter oder Hundeausführer.
(Die Details davon kann man übrigens gerade über die letzten Jahre auch gut an dem Hin und Her in Cuba zwischen der Zulassung des Dollars, eines Touristengeldes Marke Cuba und dem normalen Binnengeld nur für die Cubanos studieren – und die jeweiligen Auswirkungen davon.)
(zum Thema “faule Kredite” und “Bankrott” lege ich jetzt mal eine Sendepause ein – der Thread geht ja eigentlich über Portugal, und ich wollte nur Volkers Formulierung aufgreifen, um den prinzipiellen Unterschied zwischen einer bankrotten Firma und einem auf Ramsch herabgestuften, niedrig gerateten, Staat zu verdeutlichen.
Vielleicht war das aber ja auch gar nicht Volkers Problem?)
Hallo liebe Leute,
ihr müsst euch mal bitte entscheiden. Einerseits wollt ihr eine korrekte Erklärung der Geldschöpfung, andererseits ist sie euch dann zu lang. Wenn ich eine Erklärung mit anderen Worten formuliert hätte, hätte ich mir garantiert von euch den Vorwurf der Ungenaugkeit eingehandelt, also bin ich weitestgehend(!) beim Original-Wortlaut geblieben. Aber so schwer ist der doch auch nicht zu verstehen.
Eine Ableitung des Geldes leistet das “Geld”-Buch, darum ging es aber “dazu” beim Anfangspost nicht. Du wolltest wissen, wie es sich mit dem Geld des Staates verhält, oder?
Wo es herkommt etc.
Und dass der Staat sich nicht über Steuern und Abgaben finanziert, habe ich n i c h t behauptet.
Klar macht er das. (S.113f) Er verpflichtet seine Gesellschaft auf die Zahlung von Abgaben – in Geld, das er mit seiner Hoheit stiftet. Er greift auf den Reichtum zu, den er regiert: Als Privatpersonen sollen die Leute seiner Gesellschaft Arbeiten lassen (Kapitalisten) und (Lohn-)Arbeiten. Aber das, womit sie dabei wirtschaften, kommt nicht von ihnen, sondern wie gestern kurz skizziert, vom Staat.
Dass Nestor nun einige Webseiten gepostet hat, ist zur (Er-)Klärung der Angelegenheit am besten geeignet und entspricht auch meinem Vorschlag von gestern.
@dazu
Du weist in deinem Post gestern auf die Konkurrenz der Kapitalisten hin, die in K III behandelt wird. Aber für die ist der Kredit gerade eine entscheidende Grundlage und nicht das Resultat. -Siehe meine Darstellung.- Also sie brauchen ihn, um überhaupt die Konkurrenz richtig lostreten zu können.
Zum Unterschied Staatskredit und Kapitalkredit:
Richtig: Einen Staat gibt es weiterhin, auch wenn er pleite ist.
Das ist eben der entschiedende Unterschied und jetzt denke mal daran auf der Staatsseite nicht nur auf der Seite der Geldspekulanten weiter.
(S. 153ff)
Warum kann ein Staat überhaupt pleite gehen? Da sind doch schon andere Staaten mit ihrem Geld in Konkurrenz zu ihm unterstellt. …
@Neoprene
Also das ist ganz verkehrt:
Erstens schon das negative Urteil „er handelt nicht“ – anstatt einer Erklärung tut man sich einmal von etwas distanzieren.
Zweitens handelt der Staat natürlich überhaupt nicht wie ein kapitalistischer Betrieb. Er macht ja keine Gewinne und legt es darauf auch nicht an. (Wir reden jetzt hier vom Staatshaushalt und nicht von einem verstaatlichten Betrieb, der bilanziert natürlich kapitalisitsch.) Deswegen gibt es ja auch die konservative Beschwerde: „Der Staat kann nicht wirtschaften!“, mit der immer für Privatisierung von allem und jedem wirbt.
Der Staat denkt zunächst einmal an sich: Ein arbeitswilliges und arbeitsfähiges Staatsvolk muß zur Verfügung gestellt werden, damit seine Lieblingsbürger, die Unternehmer, eine gute Grundlage fürs Geschäftemachen vorfinden – damit es „Wachstum“ gibt und er dann davon Einnahmen hat.
Er muß im Ausland auftreten, daher Diplomatie und Repräsentation. Er will sich Respekt verschaffen und gegebenenfalls Einfluß auf andere nehmen, also braucht er ein Heer. Usw.
Natürlich dient das alles dem internationalen Kapital, aber die Staaten würden sich nicht so verschulden, wenn sie nicht eigene Bedürfnisse hätten, die sie eben nicht von den Geschäftskalkulationen der Unternehmer abhängig machen wollen.
Nestor, das finde ich jetzt witzig, daß du mir die schwäbische Hausfrau aus der Hand haust. Die habe nicht ich in die Debatte gebracht sondern Theo Wentzke, wenn ich mich richtig erinnere.
Wir beide haben die Debatte um diesen Punkt übrigens vor Jahren schon mal kurz angerissen. Ich hatte mit einem Zitat aus einem Vortrag von Peter Decker angefangen:
http://neoprene.blogsport.de/2010/07/03/der-staat-als-gesamtunternehmer-seiner-wirtschaft/
Die NZZ behauptet übrigens gerade,
dass der Bankrott der Espirito Santo Bank
nicht typisch für “die Lage” in Portugal sei
http://www.nzz.ch/finanzen/newsticker/arbeitsmarkt-in-portugal-hellt-sich-zusehends-auf-1.18357058
@nestor
Wenn man bei Meinungsverschiedenheiten nicht auch eine Sache klären kann und dazu aufgefordert wird, wozu ist ein Blog dann da?
Na ja, wahrscheinlich fällt das auch deiner Zensur zum Opfer. Toller Haufen seid ihr.
Hallo Volker,
ich habe ja den leisen Verdacht,
diese Protokolle kennst du gut,
aber wer weiß,
also trotzdem der Link zu
den Protokollen über das “Volk”
(da du mit Nestor darüber diskutieren wolltest &
vielleicht mag ja auch sonst jemand das nachlesen)
http://www.fhuisken.de/uni.html
@ Volker,
das ist vielleicht ein Missverständnis.
1.) Etwas als SPAM einsortiert zu bekommen, scheint mir, ist sowohl bei Nestor als auch bei Neoprene (Blog ‘Walgesang’) meines Wissens kein böser Wille des Administrators, sondern der Versuch, mit den Hunderten von Beiträgen umzugehen. Bei Nestor werden merkwürdigerweise irgendwelche Kreditangebote nicht als SPAM identifiziert, deine Beiträge aber schon.
Das ist also offensichtlich ein rein technisches Problem.
2.) Habe ich mich durchaus bemüht, klarzustellen, dass “faule Kredite” jeweils recht unterschiedliche Bedeutung haben, je nachdem, ob es sich um eine Firma oder einen Staat handelt.
3. Versuch mal,mehr mit deinen eigenen Worten Beiträge zu schreiben. Die Artikel aus dem Umfeld des GSP sind ja oft sehr knapp und dicht – und wenn du das dann in deinen Beiträgen zusätzlich noch mal verdichtest, z.T. mit den Originalformulierungen aus den Texten, dann wird die Befassung damit für mich schwierig.
Ich bin da eher so der langsame Typ,
dr Schritt für Schritt und langsam
die Sachen sich klar(er) machen kann.
4.Das ist eine Ermunterung für dich!
(5. Manche hier haben einen Stil drauf, der lässt einen eher vermuten, es ginge denen ums Rechthaben, nicht um die Klärung.
Das ist aber sicherlich n i c h t bei allen so,
und Nestor gehört auch nicht dazu,
auch wenn er gelegentlich schroff wirkt.)
Zur Technik der SPAM-Abwehr:
Das macht überhaupt nicht der jeweilige Blogger, sondern das ist ein eingebauter WordPress-Service von Blogsport. Also ein automatischer Algorithmus, den man selber gar nicht beeinflussen kann. Ich habe z.B. gerade vom Verantwortlichen für den Support von Blogsport Infos bekommen über die Regeln, die dort eingesetzt werden, denn die kann man (also die) natürlich immer noch verbessern. Bei mir blieben z.B. Kommentare immer wieder hängen obwohl eigentlich eine Regel ziehen müßte, daß jemand, der schon mal freigegeben wurde, dann nicht mehr im Filter hängen bleibt. Diese Kredit-Sachen sind mir hier auch schon aufgefallen, bei mir sind die nicht mal im Filter, geschweige denn, daß die durchkommen.
@Neoprene
Sorry, wenn ich dich mit der schwäbischen Hausfrau geprügelt habe, aber die geht mir schon länger auf die Nerven.
Anstatt den Staatshaushalt – also die Kalkulationen, die der Staat mit seinen Ausgaben hat, und die Art, wie er sich Einnahmen verschafft, einmal erschöpfend darzustellen, wird immer mit Tamtam die Differenz zur schwäbischen Hausfrau aufgemacht, die zunächst mit diesem Thema überhaupt nichts zu tun hat. Sie gehört in die Abteilung „Ideologie“, oder wie dem Normalverbraucher die Politik verklickert wird.
Ich werde den Verdacht nicht los, daß das Donnerwetter über den falschen Vergleich oftmals ein bißl darüber hinwegtäuschen soll, daß sich der betreffende Wüterich selber nicht ganz auskennt beim Staatshaushalt.
Ich habe den Begriff des „ideellen Gesamtkapitalisten“ nie für richtig gehalten. Er ist eine Verlegenheitslösung, weil bei den Klassikern nach Rudimenten einer Staatstheorie gesucht wurde und so ist dieser Begriff zu einer Ehre gekommen, die ihm gar nicht gebührt.
Er nimmt nämlich die Behauptung, er sei eine Charakterisierung des Staates, wieder zurück und führt den Staat letztlich doch wieder aufs Kapital zurück.
Auch der Kontext, in dem dieser Begriff vorkommt, macht ihn mehr als suspekt: Er ist nämlich ein Teil der Engels’schen – und durchaus auch Marx’schen – Geschichtsteleologie:
„Der moderne Staat, was auch seine Form, ist eine wesentlich kapitalistische Maschine, Staat der Kapitalisten, der ideelle Gesamtkapitalist. Je mehr Produktivkräfte er in sein Eigentum übernimmt, desto mehr wird er wirklicher Gesamtkapitalist, desto mehr Staatsbürger beutet er aus. Die Arbeiter bleiben Lohnarbeiter, Proletarier. Das Kapitalverhältnis wird nicht aufgehoben, es wird vielmehr auf die Spitze getrieben. Aber auf der Spitze schlägt es um. Das Staatseigentum an den Produktivkräften ist nicht die Lösung des Konflikts, aber es birgt in sich das formelle Mittel, die Handhabe der Lösung.“ (Anti-Dühring, II. Theoretisches)
@dazu
Also, der Artikel in der NZZ – die inzwischen genauso ein Propagandablatt der Finanzwelt ist wie der Rest von der Qualitätspresse – scheint mir den Untertitel zu verdienen: Schadensbegrenzung und Optimismus-Erzeugung.
„Die Erwerbslosenquote fiel in den Monaten April bis Juni auf 13,9 Prozent, wie das Nationale Statistikamt am Dienstag mitteilte. Damit sinkt die Quote nunmehr schon fünf Quartale in Folge.“
Der Rückgang der Arbeitslosenrate kann ja nicht nur durch ein Ansteigen der Beschäftigung, sondern auch durch ein Hinauswerfen aus der Arbeitslosenversicherung erzeugt werden. Laut einem Artikel von El País gibt es z.B. in Spanien 4 Millionen Arbeitslose, die gar keine Unterstützung erhalten:
http://economia.elpais.com/economia/2014/05/12/actualidad/1399923680_947492.html
und da ist es sehr willkürlich, ob und wie man die in den Statistiken aufscheinen läßt.
„Nach Jahren schrumpfender Wirtschaftsleistung ist es mittlerweile wieder auf Wachstumskurs. Für 2014 wird ein Plus von 1,2 Prozent erwartet.“
Die Wachstumserwartung wird als Erfolgsmeldung gebracht, obwohl damit nur über den Zustand des Analysten oder Statistikers etwas gesagt wird, nicht über den Zustand der Wirtschaft.
„Einen Rückschlag auf dem Weg zur Stabilität hat es zuletzt allerdings in der Finanzbranche gegeben:“
Das tut ja genau so, als gäbe es einerseits „die Wirtschaft“, und andererseits, sozusagen nebenbei, auch noch die Finanzbranche“, obwohl die Finanzkrise eigentlich deutlich gezeigt hat, daß die ganze Wirtschaft an der Finanzbrache hängt.
„Portugal nimmt dafür insgesamt 4,4 Mrd. Euro in die Hand, um einen Abwicklungsfonds aufzustocken.“
Also, es wird nicht gespart und die Bank wird auf jeden Fall gerettet. Die Sache belastet auch Portugals Staatskredit überhaupt nicht, denn es kommt von woanders:
„Das Geld stammt aus einem noch mit 6,4 Mrd. Euro gefüllten Topf, den EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) im Zuge der Rettungsaktion für Portugal für Bankenhilfen zur Verfügung gestellt hatten.“
Der ist also bisher herumgestanden und keiner brauchte ihn – also, Geld ist sowieso im Überfluß vorhanden, keine Sorge, wir machen das schon!
Für weitere Milliarden, die noch fällig werden, werden sich sicher auch noch irgendwelche Blumentöpfe finden, die bisher noch keine Verwendung hatten.
Es ist ärgerlich, wie man von den Medien für blöd verkauft wird.
Nestor, wenn du den Vorwurf machst:
“Anstatt den Staatshaushalt – also die Kalkulationen, die der Staat mit seinen Ausgaben hat, und die Art, wie er sich Einnahmen verschafft, einmal erschöpfend darzustellen, wird immer mit Tamtam die Differenz zur schwäbischen Hausfrau aufgemacht”
war das dann auch mich gemünzt oder auf den GSP, für den Theo Wentzke ja als einer der Wortführer auftritt?
Gerade der GSP hat sich doch, in den letzten Jahren sowieso, Gedanken darüber gemacht bzw. dies in seine Hefte geschrieben und seine Theos erzählen lassen, wie man dies “erschöpfend” darstellt.
Ja der “ideelle Gesamtkapitalist” ist eine ebenso beliebte wie letztlich inhaltsleere Metapher auf das, was der Staat wirklich macht. Und auch Peter Decker hat das ja recht relativierend benutzt. Das von dir kritisierte Durchstreichen der eigentsändigen Bestimmung des Charakters des Staates und seiner Zwecke ist regelmäßig die Hauptmessage, die seine Benutzer rüberbringen wollen. Und ja, die Herkunft des Begriffs sollte einem auch schon klar machen, was da alles untergemengt wird. Die Frage ist nur, ob mit dem Weghauen dieses engelsmäßigen Telos auch der Begriff auf den Müllhaufen der Geschichte gehört, von dem man bei solchen Linken ja immer viel lesen konnte.
@ Volker,
ich helfe grad jdm. beim Umzug;
deinen Beitrag habe ich grad erst entdeckt,
also heute Nacht
evtl. mehr
@ Volker,
zwei Anmerkungen zu deinem Post möchte ich zur Debatte stellen:
1.) “Das, womit die Leute wirtschaften, kommt nicht von ihnen, sondern vom Staat.”
Das scheint mir verkürzt zu sein. Die Leute, je nach Klassenlage, wirtschaften mit dem, was sie zur Verfügung haben. Dass sie überhaupt wirtschaften müssen, liegt daran, dass sie vom Zugriff auf die Warenwelt ausgeschlossen sind, denn die gehört ja immerzu jemandem. Rankommen tut man nur durch Verfügung über Geld. Geld zu haben, ist also Hauptnotwendigkeit aller Menschen.
Wirtschaften tun sie also damit, was sie zur Verfügung haben.
D a m i t wirtschaften sie also: die einen haben Reichtum und können den als Produktionsmittel zur Verfügung stellen. Die anderen haben nichts als ihre Arbeitskraft, um an das notwendige Geld heranzukommen.
Das Geld war bis vor 150 Jahren von Banken herausgegeben, anfangs oft als Goldmünze, dann auch als Papierschein, aber mit einem entsprechenden Goldschatz im Keller, damit man ihnen glaubte, dass ihre Banknoten auch “gedeckt” seien, manchmal mussten sie auch mit dem Gold selbst bezahlen, was nicht immerzu funktioniert hat. Daher hat nach einigen Bankzusammenbrüchen der Staat die Herausgabe von Geld durch Banken verboten und gibt nun selbst das Geld heraus. (Stark vereinfacht!)
Trotzdem “wirtschaften” die Menschen nicht mit dem Geld (“womit…”) , sondern mit den ökonomischen Mitteln, die sie haben. Die einen arbeiten für das Geld in Form von Lohn, die anderen lassen arbeiten mit ihrem Kapital für Geld in Form von vermehrtem Geld.
2.) Ein Staat kann gerade nicht “pleite gehen” (Volker). Falls er keine Devisen hat, kann er aus dem Ausland keine Waren mehr beziehen (es sei denn, er bekommt sie von dort gegen ein Zahlungsversprechen auf die Zukunft hin, was ja eher unwahrscheinlich ist). Ist Nordkorea “pleite gegangen”? Die werden mit China irgendeine Form von Naturaltausch betreiben, vermutlich. (Vermutlich ist Nordkorea dabei extrem erpressbar, das ist aus chinesischer Sicht vermutlich eher günstig…)
(Eine Debatte über Nordkorea will ich jetzt damit nicht anstoßen. Nordkorea hat ja Sonderwirtschaftszonen und sonstige Sonderangebote für südkoreanische Kapitalisten eingerichtet…)
Ansonsten druckt sich ein Staat ja sowieso bei Mangel an Geld einfach neues Geld. Das gilt dann auch in seiner Gesellschaft.
(Und nur dort.) In Argentinien kann der Staat also weiterhin Pesos drucken – und das tut er auch!
Wieso sind denn jetzt bei der ganzen Prozedur “schon andere Staaten mit ihrem Geld in Konkurrenz zu ihm unterstellt”?
Das Argument verstehe ich so noch nicht.
Wieso ist für die ‘Schwierigkeiten’ Argentiniens der Dollar oder Euro als Konkurrenz unterstellt? (Wie meinst du das?)
@dazu
Gute und grundlegende Fragen! Umso wichtiger – mein Tipp- wirklich die Lektüre des Geld-Buches.
Oder: die jf-Protokolle. Da wird die Materie ausführlicher und redundanter ausgebreitet und auch diskutiert. ZB 30.5.2011 (besonders der als Einstieg!)
http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2011/jf110530.html
Lies gerade dieses Protokoll mal und sag, ob der was gebracht hat.Ich habe es gerade noch mal überflogen und fands sehr gut.
Meine Beiträge werden sowieso immer als Spam ausgesondert und müssen erst von Nestor freigeschaltet werden.
@Neoprene
Eine seltsame Frage.
Mir ist es in Diskussionen immer wieder aufgefallen, daß diese Distanzierung von einer Ideologie einen Raum einnimmt, der ihr nicht zukommt. Ich weiß jetzt nicht, warum du das personalisieren willst und mit dem Finger auf jemanden zeigen, der es gemacht hat. So in der Art „Haltet den Dieb!“
Im gegebenen Fall hast du die Dame aufgebracht, und aus diesem Anlaß habe ich mich gegen dieses Argumentationsschema ausgesprochen.
@dazu
Ich tue mir etwas schwer, der Debatte zu folgen, da Volkers Bemerkungen, auf die du dich beziehst – dank der regen Beteiligung hier – schon etwas verblaßt sind!
So weiß ich nicht, wo Volker geschrieben hätte: „Das, womit die Leute wirtschaften, kommt nicht von ihnen, sondern vom Staat.“ (und das, obwohl ich jetzt wieder alles aus dem Spamfilter geholt habe!) Könnte es sein, daß das bei einem anderen Beitrag war? Dann bitte dort beantworten.
Ein Staat kann im strengen Sinne natürlich nicht pleite gehen.
Köhler forderte einmal eine Insolvenzordnung für Staaten, da habe ich mich dazu geäußert, warum das nicht geht:
http://NestorMachno.blogsport.de/2010/03/23/aus-der-schatztruhe-der-loesungsvorschlaege-zur-euro-krise/
Man verwendet das Wort schlampig, genauso wie man von einem Menschen sagt, der sei dauernd „pleite“ – in Österreich sagt man da „neger“ –, wenn er kein Geld hat – auch wenn er keine Schulden hat.
So spricht man von „Staatsbankrott“, wenn ein Staat seine Schulden nicht mehr zahlen kann. (Was das jetzt mit Konkurrenten zu tun hat, begreife ich nicht. Konkurrenz ist ja bei Kredit und Schulden immer unterstellt.)
Auch hier sieht man, daß der Staat eben kein Wirtschaftssubjekt ist, sondern ein Schuldner besonderer Art: Ein in Konkurs gegangenes Unternehmen kann man auflösen, einen Staat nicht.
(Exkurs: Als Rohwedder die Treuhand übernahm und die DDR-Wirtschaft nach westdeutschem Konkursrecht handhaben wollte, stellte er erstaunt fest, daß es gar keine Konkursmasse gab: Die ganzen Unternehmen, die er verwalten sollte hatten keinen Marktwert, weil sie nie auf dem Markt tätig waren!)
@ nestor
Soweit korrekt. Ich frage mal provokant, um dem Thema Staatspleite näher zu kommen: Für wen und wann ist es wichtig, ob ein Staat pleite ist? An der Höhe der Schulden kann es ja bekanntermaßen nicht liegen, sonst wären die USA lange bankrott. Aber sie “drucken” jeden Monat Mrd von ihrem Geld und vergrößern ihren Staatskredit.
Der Staatsbankrott kommt im Geld-Buch nur in einer Fußnote zur Sprache: “Bankrott” unterstellt ja ein Verhältnis: Die Schulden nicht mehr bedienen zu können, weil die Mittel dazu fehlen. Das kann dem Staat aber im Innenverhältnis nicht passieren, da er das Geld seiner Nation selber schöpft und davon auch beliebig viel.
Erst im Weiteren des (Währungs-)Vergleichs mit anderen Nationen, der wiederum durch die Konkurrenz der Staaten untereinander hervorgerufen wird, kann es dazu kommen, dass ein Staat für “bankrott erklärt wird”. Aber was heißt das für wen bzw. welche Konsequenzen hat das für wen?
Siehe die Seiten 136-162 des Geldbuches. Lektüre zu empfehlen! Ansonsten schaue man sich doch mal die Griechenlandpleite 2012 und die Argentinienpleite (2002 ?) und die Ausführungen dazu (jf !) an.
Nein, Nestor,:
“@Neoprene
war das dann auch mich gemünzt oder auf den GSP, für den Theo Wentzke ja als einer der Wortführer auftritt?
Eine seltsame Frage.
Mir ist es in Diskussionen immer wieder aufgefallen, daß diese Distanzierung von einer Ideologie einen Raum einnimmt, der ihr nicht zukommt. Ich weiß jetzt nicht, warum du das personalisieren willst und mit dem Finger auf jemanden zeigen, der es gemacht hat. So in der Art „Haltet den Dieb!“
Im gegebenen Fall hast du die Dame aufgebracht, und aus diesem Anlaß habe ich mich gegen dieses Argumentationsschema ausgesprochen. ”
Das war dazu, also vermutlich wieder mal ein GSPler, ich habe sowas noch nie aufgebracht.
Hey, cool down,
die lady kam doch von mir …
dazu 06. August 2014 um 8:02 Uhr
http://NestorMachno.blogsport.de/2014/08/03/portugal-macht-wieder-von-sich-reden/#comment-22024
dazu, es ist schon genug, für die Sachen kritisiert zu werden, die ich tatsächlich geschrieben habe, aber ich möchte nicht auch noch das abkriegen, was sich andere vorhalten lassen müssen. Nicht mehr und nicht weniger.
@Volker
Wann ein Staat pleite ist, liegt an den Umständen, unter denen er sich verschuldet. Da gibts keine Faustregel, weder quantitativ noch qualitativ, daß man sagen könnte: Dann ist es soweit.
Bei Argentinien war es so, daß das Currency Board, das die argentinische Regierung und der IWF für dieses Land eingerichtet hatten, eben an Bedingungen des IWF geknüpft war, die Argentinien erfüllt hat: Politik des „knappen Geldes“, also Beschränkung der Geldausgabe, und Privatisierung aller Staatsbetriebe. Die Privatisierung hatte zur Folge, daß ausländisches Kapital argentinische Betriebe aufgekauft und stillgelegt hat, oder Argentinien die selber zugesperrt hat, wenn sic kein Käufer fand. So wurde das Peron’sche Industrialisierungsprogramm rückgängig gemacht und immer weniger in Argentinien produzoert, was dazu geführt hat, daß immer mehr Waren importiert werden mußten, was das Handelsbilanzdefizit hat emporschnellen lassen.
Die Politik des knappen Geldes hatte zur Folge, daß Gehälter an Staatsbeamte nicht mehr ausgezahlt wurden. Schließlich wurde Argentinien die Ausgabe von Regionalgeldern (nicht offizoell, unter der Hand) gestattet, mit denen in den verarmten Nordprovinzen dann noch ein rudimentärer Geldumlauf stattfinden konnte.
Das steigende Handelsbilanzdefizit wurde durch die Aufnahme von Anleihen auf den US- und europäischen Börsen bewerkstelligt, und so der Außenhandel irgendwie aufrechterhalten.
Der Staatsbankrott trat dann ein, als Argentinien zur Deckung des Zahlungsbilanzdefizits einen neuen IWF-Kredit benötigte und dieser verweigert wurde.
Der IWF hatte damals das Problem, daß die Türkei in einer ähnlichen Lage war und er nicht beide auffangen konnte, und sich für die Türkei und gegen Argentinien entschieden hat.
Ich habe mich damals gewundert, daß der Bankrott Argentiniens so wenig Wellen auf den Finanzmärkten gemacht hat – der bis dato größte der Geschichte, zwischen 90 und 100 Milliarden $ – aber es gab da offenbar irgendwelche Absprachen im Hintergrund.
Bei Portugal war es ähnlich und anders. Auch da war wenig produktive Basis, und ein steigendes Handelsbilanzdefizit, das durch Tourismus, ähnlich wie in Griechenland, nicht abgedeckt werden konnte. Portugal mußte um Hilfe ansuchen, nachdem die 3 größten Banken des Landes, darunter auch die BES, sich geweigert hatten, weiter portugiesische Anleihen aufzukaufen.
So schaut dann der Alltag der Troika aus:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/942560.weitere-sparmassnahmen-in-portugal.html
Am 30. Mai 2014 hatte das ND gemeldet:
“Portugal hatte 2011 von der EU und dem Weltwährungsfonds (IWF) Gelder in Höhe von 78 Milliarden Euro erhalten, um eine Haushaltskrise abzuwenden. Zur Bedingung wurde eine drastische Sparpolitik gemacht.
Vor zwei Wochen verließ das Land den so genannten Rettungsschirm.”
Also, „Verlassen des Rettungsschirms“ heißt offensichtlich nicht ein Ende der Kürzungen.
Was heißt es eigentlich dann? Daß Portugal wieder flott Anleihen ausgeben kann? Wohl kaum, bei den Wirtschaftsdaten dieses Landes.
Ist das mit dem „Verlassen des Rettungsschirms“ am Ende eine Falschmeldung zur Beruhigung der Märkte, und in Wirklichkeit geht alles weiter wie bisher?
Zu den konkreten Schritten, die im oben verlinkten Artikel angesprochen werden: das mit der „Generationengerechtigkeit“ ist ein seltsamer Ausdruck, und sicherlich beliebig dehnbar.
Mir fällt dazu nur ein, daß Portugal ein klassisches Gastarbeiterland war und viele der heutigen Pensionisten ihre Pension aus Frankreich oder der Schweiz beziehen. Wenn jetzt die portugiesischen Pensionen immer weiter gekürzt würden und damit zwei Gruppen von Pensionisten entstünden – die höhere aus dem Ausland, die Hungerleiderpension aus dem Inand, so hätte das eine schiefe Optik, und es mag sein, daß der Richter so was im Hinterkopf gehabt hat, als er den Gummiparagraphen ausgepackt hat.
“Die Eurogruppe und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten Portugal im Mai 2011 insgesamt 78 Milliarden Euro an Notkrediten zugesagt. Im Gegenzug hat sich die Regierung zu einem drastischen Kürzungsprogramm verpflichtet.”
Dagegen war geklagt worden, und über diese Klage wurde jetzt erst entschieden – daher jetzt dieser Richterbescheid.
“Verlassen des Rettungsschirmes” interpretiere ich so, dass die Troika ihre direkte Überwachung einstellt (macht sich ja innenpolitisch in den Krisenländern immer schlecht, wenn die eigene Regierung nicht mal formal selber wirtschaften darf).
Die Troika “zieht sich zurück”, und dann darf die Regierung sich ganz sachgesetzlich selber den Anforderungen unterwerfen.
Merkwürdig war ja, dass die Gelder zur Rettung der “Espirito Santo” angeblich aus früheren nicht angeforderten “Rettungskrediten” genommen worden sein sollen – irgendwie wird schwer Wert darauf gelegt, den Schein zu kultivieren, dass Portugal k e i n Krisenfall mehr sei (eigentlich…).
(Wenn das dann jetzt auch noch Herr Draghi explizit wiederholt, dann wird das der nächsten Kreditlinie vermutlich einige Zinsen ersparen, was ich mir als einzigen Zweck vorstellen könnte.)
(Obendrein erspart es nicht nur die lästige Debatte über ‘Euro-Bonds’, sondern auch die reale Ausgabe der ‘Euro-Bonds’…)
FAZ vom 4. Dezember 2013
Zinshöhe niedrig halten und Zeit verlängern,
das ist die Devise
(ob damit ernsthaft unterstellt ist,
dass ein kommender Aufschwung dann schon alles verbessern werde,
mag ich nicht beurteilen):
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/portugal/staatsanleihen-verlaengert-frankreich-und-portugal-kaufen-sich-zeit-12695319.html
Ironischerweise sorgt ja das mangelnde Wachstum dafür, dass manche weltweite Geldanleger dann statt in Aktien lieber in “sichere Staatsanleihen” gehen (was bei brummender Akkumulation vermutlich eher weniger der Fall wäre)…
Aha. Man versucht von kürzer- auf längerfristige Anleihen umzuschulden, um nicht eine ganz neue Emission machen zu müssen – für die sich offenbar niemand gute Chancen ausrechnet.
Das mit den Aktien ist angeblich genau anders herum: weil die Zinsen für „sichere“ Staatsanleihen so niedrig sind und auf die unsicheren niemand neugierig ist, so gehen viele Anleger in Aktien, wo man zumindest auf Spekulationsgewinne hoffen kann.
Aus dem Rettungsschirm „entlassen“ heißt also keineswegs, daß Portugal an die Kapitalmärkte zurückgekehrt ist, sondern daß die Troika den portugisischen Politikern zutraut, die Demontage ihrer Ökonomie und ihres Sozalstaates selbständig durchführen zu können.
Man muß ja auch in Betracht ziehen, daß das Programm der Sparhaushalte für die Krisenstaaten keine Erholung, sondern eine weitere Verschärfung von deren Situation gebracht hat. Angesichts dessen ist es natürlich für die EU wichtig, irgendwelche Erfolgsmeldungen zu liefern, und dieses „Entlassen aus dem Rettungsschirm“ soll irgendwie vorspiegeln, in Portugal hätte sich etwas gebessert.
Schön blöd, daß dann gleich nachher eine Großbank kracht …
Wie genau das mit der angeblichen “Besserung” vonstatten ging,
– das zeigt dieser Bericht von heute:
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/909-millionen-euro-eingenommen-portugal-schliesst-post-privatisierung-ab/10662202.html
(Das war ja wohl damals auch das Mittel der Argentinier, die sogar noch ihre Fluglinien und sonstige Infrastruktur verscherbelt haben.)
Ende Juli 2014 schrieb das Handelsblatt:
“2011 war das Land mit zinsgünstigen Krediten von 78 Milliarden Euro von der Troika aus EU, EZB und IWF vor dem Finanzkollaps bewahrt worden. Im Gegenzug musste die Regierung in Lissabon einen scharfen Sparkurs einschlagen, der der Bevölkerung viele Entbehrungen abverlangte. Inzwischen haben Investoren wieder Vertrauen in das Land, das sich damit zu verkraftbaren Zinsen direkt am Kapitalmarkt finanzieren kann.”
Aha. Die Idee ist also: Abverkauf der Staatsbetriebe schafft Investorenvertrauen und das Land hat wieder Kredit.
Dadurch sinken allerdings auch die Staatseinnahmen und es braucht diesen Kredit um so nötiger –> d.h., die Verschuldung steigt auch.
Der Verkauf der TAP ist voriges Jahr gescheitert, weil es einen einzigen Interessenten gab und der das nötige Geld nicht aufbringen konnte. Dabei ist die TAP eine der profitabelsten Fluglinien der Welt und ihr Verkauf würde ein weiteres großes Loch in den portugiesischen Staatshaushalt reißen.
Dieses Privatisierungsprogramm bringt die Ökonomie zwar nicht in die Höhe, verschärft aber die Kreditabhängigkeit des Landes.
Was Argentinien angeht, war die vom IWF verordnete Privatisierungspolitik unter Menem der wichtigste Faktor für den Staatsbankrott 2001/2002: Viele der privatisierten Betriebe wurden zugesperrt, der Staat verlor Einnahmen, die Importabhängigkeit und damit das Handelsbilanzdefizit wuchsen, und diese Effekte wurden durch immer höhere Auslandsverschuldung „kompensiert“, bis der IWF selbst durch Verweigerung eines StandBy-Kredits diesem Spiel ein Ende setzte.
Neuer Bankenwirbel in Europa
Die bulgarische Corpbank ist pleite und offenbar fallen 11 Banken beim europäischen “Stresstest” durch
“Insgesamt kommen einem die Vorgänge bei der Corpbank ziemlich bekannt vor. Erst kürzlich kamen ähnliche Vorgänge bei der größten Bank in Portugal ans Licht. Mit der Espírito Santo (BES) wurde die letzte und größte Bank des Landes mit Steuergeldern gerettet, die aus dem europäischem Rettungsschirm stammten.
Vor der Veröffentlichung der Ergebnisse des sogenannten “Stresstests” durch die EZB und EBA am Sonntag sickern bereits vermeintliche Ergebnisse durch. Trotz der langjährigen Subventionierung der EZB sollen den Banken weiterhin 51 Milliarden Euro fehlen und elf Institute durchgefallen sein.
Getestet werden die 130 wichtigsten Banken in Eurozone und der Test soll die Grundlage für die Bankenunion sein. Die Testergebnisse gehen ab heute an die Institute. Wie bisher berichtet wird, sollen drei griechische, drei italienische, zwei österreichische, eine zyprische, eine portugiesische und vermutlich eine belgische Bank durchgefallen sein. In Österreich soll die Erste Group betroffen sein, die allerdings etwas wachsweich dementiert. “Wir halten diese Meldung für falsch”, sagte Erste-Sprecher Michael Mauritz. Hoffnungen auf Klarheit über die Lage beim Nachfolger der abgestürzten portugiesischen Großbank darf man sich nicht machen. Denn mit der staatlichen Rettung wurde die Espírito Santo Bank in eine Bad Bank und in eine neue Novo Banco aufgespalten. Und die Neue Bank wurde als BES-Nachfolger nicht mehr in den Stresstest einbezogen.
Ob dieser Stresstest aussagekräftiger als frühere ist, darf bezweifelt werden. Man erinnere sich zum Beispiel daran, dass ein früherer Stresstest keine Probleme mit den Bilanzen der BES oder der spanischen Bankia hatten. Doch die Großbank stürzte dann ebenfalls ab und Spanien musste, um das Geld für die Rettung zu erhalten, unter den europäischen Rettungsschirm kriechen. Der letzte Stresstest war ein Schmierentheater, das wird nun wohl im zweiten Akt fortgesetzt.”
Die Stresstests haben die widersprüchliche Aufgabe, Vertrauen in marode Banken oder überhaupt den bröselnden Banksektor zu erzeugen. Eine Quadratur des Kreises.
Indem sie ein paar Banken als „problematisch“ einstufen, kriegen die restlichen einen Persilschein: Hier ist alles in Ordnung, trompet, trompet!
Da darf man schon manche Banken gar nicht einbeziehen in diese „Tests“ (was wird da eigentlich getestet? Wieviele faule Kredite und entwertete Wertpapiere sie in ihren Bilanzen haben, sicher nicht!)
So einfach bleiben lassen kann man diese Tests auch nicht, weil das würde auch wieder ein „negatives Signal an die Märkte“ bedeuten: nein, es liegt alles so im Argen, daß wir lieber gar nicht nachschauen!
Langsam frage ich mich, warum nicht für all diese vertrauensbildenden Maßnahmen Leute aus Hollywood oder der Theaterbranche angeworben werden? Die wären ja die, die dergleichen am besten beherrschan. Man verwandelt sie in „Berater“ und „Experten“, schneidet ihnen die Haare, zieht ihnen einen Anzug an und läßt sie werken, und Presseerklärungen abgeben.
Also, das wäre mein Vorschlag für die weitere Krisenbewältigung.
Bonne Idee,
ist schon so ähnlich umgesetzt …
http://www.youtube.com/watch?v=EaxYzd5bMqc
Statt Stresstest nur Beruhigungspille
Das Basisszenario wurde schon von der Realität überholt und im “adversen Szenario” wurde nicht einmal auf das bekannte Lehman-Szenario geprüft
Wieder einmal wohnen wir einem sogenannten Stresstest bei, der angeblich etwas über die Stabilität des Bankensystems aussagen soll. Solche Tests wurden in der Vergangenheit in den USA und Europa immer wieder als “Schmierentheater” bezeichnet. Am Sonntag wurde der Vorhang zu einem neuen Akt gehoben, als die Ergebnisse des Test über 130 Banken in der Eurozone veröffentlich wurden. Der Test wurde so durchgezogen, damit er “positive Ergebnisse” bringt. Denn nur dann kann die gemeinsame Bankenaufsicht starten, womit der Weg zur Bankenunion freigemacht wird. Am 4. November soll der “neutrale” Prüfer Europäische Zentralbank (EZB) nämlich Aufseher der Banken werden. Dann kann Geld aus dem Europäischen Rettungsfonds (ESM) direkt an Banken durchgereicht werden.
Nein, die “Stresstests” sollen keine Aussage über die Stabilität des Bankensystems ausssagen, sondern angesichts eines instabilen Systems diesem kontrafaktisch einen guten Leumund beschaffen. Deshalb gibt es die ja auch erst seit der Krise, wo das Wichtigste ist, diese Bankenwelt irgendwie über Wasser zu halten. Daß dazu auch gehört, die Banken schön zu reden, zeigt wie bitter ernst die Lage ist. Er ist also eine Beruhigungspille für Leute die allen Grund hätten beunruhigt zu sein.