Das syrische Schlachtfeld und der Westen

LABORATORIUM DER WECHSELNDEN ALLIANZEN
I. Syriens Freunde
Nach der Rückeroberung Aleppos zeichnet sich – zum Leidewesen der EU-Spitze und der EU-Medien – langsam ein Sieg der Koalition rund um den syrischen Präsidenten ab. Damit setzt sich die Position durch, die Rußland seit Anfang des Konflikts international und diplomatisch und seit vorigem Jahr auch militärisch vertreten hat: Syrien ist als Staat in seinen bisherigen Grenzen wiederherzustellen und Baschar Al-Assad ist der rechtmäßige Präsident Syriens.

Ganz verkehrt und sehr tendenziös ist das pseudo-besorgte Fazit des Israel-Korrespondenten von „El País“:

„Weit entfernt davon, den Krieg gewonnen zu haben, bleibt der Präsident unter der Vormundschaft Rußlands und des Irans, als Anführer eines Landes, das sich auf eine Spaltung hin orientiert … Es herrscht kein Zweifel, daß das Regime seinen beiden großen Paten in Moskau und Teheran zutiefst verpflichtet ist, nachdem sie ihm zu seinem größten Triumph verholfen haben.“ (El País, 16.12. 2016)

Erstens hat Rußland mehrmals deutlich gemacht, daß es eine Teilung Syriens nicht akzeptieren würde. Zweitens hat Rußland keinerlei Forderungen an die syrische Regierung, die deren Interessen widersprechen würden. Im Gegenteil. Rußland kann sich sicher sein, daß Syriens Regierung, und mehr noch dann, wenn es gelingt, die völlige Souveränität über sein Territorium wiederzuerlangen, Rußland in Zukunft alles an Unterstützung, Stützpunkten usw. gewähren wird, auf die Rußland Anspruch erhebt. Sogar mit besonderem Eifer: bitte bleibt da und beschützt uns! Und Assad und Rußland können sich auch sicher sein, daß der größte Teil der syrischen Bevölkerung hinter dieser Bündnispolitik stehen wird. Davon zeugen die in unseren westlichen Medien nicht sehr populären Videos von Freuden- und Freundschaftskundgebungen der Bevölkerung syrischer Städte gegenüber Rußland.
Auch der Iran und die Hisbollah werden keine maßlosen Ansprüche an Syrien stellen – ihnen wird es genügen, eine den Schiiten gegenüber freundliche und mit dem Iran verbündete Macht wiederherzustellen, die ihnen gegen die Prätentionen der Golfstaaten auf völlige Unterwerfung der Schiiten den Rücken stärkt. Auch materielle Zuwendungen können diese beiden Partner von dem zerstörten Land nicht erwarten – im Gegenteil, eher wird auch ein befriedetes Syrien ihrer Unterstützung beim Wiederaufbau bedürfen.

Schließlich, in dem oben zitierten Ausblick in „El País“ wird die Türkei als ebenfalls vorhandener Mitspieler in diesem neuen „Great Game“ des Nahen Ostens nicht erwähnt. Das hat gute Gründe. Bei der Türkei ist nämlich überhaupt nicht klar, welchen Interessen sie dient und welche Interessen sie selbst verfolgt. Weder kann sie als Statthalter westlicher Interessen betrachtet werden – das war übrigens schon vor dem Putsch so – noch kann sie ohne weiteres der Koalition zur Wiederherstellung Syriens zugerechnet werden.

Dazu später.


II. Die Feinde und Aasgeier Syriens

Die – relativ typischen – Kassandrarufe des El País-Kommentators malen unbekannte Gefahren an die Wand, weil er sich den Gegnern Assads verpflichtet fühlt und zähnekrirschend deren Felle davonschwimmen sieht. Unter anderem hat er die Interessen Israels vor Augen.

1. Israel
Israel hat den Aufstand gegen Assad mit Freuden zur Kenntnis genommen und vielleicht sogar vorbereiten geholfen. Darüber wird möglicherweise irgendwann in der Zukunft einiges ans Tageslicht kommen. Israel könnte offenbar sehr gut mit einem radikal-islamischen Staat oder Territorium unklaren Status’ vor seiner Haustüre leben, wenn es dafür endgültig die Golan-Höhen seinem Territorium einverleiben könnte.
Israel hat sich auch aktiv am Krieg gegen Assad beteiligt, hat Ziele in Syrien bombardiert, um Assad und die Hisbollah zu schwächen, und hat auch verletzte Kämpfer des Islamischen Staates in seinen Gesundheitseinrichtungen wieder zusammenflicken lassen.
Man muß sich das nur vor Augen halten, daß derjenige Staat, der regelmäßig Gaza bombardiert und sich als säkuläre und tolerante Oase gegen den islamischen Fundamentalismus präsentiert, ohne weiteres mit diesen Halsabschneidern gemeinsame Sache macht, wenn es den eigenen geostrategisch-nationalen Interessen dient.

2. Saudi-Arabien und Katar
Diese beiden Staaten maßen sich aufgrund ihres Ölreichtums und ihrer (bisherigen) Rückendeckung durch die USA eine Position in der arabischen bzw. muslimischen Welt an, die ihnen aufgrund ihrer wahren Größe und kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung gar nicht zukommt. Sie würden gerne die gesamte Region mit Regierungen vollpflastern, an deren Spitze ihnen verpflichtete, also sunnitische religiöse Fanatiker stehen, denen sie je nach Belieben und mittels Öffnen des Geldbeutels ihre Interessen diktieren können.
Gegen diese Anmaßung der Beherrscher Mekkas und des Stecknadelkopfes auf der Landkarte wehren sich übrigens nicht nur Syrien, Jemen und der Iran, sondern unter der Hand, also nicht offiziell und laut, auch der Irak, der gesamte Maghreb, Ägypten und Jordanien; inzwischen sogar Pakistan und Afghanistan. Alle diese Staaten sehen ihre nationalen Interessen durch die Interventionen, Waffenlieferungen und diplomatischen Vorstöße dieser beiden Staaten gefährdet.
Assad, Rußland und der Iran können sich daher eines Haufens derzeit noch geheimer Sympathien sicher sein, die sich möglicherweise offener äußern könnten, wenn die USA ihre Nahostpolitik ändern.

3. Die USA
Während bei den staatlichen Akteuren der Region die Interessen relativ klar sind, so gibt die Weltmacht Nr. 1 hier etwas größere Rätsel auf. Es handelt sich nämlich um einen Zickzack-Kurs, dessen Richtung sich öfter ändert.
Zunächst steht der angestrebte Sturz Assads in einer Reihe mit angestrebten Regime-Changes in der Welt: man räumt mißliebige, sich den Interessen der USA entgegenstellende Regierungen weg und setzt eigene Hurensöhne ein, die dann nach der Pfeife Washingtons tanzen.
Dieses sehr brutale Ideal und Vorgehen orientiert sich an den Erfolgen, die die USA und die EU seinerzeit in den 90-er Jahren in etwas holpriger Zusammenarbeit auf dem Balkan erzielt haben.
Die Umsetzung in der muslimischen Welt hingegen ist recht gründlich mißglückt. Im Irak und in Afghanistan sind ebenso schwache wie ungeeignete Regierungen an die Macht gehievt worden, die dennoch mit viel Aufwand gestützt werden mußten und nach wie vor müssen, wenn man das völlige Scheitern der eigenen politischen Absichten verhindern will.
Diesen Mißerfolgen der Direktintervention folgten dann die Versuche, mit der Unterstützung regionaler Staaten und Gruppierungen das ganze besser über die Bühne zu kriegen, und dieser Politik verdankt die Welt die Kriege und das Chaos, die seit dem „arabischen Frühling“ im Nahen Osten und Nordafrika an der Tagesordnung sind.

Dem – zumindest bis zum Ende der Ära Obama intakten – Ziel, Assad zu stürzen, entsprach die direkte und indirekte Unterstützung islamischer Fanatiker, die seither in der Region und in ganz Europa Angst und Schrecken verbreiten. Der ideologisch nicht ganz einfache Spagat, die eigene Unterstützung für diese schamlosen Mörder zu rechtfertigen, besteht in dem von den breiten Massen nicht gut aufgenommenen Versuch, sie in gute – Moderate – und böse – Extremisten – zu unterscheiden.
Dann wurden Jordanien und die Türkei ermuntert, sich zur Aufmarschbasis und zum Hinterland der mit dem Kosenamen „Rebellen“ versehenen Assad-Gegner zu machen, und Israel ebenfalls darin bestärkt, die „Moderaten“ mit Rückendeckung Washingtons zu unterstützen. An ihrer Weigerung, dabei mitzumachen, zerbrach um ein Haar die ohnehin brüchige Regierungskoalition des Libanons.
Als der IS durch das medial wirksame Enthaupten eines amerikanischen Journalisten und anderer Propaganda-Videos klare Zeichen setzte, daß er keineswegs Vollstrecker amerikanischer Interessen sei, sahen sich die USA genötigt, in eine Art 2-Frontenkrieg einzutreten, da sie neben der nun notwendig gewordenen Bekämpfung des IS ihr ursprünglches Ziel, Assad zu stürzen, keineswegs aufgeben wollten.

Im Rahmen dieses Widerspruchs ermunterten die USA die Kurden Syriens (in der Sprache der kurdischen Nationalisten „Westkurdistans“), sich von Syrien loszusagen und an einer Vereinigung aller Kurdengebiete zu arbeiten. Damit wollten sie sowohl Assad schwächen als auch sich den USA verpflichtete Bodentruppen gegen den IS schaffen.

Ohne diese ihre Ziele zu erreichen, brachten die USA damit die Türkei (in den Augen der kurdischen Nationalisten Okkupant „Nordkurdistans“) und die besitzenden Eliten des irakischen Kurdistans („Südkurdistans“) gegen sich auf. Sie schufen also weitere Fronten, ohne ihrem Ziel näherzukommen, und zerstörten dabei die ebenfalls sehr fragmentierte regionale Koalition gegen Assad.
Mit dem Eingreifen Rußlands traten die USA als Akteur endgültig in den Hintergrund, da sie außerstande waren, trotz militärischer und geheimdienstlicher Präsenz in der Region an irgendwelchen Fäden zu ziehen. Verschiedene ehemalige Verbündete nahmen zwar weiterhin gerne Geld und Unterstützung in Anspruch, machten aber, was sie wollten.

Wenn die neue US-Regierung sich daher aus diesem Schlachtfeld zurückziehen will, so tut sie das aus der Einsicht heraus, daß für sie als Weltmacht dort kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist.
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Fortsetzung: Die EU, die Türkei und eine Zwischenbilanz

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siehe dazu auch:

DAS SYRISCHE SCHLACHTFELD 24.8. 2016
AL ASSAD: ES GIBT 80 STAATEN, DIE DIE TERRORGRUPPEN IN SYRIEN UNTERSTÜTZEN 22.2. 2016
DER DURCH UND DURCH VERLOGENE IMPERIALISTISCHE AUFMARSCH GEGEN DEN IS 10.12. 2015
RUSSLAND SETZT FAKTEN IN SYRIEN 8.10. 2015
DSCHIHAD 25.8. 2014
IST RUSSLAND IMPERIALISTISCH? 3.4. 2014
DIE PRAKTISCH-FAKTISCHE WIDERLEGUNG DES GESAMTEN DEMOKRATIE-NONSENS VON 2011 25.8. 2013
NUR EIN SCHRITT NOCH BIS ZUM CHAOS 7.2. 2012
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im GegenStandpunkt:
Luftschläge und eine neue Allianz – Politik der USA gegen den Heiligen Krieg des Islamischen Staates (GSP 4/14)
Giftgas in Syrien: Die Weltführungsmacht statuiert ein Exempel ihrer Glaubwürdigkeit (GSP 4/13)
Syrien – der aktuelle Hauptfall für die Konkurrenz um die Weltaufsicht (GSP 3/12)

Ein Gedanke zu “Das syrische Schlachtfeld und der Westen

  1. „Der Albtraum des Islamischen Staates taucht im Iran erneut auf

    Die Terrorgruppe unterhält trotz ihrer Schwächung in Syrien und im Irak mehrere regionale Abteilungen mit der Fähigkeit, schwere Anschläge zu verüben, insbesondere in Asien und Afrika.

    Als zu Beginn der Woche alle Augen auf die Auswirkungen der Ermordung der Nummer zwei der palästinensischen Bewegung Hamas … bei einem Anschlag in Beirut gerichtet waren, der alle Anzeichen einer israelischen Aktion aufwies, erschütterten zwei gewaltige Explosionen die iranische Stadt Kerman.
    Um die anfängliche Verwirrung zu zerstreuen, bekannte sich die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) am Donnerstag zu dem Angriff aus dem Iran, der mindestens 91 Todesopfer forderte und zum tödlichsten in der jüngeren Geschichte wurde.

    Der Angriff, der inmitten starker regionaler Spannungen durchgeführt wurde,  … hat den IS wieder auf die Landkarte gebracht.
    Das ist die neueste beunruhigende Erinnerung an seine Präsenz in verschiedenen Breitengraden der Welt und seine Fähigkeit, weiterhin wirkungsvolle Operationen durchzuführen, – obwohl er in Syrien und im Irak besiegt wurde, … in den letzten Jahren viele seiner Top-Kommandeure und Anführer verloren hat und durch die Konkurrenz ähnlich gestrickter Gruppen geschwächt wurde.

    Laut einer Zusammenstellung des BBC, die auf offiziellen Aussagen der Gruppe und ihrer Unterstützer basiert, ist die Zahl der vom IS und seinen Unterstützern gemeldeten Angriffe im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 53 % von 1.811 auf 838 gesunken.

    Allerdings ist die Organisation weiterhin in der Lage, Hunderte von Angriffen pro Jahr durchzuführen (im Jahr 2023 durchschnittlich mehr als zwei pro Tag) und dabei lokale politische und sicherheitstechnische Schwachstellen und Lücken auszunutzen.

    Eine Herausforderung für den Iran

    Der Angriff in der Stadt Kerman, anlässlich einer Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Todes von General Qasem Soleimani durch eine US-Drohne im Jahr 2020, wurde höchstwahrscheinlich vom Ableger des IS Korasan (IS-K) verübt. Diese Untergruppe der Organisation wurde Anfang 2015 gegründet und operiert hauptsächlich in Afghanistan und Pakistan, aber auch in einigen umliegenden Ländern wie dem Iran. In den letzten Jahren hat sie ihre Taktik geändert und ihre Aktionen den Umständen angepasst.“

    Es ist allerdings bemerkenswert, daß man von den Angriffen dieses IS-Ablegers in Afghanistan und Pakistan wenig liest oder hört.
    Entweder sie treten dort leise und halten sich dadurch Operationsbasen, oder die westlichen Medien berichten darüber einfach nichts:

    „»Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 kam es dort zu einem deutlichen Anstieg der IS-K-Angriffe. Als Reaktion darauf starteten die Taliban eine groß angelegte Operation gegen ihre Mitglieder und Sympathisanten, die zum Tod Dutzender Menschen und zur Verhaftung Hunderter führte, und die Angriffe gingen erheblich zurück«, sagt Abdul Sayed, ein Forscher aus Schweden mit Schwerpunkt auf Dschihadismus in der Region. »Mitte 2022 verabschiedete der IS-K jedoch eine neue Strategie, die sich auf große Selbstmordanschläge statt auf häufige Minibombenanschläge konzentrierte und sich gegen ausländische Diplomaten, ausländische Staatsangehörige, einflussreiche Taliban-Kommandeure, religiöse Persönlichkeiten und wichtige Einrichtungen in Kabul richtete«, erklärt Sayed.
    Zwischen Januar und Mai 2023, fügt er hinzu, »eliminierten die Taliban jedoch mehr als ein Dutzend wichtige IS-K-Kommandeure, was zu einem drastischen Rückgang ihrer Angriffe in Afghanistan und einer längeren Einstellung« ihrer Aktionen führte.

    Laut einer BBC-Bilanz gingen die Angriffe der Gruppe im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 86 % und im Vergleich zu 2021 um 93 % zurück.“

    Die einzigen ernsthaften – und auch erfolgreichen – Gegner des IS sind also die Taliban.

    „Dennoch befindet sich laut Sayed derzeit das aktivste operative Netzwerk der Gruppe im Stammesbezirk Bajaur im Nordwesten Pakistans und an der Grenze zu Afghanistan. Der Experte sagt, dass »Einzelheiten über den Aufenthaltsort der IS-K-Führer und -Mitglieder weiterhin schwer zu ermitteln sind«, stellt jedoch fest, daß Geheimdienstoperationen der Taliban darauf hindeuten, daß es Zellen in Kabul, in einer nordöstlichen Provinz an der Grenze zu Pakistan und in Provinzen nördlicher Regionen, die an Tadschikistan und Usbekistan grenzen, gibt.

    Es gibt auch Anzeichen ihrer Präsenz in der westlichen Provinz Herat, die an den Iran grenzt. Einige Analysten haben gewarnt, dass sich IS-K aufgrund des größeren Anti-Terror-Drucks der Taliban dafür entscheiden könnte, nicht nur weniger Angriffe zu verüben, wenn auch mit größerer Wirkung, sondern auch mit regionalerem Charakter.“

    Gemeint ist offenbar mit regional gezielteren Attentaten.

    „In diesem Sinne ist der Iran eines der am stärksten bedrohten Länder, und zwar aufgrund der radikal anti-schiitischen Haltung des IS …, seiner ausgeprägten Gegnerschaft zu den iranischen Behörden und seiner Fähigkeit unter sunnitischen iranischen Bürgern Anhänger zu rekrutieren, die gegen die Regierung von Teheran sind.“

    Zu denen gehören Angehörige der kurdischen und arabischen Minderheit, der Belutschi sowie Sympathisanten der im Ausland vertretenen Muhaheddin-Khalq.
    Bei dieser Rekrutierung war der IS sichtlich erfolgreich, weil das Attentat wurde mit großer Wahrscheinlichkeit von Bürgern des Iran verübt.

    „Darüber hinaus verfügt der Iran in Afghanistan weder über den Einfluss noch über entsprechende Milizen, die es ihm ermöglichen würden, IS-K dort entgegenzutreten, wie dies im Irak und in Syrien der Fall ist, und zwar durch die verschiedenen pro-iranischen bewaffneten Gruppen und die Nähe zur Regierung von Baschar al-Assad.“

    Die Schläferzellen des IS können also weder die Taliban noch der Iran wirksam bekämpfen.
    Es würde zu diesem Zweck einer Allianz zwischen den (sunnitischen und deobandischen) Taliban und den Mullahs in Teheran bedürfen, um dem Spuk ein Ende zu setzen, ähnlich, wie es Soleimani im Irak bewerkstelligt hatte.
    Dazu sind die Taliban wahrscheinlich nicht bereit, weil das hieße, iranischen Militärs Bewegungsfreiheit in Afghanistan einzuräumen.

    „Der Angriff in Kerman ist nicht der einzige Großangriff, den der IS in letzter Zeit verübte, und auch nicht der erste Großangriff gegen den Iran.

    Im vergangenen Sommer tötete die Gruppe bei einem weiteren Selbstmordanschlag während einer Wahlkundgebung in“ Khar in „Pakistan mehr als 60 Menschen und verletzte mehr als 100.

    Im Oktober 2022 bekannte sich die Terrororganisation zu einem weiteren Anschlag in der iranischen Stadt Shiraz, bei dem mehr als zehn Menschen starben und Dutzende verletzt wurden.
    Im Jahr 2018 bekannte er sich zu einem Anschlag während einer Militärparade in der Stadt Ahvaz im Südwesten Irans, bei dem er 25 Menschen tötete. Und ein Jahr zuvor schlug er mit zwei Anschlägen im Zentrum von Teheran – gegen das iranische Parlament und das Mausoleum von Ruhollah Khomeini zu, … bei denen 18 Menschen starben.
    Die iranischen Behörden haben dem IS weitere Angriffe im Land vorgeworfen und behaupten, Dutzende vereitelt zu haben.

    Allerdings gibt es immer noch ungeklärte Elemente des jüngsten Attentats im Iran. »Es ist verfrüht, den Grad der Beteiligung des IS-K-Netzwerks in Afghanistan … zu bestimmen«, sagt Sayed, der hervorhebt, dass »die pro-Taliban-Medien den Anschlag sehr bald dem IS-Netzwerk in Tadschikistan zugeschrieben haben und dass iranische Beamte auch bestätigt haben, dass einer der beiden Selbstmordattentäter ein tadschikischer Staatsbürger war.“

    Wie man das so schnell feststellen kann?
    Selbstmordattentäter werden meistens in sehr kleine Stücke gerissen …

    „Es ist wahrscheinlich, daß der IS-K die Details bald öffentlich machen wird, falls er tatsächlich der Urheber dieses Anschlags ist«, prognostiziert der Forscher.

    Globales Netzwerk

    Neben der Provinz Korasan (die sich in der dschihadistischen Terminologie auf die historische Region bezieht, die das heutige Afghanistan, den östlichen Iran und Gebiete Tadschikistans, Turkmenistans und Usbekistans umfasst) unterhält der IS mehrere Niederlassungen in anderen Teilen des Planeten, in denen er Aktivitäten entfaltet.

    Im Irak und in Syrien war er in den letzten Jahren genötigt, – aufgrund von Faktoren wie der Stärkung des syrischen Regimes und des irakischen Militärapparats, dem Verlust von Territorium, Einfluss, Ressourcen und Fußvolk sowie der raschen Eliminierung seiner Führer – die größten Änderungen vorzunehmen.
    Im vergangenen Jahr gingen die dem IS zugerechneten Anschläge im Irak im Vergleich zu 2022 um 65 % und in Syrien um 60 % zurück.
    Allerdings ist die Gruppe nach wie vor in der Lage, Dutzende von Angriffen zu verüben, darunter einige besonders raffinierte, wie sie beispielsweise in syrischen Gefängnissen verübt wurden, um Mitglieder ihrer Reihen zu befreien. Der IS nutzt weiterhin Sicherheits- und Stabilitätslücken in Gebieten wie im Zentrum von Syrien, um sich wieder zu sammeln.“

    Das zentrale Gebiet Syriens ist Teil der syrischen Wüste, dünn besiedelt und schwer zu überwachen.
    Allerdings müssen etwaige IS-Truppen dort von irgendwoher Unterstützung bekommen, weil andernfalls die Wüste stärker wäre.

    „Deutlich anders ist die Situation in Afrika südlich der Sahara, wo der IS fünf regionale Ableger hat und in den letzten Jahren versucht hat, seinen Einfluß auszuweiten, um Rückschläge im Nahen Osten wettzumachen.
    Dort hat die Gruppe die größere Instabilität und den geringeren Anti-Terror-Druck infolge mehrerer Staatsstreiche, insbesondere in der Sahelzone, ausgenutzt, die noch durch politische und sozioökonomische Benachteiligung der lokalen Bevölkerung verstärkt werden.

    Im Jahr 2023 gingen auch die Angriffe der verschiedenen Zweige des IS in Afrika südlich der Sahara im Vergleich zum Vorjahr zurück, aber die Region machte weltweit bis zu 60 % aller Anschläge aus, zu denen die Gruppe sich bekannt hat. Die aktivsten Abteilungen befinden sich in Westafrika, hauptsächlich im Nordosten Nigerias und rund um den Tschadsee, sowie in der Sahelzone, insbesondere in Mali.
    Auch in Zentralafrika und Mosambik stellen ihre Zellen eine erhebliche Bedrohung dar. In Ägypten, wo der Ableger des IS im Sinai die Verantwortung für mehr als 100 Anschläge im Jahr 2022 übernahm und im Jahr 2020 vorübergehend einige Städte besetzte, wurde die Bewegung fast vollständig niedergeschlagen.“

    (El País, 6.1.)

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