Die Migration

ANMERKUNGEN ZU DEN NEUEREN ENTWICKLUNGEN UND DEN NEUEN FRONTEN IM FLÜCHTLINGSDRAMA

Lukaschenko und Putin haben ja recht, wenn sie darauf hinweisen, daß die Flüchtlingsbewegungen zu den Grenzen der EU Ergebnis der Außenpolitik der EU sind, und ihrer NATO-Bündnis-Tätigkeit in ZUsammenarbeit mit den USA.

Das wird ihnen als besondere Infamie angekreidet.

Vielleicht eine Rückerinnerung, wie die Sprecherin des russischen Außenministeriums die Ereignisse von 2015 und die ganze Flüchtlingspolitik der EU charakterisiert hat:
„DAS PROBLEM MIT DEN FLÜCHTLINGEN HÄNGT MIT DER NAHOSTPOLITIK DER EU ZUSAMMEN“

Man kann also nicht behaupten, daß diese Position Rußlands neu oder überraschend wäre.

Dazu kommen die Berechnungen Polens, das die Flüchtlingsfrage als Druckmittel gegenüber der EU benutzen will, um die ganze Kritik an seinen Rechtsreformen zum Verstummen zu bringen und die bisher angeblich blockierten Corona-Hilfen zu erhalten.
(Bei der EU, wie sie inzwischen beinander ist, weiß man ja nie, wie sehr an der Oberfläche, also für die Medien, TamTam gemacht wird und was im Hintergrund nach Verhandlungen bereits besprochen wurde.)

Polen, so viel kann man erkennen, will die Flüchtlingsfrage nutzen, um möglicherweise die Position Großbritanniens im Gefüge der Rest-EU einzunehmen, also neben Deutschland und Frankreich zu den Führungsnationen aufzusteigen.

Man kann annehmen, daß die anderen beiden darüber nicht erfreut sind.

Auch die Möglichkeit, die Ukraine als Abstellplatz für zurückgewiesene Migranten einzurichten, wird daran liegen, wie sehr den Ambitionen Polens entsprochen wird.

Pressespiegel Komsomolskaja Prawda 6.11.: Ölpreis

„DER »HUNDERT-DOLLAR-GRENZSTEIN«: WAS WIRD BIS ENDE DES JAHRES MIT DEM ÖLPREIS UND DEM RUBEL-KURS PASSIEREN?
Weltweite Verhandlungen und Prognosen

Ölexportierende Länder haben eine wichtige Entscheidung getroffen. Sie beschlossen, nicht dem Beispiel der Vereinigten Staaten zu folgen, sondern sich in ihrem eigenen Tempo zu bewegen. Die Weltölproduktion wird wachsen, aber langsam. Weder Russland noch Saudi-Arabien wollen plötzliche Bewegungen. Und zwar aus folgenden Gründen:

Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage

Vor der Pandemie betrug die Ölförderung weltweit etwa 100 Millionen Barrel pro Tag. Aufgrund des Coronavirus wurde sie um 10 % zurückgefahren. Und letztes Jahr wurde sie angehoben, aber ohne Eile. Mitglieder des OPEC+-Kartells haben vereinbart, die Produktion jeden Monat um 400.000 Barrel pro Tag zu steigern. Bis September nächsten Jahres wird die Produktion dann auf das Vor-Covid-Niveau zurückkehren.
US-Präsident Joe Biden forderte kürzlich Russland und Saudi-Arabien auf, die Produktion schneller zu erhöhen. Am Markt herrsche Mangel und der Ölpreis steige.“

Das ist schon sehr dreist. Eine Zeitlang – vor der Pandemie – taten die USA alles, um vor allem Saudi-Arabien zu Erhöhung der Prodsuktion zu bewegen, um einen niedrigen Ölpreis hervorzubringen und damit Rußland und Venezuela zu schaden, deren Deviseneinnahmen ganz oder teilweise auf Ölexport beruhen.
Jetzt, wo der Hut brennt, soll gefälligst – auch von Rußland! – die Produktion gesteigert werden, damit die US-nahe G-G’-Maschinerie geschmiert wird.
Es ist also ein großer Triumph für Rußland, wenn Saudi-Arabien sich jetzt auch nicht gleich auf US-Zuruf bewegt.

„Die Grenze von 80 USD pro Barrel wurde überschritten. Dies ist ein Dreijahreshoch, das die Brieftaschen von Importeuren, einschließlich der Vereinigten Staaten, trifft. Aber Exporteure haben ihre eigenen Gründe.
»Es gibt eine Reihe von Unsicherheiten auf dem Markt, die bei der Senkung der Ölpreise eine Rolle spielen könnten«, sagte Alexander Novak, stellvertretender Premierminister und ständiger russischer Unterhändler bei der OPEC.

Unsicherheit 1 – »Der Winter steht vor der Tür«

Im Gegensatz zu Gas sinkt der Ölpreis normalerweise während der kalten Jahreszeit. Der Hauptverbrauch an Mineralölprodukten entfällt auf Autos. Im Winter werden sie seltener benützt, sodass sowohl der Kraftstoffbedarf als auch die Ölpreise sinken. Kessel und Kraftwerke verwenden normalerweise andere Arten von Brennstoffen – Gas, Kohle, Kern- und Wasserenergie.“

Energiewende! Früher wurden mehr Kraftwerke mit Erdölprodukten betrieben, inzwischen wurde – vor allem in der EU – die Stromproduktion auf andere Energiequellen umgestellt.

„Unsicherheit 2 – »Neue Lockdowns«

Mehrere Länder haben sich erneut dafür entschieden, epidemiologische Regeln zu verschärfen. In Russland und Lettland wurden sanfte Lockdowns angekündigt. Bei einem negativen Szenario können in anderen Ländern Beschränkungen eingeführt werden. Und dies wird die Nachfrage nach Öl reduzieren, wie es im Frühjahr letzten Jahres der Fall war.
»Covid-Risiken nehmen aufgrund von Mutationen im Coronavirus und mittelmäßigen Erfolgen bei der weltweiten Impfung zu«, sagt Alexander Pasetschnik, Leiter der Analyseabteilung des Nationalen Energiesicherheitsfonds.

Unsicherheit 3 – die »Iran-Deals«

Zuerst Sanktionen aussprechen, und dann wieder die Friedenspfeife rauchen. So ungefähr verhalten sich die Amerikaner gegenüber dem Iran. Viele Jahre lang konnte er den Weltmarkt nicht mit Öl beliefern. Die USA glaubten, Teheran entwickle Atomwaffen und bestrafte es auf diese Weise. Dann kam Tauwetter, aber nicht auf lange. Ein paar Jahre später kündigte Donald Trump den Deal mit dem Iran und verbot ihm erneut, sein »schwarzes Gold« zu verkaufen. Jetzt ist wieder Tauwetter. Ende November findet in Wien ein Treffen statt, bei dem die Verhandlungen über die Aufhebung der Sanktionen wieder aufgenommen werden. Dies wird es dem Iran ermöglichen, 4 Millionen Barrel mehr Öl als bisher zu verkaufen. Eine gesteigerte Produktion wird die Ölkosten senken. Eine schnelle Entscheidung ist jedoch unwahrscheinlich.

Unsicherheit 4 – »Energiewende«

In westlichen Ländern wird immer mehr über die Energiewende gesprochen. In Europa wollen sie auf Kohlenstoff-Energieträger (Kohle, Öl, Gas) verzichten und auf umweltfreundliche Kraftstoffe umsteigen. Natürlich ist dies kein schneller Prozess. Aber große Unternehmen bereiten sich bereits auf die Energiewende vor, sie reduzieren Investitionen in die Erschließung neuer Felder. Was bringt es, etwas zu besorgen, wenn es bald nicht mehr nachgefragt wird?!

Es stimmt, es gibt hier Nuancen. Die Wünsche europäischer Politiker sind nicht immer durchdacht. So hat beispielsweise die übermäßige Abhängigkeit von Wind- und Solarenergie bereits in diesem Sommer zu einem starken Anstieg der Erdgaspreise geführt. Daher gehen Experten davon aus, dass Öl auch in Europa noch mindestens 10 Jahre nachgefragt sein wird.“

Eine sehr freundliche Art, auszudrücken, daß die ganze Energiewende ein Haufen Wahnvorstellungen sind, sowohl was die Durchführbarkeit als auch was die Folgen betrifft. Und auch die Beobachtung, daß Wind- und Sonnenenergie eben witterungsabhängig sind und großen Bedarf an traditionellen Energieträgern erzeugen können, wenn der Wind nicht geht und die Sonne nicht scheint, sollte man sich merken.

„»Die Wachstumsraten der grünen Energie sind so, dass sie auf lange Zeit die Produktion von Kohlenwasserstoffen notwendig machen wird«, sagt Georgij Vaschtschenko, Operationsleiter für den russischen Markt bei IC Freedom Finance.

Wie geht es mit dem Ölpreis weiter?

Es gibt viele Unsicherheiten, aber es gibt weitere relativ sichere Faktoren, die den Ölpreis beeinflussen. Daher sind die meisten Experten sicher, dass er bis Ende des Jahres die 100 Dollar pro Barrel überschreiten wird. So viel kostete Öl übrigens schon vor einigen Jahren, es ist kein unüblicher Preis. Und der derzeitige Dollar wird viel billiger. Die Inflation in den USA übersteigt bereits 5,4%. Das heißt, die aktuellen hundert Dollar sind nicht gleich.“

Hier wird etwas verkürzt angedeutet, daß der Dollar Kursverluste einstecken muß, u.a. gegenüber dem Rubel. Der Hinweis auf die Inflation versucht das sozusagen als Automatismus hinzustellen, was in Wirklichkeit ein Zeichen der ökonomischen Schwäche der USA ist.

„In diesem Zusammenhang gehen Analysten der globalen Investmentbank Goldman Sachs davon aus, dass der Ölpreis bis Ende des Jahres 90 Dollar pro Barrel erreichen wird.“

Zweckoptimismus?

„Und die Bank of America richtet den Blick noch weiter. Sie gehen davon aus, dass ein Barrel „Schwarzes Gold“ bis Mitte 2022 auf 120 Dollar steigen könnte. Ihre Experten prognostizieren, dass dies durch eine steigende Nachfrage nach Flugbenzin (es wird mehr Flüge geben) sowie durch fehlende Verarbeitungsanlagen für Rohstoffe verursacht werden könnte.

Wie wird der Rubel reagieren?

Viele Faktoren beeinflussen den Kurs unserer Währung. Der Ölpreis ist nur einer davon, aber ein wichtiger. Steigt der Ölpreis, steigt auch der Rubel. Außerdem wird er von einem weiteren wichtigen Faktor beeinflusst – dem Leitzins der Zentralbank. Sie ist auf 7,5 % pro Jahr gestiegen und wird voraussichtlich weiter wachsen. Die Inflation in Russland hat bereits 8% überschritten. Und das Ziel der Zentralbank ist es, sie zu Fall zu bringen. Dazu muss die Regulierungsbehörde den Zinssatz auf ein Niveau anheben, das über dem Preisanstieg liegt.“

Die Wirtschaftswissenschaft und ihre Weisheiten sind auch in Rußland allgegenwärtig. Allerdings können solche Maßnahmen dort eher von Erfolg gekrönt sein, da dort immer noch ein großer Teil der Wirtschaft staatlich gelenkt ist bzw. viele Betriebe im Laufe der letzten 2 Jahrzehnte wieder verstaatlicht wurden.

„Dies macht Investitionen in Rubel-Anlagen rentabler und erhöht dementsprechend die Rubel-Notierungen. Daher besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Dollar bis Ende des Jahres wie vor einer Woche unter 70 Rubel fällt und dort Fuß fasst.“

Der Rubel als sicherer Hafen für anlagewilliges Kapital, wer hätte das noch vor 2 Jahren gedacht!
Natürlich gibt es auch Faktoren, die dagegen sprechen, daß jetzt die Investorenschar Richtung Rubel aufbricht, aber zumindest Kapital aus den Staaten Asiens könnte sich schon dort umschauen. Eine andere Frage ist, ob diese Investitionen für die russische Wirtschaft brauchbar wären oder nur spekulativ auf Kursgewinne abzielen. Es wäre auch interessant, zu beobachten, wie sich der Kurs des Rubels zum Euro entwickelt.

Es läßt sich auf jeden Fall derzeit ein gewisser Aufwind für Rußland feststellen.

Die Taliban in Kabul

DIE BLAMAGE DER „INTERNATIONALEN STAATENGEMEINSCHAFT“

Der rasante Vormarsch der Taliban hat alle überrascht. Man merkt daran, wie wenig Ahnung die zivilen und militärischen Vertreter des Freien Westens von dem Land hatten, das sie 20 Jahre lang besetzt gehalten haben. Die Arroganz der Kolonialherren paarte sich hier mit den ständig blamierten Weltmachtsphantasien derjenigen Staaten, die sich immer noch für den Nabel der Weltgeschichte halten.

Die Taliban sind sehr geschickt vorgegangen. Erst besetzten sie alle Grenzübergänge und dann verhandelten sie mit den diversen Provinzgrößen. Ihr sitzt in der Falle, sagten sie: Entweder für uns oder gegen uns! – möglicherweise mit einer eindeutigen Handbewegung des Fingers am Hals.

Und alle waren einsichtig.

Ganz üblen Burschen, wie Raschid Dostum, wurde freies Geleit zugesichert und man ließ sie abhauen. Wie es aussieht, ist Usbekistan inzwischen das bevorzugte Ziel der US-Kollaborateure. Die Taliban sind dabei, um Fidel Castro zu zitieren (anläßlich des Mariel-Exodus), das Klo in Richtung Usbekistan hinunterzulassen.

So ist es zu erklären, daß sie das ganze Land nicht nur in kürzester Zeit erobert wurde, sondern auch ziemlich unblutig. Und die Medien haben jetzt die schwierige Aufgabe, diesen Sieg der Taliban und die schlechte Figur, die EU und USA machen, zu erklären.

Erklärung 1. Die Taliban sind Schlächter, deswegen haben alle aus Angst nachgegeben.

Diese Erklärung ist einerseits sehr bequem. Sie stellt die – unter ganz anderen Bedingungen zustande gekommene – Herrschaft der Taliban vor mehr als 20 Jahren in den schrecklichsten Farben da und prophezeit eine Neuauflage.

In dieser Erklärung werden die westlichen Besatzungstruppen als eine Art Entwicklungshilfe dargestellt, die Afghanistan modernisierten, aus dem finstersten Mittelalter befreit hätten und reine Beschützer der Witwen und Waisen waren.

Das Schreckgespenst der Taliban wurde schon seit dem Abzugsbeschluß in den Medien ausgemalt: Afghanistan geht unter, wenn die Taliban an die Macht kommen! Sie werden uns, den Besatzern, nachweinen!

Irgendwie wirkt es aber nicht ganz glaubwürdig, daß alle diese bärtigen Burschen das ganze Land in Angst und Schrecken versetzt hätten. Die Fluchtbewegungen, von denen berichtet wird, fallen im Vergleich zu dem, was Afghanistan bisher erlebt hat, relativ harmlos aus. Außerdem kann niemand überprüfen, wie die Zahl, die genannt wird – die Rede ist von einer halben Million von Flüchtlingen – überhaupt erhoben wurde.

Erklärung 2: Biden, der Idiot, hat das alles ungeschickt gemacht.

Die Schuldsuche ist immer gerne zur Hand, wenn was schiefgeht, hat aber auch etwas Unbefriedigendes an sich.

Erstens war der Abzug aus Afghanistan bereits unter seinem Vorgänger ausgehandelt worden, der auch schon zu der Einschätzung gelangt war, daß sich an der Situation in Afghanistan nichts ändern würde und der Krieg und die Alimentierung des Marionettenregimes nur Geld kosten und nichts bringen.

Zweitens hat der US-Präsident es wohl alles mit dem Militär abgesprochen. Noch vor einer Woche dröhnte aus allen Rohren, Kabul würde in einigen Monaten fallen. Diese Einschätzung kam nicht vom Präsidenten, sondern von Geheimdienst und Militär. Der Präsident kann sich auch nur an dem orientieren, was ihm seine Dienste und die Offiziere vor Ort an Daten und Einschätzungen liefern.

Wie man es dreht und wendet, alle Beteiligten machten sich über Afghanistan, seine Bevölkerung, ihre Verbündeten und Sympathisanten in dem Land was vor, und nicht erst seit gestern. Jetzt Biden dafür an den Pranger zu stellen, ist ein recht plumper Versuch, den Rest der Mannschaft und die ganze Politik der USA reinzuwaschen.

Erklärung 3: Die ganze afghanische Gesellschaft ist eben rückständig und hat unsere selbstlose Entwicklungshilfe nicht goutiert.

Diese Erklärung schlägt in ihrer Selbstgefälligkeit dem Faß den Boden aus. Einmarsch und Besatzung eines fremden Landes werden zu einem Volksbeglückungsprogramm umfabuliert, wo Bomben und Drohnenangriffe wegretuschiert werden und der trostlose Zustand der Wirtschaft keiner Erwähnung wert ist. Die Kosten der Besatzung werden zu Hilfsleistungen umgelogen. Der Umstand, daß Afghanistan unter der US-Besatzung zum größten Opiumproduzenten der Welt wurde, scheint von den Medien vergessen worden zu sein.
(Nachträgliche Ergänzung: Afghanistan ist nicht erst unter der US-Besatzung zum größten Opiumproduzenten der Welt geworden, die Produktion stieg schon in den 1980er Jahren stetig, während sie in Burma sank, und Afghanistan löste Burma bereits 1991 als grösster Produzent ab. Das blieb auch unter den Taliban so, obwohl sie 2000 eine Kampagne gegen den Opiumanbau lancierten, um der UNO zu gefallen und ein paar Hilfsgelder ins Land zu holen. Die zu erhöhten Preisen verkauften Vorräte dürfte jedoch die Ernteausfälle weitgehend kompensiert haben oder vielleicht sogar mehr.
Es bleibt dennoch bemerkenswert, daß Afghanistan seine führende Rolle als Opiumproduzent während der ganzen US-Besatzung behielt.)

Zu dem Kriegsmaterial, das die sowjetische Besatzung und der jahrelange Bürgerkrieg hinterlassen haben, wurden noch weitere militärische Müllhalden angehäuft. Außerdem war die ländliche Zivilbevölkerung prinzipiell verdächtig, mit den Taliban zu kooperieren – vermutlich zu Recht – und wurde entsprechend drangsalisiert.

Und jetzt wird die Abneigung, die große Teile der afghanischen Bevölkerung aus diesem Grund gegen die Besatzung haben, zu Primitivität und Barbarei umfabuliert. Nicht nur die Taliban sind rückständig und primitiv, sondern der Rest der Bevölkerung auch!

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Afghanistan hat sich den Titel „Friedhof der Imperien“ nicht ausgesucht. Es wurde deswegen dazu, weil verschiedene Mächte dort einmarschiert sind und die Afghanen sich dagegen gewehrt haben. Der britische Kolonialismus ging mit der für ihn charakteristischen Mischung von Brutalität und Rassismus gegen dieses Hindernis seiner Expansion auf dem indischen Subkontinent vor. Nach drei Kriegen kam es zum Frieden von Rawalpindi, in dem Afghanistan Quetta, Peschawar und große, von Paschtunen bewohnte Gebiete im Süden verlor und die Durand-Linie als Staatsgrenze anerkennen mußte.

Die Regierungen und die Bevölkerung Afghanistans waren lange rußlandfreundlich, weil das Zarenreich sie gegen das britische Empire unterstützt hatte. Es war einer der ersten Staaten, die die Sowjetunion anerkannten, kurz nach ihrer Gründung 1922. Es war daher ein Schock und eine bittere Enttäuschung für die Afghanen, als die Rote Armee einmarschierte und die SU damit klarstellte, daß auch sie sich unter die Besatzer eingereiht hatte. Die sowjetische Besatzung brachte das Gleichgewicht der Nationalitäten durcheinander und mündete im Bürgerkrieg der von den USA gepäppelten Mudjaheddin: Usbeken, Tadschiken, Hazara und Paschtunen wetteiferten mit schwerem Gerät um die richtige Auslegung des Koran und legten dabei einiges im Land in Schutt und Asche.

Die westliche Welt hat von Anfang an den Einmarsch in Afghanistan 2001 und die Besatzung als eine zivilisatorische Errungenschaft schöngefärbt, wo einem rückständigen Volk die Segnungen der modernen Zivilisation verpaßt werden.

Jetzt hingegen zittern alle, daß die Taliban womöglich gar nicht so rückständig sind und mit Rußland, ihren Nachbarstaaten, dem Iran und China in freundschaftliche Beziehungen treten können und im Great Game des XXI. Jahrhunderts eine bedeutende Kräfteverschiebung in Richtung feindlicher Block stattfindet.