Die Euro-Krise, fürs einfache Gemüt aufbereitet

GRIECHEN, FRANZOSEN UND ANDERE GAUNER
Die „Presse“, Österreichs konservatives Blatt, will ihre Leserschaft über den Wertpapiermarkt und die Banken ein bißl aufklären:
„In Deutschland und Österreich haben sich die Banken verpflichtet, ihr Griechenland-Engagement vorerst nicht zurückzufahren. Bei einem Treffen mit Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) Anfang Mai sagten die Chefs der heimischen Großbanken zu, ihre Forderungen gegenüber Athen nicht fällig zu stellen und griechische Anleihen über die gesamte Laufzeit zu halten.“
Das wollen die deutschen Banken jetzt nicht einhalten, weil sie das ihren Kunden gegenüber nicht verantworten können. Während oben erwähnte Zusagen nicht bindend seien, könnten sie von ihren Kunden für unverantwortliche Veranlagung geklagt werden, so deutsche Finanzer. Also wollen sie die griechischen Staatspapiere loswerden. Die Frage ist nur: Wohin damit?
Andere machen es sich angeblich leicht:
„Anders gehen die französischen Banken vor. Diese säubern ihre Bilanzen, indem sie die Schrottpapiere an die Europäische Zentralbank (EZB) veräußern. Die EZB unter ihrem Präsidenten Jean-Claude Trichet, ein Franzose, kaufte dem Vernehmen nach bislang griechische Schuldtitel von mindestens 25 Mrd. Euro auf. Dieses EZB-Programm soll der französische Präsident Nicolas Sarkozy durchgesetzt haben.“ (Die Presse, 2.6.)
Was will uns das österreichische Blatt damit mitteilen?
Erstens, die braven Deutschen und Österreicher haben sich von den Franzosen über den Tisch ziehen lassen. Während sie treu-bieder den Kopf hingehalten haben, um den Euro zu retten oder Griechenland zu helfen – den Grund für diesen Beschluß erfährt man in dem Artikel nicht – hat Frankreich längst seine Schäfchen aufs trockene gebracht und saniert seine Bilanzen – auf unsere Kosten, selbstverständlich.
Zweitens, die griechischen Staatsanleihen sind „Schrottpapiere“, ähnlichen den Finanzprodukten diverser Banken, wie Hypothekarkredit-Verbriefungen, usw., deren Entwertung immerhin mit gigantischen Stützungspaketen der diversen Regierungen verhindert wurde. Die Staatsschuldverschreibungen eines europäischen Staates, eines Mitglieds der Eurozone erklärt die „Presse“ für völlig wertlos.
Lustig wird es dann, wenn österreichische Staatsschulden auch einmal ins Gerede kommen – aufgrund der Situation von Österreichs Banken durchaus möglich – und ausländische Zeitungen beginnen von österreichischen „Schrottpapieren“ zu schreiben.
Drittens, was haben die Franzosen als Müllschlucker für diese Makulatur gefunden? Die EZB! Und warum kauft die EZB diesen Mist? Weil der französische Präsident das „durchgesetzt“ hat (lies: Den österreichischen und deutschen Politikern fehlt es einfach an „Durchsetzungskraft!) und weil der Chef der EZB ja auch ein Franzose ist. Freunderlwirtschaft, ganz einfach.
Über Gründe für Garantien, Stützungskäufe und den Kurs der EZB erfährt man bei diesem Kasblattl, das sich immerhin für die seriöseste Zeitung Österreichs hält, nichts. Dafür wird man mit Rassismen und Schuldzuweisungen beglückt, die die Mitarbeiter der „Kronenzeitung“ vor Neid erblassen lassen müssen: Griechenland gibt „Schrottpapiere“ heraus, unsere Deppen kaufen und behalten die auch noch, während die Franzosen sie schon längst wieder der EZB untergejubelt haben und sich saniert haben.
Eigentlich ist die ganze Staatenwelt ein Sammelsurium von Betrügern und Betrogenen, Die einen geben wertlose Papiere heraus, die anderen handeln damit, der kleine Mann schaut selbstverständlich durch die Finger, und die „Presse“ schlägt die Hände zusammen: Oh Zeit, oh Sitten!

12 Gedanken zu “Die Euro-Krise, fürs einfache Gemüt aufbereitet

  1. Peter Decker hat in seinem letzten Euro-Vortrag, der jetzt auch nochmal bei farberot zur Verfügung gestellt wurde (http://www.farberot.de/mp3/GegenStandpunkt_Griechenland_PD.mp3)
    die Widersprüche des Europrojektes nochmal schön beschrieben:
    Mit der gemeinsamen Währung hat vor allem die BRD und in geringerem Umfang Frankreich den kleineren und vor allem ökonomischen finanziell schwächeren Staaten den Mantel seiner harten Währung (“Franc fort” usw.) umgehängt. Einerseits, weil die BRD damit ihren weiteren Exportaufschwung kreditieren wollte, andererseits weil diese schwächeren EU-Beitrittsstaaten damit die Chance sahen, genauso billig wie die BRD an die so dringend benötigten Kredite für den eigenen nationalen Aufschwung zu kommen. Also kein Nullsummenspiel, bei dem vom Anfang an klar gewesen wäre, daß die BRD für ihre weiteren erfolge die anderen in den Ruin treibt, sondern höchstens, daß es dann natürlich wegen der weiter geführten bitteren nationalen Konkurrenz weiterhin relative Sieger und relative Verlierer geben würde.
    Ein Staat wie Griechenland sah die große Chance, endlich die lausigen Beschränkungen der nationalen Finanzmittel überwinden zu können, die eben nicht genügend nationalen Wirtschaftserfolg gebracht hatten, um aus eigenen Mitteln den Aufschwung (vor)zu finanzieren und wegen der schlechten Reputation auch nicht genügend billigen Weltwährungskredit anziehen konnte. Mit dem Euro wurde dies anders: Auch Griechenland konnte sich zu den gleichen niedrigen Zinsen all die Autobahnen, Krankenhäuser und Häfen hinstellen, die es für unabdingbar hilt, um eine für das internationale Anlegerkapital attraktiven Standort hinzubekommen.
    Nur war eben in dieser Konstruktion ein gewaltiger Widerspruch eingebaut: die niedrigen Zinsen für ein schwaches Land wie Griechenland (oder Portugal, Irland usw.) gab es doch nur, weil die Finanzwelt davon ausging, daß die no-bailout-Behauptung im Ernstfall gar nicht gelten würde. Denn nur, wenn alle Eurostaaten doch eine Haftungsgemeinschaft sind, ist es angemessen, allen einzelnen Staaten die gleichen Konditionen abzuverlangen. Die Griechenlandkrise hat also nicht entlarvt, daß das alles Betrug war, was da anfänglich feierlich behauptet worden ist und sich ja auch in den Verträgen niedergeschlagen hat, sondern nur wahr gemacht bzw. bei Strafe des Untergangs des EU-Projekts erzwungen, daß die gemeinsame Währung eigentlich nur geht, wenn alle dann auch für alle Kredite haften. Denn sonst werden die alten Kräfteverhältnisse der wirtschaftlichen relativen Stärken der einzelnen Staaten die Einheitswährung wieder zersprengen, indem einzelne Staaten in die Zahlungsunfähigkeit, den Staatsbankrott getrieben werden. Was sich aber die Gemeinschaft bisher meinte, nicht leisten zu können, ohne zuzugeben zu müssen, daß die Überspielung der Kräfteunterschiede dann leider geplatzt ist.
    Letztlich erweist die Krise des Euro, daß die gewaltige Akkumulation, besonders in den international erfolgreichen Staaten wie der BRD, die durch den Euroraum möglich geworden ist, doch ein paar Nummern zu groß gewesen ist, denn die vielen Hunderte Milliarden Euro, die allenthalben dafür locker gemacht werden mußten, die sind jetzt vielleicht doch kein “gutes” Geld, kein werthaltiger Kredit sondern ex post könnte sich erweisen, daß daß nur einfach wieder die gute alte Überakkumulation war, die auch schon früher nur durch handfeste Krisen “bereinigt” werden konnte.

  2. Nochmal zur Analogie mit privaten Einzeleigentümern innerhalb eines Währungsgebietes/Staates:
    Auch hier konkurrieren einzelne kapitalistische Eigentümer miteinander um wirtschaftliche Erfolge, also ihre jeweilige möglichst erfolgreiche Kapitalakkumulation. Wie in der Staatenkonkurrenz machen sie dies unter massivem Einsatz von Kredit. Auch hier ergibt die Konkurrenz, daß die Spekulationen/Investitionen der einen Erfolg haben und bei den anderen, daß das Geld sich ex post als in den Sand gesetzt erweist. Damit entsteht die Frage, was die Schulden/die hierfür vergebenen Kredite noch wert sind. In der bürgerlichen Welt sind die Verfahren, dies zu klären seit langem ausgearbeitet: Das fängt mit den mehr oder weniger einvernehmlichen Verhandlungen eines von der Zahlungsunfähigkeit bedrohten Schuldners an und endet, vor allem in Fällen von tatsächlicher Überschuldung und nicht “nur” temporärer Zahlungsunfähigkeit, was die vergleichsweise geringen gerade fällig gewordenen Kredite angeht, beim formellen Insolvenzverfahren und der von Staats wegen organisierten Verwertung der verbliebenen Vermögenswerte und Festlegung, wer von den Gläubigern wieviel von seinen Forderungen wieder zurück bekommt.
    Bei Staaten gibt es nun keine übergeordnete Macht, die per Gesetz und Recht die Insolvenz eines Staates abwickeln würde. De facto sind aber die Regime des IWF und die berüchtigten euphemistisch “Umschuldungsverhandlungen” genannten Entwertungsrunden für Anleihen weitgehend ähnlich. Der bei internationalen Anleihen so genannte “Haircut”, also das Abschneiden der Haare = Teilentwertung der Anleihesummen entspricht recht genau der Quotenregelung im Insolvenzverfahren von Privatschuldnern.
    Die EU steht nun vor der ärgerlichen Entscheidung, entweder für zahlungsunfähig gewordene Staaten ein informelles Insolvenzverfahren durchzuführen und tatsächlich endgültig einen gewissen Teil der Kredite für dieses Land als ausgefallen zu deklarieren/akzeptieren (was fürchterlichen Ärger bringt, weil ja erstens reihenweise wie im Artikel erwähnt, Finanzinstitionen da fett dabei waren und zweitens dann die bange Frage aufkommt, wer als nächster dran sein könnte/wird), oder weiter die Behauptung zu verbreiten, alle Kredite sind gute Kredite, Staatsanleihen sind bombensicher und deshalb Kapital und haben ihren Wert nicht verloren.
    Peter Decker hat in seinem Referat darauf hingewiesen, daß die jetzigen Maßnahmen von und gegen Griechenland ja eigentlich recht offensichtlich die verballerten Milliarden nicht wieder zurückbringen können, denn wie soll ein Staat, der ja gerade, weil es bei ihm nicht so toll kapitalistisch gelaufen war, versucht hatte, mit massiven kreditfinanzierten Staatsausgaben die Infrastruktur hinzustellen und Nachfrage darzustellen, die dafür als notwendig erachtet worden war, jetzt, wo sich diese Investitionen im kapitalistischen Sinne als Fehlspekulationen erwiesen haben, sollen die ausgerechnet durch massives Zurückfahren der Ausgaben überhaupt und damit der Investitionen im besonderen das Hinkriegen, was sie mit viel größerem Aufwand vorher nicht gepackt hatten? Keine Chance!
    Also ist dieses öffentliche Auf den Tisch hauen und Griechenland in Elend stürzen mehr der verzweifelte Versuch, sich wenigstens als beinharte Macherbande zu zeigen und mit einem harten Regime die internationale Finanzwelt davon abzubringen, an der Solidität der anderen EU-Staaten genauso zu zweifeln wie an der von Griechenland. Das Dumme ist nur, daß die weltweiten Finanzer sich natürlich auch zusammenreimen können, daß mit der Verarmung der griechischen Massen und dem Zusammenschnurren des griechischen Staatshaushaltes nie und nimmer der enorme Reichtumsschub herbeigezaubert werden wird, der die Lebenslüge über so viele Staatskrediten, daß die gutes Geld wert seien, zu einer Wahrheit machen würde. Wenigstens denken die das offensichtlich über Griechenland immer noch, was die immer noch vergleichsweise hohen Spreads bei den Zinskonditionen belegen.

  3. Griechenland gibt „Schrottpapiere“ heraus, unsere Deppen kaufen und behalten die auch noch, während die Franzosen sie schon längst wieder der EZB untergejubelt haben und sich saniert haben.

    Saniert haben sich sich deswegen überhaupt nicht. Warum wird der Satz denn überhaupt nicht ökonomisch überprüft. Guckst du hier: Der Euro stürzt ab

  4. @star wars
    Danke!
    Ich behaupte ja nicht, daß sie sich damit sanieren, sondern der Artikel suggeriert das.

  5. Was diesen Aufkauf griechischer Staatsanleihen durch die EZB betrifft, so stammen natürlich nicht alle 25 Millionen aus Frankreich.Also auch das wird verzerrt dargestellt.
    Ich vermute, daß Frankreich als m.E. größter Rüstungslieferant Griechenlands viele Rüstungskäufe solcherart kreditiert hat, daß es dafür Staatsanleihen als Zahlung angenommen hat und deshalb französische Banken einen Haufen griechische Staatsanleihen bei sich liegen haben/hatten.
    Daß die EZB die aufkauft, kann nicht an der Nationalität Trichets liegen. Offenbar soll der Entwertung dieser Papiere dadurch Einhalt geboten werden, daß sie im Keller der EZB verschwinden, anstatt am Markt gehandelt und gegen Null gedrückt zu werden.

  6. Ich vermute, daß Frankreich als m.E. größter Rüstungslieferant Griechenlands viele Rüstungskäufe solcherart kreditiert hat, daß es dafür Staatsanleihen als Zahlung angenommen hat und deshalb französische Banken einen Haufen griechische Staatsanleihen bei sich liegen haben/hatten.

    Ja, es wird wohl so sein. Frankreich und Deutschland (französische und deutsche Banken) sind die großen Gläubigerstaaten gegenüber Griechenland. Wobei ich gelesen habe dass in der Vergangenheit Deutschland am meisten Rüstung an Griechenland verkauft haben muss. Aber ist ja auch wurscht, wer diesbezüglich vorne liegt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert