DIE „BRICS“ – NOTGEMEINSCHAFT ODER SCHÖPFER EINER NEUEN WELTORDNUNG?
Für die Inspirierung dieses Blocks aus „Schwellenländern“, die die Heimatländer des Kapitals des Kapitals vom Sockel stoßen wollen, ist lustigerweise ein britischer Ökonom 2001 – bei einer Analyse für die US-Bank Goldmann Sachs – Pate gestanden. Zumindest geht auf ihn die Abkürzung zurück, weil er erstmals diese 5 Staaten miteinander verglich und ihnen aufgrund ihrer guten Wachstumsraten eine glänzende Zukunft voraussagte.
Dabei ist es ziemlich vermessen, ein Land wie Rußland, das sich gerade wie Phönix aus der Asche aus den Ruinen der Sowjetunion aufrappelte, als „Schwellenland“ aufzufassen und ihm für seine wirtschaftliche Performance gönnerhaft auf die Schulter zu klopfen.
Ob es jetzt wirklich dieses britische Superhirn war, das den Anstoß gegeben hat oder ob die Akteure unabhängig davon tätig wurden – auf jeden Fall wurden die BRICS als loses Staatenbündnis 2004 in St. Petersburg gegründet, anläßlich eines Wirtschaftsforums. Sie vereinen über 40% der Weltbevölkerung, 25% des Festlandes der Erde, haben Bodenschätze, Industrie und Agrarflächen und ihre weisen Führer meinen, daraus ließe sich doch etwas machen.
Ein Garant für Erfolg ist das allerdings nicht. Die Zeiten, als Menschen schaffende Hände und deshalb Reichtum bedeuteten, sind längst vorbei. Heute sind viele der Bewohner der Erde überflüssig und werden von vielen „Experten“ stöhnend als Problem betrachtet.
Eine Ausnahme stellt hier Rußland dar, das traditionell und seit dem Zerfall der SU verstärkt mit Unterbevölkerung kämpft.
Die Neue Entwicklungsbank (im weiteren NEB)
10 Jahre später gründeten die 5 Staaten die Neue Entwicklungsbank, um sich von den traditionellen Kreditgebern des US-basierten Weltmarktes zu emanzipieren. Das Stammkapital, der Kreditrahmen und alles andere sind in Dollar vorhanden bzw. werden in Dollar berechnet. Zur Überwindung des Dollar-Systems mußte also ausgerechnet er selbst herhalten.
Es gibt inzwischen Pläne für eine gemeinsame Digitalwährung, um zumindest ein Gegengewicht zum Dollar zu schaffen. Vorschläge gibt es bereits für den Namen: „5R“ (Real, Rubel, Rupie, Rand, Renminbi).
Nur um die Bedeutung dieser Bank auch richtig zu verstehen: Im Mai 2014 kämpfte die Eurozone mit einigen Jahren Finanz- und Eurokrise, Rezession, Rettungsschirmen, der Euro selbst war in Gefahr. Politisch war gerade der Maidan über die Bühne gegangen und der Krieg im Donbass hatte begonnen – der dem jetzigen Krieg voranging und laut OSZE-Angaben 14.000 Tote forderte.
Es krachte also ordentlich im internationalen System – und da sagen ein paar Staaten: Versuchen wir uns doch langsam von diesem Weltfinanzsystem abzunabeln und unsere Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen!
Diese Entwicklungsbank ist seither die bedeutendste Konkurrenz von IWF, Weltbank und kleineren Banken für Entwicklung aller Art. Durch ihre Geldgeber und ihre Aufgabenstellung kann sie auch Verluste locker wegstecken. Wenn ein Projekt nicht besonders erfolgreich ist, so geht weder die Bank darüber zugrunde, noch das Projekt. Es wird eben weiter Geld hineingeleert, solange der entsprechende Staat darauf beharrt, oder es werden Kredite gestundet, oder es wird umgeschuldet.
Aber der Schatz der Bank ist schier unerschöpflich, weil er teilweise auf den Währungen von Staaten beruht, die die Größe der Nation über die Geschäftskalkulationen ihrer Bürger stellen und auch ihre staatlichen Finanzen fest im Griff haben, so auch Indien mit der Rupie.
Seit 2021 sind weitere Staaten der Entwicklungsbank beigetreten, ohne jedoch bei den BRICS aufgenommen zu sein: Bangladesch, Ägypten, die VAR und Uruguay.
Seit ihrer Gründung hat diese Bank – teilweise im Rahmen der neuen Seidenstraße – jede Menge Transportwege, andere Infrastrukturprojekte, Kraftwerke, Staudämme usw. finanziert, nicht nur bei den Mitgliedsstaaten.
Brasilien und die NEB
Brasilien ist derzeit der Staat mit den meisten gerade laufenden Projekten, deren Finanzierung durch die NEB genehmigt wurde. Diese Projekte wurden alle noch unter der Regierung von Jair Bolsonaro eingereicht. Sie wurden zwar von einzelnen Städten oder Provinzregierungen beantragt, aber man merkt, daß Bolsonaro hier nicht daran dachte, am Verhältnis zu den BRICS zu rütteln, weil die Wirtschaft und damit die Unternehmerschaft Brasiliens davon in einem Maße profitiert, daß jede Störung in den Beziehungen zu den BRICS und der NEB unerwünscht ist.
Diese Projekte enthalten die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in verschiedenen Städten, sei es durch Anschaffung von Bussen oder den Bau von U-Bahnen, Renovierung und Ausstattung von Schulen, Anti-Covid-Maßnahmen, erneuerbare Energien und Umweltschutzmaßnahmen, den Bau von Kläranlagen, usw. usf.
Lauter Dinge, die durch die Auflagen des IWF „zur Sanierung der Staatsfinanzen und Wiederherstellung der Kreditfähigkeit“ in Lateinamerika unterblieben oder gestoppt werden mußten, weil der Staat ja sparen mußte!
Es ist angesichts dessen für jeden Bürger Brasiliens offensichtlich, daß sie mit dieser Bank und den BRICS besser fahren als mit den traditionellen Kreditgebern, den großen Banken Europas und der USA – vor allem, wenn sie in ihr unglückliches Nachbarland Argentinien schauen, das mit seiner IWF-Partnerschaft schlecht gefahren ist und einen völlig unbe- und -abzahlbaren Schuldenberg vor sich herschiebt.
Ärger aus den USA
Man liest und hört immer von dem Ärger der USA über den wachsenden Einfluß Chinas in ihrem lateinamerikanischen Hinterhof. Aber es ist alles, vom Standpunkt der imperialistischen Ambitionen der USA, viel schlimmer. Die BRICS und die NEB sind ja nicht nur China. Auch Indien leistet einen bedeutenden Beitrag zu der Bank. Rußland auch, es bietet außerdem Erdöl-Abbau-Know-How und -Ausrüstung, es liefert Waffen und, wie kürzlich festzustellen war, Impfstoff. Jede Menge Produkte, die US-Firmen dort nicht mehr verkaufen können und die damit die Abhängigkeit von den USA verringern und die dortige Souveränität stärken.
Auch Europa ist inzwischen sehr abgemeldet in Lateinamerika. Man hätte zwar gerne weiterhin europäische Produkte, aber oft scheitern sie an der Finanzierung. Das Freihandelsabkommen des Mercosur mit der EU muß nachverhandelt werden und ist inzwischen auch gar nicht mehr so wichtig für Brasilien: Das Land hat sich ja nach dem Maidan 2014 den ganzen russischen Markt für seine Agrarprodukte erschlossen, und zu besseren Bedingungen, als sie die EU bietet.
Und, was das Allerwichtigste ist: Es hat gemerkt, daß es über weite Strecken auch ohne Dollar und Euro auskommt.
Die USA mit ihrem gesamtem Apparat – CIA, USAID, Militär-Attachés, NGOs aller Art und inzwischen auch fundamentalistische Sekten, die vor allem unter dem Deckmantel der Religionsgesellschaft steuerfreie Geschäfte in diversen Staaten Südamerikas betreiben – arbeitete nach dem gleichen Schema wie anderswo auch: Einfach die Regierung auswechseln, uns genehme Leute an die Macht hieven und die dann dazu bringen, das Schiff wieder auf proamerikanischen Kurs zu steuern.
Der erste Schritt gelang auch: Vor den Augen der Weltöffentlichkeit wurde die gewählte Präsidentin von einer auf Zuruf (und vermutlich auch Zuwendungen) aus den USA agierenden Parlamentsmehrheit abgesetzt, weil sie bei ihrer Regierung Buchungsfehler vorgenommen hatte!
Dilma Rousseff wurde nicht abgesetzt, weil man ihr vorwarf, Geld in die eigenen Taschen gesteckt oder Schmiergeld an Unternehmen gezahlt zu haben. Sondern deshalb, weil sie Schulden ihrer Vorgängerregierung nicht gehörig deklariert und über Ein- und Ausnahmen irreführende Aussagen gemacht hatte. Buchhaltung: Nichtgenügend, setzen!
Es ist schon beachtlich, was alles im Hinterhof der USA möglich ist.
So, soweit lief alles glatt. Ihr interimistischer Nachfolger Temer tat alles mögliche, um das Vertrauen seiner Auftraggeber zu belohnen:
„Nach seiner Amtsübernahme kündigte Temer Kürzungen, Entlassungen, Privatisierungen, eine Rentenreform und die Liberalisierung des Arbeitsmarkts an. Im Sender TV Globo gab er bekannt, da er sich 2018 nicht zur Wahl stelle, könne er nun »unpopuläre Entscheidungen« treffen. Er kündigte eine »Regierung der nationalen Rettung« an und eine stärkere Betonung der Religiosität. In seiner Antrittsrede betonte er, seine Regierung werde die Ermittlungen im Korruptionsskandal Lava Jato um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras nach Kräften unterstützen.
Temer tauschte alle Minister aus und bildete die Institutionen um. Ganze Ministerien wurden aufgelöst. Unter den Staatsbediensteten fand ein umfassender Austausch statt. … Als eine der ersten Amtshandlungen entließ die De-facto-Regierung 4000 Staatsbedienstete. Es war das erste Kabinett seit 1979, dem keine Frau angehörte. … Zum Außenminister bestimmte Temer José Serra; das 74-jährige Mitglied der rechtsgerichteten PSDB war zweimal in der Stichwahl um das Präsidentenamt geschlagen worden… Als Finanzminister ernannte Temer den 70-jährigen Henrique Meirelles, einstiger Vorstandschef der Bank of Boston und 2003–2010 Zentralbankchef. Er steht für eine marktfreundliche Finanzpolitik. Agrarminister wurde der umstrittene Gen-Soja-Großunternehmer Blairo Maggi, der für die Zerstörung weiter Teile des Regenwaldes am Amazonas verantwortlich gemacht wird. Industrieminister wurde Marcos Pereira, ein evangelikaler Prediger und Bischof einer der größten Pfingstkirchen Brasiliens. … Als Arbeitsminister wurde Ronaldo Nogueira ernannt, ein weiterer Prediger der evangelikalen „Assembleia de Deus“. Temer ernannte den General Sérgio Etchegoyen zum Minister für Nationale Sicherheit.“ (Wikipedia, M.Temer)
Zurück auf Kurs
Das Szenario war bereitet für Bolsonaro, in den von Washington aus große Hoffnungen gesetzt wurden – die er nicht erfüllt hat. In Brasilien wurde zwar einiges durcheinandergebracht, aber das Land blieb fest im Verband der BRICS verankert.
(Die sonstigen Hoffnungen, die die Trump-Regierung in Bolsonaro – und auch in Ivan Duque in Kolumbien – gesetzt hatte, doch in Venezuela einzumarschieren, erfüllten sich ebenfalls nicht. Brasilien weigerte sich dezidiert.)
Auch die durch die USA angestoßenen Korruptionsuntersuchungen in Sachen Odebrecht, Petrobras usw. erwiesen sich teilweise als stumpfe Waffe, teilweise als Bumerang – und sind inzwischen, was man so mitkriegt, größtenteils im Sand verlaufen, zumindest in Brasilien. Sie ließen sich nicht auf die PT beschränken, erfaßten alle Parteien und Unternehmen und gefährdeten den Zusammenhalt der brasilianischen Unternehmerklasse – die immerhin Bolsonaro an die Macht gebracht hatte.
Michel Temer sitzt inzwischen wegen Korruptionsuntersuchungen im Gefängnis.
Bolsonaro ist unlängst aus den USA wieder nach Brasilien zurückgekehrt. Es ist anzunehmen, daß es Verhandlungen gegeben hat, ihn bei entsprechender Zusammenarbeit mit der neuen Regierung nicht strafrechtlich zu belangen, zumindest nicht wegen Korruption und dem Sturm auf Brasilia.
Die PT hat mit Lula als Präsidenten wieder die Macht in Brasilien übernommen, und Dilma Rousseff ist inzwischen – im März 2023 – zur Präsidentin der NEB ernannt worden.
Das bedeutet nicht nur eine noch intensivere Zusammenarbeit Brasiliens mit China und Rußland, sondern könnte auch für Europa Bedeutung haben, im Zusammenhang mit Bulgarien: Sowohl an der Spitze der NEB als auch der des IWF stehen Damen, die zumindest Wurzeln in diesem Land haben und um dieses Schlußlicht der EU wetteifern könnten.
Diese Artikelserie, noch etwas ergänzt, kann man hier nachlesen.
„Am Donnerstag sagte Lula vor Journalisten in Brasília, dass „Putin das ukrainische Territorium nicht behalten kann“, in das er Anfang 2022 einmarschierte. „Vielleicht können wir über die Krim sprechen. Aber er muss über seine Invasion nachdenken“, sagte der Präsident. Lula wiederholte auch, dass die Welt Frieden brauche und dass eine Lösung für den Konflikt gefunden werden müsse.“ („Revista Sociedade Militar“, Brasilianische Militärzeitschrift, 7.4.)
Die Bemerkung wurde natürlich am nächsten Tag von der Ukraine und den USA zurückgewiesen. Vor allem die USA sind über solche Bemerkungen aus Brasilien sehr verärgert – da maßt sich doch tatsächlich ein BRICS-Staat eine Stellungnahme zu dem Konflikt an!
BRICS und MERCOSUR: Brasiliens Staatschef Lula für Abkehr vom Dollar
Das Zeitalter der westlich dominierten Weltordnung, die sich in hohem Maße auf die Vorrangstellung des US-Dollars im Weltfinanzsystem stützt, steht womöglich vor großen Umbrüchen. Denn der Dollar wird als globale Leitwährung in vielen Teilen der Welt inzwischen regelrecht in Frage gestellt. Immer mehr Länder wollen ihre Transaktionen bei dem internationalen Handel zukünftig ohne die US-amerikanische Währung abwickeln. So planen etwa die BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – , die zusammen knapp 40 Prozent der Weltbevölkerung und 25 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts ausmachen, eine alternative Währung zu etablieren und den Dollar damit als Leitwährung abzulösen.
Dass der Dollar auf der Weltbühne langsam aber sicher an Boden verliert, zeigt neuerdings auch die Entwicklung in Südamerika. Dort plädieren die beiden größten Staaten des Kontinents – Brasilien und Argentinien – lautstark dafür, die Abkehr der Weltwirtschaft von Dollar und Euro zu beschleunigen. Bei dem am Montag abgehaltenen Treffen zwischen dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und seinem argentinischen Amtskollegen Alberto Fernández wurde offiziell die Möglichkeit der Schaffung einer gemeinsamen Währung für den Handel zwischen den beiden Nachbarländern erörtert.
Brasiliens Staatschef "Lula" hat der Agentur TASS zufolge eine Initiative zur Schaffung einer eigenen BRICS-Währung vorgebracht und außerdem vorgeschlagen, die Schaffung einer gemeinsamen Währung für die südamerikanische Ländervereinigung MERCOSUR (Mercado Común del Sur, Gemeinsamer Südamerikanischer Markt) in Angriff zu nehmen. Denn neben dem BRICS-Mitglied Russland gibt es auch diverse MERCOSUR-Staaten, die den Dollar aufgrund von westlichen Sanktionen nicht mehr verwenden können.
"Wenn es nach mir ginge, dann würden wir mit anderen Ländern immer in nationalen Währungen handeln, um nicht vom Dollar abhängig zu sein. Warum nicht den Versuch unternehmen, eine gemeinsame Währung für die MERCOSUR-Länder oder für die BRICS-Länder zu schaffen?", sagte Lula da Silva. Zudem würde der Übergang zu einer neuen einheitlichen Währung den regionalen Volkswirtschaften einen qualitativen Sprung ermöglichen, heißt es.
Dass Brasilien seine Währung vom Dollar entkoppeln und sich damit unabhängiger von Wechselkursschwankungen machen will, verdeutlichen insbesondere die Gespräche mit Argentinien, das im vergangenen Juni einen Antrag für den Beitritt zur BRICS-Gruppe gestellt hatte. Wie Medien bestätigten, würden Argentinien und Brasilien die Möglichkeit der Schaffung einer gemeinsamen Währung prüfen, die den Namen "Sur" ("Süden") tragen soll. "Wir haben beschlossen, die Gespräche über eine gemeinsame südamerikanische Währung voranzutreiben", erklärten Lula da Silva und Fernández in einem gemeinsamen Artikel für das Webportal der argentinischen Wochenzeitung "Perfil". Laut der US-Zeitung "Financial Times" soll die zunächst als bilaterales Projekt gestartete Initiative später auf andere lateinamerikanische Länder ausgeweitet werden.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters diesbezüglich anführt, streben Argentinien und Brasilien schon seit langer Zeit eine stärkere wirtschaftliche Integration an und wollen darum auch eine Gemeinschaftswährung für bestimmte Transaktionen auf den Weg bringen. Dennoch sei kein baldiges Ende des argentinischen Pesos und des brasilianischen Reals in Sicht. Von einer gemeinsamen Werteinheit wäre lediglich der bilaterale Handel zwischen den beiden Staaten betroffen.
"Diese Währung würde weder in Brasilien noch in Argentinien zirkulieren. Sie soll speziell ein gemeinsamer Nenner für den Handelsaustausch sein", sagte Fabio Terra, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Bundesuniversität in São Paulo, gegenüber Reuters. Das ist ein großer Unterschied zum Euro, der für alle Arten von Transaktionen innerhalb der EU verwendet wird.
(…)
http://eurobrics.de/?module=articles&action=view&id=2157
Der angepeilte „Sur“ wirkt ein wenig nach einer Wiederauferstehung des Transferrubels im RGW. Allerdings unter ganz anderen Vorzeichen: Hier handelt es sich nicht um eine Verrechnungseinheit zwischen staatlichen Planwirtschaften mit festgelegten Preis- und Austauschverhältnissen, sondern um Teilnehmer am Weltmarkt, die sich dort sozusagen eine Nische jenseits der bisher etablierten Weltgelder schaffen wollen.
Der Plan richtet sich ja, wohlgemerkt, auch gegen den Euro.
Selenskijs Mann fürs Grobe wird sich vermutlich in Brasilien die Zähne ausbeißen:
„Selenskij ernennt Melnyk zum Botschafter in Brasilien
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den aus seiner Zeit als deutscher Botschafter bekannten Vizeaußenminister Andrij Melnyk zum Botschafter in Brasilien ernannt. Das entsprechende Dekret wurde am Dienstag vom Präsidentenbüro veröffentlicht. Die Personalie war Mitte Mai bereits bekannt geworden.
Melynk war von 2015 bis 2022 ukrainischer Botschafter in Deutschland. In der deutschen Öffentlichkeit wurde er durch seine verbalen Ausfälle unter anderem gegenüber dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekannt, den er etwa als "beleidigte Leberwurst" bezeichnete. Nach seiner Abberufung nach Kiew wurde der Diplomat im vergangenen November zum Vizeaußenminister der Ukraine ernannt. Dabei war er bereits für die Beziehungen zu Nord- und Südamerika zuständig. Gründe für die Zurückstufung zum Botschafter wurden nicht bekannt.“
(Standard, 20.6.)
Interessant wird es, wenn er sich dort auch so aufführt wie in Deutschland und dann auf die ihm zukommende Größe zurechtgestutzt wird – das würde auch in Deutschland wahrgenommen.
Strategien gegen die BRICS
Berlin diskutiert Umgang mit den erstarkenden BRICS. Diese nehmen sechs neue Mitglieder auf, verankern sich intensiv in Nah- und Mittelost und schwächen die Stellung des US-Dollar.
Berlin diskutiert über Reaktionen auf den Einflussgewinn des BRICS-Bündnisses nach dessen erfolgreichem Gipfel vergangene Woche in Johannesburg. Der Versuch des Westens – auch der Bundesregierung –, einen Keil in das Bündnis zu treiben, ist gescheitert: Der Gipfel brachte trotz der Auseinandersetzungen um die Teilnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin zwei wichtige Fortschritte.
Zum einen nehmen die BRICS zum 1. Januar 2024 sechs neue Mitgliedstaaten auf, darunter die vier stärksten Mächte im Nahen und Mittleren Osten, wo sich der Einfluss des Westens spürbar reduzieren wird. Der Anteil des Bündnisses an der globalen Wirtschaftsleistung wird sich von etwa 25 auf rund 37 Prozent erhöhen.
Zudem werden die BRICS-Staaten ihren Handel noch stärker als bisher vom US-Dollar auf nationale Währungen umstellen, vermutlich auch den saudischen, emiratischen und iranischen Ölhandel; dies wird die globale Bedeutung der US-Währung schrittweise reduzieren. Berliner Regierungsberater dringen darauf, gegenüber den BRICS von der Spaltungs- zu einer Einbindungsstrategie überzugehen, um einen weiteren Einflussverlust des Westens zu verhindern. (…)
Dem Ziel, bündnisinterne Spannungen zu schüren, hatte unter anderem die Drohung gedient, Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Anreise nach Südafrika festnehmen zu lassen. Zudem hatten vor allem die USA ihren Druck auf Pretoria zuletzt deutlich erhöht, zu Moskau auf Distanz zu gehen.
Ganz der Spaltungsstrategie folgend, hatte Außenministerin Annalena Baerbock noch unmittelbar vor Beginn des BRICS-Gipfels erklärt, jedes Land müsse sich selbst fragen, „welche Partnerschaft … am besten zu den eigenen Werten und Interessen“ passe – denn es helfe nicht, sich intern mit Moskau abzustimmen, wenn Russland „zugleich das Getreideabkommen im wahrsten Sinne des Wortes bombardiert, wo dann Länder wie Brasilien oder auch Südafrika mit darunter leiden“.
(…)
(German Foreign Policy, 29.8.)
„Präsident von Brasilien besucht die neuen Brics-Mitglieder Ägypten und Äthiopien
Die erste Afrikareise in Lulas dritter Amtszeit ist Teil seiner Strategie, die Partner des südamerikanischen Landes in den Außenbeziehungen zu diversifizieren. Er will auch die Bündnisse mit den sich entwickelnden Ländern stärken und setzt dabei auf die "Süd-Süd-Diplomatie", bezugnehmend auf den sogenannten Globalen Süden. (…)
(Amerika21, 14.2.)
„Die brasilianischen Behörden lehnten die dringende Bitte westlicher Länder (vor allem Europas) ab, Kiew so schnell wie möglich mit Munition zu versorgen.
Nach Angaben europäischer und brasilianischer Medien micht sich in Brüssel darüber herbe Enttäuschung breit.“
Komisch.
Lula hat doch schon von Anfang an klargemacht, daß er Friedensinitiativen begrüßen, aber keine Waffen liefern wird.
Hoffte die EU auf Kräfte innerhalb Brasiliens, die sich für die Ukraine stark machen wollen – gibt es die? – oder handelt es sich um reines Wunschdenken im Sinne von Großmachtsphantasien?
„Obwohl die Länder, die Druck auf das größte Land Südamerikas ausüben, nicht genannt werden, sind ihre Hauptstädte wohlbekannt.
Der marginalisierte Botschafter der Ukraine in Brasilien, Andrij Melnik, sagte, daß in diesem Land niemand mit irgendjemandem über den Ukraine-Konflikt diskutiere, da dieses Thema unter anständigen Menschen als unanständig angesehen werde.
Und wie hat Melnik davon erfahren?“
(KP, 4.4.)
Offenbar wollte niemand mit ihm darüber reden.
Dabei wurde Melnik deshalb in die Ukraine geschickt, um das Thema dort auf die Tagesordnung zu setzen, ähnlich wie seinerzeit in Deutschland.
Aber in Brasilien bot ihm offenbar auch niemand ein Forum, über das er versuchen könnte, die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Auch sonst war offenbar niemand auf Gespräche mit ihm neugierig. Er bekam niergends den Fuß in die Tür und um ihn scheint es recht still geworden zu sein.
Deswegen bezeichnet ihn die KP als „marginalisiert“.
„Oberstes Gericht in Brasilien ermittelt gegen Unternehmer Elon Musk
Die brasilianische Justiz hat Ermittlungen gegen den Unternehmer Elon Musk eingeleitet. Der Richter des Obersten Bundesgerichts (STF), Alexandre de Moraes, wirft dem X-Eigentümer die "kriminelle Instrumentalisierung“ des sozialen Netzwerkes vor, nachdem er von Musk angefeindet und der Zensur beschuldigt wurde.
Grund für Musks Anschuldigungen waren gerichtliche Anordnungen von de Moraes, X-Konten wegen des Verdachts auf Verbreitung von Falschinformationen zu sperren – insbesondere von Anhänger:innen des früheren ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro (2019-2022).
Musk droht nun damit, die gerichtliche Anordnung zur Sperrung der Nutzerkonten zu missachten. Auf X schrieb er, Moraes habe damit die Verfassung verraten und forderte den Rücktritt oder die Absetzung des Richters. Moraes sei "ein brasilianischer Diktator".
De Moraes reagierte auf die Vorwürfe und verteidigte seinen Erlass: "Soziale Netzwerke sind kein rechtsfreier Raum", so der STF-Richter, der seit Jahren juristisch gegen Desinformation im Internet vorgeht. Der Mikrobloggingdienst X müsse es unterlassen, "eine gerichtliche Anordnung zu missachten".
Er sehe im jüngsten Verhalten von Musk nicht nur ein Anzeichen für Behinderung der Justiz und Anstiftung zu Straftaten, sondern auch, dass X und Musk die Souveränität Brasiliens verletzen würden.
Für jedes gesperrte Konto, das X reaktivieren werde, soll eine Geldstrafe in Höhe von etwa 100.000 Reais (etwa 18.300 Euro) pro Tag verhängt werden.
"Wir werden wahrscheinlich alle unsere Einnahmen in Brasilien verlieren und unsere Büros dort schließen müssen. Aber Prinzipien sind wichtiger als Gewinne", kommentierte Musk, eine der reichsten Personen der Welt.
Rechtsgerichtete Politiker:innen und Bolsonaro-Unterstützer:innen solidarisieren sich mit dem weltweit agierenden Unternehmer. In einem Manifest verteidigen sie ihn und fordern die Amtsenthebung von de Moraes.
Bolsonaro erklärte, Musk habe sich nicht einschüchtern lassen und den Kampf für die Freiheit in Brasilien aufgenommen. "Unsere Freiheit liegt zu einem großen Teil in seinen Händen", sagte er. Die Meinungsfreiheit in Brasilien sei bedroht.
Zuspruch erhielt de Moraes aus den eigenen Reihen. STF-Präsident Luis Roberto Barroso mahnte in einer Erklärung, dass "alle in Brasilien tätigen Unternehmen" sich den Justizbehörden beugen müssten.
Jorge Messias, Generalstaatsanwaltschaft, sprach sich für eine "dringende Regulierung der sozialen Netzwerke" aus. Auf X schrieb er, Brasilien müsse verhindern, dass "im Ausland lebende Milliardäre" den demokratischen Rechtsstaat angreifen, ohne Musk namentlich zu erwähnen.
Ähnlich argumentiert auch João Brant, Sekretär für digitale Politik im Sekretariat für Kommunikation der Präsidentschaft. "Die Haltung von Elon Musk zeigt seine Verachtung für die brasilianische Justiz. Er reagiert politisch auf die Aufregung der letzten Tage, indem er alte Urteile wieder aufwärmt und die Gelegenheit nutzt, ulrarechte Propaganda zu schüren.“
Musk bezeichnet sich selbst als "absoluten Verfechter der Meinungsfreiheit". Seit seiner Übernahme von X im Jahr 2022 sorgte er weltweit für Kontroversen. Unter anderem wurde das soziale Netzwerk wegen "politischer Voreingenommenheit" kritisiert. Nutzer:innen sowie Expert:innen verweisen seit längerem auf die "Zunahme von Hassreden und Desinformation". Die Plattform hatte ihre Moderationsteams für Inhalte reduziert.“
(amerika21, 13.4.)
Meinungsfreiheit gegen Rechtsstaat – eine interessante Konfrontation, an der man erkennt, wie die Zensur weltweit voranschreitet und zum Mittel der demokratischen Parteienkonkurrenz und der imperialistischen Auseinandersetzung wird.
Celso Amorim: »In Venezuela brauchen wir eine von beiden Seiten akzeptierte Lösung, auch wenn sie für beide Seiten nicht ideal ist«
Der Berater von Präsident Lula fördert die Vermittlung zwischen Brasilien und Kolumbien, damit die Maduro-Regierung und die Opposition verhandeln, wie sie aus der Krise herauskommen und Gewalt und Unterdrückung vermeiden können. »Wenn beide sagen, dass sie leicht gewonnen haben, sollten sie keine Angst vor Neuwahlen haben«, sagt er.
(El País, 29.8.)
Schon recht frech von Brasilien, wie sie sich in die Belange des Nachbarlandes einmischen, und diese Einmischung ist auch in Venezuela nicht gut angekommen.
Einerseits meldet hier Brasilien Ordnungsansprüche für ganz Südamerika an und will sich hier als Führungsmacht präsentieren, mit Berücksichtigung Mexikos als zweiter Achse.
Zweitens nimmt es sich jetzt auch wieder etwas zurück, weil nur mehr aus der 2. Garnitur, von einem pensionierten Dipolmaten, und nicht aus der Regierung solche Töne laut werden.
„Sowohl NATO-Mitglieder als auch EU-Beitrittskandidaten strömen zu den BRICS-Staaten (…)
Der Westen wird bis zum Letzten mit den BRICS-Staaten um die Vorherrschaft kämpfen
Es liegt in der politischen Tradition der USA, Trends in der Welt, die für die USA ungünstig sind, nicht öffentlich anzuerkennen oder gar zu bemerken.
Es ist, als ob sie nicht existieren würden, Washingtons Führung ist unerschütterlich, und das ist alles.
Solches geschah mit dem Aufkommen der BRICS-Staaten und dann der BRICS+-Staaten auf der internationalen Bühne. Welche BRICS-Staaten? Wir sehen das nicht. Zumindest sagen wir es nicht laut.
Anfang dieses Monats veröffentlichte US-Außenminister Blinken in Foreign Affairs einen »programmatischen Artikel« mit dem Titel »America’s Renewal Strategy. Führung in einer neuen Welt wiederherstellen«.
Es gibt darin kein Wort über die BRICS. Aber es gibt einen Abschnitt mit dem Titel »Ein besseres Angebot machen«.“
Besser als was?
„Beim Hineinlesen wird sofort klar: Hier geht es speziell um den Globalen Süden, dessen Führer gerade den Beitritt zu den BRICS-Staaten anstreben. Um ihnen bessere Auswahlmöglichkeiten zu bieten, schreibt Blinken, haben die USA und andere G7-Länder im Jahr 2022 die Globale Infrastruktur- und Investitionspartnerschaft ins Leben gerufen, die 600 Milliarden US-Dollar an privatem Kapital zur Finanzierung hochwertiger, umweltfreundlicher Projekte auf der ganzen Welt mobilisieren würde.“
Alles in der Möglichkeitsform, höchst luftige Projekte, während in der EU dauernd von Sparprogrammen gefaselt wird und auch die USA Schwierigkeiten haben, ihre Staatsanleihen loszuwerden.
Woher soll das Geld kommen? fragt man sich.
„Die USA tätigen bereits eine Reihe von Infrastrukturinvestitionen in einem Entwicklungsstreifen, der Afrika durchquert und schließlich den Atlantik und den Indischen Ozean verbinden wird. Die Biden-Regierung, sagt der Außenminister, arbeite aktiv daran, die amerikanische Führung zu bewahren.
Am Tag vor der Veröffentlichung dieses Artikels beantragte Türkiye, ein NATO-Mitglied, den BRICS-Beitritt. Und wenige Tage später wurde bei einem Treffen der Finanzminister der BRICS-Staaten bekannt gegeben, dass die durchschnittliche Wachstumsrate der Volkswirtschaften der BRICS-Mitglieder bereits in erweiterter Zusammensetzung im Zeitraum 2024-2025 4,4 % pro Jahr betragen wird.
Die Wachstumsrate der G7-Staaten hingegen beträgt 1,7 %.
Der Anteil der BRICS-Staaten am globalen BIP bei Kaufkraftparität wird im Jahr 2024 einen Rekordwert von 36,7 % erreichen, in den G7-Ländern liegt dieser Wert bei 29,6 %. Und bei alledem möchte Washington lieber nicht einmal die Abkürzung nennen, das seine Hegemonie bedroht.
Obwohl die Attraktivität eines neuen Zusammenschlusses von 9 Staaten, dem bereits rund 4 Dutzend Länder beitreten wollen, offensichtlich ist. In den letzten zwei Monaten haben neben der Türkei auch Aserbaidschan und Syrien Anträge auf Mitgliedschaft in den BRICS gestellt, 3 aneinander angrenzende Länder, die einen riesigen Transportkorridor mit Zugang zu mehreren Meeren bilden, der das wirtschaftliche Potenzial der Organisation erheblich steigern wird.“
Die Türkei grenzt an Aserbaidschan eigentlich kaum an, sondern hat nur eine kurze gemeinsame Grenze mit der Enklave Nachitschewan.
Die Bedeutung der gemeinsamen Fläche und der Zusammenschluß fallen erst dann so richtig ins Gewicht, wenn man bedenkt, daß der Iran bereits Mitglied der BRICS ist.
Und der stellvertretende Ministerpräsident Serbiens, Alexander Vulin, sagte, Belgrad erwäge den Beitritt zu den BRICS-Staaten als Alternative zur EU, an deren Schwelle es seit 15 Jahren stehe. Auch wenn Serbien nicht Vollmitglied der Vereinigung wird und den Status eines Partners erhalten hat, ist dies dennoch ein Reputationsschaden für die EU, die daran gewöhnt ist, dass die Mitgliedschaft in einem »Vereinten Europa« an sich schon unwiderstehlich und eine begehrte Karotte für absolut alle Länder des Kontinents ist.
Das Bild der Karotte paßt sehr gut für viele ehemals sozialistische EU-Staaten, die mit der EU nicht gut gefahren sind.
„Experten zufolge könnte übrigens mit Ungarn ein weiteres EU-Land durchaus BRICS-Partner werden. Natürlich, es sei denn, es ertönt ein scharfer Ruf und heftige Drohungen aus Brüssel.
Die Attraktivität eines neuen globalen Verbunds, der nicht vom Westen geschaffen wurde und daher nicht von ihm regiert wird, macht Washington und Brüssel sichtlich Angst.
Es genügt, daran zu erinnern, dass auf die BRICS-Staaten bereits nicht nur ein größerer Anteil des weltweiten BIP als die G7 entfällt, sondern auch mehr als 46 % der Weltbevölkerung, mehr als 40% der weltweiten Ölproduktion und 36% der weltweiten Erdgasproduktion. Mit diesem Potenzial sind die BRICS-Staaten in der Lage, die Machtverhältnisse in der Weltwirtschaft deutlich zu verändern. Und die Absicht seiner Mitglieder, neue globale Finanzmechanismen zu schaffen, die nicht vom Dollar abhängig sind, ist für dieselben Amerikaner bereits eine offene Herausforderung.
Aber BRICS bedeutet nicht »Sind Sie für die Roten oder für die Weißen?«, die derzeitige Devise des Westens, mit der er jetzt offensichtlich Druck ausüben will. Die Attraktivität der BRICS liegt darin, dass jeder für sich selbst entscheidet, vorausgesetzt, dass die gesetzlichen Rechte jedes Einzelnen als wichtigste Voraussetzung für den gemeinsamen Wohlstand respektiert werden.“
Das heißt auf gut Deutsch: Es steht uns fern, und mit Menschenrechts-, LGTB- und Korruptions-Blabla in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen.
Das ist ebenfalls ein sehr attraktives Angebot.
„Und die Tatsache, dass sowohl NATO-Mitglieder als auch Bewerber um eine EU-Mitgliedschaft in den Verband strömten, ist ein deutlicher Hinweis darauf, wem die Zukunft gehört: einer Welt, die auf amerikanischen »Regeln« basiert, oder einer Welt, die selbst bestimmt, wie man lebt.“
(KP, 16.10.)
Lukaschenko zu den BRICS
„Präsident von Brasilien hat beim 16. Brics-Gipfel Akzente gesetzt“
Diese Überschrift wird im Artikel widerlegt: Er hat eigentlich wortreich nix gesagt.
„Lula da Silva konkretisiert Kampf für multipolare Welt und für "weniger asymmetrische Beziehungen zwischen den Ländern". Venezuelas Assoziierung lässt er vorläufig scheitern (…)
Lula hatte wegen eines häuslichen Unfalls seine persönliche Anwesenheit abgesagt und war für seinen Beitrag per Video zugeschaltet. Er beklagte in seiner Rede weltweit zunehmende Sichtweisen, die darauf bestünden, die Welt in Freunde und Feinde zu unterteilen. "Die Schwächsten interessieren sich nicht für Schwarz-Weiß-Malereien. Was sie wollen, sind Nahrung, menschenwürdige Arbeit und hochwertige, allgemein zugängliche öffentliche Schulen und Krankenhäuser", so der Präsident.“
Mit ähnlichem Blabla erklärt er sich für Wohlstand für alle und gegen Krieg, für das Gute und gegen das Böse.
Man merkt, er versucht sich auch als eine Art richtungsweisende Instand für ganz Lateinamerika und den ganzen globalen Süden zu präsentieren. Denn:
„Brasilien wird am 1. Januar 2025 den Vorsitz, der jährlich routiert, von Russland übernehmen. (…)
In Kazan sind zwei weitere lateinamerikanische Länder, Bolivien und Kuba, als neue assoziierte Mitglieder aufgenommen worden. (…) Indes gehörte Venezuela, das für diesen Schritt die Unterstützung Chinas und Russlands genießt, wegen der fehlenden Zustimmung von Brasilien nicht dazu.
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro war auf Einladung Russlands nach Kasan gereist, um am Brics-Gipfel teilzunehmen.
Während seines Aufenthalts betonte er die große Bedeutung der Brics für den Aufbau einer multipolaren Welt. Die Vereinigung sei "das Epizentrum" dieser neuen Ordnung, die den Ländern des Globalen Südens Zugang zu einer Wirtschaft ermögliche, die nicht auf Sanktionen oder Erpressung beruhe, so Maduro. Er erklärte weiter, dass es seine "größte Erwartung" sei, "zum Aufbau einer neuen, nicht-kolonialistischen Welt" beizutragen. Sein Land halte ein "Portfolio an Möglichkeiten" vor, das es für eine Integration attraktiv mache.“
Auch Maduro ist also für das Gute und gegen das Böse. Woran scheitert die Aufnahme also?
„Die spanische Zeitung El País interpretierte das Veto Brasiliens als einen Ausdruck von Verstimmung zwischen den Regierungen von Brasilien und Venezuela nach den Präsidentschaftswahlen am 28. Juli. (…)
Misión Verdad, eine dem Chavismus nahestehende Recherche- und Analyse-Plattform sieht andere Hintergründe der brasilianischen Position. Diese beinhalte einen Wechsel, nachdem Lula sich im vergangenen Jahr noch offen für die Aufnahme Venezuelas zeigte.
Die Teilnahme Venezuelas an den Brics würde den Ansatz von Lula schwächen, die strategischen Beziehungen Brasiliens zu Washington und Brüssel aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die wirtschaftlichen Beziehungen zu den Brics zu wahren.
Das große karibische Land könnte zu einem unbequemen Verbündeten werden. Der Konflikt zwischen Caracas und Washington, der sich nach den US-Präsidentschaftswahlen im November weiter verschärfen könnte, würde bedeuten, dass Brasilien seinen venezolanischen Partner in der Brics-Gruppe gegen Washington unterstützen müsste.
Brasilien wäre angehalten, eine aktive politische und wirtschaftliche Beziehung zu Venezuela aufrechtzuerhalten und damit die Sanktionen und die vom Weißen Haus propagierte Missachtung der Präsidentschaft von Maduro in Frage zu stellen.
Lula sehe dieses potenzielle Dilemma und habe daher beschlossen, sich dem Beitritt Venezuelas zu widersetzen, um die politischen Kosten in den Beziehungen zu den USA und der EU zu verringern, so die Schlussfolgerungen von Misión Verdad.“
(amerika21, 27.10.)
Lula möchte sich also mit allen gutstellen und gibt daher dieses leere Geschwätz von sich.
Lukaschenkos Einschätzungen sind daher weitaus hilfreicher, wenn man das Wesen und die Perspektiven der BRICS verstehen will.