Pressespiegel EL País, 30.9.: Russische Offensive in der Ukraine

DIE ANNEXION DER UKRAINISCHEN GEBIETE MACHT DEN KRIEG ZU EINER CHRONISCHEN ERSCHEINUNG

Ruth Ferrero-Turrión (Gastkommentar)

Zweifellos haben die Konsultationen, die vom 23. bis 27. September in den ukrainischen Regionen Donbass, Cherson und Saporischschja stattfanden, eine neue Phase des russischen Eroberungskriegs eingeläutet.
Diese sogenannten Unabhängigkeitsreferenden, die keinerlei rechtliche oder prozedurale Garantie hatten, haben in ihren Ergebnissen keine Überraschungen hervorgebracht: Die Option der Annexion hat mit großer Mehrheit gewonnen.

Die Abhaltung dieser Konsultationen sollte nicht als isoliertes Ereignis gesehen werden. So wurde der Befehl zur Fortsetzung der Referenden parallel zum Dekret über die teilweise Mobilisierung von Soldaten für den Fronteinsatz im Rahmen einer ukrainischen Gegenoffensive verwirklicht, die alle Alarme im Kreml auslöste.
Diese beiden Anordnungen, zusammen mit der Reform des Strafgesetzbuches, die die Strafen für diejenigen verschärft, die es wagen, sich der Einberufung zu entziehen, fielen auch mit dem Unbehagen zusammen, das mehrere der wichtigsten Partner Moskaus, China und Indien, wegen der Verlängerung des Krieges auf dem Gipfeltreffen in Samarkand (Usbekistan) zum Ausdruck gebracht hatten.

Die Referenden und die anschließende Eingliederung dieser Gebiete in die Russische Föderation bedeuten drei wesentliche strategische Ziele für den Kreml.

Erstens, der Öffentlichkeit die zumindest teilweise Verwirklichung eines der Ziele zeigen zu können, mit denen dieser Feldzug gestartet wurde, den Wiederaufbau von Noworossija (Neurussland), d.h. die imperiale Idee von Katharina der Großen, wodurch die östlichen und südlichen Gebiete der Ukraine in die russische Nation eingegliedert würden.
Mit dieser Ankündigung möchte man zeigen, dass der Krieg nicht umsonst war und dass die Mobilisierung des russischen Volkes unerlässlich ist, um diese vom Feind eroberten neuen Gebiete zu verteidigen.

Zweitens, das Risiko einer nuklearen Eskalation in den Blickpunkt zu rücken.
Die russische Militärdoktrin deckt den Einsatz von Atomwaffen für den Fall ab, dass ein Teil des russischen Territoriums angegriffen wird, und dies schließt die kürzlich eingegliederten Regionen ein, wie Außenminister Sergej Lawrow vor einigen Tagen erneut gegenüber den Vereinten Nationen betonte.

Das dritte Ziel, das hier erreicht wurde, betrifft das Einfrieren des Konflikts, etwas, das es Rußland ermöglicht, Zeit zu gewinnen, um seine Kräfte und Fähigkeiten neu zusammenzustellen.

Putin glaubt nach wie vor, dass seine klassischen Abschreckungsmanöver funktionieren können.

Aus verschiedenen Sphären westlicher und ukrainischer Macht scheinen die Drohungen aus Moskau jedoch wenig Wirkung zu zeigen. Vielmehr wird im Gegenteil eine Lesart vorgenommen, die in diesen Bewegungen einen offensichtlichen Beweis für die Schwäche von Putins Macht und ein Bekenntnis zur Verschärfung des Konflikts bis zur endgültigen Niederlage Russlands sieht. Sie glauben keiner der Drohungen des Kremls.

Es ist überraschend, dass diejenigen, die sich am meisten für Aufrüstung und Militarisierung einsetzen, diejenigen, die davor gewarnt haben, dass Putin es ernst meint, diejenigen, die damit prahlen, dass sie mit ihrer Vorhersage der Invasion Recht hatten, jetzt am wenigsten bereit sind, Moskau ernst zu nehmen.

Und doch hat Putin jede seiner Drohungen früher oder später auch wahr gemacht. Er tat dies im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz 2007, aber auch 2021 mit der Veröffentlichung eines im Juli letzten Jahres veröffentlichten Artikels, in dem er vor seinen Plänen in Bezug auf die Ukraine warnte und sogar seine bloße Existenz als Nation leugnete.

Vielleicht wäre es nicht unangemessen, seine jüngsten Bedrohungen zu berücksichtigen, um eine Strategie zu formulieren, die es zumindest ermöglicht, sie zu neutralisieren. In der Zwischenzeit wird Russland mit der Annexion dieser Gebiete die Dauerhaftigkeit und Verlängerung des Krieges erreicht haben.“

Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Rußland bezeugt hier seinen Willen, den Krieg weiterzuführen.
Allerdings wurden inzwischen die Kriegsziele neu formuliert und die Eroberung des Donbass als Minimalziel angegeben. Die „Entnazifizierung“ der Ukraine, d.h., das Auswechseln ihrer Führungsspitze, ist offenbar aufgegeben worden …
Demgegenüber steht die Verlautbarung der ukrainischen Politiker, alle besetzten Gebiete einschließlich der Krim zurückerobern zu wollen, für die sie auch die Rückendeckung ihrer westlichen Verbündeten – USA, Polen, GB – haben.

119 Gedanken zu “Pressespiegel EL País, 30.9.: Russische Offensive in der Ukraine

  1. Mit der Eroberung von Liman sind weitere Eskalationen an der Ukraine-Front angesagt.

    Die russischen Streitkräfte haben offenbar keine Reserven, die sie für die Verteidigung der eroberten Gebiete einsetzen können. Damit sind die mehr oder weniger zum Abschuß freigegeben.
    Bei dem Chaos, das in Rußland bei der Mobilisierung eingetreten ist, wird es noch einige Zeit dauern, bis sie weitere Einheiten an die Front werfen können.

    In der Ukraine sind nach meinen Schätzungen bisher über 100.000 Tote angefallen. Die Russen schreiben von 60.000 Toten auf ukrainischer Seite, was glaubwürdig ist, da die Ukraine selbst im Sommer hohe Verluste eingestanden hat und auch bei der Offensive an der Cherson-Front sehr viele ukrainische Gefallene zu beklagen sind.
    Rußland hat in der Anfangsphase hohe Verluste gehabt, und dazu kommen noch die toten Zivilisten.

    Wenn die Ukraine jetzt weitere Gebiete im Donbass erobert, so werden sich die Toten und Flüchtlinge weiter steigern, und die Zerstörungen im Donbass summieren.

    Der Donbass verwandelt sich tatsächlich in verbrannte und entvölkerte Erde.

  2. "Die russischen Streitkräfte haben offenbar keine Reserven, die sie für die Verteidigung der eroberten Gebiete einsetzen können."

    Nein, es gibt nur Streit innerhalb der Führung, angeblich insbesondre zwischen Putin und der Generaltät, was die Prioritäten sein sollen. Offensichtlich hat im Augenblick die Fraktion das Sagen, die unbedingt einen Verlust der Gebiete um Cherson verhindern will. Die russischen Truppen im Charkow-Gebiet und jetzt in Liman wurden auch nicht zum "Abschuß" freigegeben, sondern wurden abgezogen, als sie ihre Stellungen nicht mehr halten konnten, in Liman offensichtlich dann doch einen oder zwei Tage zu spät, um Verluste zu vermeiden. Umgekehrt verpulvert die Ukraine alle Reserven an Mensch und Material, um die bisher erreichten Gebietsgewinne zu erreichen, ohne daß ersichtlich wäre, warum sie die riesigen Verluste einem Sieg über Rußland näherbringen.
    Es kann sein, daß die AFU und vor allem die Regierung panisch reagieren, weil sie das Gefühl haben, daß ihnen die Zeit wegrennt, weil in ein paar Wochen sich die russische Teilmobilisierung an der Front bemerbar machen wird.
    Was auch immer die Verluste beider Seiten in den ersten Monaten des Krieges gewesen sein mögen (wahrscheinlich hat die Ukraine erheblich mehr Verluste hinnehmen müssen als die Allierten im Osten) in den letzten Wochen der "Offensiven" berichten alle bis zu den führenden US-Zeitungen, daß der Blutzoll auf Seiten der Ukraine enorm hoch ist und sicher auch nicht lange so durchhaltbar ist.
    Ich halte es für militärisch so gut wie ausgeschlossen, daß kommende ukrainische Angriffe ausgerechnet im Donbass zu weiteren Gebietsgewinnen führen können. Dazu stehen da viel zu viele russische und andere Truppen, die zudem massivst eingegraben sind, eine völlige Überlegenheit an Artillerie haben und demnächst auch noch verstärkt werden. Da scheint es mir eher eintreten zu können, daß weitere Angriffe a la Somme-Schlacht der AFU das Genick bechen könnten und eine Gegenoffensive zu erheblichen weiteren Gebietsverlusten der Ukraine führen könnte, wenn nicht schon zu einer Gesamtniederlage.

  3. Ich bin unterwegs und deswegen mit meiner Zeitungslektüre hinten. Deshalb kann ich im Augenblick nicht sagen, wie deine Ausführungen von der russischen Seite bestätigt oder widerlegt werden.

    Das letzte, was ich gelesen habe, war, daß die Ukraine zur Eroberung von Liman 23.000 Leute eingesetzt hat, nach Angaben des russischen Generalstabs. Ob das alles ist, was sie haben, läßt sich dem natürlich nicht entnehmen.

    Außerdem haben die ukrainischen Streitkräfte angeblich einen Haufen Leute in Ausbildung in GB und den USA, auch da ist nicht klar, um welche Mengen es sich handelt.
    Die Briten wollten bis zu 10.000 Mann ausbilden, es ist aber nicht sicher, daß die Ukraine auch so viele Leute dorthin schicken kann.

  4. Ich poste einmal hier den Link zu dem Video, das ich mir aus Zeitmangel nicht angeschaut habe, aber sowohl von Wehrschütz als auch vonb Reisner habe ich eine gute Meinung:

    Nach der Rückeroberung von Liman durch ukrainische Truppen — Interview mit Oberst Markus Reisner zur militärischen Lage:

    https://www.facebook.com/watch/?v=666863834570383&aggr_v_ids%5B0%5D=666863834570383&aggr_v_ids%5B1%5D=438443738389597&notif_id=1664739725910766&notif_t=watch_follower_video&ref=notif

  5. Das Problem für Rußland ist bislang, daß sie für die doch enorm lange Front von über 1000 km einfach zu wenige Truppen im Einsatz haben (Deshalb das Gewürge mit der SMO). Das Ergebnis war, daß Gebiete, die als unwichtig angesehen wurden, wie oben vor Charkow oder im Gebiet der Volksrepubliken die Ex-Stadt Lyman, nur von sehr wenig Soldaten gehalten wurden, weil Rußland die starken Verbände dort konzentriert haben, wo sie gewinnen wollen. In Lyman sollen praktisch nur 400 Mann einer Kossackeneinheit stationiert gewesen sein, also noch nicht mal genuine Einheiten der russischen Armee. Kein Wunder, daß die AFU jetzt wo sie offensichtlich immer bessere Aufklärungsdaten der USA und anderer Staaten bekommen, ganz genau bestimmen können, wo sich ein Angriff lohnen könnte. Und da Rußland auch nicht genügend schnell verlegbarer Reserveinheiten hat, die dann gegen einen solchen Angriff eingesetzt werden könnten, kann die AFU mit wieder gut ausgerüsteten mechanisierten Infanterie-Einheiten (die nehmen sogar PKWs wie die Taliban!) und Panzeruntersützung lokal sehr schnell sehr tief in bisher von den Truppen der Alliierten Gebiete vorstoßen. Gerade machen sie das im Norden des Cherson-Gebietes und stehen nicht mehr weit vor dem Damm von Nova Kachowka (mit angeblich ursprünglich 100 bis 150 Fahrzeugen, Panzer inklusive).
    Bisher hieß es von prorussischen Analysten immer, das diese Angriffe die AFU erheblich mehr Vrluste kosten als den Allierten. Kann sein, daß sich das Blatt gerade wendet, wenn die bessere Feindaufklärung in Verbindung mit noch mehr HIMARS-Angriffen dem russischen Nachschub, den Kommandoständen und Artilleriepositionen doch empfindlicher zusetzt und die Abwehr nicht mehr so einfach möglich ist.
    Kann sein, daß diese Phase, die die AFU begünstigt, nicht grundsätzlich gilt, sondern nur solange, wie Rußland mehr Truppen an die Front werfen kann, was sie sicherlich durch die Teilmobilisierung ermöglichen wollen. Kann aber natürlich auch sein, daß die NATO-Freunde recht behalten, und Rußland jetzt in die Defensive gedrängt wird. Ich denke, in vier Wochen wird man das klarer beurteilen können.

  6. Nur so viel zur Erinnerung, daß sowohl die USA als auch Rußland mit einem Krieg für die nächsten paar Jahre rechnen. D.h., ihn auch die nächsten Jahre lang FÜHREN WOLLEN.

  7. Rußland rechnet sich dabei wahrscheinlich zu recht aus, sowas durchhalten zu können. Aber wie soll denn die Ukraine jahrelang von der NATO und der EU über Wasser gehalten werden, militärisch und wirtschaftlich? Wo sollen z.B. jetzt noch ins Gewicht fallende Zuführungen von schwerem Gerät herkommen, da ist doch Osteuropa so gut wie ausgeplündert worden? Kann sich die Ukraine den hohem Blutzoll politisch wirklich noch Jahre lang leisten, steht die Bevölkerung wirklich so stramm hinter dem Kriegskurs?

  8. Die Meldungen über die Erfolge an der Front sind gegensätzlich: Die westlichen Medien schreiben über Fortschritte der Ukraine, die russischen über Erfolge ihrer Truppen.

    Allerdings läßt der Aufruf Selenskijs, daß die NATO Rußland bombardieren sollte, darauf schließen, daß es für die ukrainischen Streitkräfte nicht so rund läuft.

  9. Es ist in der Tat sehr schierig die aktuelle militärische Lage einzuschätzen:

    Einerseits gelingt den NATO-Truppen hier und da ein Geländegewinn, der "Sieg" von 6000 Mann bei Liman über 500 Allierte wurde am meisten beworben.  Und dann eben auch der Vorstoß im Norden von Cherson. Dazu gibt es einerseits Berichte, daß sowas nur auf grund einer erst jetzt erreichten Überlegenheit vor allem in der Aufklärung und der elektronischen Kriegsführung möglich geworden sei (sogar AI soll da im Spiele sein!).
    https://turcopolier.com/the-northeast-kherson-offensive-ttg/

    Auch russische Nationalisten verstehen nicht, wieso die Aufmarschgebiete der AFU, die noch jedem besseren Telegram-Kanal aufgefallen sind, ohne Reaktion der russischen Streitkräfte geblieben sind, weder wurden die Angriffseinheiten von Luftwaffe, Raketen oder Artillerie vor dem Angriff beschossen, noch wurden Reserven herangeführt, noch militärisch Widerstand geleistet. Und die Angriffe wurden auch nicht zugelassen, um dann die AFU-Einheiten einzukesseln und zu vernichten.

    Andererseits ist vor allem der Cherson-Vormarsch eigenartig: Nach einem Tag in der Tat enormen Vormarsches (auch auf einer unverminten Straße nach Dudtschany!), ohne große Gegenwehr ist es auch schon wieder vorbei mit dem Angriff dort. Kein Vorrücken auf Nowa Kachowka, auch sonst nirgends. Ist die russische Verteidigungslinie doch nicht zu knacken, haben die sich nur einfach etwas zurückgezogen um die Front zu verkürzen?

    Und dann laufen die Verstärkungen der russischen Truppen. Seit Wochen pumpen die Russen enorme Mengen an Material und Truppen in den Süden, Krim und dem Gebiet östlich des Dnjepr vor Cherson. Kommt da noch was. Reagieren die Russen so wenig, weil sie sich z.B. möglichst wenig austesten lassen wollen, insbesondere elektronisch ausforschen lassen wollen? Wer steht da also vor einem Durchbruch, die NATO oder Rußland?

    Gerade eben kam eine “Meldung”,
    “Wie der britische Geheimdienst nun darlegt, nutzen die ukrainischen Truppen etliche erbeutete Panzer. Daraus lassen sich auch Rückschlüsse auf die russische Kampfmoral ziehen.
    Die ukrainische Armee nutzt nach Ansicht britischer Militärexperten inzwischen in großen Teilen von der russischen Invasionsarmee erbeutete Fahrzeuge. Mehr als die Hälfte der im Einsatz befindlichen ukrainischen Panzer stammen aus den Beständen Moskaus, heißt es in dem täglichen Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums zum Ukraine-Krieg.
    Die Ukraine habe seit der Invasion wahrscheinlich mindestens 440 Kampfpanzer und etwa 650 gepanzerte Fahrzeuge erbeutet.”
    https://www.n-tv.de/politik/London-Ukrainer-nutzen-groesstenteils-erbeutete-Panzer-article23635055.html
    Die AFU hat zur Zeit noch 800 bis 900 Panzer? Wo soll das denn überhaupt gewesen sein? Es hat doch seit langem überhaupt keinen wirklichen Sieg der AFU gegeben, insbesondere im Charkow-Gebiet standen doch sicherlich keine russischen Einheiten mit Hunderten von Panzern, die alle zurückgelassen wurden. Und bei den AFU-Angriffen im Cherson-Gebiet hat doch bisher Rußland die Oberhand gehabt und reihenweise AFU-Panzer zerstört und garantiert so gut wie keine eigenen zurückgelassen.

  10. Ich frage mich, woher die Russen die Verstärkungen nehmen? Offenbar werden Gebiete im Fernen Osten und Sibirien ausgedünnt und mit Rekruten besetzt. Von der europäischen Front können sie ja nicht so viele Soldaten abziehen.
    Die Mobilisierung läuft offenbar etwas holprig, gelinde gesagt. Und die jetzt Mobilisierten sind erst in ein bis zwei Monaten einsatzfähig.

    Bei der Eroberung von Liman wurden nach russischen Angaben auf der ukrainischen Seite 23.000 Mann eingesetzt, dieser Übermacht konnten sie wenig entgegensetzen, deshalb der Rückzug.

    Die vielen angeblich erbeuteten Panzer stimmen mich auch stutzig.

  11. Schoigu wäre ja auch ein Idiot, wenn er einsatzbereite Kampfeinheiten in Sibirien stationiert lassen würde. Auch an der europäischen Gesamtfront hat es wohl Ausdünnungen gegeben, so hieß es, daß die Truppen gegenüber dem Baltikum massiv weniger wurden.
    Warum eine Minimobilisierung wie die jetzige 300.000-Mann-Aktion, die ja sicherlich schon Monate, wenn nicht Jahre vorbereitet worden ist, so holprig verlaufen ist, wundert mich auch. Aber auch wenn diese Reservisten selber erst in zwei Monaten einsatzbereit sein sollten, so können sie schon jetzt besser einsatzfähige Soldaten ersetzen, die schon in zwei oder drei Wochen an der Front auftauchen könnten und nicht erst in Monaten.
    Beide Seiten, die NATO genauso wie Rußland, haben viel zu wenig Truppen zur Verfügung, um eine mehr als 1000 km lange Front überall gleich bestücken zu können. Dadurch ergibt sich natürlich für beide Seiten die Chance, sich solche dünnen Stellen in der Front des Feindes vorzunehmen. Deshalb ist die Aufklärung durch Satelliten und vor allem durch Drohnen ja so enorm wichtig geworden. Heutzutage kann eine Armee ihre Stellungen, ihre Geschütze und Panzer nur noch sehr schwer vor dem Feind verstecken. Jedenfalls nicht auf Dauer. Dann kommen eben solche Auseinandersetzungen wie der Vormarsch der Ukraine/NATO-Truppen im Charkow-Gebiet, der Kampf um Izyum und Lyman vor. Das kann natürlich auch schnell anders rum gehen, denn beide Armeen kochen ja weitgehend mit dem gleichen Wasser. Nur, daß jetzt zunehmend die russischen Streitkräfte mehr Truppen an die Front werfen werden und die Ukraine damit sicher immer mehr Schwierigkeiten haben wird, auch wenn polnische und baltische Soldaten zur Hilfe kommen mögen.

    Vor allem mittelfristig strategisch sehe ich nicht, wie die NATO nachschubmäßig, egal ob Munition, schwere Waffen und Raketen und Soldaten, mit den russischen Möglichkeiten mithalten kann. Und das ohne die massiven Auswirkungen des Wirtschaftskrieges auf die EU-Staaten einzurechnen.

  12. Warum eine Minimobilisierung wie die jetzige 300.000-Mann-Aktion, die ja sicherlich schon Monate, wenn nicht Jahre vorbereitet worden ist, so holprig verlaufen ist, wundert mich auch.

    Sie ist offenbar nicht vorbereitet worden.

    So wie ich die Sache sehe, hat sich Rußland darauf verlassen, daß die ökonomische Kriegsführung — EU bleibt ohne Gas und Öl — schon irgendwelche Ergebnisse bringen wird. Das ist durch die Sprengung der Nordstream-Pipelines hinfällig geworden.

    Meine Lektüre russischer Zeitungen führt mich zu dem Schluß, daß die Mobilisierung weiterhin etwas chaotisch verläuft und die große Hoffnung irgendwelche Tschetschenen sind, die bald an die Front geführt werden.
    Kadyrow und seine Leute waren offenbar besser vorbereitet für das, was nötig ist, als der russische Generalstab.

  13. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß ein großer kapitalistischer Staat mit Ambitionen, die auch Kriege nötig machen ab und an, alles Mögliche an Aufrüstungsmaßnahmen anleiert, und ausgerechnet die Frage, und wer dedient dann all die vielen Waffen, die soll die Staats- und Militärführung ausgeblendet haben?

  14. In Rußland ist der Militärdienst verpflichtend, es gibt meines Wissens keinen Ersatzdienst.

    Es gibt aber alle möglichen Ausnahmen und Hintertürchen, und mit etwas Bakschisch konnte man dieser staatsbürgerlichen Pflicht leicht entkommen.

    Die jetzige Mobilisierung bringt jedoch ans Licht, wie viele Leute sich bisher freigekauft haben, aber in irgendwelchen Verzeichnissen als solche stehen, die ihren Wehrdienst abgeleistet haben.
    Dazu kommt, daß bei manchen lokalen Behörden entweder eine Panik auftritt, was da alles über diese Art von Korruption herauskommt.
    Oder aber, sie wollen wie Kadyrow zeigen, daß ihre Region fürs Vaterland nix anbrennen läßt, und versuchen den Mobilisierungs-Plan überzuerfüllen.

    In beiden Fällen werden Leute eingezogen, die entweder noch nie eine Waffe in der Hand hatten oder aber dachten, die Sache ist für sie erledigt, weil sie sich auch mit Bakschisch aus den Reservisten-Listen haben streichen lassen.

    Dem Chef im Kreml und seinen Getreuen ist das nicht ganz unbekannt, obwohl sie vielleicht über das Ausmaß des Chaos etwas indigniert sind.
    Generell sieht die russische Führung aber in diesem Krieg eine Chance, das Heer so richtig fit und die Nation wehrbereit zu machen, so in der Art eines Fegefeuers, durch das man durch muß.

  15. Die Ernennung eines neuen Kommandanten für die Ukraine-Front weist darauf hin, daß es nicht so gut läuft für Rußland.

  16. Das Auswechseln von Führungskräften zeigt nur, daß dem Befehlshaber die Leistungen bisher nicht gereicht haben, selbst, wenn die "gut" gelaufen sein mögen. Das hier ist nicht die Fußball-Bundesliga.

  17. "Die Schäden an der Verbindung von Rußland und der Krim können die russische Offensive in der Ukraine an Elan verlieren lassen, aber nicht unterbinden."

    Die Schäden bei der Krim-Brücke müssen erst einmal genau festgestellt werden, die völlige Wiederherstellung kann Monate dauern, meinen russische Quellen.

    Das Problem ist, daß die Fähren, die vor 2018 den Verkehr über die Straße von Kertsch beförderten, nach der Eröffnung der Brücke als überflüssig angesehen wurden und jetzt erst mehr oder weniger aus verschiedenen Orten wieder hergebracht und in Betrieb genommen werden müssen, und das zu einer Jahreszeit, in der die Überfahrt aufgrund von Stürmen usw. nicht ganz unbedenklich ist. Auch Arbeiten an der Brücke selbst sind durch die Jahreszeit erschwert.

    Die Brücke hat eine hohe Symbolkraft, weil geplant wurde so eine Verbindung bereits in zaristischer Zeit und auch in sowjetischer, es kam bis zu einer Eisenbahnbrücke, die aber dem Eistreiben zum Opfer fiel. (Es ist also auch der Klimawandel, der diesen Bau perspektivenreicher gemacht hat.)
    Der Anschlag könnte Kritiker Putins stärken, die meinen, langsam könnte er einmal auch den roten Knopf drücken.

    (El País, 9.10.)

  18. "Der Anschlag könnte Kritiker Putins stärken, die meinen, langsam könnte er einmal auch den roten Knopf drücken."

    Deshalb gab es ja gleich Stimmen, daß das eine False-Flag-Operation der Kräfte gewesen sei, die die Führung Rußlands endlich dazu aufstacheln wollen auf den Putz zu hauen, "No Mr. Nie Guy anymore!"

    Wie dem auch sei, (ich glaube, daß es doch eher der SBU war), selbst ein im wahrsten Wort durchschlagender Erfolg hätte keine grundlegende Wende für die Ukraine gebracht. Die Krim ist seit Jahr und Tag vollgestopft mit russischen Truppen, Munition, Öllagern usw. Die würden so oder so gegen eine ukrainische Offensive in Richtung Melitopol geworfen werden können. Dieser Schlag ist also höchstens ein Schlag gegen die Moral der Russen gewesen, militärisch hat es wenig gebracht und hätte auch nicht sehr viel mehr bringen können.

  19. Die folgende Gesschichte könnte plausibel sein:

    Eines der Ziele der heutigen Raketenangriffe auf ausgewählte Ziele in der Ukraine (dem von Klitschko mal wieder beklagten "Völkermord" sind bei rund 40 erfolgreichen Angriffen wohl ein Dutzend Menschen zum Opfer gefallen) soll das Wärmekraftwerk für ein Edelstahlwerk gewesen sein. Das wäre erstmal nichts Besonderes, in diesem Fall aber schon, denn dieses Stahlwerk ist einer, wenn nicht der einzige Hersteller der Edelstahlsorte, die Frankreich für die Reparatur seiner zahlreichen maroden AKWs bräuchte. Und jetzt wohl nicht mehr bekommen wird. Womit Deutschland dann wohl auch keinen Strom aus Frankreich erwarten kann und seinerseits sicher die noch zu erwartenden Ausfälle in der Ukraine ausgleichen muß, wenn Rußland Ernst macht und jetzt die Stromversorgung der Westukraine angreift. Dann wird in Deutschland sicher nicht nur eine Gaspreisbremse nötig werden.
    https://t.me/Slavyangrad/13268

  20. Na eine Strompreisbremse ist schon lange nötig. Schau dir mal die Kilowattpreise auf Verivox an. Liegen bei ca. 95ct/kWh. Also  3-4 mal so hoch, wie vor dem Krieg.

    Das mit dem Edelstahl kann nicht so wild sein. Die Legierungsbestandteile sind sicher bekannt. In Europa ist alles genormt und dann kann man das auch woanders herstellen, Kost vielleicht ein bisschen mehr und dauert etwas länger, vielleicht 6 Wochen. Stahl erschmelzen ist keine Geheimwissenschaft.

    Das Argument stimmt aber. Selbst wenn ein paar französische Akw's wieder ans Netz gehen, würde es schwer werden die Ukraine mitzuversorgen.

  21. Auch interessant, wie sich herausstellt, wofür die Ukraine in den letzten Jahren hergerichtet wurde. Es wird also nicht nur nach Fernost outgesourct, sondern auch nach Osteuropa, und vor allem energieintensive Schwerindustrie.
    Das Azov-Stahlwerk in Mariupol war, man erinnere sich, eines der weltweit 4 Stahlkocher, das für Stahl für Ölplattformen zertifiziert war.
    Vor allem Achmetov hat sich auf diese Art von EU-Bedarf eingestellt, also auch das hier betroffene Stahlwerk, so vermute ich, wird von ihm betrieben.

  22. ArcelorMittal Kryvyi Rih, so wie das frühere Kryvorizhstal mittlerweile heißt, hat der indische Mittal-konzern schon 2005 für 4,8 Mrd. Dollar gekauft.

  23. Zur Krim-Brücke:

    Es wird als sicher angenommen, daß der SBU den Anschlag verübt hat. Es sollen 2 Lastwägen in die Angelegenheit verwickelt gewesen sein.

    "Wir haben bereits die Route des Lastwagens ermittelt, von dem aus die Explosion stattfand. Dies sind Bulgarien, Georgien, Armenien, Nordossetien, Krasnodar … Die Fahrer wurden identifiziert. Mit Hilfe von FSB-Mitarbeitern war es möglich, Verdächtige unter denen zu identifizieren, die einen Terroranschlag vorbereiten könnten.
    An dieser Operation waren zwei schwere Fahrzeuge beteiligt. Das Lieferschema war wie folgt. Die Fracht – 22 Paletten Folie, je 9 Rollen (eine Palette wiegt etwa eine Tonne) – kam auf dem Seeweg aus Bulgarien in der georgischen Hafenstadt Poti an. Der Kunde war ein ukrainischer Staatsbürger. Dann wurde er auf einen Lkw mit ausländischen Nummern verladen, der Fahrer kommunizierte per WhatsApp mit dem Kunden. Von Poti ging der LKW nach Armenien, wo die Fracht nach den Regeln der Zollunion verzollt wurde."

    D.h., er wurde weniger genau kontrolliert als ob er aus Geogien direkt gekommen wäre. Diese Route wird oft gewählt, um Fracht nach Rußland zu importieren, dank der Zollunion wurde Armenien zu einem Transitland.

    Dann ging es wieder durch Georgien zurück, über den von vielen Wehrpflicht-Flüchtigen in die andere Richtung gestürmten Grenzübergang Verchnij Lars nach Armavir in der Region Krasnodar. Dort wurde die Fracht auf einen anderen LKW umgeladen und von dort auf die Krim gebracht.

    Der Sprengstoff war in den Folienrollen versteckt und zwar so, daß er bei den Kontrollen nicht entdeckt wurde. Das wurde bereits in Bulgarien gemacht, sodaß der Verdacht naheliegt, daß auch andere Geheimdienste an der Operation beteiligt waren.
    Der Fahrer des LKW, der die Fuhre nach Armavir brachte, weiß von nichts. Vermutlich wurde er ebenso wie der zweite einfach benutzt.

    (KP, 9.10.)

    Die Explosion war deshalb so effektiv, weil gerade ein mit Treibstoff beladener Tankzug über die Brücke gefahren ist und Feuer gefangen hat.
    Größerer Schaden wurde nur so vermieden, daß die brennenden Waggons abgekoppelt und der Rest des Zuges in Sicherheit gebracht wurde, sodaß von 59 Waggons nur 7 verbrannten.

  24. Mir ist nicht klar, wie man die Vergeltungsschläge der russischen Luftstreitkräfte gegen ein paar Ziele in der Ukraine einordnen soll?
    Sollte das wieder mal nur das Vorzeigen von Knüppeln sein, die man schon im Sack hat aber noch nicht rauszieht? Denn das war ja keine Aktion, die irgendwas Entscheidendes ausschalten sollte. SBU wurde angegriffen, das Kriegsministerium aber nicht oder gar der Präsidentensitz? Ein paar Wärmekraftwerke aber nicht das Telefonnetz? Tief im Hinterland Ziele aber nicht die Einsatzzentralen für die erwartete Offensive der Ukraine Richtung Melitopol?
    Oder sollte es "Shock and Awe" sein? mit solch einem Mini-Schock? Sowas soll die Bevölkerung demoralisieren?

  25. Die russische Kriegsführung in der Ukraine ist dadurch gekennzeichnet, daß das kein Feindesland ist, das man zerstören möchte, sondern ein Territorium, das man sich einverleiben möchte.

    Das führt zu einigem an Widersprüchen in der Kriegsführung.

  26. Selbst, wenn man das Vorgehen der russischen Streitkräfte so einschätzt, ist immer noch nicht schlüssig, warum sie so eigenartig "uneffektiv" vorgehen. Wenn man die Bevölkerung schonen will, dann muß man doch nicht gleich alle Ministerien mitschonen. Wenn man das gesamte Staatsgebiet nicht verwüsten will, dann kann man doch trotzdem den Frontbereich angreifen.

  27. Heute gingen die Raketenangriffe ja weiter und es sollen vor allem Energieinfrastruktur angegriffen worden sein. 

    Der russische Präsident Wladimir Putin nannte den Angriff eine Reaktion auf die „Terroranschläge“ gegen russisches Gebiet. Dabei soll es sich nur um die „erste Episode“ gehandelt haben, hieß es am Montag vonseiten des stellvertretenden Vorsitzenden des russischen Sicherheitsrats, Ex-Präsident Dmitri Medwedew. Weitere Raketenangriffe würden folgen.

    Es sieht ganz so aus, als hätte Russland die Raketenangriffe schon vor dem Angriff auf die Krimbrücke geplant und jetzt werden die Raketenangriffe teilweise damit gerechtfertigt. In Wirklichkeit dienen sie aber auch einem militärischen Ziel, nämlich die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu schwächen, indem man die Lebensadern angreift. Stromerzeugung, Straßen, Bahnlinien usw. Die Russen machen jetzt das was die Ukraine zuvor gemacht hat.

    Auf Vorschlag des Verteidigungsministeriums und entsprechend dem Plan des Generalstabs wurden massive Angriffe mit Hochpräzisions-Waffen langer Reichweite gegen die Energie-, Militär- und Kommunikationsinfrastruktur der Ukraine ausgeführt.“ Alle Ziele seien getroffen worden, hieß es weiter.

    In ein paar Tagen weiß man mehr.

  28. "In Wirklichkeit dienen sie aber auch einem militärischen Ziel, nämlich die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu schwächen, indem man die Lebensadern angreift. Stromerzeugung, Straßen, Bahnlinien usw."

    Ja, das würde militärisch Sinn machen. Ich bezweifele nur, daß sie das auch nur versucht haben, denn zumindest haben sie es bisher nicht mal ansatzweise hingekriegt. Auch wenn Rußland-Fans auf Facebook das vollmundig behaupten, obwohl es dafür jedenfalls für mich aus dem Googlen nach solchen Ergebnissen überhaupt kein Anzeichen gibt. Telegram soll voll von Siegesmeldungen sein, das wird schon stimmen, aber ob die stimmen?

  29. Bisher wollte Russland offenbar nicht so vorgehen. Da gab es doch einige Artikel darüber, dass Russland hier keinen "normalen" Krieg führen wollte und deshalb auch einige Regeln der Kriegführung missachtet hat, was dann letzten Endes zu den Rückeroberungen geführt hat. Und das deckt sich weitgehend mit der beobachtbaren Realität. Wir werden sehen.

  30. Die Gebietsverluste Rußlands liegen an der Verletzung einer der Hauptregeln der Kriegsführung: Du mußt eine merkliche Überlegenheit haben, entweder qualitativ oder wenn beide Seiten mit dem gleichen Wasser kochen, zumindest eine zahlenmäßige Überlegenheit. Das traf auf die Luftstreitkräfte zu, und das weiß ja auch jeder, haushoch auf die Artillerie, aber eben nicht auf die Bodentruppen. Anfangs hat Rußland ja höchstens 150.000 Man gegen ein merklich größeres ukrainisches Heer eingesetzt. Wahrscheinlich ist auch jetzt noch (oder genauer gesagt wieder, denn ein Großteil der ursprünglichen Fronttruppen der Ukraine hat Rußland ja zerschlagen können) die AFU größer als die alliierten Truppen. Und bei mehr als 1000 km Front hat das bedeutet, Schwerpunkte zu setzen, an Stellen, die man halten wollte oder von wo aus man vorrücken wollte und dafür dann anderswo nur dünne Frontlinien zu haben. 
    Offensichtlich hat Rußland auf den Norden keinen großen Wert gelegt. Offensichtlich geht es beiden Seiten im Donbass um die Wurst. Beide Seiten haben da ihre stärksten Einheiten und die größte Truppendichte. Gerade scheint die Entscheidung anzustehen im zentralen Bereich um Bachmut, daß die AFU mit rund 30.000 Mann unbedingt halten will und die Russen unbedingt erobern wollen, weil dann die ukrainische Verteidigungslinie in der Mitte zerhauen wäre und eventuell im Norden und Süden davon sogar wieder Einkesselungen ukrainischer Verbände möglich werden könnten. Der permanente Beschuß der Befestigungen durch die dort haushoch überlegene russische Artillerie scheint Erfolge zu haben, die Russen rücken selbst nach Eingeständnis westlicher Beobachter langsam vor.
    Wenn die Ukraine nicht noch richtig fette Reserven in der Hinterhand hat, was ich eigentlich nicht glaube, sondern schon alles in die bisherigen Landeroberungen gesteckt und wahrscheinlich dabei eher verpulvert hat, dann könnte sich die Entscheidung des gesamten Bodenkrieges in den nächsten paar Wochen schon ergeben. Spätestens im Winter, wenn die russischen gepanzerten und motorisierten Verbände wieder ungehindert durch den Herbstmatsch auch ohne Straßen wieder vorrücken können. Und weil bis dahin die Teilmobilisierung den Anfangs”fehler” der zu wenigen einsetzbaren Truppen in gewissem Maße ausgleichen wird.
    Zudem der AFU ja auch zunehmend Probleme bereiten wird, daß es demnächst keinen hinreichenden Nachschub mehr an Waffen und Munition mehr geben wird, die NATO hat ja allmählich nichts mehr, was sie noch sinnvollerweise anbieten könnte (bzw. zum Teil auch nicht anbieten will, weil sie dann selber "blank" wäre). Und Nachproduzieren geht halt bei vielen Sachen nicht (höchstens in ein paar Jahren), seien es die 155mm-Munition, HIMARS-Raketen oder die noch gar nicht gelieferten Patriot-Flug- und Raketenabwehr-Raketen.

  31. Deutschland liefert ja jetzt auch vier IRIS-T SLM-Systeme an die Ukraine. Eine Einheit hat drei Werfer mit jeweils 8 Raketen (die immerhin knapp eine halbe Million Euro pro Stück kosten). Ich habe nirgends gelesen, wieviel zusätzliche Raketen Deutschland liefert oder überhaupt liefern könnte, das System ist bei der Bundeswehr ja noch gar nicht im Einsatz.

    Ich verstehe die Logik solcher System nicht: Nur wenn der Angreifer mit Raketen schießt, sie erheblich teurer sind als eine halbe Million pro Stück, "rechnet" sich so eine Abwehreinheit, die immerhin 140 Mio € kostet. Und effektiv einen Standort, z.B. eine Stadt schützen kann das System ja auch nur, wenn der Angreifer nicht mehr Raketen hat, als die Verteidigung abschießen kann. Hat Rußland wirklich nur noch so wenige Raketen, Cruise Missiles und "intelligente" Artilleriemunition, daß diese Systeme Erfolg versprechen könnten?

    Die USA haben offensichtlich nicht vor, modernste Flugabwehrraketen zu liefern. Jedenfalls keine Patriot-Systeme. Offensichtlich, weil es nicht mehr genügend Raketen dafür gibt, weil Saudi-Arabien alle verfügbaren schon verballert hat.

  32.  "Nur wenn der Angreifer mit Raketen schießt, sie erheblich teurer sind als eine halbe Million pro Stück, "rechnet" sich so eine Abwehreinheit, die immerhin 140 Mio € kostet."

    Ne. Der Schaden ist ja nicht die kaputte Rakete beim Feind. Die Rakete explodiert sowieso dort, wo sie einschlägt. Insofern wäre die günstigste Möglichkeit eine superteure Rakete zu neutralisieren, sie einfach fliegen und einschlagen zu lassen. Insofern verstehe ich nicht, dass du den Wert der Rakete und der Abwehrrakete gegenrechnest.

    Der Schaden besteht darin, was die Rakete bei der Explosion zerstört: Also Gebäude, Maschinen, Güter, Menschen, Fabriken. Fängt dann noch ein Gebäude an zu brennen, sind schnell eine halbe Million erreicht und Menschenleben kann man ja angeblich auch nicht in Geld beziffern, obwohl das ständig getan wird.

    Ein Land kann man damit eh nicht schützen. Wertvolle Einrichtungen vielleicht schon. Ein großes Waffenlager oder ein Parlament, Regierungssitz.

    Warum Deutschland das macht. Vielleicht Waffentests. Soll ja zum Teil in Deutschland entwickelt worden sein. Oder man will bei irgendwem Punkte machen. Kriegsentscheidend sind solche Raketen nicht.

  33. Ja, das Abwehrsysteme wichtige Einrichtungen, sei es militärisch oder zivil schützen sollen, das unterstelle ich natürlich auch. Mir geht es um die Durchhaltbarkeit eines Abwehrkampfes, wenn die Verteidigung teurer ist als die Angriffe und es deshalb einfach zu wenig Abwehrraketen gibt. Dann geht das halt nicht lange, weil der Angreifer einfach solange seine Angriffssysteme, also Raketen, UAVs, Cruise Missiles und so ein Zeug losschickt, bis er durch gekommen ist.
    Wie lange hält z.B. ein Raketenschirm für Kiew mit dem deutschen IRIS-T SLM-System, wenn Rußland dort konzentriert angreift. Eine halbe Stunde oder noch länger??

  34. Im Krieg ist es halt so, dass man oft nicht im Voraus sagen kann, wer welche Reserven an Munition hat. Man lässt es einfach drauf ankommen und feuert was man hat. Und das machen Sie jetzt. Das ist ja der Witz am Krieg, dass man es drauf ankommen lässt. Die Ukraine haben selbst ja sowieso wenig, die feuern drauf los und und wenn die Haubitze das nicht aushält, sind die deutschen Konstrukteure schuld und dass der Westen so wenig Waffen bereitstellt.

    Dann stellt sich der Selenskji wieder in Fernsehen und fordert neue Waffenlieferungen. Dass die Verteidigung teurer ist als die Angriffe kümmert Selenskji einen Scheiß. Er zahlt es ja nicht. Die Europäer zahlen. Das geht jetzt so lange, bis aus Europa nichts mehr kommt oder bis die Russen die Ukraine überrennen.

  35. Im Fall des IRIS-T SLM-Systems ist das recht eindeutig: Da hat die Ukraine zwei Dutzend Schuß und Rußland geschätzt noch 20.000 Raketen. Da kann Selenskji lange mehr haben wollen. Das wird nie und nimmer reichen.

  36. Update zum Krimbrücken-Attentat:
    Die Folie, die in Rollen auf dem Laster transportiert wurde, war nicht aus Metall, sondern aus Polyäthylen. Sie wurde von Odessa nach Russe in Bulgarien verschifft, und von dort nach Poti in Georgien.

    Die Präparierung der Folien mit Sprengstoff erfolgte also vermutlich bereits in der Ukraine.

    Der militärische Geheimdienst der Ukraine soll das Ganze geplant und durchgeführt haben.

    (El País, 13.10.)

    Man muß hierzu bemerken, daß die ganze Angelegenheit mit Zollunion und die Verhältnisse im Kaukasus natürlich den Schmuggel und die Fälschung von Zollpapieren begünstigen und sich da bereits gut eingespielte Schemata für dieses Manöver benutzen ließen.

    Das zweite ist, daß der Getreide-Deal, die Entminung der Häfen und die Korridore durch das Schwarze Meer diese Fahrt von Odessa nach Bulgarien erst ermöglicht haben, weil sich die Kontrollen nur auf die Einfuhr in die Ukraine beziehen, und auch das nur am Bosporus. Der Verkehr innerhalb des Schwarzen Meeres scheint bereits wieder Vorkriegsniveau erreicht zu haben.

  37. Russische Marschflugkörper:

    "Der Economist stellte im Juli unter Berufung auf US-Militäranalysten fest, dass Russland in nur zwei Wochen Krieg in die Ukraine das Äquivalent an Artillerie verfeuert, das die Vereinigten Staaten in einem Jahr produzieren."

    (El País, 13.10.)

    Entweder hatten die Russen viel auf Lager, oder aber sie haben enorme Kapazitäten zur Produktion derselben.
    Der Einsatz der iranischen Kamikaze-Drohnen soll offenbar einen Mangel an eigenen Raketen kompensieren. Sie sind effektiv gegen fixe Ziele, aber nicht gegen die sich ständig bewegenden Raketenwerfer des Gegners.

  38. Zu euren Bemerkungen zu den Abwehrsystemen: Mir scheint das so zu sein, daß einfach Deutschland ständig seine Bündnistreue durch Waffengeschenken beweisen muß, die strategische Nützlichkeit dieser Geräte ist zweitrangig.

  39. Das ist ja das Hauptproblem der NATO: Rußland hat viel mehr Geschütze als die NATO, viel mehr Munitionsvorräte und vor allem eine viel größere Produktionskapazitäten. Mit dem Ergebnis, daß an der Front die russischen Truppen rund 10 mal soviele Schüße abgeben können pro Tag als die ukrainischen Einheiten. Und der Bestand an Haubitzenmunition der NATO ist jetzt eben aufgebraucht, jedenfalls so niedrig, daß die Ukraine nichts mehr bekommen wird, bzw. halt lange nicht soviel, um gegen den russischen Streitkräfte bestehen zu können.

    Was Raketen angeht, sind die den russischen Streitkräften praktisch vom ersten Tag des Krieges schon ausgegangen:
     

    https://www.moonofalabama.org/

    Zum IRIS-T System habe ich nirgendwo gefunden, wieviel Schuß Deutschland den Werfern überhaupt mitgegeben hat. Es sieht so aus, als ob das wirklich nur ein Satz Raketen pro Werfer-Einheit ist. Das ist nicht gerade kriegsentscheidend, denke ich. Halt die symbolische Fergatte, mit der Deutschland jetzt auch gegen China anschwimmt z.B.

  40. Interessant ist die möglicherweise anstehende neue Front in Weißrußland.

    Rückerinnerung: Bei dem etwas hastigen Einmarsch in die Ukraine war Belarus als Frontabschnitt eingeplant, vor allem von dort aus sollte der Waffen-Nachschub durch die Westukraine unterbrochen werden.

    Lukaschenko spielte jedoch nicht mit, und es kam sogar zu Sabotageakten gegen Züge und für den russischen Nachschub — der weiterhin über Belarus lief — und andere Infrastruktur.

    Man kann nur vermuten, daß die weißrussische Führung sich ihrer Bevölkerung nicht sicher war und deshalb nicht mitspielte. Immerhin hatte das Land gerade ziemliche Unruhen hinter sich.

    Hier scheint sich inzwischen etwas geändert zu haben, nur was?

  41. Man kann allenthalben lesen, daß vermutet wird, daß Rußland sich auf eine Entscheidungsschlacht vorbereitet.
    Es werden größere russische Armeeeinheiten in Belarus an die Grenze verlegt (sicherlich mehr als die 9000, von denen man liest). Es gehen viele, viele Panzer dorthin. Es sollen auch einige MiG31 verlegt worden sein. Das alles würde passen zu einem Vorstoß auf Kiew, um es zu erobern (aber natürlich auch zu einer weiteren Ablenkungsaktion, nur diesmal mit mehr Druck).
    Die aktuelle Drohnenkampagne könnte die Vorbereitung sein zu einem großen Schlag gegen die ukrainische Infrastruktur als erstem Schritt zu der Entscheidungsschlacht, wo auch immer die dann gestartet würde. Wann auch immer die gestartet werden könnte, wenn es schnell gehen könnte, noch in diesem Herbst, wenn es später wird, erst im Frühjahr 2023.

  42. Wie schon mehrmals bemerkt, rechnen russische Militärs mit Krieg in den nächsten Jahren.
    Diese Idee mit der Entscheidungsschlacht erscheint mir ein Wunschdenken, dessen sich die russische Führung bereits begeben hat.

    Aber es ist sicher richtig, daß wieder ein etwas größerer Knall angesagt ist, anstatt des im Sommer üblichen klein-klein Vorrückens.

  43. Nach allem, was ich lese, ist das Verhältnis der Waffen ungünstig für die Ukraine: Die Marine ist komplett ausgeschaltet, die Luftwaffe exterm dezimiert (vielleicht noch 20 einsatzfähige Flugzeuge), die Armee ebenfalls durch hohe Verluste an Soldaten und schwerem Gerät massiv angeschlagen. Selbst die Moral könnte schon angeschlagen sein.
    Gegen die aktuelle Luftangriffswelle, vor allem mit Kamikazedrohnen, kann sich die Ukraine weder erfolgreich verteidigen (gut, die schießen auch ne Menge von dem Zeugs ab), und sie sind wohl unfähig, selber so was gegen Rußland zu starten, damit wird die zentrale Infrastruktur des Landes innerhalb der nächsten paar Wochen zerschlagen sein. Die Bestände an Panzern sind wohl reduziert, Munition an Granaten geht dem Ende entgegen. Die ukrainische Armee wird aber sicherlich noch eine gewisse Reserve haben, die sie in eine Schlacht werfen können. Rußland befürchtet offensichtlich, daß Cherson bedroht ist, sonst würden sie da keine Evakuierungen der Zivilbevölkerung empfehlen. Andere erwarten das um Saporischja in Richtung Melitopol. Aber zumindest an der Zentralfront verliert die Ukraine gerade den Prestigekampf um Bachmut.
    Per Saldo ist also einerseits ein größerer Angriff der Ukraine zu erwarten und Rußland bereitet selber auch einen großen Schlag vor, die 300.000 zusätzlichen Soldaten werden sicherlich nicht umsonst mobilisiert worden sein. Ob diese Schlachten schon eine Entscheidung über den gesamten Kriegsausgang bedeuten werden, oder ob sich die Ukraine noch bis ins nächste Jahr schleppen kann, wird man sehen.

  44. Ein Ex-US-General hat in einem Artikel analysiert, was für Strategien die Ukraine und Rußland in den nächsten Monaten umsetzen könnten.
    https://www.19fortyfive.com/2022/10/could-russia-try-to-take-kyiv-again-the-war-in-ukraine-is-far-from-over/

    Eine seiner Überlegungen für Rußland ist es, daß es effektiver wäre, wenn die zusätzlichen russischen Truppen nicht wieder unter enormen Verlusten versuchen, die eingegrabenen ukrainischen Verbände im Donbass nieder zu ringen, sondern diesmal endlich auf Clausewitz hören und mit viel Druck die schwächste Seite des Gegners angreifen würden:
    Er meint, daß ein Vorstoß im Westen der Ukraine, vorbei an Kiew, (das es nicht wert wäre, angegriffen oder gar erobert zu werden,) bis runter nach Lwiw und weiter die Ukraine in einen großen Kessel verwandeln würde, die dann ohne weiteren militärischen Nachschub nur noch ein paar Monate durchhalten könnte, eine eigene Waffen- und Munitionsindustrie hat das Land ja seit Anfang des Krieges nicht mehr, das haben die Russen ja alles ausgeschaltet.

  45. @Neoprene,

    nicht daß ich es für wichtig halte, aber Daniel schreibt kompletten Bullshit. Vom potentiellen Aufmarschgebiet in Gomel bis nach Lviv sind es über 500 km, rund die Hälfte davon parallel zur Grenze, weil sich nordwestlich Kiev die berüchtigten Prypjat-Sümpfe knapp 100km nach Westen erstrecken. Wenn man drei russische Armeen schlachten wollte – denn zwei müßten sich den Entsatzkräften um den Knotenpunkt Schytomyr entgegen stellen – könnte man es angesichts dieses "Überraschungsmomentes" nicht besser anstellen.

    Nö, alle Zeichen stehen darauf, daß die russischen Truppen sich in der Absicht eingraben, das "momentum" der ukrainischen Angriffe abzuwettern und mithilfe einer eingefrorenen Dezember – Front darauf setzen, daß sich im Westen politisch was bewegt. Wenn nicht, dann sprechen im Frühjahr wohl wirklich die Kinshals, wie Pepe gern sagt, aber nicht in der Ukraine, sondern Deutschland.

    PS.: Der Mann ist übrigens kein General, sondern Lt.Col, das ist in der US-Army ein Bataillonskommandeur.

  46. Ich bin ja nun kein besonders militärisch bewanderter Mensch, und habe es auch nicht bis zum Oberstleutnant gebracht und Clausewitz habe ich mit 14 Jahren gelesen, das hat nun wirklich keinen Strategen aus mir gemacht. (Und ja, bei dem Davis habe ich den Oberstleutnant mit einem Generalleutnant verwechselt)
    Aber soviel weiß ich über größere Militäroperationen in modernen Kriegen schon, daß der Versuch, den jeweiligen gegnerischen Stier bei seinen Hörnern zu packen, hier also den Schwerpunkt seiner Kampfverbände direkt anzugreifen, meistens nicht Erfolg verspricht, es sei denn, man selber ist haushoch überlegen 3 zu 1 oder besser 5 zu 1 oder so. Mag sein, daß die russische Armeeführung meint, wir stehen besser da als die ukrainischen Truppen, wir haben 10fache Artillerieüberlegenheit und hauen noch die stärksten Bastionen von denen zu Klump und dann haben wir die Hauptsache erledigt. Das dauert aber erstens recht lange, jetzt schon Monate vor und um Bachmut in erster Linie, und läßt zudem die Möglichkeiten des Gegners außer acht, seine Truppen zu verschieben und anderswo selber anzugreifen, bei mehr als 1000 km Frontlinie ja naheliegend.
    Ich habe deshalb von Anfang an nicht verstanden, wieso die russische Armee (und ihre lokalen Verbündeten und die Wagnertruppe) so eigenartig vorgegangen sind. Diese angeblichen Sturmversuche auf Kiev (mit Truppen, die noch nicht mal das Olympia-Stadium in Berlin füllen könnten, geschweige denn eine gegnerische Hauptstadt erobern und halten hätten können) und Charkow, statt dessen das direkte Anrennen im Donbass. Ich hätte schon zu Beginn Umgehungsversuche von starken motorisierten und Panzerverbänden erwartet, die zumindest den Osten, meinetwegen ab Dnipropetrovsk abriegeln und damit den ukrainischen Truppen den großen Vorteil nehmen, den sie hatten und zum Teil ja immer noch haben, seit vielen Jahren die Front im Donbass zu einer Festungslinie ausgebaut zu haben.
    Solche Angriffe in die Flanken des Gegners sind in der Tat immer recht gefährlich, weil sie die eigenen Keile selber wieder Flankenangriffen aussetzen. Und jetzt im Fall der Ukraine, mit einem Ziel, daß 500 km entfernt läge, ginge das sicherlich nicht mit den angeblich nur 9000 Mann die Rußland nach Belarus verlegt hat. Und ein paar MiG31, die da jetzt auch stationiert sein sollen, würden dafür sicher auch nicht reichen.
    Es ist aber schon die Frage, ob die ukrainische Militärführung überhaupt ernsthafte Anstrengungen unternommen hat, um eine solche Riesenkesseloperation der Russen zu verhindern. Dort gehen doch eher die Truppen aus und schon der politische Auftrag partout Gelände im Osten zu gewinnen, kostet wahrscheinlich so gut wie alles, was die Ukraine einzusetzen hat. Während Rußland "jetzt" eben mit 300.000 Mann mehr rechnen kann. Damit kann man schon einiges an Offensivoperationen anleiern.
    Die Taktik der russischen Armee, erst recht jetzt unter Surovikin, scheint mir in der Tat zu sein, die Ukraine ruhig an mehreren Fronten angreifen zu lassen, weil die Russen bisher dabei wohl besser abgeschnitten haben und diese Angriffe ja auch zumeist unter erheblichen Verlusten der Ukraine haben abwehren können, auch wenn dabei Gebiete aufgegeben werden mußten (Charkow-Gebiet). 

    Interessant wird es deshalb werden, ob die Ukraine jetzt doch noch mal einen massiveren Anlauf zur Eroberung von Cherson macht (ist ja in den letzten Wochen reichlich versucht worden, ohne daß es gut für die ukrainischen Truppen ausgegangen wäre) und ob die Russen sich dabei auf einen heftigen Abwehrkampf einlassen werden, oder lieber ihre Einheiten hinter den Fluß zurückziehen.

    Das Allerletzte, worauf Rußland jetzt im Herbst/Winter hoffen kann, ist "daß sich im Westen politisch was bewegt". Wenn überhaupt steht ja zu befürchten, daß Biden und seine Knalltüten noch eine Schippe drauf legen. Daß jetzt offen darüber sinniert wird, eventuell nur mit der US-Armee in die Ukraine einzurücken (NATO hin NATO her), läßt eher Schlimmes erwarten. Die Stationierung der 101st Airborne in Rumänien ist zwar sicherlich in erster Linie symbolisch, könnte aber schon was bringen, wenn die USA tatsächlich eingreifen sollten.
    Wenn sich in diesem Herbst/Winter nichts bewegt, also es nicht jetzt schon zu einer Entscheidungsschlacht kommt und die Ukraine vollends in die Defensive gedrängt wird, oder überraschenderweise doch die russischen Truppen empfindlich zurückgedrängt werden und dabei riesige Verluste hinnehmen müssen (ohne Luftwaffe? ohne große Panzertruppen?), dann wird sicherlich im nächsten Frühjahr Rußland mächtig aufdrehen, die militärischen Möglichkeiten haben die ja. Anders als die Ukraine, die allein gestellt (nun gut, bis an die Halskrause mit Waffen und Führung und Aufklärung der NATO-Staaten aufgepäppelt) nicht mehr sonderlich wird zulegen können. Vor allem, wenn die russischen Luftstreitkräfte bis dahin alles von Bedeutung für den Nachschub, Transport, Strom, Kommunikation usw. zerbombt haben werden.

  47. Ach, Neoprene, ich erinnere Dich an das Kernstück von Putins Kriegserklärung an das Imperium:

    The West is ready to cross every line to preserve the neo-colonial system which allows it to live off the world, to plunder it thanks to the domination of the dollar and technology, to collect an actual tribute from humanity, to extract its primary source of unearned prosperity, the rent paid to the hegemon. The preservation of this annuity is their main, real and absolutely self-serving motivation. … In certain countries, the ruling elites voluntarily agree to become vassals; others are bribed or intimidated …I want to underscore again that their insatiability and determination to preserve their unfettered dominance are the real causes …They see our thought and our philosophy as a direct threat … Russia is a great thousand-year-old power, a whole civilisation, and it is not going to live by such makeshift, false rules …It is worth reminding the West that it began its colonial policy back in the Middle Ages …

    Das fällt ideologisch noch hinter die Zeit der russischen Aufklärung auf die Verklärung der russischen Staatsgründungskriege zurück. Man könnte das für eine Taktik der Kriegsmobilisierung halten, aber das ist es höchstens in der Stilistik, denn die geopolitische Einbettung beseitigt – denke ich – jeden Zweifel, daß es sich um ein ernst gemeintes Schema / Gerüst handelt:

    The world has entered a period of a fundamental, revolutionary transformation. New centres of power are emerging. They represent the majority – the majority! – of the international community. They are ready not only to declare their interests but also to protect them.

    Das ist nach Westen UND Osten adressiert! Putin stellt klar, das "heilige Russland" werde sich zwischen China und dem Imperium des Westens weder zerdrücken, vereinnahmen, noch umgehen lassen.
    Es soll jeder Regierung im Westen, aber auch China bedeuten, die Entscheidung, die sie jetzt zu treffen hätten, beträfen Sein oder Nichtsein des Weltmarktes. Denn das ist die einzige Stärke, welche die russische Föderation (!) gegen das Imperium mobilisieren und stellen kann: Die in drei Jahrzehnten bedingten Einschlusses in den Weltmarkt gestählte Selbstgenügsamkeit, die obendrein noch von derjenigen zehren kann, die die Kriege gegen die Sowjetunion den völkischen Produzenten auferlegt haben.

    Indem man im Westen antwortete (im Mai): So soll es sein, ist die Entscheidung getroffen. Doch die Kriegsstrategie der RF wurde seither nicht verändert, die Teilmobilisierung sagt das unmißverständlich an und soll es ansagen.
    Wie auch anders. Der Davies ist nicht nur inkompetent, er ist doof, weil er keinen Gedanken daran verschwendet, wie und zu welchen Kosten die russische Armee eine im Zangengriff "eroberte" Ukraine denn bitte halten (können) will.
    Ich jedenfalls kann mir das russische Vorgehen nicht anders erklären, als daß man im Kreml jetzt alles auf die Karte eines republikanisch dominierten Kongresses gesetzt hat – der dann bitte was ändern soll? Vielleich hoffte man bis vorgestern zusätzlich noch auf Xi Jinping, aber hat der nicht ziemlich deutlich gemacht, daß er das Land auf einen resilienten Umgang mit einem nuklearen Notstandsgebiet in Mitteleuropa vorbereitet?

  48. Das Problem, "wie und zu welchen Kosten die russische Armee eine im Zangengriff "eroberte" Ukraine denn bitte halten (können) will", hatte die russische Führung ja von Anfang an. So blöd waren die ja auch nicht, daß ihnen nicht klar gewesen wäre, daß die Bevölkerung im Westen der Ukraine in all den zurückliegenden Jahren recht stramm auf einen zutiefst antirussischen Kurs gebracht worden war.
    Aber selbst bei einer SMO muß man halt auch schon noch gewinnen. Und im Kern gewinnt man einen Krieg eben nicht in erster Linie durch Eroberung von Gebieten, sondern durch die Außergefechtsetzung/Zerschlagung/Zermürbung der bewaffneten Streitkräfte des Gegners. Und dazu dienen Neuauflagen der Schlachten an der Somme eben herzlich wenig.

  49. PS.: Mittelbar ist in obigem auch die Richtigstellung von "Deutschland will den Krieg-Warum eigentlich?" enthalten. Sie lautet: Falsche Frage. Die deutsche Nation vom letzten Jahr ist mit dem Beginn des russischen Imperiumskrieges untergegangen, im Unterschied zum Staatswesen. Das i-Tüpfelchen dazu war die Sprengung von NS1, und der Krieg, in dem die Nation unterging, begann mit "Fuck the EU".

    Jetzt muß das deutsche Staatswesen die Reste der deutschen Nation neu in die EU einbringen, unter schon veränderten und antizipiert noch drastischer veränderten Kräfteverhältnissen und Ausgangsbedingungen, und damit tun sich die Damen und Herren schwer, diesseits, wie jenseits des Rheins. In ihrer "Einigkeit gegen Russland" zelebrieren sie einerseits den "Garten im Dschungel" einer europäischen Nation aus Vereinigten Staaten, aber Stoltenberg, UvdL und Borell wollen sie nicht zu Staatsgründungsfürschten haben.
    Um mich in Erwartung absurder Reaktionen gewohnt flapsig auszudrücken …

  50. "… daß ihnen nicht klar gewesen wäre, daß die Bevölkerung im Westen der Ukraine in all den zurückliegenden Jahren recht stramm …"

    Du willst nicht wirklich sagen, der Russlandkrieg werde von der ukrainischen Bevölkerung geführt, nicht? Aber umgekehrt hat die Kremlführung ganz offenkundig ignoriert, was die in der Ukraine vollzogene Bevölkerungstrennung – nach Osten UND Westen! die Emigration ist mitzurechnen – für Auswirkungen haben mußte, sonst wäre die Initialoperation der SMO wirklich das Werk von Hirnamputierten gewesen, zumal sie noch selbst geklagt hatten, was die NATO-Instrukteure und der Import von Militärtechnik bereits eingerührt hatten. Sie glauben halt wirklich an die "Russische Welt" und haben noch im Zuge ihres Scheiterns treuherzig verkündet, sie setzten auf einen Putsch gegen die Führungsmannschaft.

  51. Noch eine Anmerkung zu (Eigenzitat)

    "…eines republikanisch dominierten Kongresses gesetzt hat – der dann bitte was ändern soll? …"

    Das ist ein Bestandteil der Elipsen in meinem Denken, die entstehen, wenn und weil ich jahrelang mit niemandem über das Zeug reden kann (im Unterschied zu darüber schreiben).

    Republikaner sind halt ebenso außerstande, die NATO-Mitgliedschaft infrage zu stellen, wie alle anderen Leute im Bündnis, und schon das allein gibt dem Führungspersonal dieses Militärapparates einen Großteil seiner militärpolitischen Handlungsfreiheit gegenüber dem Weißen Haus und selbst dem Pentagon.
    Geschwätz, wie "USA die größte, stärkste, mächtigste Militärmacht" ignoriert das komplett, die Autoren denken, wie subalterne Soldaten: Wenn der Herr General oder Präsident befielt, dann gibt es kein Entrinnen, dann werden die Hacken geschlagen und gehorcht …

  52. Also die Idee einer Offensive nach Westen halte ich für völlig unrealistisch. Rußland hat gar nicht das Personal, um seine bisher eroberten Gebiete zu halten. Die Mobilisierten sind noch nicht einsatzfähig.
    Alles deutet mir darauf hin, daß die Stadt Cherson aufgegeben wird, und sollte das wirklich geschehen, so wäre das ein ernormer Rückschlag für die russische Kriegsführung. Um so mehr, als diese Stadt bisher relativ unzerstört war, und bei einer Wiedereroberung durch die ukrainischen Streitkräfte wahrscheinlich ziemlich zugerichtet würde.

    Unklar ist auch, was sich in Weißrußland tut. Die Aufstockung der russischen Streitkräfte und die Mobilisierung der weißrussischen Armee hält der britische Geheimdienst für ein Ablenkungsmanöver, um Druck von der Cherson-Front zu nehmen, und auch das scheint mir plausibel, denn mir ist nicht einsichtig, was ein russischer Vorstoß dort im Norden strategisch bringen sollte.

  53. "Also die Idee einer Offensive nach Westen halte ich für völlig unrealistisch. Rußland hat gar nicht das Personal, um seine bisher eroberten Gebiete zu halten. Die Mobilisierten sind noch nicht einsatzfähig."

    Was uns Beobachtern als unrealistisch erscheint, muß für die Akteure nicht so aussehen. Im Krieg machen viele Kommandeure Sachen, die zum Teil erst im Nachhinein unrealistisch waren, zum Teil offensichtlich schon vorher. Zwei der größten riskanten und von Anfang an eher zum Scheitern verurteilten Angriffe waren die deutsche Westoffensive im ersten Weltkrieg durch Belgien nach Frankreich gemäß dem Schlieffen-Plan und der Angriff auf Pearl Harbour durch Japan. In beiden Fällen erfolgte der Angriff aus einer Position der strategischen Schwäche heraus, in der Hoffnung mit einer schnellen überraschenden Serie von Erfolgen den Gegner doch von einem großen Sieg abhalten zu können, der unvermeidlich kommt, wenn der seine erheblich größeren Ressourcen einsetzen kann.

    Hier, im Krieg in der Ukraine geht es beiden Seiten darum, mit eigentlich viel zu geringen Kräften trotzdem einen Sieg zu erringen. Daß sowas nicht ohne riskante Manöver, ohne das Exponieren von Schwachstellen abgeht, scheint mir naheliegend. Von daher hat mich z.B. gewundert, daß die russischen Truppen den exponierten Cherson-Bogen nicht von Anfang nach der frühen Eroberung an massiv verstärkt haben. Hat die Armee z.B. wirklich nur eine Pontonbrücke zur Verfügung gehabt, um die Befestigungen zu ermöglichen? Haben die wirklich auf den Befehl von Surovikin gewartet, um die Frontline massiv zu befestigen?
    Gerade angesichts des wahrscheinlichen Zieles Rußlands, den Süden der Ukraine bis Odessa zu erobern, scheint es mir ausgeschlossen, daß Cherson freiwillig geräumt wird. Zudem ja die Angriffe der letzten Wochen dort erfolgreich abgewehrt werden konnten.

    Wenn der Krieg insgesamt zu einer Neuauflage der Somme-Schlacht verkommen würde, weil beide Seiten keine größeren Durchbrüche mehr wagen und gewinnen, dann könnte der Krieg noch ne ganze Weile weitergehen, es sei denn der Ukraine geht doch noch die Munition aus.

  54. Was die Cherson-Front betrifft, so ist die eben auch schwer zu halten, genauso wie die Gegend am Anfang leicht zu erobern war, weil es sich um eine flache Gegend handelt, die außer Bäumen keine Deckung bietet. Außerdem wurde dort von keiner Seite eine Art Maginot-Linie eingerichtet, wie 2014 im Donbass.

    Im Donbass gibt es außerdem mehr Flußufer, Bergwerke und Schlackeberge, soweit ich das mitbekomme.

    Aber wie gesagt, für eine Offensive nach Westen reicht es bei den russischen Streitkräften hinten und vorne nicht, und narrisch ist die Armeeführung dort auch nicht.

  55. In der Ukraine hat es Nachts bereits Minusgrade und 40% des Stromnetzes sind angeblich zerstört. Die Raffinerien sind alle zerstört, ebenso angeblich Hunderte von Kilometern von Gas- und Wasserleitungen. (Letzteres scheint mir etwas übertrieben.)

    Der Präsident von Naftogas, Vitrenko, weist darauf hin, daß viele Werke für Fernwärme außer Betrieb sind. Wie sich herausstellt, nicht wegen Zerstörungen, sondern weil kein Gas da ist. Die Gasreserven betragen die Hälfte des Notwendigen, und aus der EU kommt nix, weil sie das Gas selber brauchen.
    (Eine interessante Auskunft, weil hier darauf aufmerksam gemacht wird, daß seit dem Majdan 2014 eigentlich das Transit-Gas aus Rußland von der Ukraine vom Westen re-importiert wird, weil die Ukraine ihre Gaslieferungen entweder nicht bezahlen konnte oder es nicht wollte. Sodaß Gas aus der EU — teilweise auf Kredit, als eine Art Entwicklunggshilfe — aus den gleichen Rohren, durch die es in Richtung Westen geflossen war, wieder rückimportiert wurde, wobei es vermutlich von der EU oder einzelnen Mitgliedsstaaten gezahlt wurde.)

    Kohle gibts auch keine, die meisten Bergwerke sind im Donbass und inzwischen geschlossen.

    So bleiben nur die elektrischen Heizkörper, aber das kann zu einem Kollaps des ohnehin beschädigten Stromnetzes führen, wenn jeder die einschaltet. Auch nicht nur wegen der Zerstörungen, sondern weil die Energieträger fehlen ==> siehe oben — mit denen der Strom generiert wird.
    Auch der Strom aus dem AKW in Zaporoschje fehlt, das 20% der Elektrizität geliefert hat.

    Öffentlicher Verkehr, Straßenbeleuchtung und Beleuchtung öffentlicher Gebäude werden eingeschränkt. Demnächst dürfte  es zu Stromabschaltungen kommen.

    Ein ukrainischer Minister hat seine westlichen Verbündeten aufgerufen, Generatoren, Treibstoff, mobile Wasseraufbereitungsanlagen und bewegliche Heizkörper an die Ukraine zu spenden.

    In der Ukraine gibt es schätzungsweise 7 Millionen Binnenflüchtlinge, alle brauchen jetzt warme Kleidung und Schlafsäcke. Die meisten von ihnen sind recht schnell und ohne viel mitzunehmen geflüchtet.
    Viele Einwohner Kiews bereiten sich für eine Übersiedlung zu Eltern oder in Ferienhäuser vor, wo es einen Ofen und Brennholz gibt.
    Weiters gibt es einen Run auf Gasflaschen und manche montieren Solarzellen am Balkon.
    Vor allem Schlafsäcke sind ein Hit für die Geschäfte, nachdem Klitschko vor einigen Wochen ihren Kauf empfohlen hat.

    (Sonderkorrespondent Cristian Segura, El País)

  56. So, wie der Krieg im Augenblick geführt wird, wird das wahrscheinlich nicht lange weiter gehen:
    Die Ukraine redet seit vielen Wochen von einer großen Offensive, passiert ist aber nach dem ersten blutigen Anrennen gegen Cherson seit Wochen schon nichts mehr dort, mal eine kleiner Vorstoß hier, mal einer anderswo. Die größte Aktion war sicherlich der Vorstoß motorisierter und teil gepanzerter Einheiten von vielleicht 3000 Mann im Norden des russischen Cherson-Gebietes, der es bis Dudtschany geschafft hat. Und oben im Chrarkow-Gebiet ist nach dem ersten großen Geländegewinn auch die Luft raus und es kommt nur noch zu kleineren Scharmützeln in Battalionsgröße höchstens.
    Die Russen verstärken sich allenthalben, die Reservisten machen sich bezahlt, aber außer um Bachmut, wo die Wagnertruppe partout die Stadt einnehmen will, gibt es keine Offensivaktionen.

    Ich kann mir nicht vorstellen, daß Biden mit diesem bisher erreichten "Erfolgen" wirklich in die Novemberwahlen gehen will und der Ukraine sagt, laßt euch ruhig Zeit, ihr könnt ja auch noch nächstes Jahr gewinnen, die Scheiß-Republikaner werden euch schon nicht im Regen stehen lassen, wenn sie, wie man ja erwarten muß, die Wahlen glatt gewinnen. Und umgekehrt denke ich, daß die Russen ihre 300.000 Mann nicht umsonst und ohne Pläne mobilisiert haben werden und demnächst, vielleicht noch dieses Jahr, wenn der Winter den Panzereinheiten wieder Mobilität ermöglicht, vielleicht aber auch erst im nächsten Jahr, ein große Bodenoffensive starten werden, diesich dann die Erfolge des Dauerbeschuß der Stromversorgung der Ukraine zunutze machen können soll.

  57. Das einer der kriegentscheidenden Fragen sein wird, welche Seite die Front länger und mit mehr Waffen und Munition versorgen kann, liegt auf der Hand. Und Analysten wie Brian Berletic haben das ja auch schon lange ausgiebig behandelt. Meine Schlußfolgerungen daraus sind, daß es für die Ukraine (und die dahinterstehende NATO) zunehmend schwerer sein dürfte, den Krieg auch nur weiter durchzuhalten, einen Sieg halte ich auch wegen dieser Probleme für weitgehend ausgeschlossen.

  58. @Neoprene

    Hast Du mal ernsthaft überlegt, wie ein "Sieg" aussehnen könnte? Und in die Frage schließe ich durchaus ein, was denn nach Deinem Urteil "Sieg" ODER "Niederlage" des Feindes wäre, der der RF rein technisch-objektiv gegenübersteht, das ist die "Ramstein – Koalition" unter Führung von SACEUR Cavoli, oberativer Chef der NATO (er ist offiziell "Koordinator" der von der Ramstein – Gruppe beschlossenen Maßnahmen).

    Falls nicht, fang mal damit an, dann wirst Du vielleicht anschließend ein paar Fragestellungen fallen lassen.

  59. Wenn man der Ansicht ist, daß wir alle, zumindest hier in Europa schon auf dem ersten großen Schlachtfeld des Dritten Weltkriegs sind und das nur noch nicht wahrhaben wollen, weil die Bomben bisher nur im Donbass (und in der Ostsee) einschlagen, dann sind natürlich Überlegungen, wie das in der Ukraine wohl militärisch weitergehen wird, nebensächlich, dann ist das eben nur das Vorspiel zur vierten Schlacht um Charkow sozusagen.

  60. Hast du mal überlegt, was es bringen soll, dein Gegenüber zum Denken über eine Sache aufzufordern, obwohl es gerade das Resultat seines Denkens mitgeteilt hat. 

    Sieg und Niederlage sind eine Definitionsfrage der Kriegsparteien, die sich im Lauf des Krieges ändern kann.

    Scholz zum Beispiel definiert den Erfolg negativ d.h. heißt der Kriegserfolg des Westens bestünde darin, wenn Russland n i c h t gewinnt. Selenskji meint das Kriegsziel bestünde darin Russland von ukrainischem Boden einschließlich der Ukraine zu vertreiben. Baerbock meint das Kriegsziel bestünde darin Russland zu ruinieren. Das Kriegsziel der Nato besteht wohl darin, Russland so zu schwächen, dass es zukünftig nicht mehr in der Lage ist solche Kriege zu führen, also die Weltmachtambitionen Russlands zu neutralisieren. Russland soll dazu gezwungen werden seine Vorstellung einer Multipolaren Weltordnung aufzugeben, in der Russland ein Machtpol sein will.

  61. Hast du schon mal überlegt, daß wir hier – wenn es gut geht – Fensterreden halten, und dann auch damit leben können müssen, in einem konkreten Disput bei einem direkten Gegenredner nicht durchzukommen?

    "Scholz zum Beispiel definiert den Erfolg negativ d.h. heißt der Kriegserfolg des Westens bestünde darin, wenn Russland n i c h t gewinnt."

    Wo hast du das denn her? Das erklärte Ziel der gesamten Regierung, von Baerbock bis zu Scholz, die CDU gleich mit eingeschlossen in der hroßen nationalen Front, ist Rußland zu ruinieren. Das ist nun wirklich was ganz Anderes, als der Ukraine wieder zum Donbass um maximal der Krim zu verhelfen.

    "Das Kriegsziel der Nato besteht wohl darin, Russland so zu schwächen, dass es zukünftig nicht mehr in der Lage ist solche Kriege zu führen, also die Weltmachtambitionen Russlands zu neutralisieren."

    Und das soll erreichbar sein, ohne einen kompletten Sieg über Rußland, ohne seine Ruinierung erreicht zu haben? Wer soll denn sowas versprochen haben?

  62. @neoprene: Schon mal überlegt, dass gar nicht du, sondern  Tomgard gemeint war. Das @Tomgard hätt ich auch hingeschrieben, hab aber damit nicht mit deiner Antwort gerechnet.

    "Wo hast du das denn her?"  Bitte. Oder einfach mal: “Scholz Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen” googeln. Ungefähr seit Anfang April ist das das Mantra von Scholz. Gern genommen auch in der Variante (ständige Wiederholung wird langweilig): “Russland kann diesen Krieg nicht gewinnen” oder auch “Putin wird diesen Krieg nicht gewinnen”. Oder noch überzeugender mit Triple-Wums: “Russland kann und darf und wird diesen Krieg nicht gewinnen”

    Also Gegenfrage (Ne. Jetzt mach ich’s mal wie Tomgard) Das kannst du dir bestimmt denken.

     "Uns alle eint ein Ziel: Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen. Die Ukraine muss bestehen."

    Einen "Diktatfrieden" soll es auch n i c h t geben. Was soll er auch sagen. Welchen Frieden es letztendlich gibt, wird eh nicht in Berlin entschieden, sondern in Washington diktiert. Insofern auch gelogen, denn mit einem Diktatfrieden aus W wäre Scholz durchaus einverstanden. Der würde dann natürlich anders genannt werden.

    Und das soll erreichbar sein, ohne einen kompletten Sieg über Rußland, ohne seine Ruinierung erreicht zu haben?

    1. Was ist ein kompletter Sieg gegen Russland? Einer der Russland ruiniert? Lugt da vielleicht eine Tautologie um die Ecke. 2. Und dass ein Sieg über Russland ohne Ruinierung geht, habe ich genau wo behauptet – deiner Ansicht nach? 3. Soll ich dich jetzt auch fragen: "Das ist nun wirklich was ganz Anderes, als der Ukraine wieder zum Donbass um maximal der Krim zu verhelfen." Und du meinst der Ukraine wieder zur einstigen Größe vor 2014 zu verhelfen, ging ohne Russland zu ruinieren? Ist doch jetzt Russland. Ergo wäre Russland ein Stück weit ruiniert. Was ist denn Russland ruinieren?

    Ehrlich, es bringt nichts sich auf dieser Ebene zu streiten. 

    @TomGard: "Job done." Da hast du uns aber ausgetrickst. Sapperlot. Dich zu einer inhaltlichen Aussage zu  bewegen, bei der man nicht rätseln muss, ist echt eine Sisyphusaufgabe. 

  63. Die deutschen Kriegsziele sind mit der angeführten Rede ja nun wirklich nicht sonderlich konkret dargestellt.

    "Darin hat der Bundeskanzler einem Diktatfrieden in der Ukraine eine klare Absage erteilt."

    Und was ist damit konkret überhaupt gesagt? Daß ein Frieden den Anschluß der Oblaste, die bisher zur Ukraine gehört haben nie und nimmer zum Inhalt haben dürfe? Daß die ukrainische Regierung noch bestehen muß, um welchen Freidensvertrag auch immer konkret, überhaupt unterschreiben zu können.

    "Die Ukraine muss bestehen."

    Damals hat er noch keine Definition mitgegeben, welche Gebiete denn zum Staat Ukraine nach dem Krieg gehören müßten, damit sie Bestand hätte.

    "Erst wenn Russlands Präsident Wladimir Putin begreife, dass er die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine nicht brechen könne, "wird er bereit sein, ernsthaft über Frieden zu verhandeln", sagte der Bundeskanzler."

    Dazu muß aber die ukrainische Armee die russischen Truppen praktisch vernichtend schlagen, denn solange die noch erfolgversprechend weiterkämpfen könnten, würde sich Rußland nur schwer, nur bei schwersten Verlusten, auf einen Frieden einlassen, der dann aber auch nur wieder eine Art Waffenstillstand wäre.

    Egal, wer nun was behauptet hat oder nicht, das Kriegsziel von Baerbock, Rußland ruinieren zu wollen, daß weder sie noch Scholz oder gar Stoltenberg oder Biden je zurückgewiesen oder zurückgenommen haben, würde nur erreicht werden, wenn man die russische Armee weitgehend zerschlagen könnte und die wichtigsten russischen Industrien ruiniert hätte. Und Ruinierung war nie so gemeint, daß der Staat nur "ein Stück weit" ruiniert werden sollte.

  64. @all

    Ich habe gesagt, daß ich Gespräch will, nicht Streit, schon gar keinen um Dogmen und Vorschriften wie "hier hat es darum zu gehen, was 'Imperialismus der BRD' ist", wenn von einem NATO-Krieg die Rede ist, auch wenn einer von euch oder beide mein Urteil nicht teilen wollt, daß die NATO dann wohl auch das Subjekt ist, nicht Instrument, und die Frage zu klären sei, WIE sie das ist und überhaupt sein kann.

    Die Frage nach Sieg bzw. Niederlage ist ein Teil dieser Frage, ja, insofern habe ich versucht euch "auszutricksen".

    Jetzt kommt Kehrer mit old news an. Die Sprachregelung – und das wäre mal ein erster Schritt, die Äußerungen der Fronttröten als Solche zur Kenntnis zu nehmen – des Scholli vom Mai, "Russland darf nicht gewinnen", ist seit spätestens Juni Makulatur, und ich werde das nicht "beweisen". Bebé hat das sogleich auf "die Ukraine muß gewinnen" korrigiert, und einen oder zwei Tage später folgten mit dieser Diktion erst Stolti, dann UvdL.
    Aktuell läuft ein bißchen Gerangel darum, was das denn heißen soll, und die Antwort von Kirby, sowie die, die gegeben wurde, indem der rumänische Kriegsminister gefeuert wurde, lautet:

    "Darüber hat die Ukraine zu bestimmen".

    Die hat das aber schon getan!
    Deren Position nimmt auf der anderen Seite nicht weg, daß die mittelbare Ansage von "hat die Ukraine zu bestimmen" lautet, "wir führen den Russlandkrieg bis zum letzten Ukrainer, doch einstweilen nicht darüber hinaus".

    Letzteres verträgt sich freilich nicht mit dem Standpunkt der NATO, ausgeliefert nicht etwa vom NATO-Rat, sondern von Stoltenberg. In der Bekräftigung v. 18.10:

    And if (Putin) wins in Ukraine, that will send a very dangerous message to all authoritarian leaders, that when they use military force in a brutal way, violate international law, they will achieve their goals. That will make us more vulnerable, it will make the world more dangerous. And therefore, yes, there are risks with all options in this conflict, but I think the risk of letting President Putin win is much higher than to continue to support Ukraine as we do.

    Das heißt nämlich, ernst genommen, im Minimum Wiederherstellung des Status Quo vom Februar PLUS Regime Change in Moskau.

    Wie man das denn alles zusammenbringen kann, diese Frage behandelt Pepe satirisch – aber vielleicht gibt es gar keine angemessenere Weise, das Thema zu behandeln?!?

    https://uncutnews.ch/pepe-escobar-der-krieg-des-terrors-koennte-europa-bald-erreichen/

    Denn wenn man den Streit, die Gegensätze und Widersprüche, die sich in und hinter den Ansagen auffinden lassen, nicht versucht, "theoretisch" zu klären, was ein offenkundig albernes Anliegen wäre, dann bleibt halt nix, als den "größten gemeinsamen Nenner" zu bilden, und der lautet, meine ich:
    Der RF ist aus ihrem Imperiumskrieg die Zumutung erwachsen, erst die Ukraine platt machen zu sollen, dann in Polen und Rumänien weiter zu machen, wenigstens die baltischen Häfen zu besetzen, und sich anschließend Deutschlands anzunehmen, all das konventionell, versteht sich, denn ein Nuklearkrieg sei ja nicht führbar, hat das Weiße Haus bestimmt.

    Lieber wäre es mir gewesen, das nicht hinsagen zu sollen, sondern an irgendwas von jemandem anderen anzusetzen, aber das ist halt nicht zu haben.

    Und so bleibt es bei meinem PLUS eurem Verlust der Sprache – wie es scheint.

  65. "Die deutschen Kriegsziele sind mit der angeführten Rede ja nun wirklich nicht sonderlich konkret dargestellt. Und was ist damit konkret überhaupt gesagt?"

    Sag ich doch. Man sieht das auch daran, dass Scholz das Kriegsziel negativ bestimmt. Russland darf nicht gewinnen. Daran kann man schwerlich scheitern, weil man ja selbst definiert, wann Russland gewonnen hat und wann verloren. Angenommen der Konflikt wird jetzt eingefroren, kann man sagen Russland hätte versagt, weil es am Frontverlauf gestoppt worden sei und dass Gebiete zurückerobert wurden.

    (Das sollte oben ja auch keine Analyse sein, sondern erstmal die Art und Weise, wie die Kriegsziele verlautbart werden. Da muss man schon damit rechnen, dass das vage und schöngefärbt passiert. Was sie wollen muss man sich dann erschließen.)

    "Dazu muß aber die ukrainische Armee die russischen Truppen praktisch vernichtend schlagen,"

    Nein, nicht unbedingt. Putin kann auch zu dem Schluss kommen, dass die Fortsetzung des Krieges nichts bringt,  weil ein Ersatz der ukrainischen Regierung keine Aussicht auf Erfolg hat. Und ja, das wäre eine Art Waffenstillstand.

    "Und Ruinierung war nie so gemeint, daß der Staat nur "ein Stück weit" ruiniert werden sollte."

    Darum geht es. Was bedeutet Ruinierung? Zum ersten Mal hat Baerbock das am 25.02.2022 gesagt, also einen Tag nach dem Beginn des Krieges und zwar in Zusammenhang mit den EU-Sanktionen:

    "Über das EU-Paket an Wirtschafts- und Finanzsanktionspaket gegen Russland sagte Baerbock: „Das wird Russland ruinieren.“ „Wir treffen das System Putin dort, wo es getroffen werden muss, eben nicht nur wirtschaftlich und finanziell, sondern in seinem Machtkern“, sagte Baerbock. Putin und Lawrow seien verantwortlich dafür, „dass das internationale System mit Füßen getreten wird. Und das nehmen wir als Europäerinnen und Europäer nicht hin.“

    Baerbock sprach von einer politischen und wirtschaftlichen Isolation „des russischen Regimes“."

    Wie wir alle wissen, hat das nicht im Ansatz funktioniert. Die Amis und die Europäer und die Deutschen und die Grünen dachten, dass Russland die Sanktionen und den Krieg keine 2 Wochen durchhält und bald die Waffen streckt. Ruinieren mit Sanktionen hat nicht geklappt und wird auch nicht klappen. Militärisch fertigmachen geht nicht, weil Russland Atomwaffen hat. Noch nicht mal die Isolation von Russland hat funktioniert, da nur der Westen, Australien und Japan bei der Isolation mitmachen.

    Der Westen hält bis jetzt dennoch an dem Plan fest. Die Hoffnung scheint zu sein, dass die Zeit das gewünschte Ergebnis bringen wird. Der Krieg soll Russland ausbluten. Gleichzeitig lässt aber auch der Westen gewaltig Federn und es ist die Frage wer ausblutet. Deutschland ist schon mal Kriegsverlierer.

    "ja, insofern habe ich versucht euch "auszutricksen"." Lass das doch in Zukunft bitte, und zwar weil es einfach fürchterlich mühsam ist so zu diskutieren, dass man das Gegenüber austrickst, um irgendein Statement zu kriegen, auf das man dann reagieren kann oder nicht. Ich muss hier nichts verheimlichen und du musst daher auch niemand austricksen, um eine Reaktion zu erhalten.

    "daß die NATO dann wohl auch das Subjekt ist, nicht Instrument, und die Frage zu klären sei, WIE sie das ist und überhaupt sein kann."

    Wie meinst du das denn? Meinst du, dass die Nato den Staaten sagt, was sie zu tun haben? Wenn du das meinst, bin ich nicht deiner Ansicht. Die NATO ist ein Kriegsbündnis von Staaten. Diese sind also die Subjekte, allen voran natürlich die USA. Das im Krieg das Militärbündnis die Notwendigkeiten des Krieges exekutiert, darf nicht zu dem Fehlschluss verleiten, die vereinigte Militärmachine selbst hätten das Sagen.

    Mal abgesehen davon, dass ich nur von der Hälfte deiner Kosenamen und Abkürzungen weiß, wer sich dahinter verbirgt, hat die Ukraine natürlich gar nichts zu melden. Und die melden auch nur, was die Amis ihnen sagen.

    "PLUS Regime Change in Moskau."

    Wo das in dem Zitat von dir stehen soll kann ich nicht nachvollziehen. Klar hätten sie gern Putin weg, wenn du das mit Regimechange gemeint hast. Aber mit Krieg geht das nicht.

    "Denn wenn man den Streit, die Gegensätze und Widersprüche, die sich in und hinter den Ansagen auffinden lassen, nicht versucht, "theoretisch" zu klären, was ein offenkundig albernes Anliegen wäre,"

    Wieso ist es ein albernes Anliegen Gegensätze und Widersprüche zu erklären. Das ist doch Theorie.

    "Der RF ist aus ihrem Imperiumskrieg die Zumutung erwachsen, erst die Ukraine platt machen zu sollen, dann in Polen und Rumänien weiter zu machen, wenigstens die baltischen Häfen zu besetzen, und sich anschließend Deutschlands anzunehmen, all das konventionell, versteht sich, denn ein Nuklearkrieg sei ja nicht führbar, hat das Weiße Haus bestimmt."

    Ich versteh schon die Satzkonstruktion nicht. Wer sagt, dass die RF irgendwas soll? Das ist das russische (ideologische) Feindbild, dass Russland das alte Sowjetische Imperium wieder herstellen will.

  66. "Russland darf nicht gewinnen. Daran kann man schwerlich scheitern, weil man ja selbst definiert, wann Russland gewonnen hat und wann verloren."

    Es ist mir bisher nicht gelungen, auch nur eine einzige Fundstelle zu finden, in der ein deutscher Politiker sagt, was sich Deutschland eigentlich als befriedigendes Ende des Krieges in der Ukraine wünscht.

    Kann es sein, daß sich Deutschland sowas spart, weil es beim Krieg gegen Rußland ja eh nicht darauf ankommt, was Deutschland gerne sehen würde?

  67. @neoprene: Klar – auf Deutschland kommt es nicht an. Alles was man hört ist – Verhandeln geht nicht, weil man mit Putin nicht verhandeln kann. Das heißt bloß, dass die Regierung nicht will, weil die USA nicht will. Deutschland ist nur als Waffenlieferant und Geldgeber gefragt, einen Wiederaufbaufond soll es geben zwischen 350 und 750 Milliarden und irgendwelche Experten im Deutschlandfunk dürfen sagen, dass sich das lohnt, weil die Ukraine eine Kornkammer ist und weil sie ein industrialisiertes Land waren und die sowjetische Raketentechnik z.T. aus der Ukraine kamen. Einen Teil des Ukrainischen Staatshaushalt darf Europa auch bestreiten. Ab 2023 1,5 Milliarden Euro pro Monat, was ca. ein Drittel bis die Hälfte des Staatshaushalts ausmacht.

    Die USA haben es nicht eilig, da der Krieg auf dem Rücken von Europa ausgetragen wird. Die lassen den Krieg noch eine Weile weiterlaufen, weil das Europa und Russland gleichzeitig schädigt. 

  68. Aus-Kehrer demonstriert 16:21, er braucht keine "Theorie", "it's the americans" ist seine Theorie, weil sie von voraussichtlich 95% der deutschen Bevölkerung akklamiert wird.

    Seine fortgesetzte Technik zu verleugnen, verdrehen, ignorieren, sich dumm stellen, auch gegenüber Tatsachen, mit denen er konfrontiert wird, die er anschließend (gegenüber Neoprene) durch freies Herumspinnen ersetzt, läßt keine verständigen Antworten zu, aber er hat dabei Punkte auf den Tisch gelegt, zu denen ich zu viel unterstellt und zu wenig ausgeführt haben dürfte, etwas, was ich, wie ich schon sagte, mangels Gesprächspraxis von selbst oft nicht mehr bemerken kann. Daher:

    Ich hatte geschrieben:


    "Denn wenn man den Streit, die Gegensätze und Widersprüche, die sich in und hinter den Ansagen auffinden lassen, nicht versucht, "theoretisch" zu klären, was ein offenkundig albernes Anliegen wäre …"

    Mit "offenkundig" setzte ich darauf, daß ein Leser an dem zuvor Beschriebenen und Zitierten erkennt, daß Urteile über Zwecke, Ziele, "endgames" des Russlandkrieges auf Seiten der NATO einstweilen in eine nurmehr militärisch zu klärende Machtfrage verwandelt worden sind, namentlich mit der von den USA bis nach Rumänien par ordre mufti durchgesetztem Verbot, an administrativer Stelle darüber zu reden, bevor Selenskyj darüber entschieden hat.
    Das ist just der Grund, warum Gefechtsfeldbegutachtungen für's Publikum so spannend gemacht sind. Wäre es anders, niemand bei Verstand und elementaren Kenntnissen könnte daran zweifeln, daß die Russische Föderation den ukrainischen Widerstand früher oder später wird niederringen können.

    Stoltenberg, beispielsweise, ist gewiß dumm, aber er ist bei Verstand und hat elementare Kenntnisse, deshalb unterstellte ich auch ihm, daß er daran nicht zweifelt, wenn er hinsagt (ich wiederhole das nochmal)


    And if (Putin) wins in Ukraine, that will send a very dangerous message to all authoritarian leaders, that when they use military force in a brutal way, violate international law, they will achieve their goals. That will make us more vulnerable, it will make the world more dangerous. And therefore, yes, there are risks with all options in this conflict, but I think the risk of letting President Putin win is much higher than to continue to support Ukraine as we do.

    Das ist ein militärischer Anspruch an Verlauf und Ausgang der Gefechte in der Ukraine und Selenskyjs Entscheidung über sie. Einer, den bislang kein NATO-Staat zur politischen Leitlinie erklärt hat, auch die zuständigen Stellen in den USA nicht.
    Aber umgekehrt hat auch niemand aus den zuständigen Organen Stoltenberg widersprochen, ohne darob öffentlich marginalisiert, teils auch geteert, gefedert und gefeuert zu werden.
    (illustratives PS.: Der SPD-Fraktionsvorstand hat aus dem Mund Mützenichs widersprochen, worüber der Staatsfunk Nato-weit geschwiegen hat.)

    Aus beidem zusammen folgerte ich – und unterstellte vielleicht irrig, der Leser werde dem folgen können – das Argument, das meinem Eigenzitat folgt und das der Auskehrer vorsätzlich ignoriert:


    " … dann bleibt halt nix, als den "größten gemeinsamen Nenner" zu bilden …"

    Das ist, wie ich oben ausgeführt zu haben meine, eben jener von Stoltenberg formulierte Anspruch.

    Der Auskehrer hingegen streicht diesen Anspruch argumentlos durch:


    Klar hätten sie gern Putin weg, wenn du das mit Regimechange gemeint hast. Aber mit Krieg geht das nicht.

    Er verfügt nach eigenem Gutdünken über das, was Stoltenberg gesagt hat und überhaupt sagen könne. Das ist es, was er mit Hilfe der Auslassung, Verleugnung, Fälschung für "Theorie" erklärt:


    Wieso ist es ein albernes Anliegen Gegensätze und Widersprüche zu erklären. Das ist doch Theorie.

    "Mit Krieg geht das nicht" ist seine "theoretische" Verfügung über den Anspruch der NATO an den Kriegsausgang.

    Ich hingegen hatte diesen Anspruch und sein Spannungsverhältnis zu den bislang formulierten Ansagen der NATO – Staatsführungen PLUS die offenkundige Tatsache, daß das von den NATO-Staaten bisher ausgelegte Gefechtsfeld ihn schwerlich hergibt, der Kürze halber in das szenische Bild übersetzt, daß der Russlandkrieg in der Ukraine unter keinen anderen Umständen enden dürfe, als den von mir angegebenen. Dem Auskehrer beliebt es, das aus dem Zusammenhang gelöst zu zitieren – um es durch einen an den Haaren herbei gezogenen Vergleich mit NATO-Propaganda zu diskreditieren.

    Der Vollständigkeit halber füge ich hinzu, was ich ausließ, weil es ein neues Fass aufgemacht hätte:
    Eine andere Konsequenz, die in den Imperiumskriegen der vergangenen dreißig Jahren wieder und wieder demonstriert worden ist, namentlich von UK und US, lautet: Leave the battlefield, go elsewhere!
    Die Eröffnung dieser Option in der Imperiumsnomenklatura beobachten wir soeben – Richtung Iran und China. Nur zur Ergänzung.

    Damit habe ich für mich maximalen Nutzen aus dem Gatekeeper gezogen, dankeschön für eure Geduld.

    PS.: Falls jemand auf die Verschwörungstheorie verfallen sollte, die Auslagerung der fälligen (militär-)politischen Entscheidungen “im Westen” in die Ukraine sei eine Technik, die NATO-Mitgliedstaaten zu wachsenden Anstrengungen in der Bewaffnung und finanziellen Rückendeckung der Ukraine anzuhalten, um die “Chance” zu wahren, noch weitaus schmerzlichere Konsequenzen zu meiden, hat er mein vollstes Verständnis.

  69. Genau BomBard, statt einem Argument diffamierst du lieber. Akklamation ersetzt Theorie, was denn sonst. Und dieser Auskehrer ist sogar so dämlich, dass er, statt sein Akklamationbedürfnis auf Tiktok, Facebook oder Twitter auszuleben, sich einen Blog sucht, wo sich die letzten fünf Kommunisten der Republik versammeln. Möglich wäre natürlich auch, dass CoWard mit seiner Theorie ziemlich daneben liegt, was den Auskehrer betrifft.

    "Seine fortgesetzte Technik zu verleugnen, verdrehen, ignorieren, sich dumm stellen, auch gegenüber Tatsachen, mit denen er konfrontiert wird, die er anschließend (gegenüber Neoprene) durch freies Herumspinnen ersetzt, läßt keine verständigen Antworten zu,"

    PouLard muss natürlich nicht beweisen oder belegen, was er behauptet und das beste ist, dass seine Weigerung Argumente zu liefern an mir liegen soll. Klar – meine Aufforderung an dich endlich mal e i n Argument zu präsentieren, stattt rumzuorakeln – verschlägt dir glatt die Sprache. Also die verständliche Sprache – denn Schimpfen und rumlabern geht wie man sieht super.

    "Mit "offenkundig" setzte ich darauf" Ganz ehrlich, wenn du selbst deine Aussagen mit einem Glücksspiel vergleichst, bei dem du drauf "setzt", dass man schon dahinter kommen wird, wass du meinst, dann musst du dich nicht wundern wenn man dich nicht versteht. Beim Glücksspiel sind bekanntlich die Chancen eher gering. 

    "Selenskyj darüber entschieden hat."

    Selenskji entscheidet einen Scheiß. Vielleicht beantwortest du mal meine Fragen, sonst geht das ewig hin und her. Nochmal: Das steht beim besten Willen nicht in deinem Zitat von Stoltenberg drin. Welchem Satz genau entnimmst du die Auskunft, dass Selenskji entscheidet?

    " … dann bleibt halt nix, als den "größten gemeinsamen Nenner" zu bilden …"

    Und der größte gemeinsame Nenner ist – Selenskji entscheidet? Es heißt übrigens "kleinster gemeinsamer Nenner" – beim Bruchrechnen und folglich auch im übertragenn Sinn. Nur um deinen Nutzen zu maximieren, den du aus dem "Gatekeeper" ziehst, was immer du damit auch ausdrücken willst. Ich kann das leider umgekehrt nicht behaupten, dass die Orakelei von MusTard irgendwas zu meiner Aufklärung beigetragen hat.

    "Er verfügt nach eigenem Gutdünken über das, was Stoltenberg gesagt hat und überhaupt sagen könne."

    Ich f r a g e, wie du dem Stoltenbergzitat die Auskunft entnimmst, dass Selenskji entscheidet. 

    ""Mit Krieg geht das nicht" ist seine "theoretische" Verfügung über den Anspruch der NATO an den Kriegsausgang."

    – Entweder Theoretisch oder Verfügung. Verstehst du den Satz nicht oder bezweifelst du ihn? Dann sag ein Argument. Aber dass es sich angeblich um eine theoretische Verfügung handelt – Was soll mir das sagen? Man kann Putin einen Attentäter schicken, aber man kann keinen Krieg führen, um Putin zu entmachten – bis jetzt steigert das seine Popularität. Das ist das falsche Mittel. Auch Russen sind Nationalisten, wie kann man glauben, Russen würden ihre Regierung wegputschen, wenn das Vaterland bedroht ist.

    "Ich hingegen hatte diesen Anspruch und sein Spannungsverhältnis zu den bislang formulierten Ansagen der NATO – Staatsführungen PLUS die offenkundige Tatsache, daß das von den NATO-Staaten bisher ausgelegte Gefechtsfeld ihn schwerlich hergibt, der Kürze halber in das szenische Bild übersetzt, daß der Russlandkrieg in der Ukraine unter keinen anderen Umständen enden dürfe, als den von mir angegebenen. "

    Tut mir leid – ich verstehe das nicht. Welchen Anspruch? Regimechange in Russland?  Ein Gefechtsfeld gibt einen Anspruch nicht her? Welches szenische Bild? Unter welchen Umständen soll der Russlandkrieg in der Ukraine enden oder nicht enden. Ich versteh das alles nicht. Aber wenn ich frage, hört CaNard bloß Diskreditierung.

  70. Leute, beruhigt euch ein bißl.

    Ich weiß jetzt nicht, um was es in diesem obigen Wortwechsel geht.

    Um die Kriegsziele — des "Westens", Deutschlands, der USA oder der Ukraine? Großbritannien nicht zu vergessen, aber die dortige Führung ist derzeit eher mit sich beschäftigt.

    Auch bei Rußland tu ich mir schwer, ein klares Kriegsziel zu erkennen.

    Um die Äußerungen der Politiker, was sie denn jetzt vorhaben? (Mögen hätten wir schon gewollt, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.” — Karl Valentin)

    Um die waffentechnischen Möglichkeiten, die westliche Staaten oder Rußland haben?

    Vielleicht wäre es gut, sich einmal auf ein Thema zu einigen.

  71. Was militärisch möglich war in diesem Krieg und was jeder Seite jetzt noch möglich ist, hat man im Wesentlichen wohl schon sehen können. Irgendwelche "Wunderwaffen", "Game Changer" erwarte ich da nicht mehr. Jedenfalls solange es bei einem konventionellen Krieg bleibt, der auf dem Boden der Ukraine ausgekämpft wird.

    Aber gerade, wenn zwei Seiten so erbittert auf einander einschlagen, steht doch immer die Frage im Raum, warum sie das eigentlich machen, warum sie nicht aufhören, was sie noch erreichen wollen. Natürlich wird das etwas dadurch kompliziert, daß auf Seiten der NATO eine Reihe zumindest offiziell unabgängiger Staaten kämpfen (einschließlich der nun wirklich nicht sonderlich unabhängigen Ukraine), während es auf der anderen Seite nur Rußland, vertreten durch Putin, Schoigu und Surovikin gibt.

    In der Tat ist es schwierig, herauszukriegen, was jede Seite eigentlich erreichen will in diesem Krieg, und ob sich das im Laufe des Krieges vielleicht auch noch geändert hat. Und es ist auch offensichtlich, daß es im Westen nicht sonderlich auf die Vorstellungen der NATO-"Partner" ankommt, sondern letztlich nur darauf, was die USA wollen.
     

    Was Politiker so äußern, was sie (angeblich) so vorhaben, konnte man ja gerade drastisch bei der Ukraine-Wiederaufbau-Konferenz sehen. Da faselten die NATO-Typen irres Zeugs, als wenn sie alle zuviel bewußtseinsverändernde Drogen genommen hätten, wo sie doch allesamt mit dem Wiederaufbau wahrscheinlich nicht das Geringste zu tun haben werden.

  72. "Ich weiß jetzt nicht, um was es in diesem obigen Wortwechsel geht." Genau. Ich auch nicht, weil VineYard immer nur Andeutungen macht und sich zu keinen klaren nachvollziehbaren Aussagen herablässt.  Ich weiß auch nicht warum er so ärgerlich ist. Wenn ich sage, dass ich ihn nicht verstehe, hält er das für "dummstellen" und unterstellt ich würde "verleugnen, verdrehen, ignorieren".

    Die einzig klare Aussage, die ich rausgehört habe ist: Selenskji entscheidet. Das halte ich für absurd. Und dann vertschüsst er sich wieder.

    "Auch bei Rußland tu ich mir schwer, ein klares Kriegsziel zu erkennen." Das alte Ziel praktisch herzustellen, dass die Ukraine nicht Teil der Nato wird, ist bis dato jedenfalls gescheitert, bis auf die eroberten Gebiete. Eine Glaskugel hab ich nicht.

    Die Wiederaufbau Konferenz hat m.E. auch die Aufgabe die Kriegsmoral in der Ukraine zu stärken. Damit die Protagonisten vor Ort sich nicht irgendwann fragen wozu die ganze Zerstörung, wenn nach dem Krieg von der Ukraine nur verbrannte Erde übrig bleibt. Es soll Hoffnung auf eine bessere Ukraine in der Zukunft gepflanzt werden.

  73. Wenn Rußland das Ziel hätte, zu verhindern, daß der (Rest-)Staat Ukraine der NATO auch formell beitritt, dann müßte dieser Staat schon verschwinden, denn solange es ihn noch geben wird, auch wenn das nur die Westukraine wäre, wenn die Russen die Armee der Ukraine im Osten des Landes besiegen und zerschlagen, würde das Regime dort ja nicht seine Staatsräson und Pläne aufgeben.

    Eines der Ziele der SMO war ja die Entmilitarisierung der Ukraine. Auf gut deutsch heißt daß, die Streitkräfte des Gegners zerschlagen und seine Wirtschaft so einzuschränken, daß eine Wiederaufrüstung nicht mehr möglich ist. Nur ist der Gegner halt nicht nur die Ukraine sondern mittlerweile die ganze NATO. Es mag Rußland gelingen, die ukrainische Armee zu zerschlagen, viel fehlt da ja nicht mehr, aber die Armeen der anderen NATO-Staaten sind davon ja unberührt (nicht ganz, denn ihre schweren Waffen haben einige Staaten ja an die Ukraine abgegeben, die sie im Krieg aufgebraucht hat). Und auch wenn in der Ukraine nach dem Krieg sicherlich keine schweren Waffen mehr produziert werden können, so gilt das doch nicht für die anderen NATO-Staaten (auch wenn die bei vielen schweren Waffen erhebliche Schwierigkeiten haben werden, die Verluste des Ukrainekrieges halbwegs schnell auszugleichen und auch nur den Vorkriegszustand wieder zu erreichen).

  74. Aus 'Tagespolitik.de' habe ich dies entnommen:  Die "(…) nicht unrealistische Option einer flächendeckenden Lahmlegung der ukrainischen Infrastruktur ist unterhalb der direkten Zerstörung von Land und Leuten das Mittel, erstens das Volks als Machtbasis des Kiew-Staates elementarer Lebensbedingungen zu berauben, also letzteren darüber madig zu machen; für das Funktionieren von Restbeständen wirtschaftlichen Treibens einschließlich der Kriegswirtschaft in der Ukraine hat dies nicht weniger zerstörerische Wirkung.
    Der Vorwurf des Terrors gegen Zivilbevölkerung speist sich aus dem Parteiischen, dass den Russen dieser ihr Krieg nicht genehmigt ist vom Westen und enthält das Lügnerische, als ob bloß diesem Krieg eigen sei, was allen, auch westlichen Kriegen eigen ist, die lebendige Basis der gegnerischen Staatmacht zu dezimieren.  (…)

    https://www.tages-politik.de/Aussenpolitik/Ukraine-Krieg-Stand_Oktober_2022.html

    Dass die Russen so ähnlich kalkulieren,   das mag sein.  Diese (angebliche)  russische  Kalkulation, man könne so den ukrainischen Staatsinsassen deren Staat "madig machen", wäre jedenfalls eine derzeit kontrafaktische Kalkulation,  denn  trotz aller Zerstörung ukrainischer Infrastruktur wird doch die nicht dem ukrainischen Staat oder dem Westen angelastet.

    Ein failed bzw. komplett ruiniertes Staatsgebiet soll anscheinend auch eher für den Westen die Preise in die Höhe schrauben, denn so mancher  andere failed state ist schließlich  irgendwann vom Westen anscheinend ziemlich komplett aufgegeben worden – wofür vermutlich Afghanistan stehen soll, das ja auch vorher mit allerlei Garantien, Waffen, Geldern, Ideologien  ausgestattet wurde.  Einstweilen scheint solche Kalkulation jedoch zweitrangig zu sein, denn nach wie vor will der komplette Westen, dass die Ukraine per Krieg Russland auch weiterhin schwächen soll. Dazu passt dann gut, dass die Kriegsmoral in der Ukraine unverwüstlich zu sein scheint.

    Zur aktuellen “ukrainischen Kriegsmoral” vgl. https://www.heise.de/tp/features/Umfrage-in-der-Ukraine-86-Prozent-fuer-Weiterkaempfen-7322321.html

  75. Die Argumente und Ausführungen von Kehrer und Neoprene kann ich nachvollziehen. Kleine Anmerkung @Neoprene: Der Kriegsgegner Russlands ist seit Anfang an "die NATO" und die wurde das nicht erst im Verlauf dieses Krieges ("mittlerweile"). Die gesamte Ukraine (außer die abtrünnigen Oblaste) ist seit dem Umsturz 2014 nicht formell aber praktisches NATO-Territorium und war zum Beginn der sog. Spezialoperation hochgerüstetes und in ihre Militärstrukturen fest verankertes Aufmarschgebiet gegen Russland. Genau das gibt ja Anlass für die grassierenden Spekulationen über einen russischen Präventivkrieg, den Russland (dann wohl nur unter Zeitdruck und mangelnder Vorbereitung!?) gegen die Ukraine losgetreten hat.    

  76. "Der Kriegsgegner Russlands ist seit Anfang an "die NATO""

    Ja und nein. Natürlich ist die Ukraine seit 2014 und dem Maidan-Umsturz systematisch zu einem NATO-Frontstaat ausgebaut, ausgerüstet und geschult worden. "Interoperabilität" hieß das etwas hochgestochen. Aber die mittlerweile erreichte de facto Ein- und Unterordnung unter den NATO-Oberbefehl der USA (in Wiesbaden wird deshalb jetzt extra noch ein weiteres Kommandozentrum aufgebaut) hat dem Allem schon noch eine Schippe drauf gelegt. Und jetzt kämpfen ja wahrscheinlich auch schon tausende wenn nicht zehntausende "ehemalige" NATO-Soldaten in den ukrainischen Kampfverbänden.

  77. Seit gestern gibt es eine hinlänglich klare Basis für die Fragestellung "Was gedenken sie zu tun", die ihr so gern diskutiert.

    Die neue Spekulationsbasis (Tagesschau):

    USA sollen Ukraine an den Verhandlungstisch zwingen
    Mit Blick auf ein mögliches Ende des Krieges in der Ukraine gab sich Putin dialogbereit, warnte aber gleichzeitig vor einer weiteren Eskalation. Früher oder später werde der Westen mit Russland aber über eine gemeinsame Zukunft sprechen müssen. Russland sei bereit zum Dialog mit der Ukraine zur Beendigung des Konflikts, Kiew wolle aber nicht an den Verhandlungstisch. Dabei könnte das Problem einfach gelöst werden, sagte Putin: Die USA müssten die Ukraine zu Friedensgesprächen drängen.

    Ich wüßte nicht, wie das Zweifel offen lassen könnte. Die Richtlinie an Surowikin für die Wintermonate: Eingraben bis auf opportunistische Vorstöße in "Weichen", die sich auf den ukrainisch besetzten Teilen des neurrussisch beanspruchten Territoriums auftun, Beantwortung ukrainischer Angriffe mit Bombenterror gegen die westukrainische Zivilbevölkerung. Auszehrung halt.

    Falls jemand widersprechen will – fein, die Argumentation würde ich gern hören.

  78. Hier einmal meine Einschätzung der Kriegsziele:

    Rußland legt es im Großen darauf an, eine multipolare Weltordnung zu erreichen. Das heißt, es will sich mit den USA, der NATO und der EU — also dem "Westen" — auf gleicher Augenhöhe ins Benehmen setzen und den Weltherrschaftsanspruch der USA und NATO in die Schranken weisen. Und dafür hat es jede Menge Verbündete, die  das auch wollen.

    In der Ukraine selbst ist die Sache weniger klar. Rußland beansprucht bisher 4 Bezirke/Provinzen der Ukraine als russisches Staatsgebiet, aber erhebt Anspruch auf weitere.

    Die NATO ist unschlüssig, wie weiter. Die weitere Unterstützung der ukrainischen Führung — und deren maßloser Ansprüche, d.h.: Wiedereroberung der Krim und aller bisherigen ukrainischen Gebiete — führt die Welt an den Rand eines Atomkrieges.

    Dazu kommen die Wahlen in den USA, wo die Republikaner den Biden-Kurs nicht für gut halten.

    Man wird sehen.

    Heutige Überschrift in El  País:

    "Die USA bremsen die Angriffe der Ukraine auf russischem Boden" — weil sie keine Langstreckenraketen zur Verfügung stellen.

    https://elpais.com/internacional/2022-10-28/estados-unidos-pone-freno-a-los-ataques-ucranios-en-territorio-ruso.html

  79. @Nestor

    will sich mit den USA, der NATO und der EU — also dem "Westen" — auf gleicher Augenhöhe ins Benehmen setzen und den Weltherrschaftsanspruch der USA und NATO in die Schranken weisen. Und dafür hat es jede Menge Verbündete, die  das auch wollen.

    Dieser Anspruch sollte auf konkrete Ziele abgeklopft werden, meine ich, und rege dazu an:

    1) Das wichtigste Ziel scheint mir erreicht: Der Kreml dürfte sich Zuversicht verschafft haben, daß Belarus für wenigstens eine Dekade für die "Russische Welt" gesichert bleibt.

    2) Die USA liefern nicht nur keine Langstreckenwaffen, auch die Vorhaben vom Frühjahr, die Ukraine mit einer tauglichen NATO-Luftstreitmacht auszustatten, sind offenbar vom Tisch.

    3) Etwas spekulativ von meiner Seite: Die vorzüglich von den NATO-Marinen ausgehenden Initiativen zur weiteren Militarisierung des Schwarzen Meeres bleiben in der Türkei und Bulgarien blockiert. Paradoxerweise scheint das auch für die Ostsee zu gelten: Die NATO-Assoziierung von Finnland und Schweden beschränkt tat-sächlich die Handlungsfreiheit der US-Navy und der Royal Navy dort, und die Sprengung der Pipelines durch den Verband der USS Kearsarge, nebst den anschließenden Aufräumungsarbeiten der Briten und Schweden ist ein Symptom dafür, so irre das auf den ersten Blick klingen mag.

    Rußland erhebt Anspruch auf weitere (Provinzen).

    Davon habe ich nichts bemerkt, wie kommst Du darauf?

    Die NATO ist unschlüssig, wie weiter.

    Ob unschlüssig oder nicht, das scheint mir ganz einerlei 😉 Die ETHZ hat ihr jedenfalls heut nacht ein Angebot unterbreitet:

    04:40 (!)Uhr

    Militärexperte: Russische Armee kann kaum mehr angreifen

    Desolate Truppenmoral und Waffenmangel stellen Russland im kommenden Winter in der Ukraine nach Einschätzung eines Militärexperten vor große Probleme. "Auch ohne Einwirkung der Ukrainer wird der Winter eine große Herausforderung für die Russen", sagte Niklas Masuhr, Forscher am Center for Security Studies der Universität ETH in Zürich, der Nachrichtenagentur dpa. "Für die Russen geht es noch darum, sich über den Winter einzugraben. Die Truppen sind in so schlechtem Zustand, dass nicht klar ist, ob sie das schaffen."

    Die Versorgung der Truppen an der Front werde im Winter schwerer, das drücke weiter auf die Moral unter den Soldaten, die schon am Boden liege. "Die russische Offensivfähigkeit in der Ukraine ist gebrochen, weitere Vorstöße sind eher unwahrscheinlich", sagte er. "Russland hat auf Defensivmodus geschaltet."

    "Putin ist doch schon geschlagen, Stolti, wenn auch nicht besiegt" ist eine Antwort auf  "Wenn Putin in der Ukraine gewinnt, dann … blablawuff".

    Zugleich sichert das für mich die Diagnose, daß die Russen sich hinter dem Dnepr eingraben. Die ETHZ hat sich nicht weniger als Scharfmacher profiliert, als das ISW, aber im Unterschied zu ihm hat man in Zürich Seriösität zu verteidigen.

  80. "die Diagnose, daß die Russen sich hinter dem Dnepr eingraben"

    scheint mir eher unwahrscheinlich. Eine Neuauflage der Schlachten an der Somme kann eigentlich nicht im Interesse Rußland liegen (außer natürlich, wenn Rußland meint, damit – anders als im ersten Weltkrieg – die ukrainischen Kräfte aufreiben zu können, weil Rußland der Ukraine waffen- und munitionsmäßig immer überlegener wird). Ob ein größerer Gegenangriff Rußlands schon on den nächsten Wochen kommen soll oder erst für nächstes Jahr geplant ist, weiß ich natürlich genausowenig wie irgendjemand sonst. Zum Eingraben sind Schoigu und Putin die 300.000 Mann sicherlich zu schade. Und als Kriegsziel ist die Eingliederung der paar Oblaste auch nicht gerade anspruchsvoll.

  81. Zu einer "Schlacht an der Somme" gehören zweie. 
    Einem ausnahmsweise informativen Artikel von Florian Rötzer kann man entnehmen, daß die ukrainische Armee auf längere Zeit außerstande ist, befestigte russische Stellungen wirksam zu berennen:

    https://overton-magazin.de/top-story/kommt-eine-allgemeine-mobilisierung-in-der-ukraine/

    Allenfalls die NATO-Militäraristokratien aus den USA und dem UK könnten daran im Rahmen der Ramstein – Gruppe wirksam schrauben.
    Deren Urteil wird maßgeblich daran hängen, ob ihnen das Maß, in dem Deutschland bereits "platt" gemacht ist, einstweilen genügt, oder nicht genügt.

    Eine Vorentscheidung dazu ist bereits mit der Zerstörung der Nordstreams gefallen, die Blütenträume über eine vorsichtige Rückkehr zu Vorkriegsverhältnissen in einem absurden "Overkill" von mindestens 3 Tonnen TNT-Äquivalent zersprengt hat.

    Eine weitere Vorentscheidung könnte gut die Entsendung von 4700 Mann der 101th Airborne Division nach Rumänien gewesen sein, deren Kommandeur in die Mikrofone geschnarrt hat, seine Einheiten seien vorbereitet und bereit, "auf Zuruf" in die Ukraine zu marschieren, sollte "Putin" einfallen, "zu eskalieren", etwa mit dem Versuch, Odessa zu nehmen. Diese politische Ansage ist gewiß nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen, sie signalisiert eine mindestens vorübergehende Zufriedenheit mit dem Status Quo.

    Ansonsten, Neoprene, ernsthaft, wen sollen Deine gute oder schlechte Meinung über mutmaßliche taktische Zwecke und strategische Vorhaben von "Schoigu und Putin" nach Maßgabe dessen, was sie Deinethalben im eigenen Interesse tun oder lassen sollten, scheren?
    Es liegen nicht eben viele Fakten auf dem Tisch, aber es sind Tat-Sachen, ob sie dir schmecken oder nicht.

    (PS.: Die neohegelianische Tour, “Erscheinungen” an eisernen bis neoreligiösen Vorstellungen vom “Wesen” zu zerschellen, ist die schlechteste Hinterlassenschaft von MG / Ggstp.)

  82. Wenn ich von Somme-Schlachten spreche, dann war das in der Tat schon eine Nummer zu groß. Rußland mag zu einer weiteren Großoffensive in der Lage sein, die Ukraine, denke ich, wohl kaum. Aber erbitterte Grabenkämpfe a la Bachmut, die könnte es vermehrt geben. Die Ukraine hat sich ja im Donbass über Jahre systematisch auf sowas vorbereitet (nur deshalb konnten sie Bachmut so langehalten) und umgekehrt befestigen die Russen ihre Linien mittlerweile ja auch, jedenfalls im Donbass und im Süden.
    Was an dieser Frontsituation zu "schrauben" sein soll, seitens der USA und von GB, erschließt sich mir erstmal nicht. Denn selbst für eine substantielle Aufstockung der Kampfverbände der NATO in der Ukraine fehlt es ja auf absehbare Zeit an dafür einsatzfähigen Truppen. Die paar Soldaten von der 101th Airborne machen den Kohl für Selenksij ja nun wirklich nicht fett.

    Wenn es der NATO-Führung in erster Linie oder jetzt zunehmend mehr darum gehen würde, zu sehen, wie weit Deutschland schon ausgeblutet ist oder noch werden kannn, dann ist die konkrete Situation an der Front in der Tat nicht so fürchterlich wichtig, Hauptsache der Krieg wird nicht durch einen schnellen Sieg der Russen beendet. Aber selbst sowas zu verhindern, müßte sich die NATO wirklich ins Zeug legen.

    Ja, die Zerstörung der Pipelines hat die USA im Wirtschaftskrieg gegen Deutschland merklich voran gebracht, Deutschland hat den enormen Schaden, den es praktisch in keiner Weise ausgleichen kann und die USA profitieren direkt über die auch mittelfristig höheren Exportpreise für ihr LNG schon erheblich und werden überdies von der Schwächung der deutschen Exportindustrie durch die deutschen höheren Produktionskosten, auch und gerade durch die hohen Gas. und Ölpreise zu profitieren gedenken,

    Wen soll meine Meinung über die Ereignisse (und Möglichkeiten) auf beiden Seiten schon scheren? Eine ausgesprochen blöde Frage! Habe ich sowas je behauptet? Kann ich überhaupt von hier aus mehr tun als "Meinungen" abzugeben? Ich habe Null Kontakt zu irgendwelchen Kreisen, die wirklich "wissen”, was da passiert und was da geht. Alles, was ich im Internet zusammenklauben kann, sind zumeist auch nur unüberprüfbare Meinungen (was mich auch regelmäßig ärgert), denn sehr viel ist einfach geheim oder auch nur von hier aus nicht aufzuklären. Warst du schon mal im Donbass? Ich nicht, und selbst wenn, würde das nicht sonderlich Erhellendes bewirken, was man nicht auch so aus den Medien abzapfen kann.

    Besonders entgegentreten möchte ich deiner Verve "es sind Tat-Sachen, ob sie dir schmecken oder nicht". Wo denn, wie denn, was denn? Ausgerechnet in einem Krieg vertrittst du die These, man müsse sich nur die Tatsachen anschauen??
     
    (P.S.: Ich weiß nicht, was hier immer der Verweis auf "neohegelianische Tour[en]" soll. Wer vertritt hier denn welche "eisernen bis neoreligiösen Vorstellungen vom “Wesen”" von was überhaupt?)

  83. Neoprene, Entschuldigung, ich hätte mit oder ohne Verve nicht von "Tatsachen" sprechen sollen, sondern von dem, was vorliegt: Indizien.
    Naja, und die oben zitierte Ansage von Putin, "die USA müssten die Ukraine zu Friedensgesprächen drängen". Sowas wird man halt nicht sagen, wenn man erst noch eine Eroberung vorhat, aber ja, auch das ist nur ein Schluss.

    Ich hatte weiter oben nach Einwänden gegen meine "Eingrabe"-Diagnose gefragt. Mich ärgern dann Antworten der Klasse 'Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie das im eigenen Interesse wollen können', zumal ich dasselbe mehrfach von Leuten aufgetischt bekam (ohne Fragestellung, als freie Spekulation) deren Redekontext klar machte, daß sie es für die beste Voraussetzung ihres persönlichen Davonkommens halten, wenn "die Russen" "den Amis" mal ordentlich zeigen, was 'ne Harke ist. Das unterstelle ich Dir nicht. Aber mich ärgert der Umstand, daß auch Du solchen Standpunkten nicht entgegen treten kannst, die die Debatten aus meiner Sicht verseuchen.

    Also, bitte um Verzeihung.

  84. Wenn Putin davon redet, daß doch wieder Verhandlungen über eine Nachkriegsordnung aufgenommen werden sollten, daß also die NATO, vor allem die USA endlich zu was bereit stehen sollten, dann ist damit noch überhaupt nicht gegessen, was Rußland derweilen, wo das offensichtlich noch in weiter Ferne ist, selbst die 30 "oppositionellen" Demokraten sind vom Wind der Anfeindungen verweht worden, auf dem Schlachtfeld anstellen wird.

    Generell gräbt sich eine Armee dann ein, wenn deren Führung es entweder für zu kostspielig oder gefährlich hält (überdehnte Fronten befürchtet z.B., sich um die Möglichkeiten des Nachschubs Sorgen macht) weiter anzugreifen, oder weil sie plant, erst dann weiter anzugreifen, wenn sie erheblich stärker ist als jetzt. Denn Eingraben ist ja immer ein Kompromiß, nichts was man bewußt anstrebt. Rußland hat im Donbass schon seit Monaten die Politik gehabt, nicht frontal los zu stürmen, um partout, koste es was es wolle, ausgerechnet die befestigsten Stellungen der ZSU zu überrennen und zu knacken. Das hätte, dem kann man selbst als Nichtgeneral kaum widersprechen, enorme Verluste auf russischer Seite gekostet. Und man kann sagen was man will über die bisherige Einsatzführung der russischen Armee, es war offenssichtlich, daß ihr Hauptinteresse die Erhaltung der Kampfkraft der eigenen Verbände war.
    Da war die ukrainische Taktik anders: Nach vorn werfen, was man gerade noch an Reserven hat, Stellungen, Städte um jeden Preis halten, (wer zurückweicht wird erschossen soll dabei angewandt worden sein). 
    Dann macht eine Eingrabetaktik der russischen Truppen natürlich großen Sinn: Das Hauptziel der Zerschlagung der gegnerischen Verbände erreichen die Russen, in dem sie die angreifenden ukrainischen Einheiten mal um mal zerschlagen, ehe es zum Nahkampf kommt. In einem Artikel der Washington Post zu den ukrainischen Agriffen auf Cherson wird berichtet, daß die meisten Verwundeten nicht von Gewehren oder Maschinengerwehren getroffen wurden, sondern von Artilleriegeschoßsplittern. Sie haben es also gar nicht bis zu den Russen geschafft.
    Das geht solange gut, wie die NATO die enorme Überlegenheit der russischen Artillerie nicht kompensieren kann. Sie haben es mit der Nachlieferung so gut wie aller Geschütze, die es im NATO-Bereich gibt, versucht, sie sind mittlerweile wohl auch überwiegend ausgeschaltet worden. Sie haben Unmengen von HIMARS-Raketen geliefert. Die haben sicher ne Menge Schaden angerichtet, aber es hat, jedenfalls bisher eben nicht gereicht, die russische Artillerie entscheidend zu schwächen.
    Wenn Rußland davon ausgeht, daß die NATO die relativ großen Verluste der ZSU zukünftig genausowenig ausgleichen kann wie bisher, eher immer größere Schwierigkeiten dabei haben wird, dann werden die denken, daß sich Rußland das Eingraben und die ukrainischen Truppen ausbluten lassen leisten kann.

    Wird man sehen.

  85. Erst hatte die Ukraine kein Glück und dann kam auch noch das Pech dazu:

    "Nach monatelangem Diskussionen um schwere Waffen hatten Deutschland und die Niederlande Mitte Juni zunächst zwölf und Ende Juli nochmals drei Panzerhaubitzen an die Ukraine geliefert"

    Mitte August hieß es dann: "Problem nun: Von den 15 sind offenbar inzwischen zehn nicht mehr einsatzfähig."

    Und jetzt heißt es: ""Zwei weitere in Litauen reparierte Panzerhaubitzen 2000 wurden diese Woche an die ukrainische Armee übergeben", heißt es in einer Mitteilung von Anušauskas auf Twitter. Die Geschütze würden bald zurück "auf dem Schlachtfeld zur Unterstützung gegen die russische Militäraggression" sein. Die Reparatur von 12 weiteren Panzerhaubitzen beschädigten Haubitzen werde auch in Litauen organisiert."

    Also selbst Monate nach dem Ausfall dieser "Wunderwaffe", diesem "Game changer" wegen intensivem Einsatz sind sie immer noch nicht wieder repariert worden. Da kann man sich ja leicht ausrechnen, wie lange eventuell jetzt doch noch an die Ukraine gelieferte Leopard-Panzer ihren Einsatz überstehen würden, und wie lange sie nach einem technischen Ausfall, der das Teil noch nicht ruiniert hat, wohl brauchen werden, um wieder an der Front eingesetzt werden zu können.

  86. @TomGard

    "Rußland erhebt Anspruch auf weitere (Provinzen)."

    Davon habe ich nichts bemerkt, wie kommst Du darauf?

    Der von Rußland eingesetzte Provinzgouverneur von Cherson oder Zaporoschje hat das kürzlich gesagt, er bezog sich konkret auf Nikolajew und Odessa. Ich nehme an, ganz aus dem Nichts wird er diesen Anspruch nicht anmelden.

    Alles, was ich hier von euch lese, scheint auf eine gewisse Erschöpfung beider Seiten hinzudeuten, die sich fürs Überwintern bereit machen.
    Der Kriegswille ist allerdings auf beiden Seiten derzeit ziemlich ungebrochen.
    Die russische Seite rechnet, wie schon einmal erwähnt, mit Krieg bis 2027-30. Wobei es nicht nur um die Ukraine geht, sondern um das Erzwingen einer neuen, multipolaren Weltordnung.
    Das heißt, dieser Krieg wird auf vielen Fronten geführt, nicht nur mit militärischen Mitteln.

     

  87. Ich bin mir nicht sicher, ob wirklich beide Seiten auf dem Ukraine-Schlachtfeld schon erschöpft sind. Die Ukraine sicher. Und daran wird sich ja auch kaum noch was ändern lassen, denke ich, die NATO ist mit ihrem klassischen "Latein" am Ende. Rußland hingegen ist gerade in einem Prozeß, seine erschöpften Verbände wieder aufzustocken, das Konzept SMO mit den eingebauten Beschränkungen der Kriegsführung fallen zu lassen (und zu berücksichtigen, daß es mittlerweile ein richtiger Krieg gegen die NATO-Staaten und Truppen geworden ist auch und gerade an der Front) und wieder zu “normalen” operativen Aktionen zu befähigen.  Wie lange das dauen wird, bis die Militärführung meint, jetzt reicht es wieder für weitere Angriffe, wird man sehen. Das hängt ja auch davon ab, wie schnell sich die Situation für die Ukraine verschlechtert. Das Dauerbombardement soll ja sicher auch dazu dienen, das zu beschleunigen. (Die Moral der Leute in der Ukraine ist Putin und Schoigu sicherlich egal, und das zurecht.)

  88. Ein Leiter des ukrainischen Grenzschutzes meldet befriedigt, daß die Grenze zu Weißrußland vollständig vermint ist, diesbezüglich können also die Regierenden ruhig schlafen.

    Die KP vermeldet dazu ironisch, bald wird es die ersten Opfer unter ukrainischen Fischern oder Betrunkenen geben, die auf diese Minen treten.

    (KP, 29.10.)

  89. Ja nun, Minenlegen tun ja alle Armeen schon mehr als hundert Jahre. Manchmal hat das Angriffe abgehalten, manchmal nur verlangsamt und manchmal wurden die Minenfelder umgangen. Und manchmal haben die Minen auch einfach nichts getaugt gegen die Angreifer.

    Dann geht der große Angriff eben gegen Dnjepropetrovsk oder gegen Odessa. Daß es jetzt vorbei wäre mit Angriffen, glaube ich hingegen nicht. Vielleicht bleibt es ein paar Wochen ruhig, wenn es hoch kommt noch etwas länger, aber diese Frontlinien werden von der ZSU nicht auf Dauer gehalten werden können.

  90. Die russische Seite rechnet, wie schon einmal erwähnt, mit Krieg bis 2027-30. Wobei es nicht nur um die Ukraine geht, sondern um das Erzwingen einer neuen, multipolaren Weltordnung. Das heißt, dieser Krieg wird auf vielen Fronten geführt, nicht nur mit militärischen Mitteln.

    Ja und vor allem weiß ich gar nicht wie irgendein Kriegsergebnis, den Konflikt um die multipolare oder hegemoniale Weltordnung zwischen USA und Russland auflösen soll. Denn USA ist trotz selbst verursachter Inflation nicht unter Druck. Selbst wenn die Ukraine in Klump und Asche liegt und Europa in Afrika um Entwicklungshilfe ersuchen müsste. Die USA bleibt davon fast unberührt.

    Bis auf weiteres sehe ich auch nicht, wie irgendeiner der Kontrahenten von seinem Anspruch Abstand nehmen soll. Im Moment machen beide Mächte doch eines: Sie demonstrieren sich gegenseitig, dass es was kostet, wenn sie sich wechselseitig ihre Ansprüche bestreiten. Russland marschiert in der Ukraine ein, weil der Westen nicht garantieren will, dass die Ukraine kein Teil der Nato wird. Also wollen Sie es praktisch herstellen und sei es nur dadurch, dass die Ukraine zum Teil russisch wird. Der Westen wiederum will auf  die Umzingelung und Neutralisierung eines Machtkonkurrenten nicht verzichten. Mit der Aufnahme von Schweden und Finnland in die Nato hat er schon gezeigt, dass der Anspruch von Russland auf Teilhabe an der Weltmacht politische Kosten verursacht und die Umzingelung nur vergrößert. Außerdem greift der Westen mit den weitgehenden Sanktionen Russlands Ökonomie an, nicht ohne erhebliche Kollateralschäden in den eigenen Reihen. 

    Also beweisen sich beiden Seiten gegenseitig, dass ihr Anspruch Kosten verursacht. Im Moment nehmen beide diese Kosten in Kauf. Ein Ende ist nicht abzusehen.

  91. "weiß ich gar nicht wie irgendein Kriegsergebnis, den Konflikt um die multipolare oder hegemoniale Weltordnung zwischen USA und Russland auflösen soll.  … beweisen sich beiden Seiten gegenseitig, dass ihr Anspruch Kosten verursacht. Im Moment nehmen beide diese Kosten in Kauf. Ein Ende ist nicht abzusehen."

    Sehe ich auch nicht. Der Machtkampf zwischen den USA und Rußland wird doch nicht in der Ukraine entschieden.

  92. O-Ton Tagesspiegel:

    "wer die Angaben der ukrainischen Streitkräfte zu den Verlusten auf russischer Seite verfolgt, wurde in den vergangenen Tagen stutzig. Von rund 500 Soldaten war da an einem Tag die Rede, enorme 950 waren es dann schon für den Freitag. Zwischen 100 und 300 Soldaten waren es noch im Sommer pro Tag. Insgesamt summieren sich die Verluste an Personal der russischen Armee laut der Ukraine bis Ende Oktober auf etwas mehr als 70.000 Soldaten.

    Sind diese Zahlen wirklich glaubwürdig? Die Antwort kennt niemand, wahrscheinlich nicht einmal die Russen selbst. Anders gefragt: Sind die Zahlen wahrscheinlich?

    Jedenfalls sind sie nicht unwahrscheinlich, wenn man davon ausgeht, dass die Angaben der Ukraine Gefallene und Verletzte beinhalten können. Im englischen Original ist von "losses" (Verlusten) die Rede und von "eliminated personal" (ausgeschaltetem Personal). Das lässt Raum für Interpretation, von Toten sprechen die Ukrainer nicht explizit. Viele Nutzer in den sozialen Netzwerken setzen die Zahl allerdings gleich mit der Zahl getöteter Russen. 

    Die Zahlen auf die Toten zu beziehen, würde aber zu einer unwahrscheinlichen Gesamtsumme an Verlusten führen. Militärexperten gehen davon aus, dass auf einen Toten noch einmal ein bis drei Verletzte kommen. Wie hoch das Verhältnis im Ukraine-Krieg ist, ist unbekannt. Aber selbst bei einem Verhältnis von 1:2 läge die Zahl der Toten und Verwundeten bei rund 200.000. Das entspricht der Gesamttruppenstärke mit der Putin in die Ukraine einmarschierte.

    Zuletzt machte ein geleakter Report eines FSB-Mitarbeiters die Runde, in dem von 90.000 gefallenen, verwundeten und desertierten Soldaten die Rede war (mehr hier). Britische und amerikanische Schätzungen gehen von 80.000 Soldaten aus. Die Zahlen aus Kiew lägen damit sogar etwas darunter.

    Nimmt man Kiews Angaben also ernst – und dafür spricht zumindest einiges – dann sind die russischen Verluste in den vergangenen Tagen und Wochen also deutlich gestiegen. Der Grund, wie viele Beobachter meinen: Die schlecht bis gar nicht ausgebildeten Rekruten, die gerade zu Tausenden die Frontlinie erreichen und dort teilweise auch sterben. "

    https://nl.tagesspiegel.de/form.action?agnCTOKEN=9mxNq9NCGTnmiE3GNqudPRTWQdUGhewx&agnFN=fullview&agnUID=F.hqJfY80Da6JfbAGiX23OAA2z76Jfcs4ACL9zol9zzmNf5eGiX3XOAh53ww.4QbwIrdeLCBZudogGEEUlguTBLswXdP6onCba_neV22MaEsyrtLHppEK_PgnSmzCDSLZipje8DIkGplDyetnqQ&bezuggrd=NWL&utm_source=sondermailing

    Dieser Benjamin Reuter (“Leiter des Online-Newsrooms für den Tagesspiegel. Er ist verantwortlich für die aktuelle Berichterstattung auf den digitalen Kanälen”) kennt noch nicht mal den Unterschied zwischen einem Rekruten und einem Reservisten. Aber das Rußland verliert, das hat er aus ganz sicherer zuverlässiger Quelle, Kiew natürlich!

  93. @Kehrer

    Die USA bleibt davon fast unberührt.

    Glaub ich nicht.
    Es ist eine Leistung der Globalisierung, daß alles irgendwie zusammenhängt. Immerhin ist die EU für die USA ein wichtiger Handelspartner, ihr Abschiffen träfe die USA recht hart — abgesehen davon, daß das auch militärische Folgen hätte.

    Allerdings ist es so, daß die Führung der USA sich tatsächlich so aufführt, als  wäre der Zustand der EU für sie bedeutungslos. Aber das heißt nicht, daß das tatsächlich so ist.

  94. @neoprene:  "Der Machtkampf zwischen den USA und Rußland wird doch nicht in der Ukraine entschieden." Genau.

    @nestor: Weil alles irgendwie zusammenhängt, hab ich auch "fast" eingefügt. Im Moment profitieren sie jedenfalls massiv. Und im Moment führt die USA einen Wirtschaftskrieg gegen Europa – das muss man mal ernst nehmen. Wenn die USA sinngemäß behaupten: Wenn unsere Unternehmen sich gerade an Europa dumm und dämlich verdienen, können wir als Regierung ja nichts dafür – dann ist das bestenfalls eine lahme Ausrede, die von verachtendem Zynismus bloß so strotzt. Genau – den USA sind die Hände gebunden. So wird's sein. Welche militärischen Folgen denn? Wenn gar nichts mehr geht, gewähren die USA großzügig Kredite, damit Europa die Ukraine weiter unterstützen darf. Zurückzahlen dürfen es dann die Europäer. Europa in Schuldknechtschaft der USA – so finden sie Europa klasse. Wenn der Euro crasht, wird er vom Dollar gestützt, womit dann klargestellt ist, dass der Euro eine Währung von Dollars Gnaden ist.

  95. Mal aus der Kritik an der AFD zitiert – gemeint also extra als Abgrenzung (!) von der Kritik von rechts (ist als Verdeutlichung für zufällige andere Leser hier im Blog zitiert, nicht unbedingt für die hiesigen Stammschreiber wie Kehrer oder Neoprene)

    "(…) Deutschland kann nicht souverän sein, solange es seine weltpolitische Rolle im NATO-Bündnis spielt, anstatt sich frei zur Konkurrenz der Supermächte um Einflusszonen und Sicherheitsinteressen zu stellen. Höcke und vorher schon Chrupalla stellen sich vor, dass sich auch aus den völlig unzureichenden deutschen Machtmitteln eine souveränere Rolle des Landes in der gegenwärtigen Kriegslage herauswirtschaften ließe: die des Vermittlers zwischen den verfeindeten Supermächten und der Ukraine, um die zu einem sowohl schnellen wie dauerhaften Frieden hinzubugsieren. Das ist dann kein „Anfall unfassbaren Größenwahns“, wie sie ihn Baerbock attestieren.
    In der Hauptsache läuft der Aufruf zu interessenpolitischem Realismus auf den Vorwurf an die regierenden „Altparteien“ hinaus, dem Vaterland die Mittel dafür vorenthalten zu haben. Sie haben die Augen vor der Notwendigkeit nationaler Kriegsbereitschaft verschlossen und die Entwicklung entsprechender Fähigkeiten vernachlässigt…."
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/mehr-deutsche-macht#section3

    —-

    Würde einem mittels US-Kredit ein gutes Leben in D. ermöglicht, was hätte man dann dagegen? Aber hätte hätte Fahrradkette – so ist weder der US- noch der Euro-Kredit gestrickt. … Sondern bekanntlich sollen damit kapitalistische Geschäfte der Unternehmen oder staatliche Vorhaben der diversen Gewaltmonopolisten finanziert werden, – national wie international…..

    —-

    https://www.argudiss.de/arbeit-und-reichtum

    —-

    Für Lohnkämpfe und Aufstände in feindlichen Ländern einzutreten – das beherrschen die diversen bürgerlichen Politiker übrigens im Regelfall sehr gut …

    https://www.jungewelt.de/artikel/437735.putin-kämpft-für-höhere-löhne.html

    https://www.whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2022/10/03/statement-by-president-biden-on-the-violent-crackdown-in-iran/

    —–

    Staatstragende Gewerkschafter im Inland treten hierzulande von vornherein viel “bescheidener” auf….

    https://overton-magazin.de/top-story/tarifabschluss-der-ig-bce-dauerhafte-lohnsenkung-vereinbart/

    …. und kriegen dafür nationales Lob. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/chemie-tarifparteien-liefern-mit-ihrer-einigung-ein-gutes-vorbild-18396130.html

  96. @Kehrer

    Und im Moment führt die USA einen Wirtschaftskrieg gegen Europa – das muss man mal ernst nehmen.

    Das bestreitet ja auch niemand.
    Aber darüber, ob das der US-Ökonomie gut tut, gehen die Meinungen auseinander.

    Die einen meinen: Der $ steigt, die Rüstungsindustrie hat satte Auftragsbücher — alles bestens!
    Die anderen meinen — vor allem bei den Republikanern: Die Inflation steigt, die Kaufkraft sinkt dadurch, die Exporte leiden unter dem starken $, die USA verbluten sich gegenüber Rußland, China ist der lachende Dritte usw. usf.

    Wenn der Euro crasht, wird er vom Dollar gestützt, womit dann klargestellt ist, dass der Euro eine Währung von Dollars Gnaden ist.

    Dieses Szenario schwebt sicher manchen vor — wie weit das machbar ist, wird sich erst weisen.

    Das Abschiffen des Pfundes war den USA ja auch nicht gerade recht. Ich sehe aber keine Hinweise, daß eine Stützung des Pfundes ins Auge gefaßt wurde.
    Und GB ist politisch enger mit den USA verbandelt als die EU.

  97. Die Offensive der ukrainischen Streitkräfte auf das Charkow-Gebiet markierte in der Sicht mancher Beobachte den Übrgang des Krieges weg von bisherigen Stellvertreterkrieg hin zu einem offenen NATO-vs-Rußland-Krieg. Scott Ritter war sicherlich der prominenteste Vertreter dieser Einschätzung.

    Überraschenderweise hat jetzt auch eine trotzkistische Gruppe diese Einschätzung übernommen und daraufhin ihre politische Position zum Krieg geändert. Bisher traten sie für revolutionären Defaitismus auf beiden kapitalistischen Seiten ein, jetzt sagen sie:
    "Defeat the Imperialist war Drive and U.S./NATO Proxy Regime in Ukraine
    Defend Russia, China Against War-Crazed U.S. Rulers"
    http://www.internationalist.org/defend-russia-china-against-imperialist-proxy-war-2208.html
    In diesem Artikel belegen sie auch recht ausführlich wie sich die Intervention der NATO-Staaten im Verlauf des Krieges entwickelt hat.

  98. @nestor: Wie gesagt ist die Inflation das einzige negative wirtschaftliche Datum. Und das ist auch noch durch zahlreiche Konjunkturprogramme im wesentlichen selbst verursacht. Alles andere läuft gut in Amiland. Die Energiekapitalisten schröpfen Europa, Kapital fließt nach Amerika wegen des stabilen Dollar, um dort zu produzieren, weil die Gaspreise niedrig sind, die Rüstungsindustrie floriert.

    Ich wollte kein Urteil über die Wahrscheinlichkeit abgeben mit der der Euro von der USA gestützt wird.  Ich wollte sagen, selbst wenn das passiert ist das eine Demonstration über das Verhältnis von Dollar und Euro und seine Güte als Weltgeld.

  99. Alexander Mercouris hat gestern auf seinem Youtube-Kanl eine ernste Frage gestellt:

    Was wird eigentlich passieren, wenn die russischen Drohnen- und Raketenangriffe die ukrainische Infrastruktur soweit außer Gefecht setzen, daß die Schäden gar nicht mehr repariert werden können und dann Städte wie Kiew, Charkow und Djnepropretovsk ohne Strom- und Wasserversorgung bleiben? Das wäre dann nicht nur eine massive humanitäre Katastrophe für die Ukraine, sondern recht bald auch für die europäischen NATO-Staaten (worüber unsere hiesigen Medien aus naheliegenden Gründen bisher recht schweigsam sind). Denn wohin sonst sollten die Menschen dann sonst fliehen? Jedenfalls, solange es keine Beendigung des Krieges durch die NATO (und die Ukraine, aber die zählt dabei ja nicht besonders) gibt.

  100. Laut KP konzentrieren das ukrainische Militär viele ausländische Soldaten in Saporoschje.
    Alles deutet auf eine Aufgabe der Stadt Cherson hin. Seit der Evakuierung der Gebiete am rechten Dnjepr-Ufer ist der Verkehr über die Brücke eingestellt.
    Es kann aber auch sein, daß das der neue Hotspot wird, wo gröbere Kämpfe toben werden.

    Laut El País werden die russischen Fahnen in Cherson abmontiert und das Rathaus von den prorussischen Beamten verlassen. Aber die ukrainische Regierung hält das für eine Falle.
    Für das kommende Wochenende hat der prorussische Verwalter von Cherson, Stremousov, eine Deportation derer angekündigt, die bisher die Stadt noch nicht verlassen wollten.

    @Neoprene

    Es gibt angeblich Pläne in Kiew, die Bevölkerung der von dir erwähnten Städte in die Westukraine zu evakuieren. Rund um Kiew werden jedenfalls Befestigungsanlagen gebaut.
    Ob das alles überhaupt machbar ist, das mit der Übersiedlung, wird man sehen. Der Gedanke scheint jedenfalls auf Druck der NATO-Staaten entstanden zu sein.

  101. Die neu eingegliederten Gebiete benötigen nach derzeitigen Berechnungen 900 Milliarden Rubel (14,4 Mrd. €) und jetzt fragt man sich in Moskau, ob man das Geld so einfach drucken kann …

  102. So billig werden die NATO-Staaten auch weiterhin nicht davonkommen, für die die (West-)Ukraine bisher schon ein enormes Faß ohne Boden ist. Die dachten bisher jedenfalls alle, daß wenigstens sie das Geld dafür "so einfach drucken kann".

  103. "Es gibt angeblich Pläne in Kiew, die Bevölkerung der von dir erwähnten Städte in die Westukraine zu evakuieren."

    Und wie soll das gehen? Es handelt sich um vielleicht vier bis fünf Millionen Menschen. Sollen die alle in den Turnhallen von Lemberg untergebracht werden?

  104. Passend dazu:

    Kirill Stremoussow: Vom Kreml beseitigt? Vize-Gouverneur von Cherson stirbt Stunden vor russischem Rückzug

    Der Unfalltod von Kirill Stremoussow wirft viele Fragen auf. So wurde eine Videobotschaft von Gouverneur Wolodimir Saldo bereits zwei Stunden vor den ersten Meldungen über den Tod seines Vizes aufgenommen.

    Der Vizechef der von Moskau eingesetzten Verwaltung im südukrainischen Gebiet Cherson ist laut offiziellen russischen Quellen tot. Kirill Stremoussow sei am Mittwoch bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen, sagte Besatzungschef Wolodimir Saldo in einer beim Nachrichtendienst Telegram verbreiteten Videobotschaft. Details nannte er nicht. Zuvor hatten bereits die staatlichen russischen Nachrichtenagenturen Tass und Ria Nowosti unter Berufung auf die Besatzer in Cherson übereinstimmend den Tod des 45-Jährigen gemeldet.

    Wurde Tod inszeniert?

    Der Todesfall des stellvertretenden Gouverneurs kam nur Stunden vor der Ankündigung des russischen Verteidigungsministers Sergei Schoigu, dass man sich vom linken Ufer des Flusses Dnjepr zurückziehen werde. Schoigu gab als Grund an, dass man die Truppen am linken Ufer nicht mehr versorgen könne.

    Laut offiziellen Angaben soll Stremoussow in einem Auto gesessen haben, das in einen Unfall verwickelt gewesen sei. Dabei ist der Politiker gemäss russischen Angaben ums Leben gekommen. Beobachter glauben allerdings, dass der Tod des Vize-Gouverneurs von Cherson inszeniert war. So vermutete der Journalist Illia Ponomarenko noch vor der Ankündigung von Schoigu, dass man den russischen Kollaborateur Stremoussow vor dem Rückzug habe verschwinden lassen. 

    Fahrer überlebte Unfall offenbar 

    Diese Theorie wird auch durch den Umstand gestützt, dass der Fahrer von Stremoussow den Unfall offenbar relativ unbeschadet überstanden hat. So habe dieser gegenüber dem russischen Kriegsblogger «WarGonzo» persönlich den Tod des Vize-Gouverneurs der Region Cherson vermeldet.

    Auch eine Video-Botschaft von Stremoussows Vorgesetztem, dem Gouverneur der Region Cherson, wirft Fragen auf. Im Video verkündet Wolodimir Saldo den Tod von Kirill Stremoussow. Wie der Telegram-Kanal «Ostorozhno_novosti» schreibt, zeigen die Metadaten des Videos aber, dass die Trauerbotschaft bereits zwei Stunden vor den ersten Berichten zu Stremoussows Tod aufgenommen worden war, nämlich um 14.01 Uhr Moskauer Zeit . Als erstes berichtete das kremlnahe Medium «Readovka» um 16.01 Uhr Moskauer Zeit über den Tod des Vize-Gouverneurs.

    https://www.20min.ch/story/vize-gouverneur-von-cherson-stirbt-vor-rueckzug-unter-mysterioesen-umstaenden-233516054256

    Ich blicke nicht durch, was da los ist.
    Vermutlich gibt es rund um diesen Rückzug viel Streit hinter den Kulissen.

  105. So wie ich die Sache sehe, wirft der russische Abzug für die ukrainische Seite bei allem Triumphgeschrei viele Probleme auf: Sie müssen erst einmal die Stadt und Umgebung entminen, und für eine Fortsetzung der Offensive über den Fluß hinweg reicht es bei ihnen hinten und vorne nicht.

    Die Sache läuft auf eine Frontlinie am Dnjepr hinaus, mit möglicherweise russischen Reserven für Aktionen an anderen Fronten.

    Ein Abnützungskrieg, wie das der österreichische ORF-Korrespondent seit geraumer Zeit formuliert.

    Die russischen Zeitungen sind nicht sehr informativ in der Frage. Seit es strafbar ist, die russische Armee zu verunglimpfen, gehen die auf Zehenspitzen, und viel Erfolgsmeldungen gibt es nicht in letzter Zeit.

  106. Ob der Rückzug aus Cherson Offensiven an anderen Fronten zur Folge hat?

    Russland meldet Erfolge in Donezk

    Russlands Verteidigungsministerium hat über einen kleineren Erfolg im ostukrainischen Gebiet Donezk berichtet. Russische Soldaten hätten den Ort Majorsk bei der Stadt Horliwka erobert, sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow am Sonntag. Die Angaben ließen sich, wie so oft, nicht unabhängig überprüfen. Von ukrainischer Seite gab es dazu zunächst keine Informationen.

    Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in seiner Videoansprache am Samstagabend von derzeit besonders heftigen russischen Angriffen in Donezk gesprochen. "Dort ist es die reine Hölle", sagte Selenskyj. (…)

    https://www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000140790870/russland-stellt-bedingungen-fuer-getreideabkommen

  107. Russische Besatzer räumen offenbar auch Staudamm-Stadt Nowa Kachowka

    Nach dem Truppenrückzug vom rechten Ufer des Flusses Dnipro in der südukrainischen Region Cherson haben die russischen Besatzer nun auch eine Evakuierung der Staudamm-Stadt Nowa Kachowka auf der linken Flussseite angekündigt. Die Verwaltung von Kachowka ziehe sich mit den Bürgern der Stadt an einen sicheren Ort zurück, teilte Besatzungschef Pawel Filiptschuk nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass am Samstag in einer Rede an die Bevölkerung mit.

    Filiptschuk rief die Menschen in einer festgelegten Zone von 15 Kilometern auf, ihre Wohnungen zu verlassen. Befürchtet wird, dass der Staudamm durch Beschuss zerstört und das Gebiet überflutet werden könnte. Russen und Ukrainer werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, eine solche Provokation zu planen. Die ukrainischen Streitkräfte hätten die Verwaltung von Kachowka als Ziel "Nummer eins für einen Terroranschlag" in der Region ausgemacht, behauptete Filiptschuk. Die Ukraine weist Sabotageabsichten zurück.

    Das Leben der Menschen sei durch Kampfhandlungen in Gefahr, sagte Filiptschuk. Die Menschen sollten in die südrussische Region Krasnodar gebracht und dort versorgt werden. Filiptschuk versprach den Flüchtenden eine warme Unterkunft, regelmäßige Mahlzeiten und 100.000 Rubel (1.611,60 Euro) Hilfe. Die Ukraine wirft den Besatzern vor, die Menschen zu verschleppen.

    (Standard, 13.11.)

    Ausgesprochen seltsam.
    Obwohl, wenn man die Meldung genau liest, so kann es ja auch heißen, daß die russische Armee hier heiße Schlachten erwartet und deshalb die Zivilbevölkerung zum Abzug auffordert.

  108. Es gibt angeblich Verhandlungen zwischen Washington und Moskau, das wurde in den Abendnachrichten verkündet.

  109. Hört sich eigentlich genau nach der Meldung in der Washington Post an, die vor ner Woche oder zwei hier gepostet wurde. Demnach wurde aus Regierungskreisen berichtet, Selenskji solle Verhandlungen anbieten, weil man befürchte die europäischen Partner seien wegen der Auswirkungen auf ihre Wirtschaft immer weniger bereit den Kriegskurs zu unterstützen.

    "Die Mahnung sei nicht als Druck zu verstehen, betonten die amerikanischen Regierungsbeamten. Es handelt sich offenbar um einen Ansporn für eine Art taktische Offenheit. Wenn Kiew prinzipiell zu Verhandlungen bereit sei, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass westliche Gesellschaften die Ukraine weiter unterstützten, erklärten die US-Offiziellen. Der Schwarze Peter liege dann beim russischen Präsidenten"

    Also bloß ein Trick um den Krieg weiter zu verlängern und in Europa noch mehr Schaden anzurichten. 

  110. Worin alle Medien übereinstimmen, ist, daß die Ukraine ziemlich ohne Stromversorgung dasitzt. Und der Winter naht. Stromabschaltungen sind wahrscheinlich.
    Es fehlt vor allem an Starkstrom-Transformatoren, die auch der Westen nicht liefern kann, weil die ukrainischen auf andere Belastungen ausgelegt sind.

    Und das läßt weitere Flüchtlingsströöme wahrscheinlich werden. Bereits jetzt sind angeblich 10 Millionen im Ausland, wobei die Zahlen insofern trügerisch sind, als nur die Einreisenden in die EU erfaßt werden, aber nicht diejenigen, die – aus verschiedenen Gründen – wieder zurückgekehrt sind.

  111. Peskow verkündet, daß die Annexion weiterer Gebiete in der Ukraine nicht vorgesehen ist, und daß die Entnazifizierung und Entmilitarisierung weiterhin Ziel der russischen „Spezialoperation“ ist.

    (KP, 8.12.)

    Damit ist schon einiges gesagt über die Zielsetzung der russischen Führung:
    Die bisher annektierten Gebiete sollen gehalten werden (obwohl mit der Aufgabe Chersons die Möglichkeit gegeben ist, Abstriche zu machen und die Region zu teilen) und mit der derzeitigen Führung in Kiew sind keine Verhandlungen möglich.

    Immerhin enthält dieses Statement einen expliziten Verzicht auf Odessa und Charkow, und ist vor allem an westliche Hauptstädte gerichtet.

  112. 25 russische Gefängnisse in annektierten Gebieten geplant

    Die russische Regierung hat die Gefängnisbehörde mit dem Aufbau von 25 Strafkolonien in den seit Kriegsbeginn annektierten Gebieten in der Ukraine beauftragt. Zwölf Gefängnisse entstehen dabei im Gebiet Donezk, sieben in Luhansk, drei im besetzten Teil des Gebiets Cherson und zwei in der Region Saporischschja, wo zudem ein Lager im offenen Vollzug entstehen soll. Das geht aus einer Regierungsanordnung hervor, über den die staatliche „Parlamentskaja Gaseta“ heute berichtete.

    Nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation Sidjaschtschaja Rus (Dt.: Russland hinter Gittern) hat die Söldnerorganisation Wagner bisher rund 50.000 Insassen russischer Gefängnisse für den Krieg in der Ukraine rekrutiert. Davon seien aber nur noch etwa 10.000 im Einsatz, der Rest sei gefallen, verwundet, gefangen genommen worden oder desertiert, berichtete die Organisation.

    Der ukrainische Generalstab teilte in seinem Lagebericht heute Früh mit, dass die Wagner-Gruppe wegen der hohen Verluste nun Rekruten unter den ukrainischen Gefangenen anwerbe.

    https://orf.at/stories/3302631/

    Darüber hinaus wird die Exekutive die neuen Gefängnisse „ohne die Zuweisung zusätzlicher Haushaltsposten“ gemäß den in ihrem Plan für das Gefängnissystem bis 2030 eingeführten Änderungen bauen.
    Ein ziemlich heikle Entscheidung angesichts der schwerwiegenden Mängel in den russischen Gefängnissen, deren schlechte Bedingungen vom Europarat im Jahr 2020 angeprangert wurden. Darin wurde festgehalten, dass sie viel dichter belegt seien als die des restlichen alten Kontinents und weniger pro Gefangenen ausgeben würden.

    (El País, 27.1.)

    Diese Entscheidung hat eine sehr schiefe Optik angesichts der Tatsache, daß Rußland sich als „Befreier“ der Bewohner des Donbass präsentiert hat.
    Jetzt kommt heraus, daß die russische Führung offenbar die Bewohner dieser „neuen Territorien“ als falsche Fuffziger einstuft, die man mit altbewährten Methoden zur Räson bringen muß.

    Diese Maßnahme muß auch mit der seit der Annexion fortschreitenden Aufhebung der Autonomie der Donbass-Republiken gesehen werden.

  113. "Jetzt kommt heraus, daß die russische Führung offenbar die Bewohner dieser „neuen Territorien“ als falsche Fuffziger einstuft, die man mit altbewährten Methoden zur Räson bringen muß."

    Wieso falsche Fuffziger? Kann es nicht sein, dass die Gefängnisse für Kriegsgefangene bestimmt sind und nicht für Bewohner der neuen Territorien, zumindest wenn sie keine russischen Gesetze verletzen.

  114. Ah ja, das mag sein.

    Bisher war es ja auch ein Problem, wenn die Kriegsgefangenen nach Alt-Rußland gebracht wurden, weil das gegen irgendwelche Gepflogenheiten verstößt.

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