„VERSTÄRKTE BESUCHE VON »BOSSEN« NACH KIEW
Die Komsomolskaja Prawda unterhielt sich über dieses Thema mit dem Leiter des Zentrums für die Erforschung militärisch-politischer Konflikte, Andrej Klintsevitsch.
KP: Westliche Minister besuchen Kiew immer häufiger. So z.B. Boris Pistorius, der Chef des deutschen Verteidigungsministeriums, der der Ukraine 2.380 Artilleriegeschosse des NATO-Kalibers 155 mm versprochen hat.
Sind die ukrainischen Streitkräfte munitionsmäßig am Verhungern?
AK: »Das Kaliber 155 mm wird so betrachtet: Alle diese Granaten sind gleich, sie passen zu jedem Geschütz. Und deutsche Granaten passen zu amerikanischen oder französischen Artilleriesystemen. Aber es gibt 14 Unterarten dieser Geschoße – und sie sind alle unterschiedlich!“
Also ist die vorher ausgesprochene Auffassung schlicht und einfach falsch, die Dinger sind eben nicht gleich.
„Der Chef des NATO-Militärausschusses, Rob Bauer, sah sich gezwungen, einen Appell an die Regierungen zu richten: Wir müssen aus dieser Situation herauskommen und anfangen, das alles gemeinsam zu tun!“
Was das wohl heißt? „Gemeinsam tun“ hieße in diesem Fall, die gesamte Rüstungsproduktion der EU zu vereinheitlichen – d.h., in allen Rüstungsbetrieben auf die gleichen Waffensysteme umzustellen – zumindest bei der Artillerie. Man müßte die gleichen Abschußrampen, Kanonenrohre und Munition herstellen.
Zur Erinnerung: In der Ukraine werden derzeit angeblich 28 verschiedene Artilleriesysteme verwendet, mit den jeweiligen Geschossen.
Die europäischen NATO-Staaten müßten sich also auf Einheitsmodelle einigen und ihre ganze Rüstungsproduktion umstellen.
Damit stellt sich die Frage: Welche werden genommen und welche aussortiert? Oder schmeißt man alles bisherige weg und macht ganz was Neues, und das in allen Staaten?
Heiße Diskussionen stehen hier bevor.
„KP: Das ist nicht das einzige Problem.
AK: Die Militärfabriken der Europäischen Union konzentrierten sich auf hochtechnologische und teure Produkte: Panzer, Autos, Flugzeuge. Die Granaten waren zweitrangig. Niemand hatte damit gerechnet, daß sie in solchen Mengen verwendet werden würden. Und die Ausweitung der Produktion zu ihrer Herstellung ist teuer und schwierig. Man müßte in Gießereien investieren, aber es gibt keinerlei Garantie, daß diese vielen Geschoße – die Rede ist von einer Million – im nächsten Jahr tatsächlich noch notwendig sein werden. Und wenn nicht, so werden diese Werkstätten stillstehen.“
Damit ist gesagt, daß die Ukraine im nächsten Jahr geschlagen sein könnte und die ganzen Lieferungen aufhören würden. Offenbar wird auch diese Möglichkeit inzwischen erwogen.
„Für wen arbeitet die EU-Rüstungsindustrie?
KP: Wird bald die Ukraine keine Priorität mehr haben und der europäische militärisch-industrielle Komplex wird sich anderen Zielen zuwenden?“
Auch eine interessante Frage.
Wenn die Ukraine geschlagen wird, so ist das eine Niederlage für die NATO.
Sie müßte sich dann auf einen Krieg mit Rußland überhaupt vorbereiten und ihre ganze Rüstungsindustrie zu diesem Zweck hochfahren.
AK: Die meisten Länder der Welt begreifen, dass die allgemeine Atmosphäre immer komplizierter wird. Jeder fängt an, diese Geschosse für seine Lager zu kaufen. Europäische Fabriken begannen, Munition in andere Länder zu versenden – teurer. Für Kiew gibt es einen Festpreis von der EU.“
Really really?
Die Ukraine hat kein Geld, das wird also angeschrieben.
Die Waffenlieferungen der EU landen irgendwo in einem Schuldenregister der Ukraine – das vermutlich nie bedient oder abgezahlt werden wird.
Und in welche anderen Länder wird verkauft?
Das heißt, es geht gar nicht alles nach Kiew?
„Darüber hinaus sind die globalen Preise bereits im Oktober gestiegen. Das Hauptziel des Treffens in Ramstein, Deutschland, das am 22. November stattfand, bestand darin, den militärisch-industriellen Komplex der europäischen Länder zu zwingen, nach zuvor geplanten Programmen zu arbeiten.
KP: Aber nur wenige Rüstungsbetriebe wollen das tun?
AK: Niemand ist bereit dazu.
Die Ukraine verwendet heute hauptsächlich in den 1980er Jahren hergestellte Streugranaten amerikanischer Produktion. Die USA rechneten damals mit dem Kalten Krieg in Europa. Es sollte sich zu einer heißen Bühne entwickeln. Gedacht war, daß die Russen“ (= die SU) „ in großen Wellen vorrücken würden. Und damals produzierten wir Streumunition.
Die SU konzentrierte sich damals vor allem auf Munition für die Luftwaffe – es handelt sich hierbei um Bomben, den wir nun beginnen, effektiv an der Front einzusetzen. Das ist derzeit ein Problem für die Ukraine.“
Die russische Armee setzt also jetzt auch Streumunition ein. Es handelt sich aber um von Flugzeugen abgeschossene Bomben und nicht, wie bei der westlichen, um Artilleriegeschosse, die vom Boden aus lanciert werden.
„KP: Der tschechische Präsident Petr Pavel sagte: »Die Armeen der EU bereiten sich auf einen Konflikt höchster Intensität vor«…“
Die EU will also gerne einen III. Weltkrieg, das heißt das im Klartext. Pavel ist Militär, der hat mit diesem Gedanken offenbar eine Freude.
Es ist aber keineswegs ausgemachte Sache, daß Staaten wie Spanien, Portugal oder Griechenland, ganz zu schweigen von Slowenien, Kroatien, der Slowakei und Ungarn, das genauso sehen.
„AK: Sie bereiten sich auf einen unkonventionellen Krieg mit konventionellen Streitkräften vor. Und wir müssen begreifen: Dies ist eine von den USA ausgehende Aufgabe, nämlich die, die europäische politische Klasse und europäische Infrastruktureinrichtungen für die freie Bewegung amerikanischer Truppen umzugestalten.“
Es ist aber gar nicht sicher, ob eine künftige US-Regierung z.B. unter Trump dieses Kriegsszenario ebenso sieht. D.h., ob sich die kriegslüsternen EU-Staaten auf die Verstärkung durch die USA verlassen können.
Es handelt sich also bei diesen Rüstungsbestrebungen – und mehr als Bestrebungen sind es derzeit nicht – um eine Art vorauseilenden Gehorsam gegenüber den USA, um sich als deren Vorposten wichtig zu machen.
„KP: Was genau heißt das?
AK: Zunächst einmal die Erhöhung der Mobilität der Streitkräfte. Sie beginnen, mit amerikanischem und europäischem Geld Tunnel auszubauen und Brücken zu stärken, damit schweres amerikanisches Gerät aus Deutschland schnell in den Osten transportiert werden kann: nach Rumänien, Polen und in die baltischen Staaten.
Als nächstes kommt dazu, daß die Amerikaner beginnen, ihre Truppen nach Osteuropa zu verlegen und dort ihre Stützpunkte zu stärken. Das Lager Kosciuszko ist ein riesiges Logistikzentrum(*1). In Polen entsteht derzeit ein Stützpunkt auf Divisionsebene. Die Deutschen verlegen einige Einheiten in die baltischen Staaten.
Wer sich hinter der Mauer befindet
KP: Ist das die Umsetzung eines neuen Plans?
AK: Der Plan ist derzeit, Europa durch eine große Mauer zu teilen. Es wird sich im Norden von Norwegen, Finnland, über die baltischen Länder und Polen im Süden bis nach Rumänien und Bulgarien erstrecken. Ungarn widersetzt sich diesen Prozessen immer noch. Aber es wird ein komplexer Mechanismus geschaffen, der die Logistik blockieren sollte.“
Hier ist nicht klar, wer das Subjekt ist, das sich widersetzt. Blockiert Ungarn die Logistik der EU, oder blockieren die Vorbereitungen der EU Ungarn? Wird Ungarn – das seinerseits auch aufrüstet und, vergessen wir es nicht, enge, auch militärische Beziehungen zur Türkei aufbaut – zu einer militärischen Enklave?
„Das sehen wir ebenfalls am Vorgehen der Finnen.
KP: Ist Polen die Vorhut all dessen?
AK: Polen mobilisiert enorme Ressourcen. Sie bestellten mehrere tausend Einheiten gepanzerter Fahrzeuge aus Korea für solche Beträge, dass koreanische Außenhandelsbanken ihre Limits erhöhen mussten. Die Polen leihen sich etwas von künftigen Generationen.“
Das heißt erstens, daß Korea diese Panzer auf Kredit verkauft und auf die Zahlungsfähigkeit Polens vertraut. Polen wiederum begibt Dollar-Anleihen auf internationalen Märkten, um diese Aufrüstung zu finanzieren. Es laufen also für Polen Schulden in mehrere Richtungen auf.
Zweitens deutet diese Bestellung in Korea darauf hin, daß Polen Erwartungen Richtung USA hatte, die nicht erfüllt wurden. Polen hoffte auf Abrams-Panzer zum Vorzugspreis, diese Hoffnungen wurden anscheinend enttäuscht. Polens inzwischen eher negative Haltung gegenüber der Ukraine kann man teilweise auch aus dieser enttäuschten Erwartungshaltung erklären.
„KP: Bulgarien hat der Ukraine plötzlich einhundert Schützenpanzer kostenlos zur Verfügung gestellt.
AK: Wir sprechen von alten BTR-60. Sie haben nur zwei Benzinmotoren mit geringer Leistung.“
Bulgarien entledigt sich hier also seiner Altlasten, hat aber dann 100 Panzer weniger.
In diesem Land ist Nachrüstung schwierig, es kann schwer Anleihen auf internationalen Märkten begeben, da seine Kreditwürdigkeit gering ist.
„KP: Aber werden die uns auch Probleme bereiten?
AK: Derzeit liegt der Schwerpunkt auf anderen Technologien. Das sind vor allem Drohnen. Sie halten den Rekord für die Anzahl beschädigter Ausrüstung und Personal.
An zweiter Stelle folgen Minen, gefolgt von Artillerie. Alte Schützenpanzerwagen sind für die Ukraine eine Geste der Verzweiflung.“
Mit einem Wort, diese Lieferung ist für die Ukraine nichtswürdig, aber sie kann nicht „Nein!“ sagen.
„Die ukrainischen Streitkräfte haben viel Ausrüstung verloren, sie brauchen dafür Auffrischung. Und wenn die Bulgaren Waffen dorthin schicken, stellen sie die der EU in Rechnung.“
Aha.
Bulgarien verschafft sich dadurch Einnahmen, indem es seine Altlasten entsorgt.
Die Ukraine hingegen würde ganz andere Dinge brauchen, aber muß diese Panzer nehmen, und die laufen dann als Posten in der Schulden-Liste der Ukraine.
„Und entweder erhält Bulgarien dadurch einige Pluspunkte, oder im Gegenzug für diese Schützenpanzer ausgemusterte amerikanische Ausrüstung.
Der Ukraine hilft das nichts.
Marschflugkörper
KP: Wo muß die Ukraine zulegen?
AK: Bei den Fähigkeiten der Artillerie, der elektronischen Kriegsführung und des Versuchs, die Kontrolle über den Himmel zu übernehmen – und dazu gehören Luftverteidigung und Luftlandewaffen. Wir sprechen von Hunderten von Flugzeugen – und 10 bis 20, selbst 90 Flugzeuge würden nichts ändern. Angesichts unserer Fähigkeit, die gesamte Tiefe des Territoriums der Ukraine zu beeinflussen, werden wir neue Flugzeuge der ukrainischen Streitkräfte, wenn wir sie auf einem Flugplatz entdecken, dort mit Marschflugkörpern angreifen.
KP: Sind unsere Marschflugkörper der Albtraum der ukrainischen Streitkräfte?
AK: In letzter Zeit haben wir nur mit den kleinen Drohnen „Geranium“ und „Kalibr“ angegriffen. Wir können über hundert davon pro Monat produzieren. Das bedeutet, dass einmal mehrere 1000 davon über sie herfallen können.
Wer ist für Frieden?
KP: Beim G20-Gipfel sagte Wladimir Putin, dass Russland Friedensverhandlungen nie abgelehnt habe?
AK: Die Option, die uns die NATO jetzt anbieten will, die eines Waffenstillstands – kommt, Russen, macht einmal Pause, – um in dieser Zeit die Ukraine aufzurüsten und dann versuchen, von neuem zuzuschlagen – das ist aus Sicherheitsgründen für uns inakzeptabel.“
Erinnern wir uns, wie Angela Merkel sich zu den Minsker Vereinbarungen geäußert hat – „Ja, wir mußten Zeit gewinnen, um die Ukraine aufzurüsten“ – noch einmal läßt Rußland sich darauf nicht ein.
KP: Wird für die Amerikaner alles schwieriger?
AK: Sie versuchen zu manövrieren, um zu sehen, was im Nahen Osten passieren wird. Diesen Sommer gab es einen großen Artikel von der RAND Corporation. Berücksichtigt wurde das Bild der Zukunft nach Ende des Konflikts“ (in der Ukraine). „Die Hauptthesen waren: Das Bild der Zukunft, das die Ukraine sieht, stimmt nicht immer mit dem amerikanischen überein.
Eine politische Beilegung des Konflikts liegt im Interesse der USA. Wenn die Europäer hineingezogen werden und die Gefahr eines Atomwaffeneinsatzes besteht, ist das für die Amerikaner inakzeptabel.“
Dieser Satz ist zunächst unverständlich. Die EU ist ja bereits Teil des Konfliktes. Sie können also nicht „hineingezogen werden“.
Offenbar befürchten die USA, daß die europäischen NATO-Staaten etwas machen, was den Interessen der USA widerspricht. D.h., daß die USA befürchten, daß die EU-Staaten im Versuch, eine Niederlage der Ukraine zu vermeiden, zu Atomwaffen greifen könnten.
Das betrifft nur die Atommächte der EU, das sind Großbritannien und Frankreich.
„Sie müssen Geld verdienen.“
Das ist eine seltsame Vorstellung des Militärexperten. Auf einmal bricht er die Weltmachtsvorstellungen der USA auf Business zurück.
Die Berechnung, auf die er sich bezieht, könnte so aussehen, daß die USA mit den Aufrüstungs-Ambitionen der EU-Staaten Geschäfte machen wollen. Und daß sie dabei von der eher schwachen Rüstungsindustrie der EU profitieren wollen. Wenn die EU groß aufrüsten will, so soll sie in den USA einkaufen, so die Vorstellung.
„Das bedeutet, dass die USA Einfluss auf Zelenskij nehmen müssen. Für Zelenskij ist die Lage politisch sehr instabil.“
Wenn man jetzt diese Aussagen zusammennimmt, so heißt das, daß die USA Einfluß auf Zelenskij nehmen wollen, sich mit Rußland zu einigen, aber in einer Form, die weiterhin eine wehrfähige Ukraine beinhaltet, die fest weiter vom Westen Waffen bezieht.
„KP: Soll Moskau dem Westen die Bedingung stellen: Übergebt uns die Ukraine?
AK: Wir sagen derzeit, dass wir zu Verhandlungen bereit sind, lasst uns verhandeln. Aber wir gehen weiterhin militärisch vor. Darüber hinaus gibt es viele Berührungspunkte – sowohl im humanitären Bereich als auch im Austausch und im Energiebereich.
Aber den Konflikt einzufrieren und einen Terrorstaat zu schaffen, der Drohnenangriffe und Terroranschläge auf unserem Territorium durchführt, ist ein aufgeschobenes Problem für künftige Generationen. Dieses Problem muss jetzt dauerhaft gelöst werden.“
Das heißt: Mit weniger einer Niederlage der Ukraine und der Installation einer rußlandfreundlichen Regierung in der Rest-Ukraine – ohne die 4 annektierten Provinzen, die Krim sowieso – tut es Rußland nicht.
„Wo werden Luftverteidigungs-Systeme stationiert?
KP: Warum schicken wir 8 S-300-Installationen nach Tadschikistan – brauchen wir nicht selbst diese Luftverteidigungssysteme?
AK: Wir bauen ein einheitliches Luftverteidigungssystem auf und stärken es. Nehmen wir an, der Iran könnte das nächste US-Ziel sein. Dort können mehrere tausend Raketen gleichzeitig das Land angreifen, das dortige Luftverteidigungssystem wäre überlastet, militärische Einrichtungen könnten zerstört werden und dann könnte der Iran ohne weiteren Widerstand plattgemacht werden.“
Es ist bemerkenswert, daß Rußland den USA (und vielleicht Israel?) einen Angriff auf den Iran zutraut.
Offenbar verfügt Rußland über Informationen, daß die USA dafür immer noch genügend Waffen hätten. Die USA hat sich – im Unterschied zu Europa – durch die Waffenlieferungen in die Ukraine nicht völlig entblößt. Auch der Umstand, daß die USA im irakischen Kurdistan sozusagen eine einzige große Basis eingerichtet haben, wird offenbar bei diesen Überlegungen berücksichtigt.
„KP: Was hätte Russland damit zu tun?
AK: Für uns gilt ein dementsprechendes Szenario.
Für uns ist es wichtig, über die Grenzen Russlands hinaus in verschiedeneн Regionen der mit unserem System verbündeten Länder präsent zu sein, mit leistungsstarken Radargeräten und der Fähigkeit, den Gegner aufzuspüren und zu zerstören.
Wir müssen die Kontrolle über die zentralasiatische Region im Auge haben und voranbringen.
KP: Schützen wir uns also selbst, indem wir Tadschikistan schützen?
AK: Ja, wir schützen unsere Streitkräfte auf dem 201. Stützpunkt (in Tadschikistan), – Zentralasien ist unser Unterleib. Wir kontrollieren die Militärbewegungen in dieser Region. Das ist sehr wichtig.
KP: Warum verkaufen wir während eines Krieges weiterhin Waffen an das Ausland?
AK: Unsere Experten sagen, dass man keine Märkte verlieren darf – nachher würde es schwierig, sie sich wieder zu eröffnen. Das geht es um Milliarden von Dollar, das wären also schwere Verluste.“
Der Dollar ist also weiterhin Berechnungsgrundlage russischer Waffenverkäufe.
„Natürlich reduzieren wir Verträge. Wir führen nur besonders wichtige Dinge aus und arbeiten auch weiter mit den Kunden zusammen. Geliefert werden jene Systeme und Waffen, bei denen wir an der Front keine Versorgungsprobleme haben. Wir versuchen, einen Mittelweg zu finden.“
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(*1) Dieser US-Stützpunkt bei Poznan wurde im Vorjahr gegründet: „US President Joe Biden announced, at the Nato summit in Madrid, that the US would be strengthening its military presence in Europe adding that it would create the permanent headquarters of the US Army’s V Corps in Poland.“ (TheFirstNews, 29.6. 2022)
Die Einkreisung Rußlands wird jetzt an anderer Stelle vorangetrieben, nämlich in Skandinavien:
„Dänemark:
Militärabkommen mit den USA geplant
Nach Schweden und Finnland plant nun auch Dänemark ein Abkommen über stärkere militärische Zusammenarbeit mit den USA. Das kündigte Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei einer Pressekonferenz am Dienstag an. Demnach soll das US-Militär Zugang zu drei Militärstützpunkten in dem EU- und Nato-Staat bekommen. »Wir leben in einer heftigen Zeit, in der viele Kräfte unsere Demokratie und unsere demokratischen Spielregeln herausfordern«, sagte Frederiksen. Das Abkommen solle im Laufe der Woche unterschrieben werden. Danach muss es noch vom dänischen Parlament abgesegnet werden.
Am Montag hatte Finnland ein Abkommen mit den USA unterzeichnet, das dem US-Militär Zugang zu 15 Stützpunkten im Land gewährt. Auch Schweden hatte kürzlich ein ähnliches Abkommen mit den USA vereinbart.“
(SZ, 19.12.)
„Der Beitritt Finnlands zur NATO und die Stationierung amerikanischer Militärstützpunkte auf dessen Territorium stellen eine ernsthafte militärische Bedrohung für Rußland dar, da die Kola-Halbinsel der Standort strategischer Nuklearstreitkräfte und das westliche Tor der Nordseeroute ist, sagt Ilja Kramnik, ein Forscher am Zentrum für das Studium der strategischen Planung am IMEMO RAS.
Gleichzeitig wird sich seiner Meinung nach die neue Strategie der russischen Armee in der Region von der Zeit des Kalten Krieges unterscheiden:
»In der UdSSR wurde die nordwestliche Richtung von der 6. Armee mit Hauptquartier in Petrosawodsk, drei vollmotorisierten Schützendivisionen und mehreren Personalformationen abgedeckt«, erinnerte er sich.
Die Aufgabe bestand darin, im Falle eines Krieges mit der NATO erfolgreich auf der gesamten skandinavischen Halbinsel vorzudringen. Jetzt macht es kaum noch Sinn, einen großen Teil der Bodentruppen einzusetzen; die Hauptbedrohung wird aus der Luft kommen.
Laut Ilja Kramnik wird Russland seine Luft- und Raumfahrtstreitkräfte sowie seine Luftverteidigungs- und Raketenabwehrkräfte in der Region aufbauen.
Dafür reichen stillgelegte Flugplätze und Stützpunkte aus der Sowjetzeit, etwa der Luftwaffenstützpunkt Kilpjavr, vollkommen aus.
Außerdem, so der Experte, könne Russland unter Berücksichtigung der Kündigung des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa im Nordwesten mehrere Raketenbrigaden stationieren, die mit Mittel- und Kurzstreckensystemen ausgerüstet seien, um die Zerstörung von NATO-Stützpunkten in Finnland und Schweden im Falle eines Krieges mit dem Bündnis zu gewährleisten.
Als weitere Gefahr nannte Ilja Kramnik die Kontrolle der NATO über beide Ufer des Finnischen Meerbusens. Russland war seit dem Großen Vaterländischen Krieg nicht mehr mit einer solchen militärischen Situation konfrontiert.
Seiner Meinung nach wird der Aufbau der Marinegruppe der Baltischen Flotte in diesem Fall nicht zu einer Erhöhung der Kampffähigkeiten führen.
Es ist notwendig, eine Bodentruppe nahe der Grenze zu den baltischen Staaten zu stationieren, wo alle Möglichkeiten für erfolgreiche Offensivoperationen bestehen, um eine Verbindung zur Verteidigungsregion Kaliningrad herzustellen und den Finnischen Meerbusen freizugeben.“
(Izvestija, 19.12.)
Finnland wird nach dem gestern unterzeichneten Abkommen 4 Flughäfen zur Verfügung des USA stellen: Rovaniemi, Kuopio, Tikkaskoski (Jyväskylä), Satakunta (Tampere).
Hier ist zu bedenken, daß Finnland die bisher sowohl für Militär als auch für die zivile Luftfahrt genutzt hat. Die neue Beanspruchung wird möglicherweise diesen dual use in Frage stellen.
Ferner stellt Finnland zur Verfügung: einen Hafen im Süden, 5 Lagerstätten für Kriegsmaterial, eine Basis im Grenzgebiet (von dort, Ivalo, ca. 300 km bis Murmansk), und noch ein paar Orte für Truppenstationierung und militärische Übungen.
"Europe aims to ramp up weapons to help Ukraine defeat Russia
Britain and other countries want to be able to support if Donald Trump wins the 2024 election and pulls US backing
Britain and other European countries are “cranking through the gears” trying to ensure they can help Ukraine win its war against Russia without the US should Donald Trump get into power, according to a senior Whitehall source.
Ministers are desperately trying to ramp up manufacturing capabilities across the continent so they can send weapons and ammunition to the front line and keep Vladimir Putin at bay for at least another year, irrespective of US support.
Britain’s military intelligence chiefs believe Ukraine cannot win the war against Russia in 2024 because it does not have the manpower or the weapons for a big battlefield breakthrough. Nor does Russia’s military have the strength to launch a major counteroffensive that can break through Ukrainian lines."
Letzteres ist wohl sehr kontrafaktisches Wunschdenken, aber das sind vermutlich die gleichen Quellen, die vorvoriges Jahr behaupteten, daß Rußland binnen kurzem die Raketen ausgehen werden.
"However, some in the UK government believe that all that is needed to win against Putin is “time” and Europe needs to be ready to help Ukraine push on without US support. “He’s betting on the House of Trump but Europe is cranking through the gears to do it without the US if Trump were to try and pull the plug."
Das ist ein weiteres Beispiel für die völlige Vernächlässigung der militärischen Realitäten.
Es ist möglich, daß die »Times« das auch weiß, aber dem blöden Publikum Durchhalteparolen verklickern will.
"“Can continental Europe afford to fold just because Trump says no more US dollars? I think most realise that Putin can’t be allowed to win as consequences for European security are grave,” said the Whitehall source."
Nicht nur für die security, sondern für den ganzen Laden EU.
One way to victory is to stretch Putin and his army so thinly that he is forced to give up, the source said, adding that no matter what the president’s threshold for pain was, he was unable to sustain the war indefinitely."
!!! Und das im Brexit-gebeutelten GB, das kaum weiß, wie es sich weiter finanzieren wird …
"“2024 isn’t about big operational success — there’s unlikely to be a big breakthrough this year. 2024 is about stretching Putin into 2025 and beyond — effectively calling his bluff and testing his resolve,” the source said.
As the war drags on, there is nervousness across Europe that if Trump wins the US election then US support for Ukraine could evaporate. The unpredictability of a future US administration has meant that European nations are trying to plan for any outcome.
Although he did not provide comment on a future US presidency, Grant Shapps, the defence secretary, said he was speaking to his counterparts in Europe constantly about the need to back Ukraine in its “darkest hour”.
In comments to »The Times« after two days of major aerial assaults by both sides, he said: “We need to pull together to help them in a war that will define Europe for decades – both with hardware and also the support and moral leadership.”
Some western officials believe Ukraine can continue to hold territory without the support of America, which has given Ukraine billions of dollars in aid since the war began.
“It is a lot easier to keep Ukraine, defensively, able to defend the gains it has made than it is to go on the offensive. I certainly, at least as far as that is concerned, I think we are pretty confident for the long run”, said one Western official."
Die Ukraine soll also weiterhin den Kopf hinhalten, damit Europa beinander bleibt.
Ziemlich zynisch, diese britische „Quelle“.
"The British Ministry of Defence said this weekend that Russia will have sustained more than half a million personnel killed and wounded in its invasion of Ukraine by 2025 if casualties continue at the current rate.
The average daily number of the country’s troops injured or dead has risen by almost 300 per day over the course of 2023 compared with last year, according to the latest defence intelligence update. As well as committing huge numbers of soldiers to the fight, nearly 40 per cent of all Russian public expenditure is being spent on defence, more than that spent on health and education combined."
Völlig aus dem Zylinder gezogene Zahlen.
Interessant wäre es jedoch, nachzuschauen, wie es diesbezüglich in GB aussieht.
"On the other side, many Ukrainians are growing tired and weary of the war. One Ukrainian military source admitted that average Ukrainians were talking of a truce yet there were questions around what the price of the truce would be.
Earlier in December the EU failed to agree a critical €50 billion financial aid package to Ukraine after Viktor Orbán, Hungary’s prime minister, vetoed the proposal. In the US, Republicans have blocked plans by President Biden to give Ukraine another $60 billion, using the issue to demand new immigration legislation.
The military source said that Ukrainians were “feeling themselves abandoned looking on political disputes in the EU and the USA”. “Fortunately the UK is the only one who is staying with us firmly,” the source said, although the UK has not yet announced its funding for Ukraine this year."
Auch hier merkt man das Wunschdenken, daß sich die Ukraine-Unterstützung in der innereuropäischen Konkurrenz als Trumpfkarte herausstellen möge.
"The source added that the UK’s weapons stockpiles are so diminished that the UK had “nothing” left and it was better for them to lobby the Germans. They did however point out that the UK was critical in persuading other countries to give the Ukraine arms and acting as a third party in facilitating those deliveries."
Aha.
Große Klappe, aber leere Lager.
Wie die anderen auch …
"„Mykhailo Chaplyha, a political commentator and former vice-ombudsman of Ukraine, said he believed most people in Ukraine wanted a truce but were “afraid to admit it to themselves”.
He said there was an atmosphere of “total mistrust and fear” in Ukraine and that anyone who dared to think of a truce would immediately become an “outcast and a traitor”. One Ukrainian former official said that President Zelensky was losing support in Ukraine and that although the West was saying Ukraine should not give up, there was no war strategy and men and women were being “sent to the front line to die”.
“It is nonsense to send in our soldiers to die if we don’t have enough armament and resources to win militarily. What is the strategy, to keep us dying for what? And not less important — where is our diplomacy?” he said.
On Sunday, Moscow said that it had targeted Ukrainian military sites in a wave of overnight drone attacks, in retaliation for the strike a day earlier on the city of Belgorod.
The Russian defence ministry said it had struck “decision-making centres and military installations” in the northeastern city of Kharkhiv, after Kyiv said that residential buildings, a hotel and cafes had been hit. Kyiv said it had destroyed 21 of 49 Iranian-made “Shahed” drones fired by Russia overnight, adding that six guided missiles had also targeted Kharkiv.
The fresh Russian strikes came a day after an unprecedented attack on the Russian provincial capital of Belgorod, and as the two sides took turns accusing each other of pummelling civilian areas of their shared frontier region over the weekend."
(Ein Schönwetter-Artikel aus der »Times«, 1.1.)
Ein Interview der NZZ mit einem deutschen Offizier, wo er sich sehr vorsichtig äußert über die Perspektiven des Krieges und die Lehren, die die NATO daraus bezüglich Bewaffnung ziehen wird:
„A. Marlow: Es gilt zu analysieren, wodurch Panzer ausfallen. Ist es das direkte Panzerduell, ist es durch Artillerie, Drohnen, Panzerabwehr-Lenkraketen, «Loitering Munition», Hinterhalte durch Panzervernichtungstrupps oder durch Minen? Daraus ergibt sich die Frage, welche Schutztechnologien entwickelt werden müssen, um diesen Bedrohungen zu begegnen. Wir beobachten, dass die Russen lernen und ihre Schutztechnologien und ihre Taktik anpassen. Die Masse der Panzer jedenfalls fällt nicht durch direkten Beschuss aus, sondern durch Drohnen, «Loitering Munition» und Minen.
NZZ: Welche Schlussfolgerungen muss die Bundeswehr daraus ziehen?
A. Marlow: Wir prüfen, was daraus für unsere Doktrinen, Strukturen und Ausrüstung folgt. Eines kann man sicher schon sagen, ohne ein Geheimnis zu verraten: Wir müssen am Schutz gegen Bedrohungen aus der Luft arbeiten, insbesondere gegen Drohnen. In diesem Bereich sind inzwischen auch Rüstungsvorhaben angeschoben. Im Ministerium wurde zudem eine «Task-Force Drohnen» gegründet. Es geht auch darum, festzulegen, wer bei uns auf welcher Ebene welche Drohnen mit welchen Fähigkeiten braucht. Diese Bedrohung wird sicher nicht mehr verschwinden. (…)
NZZ: Kommen wir zurück zum Drohnen-Thema. Die Bundeswehr verfügt bis jetzt kaum über diese Geräte. Woher wollen Sie sie nehmen?
A. Marlow: In der Tat ist das eine Herausforderung, aber nicht, weil es keine Kleindrohnen zu kaufen gäbe, sondern weil wir nicht einfach in den Elektromarkt gehen können. Die meisten in Deutschland erhältlichen Drohnen kommen aus China oder enthalten Bauteile von dort. Die können wir nicht nutzen, weil es Sicherheitsbedenken gibt.
NZZ: Wie meinen Sie das?
A. Marlow: Wir dürfen nicht naiv sein. Da werden durch die Chinesen auch Daten abgegriffen. Was wir brauchen, sind in Deutschland oder in befreundeten Staaten hergestellte Drohnen, die unsere militärischen Sicherheitsstandards und die Leistungsparameter erfüllen, die wir brauchen.“
Die Drohnenproduktion ist derzeit in Israel und der Türkei sehr fortgeschritten – inwiefern die als „befreundete Staaten“ im strengen Sinne gelten, sei dahingestellt.
Die kurze Zusammenfassung ist: Deutschland will Drohnen und hat keine. Und eine Produktion dieser Geräte müßte erst angeleiert werden.
Man kann sagen, daß auch das Festhalten an den Panzern darauf hinweist, daß die deutsche Führung an Waffengattungen festhält, die in den heutigen Kriegen nicht mehr so besonders perspektivenreich sind.
Auch in Deutschland wurde inzwischen entdeckt, was für ein gutes Testgelände die Ukraine ist:
Gepard, Skynex, Skyranger: Die Ukraine ist die Laborsituation deutscher Waffenschmieden
Der alte Gepard macht seine Sache hervorragend. Um den Himmel auch in Zukunft freizuhalten, rollen in der Ukraine im Kampf gegen die Invasionstruppen Wladimir Putins jetzt neue Flugabwehrkanonenpanzer aus deutscher Fertigung; daneben schützt das hoch entwickelte Skynex System die Verteidiger gegen die Aggression Rußlands.
Auch für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sind diese Systeme überlebenswichtig – der Gepard könnte im Ukraine-Krieg sein endgültiges Comeback erleben.
Für die deutschen Reservisten war das Thema bereits lange vor dem Ukraine-Krieg klar, wie deren Autor Björn Müller in deren Magazin loyal schreibt: »Im Kalten Krieg war die mobile Flugabwehr der Bundeswehr ein Glanzstück innerhalb der NATO. Optimiert für ihren Hauptauftrag – Verzögerung eines Großangriffes der Sowjets – war die Bundeswehr vor allem eine Panzerarmee. Für deren Schutz gegen Luftangriffe wurde eine leistungsstarke Flugabwehr der Bodentruppen aufgebaut. Ausgerüstet waren diese Einheiten mit dem ,Gepard‘-Flugabwehrkanonenpanzer und mit dem Raketensystem ,Roland‘. Doch das ist lange her.«
Heute ist nichts mehr davon übrig, die Bundeswehr steht gegenüber einer Bedrohung aus dem Osten blank dar.
Auch der deutsche Politikwissenschaftler Carlo Masala hält den Gepard für immer noch existentiell wichtig, wie er in seinem neuen Buch »Bedingt abwehrbereit« schreibt. Masala kritisiert massiv den deutschen High-Tech-Hype: »Der Schützenpanzer Puma zum Beispiel ist ein gepanzerter Computer, der – genauso wie alle anderen Computer auch – eine hohe technisch bedingte Störanfälligkeit aufweist. Wir brauchen beides, also das Hochkomplexe und das Robuste.«
Der Gepard ist ein Konstrukt der 1960er-Jahre und seit 2012 ausgemustert, weil ihm schlicht der Gegner gefehlt hat. Inzwischen ist die Bedrohung, für die er gebaut wurde, allerdings real: Drohnen und Marschflugkörper in massenhaften Zahl, die über die damals schlimmsten Befürchtungen weit hinaus geht.
Seit 20 Jahren ist der Gepard in der Bundeswehr Geschichte, und er hat Platz gemacht für eine mobilere Version der Flugabwehr: den Manpads – Man Portable Air Defense Systems –, beispielsweise den Stinger-Raketen, die von der Schulter aus gestartet werden.“
Daraus folgt eigentlich, daß der Gepard obsolet ist.
Aber offenbar gibt es Leute in Militär und Rüstungsindustrie, die genau dieses Modell gefördert sehen wollen.
„Gepard: Gerüstet für die Bedrohungen dieses Jahrhunderts
Aber der Gepard lehrt Wladimir Putin in der Ukraine aktuell das Fürchten,“
– dem Verfasser des Artikels ist offenbar kein Spruch dumm genug, um dieses Gerät zu bewerben –
„und sein Hersteller, Krauss-Maffai Wegmann (KMW), schickt sich auf seiner Website an, den Gepard als weiterhin zukunftsfähig zu verkaufen: »Die aktuelle Version des Gepards ist allen Ansprüchen des 21. Jahrhunderts zur Abwehr moderner Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber, ferngelenkter Flugkörper und Raketen gewachsen. Auch Drohnen werden zuverlässig bekämpft. Die ballistischen Geschosse können nicht durch elektronische Abwehrmaßnahmen gestört werden, ihre Splitterwolken führen zuverlässig zur Zerstörung des Ziels«, wie KMW schreibt.
KMW hat nach eigenen Angaben bis heute 570 Systeme dieses Typs als Generalunternehmer in Serie gefertigt und ist seit Beginn der Nutzung auch Hauptauftragnehmer für die technisch-logistische Betreuung des Systems.
Geliefert wurden Geparden an Deutschland, die Niederlande, Belgien und Rumänien, wo diese bis heute aktiv Dienst tut. Die technische Entwicklung hatte den Geparden in den 1970er-Jahren abgehängt – die Lenkwaffen machten ihm zu schaffen, ließen das wartungsintensive 15-Tonnen-Monster wirtschaftlich alt aussehen, weil die schultergestützten Systeme viel flexibler und günstiger wurden.
Seit die Drohnen im Ukraine-Krieg kleiner und wendiger daherkommen und deshalb in Schwärmen auftauchen konnten, waren die beiden Schnellfeuer-Maschinenkanonen des Gepards mit ihrer Feuergeschwindigkeit von zusammen 1.100 Schuss pro Minute urplötzlich wieder zeitgemäß. Die Notlösung für die ukrainische Luftabwehr wurde plötzlich deren Korsettstange.“
Die Korsettstange ist etwas, was eigentlich nur im Fasching nachgefragt wird. Überflüssiger gehts nicht. Aber hier soll offenbar auf Teufel-komm-raus ein Export-Produkt gestartet werden. Aus Ladenhüter zum Kassenschlager.
„Skynex: Gebaut für die Bedrohungen dieses Jahrtausends
Auch die neuen Entwicklungen in der Luftabwehr setzen wieder verstärkt auf Maschinenkanonen. »Was die Luftverteidigung angeht, so haben wir zum jetzigen Zeitpunkt geliefert, was möglich ist, und wir prüfen immer wieder die Bestände«, zitiert der Spiegel den Regierungssprecher Steffen Hebestreit. »Da ist der limitierende Faktor im Augenblick die Produktion, also was hergestellt werden kann.« Geprüft werde derzeit auch, ob einige ausländische Staaten ihre Waffenbestellungen zugunsten der Ukraine zurückstellen können und dann später beliefert werden, so Hebestreit auf der Bundespressekonferenz.
Laut der Aufstellung des Bundesverteidigungsministeriums über die bisherigen Lieferungen hat die Ukraine auch erstmals ein von der deutschen Waffenschmiede Rheinmetall gebautes Skynex-System bekommen – was das Magazin Europäische Sicherheit und Technik schon Anfang des Jahres angekündigt hatte: Skynex sei laut Beschreibung von Rheinmetall eine offene Architektur, die auf die kanonenbasierte Flugabwehr setzt und sich daher besonders eigne für den Nahbereich, in dem Lenkwaffen nicht effektiv wirken könnten.
Die von dem Unternehmen entwickelte, programmierbare 35mm-Munition sei wesentlich günstiger als vergleichbare lenkwaffenbasierte Systeme. Das Skynex-System besteht aus Luftraumüberwachung, Waffeneinsatzzentrum und Waffe – die Schnellfeuerkanone kann mit einer Kadenz von 1.000 Schuss pro Minute bis auf 4.000 Meter wirken und entweder stationär oder auf einem Radfahrzeug montiert eingesetzt werden.“
Hier wurde also wirklich etwas Neues entwickelt und wird jetzt in der Ukraine getestet.
Man fragt sich, wer dieses System bedient?
„Skyranger: Topmodern und für die Praktiker dennoch unausgegoren
Skynex gilt als Antwort auf den Krieg der Zukunft – wie den das Reservistenmagazin loyal voraussieht: »Als State-of-the-Art-Kriegstaktik der nahen Zukunft gilt den Militärplanern weltweit das Ausschalten von Waffensystemen wie Panzern, indem deren Sensoren durch Drohnen-Schwärme übersättigt werden.« loyal zufolge soll der Auftakt zu einer zeitgemäßen mobilen Flugabwehr der Bundeswehr das Projekt »Qualifizierte Fliegerabwehr« sein. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich die Bekämpfung von kleinen Drohnen bis zu 150 Kilogramm.
Die Reservisten sehen die Zukunft der deutschen Luftabwehr allerdings unausgegoren geplant und üben Kritik am Gepard-Nachfolger Skyranger – ebenfalls ein Produkt von Rheinmetall, das darauf ausgelegt ist, mit einer 35mm-Maschinenkanone Splittermunition mit hoher Feuergeschwindigkeit rund fünf Kilometer gen Himmel zu schießen. Das System kombiniert den Geschützturm Mantis und den Radpanzer Boxer – für die loyal-Beobachter deshalb ein instabiles System, das kaum mit dem Gepard zu vergleichen wäre. Auch im Mantis-Turm sehen die Experten eher eine stationäre Lösung – beispielsweise für den Schutz von Gebäuden. loyal: »Es ist nicht für die Begleitung von Truppen ausgelegt. Somit ist die Skyranger-Lösung zuvorderst eine Schutzkuppel, die mit den Truppen verschoben wird. Mobiler Konvoischutz, also aus der Fahrt heraus Artillerie- und Mörserbeschuss zu bekämpfen, würde schwierig.«
Deutsche Oldtimer im Ukraine-Krieg – Gepard-Panzer machen Jagd auf Kamikaze-Drohnen
Seit Anfang des Jahres lässt Rheinmetall den Skyranger in der Ukraine einsetzen – zwei Einheiten sind vor Ort, also zu wenige, um einen Unterschied zu machen. Im Gegenteil. Nach dem Jahreswechsel hatte Russland seine Luftangriffe intensiviert. Die Prognosen für die ukrainischen Verteidiger ist düster: Momentan schieße die Ukraine rund 85 Prozent der russischen Raketen und Drohnen ab, sagte unlängst der Befehlshaber der ukrainische Luftwaffe, Mykola Oleschtschuk gegenüber der Deutschen Welle. Für mobile Gruppen sei gerade genug Munition da, »um den nächsten heftigen Angriffen standzuhalten«, sagte der ukrainische General Serhij Najew gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Aber das Rückgrat der Luftverteidigung bleibe der deutsche Oldtimer, wie die Deutsche Welle weiter berichtet: Die Ukraine muss sowohl ihre Truppen an der mehr als 1.000 Kilometer langen Front als auch militärische und zivile Objekte im Landesinneren schützen – Sparsamkeit sei daher das oberste Gebot: Die teureren westlichen raketengestützten Systeme wie das Patriot-System werden meist nur gegen russische Raketen im Landesinneren eingesetzt. Jagd auf die billigen iranischen Drohnen vom Typ Shahed 136 machen vor allem die von Deutschland gelieferten Gepard-Flakpanzer.“
Das waren die guten Nachrichten für die Heimatfront. „Unser“ Gerät ist im Einsatz!
Billig und sparsam – seltsame Attribute, wenn es um Krieg und Fragen der Souveränität geht.
Aber in diesem Krieg ist vieles seltsam.
(FR, 9.1.)
Inzwischen gibt es einen schwunghaften Handel mit ukrainischen Pässen. Derzeit ist eine Fälschergruppe in Aserbaidschan aufgeflogen, aber sie ist beileibe nicht die einzige.
Mit dem ukrainischen Pass kriegt man in EU-Staaten Aufenthaltsrecht und Unterstützung. Gleichzeitig gibt es auch viele ukrainische Pässe, die die vorherigen Besitzer billig verkaufen, wenn sie sich einen russischen zulegen.
Sowohl nach Angebot als auch nach Nachfrage ist die Sache also perspektivenreich und bietet sich als Geschäftsfeld an.
(Izvestija, 18.1.)
„Der europäische Plan für Waffenlieferungen an die Ukraine häuft Schulden in Höhe von 7,16 Milliarden Euro an
Brüssel fordert 5 Milliarden pro Jahr, um einen Sonderfonds einzurichten, um die Unterstützung Kiews gegen Russland aufrechtzuerhalten
Die Abhängigkeit der Ukraine von westlichen Waffen wird immer größer. Während sich der von Russland begonnene umfangreiche Krieg seinem zweiten Jahrestag nähert und befürchtet wird, dass die EU mit ihrer Unterstützung für Kiew allein gelassen wird, wenn der Republikaner Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehrt, schließt Brüssel den Hilfsfonds für die Ukraine ab, ein besonderes Instrument Bereitstellung von Waffen und Ausbildung für das überfallene Land, ausgestattet mit 5.000 Millionen Euro pro Jahr.“
Das Vokabel „umfangreich“ ist verräterisch – es heißt nämlich: Nie hätten wir damit gerechnet, daß Rußland ernst macht und soviel Soldaten und Material in die Schlacht wirft!
Die Perspektive, daß die USA bald den ganzen umfänglichen Krieg der EU um den Hals hängen könnten, erfreut die EU-Politiker nur mäßig, wie man sieht. Aber zurück können sie auch schlecht. Das wäre das Eingeständnis einer Niederlage.
„Der Fonds, der eine Sicherheitsverpflichtung für die europäische Unterstützung darstellen soll, wird auch die Erstattungssätze für Partner für in die Ukraine gesendetes Material festlegen. Seit Beginn der Invasion hat die EU 3,5 Milliarden Euro für Waffen für Kiew und weitere 2 Milliarden für Munitionsprogramme bewilligt. Laut einem Dokument des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) (…) häufen sich jedoch Rückzahlungsschulden in Höhe von 7.160 Millionen. Der EAD legt den Rahmen für die Einrichtung des Fonds fest und hebt hervor, daß die Bedingungen für diese Rückerstattungen »strenger« als die aktuellen sein müssen.
Verzögerungen bei der Rückführung in die Mitgliedsstaaten können Lieferungen über dieses System behindern, sagt eine hochrangige diplomatische Quelle. Dieses Problem erhöht die Schwierigkeiten der Verteidigungsindustrie, das Produktionstempo aufrechtzuerhalten.“
Diesen geschraubten Satz, wo sich die Verfasserin sichtlich windet, die harte Wahrheit auszusprechen, in ein normales Deutsch gebracht: Die Mitgliedsstaaten der EU erhielten Zusicherungen, daß alles Geld für Waffen, die sie in die Ukraine liefern, von Brüssel rückerstattet wird.
Mehr als Zusicherungen waren es offenbar nicht, diese Angelegenheit wurde nie vertraglich festgelegt und sie erhielten offenbar oftmals nichts, zumindest bisher.
Da die Rüstungsfirmen vermutlich auf Bezahlung gedrungen haben, mußten das die diversen Regierungen aus ihrem Budget abzweigen.
Diese Zahlungen gingen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durchs Parlament, sondern wurden irgendwie abgezweigt und warten noch auf ihre offizielle Verbuchung. Die Regierungen, die Waffen in die Ukraine schickten, hofften ja, das Geld zurückzuerhalten und machten deshalb darum kein großes Aufhebens, weil das ja den Volkszorn und die Parteienkonkurrenz beflügelt hätte.
Mehr als 7 Milliarden stehen also in der Warteschlange, um irgendwie erledigt zu werden: Entweder als Geschenk an die Ukraine durch die diversen Lieferanten-Staaten, oder als Schuld im EU-Budget, das aber auch nicht ganz auf diesen Aderlaß vorbereitet ist, nachdem die locker beschlossenen 50 Milliarden für die Ukraine wegen Ungarns Weigerung nicht genehmigt werden konnten.
Mit der Einrichtung dieses Fonds sollen die Bedingungen für die Rückzahlung strenger werden – bisher gab es offenbar keine Bedingungen, alles auf Handschlag, und dann wurde nicht gezahlt …
Vor allem Staaten wie Polen, die ja sehr viel – und wirklich entscheidendes – Zeug hinübergeschoben haben, dürften jetzt ziemlich sauer sein, was die Aufgabe der neuen Regierung erschweren wird, sich mit der EU wieder gut zu stellen.
„Die Ukraine und der Westen bereiten sich auf einen langen Krieg vor, nachdem die Gegenoffensive der Kiewer Streitkräfte im Herbst 2023 gescheitert ist und sich der Konflikt im Osten und Süden verfestigt hat. Die Situation an der Front ist kompliziert: Die ukrainischen Truppen sind durch die mangelnde Rotation erschöpft, viele der ihnen zur Verfügung stehenden westlichen Waffen sind durch den Einsatz überlastet und an einigen entscheidenden Punkten befinden sich die Brigaden auf Munitionsdiät: Die EU hat auch die im letzten Jahr versprochene Million an Artilleriegeschossen nicht geliefert. Die Ukraine erhält von ihren Verbündeten gerade genug, um Widerstand zu leisten, aber noch nicht genug, um einen Wendepunkt herbeizuführen.
Unterdessen hat Russland (143 Millionen Einwohner im Vergleich zu 40 Millionen in der Ukraine vor der Invasion) seine Kriegsziele nicht erreicht, sondern bleibt auf seinen befestigten Stellungen. Der Kreml hat einige Meter im Osten und Süden, die Kiew im Sommer zurückerobert hatte, erneut erobert und bereitet neue Offensiven vor. Das Land setzt seine gesamte Maschinerie – bereits im Kriegswirtschaftsmodus – ein, um die Invasionsbemühungen zu unterstützen, indem es Panzer in Autofabriken und Drohnen in Bäckereien herstellt. Westlichen Geheimdienstberichten zufolge hat Moskau auch Waffen aus dem Iran und Nordkorea gekauft.“
Wer hätte das gedacht: Rußland hat zwar kein Kriegsrecht verhängt, aber eine Kriegswirtschaft eingeführt – was es im Unterschied zur EU auch kann.
Überraschung Nr. 2: Rußland ist gar nicht „isoliert“, wie allgemein verlautet wird, sondern hat Verbündete, von wo es Waffen kauft!
„Die EU unterstützt derzeit die Lieferung von Waffen in die Ukraine über den Europäischen Friedensfonds (EPF),“ (!!!) „über den die Mitgliedstaaten eine Rückerstattung für die Waffen erhalten, die sie in die Ukraine schicken, und der die Ausbildung von Kiewer Truppen in europäischen Missionen finanziert.“
Erhalten sollen, muß es heißen, denn der Artikel handelt ja davon, daß sie eben viel nicht erhalten haben.
„Die Union hat sieben EPF-Pakete im Gesamtwert von 3,5 Milliarden Euro genehmigt, Entscheidungen über die Zuweisung und Auszahlung der Mittel werden jedoch einstimmig getroffen, und Ungarn (…) hat eine achte Tranche von 500 Millionen Euro seit letztem Frühjahr blockiert.“
Komisch, man hört immer von 50 Milliarden, jetzt geht es nur um diese lächerlichen 500 Milliönchen?
„Dieses Genehmigungssystem will Brüssel mit dem neuen Sonderfonds (FAU) Stück für Stück umgehen. Das Instrument wird auf zwei Säulen basieren: der Lieferung von tödlichem und nichttödlichem Material an die Ukraine – wobei gemeinsame Einkäufe bei der europäischen Industrie Vorrang haben – und der Ausbildung von Truppen.
Der EAD schlägt vor, dass die Erstattungen an Partner für aus ihren Arsenalen und durch einseitige Akquisitionen versandtes Material »schrittweise« abgeschafft werden, und führt einen höheren Erstattungssatz in Form eines »Bonus« für gemeinsame Initiativen für Käufe aus der europäische Rüstungsindustrie ein.“
Also die einheimische Rüstungsindustrie soll aufgepäppelt werden und nicht den USA das Geld in den Rachen geworfen werden.
Sofort fragt sich: Wer hat denn eine solche potente Rüstungsindustrie?
„Eine Hinweis auf Frankreich, das seine Rüstungsindustrie stärken will, aber in gewisser Weise auch auf Deutschland, das in den letzten Monaten angedeutet hatte, dass der Europäische Friedensfonds nicht funktioniere, da der Weg darin bestehe, neue Waffen nach Kiew zu liefern.“
Alles sehr rätselhaft formuliert.
Auch Frankreichs Industrie ist nicht groß genug, oder hat nicht genug von dem, was die Ukraine brauchen würde.
Daß der Friedensfond (!!!) ungeeignet ist für seine Inanspruchnahme als Rüstungs-Subventions-Hebel, liegt auf der Hand.
Voriges Jahr, als das alles beschlossen wurde, meinte man ja in der NATO, Rußland würde bald geschlagen werden und diese ganzen Ausgaben würden reichlich in Form von Bedingungen und Reparationen usw. zurückkommen.
Der Friedensfonds muß also jetzt in einen Dauerkriegsfonds umgebaut werden, und da ist sowohl was Finanzierung als auch was inanspruchnahme betrifft, Streit angesagt.
Und das, während noch die Schulden der Vorjahre nicht bezahlt sind.
„Der neue FAU-Fonds schließt die Finanzierung außereuropäischen Materials nicht aus, aber wird sie »von Fall zu Fall« untersuchen, heißt es beispielsweise im Fall der von in den USA hergestellten F-16-Militärjäger, die mehrere Partner (wie die Niederlande) der Ukraine zugesagt haben, sobald ihre Piloten die Ausbildung abgeschlossen haben.
Brüssel wird auch die Ausbildung ukrainischer Truppen im See- und Luftbereich ausbauen.“
Das sind noch Hoffnungsgebiete, nachdem sich herausgestellt hat, daß die Bodentruppen nicht mehr vorankommen werden.
„Und es wird vorgeschlagen, dass die EU in der nächsten Legislaturperiode, nach den Europawahlen im Juni, zur langfristigen Reform der Streitkräfte und des Verteidigungssektors Kiews beitragen wird. »Der Ausbildungsbedarf der ukrainischen Streitkräfte wird angesichts der hohen Fluktuationsraten und der anspruchsvollen Situation an der Front nur noch steigen“, heißt es im EAD-Bericht vom Freitag.“
Man fragt sich nur, wo die Azubis herkommen sollen, da die Ukraine die größten Schwierigkeiten bei der Rekrutierung hat.
(El País, 22.1.)
Jetzt formiert die EU eine Rote-Meer-Mission gegen die Huthi-Ansarollah-Milizen.
Italien, Frankreich und Griechenland keilen sich um die Führung derselben. Es soll eine eigene Militärmission sein, die mit den USA kooperieren will.
Man merkt, erstens will die EU nicht den USA allein das Feld überlassen, andererseits will sie sich auch nicht unterordnen, also den USA anschließen.
Mit den USA „und anderen Verbündeten“ (??) will die Mission „geheime Informationen austauschen … Aber sie wird unabhängig sein und sich nur dem Schutz widmen, aber keine Angriffe durchführen.“
(El País, 31.1.)
Wer wohl die „anderen Verbündeten“ sind?
„Waffenimporte nach Europa haben sich fast verdoppelt
Weltweit sank der Waffenhandel in den vergangenen fünf Jahren hingegen. Die Ukraine ist der größte europäische Importeur, die USA sind weiterhin Exportland Nummer 1
Der Trend steigender Waffenimporte nach Europa hat auch im vergangenen Jahr angehalten. Im Zeitraum zwischen 2019 und 2023 importierten europäische Staaten fast doppelt so viele Waffen wie im Vergleichszeitraum zwischen 2014 und 2018, wie aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI) hervorgeht. Weltweit sank der Waffenhandel in den vergangenen fünf Jahren hingegen demnach um 3,3 Prozent.
Bei weitem größter Waffenimporteur in Europa ist weiter die Ukraine mit einem weltweiten Anteil von 4,9 Prozent und einem Anstieg von 6.633 Prozent zwischen 2019 und 2023 im Vergleich zu den vorhergehenden fünf Jahren. Das SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) ging davon aus, dass die Importe in Europa auch künftig auf hohem Niveau bleiben würden. "In den vergangenen Jahren haben wir einen deutlich größeren Bedarf an Luftabwehrsystemen in Europa festgestellt, der durch den Angriff Russlands auf die Ukraine in Gang gesetzt wurde", erklärte SIPRI-Experte Pieter Wezeman in einer Aussendung.
55 Prozent stammen aus USA
Rund 55 Prozent der europäischen Waffenimporte stammten laut dem SIPRI-Bericht aus den USA. Europa selbst ist verantwortlich für etwa ein Drittel der globalen Waffenexporte, wobei ein Großteil in außereuropäische Regionen exportiert wird. Das reflektiere die starke militärisch-industrielle Kapazität Europas, sagte SIPRI-Direktor Dan Smith. (…)“
(Standard, 11.3.)
So scheint derzeit das ökonomische Modell der USA auszusehen: Die Europäer kaufen bei uns Waffen, um damit die Ukraine zu unterstützen und ihre leeren Lager aufzufüllen.
Weltweit haben die USA ihre Position als Rüstungsexporteur ausgebaut, auch weil Rußland derzeit seine Waffen selber verwendet und weniger zu exportieren hat.
Die Europäer werden sich schwer tun, ihre Rüstungskapazitäten zu erweitern – diese Industrie braucht jede Menge Energie.
Sodaß sie weiter als treue Käufer von US-Rüstungsgütern eingeplant sind.
„SOLDATENMANGEL
Wie Europas Armeen angesichts des Ukrainekriegs Personallücken füllen wollen
Der Ruck, der nach dem russischen Überfall auf die Ukrainer durch viele Länder Europas gegangen ist: In den Kasernen zwischen Cádiz und Flensburg macht er sich vorerst nicht bemerkbar. So gut wie alle EU-Länder kämpfen gegen den grassierenden Mangel an Soldaten an. Bis 2030 will Deutschland die Zahl seiner Soldaten von 181.514 (Stand Ende 2023) auf 203.000 steigern, Polen von 197.000 auf 220.000, und Frankreich, die einzig verbliebene EU-Atommacht, will künftig 275.000 statt wie derzeit 240.000 Soldaten in Uniform zur Verfügung haben. Die Frage, die nicht nur diese drei, sondern auch die meisten anderen EU-Staaten eint: Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Gerade einmal neun der 27 EU-Länder stocken die Reihen ihrer Armeen derzeit mit Wehrdienstpflichtigen auf – darunter Österreich, wo der Pflichtdienst erst 2013 per Volksbefragung bestätigt wurde. Von den aktuell 32 Nato-Mitgliedern sind es nur noch acht. Einige davon wie etwa die baltischen Staaten, aber auch Schweden und Dänemark haben als Nachbarn Russlands die Wehrpflicht nach der Annexion der Krim wieder eingeführt. Führt daran also kein Weg vorbei, will Europa wehrfähig bleiben? (…)“
(Standard, 30.5.)