Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 6.8.: Weitere Schüsse ins Knie

DIE SANKTIONEN WERDEN BESTEHEN BLEIBEN, AUCH WENN DAS ZUR DEINDUSTRIALISIERUNG EUROPAS FÜHREN SOLLTE

„Sanktionen weg – Rohr auf: Was ist der Kern des „Turbinenstreits“, um dessentwillen Europa ohne Gas dasitzt?
Der Experte Churschudow meint: Gazprom will Garantien dafür, dass die Turbine für Nord Stream 2 nicht unter antirussische Sanktionen fällt“

(Gemeint ist vermutlich die für Nord Stream 1, weil Nr. 2 ist ja sowieso vorerst abgesagt.)

„Her mit dem Gas!
Es scheint, dass auf der Ebene der großen Unternehmen einiges schief läuft gibt. Selbst der Austausch einer einfachen Schraube in der komplexesten Mechanik wird auf Hunderten von Vertragsseiten beschrieben, in denen die Rechte und Pflichten der Parteien detailliert geregelt sind.
Man sollte meinen, dergleichen genaue Vorschriften gibt es erst recht bei Turbinen für Gaspipelines.
Es stellte sich heraus, daß das keineswegs so ist.
Bei der Siemens-Turbine für die Gaspipeline Nord Stream geschehen mysteriöse Dinge. Sie stand bereits an der Station in Portovaja“ (Ausgangspunkt der Pipeline an der russisch-finnischen Grenze), „arbeitete zur Freude der Deutschen plangemäßt und reiste dann zu ebenfalls planmäßigen Reparaturen nach Kanada. Da begannen die Turbulenzen.
Dort saß sie zunächst wegen der gegen Russland verhängten Sanktionen fest. Daraufhin war Gazprom gezwungen, die Gaslieferungen einzustellen. Als Reaktion darauf trafen Drohungen und Anschuldigungen aus Europa ein, dass Russland Gas als Druckwaffe einsetze. Aber irgendwann einigten sich die Deutschen mit den Kanadiern und sie brachten die Turbine trotzdem … nach Deutschland, wo Bundeskanzler Olaf Scholz sie sogar begutachtete und ein Gutachten erstellte: Die Turbine ist einsatzbereit, man kann sie aufstellen und pumpen.“

Scholz, der technische Experte.

„Angeblich wurde wurden die Sanktionen (für die Turbine) aufgehoben, Kanada, Deutschland, die Europäische Union erlaubten es (– es fehlte nur noch der Segen des Papstes) …
Nur Gazprom hat es nicht eilig, die Turbine zu übernehmen.
Wegen all dieser Streitigkeiten erhält Europa weniger Gas. Statt 167 Millionen Kubikmeter pro Tag sieht die deutsche Seite auf ihren Sensoren klägliche 33 Millionen Kubikmeter. Das heißt, die Gaspipeline arbeitet jetzt nur noch mit 20 % ihrer Kapazität.

Eine Frage der Technik
Also, was ist der Grund? Der russische Konzern bezieht sich auf den Buchstaben des Vertragstextes (d.h., des Gesetzes), gegen den die Kanadier zusammen mit den Deutschen bereits verstoßen haben. Und jetzt nicht ganz begreifen, wie sie wieder aus dem Schlamassel herauskommen sollen.
Gazprom begründet sein Vorgehen wie folgt: »In Ermangelung offizieller Klarstellungen der EU und des Vereinigten Königreichs zur Anwendung von Sanktionen ist nicht klar, ob Reparatur und Transport von Gasturbinentriebwerken für die Station Portovaja CS Exportbeschränkungen unterliegen werden oder nicht«, teilte das Unternehmen mit.
Hinter der raffinierten Sprache von Pressemitteilungen und offiziellen Schreiben bleibt immer noch unklar, warum diese Turbine noch nicht in ein Flugzeug verladen wurde, um nach Russland gebracht zu werden und dort endlich mit voller Leistung Gas in die Röhre zu treiben.

Zur Klärung wandte sich KP.RU an den Experten der Öl- und Gasinformationsagentur, den Kandidaten der technischen Wissenschaften Alexander Churschudov:

ACh: Um es ganz einfach auszudrücken: Gazprom will Garantien, schriftliche Zusagen, daß die Turbine nicht unter antirussische Sanktionen fällt.

KP: Technisch könnte die Turbine von Deutschland aus per Fernzugriff deaktiviert werden?

ACh: Ja, es wäre möglich, aber die Folgen sind schwer vorhersehbar. Wenn eine solche Möglichkeit in die Steuerungsautomatisierung gelegt würde, wäre der Reputationsverlust für Siemens enorm. Das Hauptproblem liegt also woanders.

KP: Und zwar wo?

ACh: Im Rahmen des Vertrags mit Siemens hat Russland diese Turbine direkt nach Kanada zu der Siemens-Tochtergesellschaft geliefert. Dazu kam eine Fehlerliste mit 15 Positionen. In Kanada sollte sie repariert werden und russische Spezialisten wurden hinzugezogen, um die Reparaturarbeiten zu überprüfen. Unsere Experten sollten dort ihr Einverständnis geben und gemeinsam mit den Kanadiern die Turbine direkt nach Russland verschiffen.
Aber die kanadischen Behörden machten keine Ausnahmen von den Sanktionen.“

Sie betrachteten also die Rückführung der Turbine als E x p o r t.
Das ist ebenso eine reife Interpretationsleistung wie die der litauischen Behörden, die den Warentransit nach Kaliningrad als Export betrachteten.
Man sieht, die Sanktionen lassen sich durchaus schöpferisch auslegen, wenn es einer Regierung gerade so lustig ist.

„Und die kanadische Siemens-Tochter konnte das im Vertrag vorgeschriebene Verfahren nicht einhalten. Daraufhin schickte sie die Turbine nach Deutschland – das ist nämlich nicht durch Sanktionen verboten.
Was soll unsere Seite“ (also Gazprom) „jetzt machen? Die Übernahme nach Deutschland erfolgte vertragswidrig. Es steht klar geschrieben: »Sie ist dort (von Gazprom) zu übernehmen, wo sie repariert wurde.« Was nützt es, wenn wir uns an Deutschland wenden? Die deutsche Siemens beantwortet unsere Fragen nicht – nicht sie war es, sondern eine Tochtergesellschaft, die die Revision und Reparatur durchführte.
Jetzt will Deutschland die Turbine loswerden.
Nehmen wir an, sie kommt nach Russland, wir installieren sie, aber sie funktioniert nicht. Was wäre dann zu tun? Es gibt niemanden, bei dem man sich beschweren könnte. Weil die im Vertrag vorgeschriebene Reihenfolge der Übernahme und Rückführung verletzt wurde.
Sowohl aus technischer als auch aus rechtlicher Sicht ist es also korrekt, ohne die vorgeschriebene Abnahme keine Zustimmung zur Überstellung nach Russland zu geben.

Streit in Europa
Gazprom will Garantien, erklärt Stanislav Mitrochovitsch, ein führender Experte beim Nationalen Fonds für Energiesicherheit und der Finanzuniversität der Russischen Regierung.

KP: Was möchte der Westen erreichen?

StM: Der Streit um die Gazprom-Turbine ist eines der Rädchen im großen Spiel gegen Russland. Die westliche Welt versucht weltweit, Russland in einem Wirtschaftskrieg zu besiegen, und niemand verbirgt dies. Was die Situation mit der Turbine selbst betrifft, so gibt es in Europa eine grundlegende Spaltung. Deutschland sagt, dass Russland diese Turbine jetzt akzeptieren und die Nord Stream mit einer höheren Kapazität starten muss, als die, mit der es sie derzeit betreibt. Aber gleichzeitig gibt es innerhalb Europas Stimmen aus Polen, aus den baltischen Staaten, die vorschlagen, den Kauf von russischem Gas zu verbieten und es in das neue Sanktionspaket aufzunehmen. Es gibt also Zwietracht in Europa.

KP: Wie werden diejenigen leben, die komplett auf russisches Gas verzichten wollen?

StM: Sie hoffen, dass es möglich sein wird, von ihren Nachbarn zu kaufen, sie hoffen, daß sie LNG (verflüssigtes Erdgas, Anm. d. Red.) erhalten können, sie hoffen auf Hilfe der Europäischen Kommission … Sie hoffen auf alles.

KP: Vielleicht sind es nur schöne Worte?

StM: Das ist auch so. Zu behaupten, dass sie kein russisches Gas kaufen wollen, ist nicht dasselbe, wie tatsächlich ganz darauf zu verzichten.
Aber es klingt gut.
Auf jeden Fall wollen sie weiter unser Gas. Das gleiche Polen wird es immer noch aus Deutschland oder anderen Nachbarländern kaufen. Aber wir für unseren Teil hören öffentlich: »Dein Gas wird bald verboten.« Gut, gut, euer Wunsch wird verwirklicht.

Her mit Garantien!
KP: Was versucht Gazprom zu erreichen?

StM: Klare Garantien zu erhalten, dass es in Zukunft keine neuen Sanktionen (bezüglich des Gasimports) geben wird, weder von Amerika noch von sonst jemandem. »Geben Sie uns Garantien, daß wir auf Dauer ohne Sanktionen zusammenarbeiten können!« – so können Sie ihre Position formulieren.

KP: Aber solche Garantien will niemand geben.

StM: Genau. Daher haben wir es unsererseits auch nicht eilig, Europa entgegenzukommen und ihnen bei der Wintervorbereitung zu helfen.

KP: Die These ist mittlerweile weit verbreitet, dass Russland, Gazprom und Putin persönlich Gas als Waffe einsetzen.

StM: Diese Meinung, das ist wichtig, wird von Leuten geäußert, die von Rußland 300 Milliarden Dollar Gold und Devisenreserven gestohlen, schwerste Wirtschaftssanktionen verhängt, ihren Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt, den Handel mit Rußland und den Import russischer Kohle verboten haben (letzteres Verbot tritt am 10. August in Kraft – Anm. der Redaktion). Sie verhängten ein Verbot der Einfuhr von russischem Öl auf dem Seeweg (tritt am 5. Dezember 2022 in Kraft, – Anm. der Redaktion).
Und diese Leute sagen uns, dass Handelsbeschränkungen nicht als politisches Instrument eingesetzt werden sollten?
Es ist sehr naiv, zu erwarten, dass Rußland nicht versuchen würde, seinerseits die vorhandenen Möglichkeiten im Handel als Instrument zu nutzen.

Nord Stream 2 läßt sich nicht mit einem Satz in Betrieb nehmen
KP: Es gäbe einen sofortigen Ausweg aus der Situation mit der Turbine: Den Start von Nord Stream 2. Wäre das möglich?

StM: Aus technologischer Sicht gibt es keine Probleme mit dem Start von Nord Stream 2. Wladimir Putin sagte das sogar zu Gerhard Schröder, der nach Moskau geflogen war. Mit anderen Worten, wir könnten diese Pipeline sogar jetzt einschalten.

KP: Aber es gibt offenbar keine politische Einigung.

StM: Nord Stream 2 ist aus politischer Sicht ein sehr schwieriges Thema. Ich sehe daher derzeit nicht, daß Europa dem zustimmen könnte. Schauen Sie, wie lange sie gebraucht haben, um das Problem mit der gewöhnlichen Turbine für Nord Stream 1 zu lösen: Um Kanada zu überzeugen, mussten sie eine Entscheidung treffen, abstimmen und so weiter. Es dauerte mehrere Wochen. Und das ist, könnte man sagen, angesichts der Problematik um Nord Stream 2 eine Frage von ein paar Cents.

Versöhnlicher Schröder
KP: Warum ist Gerhard Schröder nach Russland geflogen?

StM: Offiziell sagte seine Frau, dass er über Energiefragen und Energiepolitik gesprochen habe.

KP: Als Unterhändler?

StM: Man muß sich darüber im Klaren sein, dass er darüber nur als Privatperson sprechen konnte. Es ist unwahrscheinlich, dass er der Abgesandte von Herrn Scholz war. Obwohl Schröder viel für die Beziehungen zwischen Russland und Europa getan hat (auch die Nord-Stream-Gaspipelines waren seine Idee), ist die Einstellung ihm gegenüber zu Hause äußerst negativ. In der deutschen Presse wird er in einem fort durch den Kakao gezogen.

KP: Kann er überhaupt eine Einigung erreichen?

StM: Ich glaube nicht. Außerdem würde es überraschen, wenn er nicht auf juristischer Ebene zu einer Art Agenten Putins erklärt wird. In der allgemeinen Propaganda wird er schon lange als solcher gehandelt.

Industrie kaputt
KP: Wie wird das alles enden?

StM: Ich denke, je mehr so Sätze wie »Wir brauchen kein russisches Gas«, »Wir werden Russland besiegen und zerstören«, »Wir werden bald das russische Gas aufgeben« (– ich habe mir das nicht ausgedacht, sie sagen das tatsächlich seit März auf allen Regierungsebenen) in Europa ausgesprochen werden, desto mehr wird sich in Russland der Standpunkt durchsetzen, dass es notwendig ist, die Lieferungen nach Europa einzustellen. In diesem Fall wird Europa mit einer vollständigen Reduzierung der Lieferungen konfrontiert sein, und dies wird eine sehr belastende Situation für sie sein.

KP: Und wenn wir das Ventil nicht bis zum Ende drehen?

StM: Selbst wenn es nicht zu einem vollständigen Lieferstopp kommt und die aktuelle Situation anhält (wir liefern um ein Vielfaches weniger Gas als im Vorjahr), wird es für Europa sehr schwierig, seine Industrie zu erhalten. Wegen teurer Energieressourcen wird es immer mehr Betriebe schließen müssen.

KP: Europa steht ein harter Winter bevor.

StM: Es geht nicht um den Winter. Im Winter werden die Schwierigkeiten ihren Höhepunkt erreichen. Aber es geht um viel mehr.
Ich denke, in Europa wird diese Krise die Deindustrialisierung und den wirtschaftlichen Niedergang durch den Verlust eines Teils der Industrie, durch den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Ländern der Welt zur Folge haben. Die Türkei zum Beispiel wird möglicherweise einen Teil des industriellen Potenzials Europas übernehmen.

KP: Wie wird sich dies auf Russland auswirken?

StM: Wir müssen zunächst darüber nachdenken, wie wir den europäischen Markt ersetzen, wann wir Verträge mit den Chinesen für neue Pipelines abschließen, schließlich, wann wir neue eigene Industrialisierungsprojekte starten werden, und so weiter.

206 Gedanken zu “Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 6.8.: Weitere Schüsse ins Knie

  1. Mit anderen Worten: Gazprom nutzt die bestehenden Verträge, um rechtliche Argumente zu finden die Turbinen nicht einbauen zu müssen und mehr Gas zu liefern. 

    Was versucht Gazprom zu erreichen?

    Klare Garantien zu erhalten, dass es in Zukunft keine neuen Sanktionen (bezüglich des Gasimports) geben wird, weder von Amerika noch von sonst jemandem. »Geben Sie uns Garantien, daß wir auf Dauer ohne Sanktionen zusammenarbeiten können!« 

    Soviel ich weiß gibt es beim Gas keine Sanktionen gegen Russland. Wer soll außerdem eine solche Garantie aussprechen. Die USA, die EU, die Nato? Soll es eine internationale Konferenz gegen zukünftige Gas-Sanktionen geben? Das scheint mir unausgegoren bzw. nicht auf eine Lösung ausgelegt zu sein. Russland will die EU jetzt erstmal schädigen.

    Bezüglich der Folgen für die europäische Wirtschaft, hat der Herr Mitrochovitsch recht. Die Türkei als Nachfolger der EU – das sollen die EU-Chefs mal durch ihre Hirnwindungen kriechen lassen – wie ihnen das schmeckt. Das volle Ausmaß der Katastrophe ist hierzulande noch gar nicht angekommen. Der Westen insbesondere Europa verliert diese Auseinandersetzung und je eher sie das begreifen und von ihrem hohen Ross absteigen, desto besser wäre das. – Wahrscheinlich siegt die Dummheit – wie immer.

  2. "je mehr so Sätze wie »Wir brauchen kein russisches Gas«, »Wir werden Russland besiegen und zerstören«, »Wir werden bald das russische Gas aufgeben« (– ich habe mir das nicht ausgedacht, sie sagen das tatsächlich seit März auf allen Regierungsebenen) in Europa ausgesprochen werden, desto mehr wird sich in Russland der Standpunkt durchsetzen, dass es notwendig ist, die Lieferungen nach Europa einzustellen."

    Warum aber hat sich dieser ja neheliegende Standpunkt nicht schon lange durchgesetzt? Steht Rußland schon so mit dem Rücken zur Wand, daß es keine eigenen Wirtschaftskriegsmaßnahmen beschließen kann? Ist Rußland selbst jetzt, bei den völlig zerütteten Wirtschaftsbeziehungen und Vertragsbrüchen noch der irren Ansicht, daß wenigstens Rußland sich an die zerfetzten Regeln halten "müsse"?

  3. Rußland steht auf dem Standpunkt, daß das Recht auf seiner Seite ist, daß es ein wichtiger Player in einer multipolaren Welt ist und daß dieser Standpunkt sich weltweit durchsetzen wird.

    Was das Gas angeht, so ist das eigentlich klar ausgesprochen, daß sie den Vertragsbruch auf der Seite Deutschlands bzw. der Siemens-Holding sehen. Solange hier keine Klarheit herrscht, wird mit dem Gas zurückhaltend umgegangen.

    Rußland ist also weit entfernt, aus einer Position der Schwäche zu agieren, sondern es will neue Regeln setzen bzw. sich zum Garanten von internationalen Abmachungen erklären, die von westlicher Seite gebrochen werden.

    Dazu paßt auch, daß sie unzählige Verfahren gegen ukrainische Soldaten und Politiker eingeleitet haben, um dort dann einmal Recht zu sprechen, wenn die „Spezialoperation“ abgeschlossen ist.

  4. Warum aber hat sich dieser ja neheliegende Standpunkt nicht schon lange durchgesetzt?

    Na weil bisher alles geklappt hat. Die Russen haben Gas geliefert und die Europäer haben gezahlt.

    "Steht Rußland schon so mit dem Rücken zur Wand, daß es keine eigenen Wirtschaftskriegsmaßnahmen beschließen kann?"

    Wirtschaftskriegsmaßnahmen macht Russland doch gerade, indem sie die Turbine nicht annimmt und die Gaszufuhr drosselt.

    "Ist Rußland selbst jetzt, bei den völlig zerütteten Wirtschaftsbeziehungen und Vertragsbrüchen noch der irren Ansicht, daß wenigstens Rußland sich an die zerfetzten Regeln halten "müsse"?"

    Dadurch setzt sie den Gegner ins Unrecht. Der Experte sagt doch ganz klar: "Es ist sehr naiv, zu erwarten, dass Russand nicht versuchen würde, seinerseits die vorhandenen Möglichkeiten im Handel als Instrument zu nutzen.

    "Solange hier keine Klarheit herrscht, wird mit dem Gas zurückhaltend umgegangen."

    Mit rechtlicher "Klarheit" hat das nichts zu tun. Sie wollen die Verträge so auslegen, dass sie kein weiteres Gas liefern müssen. Ob das rechtlich korrekt ist, spielt am Ende keine Rolle. Wenn die Russen wollen würden könnten sie die Rücknahme der Turbine sicher verhandeln..z.B. indem man eine Zusatzvereinbarung trifft, dass die Gewährleistung trotz Lieferung aus einem anderen Land erhalten bleibt. Der Westen könnte Gazprom auch garantieren, dass die Lieferung von Gas und zugehöriger Technik nicht als Sanktionsverstoß geahndet wird. So könnte man vorgehen, wenn man wollen würde. 

     Es steht klar geschrieben: »Sie ist dort (von Gazprom) zu übernehmen, wo sie repariert wurde.« Was nützt es, wenn wir uns an Deutschland wenden? Die deutsche Siemens beantwortet unsere Fragen nicht – nicht sie war es, sondern eine Tochtergesellschaft, die die Revision und Reparatur durchführte. Jetzt will Deutschland die Turbine loswerden. Nehmen wir an, sie kommt nach Russland, wir installieren sie, aber sie funktioniert nicht. Was wäre dann zu tun? Es gibt niemanden, bei dem man sich beschweren könnte. Weil die im Vertrag vorgeschriebene Reihenfolge der Übernahme und Rückführung verletzt wurde. Sowohl aus technischer als auch aus rechtlicher Sicht ist es also korrekt, ohne die vorgeschriebene Abnahme keine Zustimmung zur Überstellung nach Russland zu geben.

  5. Träum weiter! bin ich da geneigt Putin und Lawrow entgegenzuhalten. Ja Rußland pocht darauf im Recht zu sein. Nur geht es gar nicht um Recht sondern um Gewalt (übrigens auch beim Recht durchsetzen). Und die setzt die NATO und allen voran die USA bekanntlich weltweit durch. Jedenfalls versuchen sie das. Und dem angesagten Vernichtungsprogramm hält Rußland lahm entgegen, "Wir hätten aber viel lieber eine multipolare Welt!"?

    Ja auch beim Gashandel haben die NATO-Staaten reihenweise geltendes Recht gebrochen und Rußland so drastisch klar genacht, daß darauf jetzt geschissen ist. Und die lächerliche Reaktion Rußlands ist, das man erst die Rechtslage prüfen müsse??

    Wie soll Rußland eigentlich zum "Garanten" internationaler Abmachungen werden, wenn es international herzlich wenig in die Waagschale werfen kann?

  6. @Neoprene

    Es wirft ja gerade einiges in die Waagschale. Wenn man diese ganzen Artilleriegeschosse usw. so nennen will. 🙂

    Kämpfe um Einflußsphären und imperialistische Hierarchien müssen mit Gewalt ausgetragen werden, daran führt kein Weg vorbei.

    Die NATO meint, sie wäre im Recht und Rußland meint, das Recht sei auf seiner Seite. Die Zeit wird weisen, wie das ausgeht. Rußland hat jedenfalls die Zeit auf seiner Seite.

    @Kehrer

    Wie der ganze Artikel etwas pessimistisch andeutet, ist das mit den Garantien ohnehin fragwürdig, weil das Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben ist.
    Erst wenn die Sanktionen überhaupt aufgehoben würden, so ließe sich wieder eine gemeinsame Basis finden.

  7. Winter in Europe May Be Springtime for Putin

    Russia’s energy war deploys high prices to promote social turmoil and empower populist parties.

    The second front has opened in the battle for Ukraine—an energy war in Europe. There’s no mystery about Vladimir Putin’s strategy. He laid it out at an economic conference in St. Petersburg in June: high energy prices, which bring hardship as they radiate through the European economy, which will create social turmoil, which will mean that people vote their pained pocketbooks. This in turn will bring to power populist parties that will, to use his own language, change “the elites” in Europe.

    The ultimate aim is to bring governments to power in Europe that aren’t committed to supporting Ukraine and thus fracture the Western coalition. The strategy is already at work. Last month a right-wing party pulled out of Italy’s governing coalition, citing “the terrible choice” that Italian families face “of paying their electricity bill or buying food.” This forced the resignation of Prime Minister Mario Draghi, who in June had traveled to Kyiv to affirm Italy’s support for Ukraine.

    https://www.wsj.com/articles/winter-in-europe-may-be-springtime-for-putin-ukraine-energy-gas-supplier-war-european-union-shipments-pipeline-11659556722

    Man merkt, die Republikaner gewinnen Oberhand, ihre Zeitungen ergreifen immer stärker Partei für ein Ende der Unterstützung der Ukraine.

  8. Nein, Rußland wirft nichts in die Welt, sondern nur in die Ostukraine. Ja noch nicht mal in die Westukraine oder ins Schwarze Meer. Selbst die Züge dürfen da ja noch pünktlich fahren. Das Parlament und das Präsidentengebäude haben ja noch nicht mal einen Kratzer abbekommen.

    Nochmal, es geht im Ukraine-Krieg wie sonst auch immer nicht darum, Recht zu bekommen, sondern einfach nur darum zu gewinnen. Hinterher kann man dann als Sieger natürlich Recht sprechen.

  9. Natürlich.

    Aber ich begreife nicht, warum du das immer als Schwäche auslegen willst.

    Rußland rechnet damit, alles, was es ruiniert, nach dem Sieg wieder aufbauen zu müssen, und geht deshalb anders vor als z.B. die USA in Afghanistan oder Irak usw.
    Dort hatten die das ja gar nicht vor.

  10. ???

    Ich weiß jetzt nicht, worum es geht.

    1. Die Ukraine betrachtet Rußland zumindest teilweise als einzuverleibendes Gebiet, also will man dort nicht alles in Grund und Boden bombardieren.

    2. Rußland braucht keinen Wirtschaftskrieg gegen den Westen führen, das erledigt der Westen ja selber.

  11. 1. In dem ja an der Gesamtgröße der Ukraine gemessen kleinen eroberten Teil *ist* Alles in Schutt und Asche bombardiert worden. Cherson war bisher die Ausnahme. Das russische Vorrücken beruht mittlerweile geradezu ausschließlich auf der Artilleriewalze, die Alles zu Klump schießt.

    2. Es mag ja sein, daß die USA, Kanada und GB auch einen Wirtschaftskrieg gegen Deutschland führen. Aber mit reinem Aussitzen so einen Krieg der NATO gewinnen zu können wird Rußland kaum gelingen.

  12. Was die „Recht setzenden“ Gewaltmittel betreffen, um seiner globalen Niederlage entscheidend entgegen treten zu können, bleibt dem abstürzenden US-Imperium ausschließlich die Nuklear-Option. So zumindest die Ansicht Scott Ritters nach Pelosis Taiwan-Coup:

    "Wir haben keine Fähigkeiten. Keine, null, außer nuklear – das ist alles, was wir zu bieten haben. Und das ist die große Angst, denn wir sind dabei, auf eine Weise gedemütigt zu werden, wie wir noch nie gedemütigt wurden. Und das wird schlimmer sein als Pearl Harbor."

    https://test.rtde.tech/international/145323-scott-ritter-uber-pelosis-taiwan/

  13. "Wir haben keine Fähigkeiten. Keine, null"

    Sowas ist leicht dahin gesagt. Und trifft auf die europäischen NATO-Staaten, vor allem Deutschland ja auch weitgehend zu. Aber stimmt das denn auch für die USA? Die haben eine sehr schlagkräftige Marine, eine der stärksten Luftwaffen der Erde und richtig fette Rapid Deployment Forces, wie niemand sonst. Wirklich Null?

  14. "Und die lächerliche Reaktion Rußlands ist, das man erst die Rechtslage prüfen müsse??"

    Wieso ist es eine lächerliche Reaktion, wenn Russland die Verträge benutzt, um kein Gas zu liefern? Das heißt, sie halten sich an die Verträge und sie schädigen Europa. Das ist nicht lächerlich, sondern geschickt.

    "Wie soll Rußland eigentlich zum "Garanten" internationaler Abmachungen werden, wenn es international herzlich wenig in die Waagschale werfen kann?"

    Worauf beziehst du dich? Oben geht es darum, dass der Westen garantieren soll, dass Gaslieferungen nicht gegen die Sanktionen verstoßen. Russland wirft alles in die Waagschale außer seine Atomraketen.

    "2. Rußland braucht keinen Wirtschaftskrieg gegen den Westen führen, das erledigt der Westen ja selber."

    Wo Russland das kann, z.B. beim Gas führt es freilich einen Wirtschaftskrieg. 

    "Aber mit reinem Aussitzen so einen Krieg der NATO gewinnen zu können wird Rußland kaum gelingen."

    Aussitzen ist nicht die russische Strategie. Die orientieren sich um. Nur die Natostaaten beteiligen sich an Sanktionen und nicht die Welt.

  15. sie halten sich an die Verträge und sie schädigen Europa. Das ist nicht lächerlich, sondern geschickt.

    Sie schädigen doch Europa gar nicht so, wie Rußland das mit wirklichen Gegenmaßnahmen gegen die NATO-Kriegs-Sanktionen tun könnte. Das trauen sie sich eben nicht oder schon nicht mehr. Der Westen hält sich jedenfalls *nicht* an Verträge, wen will man also mit eigener Vertragstreue irgendwie beeindrucken, die OAS?

    Ein "Garant" internationaler Abmachungen ist ein Staat dann, wenn er Verstöße gegen die Abmachungen sanktionieren kann. Rußland kann oder will gar nicht sanktionieren, was da an Vertragsbrüchen gegen das Land beschlossen wurde.

    Russland wirft alles in die Waagschale außer seine Atomraketen.

    Natürlich nicht: Von seiner Armee steht nur ein Teil in der Ukraine im Kampf. Das Land hat ja noch nicht mal den Krieg erklärt, zieht keine Rekruten ein, setzt seine Luftwaffe nicht ein, usw.

    Wo Russland das kann, z.B. beim Gas führt es freilich einen Wirtschaftskrieg. 

    Genau das bezweifele ich. Es gibt ja noch weitere strategische Rohstoffe, deren Exporte Rußland  einstellen könnte. "Deutschland und der Weltmarkt sind vor allem bei Nickel, Palladium und Chrom abhängig von russischen Exporten. Dies sind Rohstoffe, die zum Teil schwierig zu substituieren sind."

    Nur die Natostaaten beteiligen sich an Sanktionen und nicht die Welt.

    Was heißt denn "nur"?? Das sind die potentesten Staaten auf der Welt, von China und Indien mal abgesehen. Was hat Rußland denn davon, daß die OAS die Sanktionen nicht mitträgt? Das ist doch für den Ausgang des Wirtschaftskrieges recht belanglos. 

  16. @Neoprene

    1. In dem ja an der Gesamtgröße der Ukraine gemessen kleinen eroberten Teil *ist* Alles in Schutt und Asche bombardiert worden.

    Nein, nein, das stimmt nicht. Auch der bisher eroberte Teil von Saporoschje, also Berdjansk und Melitopol und die umliegenden Dörfer sind nicht plattgemacht worden. Nicht immer gleich so übertreiben.

    Natürlich, die Kriegsführung der Ukraine geht auf möglichst große Zerstörung, weil sie damit rechnete, den Donbass zu verlieren, und dort hat Rußland dann auch gesagt, na gut, das Gebiet kriegen wir nicht anders.

    Aber deine vorige Frage zielte doch darauf, warum die restliche Ukraine nicht mehr bombardiert wird, und da stehe ich nach wie vor zu dem von mir geäußerten Standpunkt: Rußland hat mit dem Gebiet noch was vor.

    Die haben eine sehr schlagkräftige Marine, eine der stärksten Luftwaffen der Erde und richtig fette Rapid Deployment Forces, wie niemand sonst.

    Erstens sind sie nur so „stark“ und „fett“ wie ihr Gegner es zuläßt. Bisher sind sie doch gegen viel schwächere Gegner eingesetzt worden, und sogar dort war die Performance nicht immer überzeugend, ich erinnere an Afghanistan.

    Zweitens, und das wird hier in den Medien eigentlich immer unter den Teppich gekehrt, gibt es keine Einigkeit, gegen wen dieses angeblich so überlegene Militär eigentlich eingesetzt werden soll?
    Die republikanischen Eliten meinen mehrheitlich: Gegen China! – und sehen die ganze NATO als ein Auslaufmodell, mit denen parasitäre Verbündete in Europa auf Kosten von Uncle Sam groß geworden sind.

    Aber mit reinem Aussitzen so einen Krieg der NATO gewinnen zu können wird Rußland kaum gelingen.

    Gerade meinst du, sie bombardieren alles in Schutt und Asche und dann wieder ist die Rede von „Aussitzen“.
    Um was geht es eigentlich? Was für ein Krieg gegen die NATO?

    Hier wird die Mär von der unendlichen Überlegenheit des Westens dahergebetet, die doch inzwischen Schall und Rauch ist und mit jedem Tag mehr.
    Der III. WK ist nicht abgesagt, das ist richtig, aber man wüßte gar nicht, wohin eigentlich die USA ihre A-Bomben schmeissen sollten?

  17. Nicht immer gleich so übertreiben.

    Ja, ein paar Städte konnten mit relativ geringen Kämpfen und Zerstörungen erobert werden. Andere, und sicherlich mehr eben nicht. Der erbitterte Kampf um Mariupol hat das drastisch vor Augen geführt, die Kämpfe im Donbass zumeist auch. Artilleriewalzen gehen eben so, vor allem gegen verbunkerte und massiv verschanzte gegnerische Einheiten.

    warum die restliche Ukraine nicht mehr bombardiert wird

    Der Westen wurde eigentlich überhaupt nicht bombardiert, von einigen zum Teil spektakulären Raketenangriffen mal abgesehen. Da hieß es immer, das können wir uns glatt leisten, was z.B. der Westen ungehindert in die Ukraine an die Front karrt, sprengen wir dann schon weg. 

    Rußland hat mit dem Gebiet noch was vor

    Danach sieht es mittlerweile gar nicht mehr aus. Dazu wären größere Offensiven zum Einkesseln von ukrainischen Truppenteile nötig, größere Gebietsgewinne. Massive Panzereinsätze unterstützt von begleitenden Luftwaffeneinsätzen. Das ist alles vorbei, denn dazu ist die Ukraine dank der westlichen Abwehrwaffenlieferungen mittlerweile zu stark und hat reihenweise die teuren Panzer, Flugzeuge und Hubschrauber Rußlands ausgeschaltet.

     Bisher sind sie doch gegen viel schwächere Gegner eingesetzt worden

    Daß die Gegner sich als viel schwächer erwiesen haben, ist doch eine Betrachtung im Nachhinein. Beim Irak habe ich z.B. Stein und Bein geschworen, daß die mit dem Haufen sowjetischer Waffen besser gegen die USA standhalten können. Afghanistan war halt ein ganz anderer Krieg als gegen den Irak oder jetzt gegen Rußland.

    Ein zentraler Punkt ist sicherlich dein Punkt, daß für alle imperialistischen Staaten, vor allem für die USA, nicht so richtig klar ist, bzw. entschieden ist, wer der Gegner des nächsten großen Kriegs sein sollte. Und ich denke auch, daß da sehr viele US-Strategen an einen Krieg gegen China denken, bzw. alles dran setzen die Vorbereitungen zu treffen, um die möglichst schnell besiegen zu können, ehe die für einen US-Sieg schon zu stark geworden sind, so massiv wie China aufrüstet (Jedes Jahr kommt bei der chinesischen Kriegsmarine soviel Tonnage hinzu wie die Ex-Weltmeeresherrscher GB insgesamt überhaupt noch zur Verfügung haben.)

    Was für ein Krieg gegen die NATO? 

    Es gibt zwei parallel laufende Kriege: Einerseits den militärischen Kampf in der Ukraine und dann den Wirtschaftskrieg der NATO-Staaten gegen die russische Wirtschaft. Nur den zweiten versucht Rußland auszusitzen, wohlmöglich, weil es sich schon nicht mehr traut zurück zu schlagen.

    man wüßte gar nicht, wohin eigentlich die USA ihre A-Bomben schmeissen sollten

    Unsereiner sicher nicht. Du kannst aber davon ausgehen, daß es sowohl für Rußland als auch für China akribisch von Jahr zu Jahr aktualisierte Zielvorgaben für alle Raketensilos und Atom-Uboote gibt. 

  18. "Sie schädigen doch Europa gar nicht so, wie Rußland das mit wirklichen Gegenmaßnahmen gegen die NATO-Kriegs-Sanktionen tun könnte."

    Klar schädigen Sie Europa. Sie liefern kein Gas. Was sind denn "wikliche Gegenmaßnahmen"?

    "Der Westen hält sich jedenfalls *nicht* an Verträge, wen will man also mit eigener Vertragstreue irgendwie beeindrucken, die OAS?"

    1. An welche Verträge hält sich der Westen nicht? 2.Warum verstehst du denn nicht, dass die Russen mit formeller Vertragstreue genau das erreichen, was sie wollen. Nämlich kein Gas zu liefern. Also ist Vertragstreue gar keine Einschränkung.

    "Rußland kann oder will gar nicht sanktionieren, was da an Vertragsbrüchen gegen das Land beschlossen wurde."

    Nochmal: Klar wollen sie das z.B. liefern sie kein Gas. Sie füllen die Gasspeicher nicht und treiben dadurch die Gaspreise nach oben.

    "Von seiner Armee steht nur ein Teil in der Ukraine im Kampf."

    Wen sollen Sie deiner Meinung nach denn Angreifen mit ihrer Armee? Polen? die baltischen Staaten? Meinst du Russland hält einen Mehrfrontenkreig aus? Gegen die Nato?

    "Es gibt ja noch weitere strategische Rohstoffe, deren Exporte Rußland einstellen könnte."

    Mit dem Ergebnis, dass überhaupt kein Geld mehr nach Russland fließt. Die machen das nicht, weil sie nicht so blöd wie die EU sind, sich das eigene Auge auszustechen.

    "Das ist doch für den Ausgang des Wirtschaftskrieges recht belanglos."

    Wahrscheinlich haben sie deshalb so viel wert darauf gelegt, dass sie mit dem Getreideabkommen auch ihr Getreide exportieren können.

  19. @Neoprene

    Ich weiß eigentlich nicht, was diese alternativen Generalstabs-Überlegungen einen weiterbringen sollen. Die Russen haben sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu diesem Vorgehen entschlossen, und was dabei herauskommt, ist nicht klar.
    Das Bedürfnis, alles, was Rußland treibt, als Schwäche auszulegen, ist aber seltsam.

    Was den Westen oder die USA angeht, wird von dir eine Einigkeit und Zielgerichtetheit unterstellt, die ich nicht erkennen kann.

  20. Es geht um Einschätzungen dessen, was da läuft, nicht um "alternative Generalstabs-Überlegungen". Da hat es z.B. schon ganz oben hier damit angefangen zu behaupten: "Russland will die EU jetzt erstmal schädigen". Will es das wirklich? Oder "Der Westen insbesondere Europa verliert diese Auseinandersetzung" 

    Auch dein etwas zurückhaltenderes "Rußland steht auf dem Standpunkt, daß das Recht auf seiner Seite ist, daß es ein wichtiger Player in einer multipolaren Welt ist und daß dieser Standpunkt sich weltweit durchsetzen wird." klingt mir sehr nach, ja so wird es kommen, statt nach, sind die denn irre.

    Hat wirklich "bisher alles geklappt" für Rußland? Du hast das ein bißchen relativiert: "Es wirft ja gerade einiges in die Waagschale", aber frohgemut orakelt, "Rußland hat jedenfalls die Zeit auf seiner Seite" und hinzugesetzt "ich begreife nicht, warum du das immer als Schwäche auslegen willst", als wenn du exklusiv aus den Generalstabsplanungen Rußlands berichten könntest.

    Entweder gilt, "Rußland braucht keinen Wirtschaftskrieg gegen den Westen führen". Oder Putin führt den Gaskrieg gegen die NATO, "sie schädigen Europa", "Klar schädigen Sie Europa. Sie liefern kein Gas" Wie bitte?? eine Reduktion um 30 % ist schon "kein Gas"?
     "Russland wirft alles in die Waagschale". Wenn ich das bezweifele kommt als Konter, ich vertrete "die Mär von der unendlichen Überlegenheit des Westens".

  21. Ich verstehe das Entweder-Oder nicht.

    Derzeit finden reduzierte Gaslieferungen statt, und was nächsten Monat ist, weiß weder ich noch vermutlich irgendwer. Ob man das jetzt Wirtschaftskrieg nennen will oder nicht, ist mir  gleichgültig.

    Und was die Schädigung Europas betrifft, so sind die ganzen Sanktionen eine Schädigung Europas und nicht erst die reduzierten Gaslieferungen Rußlands.

  22. Warum hast du eigentlich den Scott Ritter hier unkommentiert stehen lassen mit seinem "Wir haben keine Fähigkeiten. Keine, null" Der ist schließlich auch nicht mehr für den US-Generalstab tätig.

  23. "Ob man das jetzt Wirtschaftskrieg nennen will oder nicht, ist mir  gleichgültig."

    Der NATO offensichtlich nicht. Die tönen tagein tagaus, daß Rußland so fertig gemacht und ruiniert werden soll und wird. Und bisher ist das ein sehr asymmetrischer Krieg. Darauf habe ich hingewiesen.

    Daß Sanktionen Staaten, die allesamt dank Globalisierung miteinander Handel treiben, nicht umsonst zu haben sind, liegt auf der Hand. Und da gibt es natürlich dann immer Kritiker, die auch Bellizisten sind und den Krieg gewinnen wollen, die meinen, das die eigenen Verluste bei irgendeinem Feldzug zu hoch seien und die Schädigung des Feindes es nicht wert sei. Diese Streitereien gibt es in jedem Krieg in den Armeen und Regierungen. Wenn die eigene Seite letztlich siegt, war es das eben wert, wenn nicht, dann kommen hinterher auch andere darauf als nur die ersten Kritiker.

  24. Derzeit finden reduzierte Gaslieferungen statt

    Wirklich? Jedenfalls nicht bei allen großen NATO-Staaten:

    Spanien hat sich bereits gegen die EU-Sparpläne gewehrt. Jetzt wurde bekannt, dass Spanien seine Gasimporte von bisher 10 Prozent auf 25 Prozent angehoben hat (RND: 12.07.22). So viel wie noch nie zuvor. Spanien ist bei der Gasversorgung nicht abhängig von den russischen Pipelines. Spaniens Gasversorgung erfolgte bereits vor der Gaskrise zur Hälfte aus Flüssiggas. Seine Hauptlieferanten sind die USA, die gut ein Drittel des Bedarfs decken, sowie Algerien und Nigeria. Russland lieferte bislang nur 10 Prozent des Bedarfs. Hauptgrund für die angehobene Gasmenge aus Russland dürfte der deutliche geringe Preis sein, um die Bürger bei den Gaspreisen zu entlasten.

    Frankreich hat seine Gasimporte aus Russland erhöht. Da fast kein Gas mehr über die Pipelines kommt, kauft Frankreich jetzt russisches Flüssiggas. Mit den abgenommenen Mengen ist Frankreich, laut CREA-Chefanalyst, Lauri Myllyvirta, zum größten Käufer von russischem LNG geworden (Welt: 01.07.22).  

     

  25. Krieg kostet was, auch wenn man ihn andere delegiert:

    Studie: Deutschland verliert 260 Milliarden Euro

    Der Ukraine-Krieg und die hohen Energiepreise kosten Deutschland hunderte von Milliarden an Wertschöpfung, so eine Studie. Auch die Beschäftigung leidet.

    Die deutsche Wirtschaft verliert durch den Krieg in der Ukraine und die sprunghaft gestiegenen Energiepreise bis 2030 über 260 Milliarden Euro an Wertschöpfung.

    Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die drei Forschungsinstitute gemeinsam erarbeitet haben: das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsbildung (IAB), das Bundesinstitut für Berufsbildung und die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung.

    (…)

    https://www.dw.com/de/studie-deutschland-verliert-260-milliarden-euro/a-62755017

  26. Krieg kostet was, auch wenn man ihn andere delegiert

    Wie kommst du darauf, daß Deutschland und die anderen NATO-Staaten gar keinen Krieg führen? Die Schweiz hält sich da raus und meinetwegen Indien, aber die BRD?
    Im Übrigen sind das wie immer Milchmädchen-Rechnungen: Die nächste Krise (oder hat sie schon begonnen?) wird noch erheblich mehr “Wertschöpfung” kosten. Und das dann auch bei den Staaten, die noch nicht mal aktiv in diesem Krieg sind.

  27. Na ja, die Idee war schon, die Ukraine zur antirussischen Bastion aufzubauen und dann die einmal machen zu lassen.
    Die Schweiz liefert keine Waffen, aber den Sanktionen hat sie sich angeschlossen, als „raushalten“ tut sie sich auch nicht.

    Der Wirtschaftskrieg, wenn man den einmal so nennen will, ist im Grunde schon verloren, und beim „richtigen“ wird die Entscheidung auch nicht ewig auf sich warten lassen.

  28. Ich kann mir nicht vorstellen, daß auch nur ein einziger General im NATO-Generalstab ernsthaft gedacht hat, daß der ja eingeplante Krieg Ukraine versus Rußland so ohne handfeste "Unterstützung" durch die NATO-Armeen und Staaten zu einem Sieg über Rußland gemacht werden könnte.

  29. ???

    Ohne-nicht – ich weiß jetzt gar nicht, worum es geht.
    Unterstützung gibt es ja.

    Was NATO-Generäle sich gedacht haben, traue ich mir nicht sicher zu sagen, aber sicher einen Haufen Blödsinn.
    1. Rußland traut sich nicht, in der Ukraine einzumarschieren.
    2. Wenn sie das trotzdem machen sollten, hauen wir auf den Tisch und die ziehen den Schweif ein.
    3. Die USA schicken einen Flugzeugträger und der macht alles klar. (Jede Menge NATO-Kriegsschiffe tummelten sich im Frühjahr im Mittelmeer und versuchten die Türkei zu „überreden“, sie doch durch den Bosporus zu lassen.)
    4. Wir sind die Größten.
    5. Die Russen haben doch eh nur Schrott,

    usw. usf.

    Man soll nicht glauben, daß das Propaganda-Zeug in den Medien nur für den Konsum der Normalverbraucher bestimmt ist und in den Generalstäben lauter Schlaumeier sitzen.
    Die glauben das selber, und so ist ihr Benehmen jetzt auch.
    ———————

    Zu weiter oben, reduzierte Gaslieferungen – daß jetzt weniger fließt, bezog sich auf die Nord Stream 1 Pipeline, und nicht auf alle Gaslieferungen. Das ist ja auch das Thema des Beitrags.

    Die Öl-Lieferungen über die Druschba-Pipeline sollen nach Ungarn und in die Slowakei wieder aufgenommen werden.
    Das Problem ist aufgetreten, weil Rußlland für den Transit im voraus bezahlen muß. Wegen des 7. Sanktionspaketes kann es das über die Gazprombank nicht mehr machen, die bereits getätigte Zahlung kam zurück, offensichtlich unzustellbar.
    Die Ukraine wickelt ihre gesamten Zahlungen nämlich über EU-Banken ab.

    Jetzt hat Ungarn die Transitgebühren übernommen und wird das vermutlich mit Rußland abgleichen, entweder über die Bezahlung für das erhaltene Öl oder über die staatliche OTP-Bank. Darüber scheint es auch eine Einigung mit der Slowakei zu geben, mit Tschechien allerdings nicht.

  30. Turbinen-News:

    Gazprom weigert sich, die in Deutschland – inzwischen in Mühlheim – stehende Turbine zu übernehmen, obwohl die Firma von Scholz ausdrücklich dazu aufgefordert wurde.

    Sie erinnert daran, daß von den 6 Turbinen in der Verladestation Portovaja gegenwärtig nur eine arbeitet, weitere 4 warten auf Überholungsarbeiten im Ausland, wie im seinerzeitigen Vertrag mit Siemens festgelegt.

    Rußland fordert nach wie vor Garantien, daß diese Turbinen und ihre Reparatur von den Sanktionen ausgenommen werden, sonst gibt es sie nicht heraus.

    Das Ganze ist auch eine ziemliche Unannehmlichkeit für Siemens, weil die ist ja eigentlich die vertragsbrechende Seite, und kann letztlich für verschiedene Schäden, die aus der Affäre entstehen, verantwortlich gemacht werden.

  31. Abschreibung
    Siemens in roten Zahlen – erstmals seit 12 Jahren

    Siemens machte zuletzt Milliardenverluste. Doch die Geschäfte laufen gut und der Konzern beteuert, nicht von Energieproblemen betroffen zu sein. Trotzdem heißt der Grund für die roten Zahlen: Russland.

    Siemens-Chef Roland Busch macht sich wegen einer drohenden Gasknappheit keine Sorgen um den Betrieb. „Derzeit sehen wir nur geringe direkte Auswirkungen auf unsere Fabriken, weil unsere Produktion nicht energieintensiv ist“, sagte Busch in einer Telefonkonferenz am Donnerstag. "Wir nutzen Erdgas nur in einigen nachgeordneten Bereichen in der Produktion, haben somit einen vergleichsweise geringen Bedarf."

    90 % der 280 Gigawattstunden (GWh), die Siemens im vergangenen Jahr verbrauchte, wurden zum Heizen verwendet. Falls das Gas knapp werde, habe man außerdem Maßnahmen getroffen, damit die Produktion weitergehen könne.

    In Europa deckt Siemens seinen Strombedarf fast ausschließlich aus erneuerbaren Quellen. „Wir haben vorausschauend eingekauft und langfristig vorgesorgt“, so der Vorstandsvorsitzende.

    Sorge bereiten Busch eher die steigenden Beschaffungs- und Personalkosten. Die Preise steigen, gleichzeitig müsse die Produktivität steigen, um die inflationären Auswirkungen auszugleichen. „In den nächsten Monaten werden die Geschäfte bei den Ausgaben besonders diszipliniert sein, um die Margen zu halten“, so Busch.

    Und noch ein weiterer Punkt lässt den Konzern die Kriegsfolgen derzeit spüren: eine hohe Abschreibung auf den verbliebenen Anteil an der ehemaligen Energiesparte Siemens Energy und Belastungen im Zusammenhang mit Russland, da sich Siemens wegen des Ukraine-Krieges von dort zurückzieht.

    Dadurch ist Siemens zum ersten Mal seit fast zwölf Jahren in den roten Zahlen. Und das, obwohl die Geschäfte gut laufen. Der Münchner Konzern mit großem Engagement auch in Österreich machte im dritten Geschäftsquartal 1,5 Mrd. Euro Verlust.

    Die Energy-Abschreibung, die Siemens Ende Juni angekündigt hat, drückt mit 2,7 Milliarden Euro auf das Ergebnis – Russland mit 0,6 Milliarden. Das ist zu groß selbst für das starke Geschäft der Münchner.

    Der Umsatz stieg nominell um 11 % auf 17,9 Milliarden und der Gewinn im Industriesektor stieg um 27 % auf 2,9 Milliarden. Bemerkenswert ist auch der Gewinn von 0,7 Milliarden aus dem Verkauf von Yunex Traffic.

    Die hohen Belastungen aus dem dritten Quartal führen dazu, dass Siemens nun niedrigere Ergebnisse prognostiziert, und zwar in Höhe der Energy-Abschreibung. Andere Zeichen für die Zukunft stehen hingegen gut: Nachdem der Auftragseingang auf 22 Milliarden Euro gestiegen ist, liegt der Auftragsbestand laut Siemens nun bei einem Rekordwert von 99 Milliarden Euro.

    "Wir haben das richtige Angebot und die richtige Strategie, um selbst in unsicheren Zeiten erfolgreich zu sein", sagt Siemens-Chef Roland Busch.

    Lesen Sie hier: Der Rückzug von Siemens aus Russland

    https://industriemagazin.at/news/siemens-in-roten-zahlen-erstmals-seit-12-jahren/

  32. "Die nächste Krise (oder hat sie schon begonnen?) wird noch erheblich mehr “Wertschöpfung” kosten. Und das dann auch bei den Staaten, die noch nicht mal aktiv in diesem Krieg sind."

    Genau. Und die nächste Krise wird kommen und zwar solange die Deutschen und einige Europäer meinen etwas zu sagen zu haben und Weltmächte wie Russland maßregeln zu können. Es ist schon erstaunlich wie wenig Widerspruch da aus der Presse kommt. Der Irrsinn geht weiter und wenn eine-r wie Sahra Wagenknecht was sagt, wird sie mit Parteiausschluss bedroht. Dieses Einschwören auf nationalen Zusammenhalt, während Christian Linder eine Veränderung der Steuerprogression (wegen der angeblich höheren Löhne durch die Inflation) nutzt, um damit vor allem höhere Einkommen zu entlasten. ("Das ist gerecht, weil diese ja viel an die Solidargemeinschaft abgeben.") Ja, der Grundfreibetrag wird auch erhöht, um 363 € im Jahr, was eine Entlastung von 138 € bedeutet.

    Man soll nicht glauben, daß das Propaganda-Zeug in den Medien nur für den Konsum der Normalverbraucher bestimmt ist und in den Generalstäben lauter Schlaumeier sitzen. Die glauben das selber, und so ist ihr Benehmen jetzt auch.

    Die glauben alle sie seien die Größten und dachten sie haben Russland sowieso im Sack. Soviel ich noch weiß gab es noch unter Obama Planspiele, die genau diese Situation zum Gegenstand hatten und die dachten man könne allein durch Sanktionen und den Ausschluss von Russland aus dem Swift, also durch die Macht des Dollar, Russland in die Knie zwingen. Die dachten die Kombination aus wirtschaftlichem Druck und einem Kriegsszenario in der Ukraine würde reichen um Russland zu ruinieren. – Jetzt sieht es aber so aus als hielte Russland das aus, und wer in die Knie geht sind die Europäer. Wenn selbst ein deutsches Vorzeigekapital wie Siemens Verluste in Milliardenhöhe schreibt, das laut Artikel gar nicht besonders vom Gas und anderen Energieformen abhängig ist, kann man sich ausmalen, wie es anderen Unternehmen geht. Da wird dann heftig schön geredet, damit die Aktionäre bei der Stange bleiben.

  33. Russland verbrennt anscheinend Gas, das Europa dringend braucht

    Die russischen Speicher sind voll, an die EU fließt allerdings nur sehr wenig. Dem Kreml fehlen die Absatzmärkte für Erdgas

    Eine riesengroße Flamme ragt seit Mitte Juni an der russisch-finnischen Grenze über zwei Turmbauten in den Himmel. Was dort brennt? Anscheinend große Mengen Erdgas, die Russland verbrennt, anstatt es nach Europa zu liefern. Verbreitet wurde das Bild vom finnischen Fernsehsehsender Yle. Dem Sender zufolge handelt es sich um eine Verteilerstation des russischen Energiekonzerns Gazprom bei der Stadt Portowaja, in der auch die Pipeline Nord Stream 1 beginnt.

    Aufgetaucht sei die Flamme erstmals, nachdem der Kreml die Gaslieferungen nach Europa deutlich eingeschränkt hatte. Der finnische TV-Sender beruft sich auf Augenzeugenberichte sowie Daten der US-Weltraumbehörde Nasa. Deren globaler Feuerbeobachtungsdienst Fire Information for Resource Management Systems zeigt das durchgehend lodernde Feuer nahe der Portowaja-Station. Andere Sichtungen von Bränden gibt es in der Region nicht, was dafür spricht, dass Russland überschüssiges Gas verbrennt. Üblicherweise kommt es zu diesem gezielten Abfackeln, wenn es technisch nicht möglich ist oder es sich wirtschaftlich nicht rentiert, das Gas weiterzutransportieren.

    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000138101398/russland-verbrennt-anscheinend-gas-das-europa-dringend-braucht

  34. Am vergangenen Dienstag überschritt der Gaspreis beim Futures-Handel an der Londoner Börse 2.600 USD pro tausend Kubikmeter und stieg am TTF-Hub in den Niederlanden auf 2.618,6 USD. Der russische Konzern "Gazprom" sagte, dass der Preis pro tausend Kubikmeter 4.000 Dollar übersteigen könnte, wenn der Trend anhält.

    (KP, 17.8.)

  35. Protokoll zum Jour Fixe vom 15.08.22 – “Wirtschaftskrieg” (GS 2-22)

    a) Nachfrage zum letzten Termin zum Artikel „Die drei Gründe des Ukraine-Krieges“:

    "Auf S. 57, letzter Absatz (GS 2-22) heißt es :"Die Selenskyj-Regierung baut auf das Interesse des Westens an ihrem Land". Da wird Selenskyj`s Festlegung der Staatsräson auf eine westliche Ausrichtung als instrumentelles Verhältnis ausgedrückt, als sei die westliche Ausrichtung nicht wirklich sein Zweck, sondern ein Mittel zur Erlangung einer  unangefochtenen Herrschaft über sein Volk. Das stellt die Sache auf den Kopf."
    Die beiden Seiten widersprechen sich nicht. Selenskyj präsentiert den Krieg dem Westen als  „in dessen Interesse“, weswegen er jedwede Unterstützung verdiene und beansprucht, und nach innen legt er das Land auf die von ihm vertretene Staatsräson fest. Dazu gehört, dass er überhaupt erst ein durchgreifendes Gewaltmonopol mit allem, was dazugehört, etabliert und durchsetzt, dass alle abweichenden Meinungen, die in anderen Parteien oder Volksteilen unterwegs sind, aus- oder gleichgeschaltet werden.  (…). [Forts.]

    b). Wirtschaftskrieg

    Worin unterscheidet sich der aktuelle Wirtschaftskrieg gegen Russland von den früheren Sanktionspaketen, die bereits seit 2014 gegen Russland verhängt wurden und darauf abzielten, bestimmte wirtschaftliche Aktivitäten dieses Landes zu stören oder zu verhindern?    (…).  (Forts.)

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf220815-Wirtschaftskrieg.pdf

    https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

    https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-2-22

  36. Henkels Abschied aus Russland: Abschreibungen in Millionenhöhe

    Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat sich der deutsche Chemiekonzern Bedenkzeit gegeben. Nun steht die Entscheidung: Henkel wird Russland verlassen. Warum sich das für den Konzern schwierig gestaltet.

    Als nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine zahlreiche Unternehmen Russland verlassen haben, nahm sich Henkel Bedenkzeit. Wochenlang kalkulierte man in der Zentrale in Düsseldorf die Folgen eines Abschiedes aus Russland. Nun steht die Entscheidung fest: Henkel wird Russland verlassen und alle Geschäftsbereiche vor Ort verkaufen. Kein leichter Schritt für das Unternehmen, wie man aus Konzernkreisen hört. Henkel hat in den letzten Jahren massiv in Russland investiert und erzielt dort fünf Prozent seines Konzernumsatzes – rund eine Milliarde Euro pro Jahr. In elf russischen Werken werden über 2.500 Mitarbeiter beschäftigt. Auch aus dem Nachbarland Belarus will sich der Chemie-Konzern nun verabschieden, auch aus Sorge vor einem Imageschaden.

    Die Folgen des Abschieds sind für Henkel unterdessen bereits spürbar: In der ersten Jahreshälfte hat Henkel 184 Millionen Euro abgeschrieben; 88 Millionen Euro an Geschäfts- und Firmenwerten, 82 Millionen Euro auf Sachanlagen und 15 Millionen für immaterielle Werte wie Markenrechte oder Lizenzen. Rund fünf Prozent des Sachanlagen-Vermögens von Henkel steht in Russland.

    Henkel plant nun, große Teile des Geschäftes in Russland zu veräußern „Es besteht großes Interesse an unseren Geschäftsaktivitäten“, sagte Konzernchef Carsten Knobel dem deutschen Handelsblatt. Mehr als 80 Interessensbekunden anderer Unternehmen lägen vor, so Knobel weiter. Teile des Unternehmens könnten zudem vollständig eingestellt werden „Möglicherweise werden wir auch einige Bereiche komplett einstellen, weil wir nicht wollen, dass unser Know-how einem Wettbewerber zukommt“, so der CEO gegenüber dem Handelsblatt.

    Noch läuft die Produktion im Land in den Sparten Klebstoffe, Wasch- und Reinigungsmittel sowie Kosmetik. Bis Ende des Jahres soll der Abschied aus Russland aber vollzogen werden.

    Im Geschäftsjahr 2021 erzielte Henkel in Branchen wie Waschmittel, Klebstoffe oder Oberflächentechnik mit Marken wie Persil, Schwarzkopf oder Loctite einen Umsatz von über 20 Milliarden Euro und ein Betriebsergebnis von rund 2,7 Milliarden Euro.

    Raus aus Russland. Aber Wie?

    Wie Henkel stehen zahlreiche europäische Unternehmen vor der Frage, ob und wie sie ihre Geschäfte in Russland aufgeben sollen. Wie kann ein Rückzug aus Russland von statten gehen?

    Einerseits kann die Gesellschaft in Russland liquidiert werden, was allerdings zeitaufwändig und schwierig ist und nur von sehr wenigen Unternehmen praktiziert wird. Auch eine Insolvenz ist möglich, kann allerdings strafrechtliche Verfolgungen durch die russischen Behörden zur Folge haben, sofern die Insolvenz bewusst herbeigeführt wurde.

    Andererseits ist es möglich, die Geschäftsaktivitäten herunterzufahren, Investitionen zu stoppen, Mitarbeiter zu entlassen und auf Sparflamme das Unternehmen weiterbestehen zu lassen. Die häufigste Form ist schließlich der Verkauf des Unternehmens, beispielsweise an das Management vor Ort. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine haben mehr als 800 internationale Unternehmen Russland verlassen, wie aus einer Auflistung der Yale School of Management hervorgeht. Mehr als 300 von ihnen haben Russland komplett verlassen. Rund 500 Unternehmen haben ihre Aktivitäten ausgesetzt.

    Schon vor Ausbruch des Krieges und dem russischen Überfall auf die Ukraine war Russland kein besonders großer Absatzmarkt. Laut Handelsblatt lagen die Umsätze der 40 Dax-Konzerne vor Beginn des Krieges bei rund einem Prozent, ungefähr 14 Milliarden Euro.

    Was bedeutet das Russland-Aus für Henkel in Österreich?

    Die Aufgabe des Russlandgeschäftes kann dennoch als ein schwerer Schlag für die Osteuropa-Zentrale Henkel CEE in Wien gelten. Henkel CEE ist mit einem Umsatz von 3,1 Milliarden Euro das fünfzehntgrößte Industrieunternehmen des Landes. Die Konzerntochter gilt als Innovationsmotor und wuchs unter der Leitung von Günter Thumser in die Verantwortung für Tochterunternehmen in 32 Ländern in Mittel- und Osteuropa sowie in der Region Zentralasien-Kaukasus. Der ehemalige Henkel CEE Boss Thumser war vor seinem Aufstieg in der Konzernzentrale 2001 bis 2004 als General Manager für den Aufbau von Henkel Ukraine in Kiev zuständig.

    https://industriemagazin.at/news/henkels-abschied-aus-russland-abschreibungen-in-millionenhoehe/

  37. „Möglicherweise werden wir auch einige Bereiche komplett einstellen, weil wir nicht wollen, dass unser Know-how einem Wettbewerber zukommt“, so der CEO gegenüber dem Handelsblatt.

    Genau das, wird auch die Schwierigkeit bei anderen Unternehmen sein. Die Hardware, der sachliche Reichtum, ist vor Ort und ein Umzug funktioniert nicht so einfach. Bei ner Fastfoodkette ist das Know-how ja noch überschaubar. Und natürlich müssen massive Verluste einkalkuliert werden, wenn eine Firma unbedingt verkaufen will. Russland kann das nur recht sein, weil sie die Fabriken kostengünstig übernehmen kann. Das ist wie ein Geschenk an Putin, dem man doch eigentlich Schaden will. Schüsse ins Knie.

  38. Zu (nicht nur)  den Folgen der Wirtschaftssanktionen auf das hiesige Proletariat eine 3teilige Darstellung über das Geldwesen:

    1. Björn Hendrig: Inflation trifft vor allem Geringverdiener 
    Um an Mittel für’s Leben zu kommen, braucht man im Kapitalismus Geld. Deshalb müssen es alle wollen – mit verheerenden Folgen für die Mehrheit. 
    https://www.heise.de/tp/features/Inflation-trifft-vor-allem-Geringverdiener-7244536.html?seite=all

    2. Björn Hendrig: Notfalll Rettungsstelle
    Geld entfaltet seine Wirkungen auch im Gesundheitswesen. Rettungsstellen gelten etwa in Krankenhäusern als nicht ausreichend finanziert
    https://www.heise.de/tp/features/Notfall-Rettungsstelle-7244530.html

    3.  Björn Hendrig: Wir müssen länger arbeiten
    Die gesamte bürgerliche Öffentlichkeit posaunt: “Beim gesamten Staat, nicht nur bei den Renten, tut sich ein ‘gewaltiges Finanzloch’ auf, und die Unternehmen können kaum noch international konkurrieren, weil sie so viele Beiträge in die Sozialversicherungen zahlen müssen.”
    Was quasi selbstverständlich dazu führt, dass sie dann eben Leute herausschmeißen werden. Ganz normal in einer Gesellschaft, die auf Geldvermehrung beruht. Wenn aus den Arbeitnehmern kein Gewinn mehr herauszuholen ist, sind sie halt überflüssig. (Teil 3 und Schluss).
    https://www.heise.de/tp/features/Wir-muessen-laenger-arbeiten-7244544.html

    —-

    Die NachdenkSeiten dokumentieren aktuelle Auffälligkeiten um Armut und Reichtum in Wien: “Lange Schlangen vor den Tafeln, lange Schlangen vor Louis Vuitton”
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=87240

    ——

    Der Zynismus, dass Armut hierzulande eben wegen der aktuellen staatlichen Kriegszwecke ausgehalten werden müsse, spiegelt sich in diversen Besprechungen in bürgerlichen Medien – z.B. zur Lage der “Tafeln”. – Zur solch öffentlicher Verzichtspropaganda anlässlich der Verarmungspolitik in Kriegszeiten:
    https://www.tages-politik.de/Innenpolitik/Verzichtspropganda_in_Kriegszeiten-2022.html

    —-

    Was man von Marx über Arbeit und Reichtum im Kapitalismus lernen kann!

    http://www.gegenargumente.at/radiosend/radiosend_07/reichtum_wert_und_abstrakte_arbeit_I_und_II.htm

    http://www.gegenargumente.at/radiosend/radiosend_20/sendung_inhalt_11_2020.htm

  39. Gazprom schwimmt im Geld und sperrt Nord Stream 1 bis Samstag

    Der russische Konzern hat bis Juni umgerechnet 40 Milliarden Euro verdient, so viel wie noch nie. Nun dreht er Frankreich das Gas ab

    Die Sanktionen gegen Russland zeigen Wirkung, bei Gazprom allerdings in einer alles andere als erwünschten Weise. Der russische Gasriese, der ein Monopol auf Gaslieferungen ins Ausland hat und am Mittwoch die Hauptroute nach Deutschland – Nord Stream 1 – bis vorerst Samstag wegen Wartungsarbeiten stillgelegt hat, verdiente in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit 2,5 Billionen Rubel (umgerechnet 41,6 Milliarden Euro) so viel wie noch nie.

    Zum Vergleich: Auch für das Gesamtjahr 2021 hat Gazprom schon einen Rekordgewinn ausgewiesen. Da gab es noch keine Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, aber bereits im Steigen begriffene Gaspreise infolge des wiedererwachten Wirtschaftslebens nach langer, pandemiebedingter Stagnation. 2,09 Billionen Rubel wies das Unternehmen damals als Jahresgewinn aus, was aufgrund des deutlich schwächeren Rubelkurses umgerechnet 27,5 Milliarden Euro waren. Der russische Staat kann jedenfalls mit einem kräftigen Geldzufluss aus Dividendenzahlungen rechnen.

    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000138708921/gazprom-schwimmt-in-geld-und-sperrt-nord-stream-1-bis

  40. Kollateralschäden:

    Energiekrise: Müllkraftwerke an den Grenzen ihrer Kapazität

    Müllverbrennungsanlagen gelten in der Energiekrise als stabiler Lieferant für Strom und Fernwärme. Vom Erdgas-Mangel wären jedoch auch bayerische Anlagen betroffen: Im schlimmsten Fall drohe der Stillstand der Müllkraftwerke, so die Betreiber.

    Im Sekundentakt fahren die orangefarbenen Müllautos in der Nürnberger Verbrennungsanlage vor: Hier brennt der Hausmüll von rund einer Million Menschen, dazu kommt Sperrmüll und Industriemüll – jährlich sind es 250.000 Tonnen.

    Doch dieser Müll ist längst kein Abfallprodukt: Rund 20 Prozent der Fernwärme und zehn Prozent des Stroms kommen in Nürnberg aus der Müllverbrennung. "Wenn die Anlage läuft, sind wir relativ stabil", versichert der zweite Werksleiter Hans-Peter Kauppert mit Blick auf die nächste Heizperiode.

    Ammoniak-Mangel bedroht winterliche Heizperiode

    Dass die Anlage läuft, ist jedoch während einer Gaskrise nicht garantiert: Thomas Knoll, Verbandsdirektor des Zweckverbands Müllverwertung Schwandorf, hofft zwar, auch im Winter Volllast fahren zu können, am meisten Sorge mache ihm jedoch die Zulieferung von einem Stoff, den das Kraftwerk in großen Mengen braucht: Ammoniakwasser: "Da wissen wir nicht, ob diese Belieferung auch über den Winter gesichert ist, weil es nur sehr wenige Produzenten von diesem Stoff gibt", sagt Knoll.

    Bei Lieferschwierigkeiten: Anlage ausschalten oder Abgase erhöhen

    Das Problem: Ammoniakwasser ist ein Nebenprodukt der Erdgas-Produktion – und das Erdgas könnte knapp werden. Bei der Müllverbrennung reduziert Ammoniakwasser die Abgase. Alle 14 Tage füllt die Schwandorfer Anlage ihre Tanks mit 20.000 Litern davon auf – der Zulieferer kommt aus Tschechien. Bliebe die Lieferung aus, hätte das gravierende Folgen, befürchtet Knoll: "Wir würden also zunächst einmal so eine Art Streckbetrieb fahren, damit wir mit weniger immer noch die Werte einhalten können. Dann muss man entscheiden, ob man die Anlage ausschaltet oder mit erhöhten Stickstoffwerten leben kann."

    Potenzial der Müllverbrennung bereits jetzt ausgeschöpft

    Das Müllkraftwerk Schwandorf versuche die Stromeinspeisung so hoch wie möglich zu halten, sogar etwas mehr bereitzustellen als normal, das Potenzial sei jedoch so gut wie ausgeschöpft. Auch Kauppert von der Müllverbrennungsanlage in Nürnberg räumt ein, dass sowohl das Nürnberger Kraftwerk als auch andere bayerische Anlagen an den Grenzen ihrer Kapazität laufen: "Wir können sicher nicht Spitzenlasten abfangen oder noch mal eine Schicht drauflegen", erklärt er.

    https://www.br.de/nachrichten/bayern/energiekrise-muellkraftwerke-an-den-grenzen-ihrer-kapazitaet,TFFfWtJ

    Interessant, welchen Anteil der Müll inzwischen am Wirtschaftskreislauf und der Profitmacherei hat.

  41. In Spanien werden Hochöfen ausgeschaltet, Fliesen- und Autoreifenproduktion eingestellt:
    „2020 war der Endkundenpreis für die elektrizitätsintensive Industrie 50 Euro per Megawattstunde, voriges Jahr kletterte er auf 130 und jetzt sind wir bei 290. Bei Gas sind wir von 10 Euros auf einem Preis mehr als 200 angelangt. Bei den Preisen geht es nicht mehr“ – sagt ein Mann aus der Hochenergiebranche.

    Besonders betroffen sind die Kraft-Wärme-Kopplungswerke, obwohl die eigentlich vom Standpunkt der Energieproduktion vernünftig sind, aber sie können ihre Ware nicht mehr verkaufen.

    (El País, 3.9.)

  42. Zehntausende gegen die tschechische Regierung

    In Prag haben mehrere Zehntausend Menschen wegen der hohen Energiepreise demonstriert, ein Ende der Sanktionen gegen Russland und den Rücktritt der Regierung gefordert. Ministerpräsident Fiala warf ihnen "prorussische Positionen" vor.

    In Tschechien haben Zehntausende gegen die Regierung protestiert und ihren Rücktritt gefordert. In der Hauptstadt Prag demonstrierten nach Polizeiangaben rund 70.000 Menschen auf dem Wenzelsplatz. Der Protest stand unter dem Motto "Die Tschechische Republik zuerst". Aufgerufen hatten rechtsextreme Parteien wie auch die Kommunistische Partei, regierungskritische Organisationen und Bürgerinitiativen.

    Auf Transparenten prangerten sie die hohen Energiepreise an und forderten ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland. Sie wandten sich aber auch gegen Corona-Impfungen und gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Ihrer Regierung warfen sie vor, die Belange der Ukraine wichtiger zu nehmen als die der tschechischen Bevölkerung.

    (…)

    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/tschechien-proteste-regierung-101.html

  43. Bulgariens ehemaliger stellvertretender Energieminister Javor Kujumdzhijev wies auf die „größte Dummheit“ Sofias hin. Der Experte sagte, dass Bulgarien vor dem Hintergrund der Verweigerung langfristiger Lieferungen von russischem Gas den blauen Kraftstoff zu einem höheren Preis kaufen und dafür Kredite aufnehmen muss, um nicht ohne Gas dazustehen.
    „Das ist die größte Dummheit, die man machen kann – auf dem Markt zu kaufen, wenn es einen langfristigen Vertrag mit vorhersehbaren Preisen gibt. Der Markt ist verrückt geworden, und in der Praxis kaufen wir wieder dasselbe russische Gas. Jetzt müssen wir noch Kredite aufnehmen“, sagte der Energiespezialist im TV-Sender Bulgaria ON AIR.

    Kujumdzhijev glaubt, dass die Gaskosten im kommenden Winter sowohl für Bürger als auch für Unternehmen unerträglich und daher Kredite die einzige Rettung sein werden. Ihm zufolge spielt es im Moment keine Rolle, aus wessen Schuld der Vertrag mit Gazprom aufgekündigt wurde. Der Experte sagte auch, dass Schiefergas für Bulgarien keine Alternative zu russischem Gas sein könne.

    Zur Erinnerung: Der Energie-Profilausschuß der Europäischen Kommission sagte am Vortag, daß im Moment 12 EU-Mitgliedsländer ganz oder teilweise von der Versorgung mit russischem Gas abgeschnitten sind.

    (KP, 4.9.)

    Bulgarien bezieht sein Gas über Turkstream. Der Verzicht auf russisches Gas, mit viel Lärm vor Monaten angekündigt – neben Polen, das dann Gas von Deutschland kaufte – bedeutet nur, daß sie jetzt das gleiche Gas von der Türkei kaufen müssen, bzw. von Privatfirmen, die im Gashandel tätig sind.

  44. Schmyhal: Ukraine kann Atomstrom nach Deutschland liefern

    Ukrainischer Ministerpräsident zu Besuch bei Bundeskanzler Scholz in Berlin.

    Die Ukraine will Deutschland mit der Lieferung von Atomstrom auf dem Weg aus der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen unterstützen. "Derzeit exportiert die Ukraine ihren Strom nach Moldau, Rumänien, in die Slowakei und nach Polen. Aber wir sind durchaus bereit, unsere Exporte auf Deutschland zu erweitern", sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal der Deutschen Presse-Agentur. Schmyhal trifft am Samstag in Berlin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

    (…)

    https://kurier.at/politik/ausland/schmyhal-ukraine-kann-atomstrom-nach-deutschland-liefern/402133332

    Man kriegt langsam mit, was alles aus dem Land seit 2014 an Reichtum abgeschleppt worden ist, ohne daß seine Bevölkerung etwas davon gehabt hat.

  45. Ich frage mich, was diese Gas- und Strompreis-Deckelung soll?

    Heißt das, daß man dem Lieferanten nur einen bestimmten Preis zahlt und mehr nicht, ganz unabhängig vom Weltmarktpreis?

    Wer liefert dann überhaupt noch? Nicht nur Rußland, sondern auch Norwegen, GB oder die USA? Alles keine EU-Mitglieder, denen man etwas vorschreiben könnte …

    Oder heißt es eben: Subventionieren?

  46. Beim Gas heißt es wohl subventionieren. Beim Strom könnte es auch heißen das Gas aus der Strompreisbildung herauszunehmen und den Unternehmen, die Gas verstromen die Differenz zum niedrigeren Strompreis zu erstatten.

    Wie der Gaspreis entsteht ist anscheinend ziemlich kompliziert. 

    Einen international einheitlichen Gaspreis gibt es nicht. Denn je nachdem, wo Erdgas gefördert und wohin es transportiert wird, entsteht ein anderer Preis. Besonders bei LNG sind die Preise je nach Transportweg sehr unterschiedlich. Flüssigerdgas, das aus den USA nach Europa transportiert wird, ist günstiger als LNG, das von Katar nach Japan verschifft wird. LNG, das an der Börse in Tokio gehandelt wird, notiert daher höher als das an der Strombörse Leipzig (EEX)

    In Europa wird Erdgas physisch vor allem an der EEX gehandelt. Sie ist Europas größter Spotmarkt für Erdgas. Abnehmer können dort am Spotmarkt kurzfristige Kontrakte für Erdgas abschließen. Der Preis für solche Kontrakte richtet sich nach dem Lieferort (Hub). Das beispielsweise nach Deutschland gelieferte Erdgas kostet am Spotmarkt EEX derzeit 140 Euro je Megawattstunde. Im belgischen Zeebrügge sind es dagegen nur 129 Euro je Megawattstunde Erdgas. 

    Wer auf der EEX die Anbieter sind ist mir noch nicht so ganz klar. Dort werden "Tages- bis hin zu Jahreskontrakten" gehandelt. Verträge mit längeren Laufzeiten sind anscheinend seit 10 Jahren aus der Mode. Vielleicht ist das folgende zum Verständnis hilfreich.

    Gaseinkauf und Gasbörse

    Insgesamt 16 Gasfernleitungsnetzbetreiber importieren den überwiegenden Teil des in Deutschland verteilten Erdgases aus Russland, den Niederlanden und Norwegen (Verteilstufe „Upstream“). Rund zehn Prozent entstammen inländischer Produktion. Überregionale Unternehmen wie Wingas oder VNG leiten das Gas innerhalb Deutschlands weiter („Midstream“). Regionale Gasgesellschaften wie die Netze BW und Stadtwerke bringen die Energie schließlich zu den Verbrauchern.

    Die preislichen Vereinbarungen orientieren sich heute stärker an den Gastermin- und spotmärkten; früher war es die Ölpreisbindung. Bisher haben Gasnetzbetreiber in der Regel langfristige Lieferverträge mit Förderunternehmen geschlossen, so zum Beispiel mit dem russischen Unternehmen Gazprom über mehr als 20 Jahre.

    Dagegen sind Kontrakte mit Exporteuren aus den Niederlanden und Norwegen in letzter Zeit allerdings auf 10 bis 20 Jahre begrenzt worden.

    Zum 1. Oktober 2029 werden die Lieferungen aus den Niederlanden komplett eingestellt. Das erfolgt im Zuge der sogenannten Marktraumumstellung. Die Vorräte in den Niederlanden gehen zur Neige und das Land hat frühzeitig angekündigt, dann kein Erdgas mehr exportieren zu wollen.

    Durch die politischen Umbrüche im Frühjahr 2022 denkt die Politik europaweit um: Auch Deutschland will sich unabhängiger machen von Energieimporten, vor allem von einzelnen Importländern, und es will die Energiewende beschleunigen.

    Zum Hintergrund 

    An der EEX, der europäischen Energiebörse in Leipzig, wird seit 2007 auch mit Gas gehandelt. Dort werden, wie beim Strom, Verträge für Mengen von Tag zu Tag (Spotmarkt) oder für längere Zeiträume (Terminmarkt) geschlossen. Dabei wird unterschieden zwischen der physischen Erfüllung und der finanziellen Transaktion: Entweder das Gas wird tatsächlich durch Leitungen zum Bestimmungsort geliefert, oder es findet lediglich ein buchhalterischer Handel statt, ohne dass Gas fließt.

    Die Gasbörse spielt eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Wettbewerbs auf dem Gasmarkt. Dort können rasch und flexibel Energiemengen für das Überbrücken von kurzen Zeiträumen gekauft werden. Durch den Spotmarkt gibt es frei verfügbare Gasmengen im Handel. Das führt zu einem stärkeren Wettbewerb, der nach den Mechanismen des freien Marktes auch den Preis reduziert.

    Der Gashandel über die Börse oder auch bilateral, also zwischen zwei Anbietern, wurde 2011 deutlich erleichtert: Seitdem existieren in Deutschland nur noch zwei Marktgebiete. Es ist nur noch ein Ein- und ein Ausspeisevertrag erforderlich. Damit können Gaslieferverträge einfacher und schneller umgesetzt werden. Vorher mussten Gaseinkäufer Durchleitungsverträge mit allen betroffenen Gasnetzbetreibern abschließen.

    2017 wurde die Gasnetzzugangsverordnung noveliert. Damit werden bis zum 1. April 2022 die beiden Marktgebiete Gaspool und NCG zusammengelegt. Auf diese Weise werden sowohl der Markteintritt als auch das deutschlandweite Handeln mit dem Energieträger Erdgas weiter vereinfacht.

    An der Börse können nicht benötigte Gaskontingente verscherbelt werden z.B. wenn der Winter nicht so kalt war und weniger geheizt werden muss.  Es scheint jedoch so zu sein, dass diese Börse nicht nur ein zusätzlicher Marktplatz, neben langfristigen Lieferverträgen, für den kurzfristigen Bedarf darstellt, sondern sich zum Hauptumschlag von Gas entwickelt hat. Die europäischen Gasversorger treiben also gegenseitig die Preise hoch. Man sieht ja auch, wie die Börse politisch manipuliert wird. Kaum kündigt Scholz an, dass die Speicherfüllstände im Soll sind. Kündigt Gazprom den vollständigen Lieferstop an um den Preis wieder hochzutreiben. Daher wäre die Aussetzung dieses Marktplatzes und der gemeinsame europäischen Einkauf m.E. schon ein Mittel die Preise niedriger zu halten.

  47. @Kehrer

    Wer auf der EEX die Anbieter sind ist mir noch nicht so ganz klar.

    Ich nehme an, so Firmen wie Uniper oder Wien Energie, die dann pleite gehen, wenn sie mit Futures gehandelt haben, die auf einen niedrigeren Gaspreis gehofft haben.

    Dieser von dir dankenswerterweise vorgestellte Gas- und Strom-Umschlagplatz ist vermutlich auch der Ort, wo z.B. Italien Strom einkaufen muß, wenn die Stauseen leer sind. Und dann kommen Anbieter, die ihn irgendwo anders bei örtlichen Erzeugern eingekauft haben, vielleicht von Stauseen oder Laufkraftwerken woanders in Europa, die noch liefern konnten.

    Mit der Liberalisierung des Energiemarktes sind solche hübschen Einrichtungen wie Energiebörsen zustandegekommen, wo auch verschiedene Energieträger sich aneinander messen müssen. Und jede Menge Firmen, die mit dem Zeug handeln, ohne irgendetwas mit der Produktion von Energie zu tun zu haben.

    Die russischen Lieferanten haben öfter betont, daß sie das für keine gute Idee halten und nur langfristige Lieferverträge eine stabile Versorgung mit dem wirtschaftlichen Schmiermittel Energie garantieren können.

  48. European Gas Prices Surge on Nord Stream Shutdown

    Natural-gas futures in northwest Europe jump more than 30% in early trading but remain below the all-time high recorded in late August

    European energy prices surged after Russia shut down natural-gas flows through a major pipeline, threatening to add to economic woes for businesses and households across the continent.

    Natural-gas futures in northwest Europe, which reflect the cost of fuel in the wholesale market, jumped more than 30% in early trading Monday. They remain below the all-time high recorded in late August.

    State-controlled Gazprom PJSC extended a halt to flows through Nord Stream late Friday. Moscow blamed the suspension on technical problems. European governments described it as an economic attack in retaliation for their support of Ukraine.

    Over the weekend, governments in Sweden and Finland offered billions of dollars of guarantees to utilities to prevent a meltdown in energy trading. Officials fear the loss of imports through Nord Stream could lead to a further leap in power prices and saddle utilities with cash payments to energy trading exchanges that they may struggle to meet. A wave of failed payments could undermine financial stability, officials said.

    “This has had the ingredients for a kind of a Lehman Brothers of energy industry,” Finland’s Economic Affairs Minister Mika Lintilä said Sunday. 

    Swedish and Finnish government officials worked through the weekend on programs designed to make sure electricity producers can meet exchange payments known as margin calls. Stockholm is home to Nasdaq Clearing AB, a subsidiary of Nasdaq Inc. that processes most derivative trades in the Nordic power market, which includes Finland and the Baltic countries.

    Under the Swedish plan, the government would provide guarantees to eligible companies, which could then use the guarantees to borrow from banks and pay the exchange clearinghouse. The Swedish government would have license to extend up to 250 billion kroner, or $23 billion, in guarantees, said a finance-ministry official.

    The Finnish government plans to offer 10 billion euros, or $10 billion, in guarantees. 

    Armed with the guarantees, utilities and other energy companies would find banks more willing to lend money to cover margin payments, the Swedish official said. The Swedish parliament will vote on the program Monday and it would take effect the same day if approved. One concern is that the clearinghouse itself might default, the official said.

    “This threatens our financial stability. If we don’t act soon it could lead to serious disruptions in the Nordics and Baltics,“ Swedish Prime Minister Magdalena Andersson said Saturday at a news conference outlining the plan. “In the worst-case scenario we could fall into a financial crisis,” Ms. Andersson added.

    When utilities agree to deliver gas or power, they lock in prices by selling futures contracts. Exchanges charge one payment, known as initial margin, when trades are placed to collect collateral. They then call for or return money each day depending on whether the position gains or loses value.

    As prices rise, utilities’ short positions shed value and the companies pay the exchange. They recoup the money when they deliver gas or power, but the difference in timing has led to massive outflows of cash that some firms have struggled to fund. At times a vicious cycle has emerged in which extreme price moves boost margin calls, prompting companies to bail out of trades and sparking more volatility.

    “No one’s got the money to pay to trade,” said Justin Colley, an analyst at Argus Media. “Putting up these margin payments every day is just causing problems for everyone—not just the small companies, but also the big companies, the national utilities.”

    https://www.wsj.com/articles/europe-girds-for-energy-market-turbulence-after-russian-gas-cut-11662323365?page=1

  49. Ja da stimmt schon, dass Uniper oder Wien Energie auch Anbieter sind, wenn sie ein überschüssiges Kontingent verkaufen wollen. Es gibt auf der Webseite ja eine Teilnehmerliste, wo die ganzen Firmen, die dort handeln aufgelistet sind. Uniper und Wien Energie steht drauf und auch mein Gasversorger. Ich meinte aber eigentlich Firmen wie Gazprom, die Gas fördern/produzieren und dann verkaufen. 

    Denn es ist ja klar, dass wenn der größte Anbieter wegfällt, sich die Versorgungsunternehmen wie ein Rudel Hunde um die letzten Knochen balgen, ohne dass damit mehr Gas in die Welt kommt. Die treiben bloß gegenseitig die Preise hoch. Und der Endkunde zahlt das dann – nicht nur mit der Gasumlage. Das heißt, dass in einer Situation, wo der Gasmarkt völlig aus den Fugen ist, weil derjenige, der die Hälfte des Marktvolumens stellt ausfällt, eine Börse eine total dysfunktionale Verkaufsplattform zumindest für die Stromkäufer darstellt. Die Gasproduzenten lachen sich ins Fäustchen und machen Traumgewinne, weil die Förderung ja nicht geworden teurer ist.

    Natürlich hätten die Staaten die so eine Börse eingerichtet oder zugelassen haben, diesen Fall berücksichtigen müssen und Alternativen vorsehen müssen. Man hat aber das Gefühl, dass die Politiker noch nicht mal blicken, was abgeht. Die sind jetzt den Marktmechanismen ausgeliefert, die sie selbst eingerichtet haben. Und weil der Markt ja eine heilige Kuh ist denken sie gar nicht in die Richtung, dass man das auch anders gestalten könnte. 

    Vom Standpunkt des Staats ist das nämlich alles andere als Energiesouveränität. Wegen dieser Marktkonstruktion, die nicht ansatzweise den Fall eines Wirtschaftskriegs antizipiert oder wenigstens als Möglichkeit vorsieht, explodiert die Inflation und die Wirtschaft geht den Bach runter. Dazu ist eine neoliberale Führungselite an der Macht, die überhaupt nicht daran denkt, dass der Staat in den Markt eingreifen und ihn regeln muss, wenn er die Kontrolle behalten will. Europa ist nullkommanull auf einen Wirtschaftskrieg praktisch vorbereitet. Mit Haltung und demokratischen Prinzipien gewinnt man den nämlich nicht. In ihrer imperialistischen Selbstüberschätzung denken Sie, sie könnten ein paar Sanktionen verhängen und Russland zieht den Schwanz ein und Europa hält das locker aus. Ist aber nicht so und diese Haltung blamiert sich gerade bis auf die Knochen. 

    Die russischen Lieferanten haben öfter betont, daß sie das für keine gute Idee halten und nur langfristige Lieferverträge eine stabile Versorgung mit dem wirtschaftlichen Schmiermittel Energie garantieren können.

    Genau. So ein Börsenplatz macht nur Sinn auf der Grundlage und zusätzlich zu langfristigen Abkommen, aber nicht statt diesen Abkommen. Also wenn sich die Gasversorger oder Stromversorger untereinander Strom oder Gaskontingente handeln wollen. Aber die Beschaffung und Produktion von Strom und Gas muss vorher geregelt sein.

  50. Übrigens ist die Katze jetzt aus dem Sack. Russland liefert kein Gas mehr bis die Sanktionen aufgehoben werden. Das ganze Rumgeeiere mit den Turbinen ist also obsolet.

     Den eigentlichen Grund des Lieferstopps ließ der Kreml nur indirekt verlautbaren: Man werde die Belieferung über Nord Stream 1 erst wieder aufnehmen, wenn der "kollektive Westen" die Sanktionen gegen Russland aufhebe.

     CMC-Experte Stanzl befürchtet noch größere Turbulenzen an den Energiemärkten – nämlich dann, wenn Marktteilnehmer die durch Preisanstiege fällige nachträgliche Sicherheitsleistungen an die Börse nicht zahlen können, wie es bei Wien Energie ohne Geldspritzen von Stadt und Bund wohl eingetreten wäre. "Das könnte zu unkontrollierten und von den tatsächlichen Verhältnissen zwischen Gasangebot und -nachfrage losgelösten Preissteigerungen führen", erklärt Stanzl.

     

    Wenn Versorgungsunternehmen sich zur Lieferung von Gas oder Strom verpflichten, binden sie die Preise durch den Verkauf von Terminkontrakten. Die Börsen erheben eine einmalige Zahlung, die so genannte Ersteinschusszahlung, wenn ein Geschäft abgeschlossen wird, um Sicherheiten zu erhalten. Je nachdem, ob die Position an Wert gewinnt oder verliert, fordern sie dann jeden Tag Geld ein oder geben es zurück.

    Wenn die Preise steigen, verlieren die Short-Positionen der Versorger an Wert und die Unternehmen zahlen an die Börse. Sie erhalten das Geld zurück, wenn sie Gas oder Strom liefern, aber der unterschiedliche Zeitpunkt hat zu massiven Mittelabflüssen geführt, die einige Unternehmen nur mit Mühe finanzieren können. Bisweilen ist ein Teufelskreis entstanden, in dem extreme Preisschwankungen die Nachschussforderungen in die Höhe treiben, was die Unternehmen dazu veranlasst, aus den Geschäften auszusteigen und die Volatilität zu erhöhen.

    Da ich kein Börsianer bin, verstehe ich das nicht. Ein Future bedeutet für einen Gaslieferanten. Zum Zeitpunkt x liefere ich Menge y zum Preis z. Wenn der Preis auf der Börse nun steigt  über den Preis z, also z+, muss der Lieferant an die Börse zahlen. Aber warum?

    Bei Abschluss eines Terminkontraktes fallen keine Kosten in Form von Prämien an. Beide Vertragspartner müssen Margin hinterlegen (=Vorschusszahlung leisten). Sie dient als Sicherheitsleistung und wird auch „Einschusszahlung“ genannt (englisch Initial Margin). Sie beträgt nur einen Bruchteil des Kontraktwertes – z. B. 1–3 % oder auch einen fixen Betrag – und kann je nach vorherrschender Volatilität nach oben oder unten angepasst werden. Der Betrag wird in Form von Kontoguthaben oder der Hinterlegung von Staatsanleihen hoher Bonität vor der Ausführung eines Auftrags auf ein Margin-Konto eingezahlt.

    Man unterscheidet Initial und Maintenance Margin. Erstere muss verfügbar sein, um eine Position zu öffnen, die zweite erlaubt, sie offen zu halten. Ist die Margin nicht mehr auf dem Konto, so wird der Broker die Positionen zum Marktpreis liquidieren.

    Ist das eine Sicherheitsleistung an die Börse, damit sie ihren Kontrakt auch wirklich erfüllen? Wenn der aktuelle Gaspreis über dem Preis des Futures liegt, dann machen die Versorger “Verlust” in Relation zum aktuell erzielbaren Preis. Also ist die Versuchung groß einfach nicht zu liefern und damit das nicht passiert, sichert sich die Börse bei steigenden Preisen ab, indem sie Sicherheitsleistungen verlangt.

  51. Der frühere Ministerpräsident Polens, Vorsitzender der Oppositionspartei Bürgerplattform, Donald Tusk, erwähnte die „Lawine verzweifelter Botschaften“, die von Bürgern aufgrund der Initiative des polnischen Öl- und Gasunternehmens PGNiG zur Erhöhung der Gaspreise um das 12- bis 15-fache kommen.

    „Diese Schlinge zieht sich so fest zu, dass Dutzende, vielleicht Hunderte der besten polnischen Fabriken im Januar und Februar zusperren werden“, zitiert Polsat News den ehemaligen polnischen Regierungschef bei einer Rede in einer Textilfabrik in der Stadt Konstantinów-Lodzki.

    Ihm zufolge ist die Situation heute „wirklich dramatisch“. „Was in den letzten Wochen passiert ist, übersteigt jede Vorstellungskraft“, fügte der Politiker hinzu.

    Tusk beschuldigte die polnischen Behörden und PGNiG, versucht zu haben, Unternehmer zum Kauf von blauem Kraftstoff zu extrem überhöhten Preisen zu zwingen, und wies darauf hin, dass die Gaskosten heute 2,5- bis 3-mal höher seien als in Deutschland, Frankreich sowie Spanien oder Portugal.

    (KP, 6.9.)

    Polen war bekanntlich das erste Land, das auf russisches Öl verzichtet hat und neben Bulgarien das erste, das auf russisches Gas verzichtet hat.
    Damals hieß es in den Medien beschwichtigend, sie könnten sich das leisten, weil sie die Kohle hätten und Gas und Öl einen kleineren Teil am Energiehaushalt ausmachen würden.
    Aber dieser Teil fehlt eben.

  52. @Kehrer

    Ich glaube, daß die Produzenten von Gas, wie Gazprom, auf dieser Börse gar nicht mitspielen und auch nicht zugelassen sind. Und zwar aus Antimonopol-Gründen.
    Die Firmen, die dort herumwurln, kaufen es den Produzenten ab und handeln dann damit.

    Man erinnere sich, bei Gazprom war ja schon das Problem, daß in der EU einem Produzenten nicht einmal die Rohre gehören dürfen, durch die er das Zeug durchheizt.

    Die Idee ist vermutlich, möglichst viele Kunden zu haben, dann hat man ein höheres Kapital und kann auf dieser Börse oder auch außerhalb derselben eine große Menge Treibstoff auf dem Papier kaufen und und dann in Trnachen an den Bestbieter weiterverkaufen.

    Der Bestbieter war heuer eine Zeitlang Italien wegen der Dürre, und da scheinen viele von diesen Haifisch-Firmen sich mit großen Mengen eingedeckt zu haben, aber bis sie das Zeug physisch abgerufen haben, war der Preis so gestiegen, daß – je nach Art des Vertrages – der Käufer oder der Verkäufer pleite gegangen ist.

    Der Unfug gehörte eigentlich eher heute als morgen abgestellt, wenn denn irgendwer die Versorgung tatsächlich sichern wollte – aber ist so ein typisches Produkt der EU-Idiotie von den Segnungen des Marktes. Das heißt, daran zu rühren, hieße, das ganze EU-Projekt in Frage zu stellen.

  53. "Polen war bekanntlich das erste Land, das auf russisches Öl verzichtet hat und neben Bulgarien das erste, das auf russisches Gas verzichtet hat."

    Ich erinnere mich. Wir hatten ja auch rausgekriegt, dass die Jamal Pipeline, die ursprünglich Gas von Russland über Polen nach Deutschland liefern sollte, plötzlich Gas in umgekehrter Richtung schickt.  Immer das gleiche, zuerst den imperialistischen Macker raushängen lassen und Russland abstrafen wollen und dann heulen wie ein getretener Hund. Aber Sanktionen lockern – NS2 aufmachen – kommt nicht in Frage. Die Wagenknecht hat das schon richtig gesagt: Putin lacht sich tot.

    “Ich glaube, daß die Produzenten von Gas, wie Gazprom, auf dieser Börse gar nicht mitspielen und auch nicht zugelassen sind. Und zwar aus Antimonopol-Gründen.
    Die Firmen, die dort herumwurln, kaufen es den Produzenten ab und handeln dann damit.”

    Also Gazprom Austria ist auf der Teilnehmerliste und Gazprom Germania heißt ja jetzt Sefe- Securing Energy for Europe. Da hab ich nur eine Firma gefunden, die so ähnlich heißt, aber mit Gazprom Germania nicht identisch ist. Außerdem ist Gazprom Germania/Austria auch ein von Gazprom getrenntes Unternehmen. Wahrscheinlich hast du recht, dass Gazprom nicht zugelassen ist.

    “Das heißt, daran zu rühren, hieße, das ganze EU-Projekt in Frage zu stellen.” Na ja. EU-weite Zusammenarbeit ginge ja auch anders, wenn man wollen würde. Von Vorteil ist dieser Börsenzirkus im Moment so wie es aussieht für keinen EU-Staat.

    Ach ja. Ein Beitrag von mir wartet auf Freischaltung.

  54. Macron hält die Pipeline durch die Pyrenäen für umweltschädlich und überflüssig. (Wenn sie sie brauchen, so entdecken die Politiker immer die Umwelt.) Er meint, man brauche mehr Stromleitungen.

    (El País, 6.9.)

    Sánchez und Scholz wollen neue Pipeline gegen Paris durchbringen

    Um die Allianz zu bekräftigen hat Scholz Sánchez eingeladen, an einer Sondersitzung teilzunehmen, bei der die nationale Sicherheitsstrategie und Energieversorgungsprobleme, die sich aus dem Krieg in der Ukraine für Deutschland ergeben, behandelt werden sollen.

    Im Anschluss an das Treffen wird Sánchez etwa 70 Kilometer von Berlin entfernt nach Meseberg reisen, wo Scholz ein Schloss für diese außerordentliche bilaterale Veranstaltung vorgeschlagen hat, so offizielle Quellen gegenüber EURACTIVs Partner EFE.

    Das Treffen zwischen den beiden Staatsoberhäuptern erfolgt vor dem Hintergrund, dass Europa angesichts der von Sánchez als „Energieerpressung“ bezeichneten Maßnahmen des russischen Präsidenten Wladimir Putin versucht, praktikable Alternativen zur Sicherung seiner Gasversorgung zu finden.

    Die Idee, die Energieverbindungen zwischen den EU-Ländern auszubauen, wurde aufgrund des Krieges in der Ukraine wiederbelebt, und damit auch die Midcat-Pipeline, die 2019 aufgegeben wurde.

    https://www.euractiv.de/section/energie/news/sanchez-und-scholz-wollen-neue-pipeline-gegen-paris-durchbringen/

    Wie wollen sie das denn „gegen Paris“ machen? Einmarschieren?

  55. Die Regierungen von Norwegen und Schweden haben jetzt also fette Garantieprogramme aufgelegt:

    "Under the Swedish plan, the government would provide guarantees to eligible companies, which could then use the guarantees to borrow from banks and pay the exchange clearinghouse. The Swedish government would have license to extend up to 250 billion kroner, or $23 billion, in guarantees, said a finance-ministry official.

    The Finnish government plans to offer 10 billion euros, or $10 billion, in guarantees. 

    Armed with the guarantees, utilities and other energy companies would find banks more willing to lend money to cover margin payments, the Swedish official said."

    Ist denn damit gemeint, daß der jeweilige Staat einspringt, wenn das so mit hoffentlich riesigen Bankkrediten eingekaufte Gas zu den astronomischen Preisen, die sowas nötig machen, gar nicht weiterverkauft werden können, weil außer dem Staat sich sowas eh nicht leisten kann? Und der Staat dann seine Bürgschaften erfüllen muß, weil sonst die Gaseinkäufer zumachen müßten?

  56. "Ist denn damit gemeint, daß der jeweilige Staat einspringt, wenn das so mit hoffentlich riesigen Bankkrediten eingekaufte Gas zu den astronomischen Preisen, die sowas nötig machen, gar nicht weiterverkauft werden können, weil außer dem Staat sich sowas eh nicht leisten kann?"

    M.E. ist das noch viel verrückter. Norwegen verkauft ja Gas. Es geht also um Futures. Terminkontrakte auf der Börse die versprechen in Zukunft zu einem bestimmten Zeitpunkt (unter einem Jahr, weil in Leipzig wird alles bis zu einem Jahr gehandelt) zu einem ausgehandelten Preis zu liefern. Dafür wird nicht gleich der volle Preis bezahlt, sondern nur ein Teil. Wenn der Gaspreis nun steigt muss der Verkäufer an die Börse Geld nachschießen als Sicherheitsleistung, damit er später auch wirklich liefert, was ja ein Verlust ist, gemessen am gestiegenen Verkaufspreis (nicht am Produktionspreis). Wenn der Verkäufer dann liefert bekommt er diese Sicherheitsleistung zurück. Um diese Nachschüssen bzw. Sicherheitsleistungen geht es, die bei den perversen Preissprüngen für Erdgas offensichtlich so erheblich sind, dass die Gasverkäufer sie nur mit staatlichen Garantien stemmen können.

  57. Wir reden hier aber nicht über Sicherheitsleistungen und Nachschußpflichten eines normalen Future-Markt-Teilnehmers. Hier geht es doch um Zig Milliarden! Hin wie her!

  58. @Kehrer

    Ich glaube nicht, daß es Sinn macht, sich allzu sehr in die Details dieser Börsengeschäfte zu vertiefen. Bei uns in Österreich gibt es jetzt möglicherweise bald einen Untersuchungsausschuß, der feststellen soll, was die Wien Energie falsch gemacht hat, daß sie von der Stadt Wien mit einem Kredit gestützt werden mußte.

    Der Witz ist einfach, daß für Energie eine Futures-Börse eingerichtet worden ist, die in Zeiten der Nullzinsen und der Dauerkrise seit 2008 die Gelegenheit zu Profit geboten hat, indem auf Preisschwankungen bei den Energieträgern gesetzt worden ist.
    Dann kam der Sommer der Sanktionen, der Dürre und der AKW-Wartungsphase in Frankreich, und einige dieser Firmen witterten große Geschäfte mit dem überall auftretenden Energiemangel, und das ist halt auch jetzt langsam an sein Ende gekommen.

    Diese Börsen, auch bei Rohstoffen und Lebensmitteln, leben ja davon, daß eine Menge Zeug da ist, und auch eine zahlungsfähige Nachfrage – und man da einiges hin und herschieben kann.

    Aber jetzt ist ja überall zuwenig da, und die Zahlungsfähigkeit ist nicht unbegrenzt.

    Zum Thema Mangel:

    Wassermangel in Norwegen
    Nächstes Problem für Europas Stromnetz

    Norwegen ist nicht nur Europas Nummer eins bei der Produktion von Strom aus Wasserkraft, das Land hat sich in den vergangenen Jahren auch zu einem der wichtigsten Stromexporteure des Kontinents entwickelt. Doch die Dürre hat auch vor dem skandinavischen Land nicht haltgemacht. Die Stromproduktion ist eingebrochen, die Preise explodieren. Nun will die Regierung Exportbeschränkungen – diese würden zum nächsten Problem für Europas gebeuteltes Stromnetz werden.

    Wie viele andere Länder kämpft Norwegen seit Monaten mit schwerer Trockenheit. Nach einem niederschlagsarmen Winter und Frühling sind die Wasservorräte in den am schlimmsten getroffenen Regionen um rund die Hälfte geschrumpft. Betroffen ist vor allem der Süden des Landes. Dort sind die Wasserreservoirs für die Energieerzeugung derzeit nur zu 45 Prozent gefüllt, durchschnittlich wären in der Saison etwa 75 Prozent.

    So wurde in Südnorwegen heuer auch um 18 Prozent weniger Strom aus Wasserkraft produziert. Im Südwesten – dem wichtigsten Gebiet für die Energieerzeugung – sank die Stromproduktion gar auf einen historischen Tiefststand. Dort befinden sich allerdings auch die Exportverbindungen zum europäischen Festland – und die Ausfuhren liefen im Verlauf des Sommers trotz Dürre auf Hochtouren. Die Bevölkerung ächzt unter explodierenden Strompreisen, der Druck auf die Politik wächst.

    Nun hat die Mitte-Links-Regierung des Landes entschieden, dass die Versorgung Norwegens gegenüber dem Stromexport priorisiert werden soll. „Die Regierung wird sicherstellen, dass wir Vorkehrungen treffen, die der Befüllung unserer Wasserkraftreservoirs und der Versorgungssicherheit mit Strom Vorrang einräumen und die Exporte begrenzen, wenn der Wasserstand in den Reservoirs auf sehr niedrige Niveaus sinkt“, so Öl- und Energieminister Terje Aasland am Montag in einer Erklärung im Parlament.

    Insgesamt macht Wasserkraft 95 Prozent der norwegischen Stromerzeugung aus, der Rest entfällt auf Wärme und Windkraft.

    „Die Regierung hält die Lage für ernst“, so Aasland. Es sei zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, dass Norwegen im Frühjahr Strom rationieren muss. Und ein Ende der Probleme sei nicht in Sicht: Die Klimakrise bedeute, dass „wir uns auf extremere Schwankungen beim Niederschlag einstellen müssen, die wiederum Folgen für unser wetterabhängiges Energiesystem haben werden“.

    Der Umbau der europäischen Energieversorgung weg von russischem Gas werde auch für Norwegen langfristige Folgen haben und das gesamte europäische Stromnetz unsicherer machen, so der Minister. Entsprechend wolle man jetzt Vorkehrungen treffen – und zu diesen gehört ein Kontrollmechanismus, der die Möglichkeiten des Exports bei geringerer Speicherfüllung einschränken soll. Dieser soll in den nächsten Wochen ausgearbeitet werden. Ein ähnlicher Vorschlag war erst im Frühjahr im Parlament abgelehnt worden.

    Rekord bei – nun umstrittenen – Exporten

    Norwegens Probleme mit seiner Stromproduktion sind für ganz Europa eine Hiobsbotschaft, denn in den vergangenen Jahren hat sich das Land zu einem der wichtigsten Stromexporteure aufgeschwungen. Ein Fünftel der Produktion geht ins Ausland, wo die günstige erneuerbare Energie gern gesehen ist. Bereits 2020 exportierte Norwegen dank überdurchschnittlicher Regenmengen große Mengen Strom zu einem günstigen Preis, im Vorjahr wurde dann die höchste norwegische Stromausfuhr aller Zeiten verzeichnet.

    Die größten Abnehmer sind dabei Dänemark, Schweden, Deutschland und Großbritannien. Die letzten beiden Staaten werden per Seekabel beliefert, die erst kürzlich in Betrieb genommen wurden. 2022 stiegen die Exporte in diese Länder dadurch stark an – auch aufgrund des Ukraine-Krieges. Vor allem Südnorwegen habe sich so dem europäischen Strommarkt, aber auch dessen Preisen angenähert, so der öffentlich-rechtliche Rundfunk NRK.

    Teil des europäischen Strommarktes

    Dadurch sind die Ausfuhren angesichts der Lage im Inland und der steigenden Strompreise für Haushalte umstritten. Dabei wurden auch Stimmen laut, die ein Aus für die Stromexporte forderten. Doch praktisch ist das keine Option. Norwegen ist zwar kein EU-Mitgliedsland, aber ein Mitglied des Europäischen Strommarktes und zudem an bilaterale Verträge und Regularien gebunden.

    „Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Verbindungen nach Schweden, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Finnland und in die Niederlande gut funktionieren“, so Aasland. Ein Ausstieg aus dem europäischen Strommarkt sei ein „gefährlicher Gedanke“, sagt auch Premierminister Jonas Gahr Störe. Die jüngste Entscheidung für einen Exportstopp in Notlagen könnte in der Gesamtgemengelage eines krisenhaften Energiewinters die Probleme einzelner Staaten trotzdem vertiefen – und die Solidarität der Staaten auf die Probe stellen, so Bloomberg.

    https://orf.at/stories/3280222/

    So eine Situation ist natürlich eine ideale Lage für einen Energie-Zocker und da läuft sicher auch einges, was die Versorgung weiter gefährdet und die Preise steigen läßt.

  59. @Neoprene

    Ich sehe den Energiemarkt jetzt in Analogie zum Staatsanleihen-System, wo sie die EZB den privaten Banken abkauft: Der Staat suventioniert den Firmen ihre Gewinne, damit die die Versorgung leisten.

    Eine weitaus höhere finanzielle Belastung, als wie wenn es der Staat selbst kaufen und an die Kunden weiterverkaufen würde, über staatliche Firmen, wie wir sie in Österreich bis in die 90-er Jahre hatten.

  60. "Eine weitaus höhere finanzielle Belastung, als wie wenn es der Staat selbst kaufen und an die Kunden weiterverkaufen würde"

    Das muß "man" sich erstmal leisten können. Oder anders formuliert: Und wie lange wird das "gut" ausgehen?

  61. Der Voluntarismus und Größenwahn, mit dem sich die Politiker der EU über ihre ökonomische Grundlage hinwegsetzen, nimmt immer wahnhaftere Züge an.

    Verteidigung bis zum letzten Ukrainer, die Krim muß wieder zur Ukraine, und Sie, liebe Bürger, waschen sie sich gefälligst weniger!

  62. "Wir reden hier aber nicht über Sicherheitsleistungen und Nachschußpflichten eines normalen Future-Markt-Teilnehmers." Doch darum geht es. Du musst auch ein Argument sagen. "Hier geht es doch um Zig Milliarden! Hin wie her!" Soll das ein Gegenargument sein?

    "Ich glaube nicht, daß es Sinn macht, sich allzu sehr in die Details dieser Börsengeschäfte zu vertiefen." Warum? Weil du das glaubst oder weil es in Österreich einen Untersuchungsausschuß gibt?

  63. Ich glaube, auch der Untersuchungsausschuß wird sich schwer tun, das ist eben bei solchen Börsen so.
    Das Wichtige ist, daß hier die Energie zur Ware und zum Spekulationsobjekt wird, was in der derzeitigen Situation eben den Schaden erhöht. Und deshalb wird es Gegenstand von Untersuchungsausschüssen – genauso wie bei der Finanzkrise 2008 ff.

    Das läuft ja schon seit einiger Zeit so und bis zum Vorjahr war den politischen Veranwortlichen dieses Jonglieren mit Grundstoffen ganz recht.

  64. Das EU-Land, das im Juli und August das meiste russische Gas per Schiff importiert hat, war Spanien. (El País, 6.9.)

    Und dann wollen die Deutschen eine Pipeline durch die Pyrenäen bauen, um Gas aus Spanien zu importieren!

  65. Ich sehe den Energiemarkt jetzt in Analogie zum Staatsanleihen-System, wo sie die EZB den privaten Banken abkauft: Der Staat subventioniert den Firmen ihre Gewinne, damit die die Versorgung leisten.

    Das ist halt nicht wahr. Und die Gasumlage ist der Beweis. Hier verpflichtet der Staat die Gaskunden die Gewinne der Firmen zu subventionieren, damit eine Versorgung bestehen bleibt, die sich letztendlich keiner mehr leisten kann. Genau das ist die Zwickmühle. Entweder die Versorger gehen Bankrott oder die Gaskunden gehen bankrott. Jetzt darf man sich aussuchen was schlimmer ist. Das ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera.

    Und wie ich schon tausendmal sagte. Die Gaskunden zu verpflichten den Gasversorgern die Gewinne zu garantieren, verschlimmert die Situation noch, weil es die Spekulation befeuert. Die Gasversorger können zu jedem Preis kaufen, wenn ihre Verluste erstattet werden.

    Ich glaube, auch der Untersuchungsausschuß wird sich schwer tun, das ist eben bei solchen Börsen so.

    Ich sagte doch gar nicht, der UAusschuß würde sich schwertun. Ich wollte darauf Hinweisen, dass irgendein österreichischer Untersuchungsausschuss kein Argument dafür ist, sich nicht in Börsengeschäfte zu vertiefen. Ich weiß gar nicht wo da ein Zusammenhang existieren soll.

  66. @neoprene: Wenn du mir nicht glaubst, vielleicht glaubst du dann der TAZ

    Zum einen müssen sie langfristigen Lieferverträgen zu Festpreisen nachkommen, mit denen sie wegen der aktuell hohen Preise am Strommarkt teilweise Verluste machen. Zum anderen führt die Achterbahnfahrt der Preise an der Strombörse bei vielen Unternehmen zu Liquiditätsproblemen. Dort müssen diese Unternehmen nämlich Sicherheitsgarantien hinterlegen, deren Höhe von den jeweiligen Preisen abhängig ist.

    „Praktisch sieht das so aus, dass man von uns verlangt, binnen 90 Minuten zusätzlich 200 Millionen Kronen (umgerechnet etwa 20 Millionen Euro) an Sicherheit zu leisten“, erklärt Elin Bergsten, Ökonomiechefin des kommunalen Stromversorgers „Skellefteå Kraft“: „Am nächsten Tag sind es vielleicht 700 Millionen weniger, am übernächsten wieder 500 Millionen mehr.“

    Sie begrüßte deshalb das jetzige Garantieprogramm Stockholms: „Das gibt eine gewisse Stabilität.“ Könne ein Unternehmen an der Börse solche Garantien nicht rechtzeitig leisten, riskiere es nämlich, vom Stromhandel ausgeschlossen zu werden: „Das hat dann natürlich auch sofort Konsequenzen für die Verbraucher.“

  67. @Kehrer

    Das ist halt nicht wahr. Und die Gasumlage ist der Beweis.

    In Österreich gibt es die nicht. Ich weiß nicht, ob es die noch woanders gibt, oder ob das eine deutschlandspezifische Angelegenheit ist.

    Worauf ich hinauswollte, ist die Art, wie der Markt weiterhin bedient wird. Irgendwer macht mit den Subventionen des Staates noch ein Geschäft, bevor die Energie an die Verbraucher kommt. Ob der Staat jetzt vorher noch das Geld bei seiner Bevölkerung absammelt, oder gleich selbst irgendwie generiert, ist für diesen Gedanken unwichtig. Es geht nicht um die Herkunft, sondern um die Form der Auszahlung des Geldes, also die Bestimmung. Um Versorgerfirmen ein Geschäft zu ermöglichen, bevor die Energie an den Mann kommt, wird das Geld an diese ausgezahlt.

    Die Alternative wäre, die ganze Strombörse und die dort vorhandenen Player zum Teufel zu jagen und die E-Wirtschaft zu verstaatlichen, – aber das geht gleich an das Eingemachte der EU, weil diese Firmen ja aus der ganzen EU kommen und die Verstaatlichung ein nationale Entscheidung wäre.

    Ich will dich nicht hindern, dich in Börsengeschäfte zu vertiefen ;-), ich wollte nur warnen, daß dabei nicht viel herauskommt!

  68. Ob der Staat jetzt vorher noch das Geld bei seiner Bevölkerung absammelt, oder gleich selbst irgendwie generiert, ist für diesen Gedanken unwichtig.

    Das stimmt. Der Witz ist aber noch nicht mal, dass der Staat mit dem Geld den Gasversorgern ein Geschäft ermöglicht. Dass im Kapitalismus die Bereitstellung irgendeines Gebrauchswerts nur unter der Bedingung geschieht, dass damit Gewinn gemacht wird, ist sozusagen ein Grundgesetz des Kapitalismus. Das ist immer so. Der eigentliche Witz oder das eigentlich ruinöse ist nicht der Gewinn bei den Gasversorgern, denn die zahlen ja das Geld an die Gasverkäufer weg. Die sind zwar auch die Nutznießer, aber die eigentlichen Nutznießer sind die Spekulanten und Produzenten, die trotz gleicher Produktionskosten Mondgewinne einfahren. Das ist doch der eigentliche Skandal. Nationalkredit oder im Fall der Gasumlage das Geld der Lohnabhängigen wird verbraten um Spekulanten zu füttern. Diese Marktkonstruktion und ein staatlicher Eingriff, der diese Marktkonstruktion schützt und ihr Recht gibt, produziert gigantische Privatvermögen durch Ausplünderung der Gesellschaft: Entweder ganz direkt durch Griff in den Geldbeutel oder indirekt durch Staatsverschuldung.

    "Die Alternative wäre, die ganze Strombörse und die dort vorhandenen Player zum Teufel zu jagen und die E-Wirtschaft zu verstaatlichen, – aber das geht gleich an das Eingemachte der EU, weil diese Firmen ja aus der ganzen EU kommen und die Verstaatlichung ein nationale Entscheidung wäre."

    Mag schon sein, dass das ans Eingemachte geht. Der EU wird aber nichts anderes übrig bleiben, als einzugreifen z.B. indem sie einen von der EU regulierten Marktplatz an die Stelle der Börse setzen. Im Moment schmeißen sie die Händler an der Energiebörse mit Geld zu. Kurzfristig macht das schon Probleme und langfristig geht das deshalb schon nicht, weil es mit dem zuschmeißen mit Geld ja nicht zu Ende ist. Der hohe Gaspreis verarmt die Leute, die sich nur das Nötigste zum Überleben leisten können, also ihre Zahlungsfähigkeit reduziert, was sie auf die Konsumtionsmittelkapitalisten auswirkt. Außerdem gehen die von Börse produzierten Energiepreise in die Warenpreise ein, was die Inflation antreibt und die Zahlungsfähigkeit der Massen weiter reduziert. Das heißt die Wirtschaft geht dermaßen den Bach runter, dass am Ende auch der Staatskredit nichts mehr wert ist und das Zuschütten mit Geld nicht mehr funktioniert.

    Bitte verbreitet das. Der Energiemarkt muss anders organisiert werden Bzw. darf der Spekulation nicht durch staatliches Geld oder wie in Deutschland durch das Geld der Lohabhängigen weiter Vorschub geleistet werden. 

    Entweder die EU macht das, oder sie einigt sich mit Russland und zwar schnell. Denn wenn sie das nicht machen kommt es hier zu Zuständen, die man sich noch nicht mal ausmalen will. 

    "Ich will dich nicht hindern, dich in Börsengeschäfte zu vertiefen ;-), ich wollte nur warnen, daß dabei nicht viel herauskommt!" Aber es kam doch was dabei raus, denn ich und die taz haben verstanden worum es geht.

  69. @Kehrer

    Die Gas„versorger“ genauso wie die Gasverkäufer SIND die Spekulanten. Sonst hätte es ja die Wien Energie nicht so erwischt.

    Wie alle Firmen haben sie eine Abteilung, die sich nur mit dem Einkauf und Verkauf der Energie zum Zweck der Bereicherung befaßt, und das wurde diesen Versorgern auch durch die Gesetzgebung nahegelegt.
    Also: Sie kaufen eine Abteilung Energie – Gas in Kubikmetern oder Strom in Kwh – ein und schauen dann, wo gibts derzeit den besten Preis? – und dann geht diese Abteilung nach Italien, oder Deutschland, wo sie gerade gebraucht wird.

    Mit dem Strom geht das schon seit geraumer Zeit so, daß da riesige Mengen zwischen Produzent und Endkunde durch die Hochspannungsleitungen durchgeheizt werden, weil sich irgendwo in Europa wer findet, der gerade dringend eine Menge Strom braucht.
    Die E-Wirtschaft ist in einem damit beschäftigt, neue Leitungen zu bauen und die alten und vor allem die Umspannwerke zu warten, damit es nicht womöglich zu einem Kollaps des Netzes kommt.

    Man darf ja nicht übersehen, daß solche schwindligen Energie-Schacher am Ende von Tag in das BIP eingehen und als „Wachstum“ gefeiert werden.

    Die EU ist schon seit geraumer Zeit ein Potemkinsches Dorf, in dem ein guter Teil der Wertschöpfung durch solche Geschäfte erfolgt, während die Verluste den „Zombie“-Firmen durch Kredite ausgeglichen werden, um einen flächendeckenden Krach zu verhindern.
    Und dann werden wieder die Banken gestützt, damit ihre vielen faulen Kredite nicht schlagend werden.

    Hach!

  70. "Man darf ja nicht übersehen, daß solche schwindligen Energie-Schacher am Ende von Tag in das BIP eingehen und als „Wachstum“ gefeiert werden."

    Das ist doch wurscht, als was sie gefeiert werden. Das ist früher vom Umfang nicht ins Gewicht gefallen, jetzt aber schon. Diese Spekulanten sind eben k e i n Wachstum, sondern Aneignung von gesellschaftlichem Reichtum, der sich jetzt ruinös auf das echte Wachstum, also durch abstrakte Arbeit geschaffenen Wert und Mehrwert auswirkt. Ein ideeller Gesamtkapitalist müsste jetzt eigentlich den übergeordneten Standpunkt des Funktionierens des kapitalistischen Wachstums insgesamt einnehmen und gegen diese Räuberei vorgehen. Und jetzt sag nicht, das ist doch kapitalistisches Wachstum. Nein ist es nicht, es ist Aneignung, Wert der von einer Tasche in die andere fließt, und der jetzt schon die gesellschaftliche Reproduktion beeinträchtigt. Vor ein paar Stunden kam im Deutschlandfunk, dass jetzt schon jedes zehnte Unternehmen wegen der hohen Energiepreise die Produktion drosselt und jedes fünfte Unternehmen überlegt ins Ausland zu gehen.

  71. Das ist doch wurscht, als was sie gefeiert werden. Das ist früher vom Umfang nicht ins Gewicht gefallen, jetzt aber schon.

    Doch doch, da wurden auch bisher sehr gute Profite generiert, deswegen geht das ja schon seit geraumer Zeit. Nur ist inzwischen eine Schieflage eingetreten, wegen Mangel und Preissteigerungen, und da fallen diese Zusatzgewinne und Pleiten unangenehm auf.

    Diese Spekulanten sind eben k e i n Wachstum, sondern Aneignung von gesellschaftlichem Reichtum, der sich jetzt ruinös auf das echte Wachstum … auswirkt.

    Oh oh, jetzt fängst auch du an mit der Realwirtschaft!

    Ich muß dich darauf aufmerksam machen, daß „Wachstum“ keine marxistische Kategorie ist, sondern der bürgerlichen Nationalökonomie angehört: Es mißt nur den abstrakten Reichtum, ganz wurscht, wie der zustandekommt.
    Aneignung von gesellschaftlichem Reichtum ist die Mehrwertproduktion mit ehrlicher Arbeit nämlich auch. Da wird sich fremde Arbeit kostenlos angeeignet. Von der Natur ganz zu schweigen.

    „Die Arbeit ist nicht die Quelle alles Reichtums. Die Natur ist ebensosehr die Quelle der Gebrauchswerte (und aus solchen besteht doch wohl der sachliche Reichtum!) als die Arbeit, die selbst nur die Äußerung einer Naturkraft ist, der menschlichen Arbeitskraft.“ (Kritik des Gothaer Programms)

    Da ist die Wertpapierspekulation – jemand druckt einen Zettel und schreibt drauf: „Ich werde dann und dann dort soundsoviel zahlen“ und verkauft den dann – genauso gut wie solide LW-Produkte oder Ölförderung.
    Und genauso eben in dieser Energie-Herumschieberei.

    Ich halte ja nichts vom „ideellen Gesamtkapitalisten“, weil der Staat selbst ja nicht in Vorschuß-Überschuß rechnet, sondern die ganze Gesellschaft als die Quelle seiner Bereicherung benützt und dem Kapital die Bedingungen schafft, um sich erfolgreich zu betätigen.
    Das gilt für einen „gewöhnlichen“ kapitalistischen Staat.

    Die EU hat aber ganz komische Staatsgebilde hevorgebracht, wo die Grenzen keine richtigen Grenzen mehr sind und die eigenen Kapitalisten nicht gegenüber anderen bevorzugt werden dürfen, aber sehr große Spekulationsblasen gewünscht waren, um sich als Staatenbündnis zu stärken.

    Ich kann ja auch nix dafür, daß die da oben inzwischen alle narrisch geworden sind, weil ihr Erfolgsweg jetzt eine Bruchlandung erleidet.

  72. "Doch doch, da wurden auch bisher sehr gute Profite generiert, deswegen geht das ja schon seit geraumer Zeit."

    Ich sagte ja nicht, dass mit Spekulation bisher keine Gewinne gemacht wurden, sondern dass sie nicht so hoch waren, dass sie der übrigen Wirtschaft die Luft abgewürgt haben. Bisher hat sich das nicht so bemerkbar gemacht, dass deswegen die gesamte Wirtschaft ruiniert wird – jetzt aber schon. 

    Wenn Wachstum keine marxistische Kategorie ist, warum führst du sie dann ein – sogar als Gegenargument.

    "Es mißt nur den abstrakten Reichtum, ganz wurscht, wie der zustandekommt."

    Und genau das wollte ich kritisieren. Durch Spekulation wird kein abstrakter Reichtum geschaffen – er fließt nur in andere Taschen. In Deutschland von den Taschen der Lohnabhängigen in die Taschen der Spekulanten. Oder von den Taschen der Kapitalisten, die die Energie brauchen in die Taschen der Spekulanten oder es fließt vom Staat geschöpfter Staatskredit in die Taschen der Spekulanten. Durch Spekulation entsteht kein Jota Wert, weil nirgends abstrakte menschliche Arbeit verausgabt wird. Das war mein Argument. Die Energiekapitalisten haben bloß die Macht sich gesellschaftlichen Reichtum anzueignen, weil jeder Energie braucht. Wie gesagt, das ist nichts anderes als staatlich sanktionierte Enteignung. Die Macht haben sie, weil der Staat das Eigentum schützt und sie die Konkurrenz der Nachfrager ausnutzen können. Die Energiespekulanten handeln vollkommen systemimmanent. So zu handeln ist erlaubt. Bloß ruinieren sie damit eben die ganze Wirtschaft.

    "Aneignung von gesellschaftlichem Reichtum ist die Mehrwertproduktion mit ehrlicher Arbeit nämlich auch."

    Ja klar. Im Gegensatz zum produktiven Kapital leiern Spekulanten aber keine Mehrwertproduktion an. Das ist einfach ein sachlicher Unterschied. Jetzt kannst du sagen. Der Zins und die Grundrente ist auch bloß, die Aneignung von geschaffenem Mehrwert. Der Unterschied ist aber, dass sich das Spekulantentum jetzt dysfunktional zur übrigen Wirtschaft verhält d.h. konkret dass sie das Geschäft abwürgen, aus dessen Taschen ihr Spekulationsgewinn kommt. Zins und Grundrente sind nicht dysfunktional.

    "Von der Natur ganz zu schweigen."

    Natur schafft keinen Wert.

    „Die Arbeit ist nicht die Quelle alles Reichtums. Die Natur ist ebensosehr die Quelle der Gebrauchswerte (und aus solchen besteht doch wohl der sachliche Reichtum!) als die Arbeit, die selbst nur die Äußerung einer Naturkraft ist, der menschlichen Arbeitskraft.“ (Kritik des Gothaer Programms)

    Die Kritik des Gothaer Programms ist eine Agitationsschrift. Du machst den Fehler Reichtum und Reichtumsquellen gleichzusetzen. Reichtumsvoraussetzungen sind aber was anderes als Reichtum. Reichtum zumindest im Kapitalismus sind Produkte abstrakter menschlicher Arbeit. Die Natur geht in diesen Reichtum zwar ein, aber sie schafft keinen Wert.

    „Ich werde dann und dann dort soundsoviel zahlen“

    Das ist ein Wechsel, bzw. ein Zahlungsversprechen. Und das ist nur w i e Geld wenn ein anderer dir glaubt das du wirklich zahlst, dir vertraut, dir also Kredit gibt. Das ist kein Wert. Wenn das Wert wäre, dann wäre die wirkliche Zahlung überflüssig. 

    "Und genauso eben in dieser Energie-Herumschieberei."

    Ne, eben nicht. Das ist auch keine Energieherumschieberei. Um das sachliche Schieben geht es gar nicht, sondern um die Spekulation auf einen Überschuss.

    "Ich halte ja nichts vom „ideellen Gesamtkapitalisten“, weil der Staat selbst ja nicht in Vorschuß-Überschuß rechnet, sondern die ganze Gesellschaft als die Quelle seiner Bereicherung benützt und dem Kapital die Bedingungen schafft, um sich erfolgreich zu betätigen."

    Meine Güte, du darfst halt auch nicht erfinden, was du unter den Begriff geruhst zu verstehen, sondern musst dich schon an den Begriff halten, wie er z.B. im "Bürgerlichen Staat" steht. Deshalb ist er nämlich "ideell", weil er halt nicht selbst Kapitalist ist, sondern weil er bestrebt ist den Kapitalisten Vorschriften zu machen mit dem Zweck, die Widersprüche des Kapitalismus gangbar zu machen. Er steht auf dem Standpunkt des funktionellen Bezugs der ökonomischen Subjekte aufeinander, damit möglichst viel Reichtum dabei (für ihn) herauskommt, bzw. auf dem Standpunkt, dass die gegensätzlichen Interessen der ökonomischen Subjekte sich nicht so behindern, dass die Reichtumsproduktion insgesamt leidet. Aber genau das ist jetzt der Fall. 

    Das gilt nicht nur für eine Nation, sondern auch für die EU insgesamt. Spekulationsblasen im Energiesektor waren sicher nicht gewünscht. Funktional ist ein niedriger Energiepreis und kein hoher. Man dachte, dass die Konkurrenz auf der Börse für niedrige Preise sorgt. Jetzt zeigt sich aber, dass das keineswegs ein Automatismus ist und dass wenn die Hälfte des Gasangebots ausfällt, die Preis in die Höhe schnellt und da fällt ihnen jetzt ihre gesamte Konstruktion auf die Nase. Im Krieg  wirkt sich das ruinös aus und muss umgehend geändert werden, wenn man die ökonomische Katastrophe abwenden will.

  73. @Kehrer

    sondern dass sie nicht so hoch waren, dass sie der übrigen Wirtschaft die Luft abgewürgt haben.

    Aber, aber! So kenne ich dich gar nicht.
    Jetzt sind auf einmal die Spekulanten schuld, daß es zu wenig und zu teure Energie gibt?
    Das kanns ja wohl auch nicht sein.

    Halten wir doch den bisherigen Stand der Dinge fest.

    1. hat die EU mit dieser Energiebörse und der Liberalisierung des Energiemarktes eine Spielwiese für Spekulanten geschaffen.
    Das war gewollt.
    Selbst wenn du recht hättest, daß Spekulanten nur wem anderen Geld wegnehmen – die Debatte ist mir zu mühsam – so hat doch dieser Spekulationsgewinn letztich eine nationale Fahne. Die betreffende Firma ist irgendwo domiziliert. Das heißt, das Verschieben des Gewinns geht über Landesgrenzen – die in der EU, daran erinnere ich, eine komische Sache sind. Sie sind da und nicht da.
    D.h., es ist von der Politik schon mitgedacht, daß auch mit der Spekulation Geld ins Haus kommt, national gesehen. Deswegen haben die Regierungschefs damals auch zugestimmt, wie bei der Einführung des Euro. Sie rechneten sich für ihr Ländchen Vorteile aus.

    Und jetzt ist Feuer am Dach, weil zuwenig Gas da ist, was da ist, zu teuer ist für den volkswirtschaftlichen Kreislauf und jetzt kommen diese Börsenfuzis und wollen sich daran gesund stessen.

    Skandal! Spekulation! Auf unsere Kosten wird gezockt!

    Also, Vorsicht, du bist da in schlechter Gesellschaft. 😉
    Nämlich in der Gesellschaft derjenigen, die das normale Geschäft ganz ok finden.

  74. "Jetzt sind auf einmal die Spekulanten schuld, daß es zu wenig und zu teure Energie gibt?"

    Ich sage nicht, dass die Spekulanten für den Mangel verantwortlich sind, sondern dass sie für den Preis verantwortlich sind, was ja wohl nicht von der Hand zu weisen ist.

    "– die Debatte ist mir zu mühsam – "

    What? Kann ich doch nichts dafür, dass dir die Debatte zu mühsam ist. Dann debattiere halt nicht. Aber halte nicht deine Debattenfaulheit für ein Argument.

    "Selbst wenn du recht hättest, daß Spekulanten nur wem anderen Geld wegnehmen… so hat doch dieser Spekulationsgewinn letztich eine nationale Fahne."

    1. Ich habe recht 2. Er hat eine nationale Fahne – ja und? Der Profit geht über Landesgrenzen. Ändert das irgendwas an den Auswirkungen auf die europäische Ökonomie?

    "Skandal! Spekulation! Auf unsere Kosten wird gezockt!"

    Also Entschuldigung, da halte ich es aber mit Frau Wagenknecht. Wenn es wahr ist, ist es wahr. Man kann nicht das Gegenteil behaupten nur wegen der Gesellschaft, in die man sich dann angeblich begibt.  

    1. Nicht das Zocken ist die Kritik, sondern dass die hohen Preise eine Enteignung der Energiekunden darstellen. Das Problem ist, dass die Zocker sich gegenseitig die Preise hochtreiben und diese Preise dann von den Kunden bezahlt werden sollen. Solange jeder seine Zockerei selbst bezahlt und mich das nicht betrifft, kann von mir aus jeder zocken, soviel er will. Wenn es mich aber betrifft, dann hab ich, mit Verlaub, schon was dagegen, wenn mir jemand noch mehr Armut zumuten will und das heißt nicht, dass die normale Armut ok ist.

    2. Abgesehen davon, dass ich nicht gerne abgezockt werde, weil mich das ärmer macht und das Leben beschwerlicher macht. Nochmal: Die hohen Energiepreise, die durch die Konkurrenz der Nachfrager und ihre staatlich freigesetzte quasi unbeschränkte Zahlungsfähigkeit entstehen, verarmen nicht nur die Leute, sie legen im Resultat auch die gesamte Ökonomie lahm. Die gesellschaftliche Reproduktion kommt ins Stocken, weil die europäischen Staaten ihre Energiemärkte nicht kontrollieren wollen. 

  75. Ja, aber das ist alles dem angemessen, was ich schrieb: Die Zockerei ist doch hier die Spitze des Eisbergs. Vom Standpunkt der Versorgung hätte diese ganze Liberalisierung – hier und woanders – nicht stattfinden dürfen.
    Aber um Versorgung geht es eben nicht in der Marktwirtschaft. Da sind alle Bedürfnissen dem Geschäftsprinzip – ohne G-G’ ka Musi – untergeordnet.

    Und gezockt ist schon vorher worden, also nicht erst jetzt, genauso auf Kosten der Konsumenten.

  76. Du verpasst den Witz, wenn du lapidar festhältst, dass es in der Marktwirtschaft nicht um Versorgung geht. Ich hab doch auch gar nicht geschrieben, die Marktwirtschaft würde ihr eigentliches Ziel der Versorgung verfehlen. Du redest also über ein Sache, die in meinen Beiträgen gar nicht vorkommt. Deshalb verstehe ich nicht wie du plötzlich auf Versorgung kommst. 

    Du verpasst ebenfalls den Witz, wenn du denkst bei den Energiepreisen ginge es um G-G'. Um G-G' geht es sowieso  – immer. Die Frage ist also, wenn es sowieso immer um G-G' geht, wieso sind die Energiepreise dann nicht immer schon so hoch wie jetzt. Wenn es jetzt eine besondere Situation gibt, aber G-G' immer schon gilt, dann kann diese besondere Situation nicht an G-G' liegen. Dann muss es einen anderen Grund geben, als den gewöhnlichen Kapitalkreislauf.

    Gezockt ist schon vorher worden und auch auf Kosten der Konsumenten, aber halt nicht in der Größenordnung und in dem Umfang und außerdem ist die Zockerei nicht mit staatlich Unterstützung gefüttert worden durch Staatskredit und durch staatlich legitimierte Enteignung. Erst die staatliche Legitimierung durch die Gasbeschaffungsumlage und ähnliche Späße hat die Spekulation so richtig angeheizt, weil die Käufer gar keine Schranke der Zahlungsfähigkeit mehr haben, denn sie kriegen ja ihre Verluste erstattet. Ich mein, das ist doch wirklich einfach zu verstehen. Die grenzenlose Zahlungsfähigkeit durch die staatlich garantierte Verlustübernahme macht solche Gaspreise erst möglich. Durch das Zuschmeißen der Gasversorger mit Geld würgt der Staat seiner Wirtschaft die Luft ab. Die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft ist begrenzt und zwar bei den Lohnabhängigen und beim Kapital. Die Waren werden durch die Energiepreise so teuer, dass nur noch ein Teil der Waren mit der gegebenen gesellschaftlichen Zahlungsfähigkeit versilbert werden kann. 

    Weder geht es um Versorgung noch geht es darum den moralischen Vorwurf, dass jemand Geld verzockt. Es geht darum, dass diese Zockerei in gigantischem Ausmaß die Waren dermaßen verteuert, dass diese nicht mehr mit der gegebenen gesellschaftlichen Zahlungsfähigkeit versilbert werden können und das wirkt sich ruinös auf die gesamte Ökonomie aus.

  77. Letzteres ist natürlich richtig. Das wundert ja auch viele Beobachter. Aber da ist nicht die Spekulation dran schuld, sondern die Politik gegenüber Rußland. Weil die Spekulation gabs ja vorher auch.

    Ich bin neugierig, wie die hohe Politik mit dieser selbst geschaffenen Zwickmühle umgeht. weil die Energie-Liberalisierung ist ja wie der Euro ein Monster, das die EU selbst geschaffen hat.

  78. Fehlt der OMV ein Krisen-Plan für den Gas-Notfall?

    Ein Untersuchungsausschuss befasst sich mit der Frage, wie Österreich in die große Abhängigkeit von russischem Gas geraten konnte. Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss sieht die Fehler der OMV nach seiner Zeit. Wen macht er verantwortlich und warum ist die OMV nicht für einen Notfall gerüstet?

    Nach Ansicht des früheren OMV-Chefs Gerhard Roiss hat die OMV heute "keine Strategie für die Versorgungssicherheit von Gas im Krisenfall, was wir heute schmerzvoll spüren". Er selbst habe als CEO auf Gas aus Norwegen gesetzt und ein stärkeres Engagement in Russland abgelehnt, sagte Roiss am Dienstag im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss – diese Strategie habe sein Nachfolger Rainer Seele aber verworfen.

    Roiss war seit April 2011 Generaldirektor der OMV. Im März 2014 sei sein Vertrag zunächst um drei Jahre bis 2017 verlängert worden. "Im Juni 2014 wurde Siegfried Wolf zum Aufsichtsrats-Vorsitzenden der ÖIAG gewählt. Im September 2014 wurde mir von Herrn Rudolf Kemler, damals unser Aufsichtsratschef, mitgeteilt, dass ich aus dem Unternehmen ausscheiden sollte", erinnerte sich Roiss.

    Unter der ÖIAG-Präsidentschaft Wolfs sei ihm plötzlich erklärt worden, dass die OMV-Strategie falsch und nicht mehr passend sei, sagte Roiss. Diese Strategie habe u.a. stark auf Gas aus Norwegen gesetzt, nachdem in Libyen, dem damals größten Gewinnbringer der OMV, ein Bürgerkrieg ausgebrochen sei. Die OMV habe damals 3 Mrd. Euro investiert und sich damit in norwegische Gasfelder eingekauft. "Mein Ziel war es, ca. ein Drittel des Gasbedarfs in Österreich aus Norwegen zu sourcen."

    Ex-OMV-Chef Roiss: "Da bin ich gescheitert"

    Das zweite Drittel sollte aus Rumänien kommen, wo man einen großen Gasfund im Schwarzen Meer vor der rumänischen Küste gemacht habe. Ziel sei es gewesen, das Vorkommen bis 2020 zu entwickeln und dann jährlich 3 Mrd. Kubikmeter Gas nach Österreich zu bringen. Die dritte Säule sollte Gas aus österreichischen Vorkommen und Russland sein. Ein weiteres Projekt zur Sicherung der Gasversorgung sei die Gaspipeline Nabuccu gewesen, die Gas aus Aserbaidschan nach Europa bringen sollte – "da bin ich gescheitert".

    Am 14. Oktober 2014 sei sein Dienstverhältnis mit der OMV per 30. Juni 2015 einvernehmlich gelöst worden, berichtete Roiss. Schon in seiner letzten Phase als OMV-Generaldirektor sei über eine Beteiligung an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 und über einen Asset-Swap verhandelt worden, bei dem norwegische Felder gegen eine Beteiligung in Russland getauscht werden sollten – das sei ohne sein Wissen passiert, obwohl er noch CEO gewesen sei. Er selbst habe eine Beteiligung an Nord Stream 2 und eine Beteiligung in Russland immer abgelehnt.

    Der geplante Swap der norwegischen Felder an Gazprom "wurde von der norwegischen Regierung 2018 glücklicherweise gestoppt", sonst würde die Abhängigkeit von russischem Gas heute bei 90 oder 95 Prozent liegen, meinte Roiss. Es sei damals schon erkennbar gewesen, dass Gazprom versucht habe, Marktpositionen in Europa aufzubauen, was auch in Ordnung sei. "Gazprom verfolgte dabei eine klare Strategie der Integration in die Abnehmermärkte Deutschland, Österreich und andere." Das sei keine Kritik an Gazprom, "die hat aus ihrer Sicht einen super Job gemacht."

    Wer hat die Abhängigkeit von russischem Gas zu verantworten?

    Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss sollte am Dienstag nach der Sommerpause auch mit einer Befragung des Ex-OMV-Chefs Rainer Seele fortgesetzt werden, der aber nicht geladen werden konnte, weil er keinen Wohnsitz in Österreich hat. Auch dabei sollte es um die Frage gehen, wer Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas zu verantworten hat.

    Gerhard Roiss war am Vormittag die einzige Auskunftsperson im Camineum in der Hofburg. Kurzfristig abgesagt hat die frühere Betriebsratschefin der OMV, Christine Asperger, deren Befragung für den Nachmittag eingeplant war. Grund für ihre Ladung war, dass auch sie im OMV-Aufsichtsrat saß.

    Das Thema OMV und Gas-Abhängigkeit war vor allem den NEOS ein Anliegen. NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper sagte vor der Sitzung, es sei die Frage, ob es sich bei der Bindung an Russland nur um Kurzsichtigkeit und Inkompetenz handelte – oder ob sich Regierungspolitiker oder andere Politiker dadurch Vorteile für sich oder die Partei erhofft haben.

    "Altkanzler Kurz und sein Machtzirkel haben Österreich mit ihrer Russland-Politik in einen gefährliche Situation manövriert", sagte zu diesem Thema vor Sitzungsauftakt aber auch die Grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli. Man habe Österreich in eine "völlig unerträgliche Abhängigkeit von russischem Gas getrieben". Es sei zu klären, wer davon profitiert hat.

    https://industriemagazin.at/news/fehlt-der-omv-ein-krisen-plan-fuer-den-gas-notfall/

    Die Schuldsuche bringt hier wie sonstwo nichts, um die gegebene verfahrene Situation zu lösen.

    Aber man merkt an diesen Debatten, wie nie wer mit einer Konfrontation mit Rußland gerechnet hat, die zu Lieferstop führen könnte.

  79. "Aber da ist nicht die Spekulation dran schuld, sondern die Politik gegenüber Rußland. Weil die Spekulation gabs ja vorher auch."

    Nestor erstens: Schuldfragen taugen nichts. Marxisten wissen das nicht erst seit dem Ukrainekrieg, wo Putin an allem die Schuld gegeben wird. Die Sanktionen gegenüber Russland sind der Grund, warum von dort kein Gas mehr kommt. Sie sind nicht der Grund der Spekulation. Dein Satz  "Weil die Spekulation gabs ja vorher auch." ist total ignorant gegenüber der momentanen Situation. Nein vorher war die Situation eine komplett vollkommen andere, da wurde und konnte der Bedarf im Großen und Ganzen befriedigt werden. Da hat so eine Börse und die Vereinfachung des Handels seinen Sinn. Auf der Grundlage, dass der Gasbedarf gedeckt wird, hält sich auch die Spekulation damit in Grenzen. Wenn aber wegen der Russen die Hälfte des Angebots wegbricht und die Nachfrager verrückt spielen, sich gegenseitig mit ihrer Kaufkraft die Kontingente unter der Nase wegschnappen, dann ist so eine Börse tödlich.

    Was die europäischen Staaten allen voran Deutschland gemacht haben ist eine vollkommene Verrücktheit. Sie haben ihre Gasversorger mit Geld und Kredit ausgestattet, damit sie anderen das noch angebotene Gas vor der Nase wegschnappen. Das heißt die Gasunterversorgung wird nicht behoben, sondern an die am wenigsten zahlungsfähigen weitergereicht. Das ist plemplem. Weil das ja dann alle machen. Sie holen sich bei der Regierung Geld und d a s treibt den Gaspreis in die Höhe. Wenn die mal kurz nachgedacht hätten, wären sie drauf gekommen was sie da machen.

    Der Schaden ist aber nicht nur, dass den Leuten das Geld aus der Tasche gezogen wird und die Staaten sich weiter verschulden. Der Schaden ist vor allem der hohe Gaspreis, der die gesamte Reproduktion der Gesellschaft über den Haufen schmeißt und eine Rezessionsgarantie darstellt. Denn die Zahlungsfähigkeit ist gleich geblieben, was sich unter anderem darin äußert, wie neulich in "heute" berichtet wurde, dass im Moment ein Preiskampf zwischen Handel und Hersteller tobt. Die Hersteller haben höhere Kosten, die der Handel aber teilweise nicht akzeptiert, weil ihnen die Kunden weg bleiben. 100€ kann man halt nur einmal ausgeben und wenn die Preise steigen, können sich die Leute weniger kaufen, was natürlich unmittelbar auf die Hersteller durchschlägt, selbst wenn sie höhere Preise bekommen, verkaufen sie ein Drittel weniger.

    Wie gesagt: Es gibt nur zwei alternative Handlungsmöglichkeiten für die EU-Staaten. Entweder sie rücken von ihrem Sanktionsregime ab. Oder verhindern die Energiepreisexplosion und zwar nicht mit Rettungspaketen, weil die bringen nichts und unterstellen der Preisanstieg sollen ihn also gar nicht verhindern.  Der Energiemarkt muss staatlich kontrolliert und überwacht werden. Wenn das nicht gelingt oder nicht geht, gibt es nur noch die Alternative zwischen Verhandlungen mit Russland und Untergang. Russland hat Europa einfach auf dem falschen Fuß erwischt und Europa war nicht auf so eine Situation vorbereitet. Russland hat die Sanktionen in ihren Wirkungen antizipiert, Europa nicht. Und wenn man dann unvorbereitet in einen Krieg rauscht, weil man ja so hoch zu Ross sitzt und das eingebildete Bewusstsein der eigenen Überlegenheit pflegt, dann galoppiert man sehenden Auges in den Abgrund und die Niederlage. 

  80. Von Attac erreicht mich per Newsletter gerade das:

    „Das Energiecasino schließen!

    An den Börsen spielen die Preise für Energie seit Wochen verrückt. Die Regierungen versuchen die exorbitant gestiegenen Preise für Energie mit Strompreisbremsen (siehe unten) und die grundsätzlichen Teuerungen mit immer neuen Unterstützungen zu dämpfen. Doch die grundsätzliche Frage bleibt offen:

    Warum zum Teufel liefern wir unsere Energie, unsere Daseinsvorsorge, solch riskanten Mechanismen wie spekulationsgetriebenen Finanzmärkten aus?“

    usw.

    Du bist also im Trend.

    Ich sage dir, warum mich diese Spekulations-Hype so stört: Weil es genau von den Sanktionen ablenkt, die ja der Auslöser der ganzen Krise sind.
    Aber wenn die Energiemarkt-Liberalisierung aufgehoben wird, soll es mir auch recht sein. 😉 🙂

  81. Du bist also im Trend.

    LOL. Na immerhin, wenn ich auch sonst nichts bin – so bin ich wenigstens im Trend, am Puls der Zeit. Lieber wärs mir ich liege richtig und noch lieber wärs mir es spricht sich rum und es würde entsprechend drauf reagiert.

    Ich sage dir, warum mich diese Spekulations-Hype so stört: Weil es genau von den Sanktionen ablenkt, die ja der Auslöser der ganzen Krise sind.

    Noch lieber wärs mir, sie würden verhandeln und sich mit Putin an einen Tisch setzen und den Plan aufgeben Russland ruinieren und fertigmachen zu wollen. Das schafft der Westen sowieso nicht. Man kann jetzt noch 3, 4, 5, und mehr Jahre so weitermachen, einen ganzen Kontinent (oder mehrere) wirtschaftlich ruinieren, zig Millionen von Menschen leiden lassen und irgendwann kommt die Annäherung dann doch. Klüger wäre es jedoch man wartet nicht so lang und spart sich die Opfer. Ich glaub übrigens nicht, dass irgendwas wirklich von den Sanktionen ablenken kann. Die sind ja omnipräsent. 
    Hier gibt es einen Link zu Attac:
    https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220908_OTS0079/attac-zu-eu-energie-gipfel-energiecasino-schliessen

    Fest steht jedenfalls, dass die Energiearmut in Europa stark angestiegen ist, da die großen privaten Energiekonzerne keine gemeinnützigen Ziele verfolgen und es dadurch zu Abstrichen in der Versorgung von sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen kommt.

    Die sozial benachteiligten Gruppen sind noch nicht mal der Witz. Es betrifft ja alle massiv nicht mehr nur die sozial benachteiligten Gruppen. Und zwar nicht nur direkt durch die hohen Energiekosten, sondern auch indirekt durch die Inflation und die Rezession die mittlerweile nicht mehr nur die Wirtschaftsinstitute von den Dächern pfeifen.

  82. N-VA-Chef De Wever schlägt Alarm: „Unser Land ist bankrott, wir sind das neue Griechenland“

    Der Bürgermeister von Antwerpen schlug angesichts der steigenden Energiepreise und der verheerenden Auswirkungen der Krise auf unser Land Alarm.

    Die Energiekrise sei keine Krise, die Russlands Präsident Wladimir Putin verursacht habe, sondern eine Krise, die Europa selbst verantworten müsse, weil es seine eigene Primärenergieproduktion in diesem Jahrhundert schrittweise abgeschafft habe.

    „Die dümmsten Länder, Deutschland und Belgien, sind aus der Kernenergie ausgestiegen. Wir haben alle Energiequellen zurückgedrängt und uns damit von Putin abhängig gemacht“, so De Wever.

    Der Vorsitzende der N-VA schloss seine Rede mit den Worten: „Dieses Land ist bankrott. Schauen Sie sich unsere Schulden, die Staatsausgaben und das Defizit an. Es ist schlimmer als in Südeuropa. Diese Regierung hat nichts dagegen unternommen. Ich habe bereits gesagt, dass wir beim nächsten Wirtschaftsschock das neue Griechenland sein werden. Leider passiert das gerade jetzt. Herr De Croo kann viel sagen, aber er kann nichts tun.“

    https://ostbelgiendirekt.be/bart-de-wever-schlaegt-alarm-329853

    Diese ganzen Leute, die meinen, man habe Fehler gemacht und sei an allem selber schuld, verpassen den Witz der Sache: Die EU hat in den letzten Jahrzehnten überhaupt nur funktioniert, weil sie das russische Gas hatten. Mit ihren eigenen Energiequellen wären sie international nicht wettbewerbsfähig gewesen. Sie hätten weder gegen die USA ihr Konkurrenzprogramm aufziehen, noch hätten sie China gegenüber als Handelspartner bestehen können.

    Sie haben mit aller Gewalt jetzt den Ast abgesägt, auf dem sie bisher gesessen sind.

  83. AKW-Betreiber warnt deutschen Wirtschaftsminister Habeck

    Als der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch im Bundestag auftaucht, wirkt er nicht gut gelaunt. Vielleicht ahnt er schon, dass ein Brief von Guido Knott an sein Ministerium bald öffentlich gemacht wird.

    Knott ist Chef von Preussen Elektra, der AKW-Sparte des deutschen Energieriesen EON. Laut Spiegel warnt er Habeck davor, das bayerische AKW Isar 2 über den Jahreswechsel hinaus als Notfallreserve zu betreiben. Das hat Habeck vor, auch mit dem AKW Neckarwestheim (Baden-Württemberg).

    Laut Knott ist dies "technisch nicht machbar und daher ungeeignet, um den Versorgungsbeitrag der Anlagen abzusichern". Man habe "keine Erfahrungswerte". Und: "Das Austesten einer noch nie praktizierten Anfahrprozedur sollte nicht mit einem kritischen Zustand der Stromversorgung zusammenfallen."

    Verwirrender Brief

    Habeck erklärte später, der Brief habe ihn "verwirrt". Am Montag hatte er betont, mit den AKW-Betreibern über seine Pläne gesprochen zu haben.

    Im Bundestag wird er, wie auch die anderen Mitglieder der Ampelregierung, von Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) scharf kritisiert. "Jeder Kompass fehlt dieser Bundesregierung, jede Fähigkeit zum politisch-strategischen Denken", sagt Merz und nimmt sich Habeck noch extra vor.

    Nicht der Minister, sondern ein Sicherheitsrat sollte über die deutsche Stromversorgung entscheiden. Die Union fordert ja angesichts der Energiekrise einen regulären Weiterbetrieb der Anlagen, obwohl der Atomausstieg mit Jahresende 2022 festgelegt ist.

    (…)

    https://www.derstandard.at/story/2000138883386/schreiduell-zwischen-scholz-und-merz-im-deutschen-bundestag

  84. Streit unter Frankreichs Atomkraftbefürwortern

    AKW-Pannen treiben die Strompreise in Europa in die Höhe. In Paris liegen die Nerven blank: Präsident Macron und der Stromkonzern EDF schieben sich gegenseitig die Schuld zu

    Von den 56 Meilern auf französischem Staatsgebiet stehen derzeit 32 still – mehr als je zuvor. Zu den fahrplanmäßigen Wartungsarbeiten kommt ein unvorhergesehenes Korrosionsproblem in mindestens vier Reaktoren, in Civaux (Westfrankreich), Cattenom (Lothringen) und Penly (am Ärmelkanal): An einzelnen Leitungen im Notfallkühlsystem wurde Rost festgestellt.

    Die feinen Risse haben massive Folgen. Frankreich muss mit einem Mal Strom aus Deutschland importieren; laut dem Netzbetreiber Réseau de Transport d’Electricité (RTE) bezog es im letzten Zählmonat Juni über 2.000 Gigawattstunden aus deutschen Kohlekraftwerken und Windparks. Das trifft nicht nur den französischen Nationalstolz, der auch für die CO2-freie Kernkraft gilt, sondern bedroht im gespannten Umfeld den gesamten Strommarkt Europas: Die Preise für eine Kilowattstunde haben sich auf bald 1.000 Euro verzehnfacht.

    Verstaatlichung in höchster Not

    Die Regierung in Paris, wegen der Inflation ohnehin unter Druck, befürchtet einen sozialpolitisch heißen Herbst, da viele Leute die Stromtarife nicht mehr bezahlen können. Letztere sind zwar reglementiert: Der Stromkonzern Electricité de France (EDF) muss seine Produktion teils unter dem Gestehungspreis abgeben. Auch deshalb ist die EDF mit 43 Milliarden Euro hoffnungslos verschuldet. Die Regierung musste im Juli ankündigen, sie werde den Staatsanteil an EDF von derzeit 84 auf 100 Prozent erhöhen.

    Die Verstaatlichung in höchster Not wird aber die Korrosionsprobleme des AKW-Parks auch nicht schneller lösen. Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher hat die EDF letzte Woche kategorisch aufgefordert, alle gewarteten Reaktoren "für den Winter" wieder in Betrieb zu nehmen. Der Stromriese will nun vier abgeschaltete Reaktoren bis Weihnachten wieder ans Netz nehmen, die restlichen im Februar. Die Hausgewerkschaften zweifeln aber, daran dass dies realistisch sei, zumal die Atomsicherheitsbehörde ASN erst noch grünes Licht geben muss.

    Angriff auf die Regierung

    Auch EDF-Vorsteher Jean-Bernard Lévy verwahrt sich gegen die Druckversuche der Regierung und den impliziten Vorwurf, der AKW-Betreiber habe sich die Produktionspanne im dümmsten Moment eingebrockt. Lévy kontert ungewöhnlich offen und wirft der Staatsführung vor, sie sei selber schuld an dem Schlamassel. Noch 2018 habe sie den Abbau von einem Dutzend Reaktoren angekündigt und das AKW Fessenheim im Elsass ganz abgeschaltet. "Warum haben wir nicht genug Wartungsteams?", fragte Lévy. "Weil uns gesagt wurde, wir sollten AKWs schließen. Wir haben keine Schweißer und Installateure mehr eingestellt, um zwölf Reaktoren zu bauen, wir haben vielmehr Leute eingestellt, um zwölf Reaktoren abzubauen."

    In der Tat hatte der frühere Staatspräsident François Hollande noch 2017 erklärt, Frankreich werde den Atomanteil an der Stromproduktion von 80 auf 50 Prozent herunterfahren, also mehrere Meiler stilllegen. Sein Nachfolger Macron setzte diese Strategie fort und zwang EDF, auf erneuerbare Energien umzusatteln. Unter dem Eindruck der Klimaerwärmung hat er aber wieder umgedacht: 2021 kündigte er den Bau von sechs neuen EPR-Reaktoren an; in den bisherigen will er die Laufzeiten auf 50 Jahre verlängern.

    Kritik an Macron

    EDF-Boss Lévy prangert das Hin und Her der französischen Energiepolitik nicht ungestraft an. Macron erklärte genervt: "Was ich gehört habe, ist falsch. Es ist völlig inakzeptabel, dass die für die Wartungsarbeiten Zuständigen uns heute erklären wollen, wir hätten verantwortungslos gehandelt." Mit "wir" meint er natürlich sich selbst.

    Energieexperten wie Fabien Bouglé geben Lévy allerdings recht. Auch die konservative Senatorin Sophie Primas bezeichnete es am Dienstag als "skandalös", wie Macron den EDF-Vorsteher abkanzle. Der kommunistische Senator Fabien Gay erinnerte daran, dass Macron als Hollandes Berater und später als Wirtschaftsminister selber für den Staatsbetrieb EDF zuständig gewesen sei; und Lévy habe immer wieder vor Engpässen im AKW-Park und sogar einem Strom-Blackout gewarnt.

    Auch die Sozialistin Marie-Noëlle Lienemann wandte sich dagegen, aus dem EDF-Vorsteher einen "Sündenbock" zu machen. Lévy sollte an sich im kommenden Frühjahr in Pension gehen. So lange wird er aber kaum mehr im Amt bleiben. Wie am Dienstag aus Regierungskreisen verlautete, dürfte seine Nachfolge "in den nächsten Tagen" geregelt sein. In der Hoffnung, dass die neue EDF-Spitze Frankreich besser durch den nuklearen Winter bringen wird.

    https://www.derstandard.at/story/2000138886623/streit-unter-frankreichs-atomkraftbefuerwortern

    Man muß hier wieder einmal darauf hinweisen, daß die AKWs nur deshalb wirtschaftlich sind, weil der Staat dieKosten für die Entsorgung übernimmt.

  85. Kommt mir das nur so vor oder ist zur Zeit wirklich überall, die "Kacke am dampfen", wie man so schön sagt. Oder wird das normalerweise, wenn es nicht gleich den europäischen Strommarkt bedroht bloß unter den Teppich gekehrt.

     "Die Regierung musste im Juli ankündigen, sie werde den Staatsanteil an EDF von derzeit 84 auf 100 Prozent erhöhen." Was macht sie bloß danach, wenn das nicht reicht. Den Staatsanteil auf 110% erhöhen? Aber verstaatlichen – nein um Himmels willen. Das wäre ja Sozialismus.

     In der Hoffnung, dass die neue EDF-Spitze Frankreich besser durch den nuklearen Winter bringen wird.

    Ein Wortspiel. So wies aussieht wird er gar nicht so nuklear werden. Wenn 32 Atommeiler stillstehen, wird es wohl eher eine stille Nacht.

    Übrigens: Die Königin ist tot – lang lebe der König.

  86. Der Strommarkt ist kaputt. Wie kann man ihn reparieren?

    Zwei grundverschiedene Ideen könnten die Preisbildung am Strommarkt korrigieren – und damit den Strommarkt reparieren. Setzen sich Regulierung oder der freie Markt durch?

    Die Preisfindung am Strommarkt funktioniert wie jene am Aktienmarkt: Der Preis der letztverkauften Kilowattstunde bestimmt den Preis für den gesamten Strom, der produziert wird. Bislang ist jene letztverkaufte, teuerste Kilowattstunde Strom immer eine aus fossilen Brennstoffen, fast immer ist das Gas.

    Warum man auf Gas bei der Stromproduktion – auch in Zukunft – nicht verzichten wird

    Noch – und wohl auch in Zukunft – kann auf Gas in der Stromproduktion nicht verzichtet werden. Trotz des Ausbaus von erneuerbaren Energiequellen und dem Errichten riesiger Speicherkapazitäten – wie etwa Pumpspeicherkraftwerken – benötigen die Stromnetze Gaskraftwerke zur Stabilisierung. Nur diese sind in der Lage ohne externe Energiezufuhr blitzschnell Schwankungen ausgleichen zu können.

    Wenn aber Gas als Stromproduktionsquelle unverzichtbar ist, die Preise jedoch durch die Decke gehen (das war nicht immer so: Jahrzehntelang waren Gaskraftwerke die Energieerzeuger, die Preise nach unten stabilisierten) – und trotz relativ geringem Anteil an der Gesamtproduktion den Preis bestimmen, dann ist die Preisbildung am Markt dysfunktional.

    Großabnehmer der Industrie beziehen ihre – meist lange im Voraus gesicherten Strom-Kontingente – auf Basis jener Futurepreise an der Europäischen Strombörse EEX, die für jedes teilnehmende Land ermittelt werden: Derzeit, zwangsläufig, zu ruinös hohen Preisen. Die Politik – von der EU-Kommission bis zur Bundesregierung – hat das Problem endlich erkannt und arbeitet an Modellen um die Marktmechanismen – über temporäre Eingriffe oder ein neues Marktdesign – wieder wirksam werden zu lassen. Diese Modelle sind derzeit in Diskussion:

    Regulierung: Das Iberische Modell zur Preisstabilisierung

    Mitte Juni haben Spanien und Portugal das Merit-Order-System so umgestaltet, dass die Preise für Gas – aber auch Kohle und Öl – für den Betrieb von Kraftwerken auf einen Preis zwischen 35 und 45 Euro pro Megawattstunde festgesetzt wurde. Die Differenz zum weitaus höheren Marktpreis wird den Kraftwerksbetreibern direkt abgegolten. Die durchaus erwünschte Folge: Der Strom aus fossilen Kraftwerken kann günstiger angeboten werden, was sich dämpfend auf den gesamten Strompreis auswirkt. Ebenfalls erwünscht: Der Preis ist jedoch noch immer so hoch, das er Erneuerbare bevorzugt.

    Bis Mitte August sind die Strompreise am Spotmarkt auf der Iberischen Halinsel um die Hälfte gefallen. Gesamtwirtschaftlich ist die Einsparung jedoch geringer, weil die Differenz des Gaspreises für die Stromproduktion als Umlage von den Kunden oder den Steuerzahlern bezahlt werden muss. Das Modell funktioniert ausserdem natürlich nur, weil die Iberische Halbinsel eine Strominsel ist. Höchstens 10 Prozent des in Spanien oder Portugal produzierten Stroms könnten nach Europa transportiert werden. Wäre der Markt mit Resteuropa technisch perfekt verbunden, würden sich die Preise natürlich sofort dem europäischen Niveau angleichen.

    Eine Iberische Lösung könnte vor allem in dem höchst europäisch intergrierten heimischen Strommarkt nur über eine gesamteuropäische Lösung umgesetzt werden.

    Experten – auch aus dem Klimaschutzministerium – weisen jedoch darauf hin, dass erste Daten gezeigt haben, dass durch den Preiscap für Gaskraftwerksbetreiber der Gasverbrauch auf der iberischen Halbinsel sehr stark gestiegen ist. Um insgesamt 70 Prozent dürfte der Gasverbrauch in der Stromerzeugung in den ersten Monaten in Spanien und Portugal zugelegt haben – während Endkonsumenten ohne Pricecap um rund 10 Prozent weniger verbrauchten. Deshalb scheint dieses Modell für Gesamteuropa eher unattraktiv.

    Fraktionierter Stromhandel: Das Marktmodell zur Preisstabilisierung

    Finanzexperten schlagen vor, den Strommarkt zu fraktionieren. Statt einen Strom-Gesamtpreis zu ermitteln, der, wie sich wie bisher am teuersten Kraftwerk orientiert, sollten die einzelnen Stromarten – mit extrem unterschiedlichen Gestehungskosten – an den Börsen gesondert notieren, wie unterschiedliche Aktien. Dies würde die Preise für Ökostrom deutlich anheben und den Wettbewerb zwischen den Produktionsarten Wasser-, Wind-, Solar- und Fossilenergie weiter fördern. Zugleich würde die Diskussion um die enormen Windfall Profits von Wasserkraftbetreibern wie dem Verbund beendet. Die Verbraucher würden am Ende einen, je nach dem bezogenen Mix, gewichteten Durchschnittspreis zahlen.

    Denkbar wäre auch, wie etwa Griechenland vorschlägt, die Preise für erneuerbare Energien zentral festzusetzen – und nur noch Strom aus thermischen Kraftwerken den Marktkräften zu überlassen.

    Erst vor wenigen Tagen sprach sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen neben Sofortmaßnahmen auch für eine langfristige Reform der Strompreisbildung in Europa aus, denn der Strommarkt würde in diesem 30 Jahre alten Design so nicht mehr funktionieren. Hoffen wir auf eine baldige EU-weite Lösung, bevor die ersten industrielle Großverbraucher w/o geben müssen.

    Großhandelspreise steigen im Oktober deutlich

    Die Großhandelspreise für Strom ziehen unterdessen weiter deutlich an. Der von der Österreichischen Energieagentur berechnete Österreichische Strompreisindex (ÖSPI) klettert im Oktober 2022 gegenüber dem Vormonat um 27,6 Prozent. Im Jahresvergleich ergibt sich somit ein Plus vom 319,9 Prozent, teilte die Österreichische Energieagentur am Montag mit. Bezogen auf das Basisjahr 2006, erreicht der Index damit 516,52 Zähler.

    Der Grundlastpreis verteuert sich gegenüber dem September 2022 um 26,7 Prozent und steigt damit im Jahresvergleich um 308,6 Prozent. Der Spitzenlastpreis weist im Monatsvergleich ein Plus von 29,7 Prozent auf, gegenüber dem Vorjahresmonat ergibt sich daraus eine Preissteigerung von 349,1 Prozent.

    Im ÖSPI ist nur der Großhandelspreis für Strom erfasst. Dieser macht rund 40 Prozent des Gesamtpreises für Strom bei Endkundinnen und -kunden aus. Netzgebühren, Steuern und Abgaben werden dadurch nicht abgebildet. Grundlage des ÖSPI sind die Notierungen für Strom der kommenden 4 Quartale (Strompreis-Futures) an der Energie-Börse EEX (European Energy Exchange) in Leipzig. Diese sind ein Indikator für die Entwicklung des Strompreises. Die Grundlast beschreibt die regelmäßigen, bandförmigen Stromlieferungen, ist die Stromnachfrage zu bestimmten Tages- oder Jahreszeiten besonders hoch, spricht man von Spitzenlast.

    https://industriemagazin.at/energie/der-strommarkt-ist-kaputt-wie-kann-man-ihn-reparieren/

    Einmal sehen, wie lange das Geschwätz vom Strommarkt noch anhält.

    Siemens Österreich-Chef Wolfgang Hesoun kritisiert die mangelnde Kontrolle des Energiemarktes. Es sei "interessant", dass sich die Preise für Pellets denen von Strom anpassen würden, "wenn man hier von einem Markt spricht, ist das fast zynisch". "Es kann nicht das Ziel sein, die Märkte völlig unkontrolliert zu lassen", meinte er heute und stellte die Frage: "Ist es wirklich gescheit, dem Markt das Wort zu reden, wenn er wirklich nicht funktioniert?"

    Die Politik solle sich überlegen, wie sie wieder zu einer "vernünftigen Preispolitik" komme.

    (…)

    https://industriemagazin.at/energie/siemens-chef-hesoun-bei-energiemarkt-von-markt-zu-sprechen-ist-fast-zynisch/

    Hesouns Vater war übrigens einmal Gewerkschaftsboss.

  87. Enorme Lieferschwierigkeiten bei Heizöl in Österreich

    Händler nehmen keine Neubestellungen an, sprechen von mindestens zehn Wochen Wartezeit im günstigen Fall. Grund sind der Ausfall der OMV-Raffinerie und Transportprobleme

    Wer mit Gas heizt, muss hoffen, dass davon noch genug geliefert wird im Winter. Bei Brennholz haben viele Lieferanten ihre Ware in den vergangenen Wochenzurückgehalten, um höhere Preise abzuwarten – mit der Folge, dass die Preise tatsächlich gestiegen sind. Probleme gibt es nun aber auch am Markt für Heizöl.

    Leser haben den STANDARD kontaktiert, nachdem sie in der Ostregion kein Heizöl mehr bestellen konnten. Ein Rundruf bei Händlern in Wien und Niederösterreich zeigt tatsächlich: In größeren Mengen ist das Produkt nicht zu bekommen, es sei "aktuell nicht lieferbar", wie es heißt.

    Auskunft bei einem der größeren Händler in St. Pölten: Aktuell bestehen acht bis zehn Wochen Wartezeit für Stammkunden, Neukunden werden derzeit gar nicht angenommen. Man solle es in ein paar Wochen wieder versuchen. Ein anderer Lieferant in Wien erzählt Ähnliches: Bei Stammkunden komme man irgendwie zurecht, alles andere sei aktuell nicht möglich. Ein anderer Treibstoffhändler aus Stockerau sagt, dass er kleine Mengen zur Selbstabholung abgeben könne. Tankfüllungen für Heizkessel seien aber derzeit unmöglich.

    (…)

    Der Preisauftrieb dürfte damit wohl weitergehen: Der Preis für Heizöl hat sich seit vergangenem Jahr verdoppelt.

    https://www.derstandard.at/story/2000138969841/enorme-lieferschwierigkeiten-bei-heizoel-in-oesterreich

    Die ÖMV meint, die Lage beim Heizöl würde sich ab Oktober wieder verbessern, wenn der kaputte Kessel in Schwechat repariert sei …
    Brennholz ist ebenfalls kaum mehr zu bekommen, liefern tut praktisch niemand. Der Preis ist auf das Zweieinhalbfache geklettert, Tendenz steigend.

  88. Trotz des Ausbaus von erneuerbaren Energiequellen und dem Errichten riesiger Speicherkapazitäten – wie etwa Pumpspeicherkraftwerken – benötigen die Stromnetze Gaskraftwerke zur Stabilisierung. Nur diese sind in der Lage ohne externe Energiezufuhr blitzschnell Schwankungen ausgleichen zu können.

    Nicht trotz sondern wegen des Ausbaus von erneuerbaren Energiequellen braucht man Gaskraftwerke zur Stabilisierung, weil die meisten Erneuerbaren eben von Wind und Sonne abhängen. Geothermie wäre eine Ausnahme. Dänemark will anscheinend mit Biogas autark werden und könnte Gas sogar noch exportieren. Also Gas aus Gülle. Es ist zwar noch nicht soweit, es scheint aber eine realistische Perspektive zu sein. Dann hört vielleicht auch das ewige Gehetze gegen die Fleischesser auf. Dann braucht man die Viecher schon wegen ihrer Hinterlassenschaften. Meine Güte das sind Zeiten.

  89. Auch Rinderfürze sollen ja viel Energie enthalten, die sinnlos in die Atmosphäre verpuffen und dort auch noch Treibhausgase schaffen.

    Ich bin neugierig, was sich die E-Wirtschaft hier einfallen lassen wird … Deinen Stoßseufzer kann ich gut verstehen. 😉

  90. Stephan Kaufmann:    Deckeln und schöpfen

    Im Kampf gegen die steigenden Energiepreise will die EU ihren Markt umbauen

    Die hohen Gaspreise fressen sich tief in die Budgets der deutschen Haushalte. Laut Wirtschaftsforschungsinstitut IfW schrumpft ihre Kaufkraft nächstes Jahr mit rund vier Prozent so stark wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Auch in anderen europäischen Ländern werden die Menschen deutlich ärmer. Die EU und ihre Mitgliedstaaten versuchen zum einen, die Kosten für Unternehmen und Haushalte zu mindern. Gleichzeitig wollen sie den Energieverbrauch senken. Um beides zu erreichen, planen sie Eingriffe in den Markt – denn der spielt derzeit verrückt.  (…) (Forts.):

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166811.energiekrise-deckeln-und-schoepfen.html

  91. Die Botschaft hör ich wohl …

    Weniger denn je haut mich die Ankündigungspolitik (Wir wollen … Wir werden … ) von den Socken. Ich nehme an, es kommt eher zu einem Crash des Energiemarktes und einer Abkopplung der Ressourcen nach dem Motto „Rette sich wer kann“.

    Erst werden Energieversorger verstaatlicht, mit dem 100%-Anteil. Dann krallen sie sich, was sie können an Assets und dann geht der Krieg zwischen den nationalen Energiegesellschaften los.

    Weil was z.B. Spanien gemacht hat, Flüssiggas aus Rußland zu importieren und dann weiter zu exportieren, das hat nur Witz, wenn es die Energiebörse als Geschäftssphäre gibt, auf der Spanien mit seinen vielen Flüssiggas-Terminals einen Vorteil hat.

    Wenn es aber staatliche Einkäufer gibt, so wird nicht ein Staat aus seinem Budget eine ausländische Firma wie z.B. Repsol subventionieren.

    Ähnlich mit dem Speicher in Haidach: Von Gazprom gebaut, von Österreich beschlagnahmt, für die Versorgung Bayerns vorgesehen und von jeder Menge privater Energiefirmen genutzt. Dergleichen läßt sich nicht einvernehmlich lösen, wenn kein Gas mehr durch Nord Stream kommt. Und möglicherweise bald gar keins mehr aus Rußland.

  92.  "und dann geht der Krieg zwischen den nationalen Energiegesellschaften los." Das müsste EU-weit geregelt werden, sodass die Konkurrenz unterbleibt. Wär eigentlich logisch, wenn die EU hier die Aufgabe des ideellen Gesamtkapitalisten übernimmt. Sie sorgt damit für gleiche Konkurrenzbedingungen für's Kapital in der EU. 

  93. Das Problem ist, daß sich die EU ja gerade die freie Konkurrenz auf die Fahnen geschrieben hat und in einer Mangel-Situation jeder an seinen Ressourcen zerrt und schreit: „Das ghört mir!“

    Die Knallköpfe in Brüssel müßten ihr ganzes Kartenhaus umbauen und ich hab da so meine Zweifel, ob sie das hinkriegen.

  94. Die Mitglieder verfolgen dort ihre nationalen Interessen. Und die können gegensätzliche sein, wie nicht nur Ungarn demonstriert ….

    https://www.freitag.de/autoren/michael-kraetke/sondertreffen-der-energieminister-bringt-nicht-den-erhofften-durchbruch

    (Dass man nationale Fragen nicht gebündelt als europäische vertreten kann, sei nicht behauptet. Das erfordert aber dann das dort geläufige Hauen und Stechen, Beichtstuhl-Verfahren Einrichten, Fristen Setzen, Uhren Anhalten, Ausgleichsmodalitäten Vereinbaren, unterschiedliche Mehrheits-Abstimmungs-Variationen Erfinden etc – kurz: Abgeschmacktes und leicht Irres Großes Europäisches Theater, wie die EU es früher alle Jahre lang öfters mal zelebriert hatte….. Davon dringt zumindestens aktuell nichts nach draußen. – Seit Corona gibt es das anscheinend auch gar nicht mehr.)

  95. "Das müsste EU-weit geregelt werden, sodass die Konkurrenz unterbleibt. Wär eigentlich logisch, wenn die EU hier die Aufgabe des ideellen Gesamtkapitalisten übernimmt. Sie sorgt damit für gleiche Konkurrenzbedingungen für's Kapital in der EU."  (Kehrer)

    Das ist keine bloße ‘Regelungsfrage’! – Erst einmal wäre dafür die EU als eine wirkliche gewaltmäßig (!) supranationale Instanz vonnöten, die die einzelnen Nationen würde unterordnen können, quasi ein europäischer  staatlicher Gewaltmonopolist. Den gibt es aber ja gerade nicht. Das wünscht sich zwar jeder EU-Staat im Verhältnis zu den anderen, aber eben als seine je nationale Vorstellung. Ungarn wünscht sich, dass die anderen Staaten vom EU-Wirtschaftskrieg ggegen Russland ablassen sollen – oder zumindestens Ungarn Extra-Beziehungen zu Russland trotzdem erlauben. Das gerade wird die EU-Kommission nicht zugestehen wollen etcpp….

    Der Grund dafür, dass europäische Einigungen an irres Theater erinnern, liegt darin, dass solche gemeinsamen EU-Beschlüsse je nachdem unterschiedliche nationale Gewinner- und Verlierer-Staaten hervorrufen, und den Verlierern deswegen Kompensationen zugestanden werden, was mit denen auszuloten ist, und dann wieder den Gewinnern als Lösung vorgestellt werden muss etcpp…. : weil es eben einen europäischen Gewaltmonopolisten nur in einigen Bereichen gibt.

  96. Man muß vielleicht daran erinnern, was bei der Gründung der EU Pate stand: Durch Zusammenschluß werden wir stärker und schließen auf zur Weltmacht Nr. 1!

    Abgabe von Soveränität im Inneren der EU und Gewinn derselben nach außen, beim Auftreten gegenüber anderen Mächten – das war die vorgestellte Erfolgsstory der EU, die in der Zeit unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Realen Sozialismus wirklich zu funktionieren schien. Bis zur Finanzkrise 2008 ff. Seither versucht jeder in der inneren Konkurrenz die Schäden herumzuschieben und jemandem anderen aufzuhalsen.

    Dieses seltsame Spiel geht jetzt in eine neue und möglicherweise finale Runde.

  97. The battered pound is sinking towards dollar parity

    A further sharp fall in sterling is far from inconceivable as country's woes mount

    (Dann leider Bezahlschranke)

    https://www.telegraph.co.uk/business/2022/09/08/battered-pound-sinking-towards-dollar-parity/

    Brussels backs off Russian gas price cap after Putin threat

    EU ministers agree to raid on energy giants to cushion financial blow to households
    EU ministers have stopped short of a price cap on Russian gas, following threats from Vladimir Putin to cut off supply in retaliation for any cap.
    Proposals to cap the price of energy imports that fund the Kremlin’s war machine were sidelined following opposition from some member states.

    Mr Putin had warned he would completely halt energy supplies if a cap was imposed. Several countries exposed to a sudden shut-off, including Hungary, suggested they could not support the EU’s plan as a result. The proposal was ultimately dropped in the emergency talks.

    However, EU energy ministers did agree to a raid on energy giants and provide help for power firms hit by volatile markets.

    Ministers asked the European Commission to draw up more detailed plans to cushion the blow to households by targeting the excess profits of fossil fuel giants and non-gas electricity producers that are capitalising on soaring energy prices.

    The EU’s executive arm was also instructed to prepare proposals for a broader price cap, not just targeting Russia, and a plan to grease the wheels of strained energy markets. Power producers are pleading for emergency liquidity support as they struggle to meet the huge collateral requirements needed to secure contracts for insuring against wild price swings.

    https://www.telegraph.co.uk/business/2022/09/09/brussels-backs-russian-gas-price-cap-putin-threat/

  98. "Erst einmal wäre dafür die EU als eine wirkliche gewaltmäßig (!) supranationale Instanz vonnöten, die die einzelnen Nationen würde unterordnen können, quasi ein europäischer  staatlicher Gewaltmonopolist."

    Nein. Wieso sollte für die Einrichtung eines einheitlichen Energiemarktes eine supranationale Gewaltinstanz nötig sein? Das kann die EU auch beschließen (Voraussetzung alle wollen es) und in den Ländern wird es dann umgesetzt von den nationalen Behörden. Beim Agrarmarkt geht das doch auch, der übrigens auch so eine Angelegenheit strategischer Autonomie bzw. eine Sphäre strategisch wichtiger Produktion ist. Eine gesicherte Lebensmittelversorgung ist auch so eine Sache, die ein imperialistischer Staat nicht dem Weltmarkt überlassen darf. Also nein, die Konstruktion der EU steht einem politisch kontrollierten gesamteuropäischen Energiemarkt nicht entgegen. 

    " : weil es eben einen europäischen Gewaltmonopolisten nur in einigen Bereichen gibt."

    Ich meine eben, dass der Energiemarkt so ein Bereich wäre, da die einheitliche Regelung für gleiche Konkurrenzbedingungen des europäischen Kapitals sorgt, was für alle Funktionen zutrifft, wo der Staat als ideeller Gesamtkapitalist handelt.

    Nestor bringt übrigens den Beweis, dass für Eingriffe in den Energiemarkt kein europäischer Gewaltmonopolist erforderlich ist. "Die EU-Energieminister einigten sich jedoch auf eine Razzia bei den Energieriesen…Die EU-Exekutive wurde außerdem angewiesen, Vorschläge für eine umfassendere Preisobergrenze auszuarbeiten, die nicht nur auf Russland abzielt, und einen Plan auszuarbeiten, um die Räder der angespannten Energiemärkte zu schmieren. " 

  99. "(Voraussetzung alle wollen es) "  (Kehrer)  

    Das ist ja ein lustiges Argument, weil mindestens Ungarn doch schön öffentlich bekundet hat, gar nicht daran zu denken, mitziehen zu wollen. Ob alle 26 anderen Staaten mitziehen wollen, weiß ich auch nicht. Schließlich handelt es sich um die Folge von europaweiten Sanktionen, die ersichtlich die europäischen Staaten mit ihren Auswirkungen in Krise und Rezession stürzen. Ob da alle bei der Stange bleiben, – das wird man erst noch sehen.

    (Der gemeinsame Agrarmarkt ist eine extra Angelegenheit. Die hatte historisch einige besondere Bedingungen und einige Weltmarkt-Eroberungs-Zwecke, die mir grad mal wurschtegal sind. Dir soll der Agrarmarkt ja auch lediglich als falscher Vergleich das fehlende Argument beim Energiemarkt ersetzen, indem du auf das bloße Faktum hinweist. Ja, es gibt europäische Vorschriften zur Krümmung der Banane, das muss doch wohl ein Beweis für den Energiemarkt sein….)

    https://www.tagesschau.de/ausland/eu-gasversorgung-solidaritaet-nachbarlaender-101.html

    Und von der EU-Kommission hört man – nix als gelenkte Papiere …. (und null Beschlüsse)

    https://www.euractiv.de/section/energie/news/leak-eu-diskutiert-preisobergrenze-fuer-russisches-gas/. – Gemeinsame Preisobergrenzen würden an Sowjet-Zeiten erinnern …. 🙂

  100. Suitbert Cechura:  Wer kann sich den Kapitalismus überhaupt noch leisten?

    (…) Statistiken der Ökonomen zeigen, dass der Reichtum im Lande immer noch – wenn auch nicht mehr sehr stark – wächst, während die Beschäftigtenzahlen Rekordhöhen aufweisen. Und dennoch können viele, die diesen Reichtum mit erarbeitet haben, sich alles Mögliche nicht leisten und sind auf Unterstützung angewiesen.  (…)

    https://www.heise.de/tp/features/Wer-kann-sich-den-Kapitalismus-ueberhaupt-noch-leisten-7260224.html?seite=all

    vgl. auch: https://www.heise.de/tp/features/Inflation-Krieg-Spekulation-6667414.html?seite=all

  101. @Leser: Deine Behauptung war, dass um den Energiemarkt zu regeln, es unbedingt einen Gewaltmonopolisten bräuchte. Dieses Argument habe ich widerlegt.  Du kannst überall sagen, die EU würde daran scheitern, dass Einstimmigkeit herrschen muss und alles an diesem blöden Vetorecht scheitert. Die Frage ist doch bloß, warum gibt es die EU dann überhaupt, wenn sie nie was beschließen kann? Offenbar kann sie das doch, sonst gäbe es sie wohl nicht. Fazit: Dein Argument, dass es für Eingriffe in den Energiemarkt einen europäischen Gewaltmonopolisten braucht ist verkehrt.

    Davon zu trennen ist die konkrete Frage, ob die EU einen Preisdeckel speziell für russisches Gas beschließen kann. Das ist eine ganz andere Frage, die bloß eine weiter Sanktion gegen Russland darstellt, also einen ganz anderen Zweck hat als den europäischen Energiemarkt zu regulieren. Diese Sanktion ist am Einspruch Ungarns gescheitert. 

     "Ja, es gibt europäische Vorschriften zur Krümmung der Banane, das muss doch wohl ein Beweis für den Energiemarkt sein…."

    Den Energiemarkt muss man nicht beweisen. Es ging um die politische Kontrolle des Energiemarkts und die wäre eben leichter, wenn die Staaten nicht gegenseitig die Preise hoch treiben. Das Argument ist kein falscher Vergleich. Es fehlt auch das Argument, warum der Vergleich falsch sein sollte. Die Frage der Lebensmittel berührt unmittelbar das Interesse des Staates die Grundstoffe der Ökonomie in der eigenen Hand zu haben. Und dieses Ziel wird europaweit geregelt. Nochmal: Von der Funktion des Staates als ideeller Gesamtkapitalist bietet es sich geradezu an, das gesamteuropäisch zu regeln und das Argument lautet, dass so europaweit einheitliche Bedingungen fürs Kapital geschaffen werden. 

    Diese Maßnahmen stoßen jedoch auf heftige Kritik. Wenn sie undifferenziert eingeführt werden, bestehe die Gefahr, dass sie eine „endlose Spirale höherer Importpreise und höherer Subventionen auslösen“, warnt Daniel Gros, Wirtschaftswissenschaftler am Centre for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel.

    Genau das sage ich doch die ganze Zeit. Das Runtersubventionieren des Gaspreises mittels Staatskredit oder Gasumlage hat genau den gegenteiligen Effekt. Er heizt die Spekulation an. Runtersubventionieren ist das genaue G e g e n t e i l von Kontrolle des Energiemarktes, es ist seine Respektierung, ins Recht Setzung, es ist das Füttern der Spekulation ins Unendliche. D ü m m e r geht es nicht. Ehrlich Leser. Ich sage man muss den Börsenhandel aussetzen oder unter staatliche/europäische Aufsicht stellen und du verkaufst mir einen Preisdeckel für russisches Gas und das Runtersubventionierung des Gaspreises als Marktkontrolle. Das ist Zuschütten mit Geld nicht nur ohne jeden positiven Effekt, sondern mit massiven negativen Effekten. Das ist sozusagen der düsengetriebene Überschallaufzug in den Abgrund. 

  102. Wer kann sich den Kapitalismus überhaupt noch leisten?

    Leider wurde der Witz am Entlastungspaket verpasst. Der besteht nicht darin, dass sich der Staat den Übergewinn aneignet und ihn dann nur in kleiner Dosierung zurückgibt, die mehr einer Anerkennung gleicht als einem wirklichen Ausgleich.  

    Selbst wenn es zur Abschöpfung dieser Gewinne durch eine Übergewinnsteuer käme, hätte diese Einnahmen zunächst der Staat. Wofür er diese Mittel einzusetzen gedenkt, bleibt dann ganz den Politikern überlassen. …Vorher steht aber mit der Inflation zumindest der Staat als ein großer Gewinner fest, dessen Einnahmen mit steigenden Preisen und Löhnen automatisch anwachsen. Schließlich profitiert er prozentual von jedem Geschäft in Form der Mehrwertsteuer und ebenso von den nominal steigenden Löhnen und Gehältern, auch wenn diese real weniger Kaufkraft darstellen.

    Der Witz ist (nochmal), dass die Energiepreise weiter hoch bleiben, bloß mit dem  Unterschied, dass der Gewinn in die Taschen des Staats statt der Unternehmer fließt. Und dadurch wird eben die Inflation weiter angeheizt und zwar in einem Maße, gegen die jedes Entlastungspaket ein Witz ist. Da kann die europäische Zentralbank die Zinsen hochsetzen wie sie will. Das wird keinen Effekt haben. Der Schlüssel sind die durch Spekulation entstandenen Preise für Energie und wenn die Spekulation nicht abgeschafft wird, geht es bergab, so sicher wie das Amen in der Kirche.

    Was soll man sich auch denken, wenn der Staat als der große Gewinner bezeichnet wird?
    Das stimmt zwar, bloß welchen Schluss soll man ziehen. Der Staat will sich bereichern?

  103. „In der Stadt Tulcea am Donaudelta mußte der Bauxit-Betrieb Alum seine Tätigkeit wegen der hohen Energiepreise einstellen, 570 Personen wurden arbeitslos. Die Aluminiumschmelze in Slatina (Südrumänien) fuhr ihre Erzeugung auf weniger als ein Drittel herunter und schickte 700 Leute nach Hause. Bis Jahresende plant sie die Entlassung von 1500.

    Vor dem Energieministerium in Bukarest zog eine symbolische Streikwache der Gewerkschaften der Hüttenindustrie auf, um Preisbegrenzungen auch für die industriellen Konsumenten zu fordern.

    Auf der Börse in Bukarest kostete eine Megawattstunde elektrische Energie 1486 Lej (297 €), aber es gab diese Woche auch einen Tag, an dem sie für 2560 Lej (512 €) gehandelt wurde.“

    (Világgazdaság, 9.9.)

    Sugar Bukarest besitzt eine Börse, auf der Strom gehandelt wird. Anscheinend auf jeder Börse in der EU, so wie es aussieht. 
    Sehr weise eingerichtet, das Ganze.

    Es ging um die politische Kontrolle des Energiemarkts und die wäre eben leichter, wenn die Staaten nicht gegenseitig die Preise hoch treiben. (Kehrer)

    Nur WER kontrolliert dann den Energiemarkt?

    Brüssel?
    Berlin?
    Paris?

  104. Der Staat hat die Börse eingerichtet, also kontrolliert er den Energiemarkt, bzw. kann es oder könnte es. Der Zweck dieser Kontrolle ist aber der falsche im Moment. Er soll die Konkurrenz freisetzen. Und genau diese freigesetzte Konkurrenz lässt die Märkte verrückt spielen. (Das steht im Artikel von Cechura korrekt drin.) Im Krieg bzw. im Wirtschaftskrieg geht das aber nicht. Bis jetzt denken die Politiker halt immer nur dran herum mit Staatskredit einzugreifen. Wie bei der Finanzkrise. Das hat aber den gegenteiligen Effekt. Die kommen auf keinen anderen Gedanken, weil sie durch die Bank neoliberale Ideologen des freien Markts sind. Putin wär schon längst drauf gekommen, was zu tun ist. Die müssen das tun, was sie mit Gazprom ohne mit der Wimper zu zucken getan haben. Die Gasversorger treuhänderisch übernehmen und zwar solange diese Krise bzw. die Situation da ist, dass Russland als Gaslieferant ausfällt.

  105. "Von der Funktion des Staates als ideeller Gesamtkapitalist bietet es sich geradezu an, das gesamteuropäisch zu regeln und das Argument lautet, dass so europaweit einheitliche Bedingungen fürs Kapital geschaffen werden."  (Kehrer). Und diese angeblich bevorstehende “Regelung” – sehr verdächtiges Wort …. – soll nach “Kriterien” angeblicher “europäischer Gerechtigkeit” veranstaltet werden? Auch von denen, die davon nur den Schaden abkriegen? Oder was soll denn “Regelung” sonst heißen?

    Von ideellen Funktionen her betrachtet mag sich ja dies oder jenes für Deutschland aktuell anbieten. Z.B. hätte die BRD gerne für sich die besten europaweit einheitlichen Bedingungen für ihr deutsch beheimatetes Kapital  –  Politik in Europa möge vor allem erst mal dem deutschen Standort  nützen!

    Irgendwie blöd ist aber, dass (nicht nur…) der Franzmann nicht deutschnational tickt  Nämlich auch der Ungar nicht. Und wenn der Tscheche grad den Europäischen Rat anführt, – ob der den dann deutschnational managen wird?

    Europa ist die Vereinigung europäischer Staaten, die mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen gemeinsame Politik deswegen machen, um sich selber dadurch weltweit zu stärken (oder anders formuliert: sich nicht so ohne Weiteres von Weltmächten benutzen lassen zu müssen). D a s. sieht auch z.B. Ungarn so, dass es sich mit Europa stärken will. In Italien und Frankreich haben große Parteien bereits gesagt, dass sie Europa national pur nur so verstehen wollen. Wenn Staaten europäische Politik in diesem Sinne als Fortschritte für ihre nationalen Belange verstehen, dann unterstützen sie europäische Vorhaben. Z.B. dass mehr Digitalisierung und mehr Modernisierung her solle, das unterschreiben sie alle. Dass dafür zu bauende gigantische Klitschen oder Forschungsunternehmen incl. Riesenunterstützung aus dem EU-Haushalt deswegen in Prag oder Turin angesiedelt würden, würde sicherlich Beifall in Italien oder der tschechischen Republik finden. (Auch in der Slowakei?). So ähnliche Debatten haben übrigens dazu geführt, dass es mit der Chip-Herstellung in Europa in der Vergangenheit nix geworden ist….

    Und was sagt Bulgarien oder Belgien dazu? Oder andere Staaten wieder dazu? Muss nicht als aktuelle Priorität die EU sich ausdehnen Richtung Russland? “Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte am Freitag in der Diskussion über eine stärkere Annäherung der Westbalkanstaaten an die Europäische Union Druck gemacht. “Auf dem Balkan darf keine Nische entstehen, in der sich Russland oder andere Akteure festsetzen”, ergänzte Baerbock.” https://www.tagesschau.de/ausland/europa/bulgarien-nordmazedonien-101.html

    Für europäische Politiker bietet es sich aktuell anscheinend an, erst einmal ihre eigenen Vorhaben “regeln” zu wollen, – und nicht einer bloß ideellen deutschen Baukastenanleitung folgen zu wollen.

    Die bisherigen gemeinsamen Beschlüsse der EU, der “Aquis”, der den Beitrittskandidaten als ihr abzuarbeitendes Pensum vorgelegt wird, und dem sie sich unterwerfen müssen, wollen sie Mitglieder werden, – der lässt sich – wenn alle zustimmen – natürlich auch auf weitere Bereiche ausdehnen. Wenn denn alle 27 Vollmitglieder dazu zustimmen. Nicht nur Ungarn hat aber bereits zig mal erklärt, dass es einer gemeinsamen verbindlichen Regelung des EU-Energiemarktes nicht zustimmen wird. Übrigens wäre ich auch vorsichtig damit, dass Meldungen über Energie-Lieferungen an andere Staaten als Einverständnis von den Jeweiligen zu einer gemeinsamen EU-Regelung zu interpretieren wäre. Und dass es nur kapitalistische Firmen seien, stimmt ja auch nicht, oft hängen nationale Interessen daran. Bzw. es sind gleich halbstaatliche oder staatliche nationale Unternehmen. Macht alles nix, man kann sich Politik doch auch anders vorstellen. Tja.

  106. Nachtrag zur Wortwahl: “Etwas solle geregelt werden”…
    …. heißt ja nur, dass ein Regelungsauftrag ausgeführt werden soll.
    Nach welchen Kriterien, mit welchen Inhalten –  d a s.   wäre doch interessant.

    Und nicht, dass etwas "europäisch geregelt werden sollte" …. Da fehlt so ja nun jeglicher Inhalt – Wie denn? Nach welchen Kriterien? Von wem? Wofür?

  107. @Kehrer

    Der Staat hat die Börse eingerichtet, also kontrolliert er den Energiemarkt

    Nach dieser Logik müßte er auch die normalen Aktien-Börsen kontrollieren, oder? Also schnipp! und die Börse macht, was die jeweilige Regierung ihr anschafft?

    Das ist ja gerade der Witz der Börse, daß sie sich nicht kontrollieren läßt. Überhaupt ist nicht Kontrolle der Witz in der freien Marktwirtschaft, sondern eben die Freiheit der Privateigentümer, sich zu bereichern.
    Wenn dann die invisible Hand ausläßt, so ist guter Rat teuer und das sieht man ja derzeit mit dem blöden Geschwätz der Entscheidungsträger und ihrer Experten.

    Auch die Russen wissen nichts anderes als die zwei Pole des Privatisierens und Verstaatlichens. Allerdings sind sie in der Lage, das durchzuziehen, während in der EU sofort ein Haufen Interessen berührt sind.
    Man darf nicht vergessen, daß die ganze EU und auch der Euro als Einbahnstraße eingerichtet worden sind, um so Dinge wie einen Austritt auszuschließen.

    @Leser

    Europa ist die Vereinigung europäischer Staaten, die mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen gemeinsame Politik deswegen machen, um sich selber dadurch weltweit zu stärken (oder anders formuliert: sich nicht so ohne Weiteres von Weltmächten benutzen lassen zu müssen). D a s. sieht auch z.B. Ungarn so, dass es sich mit Europa stärken will.

    Diese ambitionierte Zwecksetzung war einmal. Inzwischen ist es so, daß die Ahängigkeiten derart sind, daß ein Austritt unvorhersehbare Folgen hätte – GB konnte sich das noch leisten, weil es eine eigene Währung hatte. Aber sogar die Folgen des Brexit sind noch lange nicht ausgestanden, sondern werden nur von anderen Ereignissen übertönt.

    Die EU bleibt also eher aus Schadensvermeidung denn aus Nutzensstiftung beinander.

    So ähnliche Debatten haben übrigens dazu geführt, dass es mit der Chip-Herstellung in Europa in der Vergangenheit nix geworden ist….

    Wie wahr.
    Und weil nirgend eine Fabrik hingestellt wurde, gab es auch keine gezielte Ausbildung und deshalb gibt es auch keine Leute, die das können.

  108. Und diese angeblich bevorstehende “Regelung” – sehr verdächtiges Wort …. – soll nach “Kriterien” angeblicher “europäischer Gerechtigkeit” veranstaltet werden? Auch von denen, die davon nur den Schaden abkriegen? Oder was soll denn “Regelung” sonst heißen?

    @ Leser: Kannst du auch erklären, was daran verdächtig sein soll und welchen Verdacht du hegst? Von "europäischer Gerechtigkeit"  steht bei mir nichts. Bitte nochmal lesen und auch darum bemühen, zu verstehen, was ich sagen will, statt irgendwelchen Mist zu projizieren. Von "bevorstehend" sagte ich auch nichts. Regelung heißt staatliche Vorschrift/Verordnung/Befehl…Vom Wort her betont "Regelung" jedoch mehr die inhaltliche Vorgehensweise, statt der Form, ein Akt der Staatsgewalt zu sein, obwohl letzteres in "Regelung" durchaus enthalten ist. Eine Spielregel, oder Sprachregel… war offenkundig nicht gemeint.

    "Von ideellen Funktionen her betrachtet mag sich ja dies oder jenes für Deutschland aktuell anbieten. Z.B. hätte die BRD gerne für sich die besten europaweit einheitlichen Bedingungen für ihr deutsch beheimatetes Kapital"

    Nein, das ist das genaue Gegenteil meiner Worte und das bietet sich gerade nicht an. Weil die nationale Konkurrenz die Spekulation befördert und nicht eindämmt.

    "Wenn Staaten europäische Politik in diesem Sinne als Fortschritte für ihre nationalen Belange verstehen, dann unterstützen sie europäische Vorhaben. Z.B. dass mehr Digitalisierung und mehr Modernisierung her solle, das unterschreiben sie alle."

    Ein gemeinsamer von der EU kontrollierter Energiemarkt wäre ein Fortschritt für alle Nationen aus den genannten Gründen, die scheinbar bei dir zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus gehen ohne deine Hirnwindungen zu tangieren.
    1. die Spekulation gegeneinander hört auf 2. es werden gleiche Bedingungen für das europäische Kapital geschaffen. Es verzerren nicht mehr zufällig teure oder günstige Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit eines Kapitals. (Mit Schäden der Bev. hat das gar nichts zu tun). Zumindest in Kriegszeiten ist das das Gebot der Stunde, weil ansonsten ein Teil der Wirtschaft, die Spekulanten, der übrigen Wirtschaft den Garaus macht. Das sind z.B. auch ungleiche Bedingungen fürs Kapital – der Umstand, dass das Gasangebot schlagartig reduziert wird, befähigt ein Teil der Ökonomie, den anderen Teil auszuplündern, eigentlich die ganze Gesellschaft auszuplündern. Und das zu verhindern ist Staatsaufgabe, nämlich dem Staat als ideeller Gesamtkapitalist.

    "Für europäische Politiker bietet es sich aktuell anscheinend an, erst einmal ihre eigenen Vorhaben “regeln” zu wollen, – und nicht einer bloß ideellen deutschen Baukastenanleitung folgen zu wollen."

    Ich wusste gar nicht, dass es nur in Deutschland Kapitalismus gibt. Das sind doch alles bürgerliche Staaten und auch in deren Interesse ist es, die Spekulation nicht weiter anzuheizen.

    "Nicht nur Ungarn hat aber bereits zig mal erklärt, dass es einer gemeinsamen verbindlichen Regelung des EU-Energiemarktes nicht zustimmen wird."

    Es ging doch gar nicht um eine Regelung des Eu-Marktes, sondern um einen Preisdeckel für russisches Gas und dem stimmt Ungarn nicht zu, weil sie ganz von Russland abhängig sind.

    "Macht alles nix, man kann sich Politik doch auch anders vorstellen."

    Hast du vielleicht bemerkt, dass ich nicht vom Standpunkt einer netten Vorstellung, sondern vom Standpunkt des B e g r i f f s des bürgerlichen Staates her argumentiert und zwar vom Standpunkt des "ideellen Gesamtkapitalisten". Aber mit wem spreche ich hier eigentlich. Den Begriff muss man natürlich kennen, was du offensichtlich nicht tust.

    So ähnliche Debatten haben übrigens dazu geführt, dass es mit der Chip-Herstellung in Europa in der Vergangenheit nix geworden ist….

    Die USA haben eben ein 50 Milliarden Förderprogramm für Chip-Branche beschlossen und Biden hat anlässlich der Eröffnung einer Intelfabrik, die Branche als Schlüsselindustrie und als Frage der nationalen Sicherheit bezeichnet.
    Chips gehören in die gleiche Kategorie wie Energie. Darüber muss man national bzw. europaweit verfügen, wenn man als Imperialist was werden will. Da müssen sich die Staaten halt entscheiden, was sie wollen. Und wenn sie es nicht wollen, ist es halt auch nichts mit Imperialismus. Dann bleiben sie halt einer Volkswirtschaft die nicht mal das BIP von Texas hat unterlegen.

  109. Europas Energiekonzerne stecken in der Eineinhalb-Billionen-Euro-Klemme

    Viele Unternehmen in Europa haben ähnliche Probleme wie der Wiener Versorger. Jetzt soll ihnen EU-weit geholfen werden

    (Nota bene: Den Firmen soll „geholfen“ werden, nicht den Endverbrauchern.)

    Geplant sind, wie es in der Mitteilung der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft zum Gipfel heißt, "Notfall-Liquiditätsinstrumente, die sicherstellen, dass Marktteilnehmer ausreichend Sicherheiten zur Verfügung haben, um Margin Calls entsprechend der gestiegenen Volatilität auf Future-Märkten zu erfüllen".

    "Notfall-Liquiditätsinstrumente"

    Es geht also um das Problemfeld, das in Österreich bezüglich der Wien Energie für Aufregung sorgt. Mehrere Energiekonzerne Europas stehen vor derselben Schwierigkeit wie der Wiener Versorger: Aufgrund stark gestiegener Strom- und Gaspreise müssen bei Termingeschäften enorm gestiegene Sicherheiten an den Börsen hinterlegt werden – wofür den Unternehmen das Geld fehlt.

    Insgesamt wird der europäische Energiehandel laut Bloomberg durch Nachschussforderungen in der Höhe von knapp 1,5 Billionen Euro belastet. Die Regierungen von Finnland und Schweden etwa verkündeten Anfang September ein 33-Milliarden-Dollar-Paket an Krediten und Kreditgarantien für Unternehmen. Die finnische Regierung sprach in Anlehnung an die US-Bankenkrise gar von einem "Lehman-Moment", den es mit den Finanzspritzen zu verhindern gelte. Auch beim Düsseldorfer Gasriesen Uniper trugen die Kosten für Sicherheiten dazu bei, dass das Unternehmen im Juli teilverstaatlicht werden musste.

    Droht ein "Lehman-Moment"?

    Die Wien Energie hat insgesamt 3,5 Milliarden Euro an Kreditlinien von Bund und Stadt Wien zur Verfügung gestellt bekommen, um die Belastung stemmen zu können. Am Freitag hat ein Team aus Wirtschaftsprüfern, Investmentbankern und Anwälten in einer vorläufigen Schnellprüfung festgestellt, dass "keine Anzeichen für Spekulationsgeschäfte" vorlägen – darüber berichtete DER STANDARD. Derartige Spekulationen waren beim Bekanntwerden der Probleme Ende August zunächst als Grund für den Engpass angenommen worden; die Prüfungen laufen weiter.

    https://www.derstandard.at/story/2000139003445/europas-energiekonzerne-stecken-in-der-eineinhalb-billionen-euro-klemme

    Das mit dem Lehmann-Moment ist auch nicht so ohne: Kracht einer dieser Versorger, also geht pleite, dann kracht die ganze EU-Energiebörse …

  110. "Nach dieser Logik müßte er auch die normalen Aktien-Börsen kontrollieren, oder? Also schnipp! und die Börse macht, was die jeweilige Regierung ihr anschafft?"

    Du hast aber schon die folgenden Sätze auch gelesen? Da steht nämlich drin, dass der Inhalt der Kontrolle die F r e i s e t z u n g der Konkurrenz ist also die inhaltliche Nicht-kontrolle. Kontrolle habe ich das nur genannt, weil sonst irgendein Schlaumeier ankommt und mich belehrt, dass die Börsen ja staatlich zugelassen bzw. eingerichtet und erwünscht sind. Also ich meine schon, dass aus meinen Ausführungen ersichtlich ist, dass die "Kontrolle" eine formale ist und dass sie nicht darin besteht, dass die Börsen den Befehlen des Staats gehorchen. Wenn das so wäre, wäre es nämlich eine ziemlich unsinnige und widersprüchliche Veranstaltung.

    Deshalb sage ich ja A b s c h a f f u n g von diesem Mist. Bzw. Kontrolle der Börse käme ihrer Abschaffung gleich. Warum versteht mich hier eigentlich keiner, das sage ich doch schon von Anfang an. 

     "Überhaupt ist nicht Kontrolle der Witz in der freien Marktwirtschaft, sondern eben die Freiheit der Privateigentümer, sich zu bereichern."

    Na eben. "Die Freiheit der Privateigentümer, sich zu bereichern" macht aber gerade der gesamten Ökonomie den Garaus. Also muss der ideelle Gesamtkapitalis die Freiheit einiger Privateigentümer einschränken, um die Freiheit der Privateigentümer insgesamt zu erhalten.  

  111. @Kehrer

    Im Augenblick beraten die EU-Fuzis darüber, wie sie den Crash der Energiebörse verhindern könnten. Die Wien Energie hat nämlich das Potential, eine Konkurswelle auszulösen, weil in diesem Futures-Handel hängen eine Menge europäische Energiefirmen drin.

    Außerdem hängen über die europäischen Netze viele dieser Firmen auch physisch aneinander.

    So.
    Wie soll jetzt diese von dir angestrebte und notgedrungen nicht ausgeführte „Kontrolle“ aussehen?
    Diese Börse müßte aufgelöst werden. Was würde dann aus den dabei aufgelaufenen Verbindlichkeiten?

    Die meisten dieser dort herumfuhrwerkenden Firmen sind AGs. Dort müßte der Anteil der privaten Besitzer hinausgekauft werden. Von welchem Staat? Die sind ja inzwischen ziemlich supranational, eu-mäßig eben, aufgestellt. Zu welchem Preis? Mit welchem Geld?

    Dann müßten diese AGs in staatliche Firmen umgewandelt und dem Budget nach Einnahmen und Ausgaben eingegliedert werden, was klar den EU-Vorgaben widerspricht. (Ich erinnere immer gerne an die MALEV, die ungarische staatliche Fluggesellschaft, die zusperren mußte, weil Ungarn die staatliche Subventionierung verboten wurde.)

    Machbar wäre das alles, aber es bedeutet eben die Disintegration der EU und die Aufgabe des Euro.

  112. Mal schauen, was aus deinem angeblichen Begriff des ideellen europäischen Gesamtkapitalisten (welche EU-Instanz ist denn übrigens reell damit angesprochen?) folgt. Ich meine jetzt übrigens nicht deine hübsche Vorstellungswelt, sondern sowas wie reale Politik. Von der müsste man demnächst ja mal was hören oder sehen, oder reicht dir da auch deine Vorstellungswelt vom Begriff? (Mit dem ideellen Gesamtkapitalisten meinst du den bürgerlichen Staat. Wie ist denn der angebliche “europäische bürgerliche Staat” existent? Oder was ist denn der “Begriff” des “europäischen Staates”, wenn du schon so schulmeisterlich daherkommst?)

    (…Dass sie eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht brauchen täten – das haben sie letztens übrigens ja auch selber häufiger mal erzählt. Blöd nur, dass davon  in der BRD die Deutsche Bank und in Italien auch so ein paar andere wichtige Banken betroffen wären. Na dann eben nicht. Bzw. denn eben wurschtegal.)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Stresstest_(Finanzwirtschaft)#Aufsichtliche_Stresstests_in_Europa.

    “(…) Komplette Ausfälle waren von vornherein ausgeschlossen. Anders als beim vorangegangenen Test verzichteten die Prüfer dieses Mal auf exakte Vorgaben von Kapitalquoten. Stattdessen wurden die Finanzergebnisse in die Bewertung der Geschäftsmodelle und Risiken der Institute einbezogen. Beim vorigen Stresstest waren 2014 von 123 Banken 24 durchgefallen. Ihnen fehlten zusammen 24,6 Milliarden Euro. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret warnte vor der Veröffentlichung von vorschnellen Schlüssen. “Es geht bei diesem Stresstest nicht um Bestehen oder Durchfallen”, sagte Dombret. “Die Ergebnisse führen nicht unmittelbar zu harten bankaufsichtlichen Kapitalmaßnahmen.”
    — Ach nee. Warum wohl nicht???
    https://www.zeit.de/wirtschaft/2016-07/banken-stresstest-deutsche-bank-eu-eba-ezb-finanzmarkt

  113. Gerade kam im Deutschlandfunk in der Wirtschaftspresseschau ein Kommentar des Handelsblatts.

    Statt Probleme in der Energiekrise zu lösen, verschiebt sie der Staat

    Ein weiteres Beispiel sind die milliardenschweren Gaseinkäufe des Bundes. Der Staat hat der Gesellschaft Trading Hub Europe (THE) 15 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um die deutschen Speicher schnellstmöglich zu füllen. Das klappt: Deutschland hat seine Speicherziele für Oktober bereits erreicht, wie der Chef der Bundesnetzagentur jüngst twitterte. Doch zu welchem Preis?

    Ein Kunde, der mit 15 Milliarden Euro auf Einkaufstour geht und zu jedem Preis kauft, treibt die Energiepreise weiter und macht Gas für Unternehmen und Stadtwerke unerschwinglich. Der Nebeneffekt ist, dass immer mehr Unternehmen mangels Gas die Produktion einstellen. Das sorgt für „Gaseinsparungen“ – aber auch für Arbeitslosigkeit, Produktionsausfälle und eine steigende Inflation.

  114. D.h., der Eingriff des Staates sorgt für Preissteigerungen, weil er ja ein potenter Käufer ist.

    Ähnlich ist es auch mit der UNO bei den Weizenkäufen.

  115.  @nestor:

    "Im Augenblick beraten die EU-Fuzis darüber, wie sie den Crash der Energiebörse verhindern könnten."

    Das ist ja der Fehler. Die gehen eben immer davon aus, die Börse zu erhalten, statt darüber nachzudenken sie zu ersetzen. Vor der Liberalisierung des Energiemarkts ging es ja auch. Jetzt wird so getan als sei die Börse ein Naturgesetz, an dem man nicht rütteln kann und das höchstens irgendwie mit Geld zu flicken ist. Es ist ja gerade die Börse, die die Konkurswelle auslöst. Und trotzdem wird immer davon ausgegangen, dass man die Börse mit Geld retten und wieder funktional machen muss. Das ist total irrational.

    "Außerdem hängen über die europäischen Netze viele dieser Firmen auch physisch aneinander."

     Sagte ich man solle die Netze zu klump schlagen?

    "Wie soll jetzt diese von dir angestrebte und notgedrungen nicht ausgeführte „Kontrolle“ aussehen?"

    Vor zwei Tagen rätst du mir noch, ich solle nicht so tief in die Funktion der Börse einsteigen, weil das nix bringt. Jetzt soll ich aus dem Stegreif eine alternative europäische Energieversorgung entwerfen. Na gut, dem Ingenieur ist nichts zu schwör.

    "Diese Börse müßte aufgelöst werden. Was würde dann aus den dabei aufgelaufenen Verbindlichkeiten?"

    Die Verbindlichkeiten werden vom Staat/EU übernommen, bzw. nach Gutdünken entweder (teil)entschädigt oder es wird Gas zugeteilt.

    (Ich will übrigens jetzt kein Gemäkel hören, dass das folgende nicht ausgereift ist. Natürlich ist es das nicht. Du hast danach gefragt, also kriegst du ne Antwort.) Erstmal werden alle Unternehmen, die vom Staat Geld wollen, z.B. VNG deren Muttergesellschaft gigantische Gewinne macht, unter staatliche Treuhandverwaltung gestellt. Mal sehen wieviel Unternehmen dann immer noch Staatshilfen wollen. Ich würde wetten, dass dann die Anträge wie von Zauberhand zurückgenommen werden. Und wenn nicht, dann ist der Staat eben auf lange Sicht Eigentümer und hat direkte Kontrolle über Ankauf und Preis. Die europäische Zusammenarbeit ginge so, dass die Einzelstaaten bei der Zentralen europäischen Behörde Kontingente anmelden. Diese sammelt die europäische Energiebehörde ein, damit sie weiß wieviel sie beschaffen muss. Das schließt dann auch die Infrastruktur, Speicher, Flüssiggasterminals, Pipelines, Netz, Verteilung usw. mit ein. Die Beschaffungskosten werden dann durch die Gasmenge geteilt und man erhält den europäischen Gaseinheitspreis. Zu diesem Preis werden dann die zuvor bestellten Kontingente zugeteilt. Hat dann ein Land Gas oder Strom über, kann es das weiterverkaufen (von mir aus an einer Börse) oder zu den Bedingungen der Europäischen Energiebehörde zurückgeben. Der  Preis muss sich dann unter dem Einheitspreis bewegen, weil man sonst auch bei der  Behörde zum Einheitspreis kaufen kann.

    "Machbar wäre das alles, aber es bedeutet eben die Disintegration der EU und die Aufgabe des Euro."

    Ich meine es wäre das genaue Gegenteil, nämlich eine gemeinsame europäische Energiepolitik mit gleichen Bedingungen für das europäische Kapital.

    @Leser: "Von der müsste man demnächst ja mal was hören oder sehen, oder reicht dir da auch deine Vorstellungswelt vom Begriff?"

    Man hört dann was davon, wenn sie die europäischen Staaten dafür entscheiden, bzw. wenn sie einsehen, dass es ihnen nützt und das würde es. Dass es im Moment nicht so ist, ist ja evident. Denn wäre es so, bräuchte man nicht darüber reden.

    "Wie ist denn der angebliche “europäische bürgerliche Staat” existent?"

    In tausend Rechten, Regeln und Verordnungen. Das was die EU-Kommission beschließt. Heute kam z.B. im Radio, das der wissenschaftliche Dienst der Bundesregierung herausgefunden hat, dass eine Legalisierung von Marihuana gegen europäisches Recht verstoßen würde. Der europäische bürgerliche Staat ist insoweit existent, wie nationale Funktionen der Gewalt an die EU abgegeben werden. Ich meine, dass an solchen Friktionen der europäischen Kapitalakkumulation, wie sie momentan vom Gaspreis verursacht werden, eine Weiterentwicklung als europäische, bürgerliche Staatsunion stattfinden kann und zwar weil es allen nützt oder weniger schadet, wenn ein Grundstoff der kapitalistische Produktion für alle gleich viel kostet. Europa steht am Abgrund und diese Situation könnte schon bewirken, dass zumindest im Energiebereich ein europäischer ideeller Gesamtkapitalist entsteht.

  116. @Kehrer

    Es geht überhaupt nicht um ausgereift oder nicht ausgereift. Sondern darum, daß du dich herumdrückst, wer denn eigentlich die Subjekte dieser Kontrolle und Regelung sein sollen.

    Die EU-Mitgliedsstaaten sind in dieser Frage Konkurrenten. D.h., sie geraten, wie oben beschrieben, in ihren Interessen dabei aneinander. Und Vorsicht: Das ist auch kriegsträchtig.
    Die EU selbst hat nur soviel Souveränität, wie die Mitgliedsstaaten ihr zugestehen, und das heißt in diesem Fall: Keine.

    Irgendwie tust du so, und das ist geheuchelt, als würdest du das erste Mal hören, was die EU ist.

  117. Die EU selbst hat nur soviel Souveränität, wie die Mitgliedsstaaten ihr zugestehen, und das heißt in diesem Fall: Keine.   (Nestor)

    Das bezieht sich hier auf grundlegende Fragen der kapitalistischen Konkurrenz der Staaten gegeneinander, wie hier den Umgang mit Energie und Strom. (Allerdings kann die EU z.B. den Staaten Gelder, Kredite anbieten, damit die dann eine Energiepolitik machen sollen, wie die EU-Kommission sich das so vorstellt. So waren  für Projekte der Entkarbonisierung und für Projekte mit erneuerbarer Energie Kredite vorgesehen, die die Staaten im Rahmen des European Recovery Programs haben abrufen können. Ich bin mir nicht sicher, ob Polen bzw. Ungarn das in dieser Zweckrichtung gemacht haben – sie konnten dafür ja auch z.B. Kosten für "Modernisierung" unter dem  Titel "Digitalisierung’ geltend machen.) In Form der Finanzierung durch EU-Mittel ist das ja auch ein “Eingriff” in die nationale Autonomie der Energiesouveränität der Staaten. Eben einer, den sie aber selber in all ihrer Souveränität je einzeln selber beantragen mussten. Das wurde nicht über die Staaten von einer Zentrale als Zwang verhängt.

    Übrigens – zur Rechtsprechung des EuGH:  "Das deutsche Bundesverfassungsgericht selbst kritisierte in seinem Urteil zum EZB-Anleihekaufprogramm vom 5. Mai 2020 das hierzu im Vorabentscheidungsverfahren ergangene Urteil des EuGH als „schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar“ und „objektiv willkürlich“.  Dass nationale Gerichte über die Rechtsprechung des  EuGH solche Urteile fällen,  hier wurde trotzdem das Anleihekaufprogramm nicht verboten,  umgekehrt passiert solche Gerichtsschelte  ja auch, zeigt, dass es hier um zugestandene Rechtsprechung geht. Nicht aber  um die komplette Unterordnung der nationalen Gerichte unter das EuGH.  Den aktuellen Regierungs-Grünen dürfte es recht sein, wenn ihre angestrebte  Marihuana-Liberalisierung vom EuGH verboten wird.   Mir selber scheint das nicht sinnvoll zu sein, und ob die deutsche Bundesregierung sich letztlich von irgendwelchen Rechtsgutachten abhalten lässt, das wird sich erst noch zeigen. Vielleicht werden einfach einige Texte und Titel anders benamst oder umformuliert.

  118. @nestor: "Es geht überhaupt nicht um ausgereift oder nicht ausgereift. Sondern darum, daß du dich herumdrückst, wer denn eigentlich die Subjekte dieser Kontrolle und Regelung sein sollen."

    Also jetzt wird es echt surreal. Das steht doch eindeutig da. Was fehlt dir denn?

    "Die EU-Mitgliedsstaaten sind in dieser Frage Konkurrenten."

    Das hängt doch davon ab, wie sie es sehen wollen. Die EU selbst ist der Beweis dafür, dass sie Konkurrenten eben nicht in allen Bereichen sein wollen. Um Konkurrent zu sein, braucht es keine EU. Und im Fall des Energiemarktes führt sie die Stellung, Konkurrent sein zu wollen, mit Überschall in den Abgrund. Deshalb haben sie allen Grund, die Konkurrenz in diesem Bereich auszusetzen.

    "Irgendwie tust du so, und das ist geheuchelt, als würdest du das erste Mal hören, was die EU ist."

    Also bin ich ein Heuchler, weil du meine Aussagen verdrehst. Nimm doch mal zur Kenntnis, dass die EU eine Union, also auch ein Zusammenschluss, eine Gemeinschaftsveranstaltung ist. Das sind nicht nur Konkurrenten, sondern a u c h Konkurrenten. Deshalb verstehe ich gar nicht, dass du nur die eine Seite betonst und die andere unter den Tisch kehrst.

    "Die EU selbst hat nur soviel Souveränität, wie die Mitgliedsstaaten ihr zugestehen, und das heißt in diesem Fall: Keine."

    Das weißt du doch überhaupt nicht. Der Strommarkt soll neu geregelt werden und in dieser Frage ist auch noch nicht aller Tage Abend. Staaten machen in der Regel was ihnen nutzt und die Konkurrenz auf den Energiebörsen führt sie im Moment geradewegs in eine gewaltige Rezession. Die Argumente, warum das so ist, stehen jetzt mehrfach da.

    @Leser:"Nicht aber  um die komplette Unterordnung der nationalen Gerichte unter das EuGH."

    Komplette Unterordnung wäre auch bei der Energie nicht notwendig, denn wie gesagt, funktionieren die Energiemärkte im Moment nicht wie sie sollen (im Sinne niedriger Energiepreise). Die Staaten hätten also einen Nutzen davon. Beim Marihuana würde man dann wohl darum streiten, was unter einer Droge zu verstehen ist. Alkohol, Kaffee, Tee und Tabletten sind ja auch erlaubt. Und es gibt sogar eine ganze Abteilung Läden, die so heißen, nämlich Drogerie. (Das Wort Droge stammt aus dem niederländischen droog (trocken). Es wurde im mittelalterlichen Handel verwendet für getrocknete Waren wie zum Beispiel Gewürze und getrocknete Heilpflanzen.) Gras ist ja wohl ein getrocknete Heilpflanze. Es gibt schon auch Bereiche, wo es sich bei der EU-Gesetzgebung nicht um freiwillige Unterordnung handelt, sondern die verbindlich sind.

  119. Die Konkurrenz als Frage, die man einnehmen könne, oder auch nicht, zu thematisieren, ist darin ein Fehler, dass es den Inhalt der Konkurrenz nebensächlich macht dazu, wie die EU-Staaten sich zu ihm stellen wollen.

    "Das hängt doch davon ab, wie sie es sehen wollen. Die EU selbst ist der Beweis dafür, dass sie Konkurrenten eben nicht in allen Bereichen sein wollen. Um Konkurrent zu sein, braucht es keine EU. Und im Fall des Energiemarktes führt sie die Stellung, Konkurrent sein zu wollen, mit Überschall in den Abgrund. Deshalb haben sie allen Grund, die Konkurrenz in diesem Bereich auszusetzen."

    a) Die EU ist der Beweis dafür, dass sie Konkurrenten gegeneinander sein wollen. Das nennen sie den freien Binnenmarkt, für den sie sogar einen extra Wettbewerbskommissar haben, der deswegen da ist, damit es eine freie Konkurrenz gegeneinander gibt. 

    b) Wegen der freien Konkurrenz gibt es auch Gemeinsamkeiten, die ebenfalls der freien Konkurrenz geschuldet sind. Der Verbund von Währungen im Währungskorb bis hin zum gemeinsamen Geld sollte die freie Konkurrenz innerhalb der EU entfesseln.

    c) Damit das Prinzip der freien Konkurrenz auch den Unterlegenen in der Konkurrenz weiterhin einleuchtet, gibt es zugestandene Kompensationen für die Verlierer in der Konkurrenz (z.B. können staatliche Subventionen per Beschluss der Häuptlinge trotzdem auch genehmigt werden, z.B. gibt es den Regionalfonds , u.a.) , die ansonsten aber trotzdem ihren Standort auf Hightech-Standard bringen müssen, und dafür auch Gelder kriegen, damit irgendein Multi zukünftig dort dann sein Geschäft verrichten kann – und sei es auf irgendeiner griechischen Insel, die deswegen trotzdem Projekte zur Digitalisierung und Modernisierung ihres Standortes beantragen kann.

    d) Deswegen ist es falsch, die Entfesselung der Konkurrenz, die als "Freiheit des Binnenmarktes" eine der allerersten Prinzipen der EU war, zu leugnen, indem man behauptet, sie würden ihre Konkurrenz gegeneinander sein lassen. Überhaupt verwundert mich die Idee, dass man darauf überhaupt kommt, die Staaten könnten sich doch in der EU mal so, mal so entscheiden, und wollten sie Konkurrenten sein, dann bräuchten sie keine EU. Sie haben doch die EU wegen (!) der Konkurrenz, die doch nur das Bewegungsgesetz ihres kapitalistischen Prinzips ist. Und das könnten sie einfach auch mal sein lassen, denn ihre eigene Konkurrenz um den abstrakten kapitalistischen Reichtum, die ginge – ausgerechnet ohne den freien EU-Binnenmarkt der Konkurrenz?

    e) Als vom Weltmarkt außerhalb der EU Benutzte bzw. diesen Benutzenden, haben sie sich auf internationale Regeln verständigt, wie sie international sich gemeinsam verstärken wollen. Das ist aber eine andere Abteilung als die innere, bei der es um den Vergleich der Produktivität und um die Eroberung europäischer Märkte und um Konkurrenzvorteile ausnutzen geht. Nach außen will sich der freie Binnenmarkt als eigene souveräne Weltmacht und also als “Festung Europa” präsentieren. Und so tritt Belgien nicht als Belgien in Verhandlungen mit den USA, sondern als EU. Auch das hebt den Konkurrenz-Standpunkt Belgiens nicht irgendwie auf, sondern nutzt ihm.

    f) Dass sie auf ihrem freien Binnenmarkt für das freie Konkurrieren und die europaweite freie Benutzbarkeit von Land und Leuten z.B. den gemeinsamen Standard eines nicht krank machenden Trinkwassers durchsetzen (Verpflichtung auf gemeinsame Grenzwerte), was anscheinend überall in Europa gelten soll, und dass auch ansonsten manche Rechte (“Verbraucherrechte”) inzwischen europaweite Gültigkeit haben, auch das ist keine Sistieren der Konkurrenz.
    vgl. dazu auch: https://www.heise.de/tp/features/Europa-und-der-Klimaschutz-fuer-eine-wettbewerbsfaehige-Wirtschaft-6329931.html

    Durch gemeinsame Standards sollen gerade der Konkurrenz die europaweit funktionierenden wundersamen Siebenmeilenstiefel verpasst werden.

    Lesetipp: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/35-jahre-eg-teil-i#section2

  120. "a) Die EU ist der Beweis dafür, dass sie Konkurrenten gegeneinander sein wollen. Das nennen sie den freien Binnenmarkt, für den sie sogar einen extra Wettbewerbskommissar haben, der deswegen da ist, damit es eine freie Konkurrenz gegeneinander gibt."

    1. Nein, genau umgekehrt. Um zu konkurrieren braucht es keine Gemeinschaft. Das haben die Staaten vorher auch schon getan und wenn die EU nicht mehr existiert, werden sie das hinterher auch wieder tun. Also geht es drum, w i e konkurriert wird und zwar auf Basis gemeinsamer Vorschriften, die allen Kapitalisten gleiche Bedingungen setzt. Das Ziel ist das Freisetzen der Konkurrenz. Nicht die Kapitale sollen erfolgreich sein, die z.B. vom Staat am höchsten subventioniert werden oder die die laschesten Umweltauflagen haben, sondern die produktivsten. Und genau das wäre auch das Ziel eines gemeinsamen Energiemarkts. Ein einheitlicher Energiepreis für alle Kapitale und nicht ein zufällig günstiger Energiepreis weil ein Unternehmen zufällig neben einem Wasserkraftwerk steht. Also Freisetzen der Konkurrenz für alle Kapitale. Außer eben der Strom und Gasversorger, die es dann nicht mehr gibt. Ich leuge also keineswegs die Konkurrenz. Ich sage im Gegenteil, damit die Konkurrenz insgesamt weiterfunktioniert, m ü s s e n die Staaten ihren Energiesektor gemeinsam regeln, sonst geht die europäische Wirtschaft unter mitsamt der schönen Konkurrenz.

    Du musst mal begreifen, dass die Konkurrenz nicht vom Himmel fällt, sondern eine staatlich gemachte ist. Aber im Moment wirkt sich die Konkurrenz der Energiewirtschaft negativ auf die gesamte Ökonomie aus, die deswegen nicht mehr in der Lage ist erfolgreich zu konkurrieren. Konkurrenz ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel Reichtum auf sich zu ziehen. Wenn die Konkurrenz der Energiespekulanten aber dazu führt, dass die gesamte Gesellschaft ausgeplündert wird und die übrige Wirtschaft nicht mehr konkurrenzfähig ist, dann muss der Staat bzw. die europäische Staatenunion die Konkurrenz in einem Bereich aussetzen, um die Konkurrenz insgesamt zu schützen und das heißt den Zweck das Gewinnemachens zu schützen.

    Ich halte es für vollkommen daneben, einen Widerspruch zu konstruieren zwischen der Konstruktion der EU und einem gemeinsamen europäischen Energiemarkt. Im Gegenteil passt das nicht nur zur EU, sondern ist auch ein schlichte Frage des Überlebens. Wer die Konkurrenz aufrechterhalten will, m u s s sie teilweise beschneiden. Das war schon immer so und in der momentanen Situation heiß das gegen das spekulative Energiegeschäft vorzugehen.

  121. Ja, der freie Binnenmarkt benötigte den Entschluss von Staaten, ihre Subventionen untereinander zu verbieten, damit europaweite Geschäfte möglich sind. Dass ich den Staat nicht explizit erwähnt habe,  ist vielleicht  ein Fehler in meiner schriftlichen Abfolge, aber ansonsten war der selbstredend bei jedem Punkt  sowieso und immerzu , unterstellt.  (Aber richtige Einsichten werd jedenfalls ich nicht problematisieren wollen!)

    Ansonsten – eine aktuelle Sumpf-Blüte zu den Schönheiten des freien Marktes:  https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/strassburger-e-werk-verkauft-versehentlich-nicht-vorhandenen-strom-18312070.html

    Zu den aktuellen Problemen der EU meint das Handelsblatt:
    “Marktexperten und Vertreter aus der Strombranche stehen ratlos vor den Papieren, die die Kommission seitdem an die Mitgliedstaaten verteilt. Lion Hirth, Professor für Energiepolitik an der Hertie School in Berlin, sagte: „Möglicherweise hat die Kommission ein massives Problem bisher einfach übersehen.“
    Das Problem liegt darin, dass die Umsätze anhand der Spotmarktpreise berechnet und dann abgeschöpft werden sollen. In Deutschland wird der weitaus größte Anteil des Stroms aber gar nicht auf dem Spotmarkt gehandelt, sondern über langfristige Verträge und Terminkontrakte. 2021 war das Handelsvolumen auf den Terminmärkten etwa achtmal so hoch wie auf dem Spotmarkt.” (Weiter geht der Artikel leider erst nach der Bezahlschranke).

    Dass Komplett-Europa den vor allem betroffenen Deutschland aus der Schlinge verhilft, mag zwar eintreten. Darauf bauen würde ich – eben wegen der europaweiten Konkurrenzprinzipien … – aber nicht. (Mancher europäische Staatschef wird eher mit Schadenfreude darauf blicken, dass endlich auch mal die BRD vor allen anderen getroffen wird – Nicht nur Ungarn mag so ähnlich ticken….).
    Also wird vermutlich die deutsche Bundesregierung in der BRD etwas regulieren wollen, – und so war es ja auch letzte Woche bereits verkündet worden, falls die EU nicht zu Potte kommt….

  122. Also dass das Problem nur Deutschland betrifft glaube ich nicht.

    Wie Fabiano geht es Zehntausenden kleinen und mittleren Unternehmen in Italien. Nach Angaben des Verbandes für selbständige Geschäftsleute Confesercenti stehen 120.000 Betriebe mit 370.000 Arbeitsplätzen wegen der explodierenden Energiepreise vor dem Aus, sollten sie nicht sofort Hilfe bekommen. Nach Schätzungen des Verbands wird etwa das Gaststättengewerbe in den nächsten zwölf Monaten fast zwei Milliarden Euro mehr für Energie und Gas ausgeben als in den vorangegangenen zwölf Monaten. „Die Rechnungen, die wir im Juni und Juli erhalten haben, weisen Steigerungen von bis zu 400 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf.

    Und wieder muss das Gaststättengewerbe schließen.  

    Bisher ist aber kaum eine Milliarde Euro zusätzlich beim Fiskus eingegangen. Denn die meisten der rund 11.000 Unternehmen des Energiesektors haben die ihnen aufgebrummte Übergewinnsteuer einfach nicht bezahlt – und stattdessen gegen die Verfügung geklagt. 

    Eben. Übergewinnsteuer taugt nichts, weil sie nicht gegen die hohen Preise vorgeht.

     Darum stürzt Deutschland in die Rezession

    Langsam kommt das Problem bei der Journaille an. Aber so richtig ernst nehmen sie es immer noch nicht.

    Ein stabiler Aufschwung wird wohl erst dann wieder möglich sein, wenn das Hauptproblem – die hohen Energiepreise – verschwindet. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hält das vom Sommer 2024 an für möglich.  

    sinngemäß: “Weitere 2-3 Jahre darben. Das stehen wir durch.” Allerdings verschwindet das Hauptproblem nicht so einfach, denn die Sanktionen gegen Russland bleiben bestehen, wenn es nach dem politischen Willen aller Parteien geht, außer vielleicht AFD und Linke. Aber auch bloß vielleicht. Das Hauptproblem sind also eigentlich die Sanktionen und die hohen Energiepreise die Wirkung. Es hat sich gezeigt, dass Gas nicht so schnell ersetzt werden kann und das wird auch 2024 noch so sein. Das Problem wird also schöngeredet. Ich glaube, dass auch die Politik so langsam realisiert, was sie gerade anrichtet. Trotzdem ist es unfassbar, dass sie sehenden Auges Deutschland und ganz Europa zu Klump und Asche stampfen. Das geht auf das Konto von Biden, Scholz, Habeck und Baerbock und nicht auf das Konto von Putin.

  123. @Kehrer

    Der Strommarkt soll neu geregelt werden 

    Die Botschaft hör ich wohl

    Staaten machen in der Regel was ihnen nutzt

    Wenn du die Regierungen und die Gesetzgeber meinst, so machen sie das, was sie glauben, es entspräche dem nationalen Interesse.
    Dann ist es auch noch eine Frage, was sie gerade als „nationales Interesse“ buchstabieren.
    Nur um ein Beispiel zu nennen: Es hat sich schon in der Eurokrise herausgestellt, daß für manche Staaten die Einführung des Euro schädlich war.

    Im Augenblick ist da guter Rat teuer.

  124. Scholz macht ja gerade "gut Wetter", indem er sagt, dass er nicht mit einer Gasmangellage rechne. Ich seh darin eher das Gegenteil, nämlich dass er die hitzige Debatte runterkochen will. Ab nächstem Jahr seien dann die Flüssiggasterminals soweit. Selbst angenommen es sei so, dann ist immer noch die Frage zu welchem Preis das Gas kommt. Mit Ausstieg aus der Kohle wird das länger nichts werden.

    Irgendwas werden sie schon machen bezüglich des Strommarkts – bloß was ist halt die Frage. 

  125. WKStA leitet Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Wien Energie ein

    Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt in der Causa gegen unbekannte Täter. Es gibt den Verdacht grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen

    https://www.derstandard.at/story/2000139098399/wksta-leitet-ermittlungsverfahren-im-zusammenhang-mitwien-energie-ein

    Uniper prüft Milliardenklage gegen Gazprom

    Wegen ausgebliebener Gaslieferungen will der deutsche Energiekonzern angeblich Russlands Gazprom verklagen, sagt ein Insider

    https://kurier.at/wirtschaft/uniper-prueft-milliardenklage-gegen-gazprom/402145311

    Daß das die Energieversorgung irgendwie verbessert, wird wohl keiner der Kläger behaupten …

  126. Also wenn es hart auf hart kommt und Rußland einen Zweifrontenkrieg gegen Aserbaidschan führen muß, so sehe ich schwarz für Gaslieferungen diesen Winter.

  127. Für den Winter rechnet man mit Stromausfällen:

    J.P. Morgan plant für möglichen Blackout auch in Deutschland

    JPMorgan Chase & Co. hat nach Angaben des britischen Telegraph Pläne ausgearbeitet, im Fall möglicher Stromausfälle in Deutschland Tätigkeiten von Frankfurt in die Londoner City und andere europäische Länder zu verlagern. Die regelmäßigen Planspiele seien dabei grundsätzlich breit gefasst. Die Verlagerungen könnten von jedem Standort zu jedem Standort erfolgen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf informierte Kreise.

    Die Wall-Street-Bank würde unter Umständen auch auf Notstromaggregate zurückgreifen. Dies könnte den Bürobetrieb für mehrere Tage sicherstellen, wenn im Umkreis der Strom wegbleibt.

    Um die Energieversorgung im Winter angesichts der Gaskrise abzusichern, hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag entschieden, die Kernkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim als Notfallreserve weiter verfügbar halten. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Sonntag betont, die Bundesregierung habe nach „menschlichem Ermessen“ alles getan, damit es nicht zu einem Blackout komme. „Ich bin sehr sicher, dass uns das erspart bleibt“, sagte der Bundeskanzler und verwies darauf, dass auch Kohlekraftwerke aus der Bereitschaft geholt würden. So werde bei der Stromproduktion Gas gespart.

    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/stromausfall-j-p-morgan-plant-fuer-moeglichen-blackout-in-deutschland-18295390.html

    ——–

    KRISEN-SZENARIO IM RHEINGAU:
    Ein Blackout würde viele Leben kosten

    Der Rheingau-Taunus-Kreis bereitet sich auf Gasmangel und einen längerfristigen Stromausfall vor. Die Optionen sind begrenzt, die Schäden wären groß.

    ehr als 400 Tote in den ersten 96 Stunden. So sieht es das Szenario für Fall eines umfassenden und länger andauernden Stromausfalls in Rheingau und Untertaunus. Der Rheingau-Taunus-Kreis beschäftigt sich vor dem Hintergrund eines möglichen Gasmangels und daraus folgend womöglich flächendeckender Stromausfälle mit den zu erwartenden Konsequenzen und den Optionen der Kreisverwaltung und der 17 Kommunen, diese Konsequenzen abzufedern.

    Was tun, wenn die Tankstellen mangels Strom keinen Treibstoff mehr liefern, wenn die Telefon- und Mobilfunknetze ausfallen, wenn die Notstromaggregate mangels Diesel leerlaufen und Heizungen flächendeckend ausfallen? Das Ausmaß der Schäden hängt nach Ansicht von Kreisbrandinspektor Christian Rossel vor allem von der Dauer der Krise ab. (…)

    https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/rheingau-taunus-kreis-bereitet-sich-auf-blackout-und-gasmangel-vor-18302477.html

  128. Theo Wentzke:  Deutschland kriegt die Krise

    Gasumlage, Energieknappheit und Fragen der Gerechtigkeit. Der Wirtschaftskrieg gegen Russland stellt Staat und Kapital vor Probleme

    Der Beschluss, immer weniger russisches Gas einzukaufen, vor allem aber der russische Gegenschlag, selbst immer weniger davon nach Deutschland zu liefern, stellt die Kombination aus Marktwirtschaft und Planwirtschaft, die diesen Sektor der nationalen Ökonomie auszeichnet, vor einzigartige Herausforderungen. Immer schon greift der Staat in diesen Sektor mit einer doppelten Zielsetzung ein: Erstens muss die materielle Versorgung mit diesem Stoff sichergestellt werden – als Produktionsfaktor der Wirtschaft und als Konsumgut von Privatleuten fürs Heizen und Kochen. Die stoffliche Versorgung soll zweitens zu Preisen abgewickelt werden, die die Konkurrenzfähigkeit deutschen Kapitals im Weltvergleich sichern und dafür taugliche deutsche Löhne nicht überfordern.

    Das doppelte Ziel von materieller Versorgung des Standorts zu rentablen Preisen zu verwirklichen, überlässt der Staat privaten Energiehändlern und -importeuren, die damit drittens ihr Geschäft machen sollen. Für die ist die Versorgung der Gesellschaft mit Gas eine Gelegenheit, ihren Reichtum zu mehren, andererseits konfligiert das Gebot gesicherter Versorgung mit der freien Kalkulation von Mengen und Preisen, die ihr Geschäft braucht. Den Widerspruch zwischen dem privaten Geschäftssinn und seinem Versorgungsauftrag bearbeitet der Staat mit einer besonderen Aufsicht über diese Branche. Ein kompliziertes Geflecht von gesetzlichen Vorschriften und finanziellen Anreizen ringt der Gewinnmaximierung der beteiligten Firmen das Zusammenfallen von Versorgungssicherheit und Billigkeit des Grundstoffs ab.    (Forts.) :

    https://www.jungewelt.de/artikel/434806.im-wirtschaftskrieg-deutschland-kriegt-die-krise.html
    https://www.jungewelt.de/artikel/print.php?id=434806
    vgl.  https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-3-22

  129. Deutscher Energiekonzern Uniper wird verstaatlicht

    Eine Kapitalerhöhung um acht Milliarden Euro ist geplant

    Düsseldorf – Der angeschlagene deutsche Energiekonzern Uniper wird verstaatlicht. Der finnische Mutterkonzern Fortum teilte am Mittwoch mit, er habe dazu eine Grundsatzvereinbarung mit dem Bund der deutschen Regierung erzielt. Danach plane der Bund eine Kapitalerhöhung bei Uniper in Höhe von acht Milliarden Euro zum Preis von 1,70 Euro je Aktie.

    "Im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung beabsichtigt der Bund, alle Anteile von Fortum an Uniper zu einem Preis von 1,70 Euro je Aktie (entspricht 0,5 Milliarden Euro) zu erwerben." Nach Abschluss der Kapitalerhöhung und dem Erwerb der Uniper-Anteile von Fortum werde der Bund etwa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen.

    https://www.derstandard.at/story/2000139270604/deutscher-energiekonzern-uniper-wird-verstaatlicht

    Also, die finnische Firma verkauft ihre Aktien an den deutschen Staat zu einem Preis, den sie sich offenbar vorher ausgehandelt haben. Da Uniper mehr oder weniger pleite ist, sind die Finnen offenbar froh, überhaupt etwas zu bekommen.
    Ob das ein Modell für staatliche Übernahme von Energiefirmen ist? Warten, bis sie an den Rand des Konkurses kommen und dann mit Staatsknete möglichst günstig aufkaufen?

    Wie weiter, fragt man sich?
    Nachdem eine Kapitalerhöhung geplant ist, wird offenbar die Unternehmens-Form der AG beibehalten. Das heißt, die Verstaatlichung ist eine solche, die den Staat wirklich als profitorientierte Firma einsteigen läßt, und nicht als Versorger seiner Gesellschaft mit Energie. Alles natürlich mit staatlichem Geld, das dann auch weiter zugeschossen werden muß, wenn wieder einmal eine Transaktion in die Hose geht.

    Deswegen bleiben vermutlich auch die 1,5 % in rätselhafter fremder Hand, um dieses potemkinsche AG-Konstrukt aufrechtzuerhalten. Ich vermute dabei, die sind womöglich gar nicht in privater Hand, sondern gehören einem Land oder einer Kommune.

  130. Sánchez findet den europäischen Energiemarkt gründlich reformierungsbedürftig und Algerien überlegt, den Preis für an Spanien geliefertes Gas zu verdoppeln.

    (Algerien sitzt in einer guten Position, weil auch Italien braucht dringend das algerische Gas.)

  131. ""Im Ergebnis übernimmt die Bundesregierung insgesamt 99 Prozent an Uniper", teilte das Wirtschaftsministerium mit.

    Fortum hielt bislang knapp 78 Prozent an Uniper. Fortum selbst gehört zu rund 51 Prozent dem finnischen Staat."
    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/uniper-verstaatlichung-gasumlage-faq-101.html#:~:text=%22Im%20Ergebnis%20%C3%BCbernimmt%20die%20Bundesregierung,51%20Prozent%20dem%20finnischen%20Staat.

    Da ist also nichts Rätselhaftes im Spiel. Nur Norwegen.

  132. Ja, was ist denn das 1%, nach deinen Quellen?
    Offenbar ein Teilchen, um nicht zu einer 100%-igen Übernahme zu werden und als AG weiterzubestehen. Ob das jetzt Norwegen ist oder wer anderer, ist doch gleichgültig.

    Um was es mir geht, ist, wie diese Art von Verstaatlichung erfolgt. Es soll eine sein und doch nicht.

  133. In der Tat. Der deutsche Staat will einerseits verhindern, daß die Gaspreise noch mehr ins Uferlose steigen, aber er will das nun wirklich nicht allein auf seine Kappe nehmen und selber mit seinem Kredit "abfedern", sondern dafür sollen schon noch die Unternehmen und die Privathaushalte mitblechen, koste es die auch, was es wolle, bzw, wie bei den Armen hierzulande auch dann, wenn die gar kein Geld dafür haben. Das sieht nach einem perfekten Plan aus, die Wirtschaft (aber auch vieles andere, Krankenhäuser, Nahverkehrsbetriebe usw.) in Deutschland gegen die Wand fahren zu lassen.

  134. Nach uns die Sintflut (III)

    Um das EU-Kohleembargo gegen Russland umsetzen zu können, hat Deutschland seine Kohleimporte aus Kolumbien erhöht – und löst damit Proteste indigener Communities aus.

    Die Ausweitung des deutschen Kohleimports aus Kolumbien zum Ausgleich der sanktionsbedingt entfallenen Kohleeinfuhr aus Russland führt zu neuen Protesten rings um eine berüchtigte kolumbianische Mine. Die Mine El Cerrejón und ihr Betreiber Glencore werden seit vielen Jahren scharf kritisiert, da in der Region, verursacht durch den Kohleabbau, Menschenrechtsverletzungen und ernste Umweltschäden an der Tagesordnung sind. Auch deutsche Energieversorger kaufen Kohle aus El Cerrejón. Hatte Glencore im vergangenen Jahr noch über eine Schließung der Mine nachgedacht, so ist davon keine Rede mehr: Das Kohleembargo der EU gegen Russland hat die Preise in die Höhe getrieben, weshalb El Cerrejón wieder höheren Profit abwirft. Auch Deutschland hat seine Kohleimporte aus Kolumbien wieder deutlich erhöht. Während die Bundesregierung behauptet, Glencore halte inzwischen Menschenrechts- und Umweltnormen ein, begannen in der Region Anfang September neue Proteste vorwiegend indigener Communities gegen den Kohleabbau. Dieser habe, wird ein Vertreter der indigenen Wayúu-Community zitiert, nur „Verseuchung, Umwelt- und Gesundheitsschäden“ gebracht.

    (…)

    (German Foreign Policy, 21.9.)

    Kohle aus Kolumbien. Und das, nachdem seit Jahrzehnten Druck auf Spanien gemacht wurde, seine Kohlebergwerke zu schließen. Ähnlich mit Rumänien. Nur bei Polen ist es nicht gelungen, die haben zumindest einen Teil der Kohleproduktion weitergeführt.

    Man merkt hier die langfristige Energiepolitik Deutschlands, die jetzt auf Grund gelaufen ist: Mit Berufung auf den Klimaschutz wurde innerhalb der EU Druck ausgeübt, um die nationalen Energiequellen zu unterbinden und alle auf Deutschland als Verteiler und Energie-Großmacht zu verpflichten.
    Ähnlich war es mit der Verhinderung von South Stream, damit Bulgarien nicht eine ähnliche Rolle als Verteiler übernehmen könne.

  135. Europe’s Deepening Energy Crisis Pushes Bill to $500 Billion

    The bill for Europe’s energy crisis is nearing 500 billion euros ($496 billion) as governments rush to soften the blow of soaring prices, according to the Bruegel think-tank.

    The European Union’s 27 member states have so far earmarked 314 billion euros to cushion the impact of the energy crunch on consumers and businesses, while the U.K. has allocated 178 billion euros, Bruegel’s updated estimates showed on Wednesday. 

    The growing fiscal burden — EU spending accounts for 1.7% of the bloc’s gross domestic product – comes as European nations grapple with accelerating inflation and a bleak economic outlook. EU ministers are negotiating an emergency plan that will transfer windfall energy company profits to vulnerable households and firms. The deal, expected to be reached on Sept. 30, also includes a power price cap and a target to reduce electricity demand as Moscow squeezes gas flows to the region.

    “Initially designed as a temporary response to what was supposed to be a temporary problem, these measures have ballooned and become structural,” said Simone Tagliapietra, researcher at Brussels-based Bruegel. “This number is set to increase as energy prices remain elevated. This is clearly not sustainable from a public finance perspective.”

    (…)

    https://www.bloomberg.com/news/articles/2022-09-21/europe-s-deepening-energy-crisis-pushes-bill-to-500-billion

  136. Putin’s Energy War Is Crushing Europe

    The big question is whether it ends up undermining support for Ukraine.

    Factories, businesses, and families across Europe are battling for survival as Russia’s chokehold on the continent’s natural gas supply sends prices to astronomical heights, unleashing a brutal economic storm that has tested European solidarity about Russia’s war in Ukraine and fueled fears of an impending recession

    Crushingly high energy prices have soared to 10 times their average level throughout the past decade, leading to spikes that have throttled industries and left households scrambling to pay their bills. The resulting bloodbath has catapulted European leaders into emergency action as they rush to institute sweeping emergency measures in an effort to drag down prices. Brussels is talking about rationing gas; national governments are racing to find alternative supplies now that Russia has cut off essentially one-third of the continent’s gas supplies as part of its campaign to make Europe cry uncle before Moscow’s scarecrow forces vanish altogether in Ukraine.

    “People have shockingly high electricity bills. Small businesses are struggling to pay the bills. Factories are considering whether or not to close or to curtail production,” said Ben Cahill, a senior fellow at the Center for Strategic and International Studies (CSIS). “And this is before the winter has come, so it could get worse.”

    From the energy-intensive aluminum industry to fertilizer manufacturers, companies across Europe have been forced to slash production or even go bankrupt in the face of eye-watering prices. To shield households and businesses from greater pain, governments have funneled hundreds of billions of dollars into subsidies, immense sums of money that reflect the continent’s grave economic state—and the unprecedented nature of the crisis. 

    (…)

    https://foreignpolicy.com/2022/09/20/europe-energy-crisis-economy-emergency-russia-war-ukraine/

  137. "Alles spricht gegen Zufall"
    Nord-Stream-Pipelines durch Sabotage beschädigt?

    Die Lage ist angespannt: In den beiden deutsch-russischen Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 kommt es zu einem starken Druckabfall. Laut einem Zeitungsbericht sehen Sicherheitskräfte Sabotage am Werk. "Unsere Fantasie gibt kein Szenario mehr her, das kein gezielter Anschlag ist", so ein Insider.

    Die Nord-Stream-Pipelines sind einem Zeitungsbericht zufolge möglicherweise durch gezielte Anschläge beschädigt worden und deshalb leckgeschlagen. Wie der "Tagesspiegel" unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtet, rechnen Bundesbehörden aufgrund des zeitlichen Ablaufs, der drei betroffenen Leitungen und der starken Druckverluste in Nord Stream 1, die ebenfalls auf ein großes Leck schließen lassen, mit Sabotage. "Unsere Fantasie gibt kein Szenario mehr her, das kein gezielter Anschlag ist", sagte eine in die Bewertung durch die Bundesregierung und die Bundesbehörden eingeweihte Person dem "Tagesspiegel". "Alles spricht gegen einen Zufall."

    Der grüne Außenpolitiker Jürgen Trittin geht bei dem Gasleck in Nord Stream 2 von einer gewaltsamen Störung aus. Die Pipeline sei "relativ neu und aus massivem und gutem deutschem Stahl gebaut", sagte Trittin im "ntv Frühstart". Wenn eine solche Pipeline schlagartig lecke, "dann muss es schon zu einer gewaltsamen Störung dieser Pipeline gekommen sein". Jetzt müsse untersucht werden, ob es sich dabei um einen Anschlag handelt.

    Nachdem es bereits in der Nacht auf Montag in einem der beiden Stränge von Nord Stream 2 zu einem drastischen Druckverlust kam und in dänischen Hoheitsgewässern ein Leck festgestellt wurde, wurde nach Angaben eines Sprechers der Doppel-Pipeline Nord Stream 1 am Montagabend ebenfalls ein "starker Druckabfall" in beiden Leitungen verzeichnet.

    https://www.n-tv.de/politik/Nord-Stream-Pipelines-durch-Sabotage-beschaedigt-article23613651.html

    Irgendjemand will da offenbar verhindern, daß Deutschland die womöglich doch aufdreht.

    „Gaslecks in der Ostsee

    Die schwedische Schifffahrtsbehörde meldet Dienstag Früh zwei Lecks an der Gaspipeline Nord Stream 1. “Es gibt zwei Lecks bei Nord Stream 1 – eines in der schwedischen Wirtschaftszone und eines in der dänischen Wirtschaftszone. Sie liegen sehr nahe beieinander”, sagte ein Behördensprecher am Dienstag gegenüber Reuters. Die Lecks befänden sich nordöstlich der dänischen Insel Bornholm.

    Nachdem die Nord Stream 2 AG in der Nacht zuvor nach ähnlichen Problemen an einer Röhre bereits alle Marinebehörden der Ostsee-Anrainer informiert hatte, wurde im Verlauf des Montags die wahrscheinliche Ursache ausfindig gemacht: Südöstlich der Insel Bornholm sei ein Gasleck beobachtet worden, hieß es in einem Hinweis der zuständigen dänischen Behörde. Das Leck sei gefährlich für die Schifffahrt und das Fahren innerhalb eines Bereichs von fünf Seemeilen von der besagten Position verboten.

    Später folgte ein weiterer Warnhinweis der dänischen Schifffahrtsbehörde, dieses Mal zu einem Gasleck nordöstlich von Bornholm. Auch hier wurde auf die Gefahr für den Schiffsverkehr hingewiesen und ein Fahrverbot für einen Radius von fünf Seemeilen ausgesprochen. Ob der zweite Hinweis im Zusammenhang mit Nord Stream 1 stand, war zunächst unklar.“

    Es war also Sabotage unter Wasser.
    Dabei sei erinnert, daß Großbritannien in Otschakow in der Ukraine eine spezielle Basis für Taucher eingerichtet hat, die bei einer etwaigen Rückeroberung der Krim Schiffe und Hafenanlagen der russischen Flotte durch Sabotageakte zerstören sollten.
    Um am Meeresboden ein Stahlrohr zu beschädigen, ist schon einiges an Apparatur und Know How nötig.

    „Leerlauf befürchtet

    Nord Stream 2-Sprecher Ulrich Lissek befürchtet bereits, dass die mit 177 Millionen Kubikmeter Gas gefüllte Pipeline in den kommenden Tagen leerlaufen könnte. Während die Nord Stream 2-Pipeline nach ihrer Fertigstellung aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nie in Betrieb genommen wurde, sondern nur einmalig mit Gas befüllt wurde, floss durch die Nord Stream 1-Pipeline bis Anfang September Gas nach Deutschland. Nachdem der russische Staatskonzern Gazprom seine Lieferungen durch die Röhre bereits zuvor reduziert hatte, stoppte er diese mit dem Verweis auf einen Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja komplett.

    Sanktionen erschweren Ursachenforschung

    Doch nicht nur der bisherige Gasfluss wird durch den Krieg in der Ukraine beeinflusst. Wegen der Sanktionen gegen Russland sieht die Nord Stream 2 AG ihre Fähigkeiten zur Ursachenforschung eingeschränkt: Man stehe unter Sanktionen, verfüge kaum noch über Personal und Gelder seien eingefroren, sagte der Sprecher. “Die Behörden sind alle informiert.” In Lubmin, dem Ort, in dem die Pipeline in Deutschland anlandet, ist nach Wissen Lisseks kein Personal der Nord Stream 2 AG. Man könne auch keine Aufträge erteilen, da man diese nicht bezahlen könne, und müsse schauen, woher man nun Informationen erhalte, hieß es weiter.

    Schon kurz vor dem russischen Überfall auf die Ukraine hatten die USA Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG verhängt und alle Geschäfte mit dem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz unmöglich gemacht. Erst kürzlich konnte ein drohender Konkurs erneut abgewendet werden.“

    https://www.derstandard.at/story/2000139445394/druckprobleme-legen-ostsee-pipelines-nord-stream-1-und-2-lahm

  138. "Irgendjemand will da offenbar verhindern, daß Deutschland die womöglich doch aufdreht."

    Cui bono – Wem nützt es? Den Deutschen nicht, den Russen nicht. Die Russen brauchen nur den Hahn zudrehen und haben außerdem die Pipeline gebaut. 

    Da stecken die USA dahinter oder GB im Auftrag der USA. Vielleicht auch einer der fanatischen Russenhasser in Osteuropa, die Polen, die Balten…

    Lubmin: Junge Ukrainerinnen stellen sich Nord-Stream-2-Befürwortern entgegen
    https://www.rnd.de/politik/demo-in-lubmin-junge-ukrainerinnen-stellen-sich-nord-stream-2-befuerwortern-entgegen-5YQDU24TVRCSNLGT3UYABFTNEE.html

    Was ist das denn? Graue Balken über dem Text. Das hab ich ja noch nie gesehen.
    Ne Bezahlschranke sieht üblicherweise anders aus.

    “Nach dem Bekanntwerden der Schäden stieg der Preis für Erdgas in Europa laut der Nachrichtenagentur Reuters wieder an – gegen Mittag lag er mit 193, 50 Euro um 11,5 Prozent über dem Wert vom Montag.”

  139. Na ja, wie erwähnt, die Briten haben für Sabotageakte unter Wasser offenbar eigene Abteilungen. Deswegen fallen sie mir als erstes ein.
    Ich glaube nicht, daß Polen so etwas hat, und die USA – hmmm.

    Noch was fällt mir dazu ein: Diese Sabotageakt kann ja nicht ganz unbemerkt von den dortigen Staaten passiert sein.
    Wie praktisch, daß Schweden jetzt bei der NATO ist, da kann so etwas dann als eine Art Aufnahmeprüfung gelten, die lieben Freunde ungestört werken zu lassen.

  140. Nur wessen Freunde?

    Wie würde man so einen Sabotageakt wohl bewerkstelligen? Ein ferngesteuerter Unterwasserroboter mit einer Sprengladung? Oder Taucher? Normale Pressluft geht bis 40m. Bei Wassertiefen vor Bornholm zwischen 50 und 100m, wären Taucher mit Spezialausrüstung möglich. Wegen der Dekompressionstops dauert das allerdings etwas länger. Mit ner Drohne geht das schneller. Das wäre wahrscheinlich mit einem unauffälligen Sportboot oder Kutter möglich. Wenn die Ladung erst in ner Woche zündet, sind die Akteure längst weg. Es könnte auch sein, dass die Amis die Ladung schon vorsorglich vor Jahren angebracht haben, damit man sie bei Bedarf zünden kann. Nordstream hat denen ja nie gefallen.

  141. Gerade kommt auf Phönix der Energieexperte Frank Umbach zu Wort und der sagt natürlich – dreimal dürft ihr raten – na klar, die Russen waren's.

  142. Alles sehr überlegenswert.
    Die Variante mit „vor Jahren“ müßte aber doch mit Tauchern, möglicherweise einem U-Boot geschehen sein.

    Wenn die Pipeline ein Loch hat, was heißt das eigentlich?

    Also wie schnell müßte die repariert werden, damit sie nicht ganz unbrauchbar wird?
    Weil wenn die Deutschen jetzt ein Reparaturteam schicken, so würden die Amis, Polen und Briten sofort sagen: Ahaaaa, ihr wollt sie wieder aufsperren!

  143. Heute war in den Abendnachrichten die Meldung von der Nord Stream-Sabotage und Morawecki formulierte anläßlich der Eröffnung einer Norwegen-Polen-Pipeline – die auch ungefähr dort verläuft, wo die Nordstream-Beschädigungen sind – ganz klar: Das waren natürlich die Russen!

    Das ist meiner Ansicht nach eine Art Sprachregelung, die jeder zu übernehmen hat und ein Verbot, näher nachzuforschen.
    Dieses Verbot ergeht an die Presse, die Geheimdienste und die Behörden Schwedens, Deutschlands und Dänemarks.

  144. Das ist meiner Ansicht nach eine Art Sprachregelung, die jeder zu übernehmen hat und ein Verbot, näher nachzuforschen.

    Genau. Propaganda eben.

    Also wie schnell müßte die repariert werden, damit sie nicht ganz unbrauchbar wird?

    Für Nord Stream 2 müsste das ja eh Gazprom machen. Für Nordstream 1 die Nordstream AG. Erstmal muss man die Lecks schließen bzw. ein Stück Rohr tauschen. Dann muss das Wasser raus. Ich nehme an, dass man das Wasser an der tiefsten Stelle der Leitung abpumpen kann. Wenn sie klug waren, wurde das schon beim Bau vorgesehen. Ergas ist Methan also CH4. Also wird die Pipeline nicht rosten, weil kein Sauerstoff drankommt. Aber tatsächlich besteht die Möglichkeit, dass sich jetzt niemand findet der die Leitung repariert. Weil politisch ja Sendepause sein soll. Die Zerstörung der Leitung macht natürlich alle Forderung nach Öffnung der Pipelines erstmal sinnlos. Und schon wieder stolpert die Ampel über ihre eigene Entscheidung Russland zu sanktionieren. Jetzt sieht es nämlich so aus als gäbe es kein zurück. Weist alles auf die USA hin.

    In den Nachrichten hat man jetzt Bilder gesehen, wie das Meer sprudelt. Das ist schon wirklich gewaltig. Das ist ein weißer Fleck von 1 km Durchmesser. Außerdem wurden in einer seismischen Messstation die Explosionen aufgezeichnet und Erbebenaktivität kann ausgeschlossen werden. Also war es garantiert eine Sprengladung, also Sabotage.

  145. "In den Berliner Sicherheitskreisen hieß es, es sei nicht auszuschließen, dass ein mutmaßlicher Anschlag schon vor dem Lieferstopp geplant worden sei, denn die Vorlaufzeiten für derartige Spezialoperationen könnten lang sein."

     Beim Spiegel und bei Heise wird berichtet die Pipelines seien auf großer Länge aufgerissen. Das könnte m.E. mit Sprengschnüren erfolgt sein, wie sie in Steinbrüchen oder unter Tage verwendet werden. Dazu bohrt man ein tiefes Loch und schiebt dann die Schnur rein. Sowas kann wahrscheinlich jeder Sprengmeister berechnen. Dann macht man noch einen Versuch, um sicher zu gehen, dass der erwünschte Schaden entsteht. Unter Wasser wird dann einfach die Schnur auf der Pipeline ausgerollt und fixiert. Das ist keine Raketentechnik. Natürlich braucht man ein bisschen Geld. Ein staatlicher Akteur ist m.E. von den Mitteln her nicht unbedingt nötig, vom Motiv her aber wahrscheinlich.

    Die Begründungen die dafür angegeben werden, dass Russland verantwortlich ist, sind allesamt nicht plausibel. 

    Gegenüber dem Handelsblatt sagte er (Roderich Kiesewetter): Ein gezielter Sabotageakt "würde durchaus in die von Staatsterrorismus geprägte und hybride Vorgehensweise Russlands passen". Es könnte demnach ein Versuch gewesen sein, Europa zu spalten, die Bevölkerung zu verunsichern und auf diesem Wege die Unterstützung der Ukraine zu schwächen. Beweise legte Kiesewetter nicht vor.

    Die Möglichkeit NS2 aufzudrehen spaltet viel mehr. Um zu Spalten wäre eine Sabotage eher kontraproduktiv. Die Amerikaner haben das stärkste Motiv. Einerseits wird Europa die Möglichkeit genommen doch noch über die Ostseepipelines Gas zu beziehen und auf amerikanisches Flüssiggas zu verzichten. Andererseits kann angesichts des massiven und beschleunigten Niedergangs der Ökonomie so die Front gegen Russland stabilisiert werden, weil die Alternative sich mit Russland zu einigen und doch noch von dort Gas zu beziehen nicht mehr existiert.

    Der deutsche Ableger des Senders Russia Today hatte weniger Hemmungen. Die Ukraine könnte dafür verantwortlich sein, heißt es dort. In dem Bericht wird auf eine Meldung der Nachrichtenagentur RIA verwiesen.

    Demnach hatte der russische Geheimdienst FSB kürzlich einen Anschlag auf eine Pipeline vereitelt, welche die Türkei und Südeuropa mit Erdgas versorgt. Hinter dieser vermeintlichen Sabotage habe der ukrainische Geheimdienst SBU gestanden, der mehrere Bürger Russlands für die Ausführung rekrutiert habe.

    Tagesspiegel: Zweitens sei genau das gleiche Szenario, aber als sogenannte „False-Flag“-Operation Russlands eine mögliche Erklärung für die Leckagen der Pipelines. Damit könnte zusätzliche Verunsicherung geschürt werden und möglicherweise der Gaspreis wieder nach oben getrieben werden, um die europäische Energiepreiskrise, die sich zuletzt minimal entspannt hatte, wieder zu verschärfen.

    Mit der "False-Flag" Operation wird ja quasi eingestanden, dass Russland kein Motiv hat. Man muss die Sabotage jemanden unterschieben, der ein Motiv hat. Zudem ist der Witz einer False Flag, dass man Hinweise hinterlässt, die auf den gewünschten Schuldigen verweisen. Wenn es um den hohen Gaspreis geht, kämen erstens dann auch die Spekulanten in Betracht.  Zweitens wird der sich bald beruhigen, weil in der Tat über die Pipelines kein Gas mehr floss und weniger als nichts geht jetzt nicht mehr. 

  146. Es ist gar nicht ganz auszuschließen, daß bereits beim Bau dieser Pipeline Leute zugegen waren, die, hmmm, zumindest geschaut haben, wie man sie zu Fall bringen könnte. Wenn nicht schon Vorbereitungen dazu getroffen haben.

    Worauf ich noch hinweisen will, ist, daß es bei dieser Pipeline um ziemliche Versicherungssummen und Pönalen geht, die zwar beim Erlassen der Sanktionen nicht, aber beim Beschädigen der Pipeline schon schlagend werden könnten.
    Man müßte beobachten, was sich da in nächster Zeit tut.

    Der Dollar-Euro-Kurs zeigt, wem dergleichen schadet oder nützt.

  147. Grad in einem Kommentar bei overtone zitiert gefunden:
    https://www.moonofalabama.org/2022/09/the-war-on-germany-just-entered-its-hot-phase.html#more

    „Wenn Russland Pipelines in der Ostsee kappen wollte, würde es die beschädigen, die norwegisches Gas nach Europa bringen, nicht aber die Pipelines, die es selbst besitzt und die ihm einen gewissen Einfluss verschaffen.“
    Sondern: “The major potential actors behind this are the U.S., the British, the Ukrainian and the Polish government or a mixture of those.
    Geography, and the shallow depth of the Baltic Sea, seem to exclude that a U.S. or British submarines did the damage. Ukraine does not have access to the Baltic Sea. Poland, which had already tried to prevent or hinder the Nord Stream II construction, is the most likely actor behind this though I doubt that it would dare to act alone.” (s.o.)

    —-

    Zufälle gibts…:

    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/energie-polen-baltic-pipeline-103.html

    https://www.nordkurier.de/nachrichten/ticker/polen-daenemark-und-norwegen-eroeffnen-ostsee-pipeline-2749788009.html

    Eigentum – beinhaltet schließlich “Ausschluss” (von Nutzung) – und Ausschluss von anderen Alternativen, das geht in der ursprünglichen Akkumulation bereits nur mit Gewalt – und so was ist in der postrussischen Neugründung einer neuen EU-Energieautarkie anscheinend auch ein passendes Mittel – und wenn Polen sich neu aufstellen will, dann will es anscheinend auch die frühere (angedachte…) Energie-Führungs-Verteilerrolle der BRD nun neu übernehmen …

    In dem Tagesschau-Link wird der polnische Experte Piotr Maciążek zitiert:
    “Die ‘Baltic Pipe’ ist auch ein Symbol des Misstrauens zwischen Deutschland und Polen. Deutschland kann direkt aus Norwegen importieren, also hätte Polen norwegisches Gas über Deutschland organisieren können. Warum haben also die Polen eine Pipeline gebaut, die Deutschland umgeht? Wahrscheinlich aus demselben Grund, aus dem Deutschland eine Pipeline gebaut hat, die Polen umgeht.” (Und absolute Sicherheit, dass aus nordstream auch in Zukunft nie mehr was Konkurrierendes werden kann, die meint da jemand anscheinend selber herstellen zu wollen…)

    “In Berliner Sicherheitskreisen hieß es, es sei nicht auszuschließen, dass ein mutmaßlicher Anschlag schon vor dem Lieferstopp geplant worden sei, denn die Vorlaufzeiten für derartige Spezialoperationen könnten lang sein.”
    https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/eu-halt-pipeline-sabotage-fur-wahrscheinlich-und-droht-mit-sanktionen-8687140.html

  148. … „eine schnelle Reparatur der Gasleitungen, die in etwa 100 Metern Tiefe liegen, ist technologisch aufwendig und unter Sanktionsdruck kaum möglich.“

    (KP, 27.9.)

    Die KP weist darauf hin, daß die Sprengung der NordStream-Rohre der Ukraine fast das Monopol auf Gaslieferungen nach Europa gibt, neben der TurkStream-Pipeline, auf deren russischen Teil es auch schon einen Anschlagsversuch gab.

    Laut dem chinesischen Journalisten Lju Chun (Global, Xinhua) kann man verschiedenen Kommentaren einiges entnehmen.

    Sikorski soll irgendwo sogar getwittert haben: Danke, USA!
    Er erinnert daran, daß Biden bereits im Februar gedroht hat, Nord Stream „abzudrehen“.

    (KP, 28.9.)
    https://www.kp.ru/online/news/4939755/

  149. Der estnische Außenminister Urmas Reinsalu macht sich Sorgen: Wenn man so einfach einen Anschlag auf EU-Infrastruktur machen kann, wie weit sind dann andere Objekte geschützt?

    „»Die Lage im Ostseeraum ist äußerst besorgniserregend. Die Republik Estland verurteilt Angriffe auf Infrastruktureinrichtungen im Wirtschaftsraum der Europäischen Union«, sagte Reinsalu, zitiert vom Pressedienst des Außenministeriums.
    »Wir bekunden unsere Solidarität mit Verbündeten und Partnern, in deren Wirtschaftszonen diese Angriffe stattfanden. Wir halten es für wichtig, Konsultationen zwischen den Staaten aufzunehmen, um die Umstände zu klären und mögliche weitere Schritte zu planen«, fügte der Leiter des Außenministeriums der Republik Estland hinzu.“

    Die dänische Energieagentur schätzt, dass die Lecks in den Nord Stream-Gaspipelines … etwa eine Woche weiter aktiv sein könnten.

    (Russische Abteilung des Estnischen Rundfunks, 28.9.)

    Na klar, wenn man Nord Stream so einfach ruinieren kann, wer garantiert dann Sicherheit bei der Baltic Pipe oder auch anderen Rohren und Tunnels unter dem Meer?

  150. Laut Tagespiegel ist eine Röhre von Nordstream 2 noch unbeschädigt. Jetzt weiß man auch was gemeint war, als Biden sagte: 

     Wenn Russland tatsächlich die Ukraine angreift, Panzer und Truppen über die Grenze marschierten, „dann wird es Nord Stream nicht mehr weiter geben“. Dies habe er mit Scholz vereinbart. „Ich kann ihnen versprechen, wir werden das so handhaben“, sagt der US-Präsident. Jetzt müsste Scholz, dem die Frage nach der Zukunft der erweiterten Ostsee-Gaspipeline natürlich auch gestellt wird, nachziehen, Fakten schaffen.

    Was man so hört ist wegen der Explosionsgefahr an eine Untersuchung in nächster Zeit nicht zu denken. Anscheinend will man die Röhre voll laufen lassen und in 2 Wochen dann mal nachschauen, was Sache ist.

     Die KP weist darauf hin, daß die Sprengung der NordStream-Rohre der Ukraine fast das Monopol auf Gaslieferungen nach Europa gibt, neben der TurkStream-Pipeline, auf deren russischen Teil es auch schon einen Anschlagsversuch gab.

    Genau. Polen und die Ukraine und die USA haben den Nutzen. Und natürlich ist es ganz klar ein massiver Schlag gegen Deutschland. Die direkt seine ökonomische Basis angreift, auch wenn sie das mit den Sanktionen schon selbst getan haben. Lafontaine meinte ja in der Rede, dass sich Deutschland von amerikanischem Einfluss befreien muss. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

    Bei der Eröffnung der "Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung" sprach die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht nur über ihren Vorgänger Kohl. In ihrer Ansprache äußerte sie sich auch zum russischen Agriffskrieg auf die Ukraine und zu Kremlchef Wladimir Putin. "Man sollte seine Worte ernst nehmen", sagte die CDU-Politikerin und bezog sich dabei auf eine ihrer früheren Aussagen zum russischen Staatschef.

    Zudem ergänzte sie ihr früheres Statement: "Worte ernst zu nehmen, sie nicht von vornherein damit abzutun, sie seien nur ein Bluff, sondern sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen, das ist beileibe kein Zeichen von Schwäche oder Beschwichtigung, sondern ein Ausweis politischer Klugheit." Damit könnten Handlungsspielräume erhalten, ja sogar erarbeitet werden.

    Das ist ja wohl an die Baerbocks und Strack-Zimmermänner der Republik gerichtet, die die Kriegsgeilheit noch weiter anheizen. Den durchgeknallten Melnik Kommentar lass ich mal weg. Das Interessante dabei ist eher, warum seine Twitter-Äußerungen von der Propagandapresse immer noch zitiert werden. Offenbar soll die Kriegsgeilheit weiter angeheizt werden Im Nachhinein wird die Russland-Politik von Merkel von der Medienmeute als Fehler angesehen: 

     Vertreter verschiedenster Parteien, darunter FDP und Union, forderten Merkel dazu auf, ihre Russland-Politik zu erklären.

    Russlandfreundlichkeit kann man Merkel nun wirklich nicht vorwerfen. 

  151. "wenn man Nord Stream so einfach ruinieren kann, wer garantiert dann Sicherheit bei der Baltic Pipe oder auch anderen Rohren und Tunnels unter dem Meer?"

    Na wie bisher auch: Niemand!

    Man kann sich jetzt nur fragen, wem nützt dieser Angriff jetzt? Es ist offensichtlich, daß die USA schon vor Fertigstellung von Nord Stream 2 klipp und klar verkündet haben, daß diese Pipeline nicht in Betrieb genommen werden *wird*. Punkt. Darin waren sie sich natürlich einig mit der Ukraine. Und mit Großbritannien und Polen.

    Andererseits ist ein wirtschaftskriegerischer Angriff (und das auch noch mit militärischen Mitteln) de facto gegen Bündnispartner ein dickes Ding. Sehen jetzt schon so die Allianzpartner im Kampf gegen Rußlands aus??

  152. Ich habe es erst für eine typische Fake-News-Story gehalten. Aber auch die Berliner Zeitung bringt es:

    "Polens früherer Verteidigungs- und Außenminister Radosław Tomasz Sikorski macht die USA für die Gas-Lecks von Nord Stream 1 und Nord Stream 2 verantwortlich. Auf Twitter schrieb der polnische Politiker unter ein Foto von einem der drei Gaslecks: „Thank you, USA“ (Danke, USA)."

    https://www.berliner-zeitung.de/news/gaspipeline-lecks-polens-ex-verteidigungsminister-macht-usa-verantwortlich-li.271382?fbclid=IwAR1SHL0aoHU6jXZQ7vtulwyBBXfmLw7kbp1PgpgYw7JbYDH-dLhj1f-f7js

    "All Ukrainian and Baltic sea states have opposed Nordstream's construction for 20 years. Now $20 billion of scrap metal lies at the bottom of the sea, another cost to Russia of its criminal decision to invade Ukraine. Someone, @MFA_Russia, did a special maintenance operation."

    https://twitter.com/radeksikorski/status/1574800653724966915

  153. "… ist ein wirtschaftskriegerischer Angriff (und das auch noch mit militärischen Mitteln) de facto gegen Bündnispartner ein dickes Ding".   –  Und daher kommt nämlich vermutlich auch  nichts weiteres bei den amtlichen Untersuchungen heraus ….

    Übrigens: ein ähnliches dickes Ding ist es, wenn die deutsch vernetzte EU-Kommission diesem oder jenem oder einem anderen Land Millionen Euros verwehrt, indem sie Regionaltöpfe zusperrt oder Zahlungen  aus dem Recovery-Fonds wegen Rechtsbedenken verweigert. 

    Man sieht: der gemeinsame europäische Binnenmarkt hält mancherlei Konkurrenz-Schönheiten parat, und manchmal sei dem Betrachter mal ein Perspektivenwechsel empfohlen incl. das Ablegen der deutschen Brille. (Meiner Erinnerung zufolge war einzig Österreich und die BRD für Nordstream2, und unter den restlichen 25 EU-Staaten gab es eben mal mildere, mal heftigere Gegner. Von den USA ganz zu schweigen. Die bisherige deutsche Vormachtrolle in der EU hat selbstredend den meisten Deutschen gefallen. – Genau so selbstredend ging es umgekehrt aber umgekehrt im sonstigen Europa zu.)

  154. @Neoprene

    Sikorskis Danksagung war auf Twitter, also was soll da Fake News sein?
    Sacharowa hat gleich spitz gefragt, ob man das als offizielle Verlautbarung zu dem Anschlag betrachten soll?
    Ich bin inzwischen überzeugt, daß Polen und Schweden auch beteiligt waren, letztere vielleicht mit etwas mulmigem Gefühl.

    @Kehrer

    Im Nachhinein wird die Russland-Politik von Merkel von der Medienmeute als Fehler angesehen: 

    „Vertreter verschiedenster Parteien, darunter FDP und Union, forderten Merkel dazu auf, ihre Russland-Politik zu erklären.“

    Na ja, im Grunde war es immer widersprüchlich, wie ich auch mehrmals in den letzten Jahren angemerkt habe, einerseits Energieträger von Rußland zu kaufen und andererseits stets zu schreien: Litwinenko! Skripal! Nawalny! usw., und sich an allen Feindschaftserklärungen gegen Rußland zu beteiligen.
    Diese Schaukelpolitik hat jetzt dazu geführt, daß Deutschland inzwischen zwischen 2 Stühlen steht.

    @Leser

    … und dergleichen Actions aus der jüngeren Vergangenheit fallen Deutschland jetzt auch auf den Kopf: Die arrogante Art, sich zur Führungsmacht Europas zu erklären und anderen die Bedingungen zu diktieren, führt eher zu Häme als zu Solidarität.
    Aus Ungarn habe ich gehört, die Deutschen müßten jetzt aus ihrer „Komfortzone“ herauskommen …

  155. "Sikorskis Danksagung war auf Twitter, also was soll da Fake News sein?

    Ich habe das erst woanders gesehen, mit einem Bild von dem Twitter Post. Auch noch mit Grammatikfehler. Sowas ist typisch für Fakes.

  156. „Nach Angaben des Portals Politicus kündigte wenige Stunden vor den Explosionen eine Expeditionsgruppe von Schiffen der US-Marine unter Führung des Landungsschiffs Kearsarge den Abschluss der Arbeiten in der Gegend von Bornholm an und fuhr durch die Ostseestraße zur Nordsee.
    Das Russia Now-Projekt berichtete, dass am Tag zuvor im US-Kongress ein offener Bericht registriert wurde, wonach britische Taucher drei Tage lang Übungen im Gebiet der Bornholmer Senke durchgeführt hätten.
    Schließlich tauchten am Dienstag Berichte im Internet über die Auszeichnung zweier Seeleute der Royal Navy of Great Britain für die »Durchführung wichtiger Ereignisse in internationalen Gewässern« auf.

    (KP, 28.9.)

    Und wenn das so war, dann wußten die Dänen und die Schweden auch davon. D.h., die NATO selbst hat gegen eines ihrer Mitglieder einen Anschlag durchgeführt.
    Wie man an Sikorskis Tweet und diesen ganzen zugänglichen Informationen merkt, sollen das auch alle wissen.

    Repariert kann das unmöglich werden, weil die Rohre haben ja die Russen gelegt und die wird niemand dort jetzt Reparaturarbeiten durchführen lassen.

  157. @Neoprene

    Der Tweet Sikorskis wurde von verschiedenen Medien erwähnt und von Sikorski auch nicht dementiert.

    Wie ich weiter oben feststelle, ist das m.E. gewollt. Es soll alle Welt wissen, daß es wir waren, aber laut sagen darf das keiner!
    ———

    Antwort: Für Johannes Peters, Experte für Maritime Strategie und Sicherheit am Institut für Sicherheitspolitik an der norddeutschen Universität Kiel (ISPK), führt die Spur nur in eine Richtung: ostwärts. "Wenn man sich die staatlichen Akteure im Ostseeraum ansieht, fällt einem nur einer ein, der sowohl Interesse als auch Möglichkeiten hat, die Pipelines zu zerstören, und das ist Russland", sagte er dem STANDARD. Beweise dafür hat er freilich nicht.

    Frage: Schweden und Dänemark sprechen von "massiven unterseeischen Explosionen" im Bereich der Pipelines. Wie könnten diese entstanden sein?

    Antwort: Kurz gesagt: Nichts Genaues weiß man nicht. Forscher Peters drückt die Unsicherheit etwas eleganter aus: "Das ist bisher noch komplett im Bereich der Spekulation." Einzig: Den Tatorten entsprechend, die sich in etwa 50 bis 60 Meter unter der Oberfläche der Ostsee bei Bornholm befinden, ergeben sich einige mögliche Methoden, wie die Sprengsätze an den Röhren angebracht worden sein könnten. Die Gewässer an der Seegrenze zwischen Dänemark und Schweden sind einerseits seicht genug, um Spezialtauchern Handlungsspielraum zu lassen, andererseits tief genug, um einen U-Boot-Einsatz denkbar zu machen. Neben den Militärs Dänemarks und Schwedens beteiligt sich nun auch die deutsche Marine an den Bemühungen zur Aufklärung der Sabotageakte.

    Frage: Wie sind die so wichtigen Rohre unter dem Meer eigentlich geschützt?

    Antwort: So gut wie gar nicht. Nord Stream 1 etwa verläuft vom russischen Wyborg ins ostdeutsche Lubmin auf einer Länge von 1.200 Kilometern meist unterseeisch. Zwar seien die Wände der insgesamt 100.000, je zwölf Meter langen Rohrstücke aus etwa drei Zentimeter dickem Stahl und einer – je nach Untergrund – sechs bis zehn Zentimeter messenden Betonhülle durchaus widerstandsfähig konstruiert, darüber hinaus lasse sich die Pipeline auf dem Meeresgrund aber kaum schützen, sagt Peters: "Die unterseeische Infrastruktur, gleich ob Datenkabel oder Gaspipelines, wird meist von privaten Unternehmen betrieben, die Staaten haben relativ wenig Zugriff darauf."
    Außerdem, so Peters, seien die so wichtigen Rohre und Kabel schon aufgrund ihrer schieren Länge eigentlich nicht zu überwachen. "Ein Staat könnte, selbst wenn er es will, solch einen Schutz ohnehin nur in seinen eigenen Hoheitsgewässern zwölf Seemeilen vor der Küste gewährleisten."

    Frage: Seit September fließt aus Nord Stream 1 bekanntlich kein Gas mehr, Nord Stream 2 ging erst gar nicht in kommerziellen Betrieb. Warum waren die Leitungen trotzdem voll?

    Antwort: Die Pipelines müssen immer unter leichtem Druck stehen, damit sie betriebsbereit bleiben. Dazu teilte die Nord Stream 2 AG im vergangenen Oktober mit, der erste Strang der Nord-Stream-2-Pipeline sei nun mit 177 Millionen Kubikmeter "technischem Gas" – sehr wahrscheinlich handelt es sich dabei um Methan – gefüllt. Dieses sorge für einen Druck von etwa 103 Bar in den Rohren. Dieser Druck reiche aus, um den Gastransport zu einem späteren Zeitpunkt zu starten, erklärten die Betreiber.

    Frage: Fast zeitgleich mit den offenkundigen Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines wurde unweit des Tatorts eine neue Pipeline eröffnet, "Baltic Pipe", durch die Gas aus Norwegen nach Polen strömen soll. Ist das Zufall?

    Antwort: "Ein Schelm, wer Böses denkt", sagt Peters sarkastisch. "Wenn ich davon ausgehe, dass mit der Zerstörung der Nord-Stream-Röhren ein starkes Signal ausgesandt werden sollte, ist der Zeitpunkt jedenfalls nahezu ideal." Die Attentäter hätten erfolgreich demonstriert, dass sie zu Angriffen auf Pipeline-Infrastruktur in unmittelbarer geografischer Nähe zur Baltic Pipe fähig sind. Der Umstand, dass sich Polen damit von russischem Einfluss im Energiesektor emanzipieren will, spricht dem Kieler Wissenschafter zufolge ebenfalls für eine russische Täterschaft.

    Frage: Was bedeuten die Schäden für die beteiligten Unternehmen – und was für die Erdgasversorgung?

    Antwort: Zuerst zur OMV: Sie hatte die neue Nord Stream 2 mit 729 Millionen Euro mitfinanziert. Doch bereits im März 2022 entschied sie sich, keine weiteren Investitionen in Russland zu tätigen, und führte eine Wertanpassung durch. Inklusive Zinsen verlor die OMV mit ihrer Beteiligung an der umstrittenen Pipeline eine Milliarde Euro. Mit den jetzt erzeugten Lecks entstehen wegen des früheren Ausstiegs keine zusätzlichen Schäden für die OMV. Auch für die anderen weiterhin beteiligten Unternehmen entsteht zunächst kein Schaden, da zuletzt kein Erdgas mehr durch die Pipelines geliefert wurde. Allerdings bedeuten die Lecks, dass wohl auch in näherer Zukunft kein Gas durch das Nord-Stream-System geliefert werden wird.

    Frage: Was bedeuten die Lecks für das Klima?

    Antwort: Aus den drei kaputten Rohren treten enorme Mengen von Methan aus – ein besonders potentes Treibhausgas. Der Weltklimarat rechnet, dass Methan die Erde über eine Zeitspanne von zwanzig Jahren 80-mal stärker erhitzt als CO2. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) schätzt, dass im schlimmsten Fall aus den Nord-Stream-Pipelines umgerechnet 28,5 Millionen Tonnen sogenannte CO2-Äquivalente austreten. Zum Vergleich: Österreich stieß im Jahr 2020 knapp 74 Millionen Tonnen an CO2-Äquivalenten aus. Angesichts dieser Maßstäbe spricht Constantin Zerger von der DUH deshalb von einem "Superemitter-Event". Das verbleibende Gas müsse so schnell wie möglich abgepumpt werden.
    Es bestehen allerdings noch eine Reihe an Ungewissheiten: etwa welche Temperatur das Gas in der Pipeline hat, wie schnell es austritt und welche Mengen an Methan von Mikroben im Wasser absorbiert werden können, bevor es an die Oberfläche gelangt. "Das Potenzial für ein massives und höchst schädliches Emissionsereignis ist äußerst besorgniserregend", sagte der Atmosphärenchemiker David McCabe von der Organisation Clean Air Task Force dem TV-Sender Euronews.

    Frage: Und für die Umwelt?

    Antwort: Für die Meeresumwelt in der Ostsee dürfte keine "erhebliche Gefahr" bestehen, wie eine Sprecherin des deutschen Bundesumweltministeriums der ARD-"Tagesschau.de" sagte. Denn reines Methan, das sich teilweise auch im Wasser löst, ist ungiftig. Allerdings ist noch nicht klar, ob es sich bei dem Gas nicht um ein Gemisch handelt, welches dann sehr wohl zu unbekannten Schäden führen könnte, wie Nadja Ziebarth von der Umweltorganisation Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) warnte. Wie hoch das Risiko wohl ist, betonten auch die dänischen Behörden. Sie richteten eine großflächige Sperrzone für die Schifffahrt ein: Denn Methan ist extrem brennbar.
    Vor allem ist aber nun die Sorge groß, dass es zu weiteren Sabotageakten kommen könnte, wenn auch die genaue Ursache für die Lecks noch nicht klar ist. Die EU betonte jedenfalls, die europäische Energieinfrastruktur sichern zu wollen, und drohte mit Sanktionen gegen die Verantwortlichen. Angriffe darauf seien inakzeptabel und würden eine entsprechende Antwort zur Folge habe, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

    https://www.derstandard.at/story/2000139497876/deutscher-experte-sieht-russland-hinter-anschlag-auf-nord-stream-pipelines

  158. "Na wie bisher auch: Niemand!"

    Ja. Das hat im Deutschlandfunk auch irgendein Professor/Experte bestätigt, dass die Pipelines für mögliche Schäden durch Seewasser, Erdbeben, Druck usw. ausgelegt sind nicht jedoch gegen militärische Angriffe. M.E. geht das mit vertretbaren Aufwand auch nicht und wäre nicht sinnvoll. Was ginge wäre eine Überwachung mit Video, Mikrofonen, Annäherungssensoren usw. Das wäre jedoch auch bloß gut für die Aufklärung. Verhindern geht wahrscheinlich nicht.

    Andererseits ist ein wirtschaftskriegerischer Angriff (und das auch noch mit militärischen Mitteln) de facto gegen Bündnispartner ein dickes Ding. Sehen jetzt schon so die Allianzpartner im Kampf gegen Rußlands aus??

    Seh ich auch so, dass das ein dickes Ding ist. Trau ich den Amis aber ohne weiteres zu. Die Amis haben ja auch die deutsche Regierung telefonisch ausspioniert. Schon damals hätte man wissen können, wie verlässlich die USA sind und was von ihnen zu erwarten ist.

    "Übrigens: ein ähnliches dickes Ding ist es, wenn die deutsch vernetzte EU-Kommission diesem oder jenem oder einem anderen Land Millionen Euros verwehrt, indem sie Regionaltöpfe zusperrt oder Zahlungen  aus dem Recovery-Fonds wegen Rechtsbedenken verweigert."

    Wen meinst du? Orban, der europäische Töpfe als Selbstbedienungsladen für seinen Familienclan betrachtet. Oder Polen? Ich glaube nicht, dass das ausschließlich auf deutsches Betreiben zurückgeht. 

    "Meiner Erinnerung zufolge war einzig Österreich und die BRD für Nordstream2, und unter den restlichen 25 EU-Staaten gab es eben mal mildere, mal heftigere Gegner."

    Ja na und? Was haben denn andere EU-Länder Deutschland reinzureden, wenn eine Pipeline von Russland nach Deutschland gebaut wird. Deutschland hat ja auch nicht darüber zu entscheiden, wenn die Polen eine Pipeline nach Norwegen bauen.

    "Diese Schaukelpolitik hat jetzt dazu geführt, daß Deutschland inzwischen zwischen 2 Stühlen steht."

    Man sitzt zwischen zwei Stühlen. Nein, jetzt kriegen die Deutschen die Rechnung präsentiert, dafür dass sie die Ökonomie von der Politik getrennt haben. Widersprüchlich war das nicht, höchstens inkonsequent.  Die haben eben schlicht getan, was in deutschem Interesse ist. Und einerseits war günstiges Gas in deutschem Interesse und andererseits die Sanktionen wegen der Anexion der Krim.

    "Die arrogante Art, sich zur Führungsmacht Europas zu erklären und anderen die Bedingungen zu diktieren, führt eher zu Häme als zu Solidarität."

    Arroganz ist ein unangemessener Vorwurf, weil es zwischen Staaten doch nicht um moralische Charakterschwächen geht, sondern um Interessen und Macht.  Wenn die Deutschen anderen Staaten Bedingungen diktieren können, dann sind sie doch offensichtlich zumindest gegenüber denjenigen denen diese Bedingungen diktiert werden, die Führungsmacht und erklären sich nicht nur dazu. Dass jetzt gegenüber Deutschland eher Schadenfreude als Mitleid regiert, ist natürlich die Quittung für imperialistische Erpressungen in der Vergangenheit.

    Und wenn das so war, dann wußten die Dänen und die Schweden auch davon. D.h., die NATO selbst hat gegen eines ihrer Mitglieder einen Anschlag durchgeführt. Wie man an Sikorskis Tweet und diesen ganzen zugänglichen Informationen merkt, sollen das auch alle wissen.

    Wenn das stimmt, und es ist sehr plausibel, dann ist es erstens eine bewusste Demütigung der Deutschen durch die Amerikaner und was noch schwerer wirkt, eine Demütigung mit Zustimmung wichtiger europäischer Nationen und Verbündeter. Großbritannien, Dänemark, Schweden, Polen? Ich würde sogar sagen, dass die deutsche Regierung wusste was Sache ist. Die hält sich nämlich nach meinem Eindruck bisher auffallend zurück im Unterschied zur EU-Kommission. Mir war es schon immer ein Rätsel, dass Scholz von einem Tag auf den anderen Nordstream 2 aufgegeben hat. Wahrscheinlich hat die Bundesregierung genau gewusst was passiert und deshalb die Pipeline aufgegeben, nachdem sie realisiert haben, dass ein Anschlag der Amis und Briten nicht zu verhindern ist. Ich nehme an, dass der Zeitpunkt nicht genau feststand, aber nachdem die Möglichkeit Nordstream 2 zu öffnen und die Sanktionen zu beenden, nicht zuletzt durch Wagenknecht immer wieder hochgekocht worden ist, wollten die Amis diese Karte aus dem Spiel nehmen und so die europäische Sanktionsfront aufrechterhalten. Wäre es dazu gekommen, dass in Europa die Sanktionen aufgeweicht worden wären, dann wäre der Wirtschaftskrieg, an dem sich eh nur der Westen beteiligt, so gut wie am Ende gewesen.

  159. Gasbezug in der EU aus Nicht-EU-Ländern ist europäisch geregelt:

    “Die geänderten Vorschriften übertragen der EU die ausschließliche Zuständigkeit für Vereinbarungen über neue EU-Gasleitungen mit Drittländern, auch für die Gewährung von Ausnahmen. Die EU-Kommission kann den Mitgliedstaaten, in dem sich der erste Einspeisepunkt der Pipeline befindet, ermächtigen, Verhandlungen über die Gaslieferung aus einer neuen Pipeline aus einem Drittland aufzunehmen, es sei denn, sie ist der Ansicht, dass dies im Widerspruch zum EU-Recht steht oder dem Wettbewerb oder der Versorgungssicherheit abträglich ist. Sie soll zur Entscheidungsfindung andere betroffene EU-Länder konsultieren, bevor sie eine Freistellung von den EU-Vorschriften vorschlägt, wofür sie dann letztendlich die Entscheidung trifft.
    Für bereits bestehende Pipelines (Anschlüsse an EU-Pipelines vor Inkrafttreten dieser Richtlinie), kann ein Mitgliedsstaat über eine Ausnahmeregelung innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten der Richtlinie entscheiden, sofern sich dies nicht nachteilig auf den Wettbewerb auswirkt.

    Nach der Abstimmung gab Berichterstatter Jerzy Buzek (EVP, PL) folgende Stellungnahme ab: „Viele umsatzorientierte Stakeholder wünschten das Scheitern dieser Verhandlungen, da ohne dieses Abkommen EU-Vorschriften nicht für Gaspipelines aus Nicht-EU-Ländern gelten würden. Was jedoch einigen Marktteilnehmern Gewinne versprechen würde, könnte einen Verlust auf vielen Ebenen für unsere Bürgerinnen und Bürger sowie die gesamte Energieunion bedeuten. Von nun an müssen alle Gaspipelines aus Nicht-EU-Ländern, einschließlich Nord Stream 2, an die EU-Vorschriften angepasst werden: Zugang Dritter, eigentumsrechtliche Entflechtung, nichtdiskriminierende Tarife und Transparenz. Dies bedeutet eine größere Energieversorgungssicherheit für unseren Kontinent (…).“

    https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20190402IPR34673/erdgas-eu-regeln-gelten-bald-fur-pipelines-mit-ursprung-in-drittlandern. 4.4.2019

    Was nationales Recht sei, was europäisches Recht sei, – das wird – allenthalben – mit je nationalen Interessen gegensätzlich interpretiert. Spätestens, wenn sich jeder Staat Ausnahmen genehmigen lassen will. Übrigens andernorts ist es die BRD, die striktere gemeinsame Regeln in den Außenbeziehungen und in der Sicherheitspolitik öfters mal durchsetzen will. So jedenfalls lautet die Rhetorik der BRD. Gemeint ist offensichtlich – je nachdem – aber hauptsächlich gehts ums nationale Interesse. Die Polen argumentieren auch so. Aber inhaltlich dann mit eher umgekehrter Zielrichtung. Nordstream2 war also kein allein deutsch zuständiges Projekt, erst recht im Zusammenhang mit allerlei salbungsvollem Europa-Verbalismus der Bundesregierung. (Da wird bestimmt jemand nachweisen, dass Verbalismus der falsche Ausdruck ist. Ja Ja.)

    [Übrigens meiner Erinnerung zufolge hat die Schweriner Landesregierung auf dem letzten Drücker (nicht mit eigenem Geld…) eine Stiftung aus dem Boden gestampft, die dann erklärt hat, dass der eigentliche Zweck von nordstream2 der Umweltschutz und der Schutz der Schweinswale sei, denn Tierschutz und Naturschutz, das ist ja das allerhöchste Gut. …]. Das demonstriert einerseits, dass nordstream2 europäisches Recht tangiert hat. Andererseits, wie lässig die BRD als europäische Großmacht damit umgehen kann. (Solch lässige Touren des Durchsetzens würden kleinere EU-Staaten sich vermutlich auch mal für sich wünschen.)

  160. Ich sehe da auch eine Art gesteigerte Militarisierung der Ostsee im Schwunge, weil jetzt werden möglicherweise Polen und andere Staaten NATO-Präsenz fordern, um „ihre“ Pipeline zu schützen.

    Mir war es schon immer ein Rätsel, dass Scholz von einem Tag auf den anderen Nordstream 2 aufgegeben hat.

    Es nicht zu tun, wäre damals schon einer Art Bündnisverweigerung gleichgekommen. Außerdem hat Biden klar gesagt, daß er das zu machen hat.
    Der Krieg richtet sich um die Neuaufteilung der Welt, und da hat die EU schlechte Karten. Vor allem Deutschland soll demontiert werden, wie es aussieht.

  161. Die EU-Staaten beraten immerzu über noch ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland. Dass Russland angeblich Pipelines zerstöre und sicherlich und ganz bestimmt auch kleine Kinder fresse, das passt den Sanktionsbefürwortern doch gut in deren Legitimationszusammenhänge ….

    “Nett” auch die Variante: Wenn immer mehr Spuren in der digitalen Öffentlichkeit Richtung Washington zeigen, dann zeigt das erst recht, wie stark Russland dahinter stecke. Denn das solle die deutsche Bevölkerung verunsichern und die Geschlossenheit zerstören. Also: mehr Geschlossenheit gegen Russland sei Gebot der Stunde. Kann man dafür nicht ein Europa-Jahr für die Indoktrination der europäischen Jugend inszenieren, schlug CDU-Kiesewetter gerade vor. (Den CDUlern steckt die Angst vor Blamage durch Internet-Blogger, Fall Rezo, noch stark in den Knochen…. Und hoffentlich erwischt Rezo dann damit auch die Kriegsrhetorik der Grünen Partei.)

  162. Die Atlantische Allianz hat auch die Anfälligkeit wichtiger Infrastrukturen betont. Dessen Generalsekretär Jens Stoltenberg hat an diesem Mittwoch mit dem dänischen Verteidigungsminister Morten Bodskov über den Schutz strategischer Einrichtungen gesprochen, der Anlass zur Besorgnis eingeräumt hat. „Russland hat eine bedeutende Militärpräsenz im Ostseeraum und wir erwarten, dass sie weiterhin mit den Säbeln rasseln“, sagte der Däne. Kopenhagen wird die Sicherheitsmaßnahmen rund um die Energieinfrastruktur verstärken.

    US-Energieministerin Jennifer Granholm sagte, die EU-Länder und Flüssigerdgastanker müssten angesichts „offensichtlicher Sabotage“ wachsam sein. „Alle müssen in höchster Alarmbereitschaft sein“, sagte er in einem Interview mit der Internationalen Atomenergiebehörde. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnte in Berlin, dass kritische Infrastrukturen in Europa jetzt ein Angriffsziel seien.

    Die Ermittlungen zu den Explosionen – eine davon am Montag entspräche einer Detonation von 100 Kilo TNT – können Wochen dauern. »Sollten die Ermittlungen bestätigen, dass Russland hinter diesen Anschlägen steckt, würde das eine Eskalation der Spannungen zwischen Russland und Europa bedeuten«, sagt Simone Tagliapietra, Energieexperte beim Think Tank Bruegel. Damit sei der Konflikt bereits in eine andere Phase eingetreten, vom bisher geführten Wirtschaftskrieg »hin zu einem hybriden Krieg, in dem die physische Infrastruktur gesprengt wird«, fügt er in einer E-Mail hinzu.

    Derzeit besteht das größte Risiko für Europa darin, dass diese Angriffe auf andere wichtige Infrastrukturen erfolgen, die den Kontinent mit Gas versorgen, wie z. B. die in Norwegen.
    Die Regierung in Oslo plant, ihre Armee in den Öl- und Gasanlagen einzusetzen, wie Premierminister Jonas Gahr Store angekündigt hat. Equinor, die staatliche norwegische Ölgesellschaft, hat außerdem die Alarmstufe in all ihren Einrichtungen – in Büros, Versorgungsstandorten, Hubschrauberstützpunkten, landgestützten Einrichtungen und Schiffen – erhöht und ein Notfallteam für ihre Verarbeitungsanlage eingerichtet Gas. Oslo hat eine »ungewöhnlich hohe« Drohnenaktivität in der Nähe seiner Öl- und Gasinfrastruktur auf dem Festlandsockel festgestellt, hat die Regierung eingeräumt. Im Juli warnte die britische Marine Norwegen, dass sie russische U-Boote vor ihrer Küste entdeckt habe.

    Die Sicherung lebenswichtiger Infrastrukturen wie Telekommunikationskabel oder Gaspipelines, die gegen Unfälle gesichert sind, aber nicht immer die Möglichkeit von Sabotage oder Angriffen berücksichtigen, kann zu logistischen Schwierigkeiten führen. Die Nord Stream-Gaspipelines beispielsweise verlaufen auf einer Länge von rund 1.250 Kilometern zwischen der russischen und der deutschen Küste und durchqueren die Hoheitsgewässer mehrerer Länder.

    (…)

    Das Oberkommando der Bundeswehr hatte laut der deutschen Wochenzeitung „Der Spiegel“ bereits Bedenken über die Möglichkeit von Sabotage im Netz von Stromleitungen und Seekabeln in der Ost- und Nordsee geäußert. Ein Sprecher des Innenministeriums versicherte, derzeit gebe es keine »konkreten Anhaltspunkte« für eine Gefährdung deutscher Energieinfrastrukturen, räumte jedoch ein, dass für alle Schlüsselinfrastrukturen und insbesondere für Energieinfrastrukturen eine »abstrakte Bedrohungslage« bestehe. Diese Einschätzung sei bereits vor der russischen Invasion in der Ukraine vorgenommen worden, fügte er hinzu.

    (El País, 29.9.)

  163. Meines Wissens sind die Eu-Pipelinevorschriften teilweis parallel zur Planung und zum Bau von Nordstream 2 erlassen worden, teilweise mit der Absicht die Pipeline zu verhindern. Ich weiß natürlich, dass es heftige Proteste von anderen EU-Staaten gab, die etwas dagegen hatten, dass Deutschland zum Energieverteiler Europas wird. Das ist eben eine imperialistische Auseinandersetzung und keine Frage europäischer Vorschriften, die übrigens keineswegs immer Deutschland nützen. Siehe: https://www.youtube.com/watch?v=m5XArmJqIjs bei minute 1:30 Warum die Industrie herzkrank geworden ist.

    "Das demonstriert einerseits, dass nordstream2 europäisches Recht tangiert hat. Andererseits, wie lässig die BRD als europäische Großmacht damit umgehen kann."

    Das wurde unter anderem wegen Nordstram zu europäischem Recht gemacht und lässig war der Umgang mit europäischem Recht keineswegs. Die Stiftung in Meckpom hat versucht NS2 trotz US-Sanktionen fertig zu bauen, was ja zeigt in welcher Breduille das Projekt war und dass NS2 nur mit solchen Tricks fertig gebaut werden konnte.

    "Es nicht zu tun, wäre damals schon einer Art Bündnisverweigerung gleichgekommen. Außerdem hat Biden klar gesagt, daß er das zu machen hat."

    Das ist vielleicht der amerikanische Standpunkt, dass es Bündnissverweigerung gewesen wäre. Eine Bündnisverpflichtung hätte Scholz nicht verletzt, zumal NS elemantare deutsche Interessen berührt, was ja jetzt mehr als deutlich wird. Das wusste Scholz und hat das Verlangen Bidens als er in Wahington war auch keineswegs abgenickt. Er wusste aber, dass wenn es zum Krieg kommt NS gegen den Willen der USA nicht zu halten sein wird. Und ich vermute, dass ihm klar war, dass sie das notfalls mit Sabotage durchsetzen.

    "Kann man dafür nicht ein Europa-Jahr für die Indoktrination der europäischen Jugend inszenieren, schlug CDU-Kiesewetter gerade vor." Wo kam das denn? Nicht dass ich Kiesewetter das nicht zutrauen würde.

    Im Moma im Ersten fragt der Reporter: Aber es gibt auch Stimmen, die sich gerade im Netz rasant schnell verbreiten, die sagen: Ja aber Moment ein Interesse (NS2 zu sabotieren) haben könnten auch die USA. Die wollten diese Pipelines nie. Kann man das einfach vom Tisch wischen? Kiesewetter: Nun es schon erstaunlich, dass quasi mit der Zerstörung von 3 der 4 Leitungen zeitgleich im Netz ein sehr gut orchestriertes Video auftaucht, das den Präsident Biden vom letzten Jahr zeigt, wo er eben sagt Nordstream 2 darf nicht ans Netz gehen. etc. Aber das passt auch sehr gut mit der Ankündigung Russlands durch Pipelines in der Ukraine nichts mehr zu leiten. Ich will es sehr klar sagen. Es wird Angst und Schrecken verbreitet. Russland hat auch ein Interesse am Anstieg der Energiepreise, die rasant wieder gestiegen sind diese Woche, die Gaspreise. Und drittens Russland ist ja Eigentümer der Leitungen, kann es auch ein Zeichen an die eigene Bevölkerung sein: Schaut mal, wir werden angegriffen, unsere kritische Infrastruktur wird zerstört, Um quasi Abzulenken von der gescheiterten Teilmobilisierung und auch von Scheiternden Krieg in der Ukraine. Also ich sehe hier ein starkes Interesse auf russischer Seite. Und der Westen muss zusammen stehen, ich kann mir nicht vorstellen, dass ein westliches Land ein Interesse an der Zerstörung hat. Reporter: Also sie haben Indizien und einen Verdacht, der aber ein Verdacht ist, es ist eben noch nicht belegt. Was aber schon klar ist, die Verunsicherung ist da und wir haben eine fast neue Achillesferse entdeckt. Nämlich unsere Verletzlichkeit am Meeresboden. Was bedeutet das denn jetzt. Ist das überhaupt zu schützen, was wir da an kritischer Infrastruktur haben.
    Kiesewetter: Ich glaub es ist für unsere Bevölkerung ganz wichtig, das unabhängig von der Diskussion um Gaspreise, ein ganz großes Interesse besteht an dieser hybriden Kriegsführung die Russland vorantreibt nämlich Verunsicherung. Und auch sehr deutlich zu machen wie verletzlich wir sind. Hier geht es ja auch um Kabelkommunikation, also Telefon und Internetleitungen nach USA nach Skandinavien. Dann ist auch am Wochenende eine Baltische Pipeline eröffnet worden, die von Norwegen nach Polen geht. Die Gaspipeline die zeitgleich eröffnet wurde – um zeigen, schaut mal, jetzt ist das eine zerstört wir können auch das andere. Also kurz und knapp wir müssen uns sehr stark um den Schutz der Infrastruktur kümmern, neue Aufgabe für die Marine….Ich vermute persönlich, auch weil das so orchestriert in Richtung der USA in den digitalen Medien läuft, dass hier ein ganz anderes Interesse dahinter steht – Verunsicherung und dass letztlich Russland das Hauptinteresse an dieser Verunsicherung hat."

    Ein Meister der Nebelgranate. So schamlos auf der Klaviatur des Verdachts zu spielen, das erfordert schon ziemliche Gewissenlosigkeit. Welches "sehr gut orchestrierte Video" soll das denn sein, das zeitgleich mit den Anschlägen im Netz aufgetaucht ist? Das 7 Monate alte Video der FAZ? Ist halt Scheiße wenn der Führer der freien Welt in einer Pressekonferenz das Ende von NS2 ankündigt. Sowas kann halt auch youtube durch Löschung nicht ungeschehen machen. Das  Kiesewetter versucht tatsächlich, die öffentlich dokumentierte Aussage Bidens zu einer hinterhältigen Strategie Russland der hybriden Kriegsführung zu verfabeln. Und nein, Herr Kiesewetter, das passt überhaupt nicht sehr gut zur russischen Ankündigung durch Pipelines in der Ukraine nichts mehr zu leiten, dazu brauchen sie nämlich nur den Gashahn schließen und müssen nicht ihre eigenen Pipelines in die Luft jagen. Wozu will Russland den die Gaspreis oben halten, wenn sie nach Europa gar nichts mehr verkaufen können. Um Abzulenken vom eigenen Misserfolg fügen sie sich einen weiteren Schaden zu? So blöd ist bloß Europa. Meine Herrn, da ist ja ein Argument absurder wie das andere. Auch das folgende Argument: Die Verunsicherung ist da, also hat sie Russland herbeigeführt durch Sabotage. Und wenn Herr Kiesewetter mal schlechte Laune hat, sind dafür sicher auch die Russen verantwortlich. Ja wenn man schon fest davon ausgeht, dass die Russen schuld sind, dann kann man den Pipelinelecks sogar noch eine Botschaft entlocken "jetzt ist das eine zerstört – wir können auch das andere". Könnte man auch auf die USA anwenden.

  164. Abgesehen von allem, was Kehrer über die Begründungen schreibt, so wäre es doch sehr eigenartig aus militärischer Sicht, wenn Rußland so einen Sabotageakt in NATO-Gewässern durchführen könnte.

    Beide Lecks sind, wie man den Bildern und Artikeln entnehmen kann, in schwedischen und dänischen Hoheitsgewässern und können nach allem, was man inzwischen weiß, nicht so leicht mit einem Motorboot und ein paar Robotern zu erzeugen gewesen sein, wie Kehrer einmal vermutet hat.

  165. Der EU gehen offenbar langsam die Sanktionsmöglichkeiten aus, weshalb so Leute wie Alexander Dugin oder die Führer der Separatistengebiete sanktioniert werden sollen, obwohl das total folgenlos sein dürfte. Weder haben sie vor, in die EU auszureisen, noch dürften sie dort Konten oder Sachwerte haben.

  166. "und können nach allem, was man inzwischen weiß," Was weiß man denn inzwischen? Wegen den 100 Kilo TNT? Es gibt stärkere Sprengstoffe als TNT. Und selbst hundert Kilo sind nicht die Welt. Weil alle sagen, dass es ein staatlicher Akteur gewesen sein muss? Überzeugt mich nicht. Es kann auch eine Lenkwaffe gewesen sein. So eine Art Torpedo. Dann muss man noch nicht mal nah ran. 

    @leser: Wahrscheinlich gehört auch die amerikanische Talkshow zur hybriden Kriegführung des Kreml. “If you are Vladimir Putin, you would have to be a suicidal moron to blow up your own energy pipelines,” and “Natural gas pipelines are the main source of your power and your wealth and most critically your leverage over other countries.”
    Sehr schön :).

    “Da war offenbar alles zugegen, was Rang und Namen hat …” LOL. Irgendwann wird da mal ein Film drüber gedreht.

  167. Wo passt es jetzt am besten hin? Der 200 Milliarden Abwehrschirm der Bundesregierung. Immerhin ist jetzt die Gaspreisumlage vom Tisch. 

    "Die Preise für Energie müssen runter – „das ist unsere ganz entschiedene Überzeugung, dafür wird die Bundesregierung alles tun“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner kündigte er am Donnerstag in Berlin einen wirtschaftlichen Abwehrschirm gegen die Folgen des russischen Angriffskrieges an, der die steigenden Energiekosten und die schwersten Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Unternehmen abfedern soll.

    Die Bundesregierung wird dazu den Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds mit 200 Milliarden Euro ausstatten. Dies schaffe die Voraussetzungen, „damit Strompreise, damit Gaspreise sinken – dramatisch sinken – und damit sie von den Bürgerinnen und Bürger und den Unternehmen bewältigt werden können“, sagte Kanzler Scholz.

    Neben der Strompreisbremse, die gerade vorbereitet wird, wird die Bundesregierung dazu eine Gaspreisbremse einführen. Eine Kommission wird in kürzester Zeit konkrete Vorschläge dazu machen. Auf die geplante Gasumlage wird die Bundesregierung verzichten. Sie werde durch die direkte Unterstützung vor allem von drei Unternehmen der Energieversorgung nicht mehr gebraucht, so der Kanzler.

    …Bundesfinanzminister Lindner sagte: „Mit dem Abwehrschirm reagieren wir auf den Energiekrieg um Wohlstand und Freiheit.“ Dieser habe zum Ziel, vieles von dem zu zerstören, was die Menschen sich persönlich über Jahrzehnte aufgebaut haben, was über Jahrzehnte an Strukturen in Mittelstand, Handwerk und Industrie aufgebaut worden ist. Der Beschluss sei eine glasklare Antwort an Putin, aber auch eine Botschaft an die Menschen in unserem Land: „Wir sind wirtschaftlich stark und diese wirtschaftliche Stärke mobilisieren wir, wenn es erforderlich ist."

    https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/abwehrschirm-2130944

    "Die Preise für Energie müssen runter" ist schon mal ein guter Ansatz. Kommt bloß drauf an wie sie das machen wollen. Verstaatlichen der Energieversorger ist in Ordnung. Die Frage ist: Wohin die 200 Milliarden am Ende fließen sollen. Wenn damit die Spekulanten mit Geld zugeschüttet werden sollen, kann sich das als Fass ohne Boden erweisen. Auf jeden Fall muss auch eine Energiemarktreform angestrebt werden.  Wie man sieht, ist noch nicht entschieden, wie das ganze umgesetzt werden soll. Es werden wieder mal Vokabeln und Sprüche in die Welt gesetzt: “Der Doppelwums” und “200 Milliarden Abwehrschirm”. Aber wahrscheinlich weiß kaum einer was sich dahinter wirklich verbirgt. Wer hat das denn ausgerechnet, wieder die Energielobbyistenkumpel von Habeck?

    Und ein neues Leck an NS2 in der schwedischen Wirtschaftszone gibt es auch noch. Möglicherweise an der noch intakten Leitung. Ist aber nur ne Vermutung.

    "Währenddessen berichtet der US-Sender „CNN“ unter Berufung auf europäische Geheimdienste, dass in der Nähe der Lecks die russische Marine gesichtet worden sei. Ob die Anwesenheit der Schiffe etwas mit den mutmaßlichen Sprengungen zu tun hatte, ist bislang unklar."

    Wie? CNN wird von europäischen Geheimdiensten unterrichtet? Wahrscheinlich geben diese Geheimdienste zuerst an CNN und danach an die eigene Regierung weiter.

  168. @Kehrer

    Der britische Geheimdienst gibt irgendwo täglich öffentliche Meldungen heraus, vielleicht machen das andere auch.
    Mir kommt es komisch vor, daß russische Kriegsschiffe in Zeiten wie diesen so einfach in schwedischen Hoheitsgewässern herumkurven können. Weil das wird ja behauptet, und nicht, daß irgendein russischer Fischkutter gesichtet worden sei.

    Die Gasumlage war sowieso ein Schwachsinn, weil wenn die Leute ohnehin wegen der hohen Inflation ihre Rechnungen nicht zahlen können, ist es natürlich eine Schnapsidee, ihnen noch was draufzupacken.
    Daß eine Energiemarktreform gemacht werden sollte, hat unlängst auch Sánchez gefordert, aber ob die EU-Politiker das schaffen, da hab ich so meine Zweifel.

  169. Dass die Gasbeschaffungsumlage Blödsinn ist, haben ja allerorten schon die Spatzen von den Dächern gepfiffen aus verschiedenen Gründen: 1. Von den Gaslobbyisten gestrickt. 2. Von Unternehmen in Anspruch genommen, die an anderer Stelle sich dumm und dämlich verdienen an hohen Energiepreisen. 3. Nicht aufgegeben sogar als klar war, dass Uniper verstaatlicht wird. 4. Unternehmensrettung zur Versorgungssicherheit ist nicht Aufgabe der Gaskunden 5.eine Zwangsabgabe die letzten Endes bei den Spekulanten landet. 6. der Gaspreis wird nicht gedrückt, sondern in die Höhe getrieben durch die unendliche Zahlungsfähigkeit, die durch die Gasbeschaffungsumlage bei den Gasversorgern geschaffen wird. 7. der exorbitant hohe Gaspreis geht in den Kostpreis fast aller Waren ein und treibt die Inflation 8. Der hohe Gaspreis treibt den Strompreis in die Höhe, weil die am teuersten produzierte Kilowattstunde, den Strompreis für alle bestimmt. 9. auch der durch den Gaspreis nach oben getriebene Strompreis geht in den Kostpreis der Waren ein und treibt die Inflation. 10. Der Gaspreis steigt eh und steigt durch die Umlage noch mehr. 11. Auf der einen Seite wird den Gaskunden Geld aus der Tasche gezogen, um einen Konzern zu retten, der für die Gasversorgung wichtig ist und auf der anderen Seite werden Entlastungspakete gestrickt, die bei besonders Armen diese Belastungen wieder abfedern sollen.

  170. „Die Befürworter der Zeitenwende kritisieren die Ex-Regierung:
    für billige Energie deutsche Macht aufgegeben“

    Online-Diskussion.  Veranstalter: SG
    am Dienstag | 4. Oktober 2022 | von 19:15 Uhr bis 21:45 Uhr

    Lesetipp: „Mehr deutsche Macht – das nationale Grundbedürfnis, dem Politik und Volk gefälligst gerecht werden sollen“
    in: GegenStandpunkt 3-22, erhältlich im Buchhandel und direkt beim Gegenstandpunkt-Verlag,
    abrufbar unter: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/mehr-deutsche-macht

    https://sozialistische-gruppe.de/die-macher-der-zeitenwende-kritisieren-ihre-vorgaenger-und-ihr-volk-fuer-billige-energie-deutsche-macht-aufgegeben/#more-312

    Anmeldung zur Online-Diskussionsveranstaltung per Discord. Link zur Teilnahme (nach Betätigung des Link im Register „Voice Channels“ auf „General“ klicken):
    https://discord.gg/2mQNqCnN

  171. Zerstörte Pipelines, seltsame Allianzen

    Während in Europa klar zu sein scheint, wer Nord Stream gesprengt hat, Putin nämlich, vernimmt man aus den USA andere Stimmen. Dort gelten Polen, die Ukraine und die USA selbst als verdächtig.

    https://overton-magazin.de/kolumnen/transatlantic-mediawatch/zerstoerte-pipelines-seltsame-allianzen/

     Interessant auch die Kommentare, wo u.a. eine Verlautbarung von Gazprom, dass eine Röhre der NS2 unbeschädigt sein soll und die Löschung von Sikorskis Tweet behauptet werden.

    ————————————————————————–

    THE BORNHOLM BLOW-UP REPEATS THE BORNHOLM BASH — POLAND ATTACKS GERMANY AND BLAMES RUSSIA

  172. Die Ostsee gehört zu den am besten überwachten Seegebieten überhaupt – zumal nach der Eskalation der Spannungen mit Russland wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine. Alle Anrainer beobachten den Schiffs- und Flugverkehr mit Sensoren, und es gibt dabei auf deutscher Seite hoch entwickelte Fähigkeiten.

    So werden Bewegungen von Fahrzeugen im Wasser verfolgt, indem die akustische Signatur aufgenommen und mit einer Datenbank abgeglichen wird. Die Marine erstellt aus all diesen Informationen ein "Unterwasserlagebild", das allerdings bei der Beobachtung gegnerischer U-Boote auch an Grenzen stößt.

    Wie leicht wäre eine absichtliche Beschädigung?

    Sprengungen unter Wasser sind nicht schwer, vor allem wenn es – wie in der Ostsee – nicht um große Tiefen geht. Militärtaucher aller Nationen sind darin geübt. So werden Seeminen eines möglichen Gegners in der Regel unter Wasser kontrolliert gesprengt, nicht entschärft. Auch zivile Sprengschulen bieten eine solche Ausbildung an, ebenso Zivilschutzbehörden wie im Falle Deutschlands das Technische Hilfswerk (THW).

    Prinzipiell ist aber bei einer Pipeline mindestens noch ein zweites Verfahren zur Zerstörung denkbar, sagen Technikexperten. Die Röhre wird mit einem »Molch« gewartet, einem ferngesteuerten Reinigungsroboter, der mit Sprengstoff bestückt werden kann, sofern Täter Zugang zu dem System haben.

    https://industriemagazin.at/news/nord-stream-explosion-was-bekannt-ist-was-nun-geschieht/

    Ich halte es auch für möglich, daß bereits beim Bau dieser Pipelines ein oder mehrere Agenten zugegen waren, die für alle Fälle ein Szenario der Zerstörung vorbereitet haben.

  173. @Phineas

    Es ist auch in Europa nicht ganz klar.
    Kommentatoren im österreichischen Fernsehen erwähnen verschiedene Verdächtige, und einer wies darauf hin, daß die Beschuldigung Rußlands vor allem von Polen und der Ukraine ausginge.
    Sikorskis Tweet hat offenbar vor allem den polnischen Politikern Unbehagen verursacht.

  174. Der oben vergessene Link zum Beitrag

    THE BORNHOLM BLOW-UP REPEATS THE BORNHOLM BASH — POLAND ATTACKS GERMANY AND BLAMES RUSSIA :

    http://johnhelmer.org/the-bornholm-blow-up-repeats-the-bornholm-bash-poland-attacks-germany-and-blames-russia/

    Pepe Escobar schlägt ins selbe Horn wie John Helmer:

    Germany and EU have been handed over a declaration of war:

    "The crucial vector is that we may be facing the case of a EU/NATO member involved in an act of sabotage against the number one EU/NATO economy. That’s a casus belli. Outside of the appalling mediocrity and cowardice of the current administration in Berlin, it’s clear that the BND – German intel – as well as the German Navy and informed industrialists sooner or later will do the math."

    https://www.presstv.ir/Detail/2022/09/28/690009/Germany-EU-have-been-handed-over-declaration-of-war

  175. Wenn das alles stimmt, so war da ja wirklich viel los um diese Insel Bornholm – die, wie ich jetzt erst nachgeschaut habe, dänisch ist, obwohl sie vor der schwedischen Küste liegt.

    Also auch während des Verlegens der Rohre wurde das alles genau von Dänemark und Polen überwacht, möglicherweise auch von dem damals noch nicht formell der NATO angehörenden Schweden.

    Das alles liest sich wie die Chronik einer angekündigten Hinrichtung.

    Der russische Ökonom und Eurasier Chasin meint, die USA bedienen sich der Ukraine – und Polens – um die EU – als Rivalen – zu ruinieren.
    Da sei der Gaskrieg eine essentielle Waffe. Wenn nämlich Deutschland das US-LNG kaufen muß, das in Europa um ein Mehrfaches des US-Inlands-Gaspreises verkauft wird, so verliert es seine Wettbewerbsfähigkeit und seine Industrie, die teilweise in die USA abwandern wird.

    Man muß dazusagen, das Problem ist auch durch die Liberalisierung des Energiemarktes in der EU angeheizt, die es überhaupt ermöglicht, die Gaspreise so in die Höhe zu treiben.

  176. Die Alternative mit dem Molch halte ich für sehr unwahrscheinlich. Bis jetzt habe ich nur von 2 Molchschleusen gelesen und zwar an beiden Enden. Davor gibt es zwei gigantische Absperrventile:

     Die Absperrventile wiegen jeweils 102 t, sind 10,4 m hoch, bis zu 4,1 m breit und gehören zu den schwersten Absperrarmaturen der Welt. Sie wurden speziell für die Nord Stream-Pipeline entwickelt und von einem italienischen Unternehmen produziert. Jeweils zwei dieser Absperrschleusen wurden am russischen Startpunkt und am deutschen Endpunkt der Nord Stream installiert.

    Ohne Schleuse bekommt man keinen Molch in die Leitung.  Das wäre einfach viel zu kompliziert.

    Ich halte es auch für möglich, daß bereits beim Bau dieser Pipelines ein oder mehrere Agenten zugegen waren, die für alle Fälle ein Szenario der Zerstörung vorbereitet haben.

    Was heißt “zugegen”? Wo? Auf dem Verlegeschiff? Da läuft ja alles automatisiert ab. Die Schwachstellen kennen die USA wahrscheinlich, sodass da niemand unbedingt auf dem Verlegeschiff sein muss.

    Das alles liest sich wie die Chronik einer angekündigten Hinrichtung.
    Der russische Ökonom und Eurasier Chasin meint, die USA bedienen sich der Ukraine – und Polens – um die EU – als Rivalen – zu ruinieren. Da sei der Gaskrieg eine essentielle Waffe. Wenn nämlich Deutschland das US-LNG kaufen muß, das in Europa um ein Mehrfaches des US-Inlands-Gaspreises verkauft wird, so verliert es seine Wettbewerbsfähigkeit und seine Industrie, die teilweise in die USA abwandern wird.

    Ja. Das liegt auf der Hand bzw. das ist schwer von der Hand zu weisen.
    Phineas Zitat von Pepe Escobar halte ich auch für das Entscheidende. Die Sabotage an den Nordstream-Pipelines sind von der Zielrichtung her, ein Kriegsgrund, wären es, wenn die Urheber zweifelsfrei bekannt wären. Sie zielen direkt auf den Kern der wirtschaftlichen Macht der BRD bzw. von Europa.

    Jedenfalls ist klar, dass die Abhängigkeit von amerikanischem Gas weitaus zerstörerischer wirken wird, als die von russischem. Es ist wirklich fatal, dass die USA in Polen und der Ukraine so willige Handlanger findet.

  177. @Kehrer

    Was heißt “zugegen”? Wo?

    Das muß nicht vor Ort sein, sondern irgendwo in einer der Firmen, die mit dem Bau und der Verlegung befaßt waren. Das war ja, was ich weiß, ein Konsortium von Wintershall, Gazprom, OMV usw.

    Es ist wirklich fatal, dass die USA in Polen und der Ukraine so willige Handlanger findet.

    Diese beiden Staaten rechnen sich halt für ihre nationale Größe und in Rivalität zu den anderen größeren Players – und deren Hinterhof – einen Gewinn aus.
    In GB war das beim Brexit schon mitgedacht: Man macht mit den USA, Kanada und Australien eine Art Front gegen die Kontinental-EU.
    Polen wiederum verkörpert die Ressentiments des als Hinterhof behandelten ehemaligen Ostblocks gegenüber der angemaßten Führungsmacht Deutschland. Da kann man dann auch noch alte Rechnungen aus der Schublade holen, aber das ist nachrangig. Zunächst hat es das wiedervereinigte Deutschland als Frontstaat abgelöst und ist auf dieser Schiene weiter in eine vermeintlich leuchtende Zukunft unterwegs.

    Ich erinnere wieder einmal an die Ereignisse rund um die Zypern-Enteignungen 2013: Dort wurden Einlagenbesitzer und Anteileigener, also Aktionäre, enteignet.
    Man weiß bis heute nicht, wer das war. Gezeigt wurde auf die Russen: Die kann man ja ruhig enteignen, deren Geld ist sowieso unrechtmäßig erworben und daher auch unrechtmäßig eingezahlt.
    Das war schon ein Menetekel für die jetzigen Enteignungen, das aber von den russischen Verantwortlichen nicht ernst genug genommen wurde. Russisches Eigentum kann problemlos konfisziert werden!

    Hinter den Kulissen wurde da vermutlich viel Geld hin und her geschoben, nachweislich über Londoner Banken.

    Wer aber waren die Aktienbesitzer?
    Zypern war britische Kolonie und sein Banksektor ein Petrodollar-Umschlagplatz und eine Außenstelle der City.
    Man kann also mit gutem Grund annehmen, daß davon britisches Eigentum betroffen war.

    Der Gegensatz zwischen der von Deutschland dominierten Festlands-EU und GB ist also auch schon älter.

  178.  die Zypern-Enteignungen 2013: Dort wurden Einlagenbesitzer und Anteileigener, also Aktionäre, enteignet.

      Als im März 2013 der Konkurs mehrerer Banken, insbesondere der größten Institute Bank of Cyprus und Laiki Bank, drohte und damit ein Staatsbankrott der Republik Zypern, musste die EU mit einem Rettungspaket zur Hilfe kommen. Nach einer am 25. März 2013 getroffenen Vereinbarung werden der Republik Zypern 10 Milliarden Euro von internationalen Geldgebern zur Verfügung gestellt. Die Bedingung für diese Rettungsaktion war, dass erstmals in einem Gläubigerbeteiligungs­verfahren die Gläubiger der Banken zwangsweise an der Rettung der Institute zu beteiligen seien. Es wurde vereinbart, dass Anlegern mit Guthaben von über 100.000 € ein Teil ihrer Forderungen gestrichen wird – bei der Laiki Bank bis zu 50 %, bei der Bank of Cyprus bis zu 30 %. Die zuletzt zahlungsunfähige Laiki Bank soll abgewickelt, die Bank of Cyprus restrukturiert werden. (Wikipedia)

    Na ja. Die Anleger wurden teil-enteignet wenn sie über 100 000€ gebunkert hatten. In der BRD geht die Einlagensicherung auch nur bis 100 000€. Und bei einem Bankencrash wäre die Frage gewesen, ob die Gläubiger überhaupt was kriegen. In ner bankrotten Bank ist ja nichts zu holen. Deshalb sehe ich da keinen Grund für Racheaktionen der Briten.

  179. Ich gebe zu, ich habe nicht das Endergebnis vor Augen gehabt, sondern die ganze Debatte davor. Und es ist den Briten klar geworden, daß sie für die Euro-Rettung ins Gebet genommen werden, obwohl sie ihn nie wollten.
    Mit Rache hat das nichts zu tun, sondern von da ab wurden die Stimmen lauter, die sagten: Weg von der EU!

    Der Tonfall ist erst nach dem Brexit schärfer geworden, wo man in Brüssel an GB ein Exempel statuieren sollte, damit ja nie wer aus dem feinen Klub wegläuft. Da wurde dann ein Gegenkonzept entwickelt und das sieht eben so aus wie oben entwickelt.

    Das heißt ja nicht, daß die Sache gut ausgeht für perfidious Albion, aber das ist halt jetzt einmal der Kurs, den die letzten britischen Regierungen eingeschlagen haben und die die jetzigen Schreckschrauben weiter verfolgen wollen.

  180. Ok. Dann würdest du die Teilenteignung bei der Rettung zypriotischer Banken eher als Startpunkt einer Entwicklung sehen hin zu einem Gegensatz zu Zentraleuropa .

  181. In diesem höchst lesenswerten Beitrag bezieht sich Pepe Escobar direkt auf die Hypothesen von John Helmer (siehe oben)

    Who profits from Pipeline Terror?

    Secret talks between Russia and Germany to resolve their Nord Stream 1 and 2 issues had to be averted at any cost.

    This hypothesis is eminently sound and looks to be based on information from Russian intelligence sources. Of course, Moscow already has a pretty good idea of what happened (satellites and electronic monitoring working 24/7), but they won’t make it public.

    The hypothesis focuses on the Polish Navy and Special Forces as the physical perpetrators (quite plausible; the report offers very good internal details), American planning and technical support (extra plausible), and aid by the Danish and Swedish militaries (inevitable, considering this was very close to their territorial waters, even if it took place in international waters).

    The hypothesis perfectly ties in with a conversation with a top German intelligence source, who told The Cradle that the Bundesnachrichtendienst (BND or German intelligence) was “furious” because “they were not in the loop.” 

    Of course not. If the hypothesis is correct, this was a glaringly anti-German operation, carrying the potential of metastasizing into an intra-NATO war.

    It’s no wonder the Germans are absolutely mum; no one from the German government, so far, has said anything substantial.

    Now for the Big Picture. Pipeline Terror is part of a Straussian offensive, taking the splitting up of Russia and Germany to the ultimate level (as they see it). Leo Strauss and the Conservative Movement in America: A Critical Appraisal, by Paul E. Gottfried (Cambridge University Press, 2011) is required reading to understand this phenomenon.

    Leo Strauss, the German-Jewish philosopher who taught at the University of Chicago, is at the root of what later, in a very twisted way, became the Wolfowitz Doctrine, written in 1992 as the Defense Planning Guidance, which defined “America’s mission in the post-Cold War era.

    The Wolfowitz Doctrine goes straight to the point: any potential competitor to US hegemony, especially “advanced industrial nations” such as Germany and Japan, must be smashed. Europe should never exercise sovereignty: “We must be careful to prevent the emergence of a purely European security system that would undermine NATO, and particularly its integrated military command structure.”

    https://thecradle.co/Article/Columns/16307

     

  182. Die Grundaussage, dass die Sabotage gegen Deutschland gerichtet ist, halte ich für korrekt.

    All diese teuren Waffen werden von den USA an die EU verleast, damit sie an die Ukraine geliefert werden können. Das Problem ist, dass, was auch immer auf dem Schlachtfeld passiert, am Ende die EU die Rechnungen bezahlen muss.

    Davon habe ich aber noch nichts gehört. Wenn jemand dafür Belege findet, bitte posten.

    Langley will die Straussianer dazu zwingen, die Wiedereingliederung Noworossijas durch Russland zu verhindern und es Polen und Ungarn zu ermöglichen, sich in der Westukraine einzuverleiben, was sie wollen, bevor die gesamte US-Regierung in ein schwarzes Loch fällt.

     Die CIA soll wollen, dass sich Polen und Ungarn die Westukraine einverleibt. Glaube ich nicht.

  183. Ich denke, daß die Idee ist, die Ostukraine zu einer entvölkerten US-Basis zu machen.
    Was mit der restlichen Ukraine geschehen soll, dafür gibt es m.E. noch keine Pläne.

  184. Auch an der Ölfront bleibt die Sache spannend: Die OPEC verkündet Produktionskürzungen.
    Das Öl durch die Druschba-Ölpipeline fließt nach wie vor nach Polen und Deutschland.
    Ab Februar soll sich das ja laut Sanktionen aufhören.

  185. In die EU wurden 77% weniger an russischer Kohle als im Vorjahr geliefert, aufgrund der Preissteigerungen entspricht das aber nur einem finanziellen Rückgang von 23%.

    "Europa kompensiert den Brennstoffmangel, indem es verstärkt teurere und schädlichere Kohle aus Südafrika und Kolumbien kauft. So erhöhte das afrikanische Land die Lieferungen auf 1,6 Millionen Tonnen (eine 3,4-fache Steigerung) und das südamerikanische auf bis zu 2,6 Millionen Tonnen (eine 2-fache Steigerung).
    Allerdings sind die Importpreise aus diesen Ländern wesentlich höher. Wenn China also russische Kohle mit einem Rabatt von 40 % für 130 Dollar pro Tonne kauft, zahlt Europa etwa 300 Dollar für eine ähnliche Ressource aus Afrika und Südamerika, sagte Sergey Grishunin, ein Experte der Russischen Ölagentur."

    (KP, 13.10.)

  186. Der deutsche Gaspreisdeckel und die Vorschläge der Expertenkommission:
    Im Dezember soll ein Abschlag erstattet werden und zwar der von September, dass man nicht noch schnell den Abschlag erhöhen kann. In Januar und Februar soll dann nichts gezahlt werden und ab März soll der Preis auf 12cent für 80% des Vorjahresverbrauchs gelten, damit Gas gespart wird. Also muss ich jetzt bis Dezember  solange noch der alte Preis gilt die Heizung voll aufdrehen und mehr heizen als nötig, damit ich dann im nächsten Jahr nicht über 80% des Vorjahresverbrauchs komme. Im Januar und Februar ist dann frieren angesagt, weil in diesen Monaten ist es am kältesten, dort entsteht ca. die Hälfte des Jahresverbrauchs und bei 4-6 fachen Preis kann sich das ja kaum jemand leisten. Meine Abschläge sind noch auf Vorjahresniveau, ich gehe also praktisch leer aus. Abgesehen von meiner Situation scheint mir das auch wieder ein Schuss in den Ofen, der weder zum Gassparen führt noch zu einer wesentlichen finanziellen Entlastung. Hier haben wir auch wieder das Paradox, dass zuerst wenig gegeben wird, um dann wieder extra abzugreifen. Bei der Industrie gilt dagegen der Deckel ab Januar. Angeblich weil die Berechnung für Privatkunden so lange dauert, obwohl auch die Abrechnung bei Privatkunden erst nach einem Jahr erfolgt. 

    Einen europäischen Preisdeckel soll es für Gas nicht geben, weil Deutschland befürchtet, dann nicht genügend Gas zu erhalten, weil die Asiaten sonst das Gas wegkaufen. Einen gemeinsamen Gaseinkauf soll es aber geben. Man hätte es erstmal mit dem Preisdeckel probieren sollen und schauen wies läuft. Es soll aber einen Preisdeckel nur für russisches Gas geben, was nur dazu führt, dass das russische Gas in ein anderes Land fließt, dort auf einen Flüssiggastanker gepumpt wird und in Europa teuer verkauft wird.

  187. Soweit ich diese Debatte über die Deckelung von Energieträgern verfolge, kommen die über das Vorschlagsstadium nicht hinaus, oder?
    Also beschlossen ist bisher nix.

  188. Welchen Gasdeckel meinst du? Den innerdeutschen gibt es sicher irgendwann in irgendeiner Form.

    Der europäische Gaspreisdeckel wird noch verhandelt. Wenn dann wird es ihn für russisches Gas geben für alle anderen nicht, weil z.B. Deutschland und Norwegen dagegen sind. Über den gemeinsamen europäischen Einkauf von Gas scheint jedoch Einigkeit zu herrschen. Beschlossen ist noch nichts. Ich würd mich aber nicht drauf verlassen, dass es nur Gerede bleibt. Der gemeinsame Einkauf nützt allen – deshalb sehe ich da gute Chancen.

  189. "Der europäische Gaspreisdeckel wird noch verhandelt"

    "Im Ziel – die Preise müssen runter – sind sich die 27 EU-Länder einig, nicht jedoch bei der Frage, wie. 15 Länder wünschen sich einen gemeinsamen Preisdeckel für Gas, Deutschland ist dagegen. Man befürchtet, dass die Schiffe mit dem begehrten Flüssigas abdrehen und andere Häfen anlaufen, sobald die EU einen Preisdeckel verhängt. Die Niederlande teilen die Bedenken.

    Doch dass die Deutschen einen Höchstpreis für die EU blockieren, die absurd hohen Marktpreise aber nun mit einem 200-Milliarden-Paket für die eigenen Verbraucher und Unternehmen subventionieren wollen, empörte sogar Länder wie Estland oder Litauen, die Deutschland sonst wohlgesinnt sind."
    https://taz.de/Informeller-EU-Gipfel-in-Prag/!5884230/

    Wenn mit "Gaspreisdeckel" tatsächlich angestrebt wird, daß alle EU-Staaten allen Gasanbietern sagen, wenn ihr euer Gas nicht billig an uns verkaufen wollte, dann kaufen wir es eben nicht!! Dann wird die EU eben kein Gas kriegen. Es ist doch eine völlige Überschätzung der eigenen Nachfragemacht, daß die EU den Anbietern ein Preisdiktat machen könnte.
    Also müssen alle Staaten eben den Gaspreis zahlen, den die jeweiligen Anbieter aufrufen. Dann werden einige Staaten relativ viel Gas kaufen können, andere werden mächtig sparen müssen und sich mit weniger Gas zufrieden geben.

    Aber mit Sicherheit werden sie nicht ohne Murren zusehen, daß Deutschland ihnen erst riesige Mengen vor der Nase wegkauft (und damit den Preis natürlich nicht senkt sondern hochtreibt), und dann den eigenen nationalen Gasverbrauchern das Leben leichter zu machen, in dem es den Verkaufspreis im Lande massiv runtersubventioniert. Denn so wie Deutschland kann das eben kein anderer Staat. Und gleichzeitig verhindert, daß die EU auch riesige Schulden aufnimmt, um die anderen schwächeren Staaten ebenfalls zu subventionieren.

  190. "Es ist doch eine völlige Überschätzung der eigenen Nachfragemacht, daß die EU den Anbietern ein Preisdiktat machen könnte."

    Woher weißt du das denn? 

    "Also müssen alle Staaten eben den Gaspreis zahlen, den die jeweiligen Anbieter aufrufen."

    Nein. Das wäre so, wenn die Gaspreise in der Nähe des Produktionspreises liegen würden. Das tun sie aber nicht. Sie liegen weit darüber. Und warum tun sie das, weil unter anderem die Europäer sich gegenseitig die Preise hoch treiben. Wenn diese Konkurrenz durch gemeinsamen Einkauf ausgeschaltet wird, gehen die Preise runter. Das ist k e i n Preisdiktat, denn Konkurrenz gibt es immer noch, bloß halt keine zwischen europäischen Staaten.

    Es sind zwei Dinge im Gespräch: 1. Gasreisdeckel 2. Gemeinsamer Einkauf

    Beim Gaspreisdeckel käme es auch auf die Höhe an. Das heißt nämlich gar nicht, dass das Gas dann "billig" verkauft wird – nur halt nicht zu Mondpreisen wie im Moment. Und bei einem guten Europreis ist nicht ausgemacht, dass die Verkäufer so ein Angebot ablehnen.

    2. gemeinsamer Einkauf ohne Deckel: Diese Möglichkeit scheint konsensfähig und auch sie würde zu besseren Preisen führen als bisher.

    Murren tun die anderen europäischen Staaten ja jetzt schon Und Deutschland kauft ihnen schon die ganze Zeit das Gas unter der Nase weg.

     "Und gleichzeitig verhindert, daß die EU auch riesige Schulden aufnimmt, um die anderen schwächeren Staaten ebenfalls zu subventionieren."

    Hast du deinen verlinkten Artikel gelesen?

    Eine Möglichkeit deutete Scholz aber schon an: Es gebe ja noch den EU-Recovery Funds der in der Corona-Pandemie als Wiederaufbauprogramm wieder aufgelegt worden war. Eigentlich mit dem Ziel Europa grüner, gesünder und digitaler zu machen. Doch von den 800 Milliarden Euro sind erst 200 Milliarden ausgeben. Die verbliebenen 600 Milliarden könnten also jetzt dazu genutzt werden um Gaspreise in Europa zu subventionieren.

  191. "Die verbliebenen 600 Milliarden könnten also jetzt dazu genutzt werden um Gaspreise in Europa zu subventionieren."

    Das wird sich zeigen, ob das noch steht. Bisher hat jedenfalls kein Staat lauthals nach diesen schönen Milliarden geschrien.

  192. Wenn wir schon beim Gas sind.

    Russland hat gestern vorgeschlagen eine neue Gaspipeline in die Türkei zu bauen, dort einen Gas-Hub/Gasumschlagpunkt und eine Börse zu errichten, die Europa beliefert.

    Heute nun kommt schon die positive Antwort Erdogans:

    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Bau neuer Gasinfrastruktur in der Türkei für die Weiterverteilung russischer Lieferungen angeordnet. Die Vorbereitungen würden die Türkei und Russland gemeinsam treffen, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu.

    Er und Russlands Präsident Wladimir Putin hätten das türkische Energieministerium und die zuständige Stelle in Russland aufgefordert, gemeinsam daran zu arbeiten, sagte Erdogan auf dem Rückflug vom kasachischen Astana.

    Erdogan sagte, die Behörden beider Länder würden zusammenarbeiteten, um den besten Standort für ein Gasverteilzentrum zu ermitteln. Es habe den Anschein, dass der türkische Teil Thrakiens an der Grenze zu Griechenland und Bulgarien der beste Standort sei. "Zusammen mit Herrn Putin haben wir unser Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen und die zuständige Institution auf russischer Seite angewiesen, zusammenzuarbeiten", sagte Erdogan. "Sie werden diese Studie durchführen. Wo auch immer der geeignetste Ort ist, werden wir hoffentlich das Verteilungszentrum einrichten."

    TurkStream statt Nord Stream

    Nach dem Lieferstopp durch die mittlerweile durch Explosionen schwer beschädigte Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland hatte Putin die Idee ins Spiel gebracht, mehr Gas durch die bestehende TurkStream-Gaspipeline zu exportieren, die von Russland durch das Schwarze Meer in die Türkei verläuft. Aber es könne auch noch eine Pipeline gebaut werden.

    "Wenn die Türkei und unsere potenziellen Käufer Interesse haben, könnten wir den Bau noch einer Gasleitung und die Schaffung eines Gas-Hubs in der Türkei in Betracht ziehen für den Verkauf in Drittländer, vor allem in Europa", bot Putin Erdogan der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge an. Darüber hinaus könnte in der Türkei auch eine Gasbörse zur Preisermittlung entstehen.

    Unverständnis in der EU

    Die Route durch die Türkei sei "aktuell der sicherste Lieferweg". Erdogan soll dem zugestimmt haben. Das Gaszentrum könnte laut Erdogan in der westtürkischen Region Thrakien, in der Grenzregion zu Griechenland und Bulgarien entstehen.

    In der EU trifft das Vorhaben auf Unverständnis. Ein derartiges Projekt mache keinen Sinn, da Europa ohnehin seine Abhängigkeit von russischem Gas verringern wolle, erklärte etwa das französische Präsidialamt.

    Das geht ja schneller als das Brezelbacken. Tja, eine weitere Ohrfeige für Deutschland, das jetzt statt selbst europäischer Gasverteiler zu werden, von der Türkei abhängig sein wird – welche Schmach. Und Frankreich macht einen auf "der Fuchs und die Trauben".  Und alles, weil Deutschland nicht die Eier hat bei den Sanktionen der USA zu widersprechen. Abhängig ist die BRD so und so, bloß wird sie in Zukunft auch noch von der Türkei abhängig sein.

    Auch interessant, aber schon älter: Türkei verdoppelt Ölimporte aus Russland

  193. Auch jetzt wird ja russisches Flüssiggas gekauft, Spanien ist da ganz vorne oder war es zumindest im Sommer.
    Die Türkei wird das dann einfach umetikettieren, und über Transit kommt das dann als türkisches oder aserbaidschanisches Gas in die EU …

    Ich bin neugierig, was da alles herauskommen wird.

    Um so ein Szenario zu verhindern, gab es ja schon einen Anschlagsversuch auf den russischen Teil von TurkStream, und irgendein Zertifizierer oder Versicherer hat sich von TurkStream zurückgezogen, was aber nicht viel geändert hat.

    Ich erinnere dran: An TurkStream hängen bisher Bulgarien, Serbien, Ungarn, Rumänien, Kroatien und ich glaube auch Mazedonien.

  194. „Die Türkei hat bewiesen, dass sie die zuverlässigste Route für Gaslieferungen nach Europa ist, dank Ihrer festen Position zur Unterstützung des Baus von TurkStream, obwohl, wie wir gehört haben, ein Versuch unternommen wurde, sie zu sprengen, aber Gott sei Dank ist das nicht passiert und sie funktioniert erfolgreich“, sagte Putin bei einem Treffen mit Erdoğan in der kasachischen Hauptstadt Astana.

    Nach Putins Treffen mit Erdoğan teilte der Kreml mit, dass bei einem vereitelten Anschlag auf die TurkStream-Gaspipeline auf russischem Territorium mehrere Personen verhaftet worden seien, wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtete.

    Genau. Da wird umetikettiert. Und weil das Gas dann vom Tanker kommt, hat man offiziell kein russisches Gas gekauft. 

  195. Allgemeine Schrumpfung in der Eurozone:

    „Die Lähmung Deutschlands bedroht die europäische Wirtschaft

    Die europäische Wirtschaftslokomotive bleibt stehen. Und da sich die Eurozone erkältet, wenn Deutschland niest, blicken die Hauptstädte der wichtigsten Gemeinschaftspartner mit Besorgnis auf alles, was in Berlin passiert.

    Im Moment sind die Aussichten überhaupt nicht vielversprechend. Die 5 großen Wirtschaftsforschungs- und Analyseinstitute des Landes – darunter das renommierte Ifo – haben diese Woche ihre Prognosen für 2024 deutlich gesenkt: Erwarteten sie noch vor einem halben Jahr ein Wachstum von 1,3 %, kürzen sie dieses nun drastisch um mehr als einen Punkt, bis zu 0,1 %.“

    Mit einem Wort, die Wirtschaft Deutschlands schrumpft, das will man aber nicht laut sagen.

    „All dies geschieht in einem klaren Kontext des weiteren Rückgangs, da Deutschland das Jahr 2023 mit einem Rückgang von 0,3 % seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) abschloss, was den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck dazu veranlasste, die Aussichten als »dramatisch schlecht« zu bezeichnen. Die kommenden Monate, in denen erste Zinssenkungen in Sicht sind, werden entscheidend dafür sein, ob es dem Land gelingt, aus der Krise herauszukommen.

    Traktoren-Demos in Berlin. Völlig leere Flughäfen in Frankfurt und Hamburg. Leere Bahnhöfe in München.
    Dies sind nur einige der Bilder, die in den letzten drei Monaten in Deutschland fotografiert wurden, dazu die Forderungen der Gewerkschaften nach einer Wiedererlangung der Kaufkraft der Arbeitnehmer und gleichzeitig wirtschaftliche Lähmung.
    Diese Situation beginnt bereits, das Verhalten im übrigen Europa zu beeinflussen. Nicht umsonst stellt Deutschland immer noch mehr als ein Viertel der Wirtschaftskraft der Eurozone.

    Raymond Torres, Wirtschaftsdirektor der Sparkassenstiftung (Funcas), erklärt: »Die Wirtschaft der Eurozone wächst aufgrund der starken Abhängigkeit und Verflechtung zwischen Deutschland und anderen Ländern wie Frankreich und Italien weniger. … Es ist noch früh zu sagen, was mittelfristig passieren wird, aber kurzfristig sind die Auswirkungen eindeutig negativ«, fügt er hinzu.

    Die wichtigsten internationalen Institutionen – wie der IWF oder die OECD – berücksichtigen bereits den möglichen Ansteckungseffekt. Obwohl Wirtschaftsprognosen in den letzten Jahren angesichts der Vielzahl unvorhergesehener Ereignisse zu einer Art Mutmaßung geworden sind, verdeutlichen alle Prognosen gleichzeitig die bescheidenen Fortschritte von Ländern wie Frankreich und Italien und damit auch der Eurozone selbst.“

    Das ist alles sehr kompliziert und zögerlich ausgedrückt. Mit einem Wort: Die Eurozone ist in Rezession, allen voran Deutschland.

    „Ende Januar prognostizierte der IWF für Paris und Rom ein Wachstum von 1 % bzw. 0,7 % im Jahr 2024, sodaß die Eurozone mit einem leichten Plus von 0,9 % rechnen könnte. Einige Tage später tat die OECD dasselbe und legte Erhöhungen von 0,6 %, 0,7 % und 0,6 % fest. Die beiden Organisationen schätzen die Prognose für Spanien – vorerst weniger stark von Deutschland abhängig – jedoch auf 1,5 %. Ähnliche Prognosen gibt es auch von der Europäischen Kommission. »Spanien ist in einer besseren Verfassung als der Rest der EU“, erklärte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in einem Interview mit EL PAÍS. Doch auch wenn Länder wie Spanien den Zug ziehen, reicht ihre Dynamik nicht aus, um die deutsche Stagnation zu kompensieren. (…)“

    Bis vor wenigen Jahren profitierte die deutsche Volkswirtschaft von der günstigen Energieversorgung aus Rußland und der Auslagerung eines Teils der Produktion in asiatische Länder, vor allem nach China.
    Das heißt, diese Abhängigkeit von Moskau und Peking ist ausgeprägter als die anderer Länder, was in einer Phase des grünen Wandels und in Momenten geopolitischer Spannungen wie der aktuellen zweifellos Konsequenzen hat. Die energetischen Folgen nach Beginn des Krieges in der Ukraine und der Unterbrechung der Gaslieferungen aus Rußland liegen auf der Hand.
    Aber wir müssen auch den Blick auf den asiatischen Riesen richten – den zweiten Nicht-EU-Handelspartner Deutschlands –, um eine Vorstellung davon zu bekommen, welchen Schaden der Exportrückgang und der Krieg auf dem Automobilmarkt in Berlin anrichten, vor allem bei Elektroautos. (…)“

    Deutschland ist dadurch für Investitionen ziemlich unattraktiv geworden …

    (El País, 30.3.)

    Die spanischen Analysten betonen, daß inzwischen Spanien besser dasteht als Deutschland und hoffen, daß Anleger sich in nächster Zeit eher nach Südeuropa orientieren könnten.
    All das unter dem Motto „think positive“, mit dem die negativen Folgen des Ukraine-kriegs und der Sanktionen in mögliche positive Effekte umgewandelt werden sollen.

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