Pressespiegel Mandiner.hu, 5.9. 2024: Ungarns und Südosteuropas Gas- bzw. Energieversorgung

„UNGARN NAHM SEINE ENERGIEVERSORGUNG IN DIE HAND: GAS UND ERDÖL KÖNNEN AUF NEUEN WEGEN NACH UNGARN KOMMEN

Zelenskij wird außerdem dafür einen hohen Preis zahlen …“

Dieser Satz wird im Rest des Artikels nicht erklärt, man kann sich also alles Mögliche dazu denken …

„Es ist nur scheinbar beruhigend, daß Ungarn seit einiger Zeit kein russisches Erdgas mehr über die Ukraine bezieht und daher durch das Ende des ukrainischen Gastransits keinerlei Schwierigkeiten auftreten können. Auch der Umstand, daß die von der MOL in Rußland bestellte Gasmenge derzeit in Ungarn ankommt, heißt nicht, daß alles in Ordnung ist.
All das spielt sich nur an der Oberfläche ab.
Ungarn ist nämlich sehr abhängig von den fossilen Brennstoffen aus Rußland. Aus historischen Gründen beruht auf ihnen der größte Teil unserer Energieversorgung. Diese Abhängigkeit wurde seinerzeit dadurch gleichsam einbetoniert, daß die Pipelines das günstige Gas und Erdöl ausschließlich über die ungarisch-ukrainische (vorher ungarisch-sowjetische) Grenze lieferten. Jahrzehntelang gab es keine andere Gasleitung nach Ungarn.“

Ungarn erhielt seit ca. 1978 Gas über die Sojuz-(„Bündnis“) und die Bratstvo-(„Brüderlichkeit“) Leitungen, die Eingangsstation befindet sich in Beregdaróc nahe der ukrainischen Grenze.

„In den letzten Jahren hat sich die Lage jedoch grundlegend geändert.

Der größte Teil kommt über Serbien

Die im derzeit gültigen langfristigen ungarisch-russischem Gas-Liefervertrag festgelegte Menge reicht aus für den grundlegenden Inlandsbedarf, also für die Versorgung der Bevölkerung. Der 2021 geschlossene Vertrag sieht die Lieferung von 4,5 Milliarden Kubikmeter vor. Davon sollten 3,5 Mrd. über Serbien, 1 Mrd. über Österreich nach Ungarn gelangen.
Inzwischen wird auch diese 1 Mrd. kbm über Serbien importiert.

Österreich betreibt eine Gas-Verteilerstelle im niederösterreichischen Baumgarten, die als „europäische Gas-Drehscheibe“ bezeichnet wird und von wo es das aus Rußland und Norwegen stammende Gas in verschiedene Richtungen verschickt(e).
Inzwischen haben sich aufgrund der ukrainischen Gastransit-Sperre die Richtungen geändert.

„Jenseits dieser 4,5 Mrd. kbm schloß der ungarische Außen(handels)minister Péter Szijjártó später verschiedene Verträge über kleinere Mengen ab, aber all das ist zu wenig zur Befriedigung des – sich übrigens verringernden – jährlichen Bedarfs von 8 Mrd. Kubikmetern. Zur Befriedigung des inländischen Bedarfs wird auch die FSZG Zrt. (Erdgaslieferung gAG) Schätzungen zufolge in diesem Jahr 2024/25 mit 1,7 Mrd. kbm aus heimischer Produktion beitragen. Der Rest muß aus weiteren Importen gedeckt werden.“

4,5 + 1,7 = 6,2
D.h., Ungarn braucht noch 1,8 Mrd. Kubikmeter von irgendwo.

„Beim Import aus Rumänien gibt es noch Luft nach oben“

Rumänien war aufgrund der RGW-Distanz unter Ceausescu seinerzeit nicht mit den alten sowjetischen Erdgasleitungen verbunden, aber seither an TurkStream angeschlossen.
Überhaupt hat seit einigen Jahren ein hektischer Pipeline-Bau in Südosteuropa eingesetzt, der nicht ganz transparent ist, weil niemand an die große Glocke hängen will, daß er über Blue Stream und TurkStream weiter russisches Gas bezieht.
Vor allem die Türkei profitiert als Transitland von diesen Entwicklungen, aber auch Gazprom selbst, die diesbezüglich Serbien zu einem Verteiler-Staat ausgebaut hat.

„Über seine Pipeline-Verbindungen kann Ungarn inzwischen über 6 Nachbarstaaten Erdgas beziehen. Nur an das slowenische Netz hat die Gasfirma FSZG das ungarische Gasnetz noch nicht angeschlossen. Aus Rumänien sollen laut Plan die Kapazitäten noch erweitert werden. Das soll sowohl durch eine Steigerung der rumänischen Inlandsproduktion als auch durch die dort aus östlicher Richtung eintreffenden Gasmengen erreicht werden.“

Rumänien besitzt große Gasvorkommen im Küstenbereich, nahe der Schlangeninsel. Erstens wurde dort bisher nicht viel erschlossen, weil die Konzessionsbedingungen Investoren abschreckten, dann kamen die Kriegshandlungen im Schwarzen Meer hinzu. Jetzt soll dort aber anscheinend doch etwas weitergehen.

Mit der „östlichen Richtung“ wird vornehm umschrieben, daß es sich doch um russisches Gas handeln dürfte, das über Turkstream und inzwischen anscheinend auch über Blue Steam den Balkan, Rumänien, Ungarn und teilweise sogar Italien versorgt.
Auf verschiedenen Karten ist erkennbar, daß sogar die Ukraine aus dieser Richtung Gas bezieht, was die völlige Absurdität dieses Gas-Karussels verdeutlicht, weil es handelt sich um russisches Gas, das anstatt direkt in die Ukraine zu fließen, einen großen Umweg über das Schwarze Meer, die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Moldawien zurücklegt und natürlich auch für die Ukraine das Gas ordentlich verteuert – abgesehen davon, daß dieser Staat jetzt Transitgebühren zahlen muß, anstatt sie wie bisher zu kassieren.

Aus dieser Richtung (also aus Rumänien) soll Ungarn laut dem Übereinkommen aus dem Vorjahr 1-2 Mrd. Kubikmeter erhalten.

Wie aus der Formulierung ersichtlich ist, ist diese Gaslieferung noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Rumänien ist selber nicht sicher, diese Gasmenge tatsächlich an Ungarn liefern zu können.

„Außerdem hat die ungarische staatliche Firma MVM (gAG für Stromversorgung) dieser Tage (d.h., im September 2024) ein Geschäft unter Dach und Fach gebracht, demzufolge sie sich einen Anteil am aserbaidschanischen Schah Deniz-Gasfeld gesichert hat.“

Auch hier ist die Formulierung etwas zweideutig. Ob MVM bzw. Ungarn wirklich Gas von dort erhält und über welche Pipeline und wann, ist offenbar noch keineswegs gesichert.
Das Schah Deniz-Feld ist in Azerbaidschan und von dort wird auch die Transanatolische Pipeline (TANAP) gespeist, die in ihrer Fortsetzung TAP auch seit 2020 Gas nach Griechenland und Italien pumpt.

Diese Pipeline-Projekte wurden bald nach 2014 in Angriff genommen – man merkt, daß viele Politiker und Unternehmen Südosteuropas die Ereignisse in der Ukraine zum Anlaß nahmen, sich pipeline-mäßig von diesem Transit-Land abzunabeln.
Man erinnere sich auch an die geplante South Stream-Pipeline, die von Rußland nach Bulgarien führen sollte. Bulgarien wollte auch ein Gas-Verteiler-Staat werden und damit sowohl Geschäfte machen als auch an Bedeutung gewinnen.
Sowohl die EU als auch die USA untersagten damals Bulgarien dieses Projekt. Die Orescharski-Regierung wurde gestürzt, die Nachfolger bliesen das Projekt ab. Die Türkei sprang in die Bresche, die Pipeline wurde weiter nach Süden verlegt und heute ist die Türkei der große Gas-Verteiler. Aus South Stream wurde TurkStream.

„Der Ausnützungsgrad der kroatischen Pipeline könnte ebenfalls steigen

Das schwimmende LNG-Terminal auf der Insel Krk können Tanker mit Flüssiggas aus der ganzen Welt anlaufen. Von dort kann das Gas über die Pipeline bis zur Raffinierie in Százhalombatta gelangen. Die Leistung des schwimmenden Terminals ist geringer als die des ursprünglich geplanten Terminals auf dem Inselboden selbst.“

Die schwimmende, weil günstigere Variante wurde gewählt, nachdem einer der Investoren ausstieg und deshalb das Projekt jahrelang auf Eis gelegt wurde.

„Eine Erweiterung ist jedoch geplant, sodaß auch aus dieser Richtung der ungarische Import gesteigert werden könnte.“

Das LNG-Terminal in Krk wurde sehr von den USA gepusht, als Alternative zum russischen Gas und sicherem Abnehmer von US-Flüssig(Fracking-)Gas.
Natürlich können ein LNG-Terminal Schiffe aus aller Welt anlaufen, nicht nur aus den USA … Bei LNG gibt es mehr Anbieter als bei einer fix verlegten Pipeline.
Allerdings ist das LNG-Gas deutlich teurer als das Pipeline-Gas, die in diesem Artikel erwähnte Pipeline nach Bosnien scheitert auch wegen dieses Umstands.

„Große Veränderungen beim Gasbezug aus Österreich

Ungarn erhielt in den letzten 1-2 Jahren durch die bisher erwähnten 3 Staaten Erdgas aus russischer und nicht russischer Produktion. Aus der Ukraine erhält es nichts (mehr), und interessanterweise (aus marktwirtschaftlichen Gründen) auch aus Österreich nicht, nämlich durch die HAG-Pipeline, die als Symbol der Distanz zum russischen Erdgas gefeiert wurde und wird.
Ungarn beendete nämlich 1996 mit der Verlegung der HAG-Pipeline, die die österreichischen und ungarischen Netze verband, die Abhängigkeit vom Import aus der Ukraine.
Zumindest dem Prinzip nach.
In Wirklichkeit kam natürlich das russische Gas weiter durch die Ukraine und die Slowakei durch die Brüderlichkeits-Pipeline nach Österreich und von da nach Ungarn.
Von westlicher Richtung kommendes Gas war nämlich bedeutend teurer.

Dieses HAG-Pipeline war nur von West nach Ost geplant und wurde so gebaut – mit dem Ergebnis, daß sie sozusagen still liegt, weil Österreich durch diese Ausrichtung kein Gas aus Ungarn über TurkStream beziehen kann.

„Durch die HAG-Pipeline kam bis 2025 also weiter russisches Gas durch die Ukraine und die Slowakei nach Österreich und von dort nach Ungarn. Eine Alternative soll die TAG-Pipeline bieten, deren Erweiterung geplant ist.“

Die TAG führt von dem Verteiler in Baumgarten nach Italien und Slowenien und transportierte dorthin russisches Erdgas. Man merkt an diesen Pipeline-Verläufen, zu welch einem bedeutenden Gas-Transitland sich Österreich entwickelt hatte – das, was Deutschland mit Nord Stream 2 auf größerer Stufenleiter vorhatte.
In diesem Zusammenhang sind auch die Beschimpfungen von und der Druck auf Österreich begreiflich. Der russische EInmarsch und die Sprengung der Nordstream-Pipelines verwandelte Österreich nämlich in eine Gas-Großmacht in dieser Ecke der EU, was vielen Konkurrenten sauer aufstieß.

„An der ungarisch-slowakischen Grenze fließt das Gas eher aus Ungarn hinaus

Aus nördlicher Richtung könnte Ungarn auch Erdgas über den ungarisch-slowakischen Verbindungsknoten beziehen, aber da ist im Augenblick nix los.
Aus dieser Richtung hätte Ungarn auch (wegen des Umwegs teureres) russisches Gas beziehen können, zumindest bis zu den Zeitpunkten, an dem die durch Polen führende Jamal-Pipeline nicht abgestellt wurde,“

an der Formulierung merkt man, daß es entweder nicht klar ist oder der Autor nicht daran rühren möchte, warum diese Pipeline stillgelegt wurde und wer das veranlaßt hat.
(Oder wurde sie vielleicht gar nicht ganz stillgelegt?)

„oder bis die Probleme bei North Stream auftraten.“

Auch wieder sehr eigenartig formuliert. Die „Probleme“ waren eine Sprengung, die bis heute niemand aufgeklärt hat und das auch nicht will.

„Über diese Pipeline könnte Ungarn aus alternativen Quellen Gas beziehen, wenn in dieses Rohr über Westeuropa oder Polen eintreffendes Flüssiggas aus aller Welt eingefüllt wird.“

Damit wird darauf hingewiesen, daß auch das Flüssiggas aus Rußland kommen könnte.

Vom Standpunkt Ungarns ist jedoch weiterhin das günstigste Gas das, das über Pipeline aus Rußland geliefert wird.

Aus dem Bisherigen geht klar hervor, daß Ungarn inzwischen verschiedenste Möglichkeiten zum Bezug von Erdgas hat, aber alle sind teurer als das russische Gas. Für den Bezug von anderem Gas sind auch oftmals weitere Investitionen notwendig.“

Hier wird offen gelassen, wer die tätigen soll – Ungarn oder das Land, über das das Gas bezogen werden soll.

„Es ist jedenfalls ein Fehler, die durch die Ukraine führenden Pipelines langsfristig abzuschreiben.“

Ein Hinweis darauf, daß in der Ukraine selbst wieder Interesse an dieser Art von Gasversorgung entstehen könnte – erstens wegen des eigenen Bedarfs als auch wegen der Transitgebühren.

„Die Ukraine bleibt auf der Gas-Landkarte

Da der kürzeste Weg von Rußland nach Ungarn über die Ukraine führt und diese Pipeline auch ausgebaut ist, liegt es auf der Hand, langfristig über unser östliches Nachbarland zu importieren. Diese Möglichkeit kann man nicht einfach deshalb vom Tisch fegen, weil die Lage im Augenblick anders ist.
Die Ukraine hat angekündigt, ab dem 1. Jänner 2025 kein einziges russisches Gasmolekül mehr Richtung Westen zu transportieren.

Für die Wiederherstellung des Gastransits durch die Ukraine spricht, daß das russische Gas, das über TurkStream und den Balkan bezogen wird, einen viel längeren Weg zurücklegen muß und auch auf dieser Route politische Risiken in Zukunft nicht ausgeschlossen sind.
Außerdem kam über die Ukraine früher nicht nur das Gas, das über langfristige Verträge geliefert wurde, sondern auch kurzfristig erworbenes Gas zu Marktpreisen.

Die Handelsfirma kennt man, aber man weiß nicht immer, wo das Gas aus der Erde geholt wurde

Die Gas-Alternativen haben gemeinsam, daß ihr Ursprung der Öffentlichkeit nicht immer bekannt ist.“

Der Öffentlichkeit vielleicht nicht, aber dem Käufer anscheinend schon …

„Von Fall zu Fall kennen wir die Länder, aus denen es kommt, die LNG-Terminals, die Pipelines, aber der Verkäufer ist nicht unbedingt identisch mit dem Produzenten.“

Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts.

„Die zwischen den beiden bestehende Geschäftsverbindung legen sie nicht immer offen, zunächst aus geschäftlichen Gründen, aber natürlich besonders in Zeiten der Sanktionen, wo man leicht in den Verdacht geraten kann, die Sanktionen verletzt zu haben. Wie zum Beispiel jetzt. Das ist allerdings derzeit vor allem auf dem Ölmarkt zu beobachten.“

Die Verdächtigen beim Gastransport sind derzeit überschaubarer, weil nur einige Produzenten auch Verflüssigungsanlagen für das Gas haben. Das sind die USA, Rußland, Katar, Australien.
Kanada steigt gerade in den LNG-Markt ein. China verbraucht mehr Gas als es erzeugt, ist also kein Gasexporteur und der Iran hat keine Anlagen zur Verflüssigung von Erdgas.
Saudi-Arabien hat relativ geringe Kapazitäten für LNG, aber ähnlich wie beim Öl nutzt es die Sanktionen gegen Rußland mit Freude, um LNG aufzukaufen und mit dem Ettikett »Made in Saudi Arabia« auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Gaswäsche vom Feinsten. Wenn nicht heute, so sicherlich morgen.
So wäre denkbar, daß ein unter der Flagge von Panama fahrendes Schiff offiziell Flüssiggas aus Saudi-Arabien auf die Insel Krk in Kroatien bringt, das vorher im russischen Norden dieses Flüssiggas geladen und dann an Saudi-Arabien weiterverkauft hat.

„Man muß auch ohne russisches Erdöl leben können

Hoffentlich kommt bald wieder das Öl von Lukoil nach Ungarn, das die MOL bestellt hat, das aber die Ukraine seit Juli nicht mehr nach Ungarn durchläßt. Diesbezüglich laufen Verhandlungen.“

Es geht natürlich – surprise, surprise – um Geld.

„Obwohl im Augenblick 2 andere russische Ölfirmen diese Lieferungen von Lukoil nach Ungarn ersetzen, kann der derzeitige Zustand nicht lange aufrechterhalten werden, weil
die Ukraine die MOL zwingen kann, mit diesen anderen 2 Firmen einen Vertrag abzuschließen, durch den die Ukraine zu höheren Transitgebühren kommt als beim bisherigen Vertrag zwischen MOL und Lukoil.

Obwohl die Ukraine angekündigt hat, ihre Öl-Transitverpflichtungen bis 2029 wahrzunehmen, weiß man nicht, was nachher geschehen wird. Das russische Erdöl fließt durch Kriegsgebiet, was mit Risiken verbunden ist.
Die EU erwartet, daß Ungarn bis 2027 völlig auf russisches Erdöl verzichtet. Allein um der erwähnten Risiken willen ist es im Interesse Ungarns, seine Erdölversorgung zu diversifizieren, um seine Importabhängigkeit zwischen mehreren Importeuren aufzuteilen.“

Auch da läßt sich sicher mit Hilfe Saudi-Arabiens oder Indiens etwas drehen, was natürlich mit Mehrkosten verbunden ist.
Vor allem aber: Wie kommt das Öl ins Land? Ungarn hat keine Häfen und außer der Druschba-Pipeline gibt es wenig andere Ölleitungen in Europa, in Ungarns Nähe schon gar nicht.
Als einzige andere Route bleibt die Adria-Pipeline, die ebenfalls von der Insel Krk nach Ungarn und nach Serbien führt. Dorthin müßte das Öl auch per Tanker kommen, was natürlich die ganze Sache verteuert.

„Es ist einfach, Erwartungen zu hegen

Dieser Umstieg ist jedoch keine rein kommerzielle Entscheidung. Die Raffinerie in Százhalombatta (DuFi, Ungarns einzige Raffinerie) muß dafür eingerichtet werden, anderes Erdöl als das russische zu verarbeiten. Das ist zu 35% bereits geschehen, das nicht-russische Öl kommt aus Kroatien über die Adria-Pipeline. In der Tat, die Betreiberfirma dieser Pipeline, JANAF gibt an, den gesamten Bedarf Ungarns und der Slowakei durch diese Pipeline decken zu können,
aber das Versprechen taugt wenig, solange die beiden Raffinerien (DuFi und die slowakische Slovnaft bei Bratislava) nicht mit voller Kapazität das nicht-russische Erdöl verarbeiten können.

Ende 2025 sind die beiden Raffinerien soweit

Es wird nicht an die große Glocke gehängt, woher die MOL das nicht-russische Erdöl bezieht. Es ist jedoch bezeichnend, daß für die Ölgesellschaft die indische Notierung des russischen Ural-Öl-Rabattpreises maßgeblich ist. Das gab Tamás Pletser, der führende Analyst für den Gas- und Ölmarkt bei der Erste Bank, in einem Gespräch nach dem Kurzbericht der MOL bei der zweiten Vierteljahressitzung an. Hier ist daran zu erinnern, daß Indien nicht als Produzent, sondern als Handelspartner auf dem Ölmarkt aktiv ist.“

Also russisches Öl in indischer Vermittlung.
Indiens Raffinerien kaufen russisches Rohöl auf, verarbeiten es weiter und Ungarn kauft es – wie viele andere europäische Abnehmer – von dort ein. Dann kommt es mit Tankern – rund um Afrika, weil der Suezkanal und das Rote Meer werden aufgrund der Kriegshandlungen von Tankern inzwischen ziemlich gemieden – an die Adria und dort wird das Öl in die kroatische Pipeline eingefüllt.
Nach Indien kommt es übrigens auch auf verschlungenen Wegen, nämlich ausschließlich übers Meer – aus dem Schwarzen Meer, der Ostsee und den Häfen des Fernen Ostens.
Der Ukrainekrieg und die Sanktionen haben den Tankerverkehr in die Höhe katapultiert. Jedes Gerede von klimafreundlichen Maßnahmen wirkt vor diesem Hintergrund lächerlich.

Das Öl, das aus indischen Raffinerien herauskommt, ist offenbar anders beschaffen als dasjenige, was direkt durch die Pipeline ankam, obwohl beides aus Rußland stammt.

„Außerdem ist bekannt, daß im Vorjahr (also 2023) 630.000 Tonnen Erdöl aus Kasachstan kamen. Das gab Péter Szijjártó im November 2023 bekannt. Man hört auch Gerüchte darüber, daß die MOL im arabischen Raum einkauft.
Bei diesem Gespräch (mit Pletser bei der MOL-Sitzung) wurde gesagt,
daß die MOL ab Ende 2026 bereit ist, beide große Raffinerien (DuFi und Slovnaft) über das Meer zu versorgen.

Die Frage ist, ob Ende 2025, wie in der Überschrift behauptet, oder Ende 2026. Bis dahin muß es das Öl offenbar weiter zumindest teilweise über die Druschba-Pipeline beziehen, ukrainische Ansprüche hin oder her.

„Die dafür notwendigen 500 Millionen Dollar begleicht sie aus Eigenmitteln.“

Interessant, daß der Preis in Dollar angegeben wird.
Das wirft einen Schatten auf die Gültigkeit des Euro in der EU.

„Das russische Öl wurde nicht nur politisch riskant, sondern seine Lieferung unterliegt aufgrund des Krieges auch materiellen Risiken.“

Allerdings gilt das für die Tanker inzwischen auch.
Erstens wegen Krieg und Piraterie, zweitens auch wegen des schlechten Zustands vieler der schnell wieder in Betrieb genommenen zusätzlichen Tanker auf den Weltmeeren.

Die Aktionäre nahmen auch zur Kenntnis, daß der Umbau der Raffinerien aus Eigenmitteln und der Kauf von nicht-russischem Öl und Gas, das bedeutend teurer ist, die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens schädigt.“

MOL ist eine staatliche Firma, die auch einen Versorgungsauftrag hat.
So wie in anderen Staaten der EU belastet die Subventionierung der Energie-Infrastruktur den Staatshaushalt.
______________________________

Die in Grau gehaltenen Teile sind Begriffe und Tatsachen, die ich hervorheben will.
Die blau gehaltenen Sätze sind Dinge, die entweder der Verfasser oder der Redakteur des ursprünglichen ungarischen Artikels hervorheben will.

9 Gedanken zu “Pressespiegel Mandiner.hu, 5.9. 2024: Ungarns und Südosteuropas Gas- bzw. Energieversorgung

  1. „EUROPA BRICHT SEINE EIGENEN REKORDE BEIM EINKAUF VON RUSSISCHEM GAS

    Bloomberg berichtete, dass Europa mittlerweile eine Rekordmenge an Flüssigerdgas aus Russland kauft. Nach Angaben von Agenturexperten überstiegen die LNG-Verkaufsmengen diejenigen, die Moskau vor dem 1. Januar durch die Ukraine gepumpt hatte.

    »Die Situation zeigt, wie schwierig es für Europa ist, die Beziehungen zu Russland abzubrechen, das im letzten Jahrzehnt seine Rolle als wichtiger Energielieferant des Kontinents gestärkt hat«, heißt es in dem Artikel der Agentur.

    Laut Bloomberg erleidet die russische Wirtschaft daher keine nennenswerten Verluste durch die Einstellung des Transits durch die Ukraine.
    Sie werden auf 0,2 % des BIP geschätzt. Als Vergleich nennt die Agentur die Ukraine, die durch den Wegfall der Transitgebühren 0,5 % des BIP einbüßen wird.
    Und das sind nur unmittelbare und direkte Verluste für die Ukraine, aber wie viele werden es insgesamt sein?“

    Dabei zielt die KP auf die erhöhten Einkaufsgebühren, die die Ukraine jetzt für den Gasimport zahlen muß – weil das Gas jetzt auf Umwegen, aber erst recht wieder aus Rußland kommt.

    (KP, 7.1.)

  2. „Erdgas in Österreich: Wie Deutschland zur neuen Transitroute wurde und Preise steigen

    Nach dem Ende des Ukraine-Transits wird Erdgas vorwiegend über Deutschland nach Österreich importiert. Neue Lieferwege, steigende Preise und sinkende Speicherstände prägen die aktuelle Situation und werfen Fragen zur zukünftigen Energieversorgung auf. (…)

    (Industrie-Magazin, 9.1.)

    Da die HAG-Pipeline nur einseitig benutzbar ist, bleiben als Alternativen die kroatische Pipeline und die nach Italien.
    Hier wurde offenbar nicht wirklich daran geglaubt, daß die ukrainische Pipeline tatsächlich versiegen wird.

    Die Kapazitäten dieser Pipelines und auch die des LNG-Terminals in Krk sind offenbar begrenzt, sodaß Österreich sich mit dem aus Deutschland kommenden Erdgas behelfen muß, das in Ermangelung anderer Quellen auch aus Flüssiggas gewonnen wird und außerdem einen viel längeren Weg zurücklegen muß.

  3. „Verärgerung in der Slowakei über Gaslieferungen aus dem Westen nach Kiew

    Robert Fico, Ministerpräsident der Slowakei, erklärte, sein Land habe das moralische Recht, den Transit von blauem Brennstoff aus der Alten Welt in die Ukraine zu blockieren. In den sozialen Medien schrieb Fico: »Seit mehreren Tagen fließt Gas durch eine umgekehrte Pipeline in die Ukraine. Ohne dieses Gas wird die Ukraine erfrieren. Lieferanten sind ausländische Unternehmen. Aber wir haben das moralische Recht, über Methoden nachzudenken, um ausländische Lieferungen in die Ukraine im Ausmaß von etwa 7,5 Millionen Kubikmetern pro Tag zu unterbinden.«
    Laut Fico führen derartige Lieferungen dazu, dass der Preis für den »blauen Kraftstoff« auf dem europäischen Markt steigt. Und Europa lässt zu, dass die Ukraine so viel Schaden anrichtet, wie Kiew will.“

    (KP, 12.2.)

    Die EU liefert also über Flüssiggasterminals Gas an die Ukraine, was noch dazu für die Ukraine kostenlos ist, und sie liefert es durch die slowakischen Pipelines, die das Gas aus gleicher Quelle teuer kaufen muß. In der Ukraine kommt es in diejenigen Gasrohre, durch die russisches Gas nicht mehr fließen darf.
    Man kann sich ausrechnen, daß hier größere Inner-EU-Streitereien anstehen werden.

  4. „Die Ukraine kauft weiterhin russisches Gas

    Die Ukraine kauft aktiv Gas von verschiedenen Händlern, ohne auf die Herkunft des Gases zu achten. Dies berichtete der erfahrene Analyst Igor Juschkov in einem Gespräch mit Lenta.ru. 

    Er meint, die wichtigsten Gaslieferanten für Kiew bleiben Ungarn und die Slowakei. Da diese Länder hauptsächlich Gas aus Russland kaufen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Ukraine russisches Gas erhält.
    Juschkow weist darauf hin, dass die Slowakei zuvor Gas über ukrainisches Gebiet erhalten habe. Seit 2025 hat Kiew den Transit jedoch eingestellt und Bratislava kauft nun Kraftstoff über Ungarn. 

    Der Experte betonte, dass sich das Versorgungsschema geändert habe, die Gasquelle jedoch dieselbe geblieben sei. Mittlerweile haben die Gasreserven in den ukrainischen unterirdischen Gasspeichern einen kritischen Tiefstand erreicht. 360.ru schreibt, dass die Lagereinrichtungen praktisch leer seien.
    Ursache waren Schäden an mehreren Energieanlagen. Infolgedessen muss die Ukraine in der Wintersaison 2025/26 rund 6,3 Milliarden Kubikmeter Gas importieren, um das Defizit auszugleichen.

    Auch der erste stellvertretende Vorsitzende des Energieausschusses der Werchowna Rada, Alexej Kutscherenko, sprach über den Kauf russischen Gases. Er wies darauf hin, dass Europa ein einheitlicher Gasmarkt sei, in dem das Substitutionsprinzip gelte. Laut Kucherenko kauft die Ukraine tatsächlich russisches Gas, das über den Turkish Stream nach Serbien und Ungarn geliefert wird. (…)“

    (KP, 22.4.)

  5. „Die wichtigsten Gasimporteure aus Russland unter den nicht-freundlichen EU-Ländern werden benannt (…)

    Im April belegte Ungarn den ersten Platz unter den EU-Ländern bei den Käufen russischen Gases. Laut Eurostat beliefen sich die Importe Ungarns auf 251,9 Millionen Euro, 1,6 % mehr als im März.
    Frankreich, das zuvor führende Land, reduzierte seine Käufe um mehr als die Hälfte auf 230,2 Millionen Euro und belegte damit den 2. Platz. Spanien behauptete den 3. Platz und steigerte seine Importe um 8,5 % auf 153,3 Millionen Euro. Belgien (82,8 Millionen Euro), Griechenland (73,1 Millionen Euro) und die Niederlande (60 Millionen Euro) gehörten ebenfalls zu den größten Abnehmern.
    Italien veröffentlichte wieder Daten und meldete Käufe im Wert von 37 Millionen Euro. Das Gesamtvolumen der direkten russischen Gaslieferungen an die EU sank im April auf 910 Millionen Euro. Dies ist laut Eurostat-Bericht der niedrigste Wert seit August 2023.“

    (MK, 13.6.)

    Ungarn und Griechenland werden über die Turkstream-Pipeline beliefert, der Rest über Flüssiggas-Terminals, was den Preis erhöht.
    Italien hat seine Beziehungen nach Algerien gestärkt und möglicherweise die nach Libyen wiederbelebt, sodaß es Alternativen zum russischen Gas hat.

  6. „Baku liefert Gas über den Balkan nach Kiew

    Naftogaz-Chef Serhij Korezkij berichtete erfreut, dass Kiew die erste Vereinbarung über den Import aserbaidschanischen Gases über den Transbalkan-Korridor abgeschlossen habe.

    Der Manager erklärte, dass das von der SOCAR-Gruppe – SOCAR Energy Ukraine – bezogene Gas über die »südliche« Route über Bulgarien und Rumänien geliefert werde. Bezeichnend ist, dass der »blaue Brennstoff«, den die Ukraine aus Ungarn und der Slowakei bezieht, russischen Ursprungs ist, was Kiew nicht zugeben will.

    Nun kann sich die rebellische Kosakenseele beruhigen – die Janitscharen werden den Duft des Ostens verbreiten.“

    (KP, 29.7.)

    Durch die gleichen Pipelines läuft also russisches und aserbaidschanisches Gas, was alle EU-Beschlüsse über Gas-Importe lächerlich macht. 

  7. „Russland hat die Gasverbindung zwischen Aserbaidschan und der Ukraine angegriffen

    Aserbaidschan hat begonnen, Gas durch ursprünglich russische Pipelines an die Ukraine zu liefern. Russland hat daraufhin vor einigen Tagen eine Gasverdichterstation bei Odessa bombardiert, durch die das Gas fließt. (…)

    Am Freitag haben sich der aserbaidschanische Präsident Alijew und der armenische Ministerpräsident überraschend in Washington getroffen und mit Trump einen Weg zum Frieden verkündet, in dessen Zentrum die Übergabe des sogenannten Sangesur-Korridors für 99 Jahre an eine Betreibergesellschaft aus den USA steht. (…)

    Bisher galt das Verhältnis zwischen Aserbaidschan und Russland als gut, Kritik aneinander gab es in den jeweiligen Medien praktisch nie und auf politischer Ebene wurden demonstrativ gute Verhältnisse gezeigt. Das hat sich endgültig geändert, als im russischen Jekaterinburg vor einigen Wochen eine organisierte kriminelle Gruppe verhaftet wurde, deren Mitglieder aserbaidschanische Wurzeln haben.

    Darauf hat Aserbaidschan sehr heftig reagiert und die aserbaidschanische Polizei hat das Büro der russischen Nachrichtenagentur Sputnik in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku gestürmt und die Journalisten zusammengeschlagen und verhaftet. Auch russische Touristen wurden in Baku willkürlich auf offener Straße festgenommen und die aserbaidschanischen Medien begannen eine anti-russische Kampagne.

    Es ist offensichtlich, dass der Grund für diese Eskalation kaum die Verhaftung einiger aserbaidschanischer Drogenhändler in Jekaterinburg ist, sondern dass es hinter den Kulissen um einen weitaus tiefgreifenderen Streit gehen muss.

    Einen Hinweis darauf, worum es gehen könnte, gab es vor einigen Tagen, denn da hat Russland in Odessa eine Gasverdichterstation bombardiert, durch die seit kurzem aserbaidschanisches Gas in die Ukraine geleitet wird. Ich übersetze hier einen Artikel, der auf einer großen russischen Plattform darüber veröffentlicht wurde.

    ——

    Eine Andeutung an Alijew, dass er die falsche Route ausgesucht hat: Russland hat die Gasverbindung zwischen Kiew und Baku angegriffen

    Podoljaka: „Der Angriff auf die Gasstation in Orlowka ist ein Schlag gegen die Ambitionen Bakus und Kiews.“

    Die nächtliche Serie von Explosionen in der Region Odessa war nicht nur ein weiterer Angriff auf die Infrastruktur der Ukraine, dahinter verbarg sich ein klares Signal an Kiew und Baku. Russische Kamikaze-Drohnen vom Typ »Geranie« haben mehrere Objekte im Gebiet der Siedlungen Orlowka und Nowoselskoje im Bezirk Ismail angegriffen. Laut dem Telegram-Kanal SHOT gehörte zu den wahrscheinlichen Zielen der Angriffe die Gasverdichterstation Orlowka, über die die Ukraine nach vorliegenden Daten unter Umgehung offizieller Kanäle Revers-Gas aus Rumänien, Bulgarien und der Türkei erhielt. (Anm. d. Übers.: Revers-Gas bedeutet, dass das Gas in entgegengesetzter Richtung fließt. Die Pipelines sollten ursprünglich russisches Gas nach Rumänien, Bulgarien und der Türkei pumpen, heute fließt es aber aus den genannten Staaten in die Ukraine.)“

    Die Türkei war ursprünglich nicht Kunde Rußlands, hat sich aber an die bestehenden Pipelines der beiden Staaten angeschlossen, um diese heute über Bluestream und Turkstream zu beliefern. 
    Es handelt sich also um ein aserbaidschanisch-türkisches Co-Projekt zur Versorgung der Ukraine. 

    „Die Station an der Grenze zu Rumänien ist ein zentrales Element der südlichen Gasroute. Über diesen Korridor hat Aserbaidschan kürzlich demonstrativ begonnen, Gas über die sogenannte Transbalkanroute in die Ukraine zu liefern. Das Abkommen zwischen dem ukrainischen Energiekonzern Naftogaz und dem aserbaidschanischen Staatsunternehmen SOCAR war offen politisch geprägt und sollte zeigen, dass eine Umgehung russischer Energieströme möglich ist.“

    Diese Zusammenarbeit muß schon länger in Angriff genommen worden sein, sonst hätte die Ukraine ja nicht den russischen Gastransit am 1. Jänner dieses Jahres stoppen können.
    Die ukrainische Führung mußte sich rechtzeitig alternative Gasquellen sichern, da die Ukraine selbst auch einen hohen Gasbedarf hat. 

    „Obwohl Baku die Absicht bekundete, bis zu 2 Milliarden Kubikmeter Gas zu liefern, deckt diese Menge eindeutig nicht den Bedarf der Ukraine, der auf mindestens 10 Milliarden geschätzt wird. Entscheidend ist hier nicht die Größenordnung, sondern die Demonstration der politischen Position: Aserbaidschan demonstriert Loyalität gegenüber der EU und der Ukraine und nutzt dabei Routen, die an die russische Infrastruktur angebunden sind.“

    Die Frage ist immer noch, woher die restlichen 8 Mrd. Kubikmeter kommen? Vermutlich handelt es sich um russisches Gas, das an Bulgarien, Rumänien und die Türkei geliefert und von dort weiter in die Ukraine verkauft wird, vermutlich mit Aufschlag. Auch diese 3 Staaten machten also Transit-Geschäfte mit der Ukraine, die jetzt durch diesen Angriff torpediert wurden.

    „Die Reaktion Moskaus ließ nicht lange auf sich warten. Der Angriff auf die Station in Orlowka, der die Anlage zumindest teilweise lahmlegte, wurde zu einem symbolischen Akt der Unterdrückung von Versuchen, Gaslieferungen unter Umgehung Russlands aufzubauen. Damit wurde all jenen, die auf alternative Energieprojekte unter Beteiligung Bakus setzen, nicht nur ein physischer, sondern auch ein strategischer Schlag versetzt.“

    Darunter ist auch die Türkei, die vermutlich auch sehr sauer ist.

    „Der Militärbeobachter Jurij Podoljaka bezeichnete diesen Angriff als Doppelschlag sowohl für die Interessen Kiews als auch für die Ambitionen Aserbaidschans. Er machte deutlich, dass die Angriffe seiner Meinung nach noch umfangreicher hätten ausfallen können und beispielsweise die gesamte aserbaidschanische Ölinfrastruktur in der Region Odessa hätten betreffen können. Podoljaka fügte hinzu, dass auf die Zerstörung dieser Anlagen zuvor aus politischen Gründen verzichtet worden sei, die derzeitige Abkühlung der Beziehungen zu Baku mache solche Aktionen jedoch immer wahrscheinlicher.“

    Aserbaidschan hat also eine eigene Öl-Infrastruktur in der Ukraine ausgebaut, vermutlich erst in den letzten Jahren. 

    „»Hätten unsere »Geranien« in Odessa und Umgebung die gesamte aserbaidschanische Infrastruktur für den Empfang aserbaidschanischer Ölprodukte (mit denen ukrainische Panzer und Militärfahrzeuge fahren) zerstört, wäre das toll und eine große Hilfe für unsere Kämpfer und ein großes ,Geschenk’ für unseren ,Freund’ Ilham Alijew gewesen«, schreibt Podoljaka.“

    Rußland bombardiert diese Anlagen in Odessa vermutlich auch deshalb nicht, weil es mit dieser Stadt noch etwas vorhat … 

    „Die Ereignisse im Bezirk Ismail könnten zum Ausgangspunkt für eine radikale Überarbeitung der gesamten Strategie der Energiekooperation zwischen der Ukraine und den Ländern Transkaukasiens werden. Moskau hat die Grenzen des Akzeptablen klar aufgezeigt und gezeigt, dass jeder Versuch, russische Routen gegen seinen Willen zu nutzen, umgehend und hart unterdrückt wird. Sollte Baku weiterhin an zwei Fronten agieren, könnten Angriffe auf die mit SOCAR verbundene Infrastruktur zur alltäglichen Praxis werden.

    In diesem Zusammenhang steht Aserbaidschan vor einer schwierigen Entscheidung: Entweder setzt es die Energieintegration mit dem Westen fort und riskiert damit Vergeltungsmaßnahmen und den Verlust der physischen Kontrolle über die Route, oder es kehrt zu einer vorsichtigeren und neutraleren Position zurück. Für die Ukraine ist der Angriff auf Orlowka ein Alarmsignal, denn zuverlässige und sichere Energieversorgungskanäle werden unter den Bedingungen des Konflikts immer seltener.“

    Die Anlage ist offenbar nicht völlig zerstört worden, sodaß noch Spielraum für Hinterzimmer-Diplomatie gegeben ist. 

    (Anti-Spiegel, 9.8.)

  8. „Ukraine greift Druschba-Pipeline an
    Russisches Öl fließt wieder nach Europa

    Die Ukraine greift Russlands Energieinfrastruktur an, um Treibstoffversorgung und Einnahmen zu stören. Jetzt hat es die Pipeline Druschba getroffen.

    Nach zwei Tagen Unterbrechung fließt wieder russisches Öl nach Europa. Zuvor hatte die Ukraine in der Nacht zum Montag die Ölpumpstation Nikolskoje der Druschba-Pipeline mit Drohnen und »anderem Fluggerät« angegriffen und erheblichen Schaden angerichtet. Einige Tage zuvor war das Tanklager und Pumpwerk Unetscha bei Brjansk attackiert worden. Die Ausfälle russischer Infrastruktur nach ukrainischen Luftschlägen werden immer länger. Zuletzt hatte dies zu Lieferausfällen in Ungarn, der Slowakei und Deutschland geführt.

    Ungarn und die Slowakei beziehen immer noch gut 80% ihres Rohöls über die aus Sowjetzeiten stammende Druschba-Trasse.
    Darüber wird aber auch Erdöl aus dem zentral­asiatischen Staat Kasachstan zur brandenburgischen PCK-Raffinerie Schwedt gepumpt. Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte, dass es am Dienstag kurzfristig zu Lieferausfällen gekommen sei.“

    Man halte sich vor Augen: Die Ukraine bombardiert eine Pipeline, durch die ihr Verbündeter Deutschland kasachisches Öl bezieht.
    Außerdem ist hier auch noch bemerkenswert, wie Deutschland das Problem mit Schwedt gelöst hat – durch die gleiche russische (= böse) Pipeline fließt jetzt angeblich kasachisches (= gutes) Öl. (Ettikett hat das Öl natürlich keines, auf dem steht: Made in Kasachstan):

    „Noch die Ampel-Regierung hatte bei PCK die bisher vom russischen Staatsölkonzern Rosneft gehaltene 54-Prozent-Mehrheit übernommen, nach Russlands Vollinvasion in der Ukraine 2022 jedoch die Versorgung mit russischem Rohöl gestoppt. Kasachstan wurde für Öllieferungen gewonnen. Jetzt wird die »Freundschafts«-Route zum gefährdeten Nadelöhr.“

    Sie „wird“ dazu, nicht: Die Ukraine hat es darauf abgesehen, sie zu kappen.

    „»Das ist nicht unser Krieg. Ungarn muss da rausgehalten werden«, forderte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó auf X.

    Doch dazu dürfte es nicht kommen: Der Angriff auf die Energieinfrastruktur sei gerade vor den aktuell von Kremlchef Wladimir Putin und dem US-Präsidenten Donald Trump diskutierten »Gebietsaustauschen« sinnvoll, sagt der Kyjiwer Polit-Analyst Igar Tyschkewitsch. Denn die Angriffe auf die Druschba sowie am Dienstag auf russische Raffinerien und einen Ölzug in den russisch besetzten Gebieten im Osten der Ukraine erschwerten russischen Truppen die Treibstoffversorgung und ein weiteres Vorrücken vor Friedensverhandlungen.“

    Da es in absehbarer Zeit keine solchen geben wird, ist das Vorrücken der Russen sowieso einprogrammiert, so oder so. 

    „Zudem nehme die Ukraine dem Aggressor wichtige Einnahmequellen, da der stark unter Druck stehende Haushalt Russlands sich vor allem aus Öl- und Gaseinnahmen speist. Parallel werde es für Moskau, so Tyschkewitsch, immer schwieriger, die vor der Invasion aus dem Westen importierten Anlagen zu reparieren. »Und eine weitere Abhängigkeit von China, diesmal bei der Energieinfrastruktur, will der Kreml mit aller Macht verhindern«, meint er. Westliche Ersatzteile würden aber wegen der immer neuen Angriffe langsam knapp.“

    Man merkt diesem ganzen Gerede des „Polit-Analysten das Konstrukt und Wunschdenken an.
    Weder steht der russische Haushalt „stark unter Druck“ noch stört Rußland die „Abhängigkeit von China“.
    Auf gut deutsch: China liefert, was Rußland braucht und die ukrainischen Angriffe richten zwar Schaden an, werden aber schnell wieder repariert. 

    „Ungarn nennt die ukrainischen Angriffe »unverschämt«

    Dabei seien die angegriffenen Anlagen »essenziell« für russische Ölexporte: In Nikolskoje im zentralrussischen Gebiet Tambow steht eine der wichtigsten Pumpstationen der Druschba-Pipeline, die auf 5.500 Kilometern sibirische Ölfelder mit europäischen Kunden verbindet. Die Pumpstation Unetscha in der Region Brjansk, die zuvor erheblich beschädigt wurde, ist ein Knotenpunkt: Sie pumpt das Öl westwärts ins belarussische Mozyr, wo russisches Öl an die belarussische Raffinerie verkauft wird und sich Druschba in einen Nord- und einen Südstrang aufteilt: gen Süden in die Slowakei und nach Ungarn, gen Norden nach Schwedt.

    Bei Unetscha ist aber auch der Druschba-Abzweig BTS-2 nach Ust-Luga. Aus diesem Ostseehafen startet die russische »Schattenflotte«, die etwa 20 % des russischen Rohöls zu Kunden verschifft, die es billig einkaufen und oft als Benzin und Diesel nach Europa liefern.

    Russland verliert mit jeder Attacke also Export-Deviseneinnahmen. Und reagiert heftig: Der russische Inlandgeheimdienst FSB will am Mittwoch eine »Sabotage- und Aufklärungsgruppe« in der Region Brjansk aufgedeckt haben. Bei einer Schießerei seien »drei Saboteure getötet und drei weitere festgenommen worden«. Die Gruppe habe laut FSB aus »Kadern« des ukrainischen Militärgeheimdienstes »unter direkter Beteiligung von Mitarbeitern westlicher Geheimdienste in der Ukraine sowie in Litauen, Estland und Norwegen« bestanden.“

    Man versteht zunächst den Zusammenhang mit der Pipeline nicht ganz. 
    Aber es scheint so zu sein, daß die Attacke gar nicht (nur) per Luft aus der Ukraine erfolgte, sondern auch vom Boden von den eingesickerten Saboteuren gestützt war.
    Man könnte das auch so deuten, daß das der Versuch einer Invasion von NATO-Truppen nach Rußland zwecks Sabotage-Akten war – was von der TAZ durch die Wortwahl als eine Art Erfindung der russischen Seite dargestellt wird. 

    „Die wiederholten ukrainischen Angriffe auf die Druschba-Linie seien »unverschämt« und ein »empörender Schlag gegen unsere Energiesicherheit«, behauptete Szijjártó. Ungarn und die Slowakei haben im Gegensatz zu anderen EU-Ländern ihre Abhängigkeit von russischem Öl bisher nicht reduziert. Ja mehr noch: Budapest will sogar die Druschba-Trasse noch nach Serbien ausbauen.

    Attacken könnten künftig öfter vorkommen

    Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha erwiderte: »Es war Russland, nicht die Ukraine, das diesen Krieg begonnen hat und sich weigert, ihn zu beenden.« Ungarn habe »alles getan, um seine Abhängigkeit von Russland aufrechtzuerhalten«, es solle sich bei Lieferunterbrechungen »nicht an Kyjiw, sondern an seine Freunde in Moskau« wenden. (…)“

    (TAZ, 20.8.)

  9. „Die ukrainischen Streitkräfte haben erneut einen Drohnenangriff auf die Druschba-Ölpipeline gestartet, wodurch die Ölversorgung Ungarns während der Reparaturarbeiten unterbrochen wurde.

    Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban beschwerte sich in einem Brief an Trump über diese ukrainischen Angriffe. Vor 5 Tagen, kurz vor dem historischen Treffen zwischen den Präsidenten Trump und Putin in Alaska, startete die Ukraine Drohnenangriffe auf die Druschba-Ölpipeline in Russland.

    Diese Pipeline versorgt Ungarn und die Slowakei, zwei Länder, die über keine anderen Rohölimportquellen verfügen. Ungarn unterstützt die Ukraine mit Strom und Benzin, woraufhin die Ukraine die Pipeline bombardiert, die uns mit Öl versorgt. Ein äußerst unfreundlicher Schritt! Wir wünschen Präsident Trump viel Erfolg bei seinem Streben nach Frieden! – Orban richtete seine Botschaft an den US-Präsidenten.“

    Der sie auch positiv beantwortete.

    „Einmal sehen, ob Zelenskij nach dieser Intervention entschlossen genug ist, den Ungarn und Slowaken weiterhin bzw. wieder einmal das Öl vorzuenthalten.

    (KP, 23.8.)

    Das Absurde an dieser ganzen Aktion ist, daß diese Pipeline durch die Westukraine verläuft und die Ukraine die raffinierten Produkte aus der Slowakei und Ungarn bezieht, also offenbar benötigt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert