Zur Debatte um die Taurus-Marschflugkörper

VORWÄRTSVERTEIDIGUNG

Angesichts des politischen Aufruhrs um die Taurus-Marschflugkörper ist es einmal angemessen, sich anzusehen, worum es bei diesen Apparaten geht, was sie leisten, wofür sie angeschafft wurden usw.

1. Die Taurus selber

„Während des Kalten Krieges wollte die Bundesrepublik ursprünglich die französischen Apache-Marschflugkörper beschaffen, um im Verteidigungsfall Start- und Landebahnen des Warschauer Paktes zerstören zu können.“ (Wikipedia, Taurus)

Man merkt, was „Verteidigung“ hier und heute – oder auch gestern – heißt: Dem Gegner seine Lufthoheit zu nehmen. Alle Kriege sind in diesem Sinne „Angriffskriege“, als die Zerstörung der gegnerischen Kampffähigkeit erstes Ziel ist.
Die BRD orientierte sich hierbei an ihrem Vorgängerstaat, von dem im Zuge des „Unternehmens Barbarossa“ 1941 als erstes die Zerstörung von sowjetischen Flughäfen und den dort herumstehenden Flugzeugen in Angriff genommen wurde:

„Die den Heeresgruppen zugeteilten Kampfflugzeuge führten einen massiven Luftschlag gegen die sowjetischen Flugplätze, der durch die Aufklärungsergebnisse des Kommandos Rowehl ermöglicht wurde, und zerstörten allein am ersten Kriegstag etwa 1200 Flugzeuge am Boden.“ (Wikipedia, Deutsch-Sowjetischer Krieg)

Da wollten die deutschen Politiker einmal Maß nehmen und nicht hinter ihren historischen Vorbildern zurückbleiben.

„Mit dem Fall der Mauer änderten sich die Prioritäten, die nun auf der Bekämpfung von gepanzerten Punktzielen lagen.“ (Wikipedia, Taurus)

Was soll man sich darunter vorstellen? Ein ganzer Marschflugkörper gegen einen Panzer?
Oder einfach alle Unterstände, Bunker und sonstigen Gebäude militärischer Nutzung bis weit ins Hinterland des Feindes?

„2005 bestellte die Bundeswehr 600 Flugkörper zum Gesamtpreis von 570 Millionen Euro. Die Lieferung an die Luftwaffe begann offiziell mit der Übergabe des ersten Flugkörpers an das Jagdbombergeschwader 33 in Büchel im Dezember 2005 und wurde im November 2010 abgeschlossen.“ (Wikipedia, Taurus)

Die Reichweite der Taurus-Raketen ist mehr als 500 km.
Wenn man jetzt an Deutschlands Grenzen Zirkel einsetzt und rundherum 500 km abdeckt, so kommt man von dort nach Weißrußland, in die Ukraine und nach Serbien und Bosnien. Außerdem in die russische Kaliningrad–Enklave. Der Rest der potentiellen Ziele liegt in anderen NATO- bzw. EU-Staaten und der Schweiz.

Man könnte also diese Marschflugkörper als eine Art Rückversicherung betrachten, falls einmal ein Staat aus einem der beiden Bündnisse ausscheren möchte, was Deutschland nicht genehm wäre – z.B. Ungarn oder die Slowakei. Oder als ein Mittel für die Wiedereroberung Ostpreußens.
Sie könnten aber auch als ein Mittel zur Disziplinierung oder Unterwerfung widerspenstiger Balkan-Staaten eingesetzt werden. Man denke hier z.B. nicht nur an Serbien, sondern auch an Griechenland, das seine Teilnahme am NATO-Krieg 1999 verweigert hat.
Deutschland könnte sie auch einsetzen, um Österreich zu bedrohen, falls es opportun ist, – weil hier die Neutralität zu ernst genommen wird, wenn Deutschland Parteilichkeit fordert.

An all das muß gedacht worden sein, als sich Deutschland diese 600 Stück der nicht gerade billigen Geschoße angeschafft hat.
Man kann sich also an diesen 600 in militärischen Depots schlummernden Taurus-Raketen einiges über die Berechnungen deutscher Militärs und Politiker erschließen.

Wer hat diese Entwicklung mitgetragen und diesen Kauf beschlossen, mit dem ja ein Stück nationales Vermögen in dieser aggressiven Form gebunden ist? Und einiges über die politische Ausrichtung, die außenpolitischen Ambitionen Deutschlands ausgesagt ist?

Ganz anders allerdings präsentiert sich die Lage mit der Reichweite, wenn man diese Dinger bis in die Ukraine bringen könnte. Es ist natürlich möglich, daß seit Anfang dieses Milleniums die Eingliederung der Ukraine von deutschen Strategen nur als eine Frage der Zeit betrachtet wurde.
Von der nordöstlichen Ecke der Ukraine – die nach wie vor in ukrainischem Besitz ist – könnte man einen guten Teil des europäischen Rußlands, inklusive Moskaus, mit den Taurus bombardieren. Wenn man jetzt noch das Baltikum dazunähme, so hat man mit diesen Taurus viel von Rußland im Visier.

Man merkt, wie hier Waffenbeschaffung und die Erweiterung der imperialistischen Ansprüche Hand in Hand miteinander gehen und die EU-Erweiterung auch den strategischen Zielen Deutschlands dient.

„Der Taurus (…) ist ein deutsch-schwedischer Luft-Boden-Marschflugkörper.“ (Wikipedia, Taurus)

Er wurde also zusammen mit Schweden entwickelt und kann nur mit der Zustimmung dieses Landes eingesetzt werden.
Man merkt daran, daß die Integration Schwedens in die NATO schon von langer Hand geplant und der russische Einmarsch in die Ukraine nur der Anlaß bzw. Vorwand war, um der schwedischen Bevölkerung die Aufgabe der Neutralität – mit der Schweden in 2 Weltkriegen ja sehr gut gefahren ist – leichter verkaufen zu können.

Rußland verfolgt die Diskussion um diese Marschflugkörper schon länger und seine Militärs meinen, sie würden darauf schon eine Antwort finden.

Das wäre natürlich ein Risiko – festzustellen, daß diese Geschosse, ähnlich wie die Leopard-Panzer – gegen ein auf allen Ebenen hochgerüstetes Rußland gar nicht so besonders viel taugen und ihr erster Einsatz dann womöglich auch ihr letzter wäre.

2. Die Bemannung

Um diese High-Tech-Geschosse richtig zu programmieren, damit sie nicht womöglich in einem russischen Rübenacker oder in befreundetem Gebiet (Ukraine selbst, Moldawien, Georgien) in einem Wohnhaus landen, müßte Deutschland seine eigenen Fachleute mitschicken.
(Sogar dann könnte es zu den obigen Fehl-Landungen kommen – die Tücken der Technik! – aber die Chance dazu ist deutlich geringer.)

Deutschland müßte also hochspezialisierte Berufssoldaten mitschicken – die dann in der Ukraine natürlich ein Ziel russischer, wie man weiß, relativ treffsicherer Artillerie und Marschflugkörper werden würden.
Das sähe nicht gut aus, wenn man nach einiger Zeit Einsatz – ohne besondere Durchbrüche – auf einmal deutsche Soldaten in Holzschachteln aus der Ukraine ankommen würden.
(Schon die Heimkehr der lebenden Soldaten aus Afghanistan 2021 war kein besonderes Highlight der deutschen Militärgeschichte.)

Daß das Risiko hoch ist, sieht man schon daran, daß im Verlauf der letzten 2 Jahre schon öfter westliche Militärs durch russischen Beschuß ins Jenseits befördert wurden und es zwar gelungen ist, das vor der breiten Öffentlichkeit zu verbergen – dieser Umstand aber beim Militär sicher bekannt ist.

Es ist aus diesen Gründen auch möglich, daß sich in der Heeresführung Gegner dieses Einsatzes finden und die Abhöraktion gar nicht so besonders zufällig zustande gekommen ist, – weil damit signalisiert werden sollte, daß die Profis selbst kalte Füße kriegen bei dem Gedanken, den nächsten Ostfeldzug anzugehen.

Solches ist ja schon öfters schiefgegangen.

3 Gedanken zu “Zur Debatte um die Taurus-Marschflugkörper

  1. Die Dinger sind derzeit gar nicht einsatzfähig, stellt sich heraus:

    „Bundeswehr will alle "Taurus" modernisieren

    Die Bundeswehr will laut einem Zeitungsbericht alle ihre 600 "Taurus"-Marschflugkörper modernisieren. Bei der Hälfte des Bestandes sei die Zertifizierung abgelaufen, der Rest sei einsatzbereit, solle aber auch überarbeitet werden.

    Einem Medienbericht zufolge sollen alle "Taurus"-Marschflugkörper aus Bundeswehr-Beständen modernisiert werden. Wie die Tageszeitung "Welt" berichtete, gelte aktuell nach einem Technik-Upgrade im Jahr 2018 nur die Hälfte der knapp 600 "Taurus"-Systeme der deutschen Streitkräfte als einsatzbereit. Bei der anderen Hälfte sei die Zertifizierung abgelaufen.

    Die einsatzfähigen Marschflugkörper sollen dem Bericht zufolge nun erneut überarbeitet werden, die derzeit nicht zertifizierten generalüberholt werden. Der Auftrag müsste laut "Welt" durch das Beschaffungsamt der Bundeswehr ausgeschrieben werden. Der Rüstungskonzern MBDA, der unter anderem den "Taurus" im bayerischen Schrobenhausen montiert, könnte sich darauf bewerben. Der Bundestag müsste die Finanzmittel für den Auftrag dann freigeben.“

    Bemerkenswert, wie hier mit nationalem Vermögen umgegangen wird.

    „Noch keine Bestätigung aus dem Verteidigungsministerium

    Das Verteidigungsministerium äußerte sich bislang nicht zu dem Vorgang. Wie die Zeitung berichtet, sei der Verteidigungsausschuss des Bundestags über die Pläne unterrichtet worden.

    Der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber hatte Mitte Februar im Internetdienst X geschrieben, dass Deutschland der NATO zugesagt habe, mehr als 1.000 "Taurus"-Marschflugkörper vorzuhalten.“

    Was man darunter verstehen soll? Es gibt sie, es gibt sie nicht? Sie sollen gebaut werden? Sie sollen funktionstüchtig gemacht werden?

    „Über eventuelle zusätzliche Neubestellungen hat die Regierung laut "Welt" noch nicht entschieden. 

    Die Ukraine bittet die Bundesregierung seit Monaten darum, ihr einige der deutschen "Taurus"-Marschflugkörper zu überlassen. Das lehnt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jedoch vehement ab – trotz diesbezüglichen Drängens auch der Koalitionspartner Grüne und FDP.“

    Es fragt sich auch, was mit „einige“ gemeint ist? 5, 10, 100?
    Natürlich als Geschenk …

    (tagesschau, 12.3.)

  2. „Deutscher Bundestag stimmt erneut gegen Taurus-Lieferung für Ukraine

    Die Union ist im Deutschen Bundestag erneut mit ihrem Antrag auf Lieferung deutscher Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine gescheitert. Eine Mehrheit der Abgeordneten votierte am Donnerstag gegen die Initiative von CDU und CSU. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verteidigte in der Debatte das Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Lieferung.

    "Zeitenwenden sind nichts für politische Spielernaturen. Gebraucht wird Verstand, Besonnenheit und Klarheit. Und das tut der Bundeskanzler in der Abwägung, die er als Regierungschef hat", sagte Mützenich. An der Abstimmung beteiligten sich 690 Abgeordnete. Gegen die Lieferung stimmten 495 Parlamentarier, 190 waren dafür, es gab 5 Enthaltungen. Die Unionsfraktion zählt 197 Abgeordnete.

    Das Taurus-System zeichnet sich durch eine hohe Reichweite von 500 Kilometern und durch eine große Präzision aus. Die Waffe ermöglicht es damit, weit hinter der Front russische Munitionsdepots, geschützte Kommandostellen und kriegswichtige Infrastruktur zu zerstören. Als ein Beispiel wurde wiederholt die 19 Kilometer lange Brücke von Kertsch genannt. Sie verbindet die 2014 völkerrechtswidrig einverleibte Krim und das russische Festland. Gegner einer Lieferung verweisen auf eine mögliche Eskalation.“

    (Standard, 14.3.)

    Taurus-Raketen auf die Krim-Brücke – das wäre dann wirklich ein Kriegseintritt Deutschlands, so kann man sagen.

  3. „Der wahre Grund, warum Scholz keine Taurus liefert

    (…)

    "Habe zum ersten Mal Zweifel"

    Entscheidendes passierte laut t-online-Informationen in der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses am Montag. Im ersten Teil befragten die Ausschussmitglieder zunächst den vorgeladenen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zur Abhöraffäre der Luftwaffe. In einem zweiten, geheimen Teil ging es um Taurus, dort wurden erstmals sensible Details über den Marschflugkörper mit Abgeordneten eines Fachausschusses des Bundestags geteilt.

    Der ebenfalls geladene Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, hielt demnach ein 20-minütiges Referat über die wichtigsten Fakten zum Taurus: Neben Einsatzfähigkeit und Stückzahl (die Luftwaffe verfügt nach Schätzungen über rund 600 Taurus) soll Breuer auch über besondere Risiken einer Lieferung für die Sicherheitsinteressen Deutschlands gesprochen haben.

    Eine mit dem Vorgang vertraute Person berichtet t-online, dass manchen Abgeordneten dabei "die Kinnladen heruntergeklappt" sei. "Nach Breuers Vortrag war erst mal Stille im Raum. Selbst diejenigen, die sonst laut Forderungen stellen, hatten keine Fragen mehr." Ein Ausschussmitglied und Taurus-Befürworter sagte nach der Sitzung zu t-online, dass er "zum ersten Mal Zweifel bekommen" habe und seine Position zu einer Lieferung überdenken wolle.

    Zielprogrammierung komplizierter als bekannt

    Auch im Interview, das der verteidigungspolitische Sprecher von CDU/CSU, Florian Hahn, im Anschluss der Sitzung der ARD gab, ist davon etwas zu spüren. Hahn, der den Kanzler in der Taurus-Frage gerne mit markigen Worten antreibt, spricht ruhig, differenziert, fast so, als müsste er seine Gedanken neu ordnen.

    Was hatte Breuer gesagt?

    Der Generalinspekteur informierte die Abgeordneten offenbar im Detail darüber, dass der Einsatz des Taurus komplizierter ist, als bisher von vielen angenommen wurde. Um den Marschflugkörper sinnvoll einzusetzen, seien demnach enorme Mengen an Daten notwendig.

    Dass die Zielprogrammierung der Taurus-Waffen kompliziert ist, war bereits bekannt. Die "zentrale Missionsplanung" (ZMP), das technische und operative Verfahren der Zieleingabe und Routenführung, besteht aus zahlreichen unterschiedlichen Quelldaten wie Höhenmesspunkten, Vektordaten, Satellitenbildern und Rasterkarten, um dem Taurus eine möglichst präzise Flugroute zu ermöglichen. Das ZMP-System wurde von der deutschen Firma ESG entwickelt, die Ende 2023 in der Rüstungselektronikfirma Hensoldt aufging.

    "Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte" stehe auf dem Spiel

    Es handle sich nicht um Giga- oder Terabyte, sondern um extrem hohe und komplexe Datenmengen, die offenbar von speziellen technischen Systemen aufbereitet werden müssen. Diese technischen Anlagen allerdings gebe es nur in begrenztem Maße, heißt es. Würden diese bei einer Taurus-Lieferung ebenfalls an die Ukraine transferiert, stünden sie der Bundeswehr nicht mehr zur Verfügung. Eine Fähigkeitslücke entstünde, die die "Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte" empfindlich beeinträchtigen würde, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

    Um welche Art von Anlagen es sich handeln soll, ist unklar. Weder der Taurus-Hersteller MBDA noch das Bundesverteidigungsministerium möchten sich auf Anfrage dazu äußern. Auch in welcher Stückzahl diese Anlagen vorhanden sind, wie lange es dauert, diese zu ersetzen, und warum sie so schwer nachzubeschaffen sind, ist fraglich. Es handle sich um eine "technische Engstelle", die für eine lange Zeit nicht ersetzt werden könne, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person. "Wenn wir diese Fähigkeit liefern, dann gibt es sie für uns nicht mehr."

    Die Situation sei nicht vergleichbar mit der Abgabe etwa der 18 Leopard-2-Panzer an die Ukraine, auf deren Ersatz das Heer bis 2026 warten muss.“

    18 Panzer können jahrelang nicht ersetzt werden?
    Das wirft kein gutes Licht auf die Rüstungsindustrie Deutschlands.

    „"Die Taurus gehören zu unseren wirkmächtigsten Waffen im Luft-Boden-Bereich, die nahezu an strategische Fähigkeiten heranreichen." Es gehe um "elementare Fragen der nationalen Sicherheit", heißt es, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Den Abgeordneten sei in Breuers Vortrag ein "Preisschild" für die Sicherheit der Bundesrepublik mitgegeben worden, das nun allen Beteiligten bewusst sein müsse.

    Taurus in zwei Varianten

    Ein entscheidender Faktor dabei ist offenbar, wie der Taurus eingesetzt wird: in seiner "abgespeckten", datenärmeren Variante oder in seiner vorgesehenen Form mit allen Zusatzfeatures. Spielt der Taurus all seine Vorteile aus, kann er etwa in den Tiefflug auf bis zu 15 Metern Höhe heruntergehen, wo er feindliche Luftverteidigungsstellungen besser um- oder unterfliegen kann.

    Für diese präzise Navigation mittels vier verschiedener Systeme und die Modellierung der Route sowie des exakten Ziels (bis auf wenige Meter genau) brauche es jedoch besagte Anlagen, heißt es.

    So könnte man den Taurus zwar ohne Zusatzfähigkeit an die Ukraine schicken inklusive einer kürzeren Ausbildungszeit für ukrainische Soldaten. Doch dann hätte der Taurus eher den Zweck, als Nachschub für die weniger leistungsfähigen britischen Marschflugkörper Storm Shadow zu dienen. Beide Varianten seien möglich, mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen.

    Der Militärexperte Fabian Hoffmann unterscheidet zwischen einer "simplen" und einer "erweiterten Missionsplanung" bei Taurus. Für Letztere müsse auch eine entsprechende technische Infrastruktur vorhanden sein, so Hoffmann. Dies mache eine Ausbildung ukrainischer Soldaten an dem System weiterhin möglich, verzögere diese aber.

    Hinweise im Luftwaffen-Leak

    Hinweise auf die komplexe Missionsplanung wie auch auf den unterschiedlichen Einsatz des Taurus lassen sich auch in dem geleakten Gespräch zwischen hochrangigen Offizieren der Luftwaffe finden. Ein Oberstleutnant spricht etwa von "Zieldaten, die idealerweise mit Satellitenbildern kommen", weil damit die höchste Präzision, nämlich unterhalb von drei Metern, erreicht werden könne. "Die [Zieldaten] müssen wir verarbeiten im ersten Set in Büchel", wo die Luftwaffe einen Fliegerhorst unterhält.

    An anderer Stelle erklärt der Offizier, dass sich die Berechnungszeit der Modellierung auf zwölf Stunden verdoppelt, wenn man die präziseren Satellitendaten einspeist, und dass dies eine Datenleitung erfordert, "die das leisten kann".

    Steht Deutschland ohne Taurus wehrlos da?

    Die Informationen, die den Abgeordneten in der Ausschusssitzung am Montag gegeben wurden, hatten auf die darauffolgende Bundestagsdebatte und die Abstimmung über den Unions-Antrag wenig sichtbare Auswirkung.

    Sie können dennoch die Kalkulation des Kanzlers besser beleuchten, warum er auf seinem Veto besteht. Etwa wenn es um ein Worst-Case-Szenario geht: Gibt Scholz einen Teil der Taurus samt technischer Anlagen an die Ukraine ab und verliert diese den Krieg, könnte Rußland in der Westukraine an der Nato-Grenze stehen, während Deutschland eine militärische Kernfähigkeit abgegeben hat. Eine "lose-lose"-Situation.

    Deutschland stünde in der Folge militärisch noch schwächer da als zuvor.“

    „Noch schwächer“ … „als zuvor“.
    Deutschland – eine militärische Minimacht?
    Es ist schwierig, hier abzuwägen, was wirklich Sache ist und was Propaganda.

    Eines ist sicher, daß sich Deutschland seit der Gründung der EU 91 auf seine Wirtschaftsmacht verlassen hat – und auf den Schutzschirm der USA. Die Bundeswehr war eine Art Adabei bei verschiedenen Auslandsmissionen.
    Das ganze Afghanistan-Engagement und der Rückzug haben auf die militärischen Kapazitäten der NATO ein schlechtes Licht geworfen. Oder aber, eher auf ihre Fähigkeit, ein anderes Land zu besetzen und dauerhaft zu unterwerfen.
    Seit dem Ukraine-Krieg haben sich zudem die deutschen Arsenale sehr geleert – siehe oben, die Panzer.

    „Verantwortlich dafür wäre der Kanzler. Da die Taurus-Systeme, wie mittlerweile von allen Seiten betont wird, keine Gamechanger sind, sondern lediglich taktische Vorteile brächten, könnte Scholz sich denken: Warum eine Waffe liefern, die für die Ukraine nicht kriegsentscheidend ist, aber für Deutschland eine massive Beeinträchtigung der eigenen Abschreckungsfähigkeit bedeutet?“

    Daß der Taurus keine „Wunderwaffe“ ist, ist anscheinend Konsens in militärischen Kreisen.

    „Es bleibt eine Abwägungsfrage

    Letztlich bleibt es eine politische Frage. Die Hürden einer Lieferung ließen sich beseitigen. Deutschland könnte den Taurus auch in der "Premiumvariante" an die Ukraine schicken und das Risiko für die eigene Sicherheit in Kauf nehmen. CDU/CSU, Grüne und FDP, die ebenfalls in besagter Ausschusssitzung saßen, sind offenbar bereit, dieses Risiko in Kauf zu nehmen.

    Folgt man der Argumentation der stärksten Taurus-Befürworter, ergibt das auch Sinn: Wenn die These lautet, dass die Ukraine auch Deutschlands Sicherheit vor den Russen verteidigt, kann die Abgabe einer militärischen Kernfähigkeit vertretbar sein.

    Der Kanzler hat diese Abwägung anders getroffen. Scholz tut das, wie er stets betont, mit dem Hinweis darauf, dass er als Kanzler den Amtseid abgelegt hat, um die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Dass er das aus bloß innenpolitischen Motiven tut, wie ihm viele seiner Kritiker vorwerfen, erscheint vor dem Hintergrund der nun aufgetauchten Informationen als zweifelhaft.“

    (T-Online, 15.3.)

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