Das Vorrücken des Islamischen Staates

DSCHIHAD

Da sind wir also angelangt im 21. Jahrhundert, mit allgemeiner Schulpflicht, Aufklärung und Trennung von Staat und Kirche: perspektivlose Jugendliche aus Europa machen sich auf in den Nahen Osten, um dann dort genußvoll Leute zu enthaupten, zu kreuzigen und das auch noch mit moderner Technik der gesamten Welt in Wort und Bild mitzuteilen.

Rekapitulieren wir doch einmal die Vorgeschichte zu dieser Entwicklung.

1. Das Setzen auf den radikalen islamischen Fanatismus. Religion als Mittel der Politik

Die USA und deren in der NATO organisierte europäische Verbündete haben in ihrem Kampf gegen den Kommunismus und alles andere, was sich der von ihnen gestifteten Weltordnung, der pax americana widersetzt hat, immer auf die islamische Karte gesetzt.
Um der Sowjetunion „ihr Vietnam“ zu verschaffen, wurden die Gotteskrieger in Afghanistan mit allem Nötigen ausgerüstet und als „Freiheitskämpfer“ bejubelt. Gleichzeitig lief eine Kampagne gegen den Gottesstaat der Mullahs im Iran. Es störte anscheinend niemanden, daß die gleiche Mentalität hier hofiert, dort verteufelt wurde – alles nur unter dem Gesichtspunkt: sind sie für oder gegen uns?
In den Palästinensergebieten wurden die Aktivitäten der Muslimbrüderschaft toleriert, ja sogar unterstützt, um die Palästinenser zu spalten und die säkular und prosowjetisch orientierte Fatah zu schwächen. Der Gründer der Hamas, Scheich Jassin, den das israelische Militär 2004 durch zielgerichtete Raketen tötete, wurde bis Mitte der 80er Jahre von den israelischen Behörden nicht nur toleriert, sondern sogar aktiv gefördert. Die Fatah bezichtigte ihn de „Kollaboration mit dem Zionismus“. Auch Israel setzte also damals auf die islamische Karte, gegen den säkularen panarabischen Nationalismus.

Zbigniew Brzezinski, der Sicherheitsberater mehrer US-Präsidenten, wurde 1998 in einem Interview gefragt, ob dieses Setzen auf den islamischen Fundamentalismus nicht vielleicht ein Eigentor gewesen sei? Das war immerhin 5 Jahre nach dem ersten (Sprengstoff-)Anschlag auf das World Trade Center, der 6 Tote und über Tausend Verletzte forderte:

„Was denn wichtiger gewesen sei, fragte der einstige Carter-Vertraute empört zurück, »die Taleban oder der Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums? Einige muslimische Hitzköpfe oder die Befreiung Zentraleuropas und das Ende des Kalten Krieges?« Die Darstellung des islamischen Fundamentalismus als weltweite Bedrohung – schon damals durchaus gängig – nannte Brzezinski 1998 schlicht »Blödsinn«.“

Seit dem Ende des Kalten Krieges haben die USA – in Zusammenarbeit mit anderen NATO-Staaten – einige Regierungen im arabischen Raum demontiert, die keine Anhänger des radikalen Islam waren und ihren Staat nach anderen Kriterien regiert haben, wie Saddam Hussein und Ghaddafi. Die USA und ihre Mitarbeiter haben dort religiöse Parteien installiert, wie im Irak, oder religiöse Gruppierungen unterstützt, wie in Libyen.
In Syrien wurden nach dem Ausbruch der Unruhen alle Parteien ins Recht gesetzt, die gegen das – ebenfalls säkulare – Regime von Assad waren. Manche wurden direkt vom Westen unterstützt, andere mit Billigung der USA von Katar und Saudi-Arabien.

Mit der Beibehaltung des Guantanamo-Lagers, und später mit der Hinrichtung von Osama Bin Laden 2011 wurde der islamischen Welt signalisiert: Ihr könnt machen, was ihr wollt – solange es nicht gegen die USA gerichtet ist! Die Einrichtung der Scharia – in Saudi-Arabien seit jeher üblich, im Iran seit der Revolution, in Ägypten seit Sadat – kein Problem! Mit euren Leuten könnt ihr machen, was ihr wollt. Aber unsere Interessen tastet nicht an!
Einzig mit den Schiiten ist die Sache nicht so klar, da sie alle irgendwie mit dem Iran in Verbindung stehen, oder solcher Verbindungen verdächtigt werden, und daher den USA prinzipiell unangenehm sind. Im Irak mußten sich die USA notgedrungen mit den Schiiten arrangieren, waren aber immer unzufrieden mit der Regierung, die sie installiert hatten, vor allem wegen deren Naheverhältnis zum Iran. Das ist wichtig, um die Nicht-Reaktion der USA zu begreifen, als die IS-Kämpfer im Irak vorrückten: die USA hielten sie eine Zeitlang anscheinend für ein probates Mittel, um sich der irakischen Führung zu entledigen.

Als der Bürgerkrieg in Syrien losging, war die westliche Politik und in ihrem Gefolge die Journaille einig: gegen Assad ist uns alles recht! Dies trotz der Tatsache, daß Syrien kein wirkliches Tabu des Westens gebrochen hatte, außer seinem Bündnis mit dem Iran. Sogar der Bürgerkrieg im Libanon wurde durch syrischen Einfluß beendet. Dennoch galt Syrien als ein „Regime“, dessen sich die USA entledigen wollte – koste es, was es wolle.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt des syrischen Bürgerkriegs: er wurde von Strategen der USA als eine Möglichkeit gesehen, die islamischen Fanatiker und Gotteskrieger als eine Art Magnet anzuziehen und an einem Ort zu konzentrieren. Das Schlachthaus Syrien sollte als eine Art Mistkübel dienen, in dem sich die islamischen Störenfriede gegenseitig fertigmachen, um andere Weltgegenden von ihnen zu „befreien“.
Diese Vorstellung hat sich angesichts der jüngeren Ereignisse sehr gründlich blamiert.

2. Die überflüssige Jugend

Die Europäische Union hat gerade durch den Erfolg des bei ihr versammelten Kapitals jede Menge überflüssiger Menschen produziert. Das ist ein Ergebnis dessen, wie das Kapital vorgeht: immer mehr lebendige, also von Menschen verrichtete Arbeit wird durch Maschinen – oder inzwischen durch Computer und Internet – ersetzt, weil dadurch die Gewinne der Unternehmen gesteigert werden. Das wird unter den sehr anerkannten Parolen „Produktivität“ und „Wettbewerbsfähigkeit“ öffentlich gelobt und quasi heiliggesprochen. Das heißt nichts anderes als: immer mehr Menschen werden durch Maschinen oder Softwareprogramme überflüssig gemacht. Diese aus dem Arbeitsprozeß Ausgeschiedenen werden dann als Belastung der sozialen Netze besprochen und durch Bücher wie Thilo Sarrazins Bestseller als Ballast für den Rest der „Nation“ an den Pranger gestellt.

Besonders betroffen ist durch diese Entwicklung die Jugend. Die nachwachsenden Arbeitskräfte können von dem bereits gesättigten Arbeitsmarkt nicht oder nur teilweise aufgesogen werden. Die von der Werbung hofierten „Kids“ gelten nur solange etwas, als sie zahlungsfähig sind. Mehr und mehr jungen Leuten wird von allen Seiten – Arbeitsämter, Medien, Polizei – beschieden, daß sie niemand brauchen kann und sie eigentlich nur im Weg sind. Die Jugendarbeitslosigkeit füllt diverse Studien der EU, die Politiker sehen sie als „Problem“, aber das ganze System ist so geartet, daß es für dieses Problem keine Lösung gibt. Es sind ihrer zu viele, und fertig.
Sobald sie sich mit dieser Perspektive des Elends, – gegenüber allen Propagandalügen völlig unabhängig von ihrer Ausbildung – nicht abfinden und entweder kriminell oder aufmüpfig werden, sehen sie sich der geballten Macht des Staates gegenüber, der über die Eigentumsordnung wacht.

Die Ermordung Carlo Giulianis 2001 war der Auftakt zu einer von den Medien abgesegneten und seither flächendeckend praktizierten Umgangsform mit Armut und Protest der Jugendlichen. Die Aufstände in der Banlieue 2005, die Unruhen in Großbritannien 2011, das Vorgehen gegen die „Empörten“ in Spanien 2011/2012 – all das hat aller Welt, vor allem aber den Betroffenen, vor Augen geführt, daß sie nichts gelten, ihre Anliegen nichtig sind, und daß sie dafür verhaftet, verprügelt, eingesperrt oder auch umgebracht werden können, ohne daß unser feines System von Freedom and Democracy dagegen irgendeine Handhabe bieten würde.

Daraus haben einige den Schluß gezogen, daß es besser ist, in den syrischen Bürgerkrieg zu ziehen. Er bietet einiges: Von Nullitäten, die nichts zu melden haben und Ohnmächtigen, die der Behördenwillkür ausgeliefert sind, können sie sich zu Herren über Leben und Tod verwandeln. Sie können andere Leben auslöschen und sich dadurch zu Mächtigen stilisieren. Aus dem unbedeutenden Omar X. in der französischen Banlieue oder dem Ramiz Y. aus einem Londoner Vorort wird so ein Henker, ein „Macher“, ein Vollstrecker.

Der syrische Dschihad bedient so ein sehr bürgerliches Bedürfnis, das nach Anerkennung: ein unbedeutender Mensch, der nichts hat und nichts kann, verschafft sich über Mord und Totschlag diejenige Stellung, die ihm die normale bürgerliche Gesellschaft verweigert hat, und wird zu einem Richter über Gut und Böse, und über die Berufung auf den einen und wahren Herrn zu einem Pantokrator, dem Richter über das Weltgeschehen.

3. Die Entwicklung in der muslimischen Welt

Die Vertreter des Islam begreifen ihre Religion als die Vollendung allen Glaubens, als die einzige monotheistische Religion der Welt. „Islam“ bedeutet Unterwerfung, Hingabe gegenüber dem einzigen und allmächtigen Gott. Alle anderen Religionen sind gegenüber dieser Vollendung inferior – entweder, sie sind Vorstufen des Islam, wie die Christen und Juden, oder sie sind Leugner derselben und deswegen zu vernichten. So steht es im Koran.
Da der Islam die höchste Stufe des Glaubens ist, so ist es ein Privileg, in diesen Glauben hinein geboren zu sein. Aus dem Islam gibt es keinen Austritt. Wer seine höhere Berufung verleugnet, fällt dem Gericht anheim. Wird er gefaßt, so ist er hinzurichten. Auf jeden Fall ist er vogelfrei, jeder kann ihn umlegen. (Ähnliches gab es im christlichen Glauben, wenn jemand von Papst in Acht und Bann getan wurde.)

Für den sunnitischen Islam gilt die Schia seit jeher als Häresie. Die Schiiten lehnen das Kalifat ab – es ist für sie eine unrechtmäßige Besetzung des höchsten Thrones des Islam. Sie warten auf den Erlöser – den Mahdi –, der den wahren Islam für alle einrichtet.

Das war alles nicht so tragisch, solange in den meisten muslimischen Staaten Regierungen an der Macht waren, die die Religion zu einer Privatsache erklärten, oder eine eigenständige Interpretation des Koran zum allgemeingültigen Dogma erhoben – wie Ghaddafi im Grünen Buch.

1970 erschien das Buch „Der islamische Staat“, in dem die Predigten Chomeinis in Nadschaf zusammengefaßt waren. Darin wird die Aufhebung der Trennung zwischen Staat und Kirche und die Wiedereinführung des islamischen Rechtes gefordert – nicht nur für den Iran. Chomeinis Ansicht war, daß der Islam nur in Form eines Gottesstaates existieren könne. Alles andere sei Verrat an den islamischen Glaubensprinzipien.

Die islamische Revolution 1979 und die Umsetzung von Chomeinis Vorstellungen im Iran setzten die saudische Führung unter Druck. Es konnte doch nicht sein, daß diese Ketzer auf der anderen Seite des Golfs sich päpstlicher als der Papst gaben und zu einer Art Vorbild für die islamische Welt machten! Also wurde betont, daß auch in Saudi-Arabien Kirche und Staat vereint seien, die Rechtssprechung verschärft, der Königswürde der Titel „Hüter der Heiligen Stätten“ hinzugefügt und ein Stiftungsprogramm für Koranschulen im Ausland aufgelegt, das durch seine Erfolge in Pakistan der Weltöffentlichkeit bekannt wurde: dort wurden die Taliban „erschaffen“.
Ab 1979 kamen mehrere Dinge zusammen, die eine militante Auslegung der islamischen Glaubenslehre begünstigten: Die als Fatwa erlassene Aufforderung an alle Muslime, sich am Dschihad gegen die sowjetische Besatzung Afghanistans zu beteiligen, der Sieg der iranischen Revolution und auch die Besetzung der großen Moschee in Mekka, die mit über 300 Toten endete. Warum eigentlich nur gegen die sowjetische Besatzung eines Landes kämpfen? Was machen eigentlich diese ganzen Ausländer hier, die unsere Sitten verderben, unsere traditionelle Ökonomie ruinieren, ihre Frauen in aufreizender Weise zur Schau stellen, Alkohol und Prostitution einschleppen, usw. usf.? Eine Art Wettbewerb der militanten Moralwachteln ging los, einander an Orthodoxie und Militanz zu übertreffen.

Das Rennen um das Primat der Dschihadisten machte schließlich Al Kaida. Erstens waren ihre Anschläge nach dem Prinzip „Nicht kleckern, klotzen!“ ungleich wirkungsvoller als die der Konkurrenz. Außerdem brachte Ayman Al-Zawahiris Auslegung des Selbstmordattentats als legitimem Mittel des Dschihads so richtig Leben in die Bude, und eröffnete neue Formen des Terrors. Dazu kam die Entwicklung des Internets, das es Sinnsuchern auf dem ganzen Globus ermöglichte, in den Genuß ihrer Ergüsse, Predigten und Koraninterpretationen zu kommen. Der Dschihad erfaßte die ganze Welt.

Es war eine sehr dümmliche, Wildwestfilmen entlehnte Vorstellung der US-Politiker, durch die Beseitigung Bin Ladens diesen Prozeß in ihrem Sinne beeinflussen zu können. Ein Hydra-Effekt trat ein: für den einen abgeschlagenen Kopf wuchsen unzählige andere, die den seligen Osama noch übertreffen wollen. So beantworten sich die neuen Gotteskrieger die Frage: Warum ist der Islam so schwach und kann dem verderblichen Einfluß der Ungläubigen nicht widerstehen? damit, daß sie jede Menge innere Feinde ausfindig machen: lauwarme Muslime, die ihren Glauben verraten, und andere Konfessionen, die sich wie Maden im Speck in der muslimischen Welt eingehaust haben und ständig als Kollaborateure der westlichen Mächte betätigen. Die Dschihadisten wurden zu Takfiren und beschlossen eine gründliche Säuberung aller Territorien, in denen sie sich breit gemacht hatten – mit demonstrativen öffentlichen Hinrichtungen, damit die Botschaft auch bei allen ankommt.

Als Ayman Al-Zawahiri voriges Jahr in einer Erklärung alle Gotteskrieger aufforderte, die Selbstzerfleischung aufzugeben und ihren Kampf auf die „Kreuzzügler gegen den Islam“, also den westlichen Imperialismus zu richten, war er bei seinem Zielpublikum durchgefallen. Was bildet sich der ein?! Und die Protagonisten des Islamischen Staates sagten sich von Al Kaida los und definierten ihr eigenes Programm:

Islamischer Staat – ja, das ist eine Sache. Aber dieser Staat hat jetzt keine Grenzen mehr und ist nicht auf irgendein Territorium beschränkt. Das Kalifat wird wieder errichtet, und die Weltherrschaft wird angestrebt. Islam für alle! Das ist das Ziel der aktuellen Dschihadisten.

Es wird schwer sein, dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen.
– Der Kapitalismus und die Klassengesellschaft, die immer mehr Leute aussortieren und ihnen ihre Nutzlosigkeit auch noch als persönlichen Makel vorwerfen,
– das staatsbürgerlich-untertänige Bewußtsein, das alle Unzufriedenheit in Rechtskategorien einsortiert und nach Schuldigen sucht, die sich natürlich auch immer finden,
– und der höhere Sinn, den so eine Religion in schweren Zeiten stiftet
– all das arbeitet dieser Art von Idiotie in die Hände.

231 Gedanken zu “Das Vorrücken des Islamischen Staates

  1. Der Mitschnitt der Veranstaltung zum islamischen Fundamentalismus vom Gegen Standpunkt Stuttgart am 24.07.2014 mit Theo Wentzke als Referenten ist bei archive.org downloadbar.
    https://archive.org/details/WentzkeIslamischerFundamentalismusStuttgart24.07.2014
    Dort findet sich auch folgende Anmerkung
    “Es ist verfehlt, den Fundamentalismus des Islam auf eine besondere Eigenschaft dieser Religion zurückführen zu wollen und sich dazu in das Studium des Koran und der arabischen Geistesgeschichte zu stürzen. Für sich genommen ist jede Religion fundamentalistisch: ein moralischer Wahn, der sehr apodiktisch von sich behauptet, theoretisch wahr und praktisch wirksam zu sein. Jede Religion aber läßt sich auch in so gut wie jede politische Herrschaft eingemeinden und sich zur moralischen, gut und böse sortierenden Instanz beliebiger gesellschaftlicher und ökonomischer Verhältnisse machen. In Sachen Verstandesverachtung, Größenwahn und Anpassungsfähigkeit bleiben sich die Weltreligionen nichts schuldig.”
    aus: Thesen zum islamischen Fundamentalismus
    (aus dem Artikel im GegenStandpunkt Heft 1-95)
    http://www.gegenstandpunkt.com/gs/1995/1/gs19951040h2.html

  2. Nur eine kleine Korrektur zum obigen Mitschnitt:
    Theo Wentzke hat die Islamismus-Veranstaltung auf Einladung von GEGEN_KULTUR gehalten. GEGEN_KULTUR ist eine eigenständige Gruppe junger linker Menschen samt Verlag mit einem eigenständigen Publikationsprogramm. Näheres über sie (und ihre Zusammenarbeit mit dem GSP) siehe http://www.gegen-kultur.de. Dort ist der Mitschnitt ursprünglich veröffentlicht worden.

  3. Zu dem Zitat von Theo Wentzke
    „Jede Religion aber läßt sich auch in so gut wie jede politische Herrschaft eingemeinden“
    möchte ich einwenden oder ergänzen, worauf Freerk Huisken in seinem alten Vortrag über Staat und Kirche
    http://www.argudiss.de/node/123
    hingewiesen hat: Jeder religiöse Wahn hat auch das Potential, sich gegen existierende Gewalten, staatliche Herrschaft zu richten, indem er einen höheren Anspruch für sich geltend macht, dem sich auch die tatsächlichen Mächte zu unterwerfen hätten.
    Genau deswegen ist es ein riskantes Spiel, religiösen Fanatismus für imperialistische Ziele instrumentalisieren zu wollen.

  4. Ich meine auch, daß Huisken da eher recht zu geben ist als Wentzke:
    Selbst in Europa hat es lange Jahrhunderte gedauert bis sich die politischen Herrschaften gegenüber den christlichen Kirchen als Alleinherrscher durchgesetzt haben. In Deutschland wurde das letztlich erst mit Bismarcks Sieg im Kirchenkampf 1978 etnschieden. Selbst in den USA wird immer noch von allerlei christlichen fundamentalistischen Kirchen/Religionen um die Lufthoheit gegen den bürgerlichen Staat gekämpft. Religionen sind nie die einfachen “guns for hire” für ihre zynischen Politiker.

  5. These 4 der o.g. Thesen zum Islamismus
    ist zwar etwas reichlich allgemein formuliert:
    “Wenn sich die Gläubigen in aller Gottergebenheit entschieden haben, daß das Leben unter der frevelhaften Staatsführung nicht mehr auszuhalten ist und Schicksalsergebenheit jetzt Sünde wäre, werden sie zur politischen Partei und planen den Aufstand. Sie hetzen das gute Volk gegen die Staatsmacht auf und werben für das wahre islamische Leben. Bei ihren Bemühungen um das Volk, dessen Anstand sie die Heimat wiedergeben wollen, müssen sie allerdings feststellen, daß die ungläubigen Teufel, die sie aus dem Amt jagen wollen, die stärkste Stütze ihrer Macht im gottlosen Leben des Volkes haben. Die Islamisten sehen sich vor der Aufgabe, einen von oben nach unten verrottenden Volkskörper zu heilen. Der Machtkampf, den sie anzetteln, richtet sich daher nur zur Hälfte gegen die Staatsmacht – zur anderen richtet er sich mit gezieltem und ungezieltem Terror gegen den sündigen Alltag.”
    aus: Thesen zum islamischen Fundamentalismus
    (aus dem Artikel im GegenStandpunkt Heft 1-95)
    http://www.gegenstandpunkt.com/gs/1995/1/gs19951040h2.html
    – erklärt aber, wieso moderne internet-affine westlich gebildete junge Menschen auch gegenüber den zufälligen Bewohnern des Nahen Ostens Verhaltensweisen praktizieren, die unsereins eher im Mittelalter verorten würde. Ausrottung von Andersgläubigen als Verführer zur Sünde gehört also zum Programm, einsortiert und differenziert je nach “Ferne” und “Nähe” zur eigenen Religion.

  6. Aus Facebook:
    “Natürlich ein sehr guter Artikel von Nestor Machno, ich möchte nur noch anmerken, dass es dafür, dass jemand Dschihadist wird, nicht notwendigerweise einen Ausschluss aus der gesellschaftlichen Reproduktion, Abstellkammer Lumpenproletariat, braucht, das war schon bei den 9/11-Attentätern so, die hätten von der Ausbildung her ja auch “was werden” können, und bei den Briten, die James Foley geköpft haben sollen, scheint es sich auch nicht um “Unterschicht” zu handeln, so automatisch funktioniert Ideologie nicht… http://www.heise.de/tp/artikel/42/42602/1.html

  7. Antwort:
    “Es ist in der Tat falsch, spezielles religiöses Denken ganz eng aus einer spezifischen Schichtlage in der Gesellschaft herzuleiten. Als wenn z.B. nur Ausgegrenzte ausflippen könnten. Gerade bei christlichen Fundamentalisten hat man es häufig mit ganz typischen Mittelschichtmenschen zu tun. Bin Laden z.B. kam sogar aus einer erfolgreichen Oberschichtfamilie. Das Sein bestimmt auch in solchen Fragen eben nicht determinisitisch das Bewußtsein.”

  8. Ob eine Religion als “fundamentalistisch” behandelt wird, hängt immer noch davon ab, wie ein staatliches Interesse sich zu ihr stellt: Der Buddhismus des Dalai Lama passt dem Westen gut als ideologische Waffe gegen China, die Islamisten in Afghanistan wurden seinerzeit im Kampf gegen die SU massiv mit Waffen unterstützt. Die Liste lässt sich verlängern.
    Das Christentum ist auch heute noch nicht gerade zimperlich im Umgang mit Menschen. So sind z.B in einem Staat wie den Philippinen, in dem Kirchenrecht gilt!, Abtreibung und Ehescheidung verboten und somit unmöglich.
    Wie in den genannten Vorträgen und Veranstaltungen -zu ergänzen ist noch der zu Mali (2013) von Peter- deutlich wird, ist religiöse Praxis von der Indienstnahme durch die Politik zu trennen. Dass das erkämpft wurde ist kein Plus für den hiesigen Staat.
    Wo soll nun der Gegensatz zwischen Theo nund Freerk liegen?
    Jede wie auch immer geartete staatskritische Bewegung kann sich zu einer Massenbewegung auswachsen (zuletzt “Maidan”), das ist kein Privileg von religiös motivierten Leuten. Die A r t der Argumentation -so verstehe ich Freerk- beruft sich i d R bei allen Bewegungen -leider!- auf höhere Werte und eben nicht auf die eigenen Interessen. Dass die Berufung auf einen Gott schlechter oder schlimmer sein soll als ein anderer Höchstwert (z B „glaubwürdige saubere Regierung“) halte ich für Unsinn. Sich in der Verfolgung seiner Interessen auf einen solchen Wert zu beziehen und zu meinen damit punkten zu können, ist ein Fehler. Den Imperialisten, die mit den unterschiedlichsten Bewegungen kalkulieren, wie jetzt im Nahen Osten, wo plötzlich die Kurden waffenmäßig ausgerüstet werden, den Ratschlag zu geben, doch bitte aufzupassen, ist ein (schlechter) Witz.

  9. @Neoprene
    Von Unterschicht und Determinismus war auch so gesehen bei mir nicht die Rede. Die Leute, die für Occupy auf die Straße gehen, oder gegen irgendwelche Gipfel protestieren, sind nicht Underdogs aus der Vorstadt. Aber überflüssg sind sie oft auch. Bei den arbeitslosen Jugendlichen in Spanien haben viele eine gute Ausbildung, einen Studienabschluß, haben mehrere Praktika absolviert, usw. Gerade deshalb sind sie für die Jobs, dies gibt, „überqualifiziert“.
    Weder kann man aus Armut auf Fanatismus schließen, noch sollte man „überflüssig“ und „perspektivlos“ gleich mit „Unterschicht“ oder „Vorstadt“ gleichsetzen.

  10. @Volker

    Wie … deutlich wird, ist religiöse Praxis von der Indienstnahme durch die Politik zu trennen. Dass das erkämpft wurde ist kein Plus für den hiesigen Staat.

    Das versteh ich nicht. Was ist von was „zu trennen“? Wie kommt das „erkämpft“ hier hinein?
    Die „eigenen Interessen“ tragen hier gar nichts zur Klärung der Sache bei. Was soll auch „die Verfolgung seiner Interessen“ sein? Hat jemand religiöses Interesse, so verfolgt er es, genauso wie das an Rockmusik oder Extremsport.

    Dass die Berufung auf einen Gott schlechter oder schlimmer sein soll als ein anderer Höchstwert (z B „glaubwürdige saubere Regierung“) halte ich für Unsinn.

    Versteh ich jetzt auch nicht, wo dieses moralische Getue jetzt herkommt. Nach was für Gesichtspunkten „schlimmer“?
    Es handelt sich um etwas anderes, wenn jemand sich zu einer imaginären Instanz stellt, also als Vertreter Gottes auf Erden, oder ob man an einer realen Instanz, wie einer Regierung, etwas auszusetzen hat. Letzteres bleibt den Institutionen und Spielregeln des Gemeinwesens immer noch verpflichtet, will also innerhalb derer Veränderungen erreichen. In ersterem Falle jedoch emanzipiert sich die Person in Gedanken und Taten von der Gesellschaft, erklärt sich selbst zum Gesetzgeber und negiert die vorhandenen Gesetze. Beiden gemeinsam ist der Rechtsidealismus, demzufolge das Recht über der gerade gültigen Staatsgewalt steht, aber in der Selbstverständlichkeit, jetzt selber das Recht zu setzen, unterscheiden sich die Religiösen von den, hmmm, demokratisch-weltlichen Kritikern.
    Auch wie die „Massen“ hier ins Bild kommen, begreife ich nicht, und im Grunde ist mir die Ausrichtung des ganzen Beitrags unklar. Also, wogegen wendest du dich und was soll hier nachgewiesen werden?

  11. Nochmal zum Frage, wer dazu “neigt”, sich religiös zu radikalisieren:
    Der Facebookler, den ich anfangs zitiert habe, schrieb: “ich möchte nur noch anmerken, dass es dafür, dass jemand Dschihadist wird, nicht notwendigerweise einen Ausschluss aus der gesellschaftlichen Reproduktion, Abstellkammer Lumpenproletariat, braucht”.
    Das war und ist offensichtlich richtig. Von “Unterschicht” oder “Vorstadt” war weder bei dem, noch dann bei mir die Rede. Ich habe dem sozusagen auch nochmal exülizit widersprochen: “Als wenn z.B. nur Ausgegrenzte ausflippen könnten.”
    Im Ergebnis stimme ich dir dann wieder zu:
    “Weder kann man aus Armut auf Fanatismus schließen, noch sollte man „überflüssig“ und „perspektivlos“ gleich mit „Unterschicht“ oder „Vorstadt“ gleichsetzen.”
    In allen Schichten der Gesellschaft machen sich die Menschen ihren eigenen Kopp, Blödheiten wie religiöses Denken kommen da genauso vor, wie es vernünftige Einsichten in ihre Klassengesellschaften geben könnte.

  12. Ein Beispiel für geo-strategische Planspiele der imperialistischen Weltmacht beim Blick auf die gesamte Region Naher/Mittlerer Osten: Von Kurdistan nach Alawitestan
    “Nähere Überlegungen, aus den kurdischsprachigen Gebieten Syriens und des Irak ein “Kurdistan” zu formen, hat im vergangenen Herbst die renommierte Tageszeitung New York Times veröffentlicht – kurz nach der Absage des angekündigten US-Überfalls auf Syrien. Dieser hätte mutmaßlich zum Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al Assad sowie zur Einsetzung einer prowestlichen Marionette auf seinem Posten geführt. Der Artikel in der New York Times, der Ende September erschien, wurde von der US-Publizistin Robin Wright verfasst, die unter anderem am “United States Institute of Peace” tätig ist, einer staatsfinanzierten, mit Interventionen in Konflikte in aller Welt befassten Institution. Wrights Beitrag, dessen Inhalt mit einer Landkarte illustriert wurde, übt Kritik an den Grenzen im Nahen und Mittleren Osten, die einst “von europäischen Kolonialmächten” festgelegt und seitdem “von arabischen Autokraten verteidigt worden” seien. “Neue Grenzen” könnten gezogen werden, “Länder könnten sich auflösen”, heißt es in dem Text, der genau dies für große Teile der arabischen Welt gedanklich durchexerziert.[8]
    Wright zufolge ist Syrien bereits “in drei identifizierbare Regionen zerbrochen”: in ein kurdisches, ein sunnitisches und ein noch von Assad beherrschtes, alawitisch dominiertes Gebiet. Letzteres ist auf der beigefügten Landkarte mit dem Namen “Alawitestan” versehen. Das kurdische Gebiet verschmilzt mit dem kurdischsprachigen Norden des Irak zu “Kurdistan”, das sunnitische Gebiet mit den sunnitischen Teilen des Irak zu “Sunnistan”; bei letzterem handelt es sich um die Region, die heute von der Terrororganisation IS kontrolliert wird. Der Süden des Irak ist auf der Landkarte unter der Bezeichung “Shiitestan” zu finden. Eine ähnliche Aufspaltung droht die Mitarbeiterin des “United States Institute of Peace” auch Saudi-Arabien an: Dessen Küstengebiete könnten in vier neue Staaten aufgeteilt werden; seinem Kern (“Wahhabistan”) solle man den Nordjemen zuschlagen. Auch Libyen sei zu zerschlagen.[9] Käme es zu der beschriebenen Aufspaltung, dann könnte der Westen sich sicher sein, dass keiner der machtlosen Kleinstaaten noch zu ernsthaftem Widerstand gegen seine Hegemonie fähig wäre. Als Modell kann die einst von der Bundesrepublik forcierte Zerschlagung Jugoslawiens gelten.”

  13. Ich will nur noch einmal betonen, daß ich mit „Jugend“ und „perspektivlos“ keineswegs ausschließlich Mitglieder der „Unterschicht“, gar des „Lumpenproletariats“ in Sinn hatte.
    Wir leben in einer Zeit der Auflösung der Mittelschicht. Ehemalige Universitätsprofessoren werden in Ein-Euro-Jobs vermittelt. Leute mit akademischer Ausbildung werden zu Hilfsarbeiterlöhnen beschäftigt, in Teilzeit- und Leiharbeit. Wer heute in den Arbeitsmarkt einsteigt, hat keinerlei Aussicht auf Pension. Es ist gar nicht sicher, ob die Pensionssysteme in 10 Jahren überhaupt noch funktionieren werden.
    Und jede Art von Protest, auch wenn er sehr systemkonform ist: „Benutzt uns doch, schafft Arbeitsplätze für uns!“ – wird niederkeknüppelt.
    Daß man daraus den Schluß zieht, sich als Dschihadist zu betätigen, ist keineswegs zwingend, und es machen ja zum Glück auch nur einige Wenige. Andere törnen sich mit irgendeinem Stoff zu, oder nehmen sich das Leben.
    Mir ging es darum, darauf hinzuweisen, daß auf diese Art und Weise ein Potential für Idiotien aller Art geschaffen wird, weil diese ganzen Leute nichts zu erwarten, und daher auch nichts zu verlieren haben.

  14. Nochmal zum Frage, wer dazu „neigt“, sich religiös zu radikalisieren

    Dafür gibts ganz banale materielle Gründe, und auf den Zusammenhang kann man auch ohne Einsichten in Klassengesellschaften kommen. Wolfgang Pohrt hat das mal sehr treffend so beschrieben:

    Wenn in Ägypten Muslimbrüder und Salafisten Wahlen gewinnen, dann deshalb, weil die Bevölkerung ohne Arbeit in bitterer Armut lebt und Unterstützung nur von Muslimbrüdern und Salafisten bekommt, nicht vom Staat. Das Geld, das die Muslimbrüder und besonders die in der Tat ziemlich unangenehmen Salafisten verteilen können, bekommen sie aus Saudi-Arabien. Dort wiederum sind die Wahhabiten am Ruder, ein Spielart des Islam, die es bequem mit den übelsten evangelikalen Sekten auf christlicher Seite aufnehmen kann. Und die Wahhabiten sind dort am Ruder, weil Saudi-Arabien seiner gigantischen Ölvorkommen wegen ein enger Verbündeter der USA geworden ist, die das Regime mit allen Mitteln stützen.
    Saudi-Arabien hat alles, was sich Moslemfresser wünschen: Verbot des Autofahrens für Frauen, Verbot für Frauen, sich in der Öffentlichkeit mit fremden Männern zu zeigen, öffentliche Scharia-Strafen wie Hinrichtungen und Auspeitschungen, Verbot der freien Religionsausübung. Aus Saudi-Arabien kommen die Gelder für Salafisten und Taliban. Es gilt aber nicht als Schurkenstaat und wird vollgepumpt mit Waffen auch aus der Bundesrepublik.
    Wer hatte im Iran einen Pfauenthron installiert? Wer hatte Saddam Hussein in seinem Krieg gegen den Iran unterstützt? Wer unterstützte das Mubarak-Regime und ist immer noch Geldgeber für das ägyptische Militär? Allah war und ist es nicht.
    Es ist ziemlich blöde, den Moslems Nachhilfeunterricht geben zu wollen, wenn man es nicht mal im eigenen Land schafft, die Ausfuhr von Waffen nach Saudi-Arabien zu verhindern, die von der saudischen Armee bei der Niederschlagung von Aufständen in Bahrain eingesetzt werden können.

    Insofern könnte man das globale Agieren von EU- und US-Imperialisten auch als das Vorrücken der Marktfundamentalisten bezeichnen, und die produzieren ungleich mehr Opfer als alle Selbstmordattentäter zusammen.

  15. Der Verweis auf die Analyse Pohrts ist schon deswegen in diesem Zusammenhang wenig hilfreich, weil in diesem Thread die Frage gewälzt wurde, warum sich Jugendliche aus Europa für diese schon recht extreme Form des Dschihad erwärmen können, der den meisten Moslembrüdern schon etwas zu extrem ist.
    Außerdem sind es auch in Ägypten nicht unbedingt die Ärmsten der Armen, die sich „radikalisieren“, also als Gotteskrieger in die diversen Fronten des Dschihad ziehen. Brotspenden von den Muslimbrüdern nehmen sie gerne, und sie wählen sie auch. Aber weder Ayman Al-Zawahiri noch Umar Abd Ar-Rahman entstammten der Unterschicht.
    Also bitte nicht immer an dem schon seit mehr als 100 Jahren falschen Gedanken weitermachen, daß die materiellen Umstände der Menschen, ihr „Sein“, ihr Bewußtsein bestimmen.
    Saudi-Arabien hat zudem inzwischen die Moslembrüder fallen gelassen, vermutlich weil sie ihnen selbst schon als Bedrohung ihrer Herrschaft erscheinen.

  16. Radikale Formen von Auseinandersetzungen sind wahrscheinlich den meisten Menschen suspekt. Mir ging es um den Hinweis auf den globalen Zusammanhang der ganzen Angelegenheit. Und religiösen Wahn, gleichgültig ob Dschihad oder Hexenjagd ebenso wie Fragen nach Herrschaft(en) getrennt von ökonomischen Gegebenheiten durchzukauen halte ich eben für falsch.

  17. Was genau ist also an Nestors Ausgangspost verkehrt?
    Dein Larifari kannst du ja überall verbraten.
    Deine genaue Kritik an Nestor tät mich aber einzig interessieren.

  18. Dass da jetzt nix mehr kommt,
    hatt’ ich mir schon gedacht.
    Manchem ist sein eigenes allgemeines leeres Durchblickertum viel zu wichtig, als dass er das an Konkretem darlegen möchte.

  19. Könntest du lesen, Nachfrager, wüsstest Du’s. Es ging/geht um Voraussetzungen, mir jedenfalls. Nestor benennt paar, aber m.E. eben falsch. Bspw. passiert gar nichts, nur weil wer ein Buch veröffentlicht oder einen heiligen Krieg ausruft, solange die materiellen Voraussetzungen fehlen. Die aber, und da hat Pohrt recht, sind noch niemals von irgendeinem Gott demjenigen gestiftet worden, der Glaubensbrüder oder -konkurrenten “an Orthodoxie und Militanz” übertrumpft hat.
    “Ayman Al-Zawahiris Auslegung des Selbstmordattentats als legitimem Mittel des Dschihads” bewirkt für sich genommen wenig bis nix, solange es keinen Fachandel für Selbstmordattentatszubehör gibt. Andernfalls könnte auch irgendeinde Splittergruppe Treffpunkt und Zeitpunkt ausgeben, an dem sich alle Interessenten der Weltrevolution versammeln sollten.
    Btw, dass die Taliban gegenüber Al Quaida ins Hintertreffen gerieten, hat wenig mit den markigen Sprüchen letzterer zu tun, dafür umso mehr damit, dass erstere den ökonomischen Interessen ihrer Auftraggeber (und das waren eben nicht die Saudis) nicht Folge leisten wollten.

  20. Sehr langweilig, das Getue um Voraussetzungen. Bedingungen der Möglichkeit gibt es wirklich immer, überall und für alles.
    Wer sich mit so Zeug herumschlägt, will offenbar vom konkreten Inhalt eines Weltbildes, von Willen und Bewußtsein der Akteure, und von den Interessen, die dort unterwegs sind, nichts wissen.
    Das Voraussetzungs- ebenso wie das Funktions-Gehubere ist nicht zufällig integraler Bestandteil der bürgerlichen Wissenschaft, mit dem von den Zielen, die sich in unserer Gesellschaft durchsetzen, und den Mitteln, derer sich die Akteure von Staat und Kapital bedienen, abgesehen wird. Sie werden gar nicht in die Betrachtungsweise eingebaut, oder wenn, so eben nur als Teile eines quasi selbsttätigen Apparates.
    Für diese Art von Betrachtungsweise gibt es folgerichtigerweise auch keine Subjekte, sondern alle sind Getriebene irgendwelcher materiellen oder historischer Voraussetzungen.
    Auch drüben hat diese Art von Zerreden aller Krieger, Handelverträge und sontiger Taten des Imperialismus seinerzeit Schule gemacht. Historischer Materialismus hieß das.
    http://alanier.at/Kapital-Protokolle/Histomat.html

  21. Wie man einen Gaul benennt, ist egal, man muss ihn aber erstmal haben. Wille und Bewusstsein machen noch lange keine Aktion. Andernfalls hätten bspw. Lenin in seinem Schweizer Exil oder Castro in Mexico abwarten können.
    Die Taliban haben die Sowjets nicht mit ihrem Weltbild bekämpft, sondern mit Waffen und die hatten sie nicht von Allah sondern von denselben Imperialisten, die alle Saudis, Saddams, Shahs, Karsais, Pinochets etc. dieser Welt ins Amt hieven und da halten, solange es ihren materiellen, d.h. ökonomischen Interessen dient.
    Ähnlich verhält es sich mit den Selbstmordattentätern. Den Sprengstoff, mittels dessen die sich und reihenweise Unbeteiligte in die Luft jagen, haben die garantiert nicht im ‘Bastelladen um die Ecke’ besorgt.
    Dass dir derlei Zusammenhänge zu langweilig sind, ist mir schon klar.

  22. Deinen Intentionen entspricht wohl eher derlei Art von Stories, die zwar was beschreiben, aber gerade nichts erklären:

    Shiraz Maher interessiert sich für die Frage, warum so viele der Jihadisten ausgerechnet zum »Islamischen Staat« gehen. Heute mag der militärische Erfolg eine große Rolle spielen, der aber vor der Einnahme von Mossul im Juni 2014 so nicht abzusehen war. Ein Grund könnte sein, dass der IS seinen Kämpfern Wohnungen, Essen und bis zu 400 Dollar Taschengeld im Monat bietet. Das ist mehr als in den meisten anderen Terrororganisationen, die eher darauf bauen, dass die Jihadisten von sich aus und allein aus religiösem Fundamentalismus in den Kampf ziehen.

  23. Mit einem Wort, die jugendlichen Kämpfer in den Reihen von IS fühlen sich durch die gute Bezahlung angezogen?
    So auf die Art: geh ich zum Media-Markt als Verkäufer, oder lieber doch als IS-Kämpfer nach Syrien?
    Warum sollte dergleichen Unfug „meinen Intentionen“ entsprechen?
    Und daß man sich Waffen etc. irgendwo kaufen muß, ist auch nicht als besondere Erkenntnis einzustufen. Schließlich leben wir in einer Marktwirtschaft.

  24. Und daß man sich Waffen etc. irgendwo kaufen muß, ist auch nicht als besondere Erkenntnis einzustufen. Schließlich leben wir in einer Marktwirtschaft.

    Die Erkenntnis ergäbe sich eher aus der Antwort auf die Frage wer kauft, und vor allem bei wem. Aber sowas findest du ja eher langweilig, also lassen wir’s dabei …

  25. @nestor
    mit “deiner intention” ist wohl eher die stoßrichtung deiner kritik gemeint, die der samson eher dort verortet(bedingung von möglichkeiten…etc) als bei ihm selbst.
    und dass die waffen für derartige aktionen marktwirtschaftlich gehandelt werden, ist doch nicht dein ernst. ich habe keinen einblick in derartige geschäfte, aber wundern würds mich schon, wärs denn so.

  26. Also daß Waffen verschenkt werden, habe ich noch nicht gehört. Soweit ich weiß, ist der Waffenhandel eine recht profitable Sphäre, allerdings mit beträchtlichen Risiken für Leib und Leben verbunden.
    Mit Intentionen, Stoßrichtung usw. weiß ich überhaupt nicht mehr, worum es geht.
    Mit Samsons Bemerkung, wer bei wem einkauft, sind wohl eher die „Hintermänner“ gemeint – ja, die muß man natürlich suchen, wenn man sich für das, was vorne und zugänglich ist, nicht interessiert.

  27. Sehr seltsam, der Artikel aus der Berliner Zeitung:
    „Ein Bündnis gegen IS soll geschmiedet werden“ – aha, denkt man sich, werden da jetzt vielleicht Assad und der Iran ins Boot geholt? Aber nein, es geht um Staaten wie Jordanien oder Saudi-Arabien, von denen man doch angenommen hatte, daß die die Verbündeten der USA sind.
    „Sie sehen die Zurückhaltung der USA, den Kampf der Opposition gegen die syrische Regierung von Baschar al-Assad zu unterstützen, als wichtige Ursache für das Erstarken des IS.“
    Also nicht das eigene segensreiche Wirken in der Unterstützung der „Opposition“ hat dem IS Waffen verschafft, sondern daß die Amis zu wenig getan haben!
    Dieses komische Sich-Zieren weist darauf hin, daß manche dieser Staaten mit dem IS anscheind gut leben können. Ihnen gefällt anscheinend die Stoßrichtung gegen die Schiiten.

  28. “In den arabischen Ländern und in der Türkei hingegen verfügt das Führungspersonal der Bewegung, die von Saudi-Arabien finanziell unterstützt wird, in der Regel durchaus über ein Mindestmaß an Bildung und religiösem Wissen. Anders als in Deutschland, wo viele Menschen sich von Salafisten provoziert fühlen, sind sie dort zum Teil wohlgelitten. Sie gelten als weniger korrupt als andere politische Bewegungen und stoßen mit karitativen Projekten oft in Nischen vor, aus denen sich der Staat zurückgezogen hat.
    In zerfallenden Staaten wie Somalia und Syrien und in vernachlässigten Gebieten wie im sunnitischen Kernland des Irak bemühen sich militante Salafisten-Gruppen wie die Al-Shabab-Miliz oder die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) außerdem, so etwas wie eine staatliche Infrastruktur zu schaffen.”
    http://www.weser-kurier.de/startseite_artikel,-Vom-Schulabbrecher-zum-Attentaeter-_arid,939931.html

  29. Doch “Krieg” gegen den IS
    Der Militäreinsatz der USA sei doch mehr als nur eine “Anti-Terror-Aktion”, erklärt das Weiße Haus. Die genauen Umrisse der Operation bleiben unklar
    Was ist das nun für ein Waffengang mit dem Ziel “degrade & destroy ISIL”? Us-Präsident Obama bezeichnete die Operation in seiner Rede an die Nation vergangene Woche als “Anti-Terror-Aktion”. Sein Außenminister Kerry verwendete am 11.September ebenfalls die Überschrift “counterterrorism”, mit dem Zusatz “significant” und grenzte die Operation deutlich von “Krieg” ab. Nun besserten die Sprecher des Weißen Hauses und des Pentagon nach.
    “Ein wichtiges außenpolitisches Interesse der Golftsstaaten am Krieg gegen den IS zeichnet sich ab. Es geht darum, dem Regierungswechsel in Syrien einen neuen Schub zu geben. Noch ist nicht klar, wer die “moderaten Bodentruppen” aus dem syrischen Widerstand stellen wird, die in Saudi-Arabien ausgebildet werden sollen, aber man kann darauf gefasst sein, dass die Auswahl der Gruppen die nächste größere Aktion sein wird, die im Hintergrund – und dies mit einigem Eifer – betrieben wird.
    Dass nun Frankreich zögert, Iran zur Pariser Konferenz zur Zukunft Iraks in der kommenden Woche einzuladen, Kerry sich vehement dagegen ausspricht und der irakische Ministerpräsident al-Abadi, der enge Beziehungen zu Irans Führung hat, ebenfalls nicht an der Konferenz teilnimmt, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Zukunft Syriens im Zusammenhang mit dem Krieg gegen IS(IL) kein Nebenthema ist, das ganze aber ohne Freunde der syrischen Regierung stattfinden wird.
    Insgesamt eine Milliarde Dollar wird die USA je zur Hälfte in die Ausbildung von 5.000 “moderaten Rebellen” in Syrien für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und für humanitäre Hilfe in Syrien beisteuern. Eine Einmischung in innere Angelegenheiten eines souveränen Staates? Nach US-Definition lautet die Antwort “nein”, weil man Syriens Regierung die Souveränität schlicht abspricht.”
    Zur Bestreitung der “syrischen Souveränität”: Kampf gegen den IS und Baschar al-Assad?
    “Nach Informationen von US-Regierungsbeamten, die von AP übermittelt werden, wird der amerikanische General John R. Allen die Militäroperationen der Verbündeten gegen den Islamischen Staat (IS) koordinieren. Allen war von 2007 bis 2008 Komandeur Marinekorpseinheiten in der mehrheitlich sunnitischen Provinz Anbar. Zusammen mit seinem damaligen Vorgesetzten General Petraeus gilt er als Verfechter einer Strategie, die auf sunnitische Stämme als Verbündete im Kampf gegen al-Qaida setzte. (…)
    General John R. Allen nennt das “Krebsgeschwür” (Obama) IS. Und er äußerte sich in der jüngsten Zeit mehrmals und ausführlich dazu, wie der Islamische Staat zu zerstören sei. So zum Beispiel in seinem am 20. August im Magazin Defense One erschienenen Artikel. Dort spricht er sich eindeutig für Luftangriffe in Syrien aus, die USA sollten dem syrischen Präsidenten keine Souveränität in diesem Kontext garantieren, da es sich um einen failed state handele, der nicht mehr souverän handeln könne und auch nicht den Respekt als solcher verdiene.”
    Das ist schon ein erlesener Zynismus. Da wird Syrien durch die USA zum Abschuss freigegeben, die Umsetzung des fälligen “regime change” per Delegation an willfährige regionale Verbündte (“leading from behind”) tatkräftig in Angriff genommen und dann das Resultat der eigenen Politik (“failed state”) dessen Opfer zum Vorwurf gemacht und als Begründung genommen, bei seiner Zerstörung jetzt auch selbst ganz handgreiflich und damit um so wuchtiger mitzumachen. So etwas nennt man wohl “selffullfilling prophecy”.

  30. “Moderate” Verbündete in Syrien aufzubauen versuchen die USA ja seit ein paar Jahren, mit durchschlagendem Erfolg.
    Aber die Klarstellung hat es in sich: trotz aller Provokation – publikumswirksames Enthaupten von US-Staatsbürgern – stellen die USA klar, daß sie den IS als geringeres Übel betrachten als Assad oder den Iran, daß also eine Zusammenarbeit mit diesen beiden auf keinen Fall in Frage kommt.
    Ein angekündigtes Bombardement in Syrien könnte durchaus nach Westen erweitert und auf Stellungen der syrischen Armee ausgeweitet werden, wenn Syrien diese Verletzung seiner Souveränität tolerieren würde.
    Sagt die syrische Führung jedoch: das lassen wir nicht zu! – so hat sie damit wieder bewiesen, daß sie ein Feind der Achse des Guten ist.
    Gute Aussichten für die IS-Truppe …

  31. Das Ende einer Epoche (I)
    Außenpolitiker aus dem Bundestag fordern einen Bundeswehr-Einsatz im Irak gegen die Terrororganisation “Islamischer Staat” (IS). Wie der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, erklärt, schließe er eine deutsche Beteiligung an US-Luftschlägen gegen den IS “nicht aus”. Ein Fraktionskollege bringt einen Einsatz deutscher Militärs “im Rahmen von Überwachungsflügen” ins Spiel. Auch ein Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen lässt Sympathien für einen Bundeswehreinsatz gegen den IS erkennen. Eine etwaige Intervention deutscher Soldaten würde die Aufrüstung irakisch-kurdischer Truppen durch die Bundesrepublik und den Aufbau einer militärischen Kernpräsenz im nordirakischen Erbil ergänzen, der Ende August vollzogen worden ist. Experten urteilen, “die postkoloniale Übergangsepoche” im Nahen und Mittleren Osten gehe gegenwärtig “zu Ende, ohne dass sich bereits die Konturen einer neuen arabischen Ordnung abzeichneten”. Der Zerfallsprozess werde “aller Voraussicht nach noch lange anhalten”; er werde wohl in die Reduzierung Syriens auf den westlichen Teil seines Staatsgebiets, in die Dreiteilung des Irak oder auch die Zerschlagung Libyens in sechs oder noch mehr Teile münden. Mit dem Krieg gegen den IS tritt der Westen einmal mehr in die Kämpfe um die Neuordnung der Region ein.
    Das Ende einer Epoche (II)
    Mit deutscher Beteiligung haben sich rund 30 Staaten am gestrigen Montag in Paris auf gemeinsame Operationen gegen die Terrororganisation “Islamischer Staat” (IS) geeinigt. Wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärt, verfolge man gemeinsam “operative Ziele”, die unter anderem in der Austrockung der IS-Finanzquellen – vor allem in den Diktaturen der Arabischen Halbinsel – und in gemeinsamen militärischen Maßnahmen bestünden. Berlin lehnt eine Beteiligung der Bundeswehr an Kampfeinsätzen bislang ab, verstärkt aber die Bemühungen um Aufrüstung und Training nordirakisch-kurdischer Militärs, die gegen den IS kämpfen. Eine wichtige Rolle im Kampf gegen den IS ist Saudi-Arabien zugedacht. In dem Land, das von der Bundesrepublik seit Jahren hochgerüstet wird, äußern große Teile der Bevölkerung starke Sympathien für den IS, der zudem von Saudi-Arabien aus lange Zeit mit Geld und mit Kämpfern unterstützt wurde – bei gemeinsamen Operationen gegen die Regierung Syriens, die Saudi-Arabien an der Seite des Westens führte. Beobachter warnen, es könne in dem Land nach dem Tode des 90-jährigen Monarchen zu Unruhen kommen – mit unklaren Folgen.

  32. Der neue Krieg hat sichere Gewinner
    Krieg gegen die Terrormiliz IS: Darüber dürften sich vor allem US-Rüstungskonzerne und private Sicherheitsfirmen freuen. Sie versprechen sich von neuen Militäraktionen im Irak oder in Syrien Milliardengeschäfte.
    “US-Präsident Barack Obama hat der Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) den Krieg erklärt. Während sich die Koalitionspartner dem neuen Feldzug mit eher gemischten Gefühlen anschließen, herrscht anderswo Aufbruchstimmung: US-Rüstungskonzerne und private Sicherheitsunternehmen, die schon im Irak und in Afghanistan lukrative Geschäfte machten, hoffen nun abermals auf satte Gewinne.
    “Diese Unternehmen spüren neuen Aufwind”, sagt Sean McFate, selbst ein früherer Vertragsarbeiter der US-Regierung, der jetzt als Professor an der Georgetown University lehrt. “Sie glauben, dass dies für sie das nächste große Ding ist.” Es gehe um Verträge im Wert von Hunderten Millionen Dollar: “Die Branche hofft, dass dies wieder in große, jahrelange Einsätze mündet.” (…)
    Allen voran Branchenführer Lockheed Martin, der die “Hellfire”-Raketen herstellt. Diese Luft-Boden-Geschosse trafen bei den jüngsten Luftschlägen bereits irakische IS-Stellungen. Seit Obamas Rede in der vergangenen Woche hat die Lockheed-Aktie an der Börse spürbar zugelegt. Und nicht nur die: Auch der Index, der die gesamte US-Rüstungsindustrie zusammenfasst, steigt seitdem.
    Freuen dürfen sich unter anderem auch die Drohnenhersteller. Sowohl bewaffnete Drohnen – etwa eben mit “Hellfire”-Raketen – als auch unbewaffnete Spähdrohnen sind ein zentraler Teil der US-Aktionen gegen den IS. (…)
    Am meisten hofften die privaten Vertrags- und Sicherheitsfirmen auf neue Kriegsprofite. Allein 2010 zahlte das Pentagon diesen oft suspekten Schattenakteuren 140 Milliarden Dollar für ihre Dienste. Sie arbeiteten als IT-Experten, Logistikmanager, Verhörführer – und paramilitärische Kämpfer.
    Mit dem Ende des Irakkriegs und dem Abzug aus Afghanistan drohte diese Gewinnquelle aber zu versiegen. Befanden sich im ersten Quartal 2014 noch mehr als 78.000 US-Vertragsarbeiter in Afghanistan, sind es im dritten Quartal nur noch knapp 51.000. Zum Vergleich: 2008 beschäftigten die USA weltweit 242.558 Zivilangestellte in Kriegsgebieten. (…)
    So verrufen und teuer sie auch sind – die Vertragsfirmen bieten Obama einen Ausweg aus der Sackgasse: Auf diese Weise kann er jetzt wieder paramilitärisches Personal in den Irak schicken, ohne wirklich Bodentruppen in Marsch setzen zu müssen. “Die Firmen bieten dem Weißen Haus politische Deckung”, sagt Sean McFate. “Sie zählen nicht als Truppen.”
    Schon hat die US-Armee nach Informationen des Militärmagazins “Stars and Stripes” neue, zwölfmonatige Irak-Privatverträge ausgeschrieben. Dabei gehe es unter anderem um Verwaltung, Training, Management, Logistik, Infrastruktur und Kommunikation vor Ort. Ziel: “Die Spannungen zwischen Arabern und Kurden und Sunniten und Schiiten zu reduzieren.””
    Neue irakische Regierung will mehr Waffen aus Russland
    “Die neue irakische Regierung erhebt laut Vizepremier Hoshyar Zebari die Zusammenarbeit mit Russland zu einer Priorität und plant neue Waffenkäufe.
    „Der Irak will die Zusammenarbeit mit Russland in Politik, Wirtschaft und militärtechnischem Bereich ausbauen“, sagte Zebari in einem Interview für den Radiosender Stimme Russlands. „Wir haben bereits mehrere militärische Verträge umgesetzt. Weitere Verträge wurden unterschrieben und werden demnächst erfüllt.“ Der Irak wolle von Russland insbesondere Jagdflugzeuge, aber auch andere moderne Waffen für den Kampf gegen den Terrorismus kaufen, so der Vizepremier weiter. „Die Waffen, die wir im Sommer aus Russland bekommen haben, und die Unterstützung durch ihr Land haben der irakischen Regierung im Kampf gegen den so genannten Islamischen Staat sehr geholfen.“
    Bei anstehenden Treffen werden Regierungsvertreter aus beiden Staaten auch über den gemeinsamen Bau von Kraftwerken im Irak und über die Ölförderung verhandeln, sagte Zebari. „Die neue Regierung des Irak wird der Zusammenarbeit mit Russland eine erstrangige Bedeutung beimessen.“”

  33. Der “SPIEGEL” vom Montag erläutert in einem Bericht über ISIS die weltpolitischen Konstellationen:
    Noch vor Kurzem hätte niemand für möglich gehalten, dass Washington diese Allianz schmieden könnte: zwischen Kurden, Saudi-Arabien, den Golfstaaten, Ägypten, Jordanien, Libanon, Irak. Ausgerechnet die wichtige Türkei ist nicht bei Obamas Allianz dabei.
    “Schon bald wird sich zeigen, inwiefern die Welt bereit ist, Amerika zu folgen. Der Krieg im Nahen Osten steht im Mittelpunkt der UNO-Vollversammlung im September. Obama wird eine weitere Grundsatzrede halten und die Sitzung des Sicherheitsrates leiten. Sollten Russen und Chinesen eine Legitimierung seiner Politik im Sicherheitsrat blockieren, stünde der mächtigste Mann der Welt blamiert da. Erhielte er Rückendeckung, wäre dies sein erster wirklicher außenpolitischer Erfolg.”
    Mal abgesehen von der “Psycho-Ausdrucksweise” (‘blamiert da’) thematisiert der SPIEGEL hier doch eine Akzentverschiebung – insofern die USA erkennen müssen, dass sie sogar auf Russland und China beim Kampf gegen ISIS angewiesen sind. (Das wird auch in sonstigen Weltgegenden möglicherweise das Klima leicht verändern…)
    Auch der Hinweis, dass der Irak in Russland Waffen kaufen will, passt in diese Klimaveränderung.

  34. Der “SPIEGEL” vom Montag erläutert in einem Bericht über ISIS die weltpolitischen Konstellationen: Noch vor Kurzem hätte niemand für möglich gehalten, dass Washington diese Allianz schmieden könnte: zwischen Kurden, Saudi-Arabien, den Golfstaaten, Ägypten, Jordanien, Libanon, Irak. Ausgerechnet die wichtige Türkei ist nicht bei Obamas Allianz dabei. “Schon bald wird sich zeigen, inwiefern die Welt bereit ist, Amerika zu folgen. Der Krieg im Nahen Osten steht im Mittelpunkt der UNO- Vollversammlung im September. Obama wird eine weitere Grundsatzrede halten und die Sitzung des Sicherheitsrates leiten. Sollten Russen und Chinesen eine Legitimierung seiner Politik im Sicherheitsrat blockieren, stünde der mächtigste Mann der Welt blamiert da. Erhielte er Rückendeckung, wäre dies sein erster wirklicher außenpolitischer Erfolg.”
    Mal abgesehen von der “Psycho-Ausdrucksweise” (‘blamiert da’) thematisiert der SPIEGEL hier doch eine Akzentverschiebung – insofern die USA erkennen müssen, dass sie sogar auf Russland und China beim Kampf gegen ISIS angewiesen sind. (Das wird auch in sonstigen Weltgegenden möglicherweise das Klima leicht verändern…)

  35. @Paco
    Bitte beim Thema des Threads bleiben und nicht andere, hierher nicht gehörige Themen weglassen. Die Ebola-Geschichte hat hier nichts verloren.
    ____________
    Halten wir doch einmal fest, was von Felix und dazu hier gepostet wurde.
    Die USA hat klargestellt, daß ihre grundlegende Feindschaft gegenüber Assad und dem Iran wegen IS nicht aufgekündigt wird. Das heißt nicht mehr und nicht weniger, als daß sie IS für eine zweitrangige Gefahr für die USA hält.
    Was sich daraus ergibt, hat es in sich: Die USA gibt ein Stück weit ihre Rolle als Weltmacht aus der Hand. Die Entscheidung der US-Regierung, keine eigenen Truppen zu entsenden und ihre direkte Rolle auf Luftschläge zu beschränken, und Söldner einzusetzen, gibt ihren europäischen Rivalen die Möglichkeit, sich hier als Weltordnungsmacht zu profilieren – um so mehr, als in der Frage der IS die EU weitaus weniger gespalten ist als in der Frage der Ukraine.
    Es gibt der EU die Möglichkeit, womöglich mit dem Iran und Assad zu packeln – auch wenn es nicht öffentlich geschieht, – und sich damit ein Stück weit gegen die USA zu positionieren.
    Auch die Rolle Rußlands ist zu beachten: es kann sich hier als Weltordner profilieren, und gerade mit Hilfe des Irans und Assads seine Rolle in der Region aufwerten.
    Man bemerke auch die Rolle der Kurden: Nie waren sie besser angeschrieben als heute. Sie stehen als erste Kämpfer und Gegner des IS im Vordergrund, kriegen von allen Seiten Waffen und mediale Unterstützung. Die Idee eines kurdischen Staates (erstmals im Vertrag von Sevres vorgesehen) war nie näher als heute. Syrien, der Irak würden womöglich zustimmen, der Iran und die Türkei derzeit noch nicht. Das einzige, was diesen möglichen kurdischen Staat verhindern könnte, ist die Uneinigkeit ihrer eigenen Führer.
    Was wir hier im Augenblick beobachten können, ist eine zögerliche und unentschiedene USA, eine einmischungsgeile EU, und ein sich die Hände reibendes Rußland, das seine Rückkehr in die mittelöstliche Region feiert – alles dank der islamischen Fanatiker, die die USA und ihre Verbündeten am persischen Golf aufgepäppelt haben. Ein interessantes Bumerang des militärischen US-Imperialismus.
    Man spinne den Gedanken weiter: ein selbständiger Kurdenstaat, mit Unterstützung der EU und Rußlands, und der Duldung bzw. Kooperation des Iran – das würde die USA ein gehöriges Stück weit ausmischen …

  36. Regime Change
    In Syrien geht es der US-Regierung weniger um den Kampf gegen die Islamisten als um den Sturz der Regierung Assad
    “Eine größere Luftoffensive gegen syrische Gebiete, die derzeit vom IS kontrolliert werden, würde erst Sinn machen, wenn die US-Regierung sich auf einheimische Kräfte stützen könnte, die diese Angriffe für Geländegewinne nutzen. Damit sieht es aber im Moment ganz schlecht aus. Die von den USA als »gemäßigte Rebellen« gepflegten und versorgten Organisationen sind in zahlreiche Splittergruppen zerfallen. Viele von diesen kollaborieren mit dem IS oder haben Nichtangriffsabkommen mit den Islamisten geschlossen. Insgesamt sind die »gemäßigten Rebellen« gegenwärtig als militärische Kraft irrelevant.
    Das hindert die US-Regierung aber nicht, vorbeugend schon jetzt den syrischen Streitkräften mit Militärschlägen zu drohen, falls sie ihr Luftabwehrsystem gegen die künftig geplanten Angriffe aktivieren sollten. (…)
    Trotzdem könnte die US-Regierung dazu tendieren, zu Beginn einer längeren Luftoffensive als erstes die syrische Luftabwehr und Luftwaffe so vollständig wie möglich zu zerstören. Nach US-amerikanischer Definition läge eine »Gefährdung« nicht erst dann vor, wenn wirklich Raketen abgeschossen würden, sondern schon in dem Moment, in dem die Syrer ihr Radarsystem aktivieren würden, um in ihren Luftraum eindringende Flugzeuge zu erfassen. (…)
    Die New York Times berichtete am Sonntag, daß Obama bei internen Gesprächen im Beraterkreis auch über die Möglichkeit diskutiert habe, daß die syrische Luftabwehr gegen einfliegende US-Angreifer aktiv werden könnte. Wenn das geschehen sollte, habe Obama gesagt, würde er der Air Force befehlen, die Luftverteidigung der Syrer zu vernichten. Dieses Szenario könne zum Sturz von Präsident Baschar Al-Assad führen, zitierte die New York Times Obama. Ohnehin ist ein »Regimewechsel« in Damaskus wohl das Hauptziel, das die US-Regierung mit der angekündigten Ausweitung ihrer neuen Militärintervention auf Syrien verfolgt. Aus innenpolitischen Gründen dürfte sich Obama nicht einmal den Anschein erlauben, daß Assad aus den geplanten Luftangriffen gegen den IS Vorteile ziehen könnte. Daher würden wahrscheinlich alle Gebiete, aus denen sich der IS zurückziehen sollte, sofort zu »Schutzzonen« erklärt, in die die syrischen Streitkräfte nicht vorrücken dürfen.”
    Repräsentantenhaus stimmt für die Unterstützung von gemäßigten syrischen Rebellen
    Aber die Abgeordneten beider Parteien sind zerrissen, nach einer Umfrage misstraut eine Mehrheit der Amerikaner Obama in der Außenpolitik
    “Im Repräsentantenhaus hat US-Präsident Obama erfolgreich seinen Plan durchsetzen können, neben den Luftschlägen gegen den Islamischen Staat gemäßigte syrische Rebellen zu trainieren und mit Waffen auszurüsten. (…)
    Begeistert begrüßten die Abgeordneten den Wiedereinstieg in den Irak-Krieg nicht. US-Präsident Obama hatte zuvor bei einem Besuch des Zentralkommandos in Tampa noch einmal versichert, dass er keine Bodentruppen schicken will. Die Soldaten, die bereits in den Irak abkommandiert wurden, hätten keinen Kampfauftrag. Zuvor hatte der Generalstabschef Dempsey freilich in einer Anhörung noch erklärt, dass das Pentagon die Entsendung von Bodentruppen nicht ausschließen will, wenn die Luftangriffe und die Unterstützung der Rebellen scheitern sollten. (…)
    Tatsächlich kann man schon fragen, auch wenn es noch nicht um Angriffe in Syrien geht, ob die über 1000 US-Soldaten, die jetzt schon vor Ort sind, nicht schon als Bodentruppen gelten müssen. Zweifelhaft ist auch, die “gemäßigten” Rebellen ausgerechnet in Saudi-Arabien ausbilden zu lassen. Und offen ist zudem, welche Rebellengruppen unterstützt werden sollen, zumal es kaum noch andere als islamistische gibt, deren Ziele kaum im Interesse der USA liegen. Das erinnert stark an die Unterstützung der Taliban gegen die russischen Truppen in Afghanistan. Und im Irak ist die Situation nicht viel anders.”
    Das Ende einer Epoche (III)
    Berlin drängt das Emirat Qatar zur Anpassung seiner Außenpolitik an die neuen Prämissen der westlichen Nah- und Mittelostpolitik. Wie es gestern anlässlich eines Besuchs des Emirs bei Bundespräsident Gauck und Bundeskanzlerin Merkel hieß, müsse Qatar jegliche Finanzierung der Terrororganisation “Islamischer Staat” (IS) unterbinden. Die Forderung kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem die militärische Expansion des IS Interessen des Westens verletzt; zuvor war seine Finanzierung, die vor allem aus Saudi-Arabien erfolgte, im gemeinsamen Kampf gegen die Regierung Syriens nie in Frage gestellt worden. Zudem heißt es nun, Qatar solle seine Unterstützung für islamistische Milizen in Libyen einstellen. Seine Hilfe für die libyschen Milizen hatte Doha 2011 in Abstimmung mit dem Westen gestartet, als die NATO Bodentruppen für den Krieg gegen Gaddafi suchte. Weil sie jetzt – ähnlich wie der IS – westlichen Interessen zuwider handeln, sollen sie gestoppt werden. Kommt Qatar den westlichen Forderungen nach, stellt Berlin ihm eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit in Aussicht. Das Emirat gehört seit Jahren zu den engsten Verbündeten Deutschlands im Mittleren Osten, ist der größte arabische Investor in Deutschland und erhält im Gegenzug deutsche Rüstungslieferungen in Milliardenhöhe.
    Unter Freunden: Der Emir von Katar auf Deutschland-Besuch
    “Der reiche Golfstaat, in dem 2022 die Fußball-Weltmeisterschaft stattfinden soll, ist ein gefragter Geschäftspartner der deutschen Wirtschaft. So wird der Scheich in der Hauptstadt ein hochkarätig besetztes Wirtschaftsforum eröffnen. Auf dem Programm steht zudem ein Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
    Katar zählt in Deutschland zu den größten ausländischen Investoren. Es ist nach eigenen Angaben mit 18 Milliarden US-Dollar (13,9 Mrd. Euro) der größte arabische Investor hierzulande. Investoren aus dem Golfstaat sind unter anderem an Volkswagen (17 Prozent), der Deutschen Bank (5,93 Prozent), Siemens (3,15 Prozent) und Hochtief (11,1 Prozent) beteiligt.
    Der Golfstaat kündigte weitere Unternehmensbeteiligungen in Deutschland an. „Wir erwarten in der nächsten Zukunft, dass die Investitionssumme Katars in der deutschen Wirtschaft weiter wachsen wird“, sagte Wirtschafts- und Handelsminister Scheich Ahmed bin Jassim bin Mohamed Al Thani am Mittwoch bei einem Wirtschaftsforum in Berlin. Umgekehrt gebe es auch für deutsche Firmen in Katar große Investitionschancen. Bis zur Fußball-WM sind dort gewaltige Infrastrukturprojekte geplant. (…)
    Doch die Freundschaft zur Golfdiktatur unterliegt gegenwärtig einer politischen Belastungsprobe. Während sich die Bundesregierung vor Wochen dazu entschlossen hat, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik offiziell Waffen an eine Konfliktpartei in einem Kriegsgebiet zu senden, um so im Irak dem Vormarsch der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) Einhalt zu gebieten, gilt Katar als wichtigster Finanzier islamistischer Terrorgruppen in der Region.
    Die katarische Regierung habe „klar zu erkennen gegeben, dass es keine Probleme damit hat, wenn islamistische Radikale die Nachbarländer überrennnen“, erklärte David Weinberg, Nahost-Experte der Foundation for the Defense of Democracies, gegenüber dem US-Nachrichtensender FoxNews am Dienstag. (1) Formell sei Katars Regierung Teil der Koalition gegen den Islamischen Staat, gleichzeitig sei sie jedoch „hauptverantwortlich dafür, dass radikale Islamisten zum dominanten Element in der syrischen Opposition wurden“, so Weinberg, der ehemals als Berater des Vorsitzenden für Nahost-Angelegenheiten im Außenpolitik-Ausschuss des US-Senats fungierte.
    Vor diesem Hintergrund forderten Politiker von SPD, Linken und Grünen Gauck und Merkel auf, den Emir auf kritische Themen anzusprechen. (…)
    Das Emirat werde als westlicher Alliierter im Kampf gegen Terrorismus betrachtet und gleichzeitig als wichtigster Unterstützer radikaler Dschihadisten im Nahen Osten kritisiert, beschreibt FoxNews die Situation und fügt hinzu: „Möglicherweise hat es einen Weg gefunden, beides zu sein.“ (2)
    Eine Anspielung auf die Praxis der Golfdiktatur, Terrorgruppen nicht direkt, sondern durch die Auszahlung von Lösegeldern zu finanzieren und sich gleichzeitig als für den Westen unverzichtbarer Konfliktvermittler gebärden zu können. (…)
    Wie der libanesische Daily Star vor Kurzem berichtete, habe es Anfang September direkte Gespräche zwischen Vertretern Katars, der al-Nusra-Front und dem Islamischen Staat in der nordlibanesischen Stadt Arsal gegeben. (4)
    Es sei „verblüffend“, so David Weinberg, dass ein Land, das eine US-Militärbasis beherbergt, sich „in Zeiten einer globalen Koalition gegen Terrorismus“ mit Vertretern der al-Nusra-Front und des Islamischen Staates zu direkten Gesprächen an einen Tisch setzt und die Forderungen der Terroristen vermittelt. (5)
    Verblüffend ist das jedoch nur, wenn man davon ausgeht, dass der von den Vereinigten Staaten ausgerufene „Krieg gegen den Terror” tatsächlich die Schwächung islamistischer Terrornetzwerke zum Ziel habe und nicht die Verfolgung eigener geopolitischer Interessen.
    Geht man vom Letzteren aus, so ist Katar für die USA ein verlässlicher Partner: Sei es bei der Eindämmung des iranischen Einflusses oder als Unterstützer von Regierungsumstürzen wie in Libyen oder Syrien. Es ist daher weder verblüffend noch überraschend, dass die Vereinigten Staaten im Juli den bislang größten Waffendeal dieses Jahres mit Katar abgeschlossen haben. Für insgesamt 11 Milliarden US-Dollar erhält das Emirat Rüstungsgüter, darunter Kampfhubschrauber und Anti-Panzer-Raketen. (…)
    Auch Deutschland will nicht hinten anstehen wenn es darum geht, einen Freund und Partner militärisch hochzurüsten, dessen Unterstützung islamistischer Terrorgruppen schon als traditionell zu bezeichnen ist. (7)
    In den vergangenen Jahren hat Berlin milliardenschwere Rüstungsdeals mit dem Golfstaat abgeschlossen. Zu den deutschen Exportschlagern zählen unter anderem Leopard-Kampfpanzer sowie Panzerhaubitzen.
    Die nun auf dem Berliner Wirtschafsforum erfolgte Ankündigung weiterer Großinvestitionen in deutsche Unternehmen durch Katars Wirtschaftsminister wird sicherlich das ihrige dazu beitragen, die Bundesregierung davon zu überzeugen, den nach Öl-und Erdgas zweitwichtigsten Exportschlager des Emirats – den internationalen Terrorismus – nicht wie von der Opposition gefordert in den Vordergrund zu stellen.”
    Merkel mit Emir
    Katars Staatsoberhaupt trifft sich mit Bundesregierung. Monarchie strebt Machtwechsel in Syrien an
    Politiker aller Parteien und Medien begleiteten den Besuch des Staatsoberhauptes, das erst im Juni 2013 von seinem Vater das Amt übernommen hatte, mit beißender Kritik. Tatsächlich unterscheidet sich das Emirat beim Umgang mit asiatischen Gastarbeitern auf Großbaustellen oder bei der Finanzierung von Kampfverbänden in Syrien und Irak nur unwesentlich von anderen Bündnispartnern der Bundesregierung im Mittleren Osten.
    Alle Staaten des Golfkooperationsrates, der sechs Länder der Arabischen Halbinsel umfaßt, sowie der NATO-Partner Türkei sind seit Beginn des sogenannten Arabischen Frühlings 2011 massiv an der Eskalation in der Region beteiligt. Ihr Handeln entspringt nationalen Machtinteressen, doch ihre westlichen Bündnispartner in den USA und Europa – auch in Berlin – haben sie dazu ermuntert und ihnen reichlich Waffen geliefert. (…)
    Katar gehörte 2011 zu den führenden Kräften, die die Demonstrationen in Tunesien und Ägypten, in Libyen und Syrien nutzten, um der Muslimbruderschaft zum Sieg zu verhelfen. Beim Angriff auf Libyen half Katar mit Kampfjets und Waffenlieferungen an »Aufständische« in der Hafenstadt Bengasi. Der katarische Nachrichtensender Al-Dschasira fungierte quasi als Presseamt bewaffneter Gruppen, viele Journalisten verließen den Sender aus Protest.
    Das Engagement entsprach dem eigenen Interesse, da der Emir von Katar der Muslimbruderschaft zumindest nahesteht. Gleichzeitig wurden die Golfmonarchie und die Türkei vom Westen ermuntert, in den Wirren der Umbrüche eine führende Rolle zu übernehmen. (…)
    Als der Vater des heutigen Emirs von Katar, Scheich Hamad Bin Khalife Al Thani, im Januar 2012 im Interview mit dem US-Sender CBS für den Einmarsch arabischer Truppen in Syrien plädierte, um »dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten«, lieferten Transportmaschinen der katarischen Luftwaffe bereits tonnenweise Waffen an die Kampfverbände in Syrien. Eine Langzeitrecherche der New York Times, die im März 2013 veröffentlicht wurde, zeigte Katar an der Spitze der Waffenlieferanten, gefolgt von Saudi-Arabien, Jordanien und Kroatien, das kurze Zeit später im Juli als Mitgliedsstaat in die EU aufgenommen wurde.
    Nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi in Ägypten, der im Wesentlichen von Saudi-Arabien betrieben wurde, mußte Katar zurückrudern. Der Emir wurde ausgetauscht, Scheich Tamim reiste nach Riad und unterwarf sich. Erst vor wenigen Tagen gab Katar ein weiteres Mal nach und forderte führende Mitglieder der Muslimbruderschaft zur Ausreise auf, die dort Exil gefunden hatten. Die Türkei hat ihnen bereits Aufnahme zugesagt.
    Die Bereitschaft, sich an der von den USA geschmiedeten Allianz gegen die IS-Miliz zu beteiligen, ist für Katar und andere Staaten des Golfkooperationsrates die vorerst letzte Unterwerfung unter die US-Interessen in der Region. Arabische Staaten sollen nun im Kampf gegen IS Truppen und Luftwaffe einsetzen. Für Katar und die anderen Verbündeten Deutschlands in der Re­gion – und für Berlin – könnte sich so ihr ursprüngliches Ziel doch noch erfüllen: »Regime Change« in Syrien.”

  37. In der Frankfurter Rundschau von heute findet sich dies
    “Inzwischen wird die Zahl der bosnischen Syrienkämpfer auf mehr als 400 geschätzt.
    Die Angst vor Anschlägen durch verrohte Rückkehrer, wie sie die westeuropäischen Staaten umtreibt, steht gar nicht mehr im Vordergrund. Fürchten muss man eher, dass die Salafisten nach Syrien und dem Irak irgendwann die muslimischen Teile des Balkans „befreien“ wollen.”
    http://www.fr-online.de/politik/islamischer-staat-durchmarsch-der-gotteskrieger,1472596,28452074.html

  38. @dazu
    Nur nebenbei zu dem von dir geposteten Artikel:
    Mappes-Niedek war der Korrespondent der Presse während des Bosnienkriegs, der so gar nicht die antiserbischen Berichte liefern wollte, die die Presse so gern gehabt hätte. Wen anderen haben sie aber nicht gefunden, der diesen Job übernommen hätte.
    Dann fand die Presse den Taz-Korrespondenten Rathfelder, der nach einer Reise in den Kosovo prompt eine Geschichte von einem Massaker auftischte, wofür er später eine Rüge des österreichischen Presserates für schleißigen Journalismus erhielt.
    „Die Presse“ hingegen war begeistert, übernahm Rathfelder und entließ Mappes-Niedek.
    Zu der Moschee in Wien (auch wieder „Die Presse“!):
    http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/1464103/Moschee-in-der-Leopoldstadt-als-SalafistenZentrum

  39. @Paco

    Ob die USA ernsthaft auf diese „gemäßigten syrischen Rebellen“ vertrauen (oder nicht eher Geheimabsprachen mit Assad und auch mit Putin existieren)? Jedenfalls habe ich nicht vernommen, dass von Seiten von Assad (im Originalton!) Entsprechendes vermeldet worden wäre, dass die USA nun den Kampf gegen ihn intensiviert hätten.

    Sehr seltsame Einwände.
    Obama hat heute groß verkündet, ausgewählte 5000 „gemäßigte“ syrische Rebelen bewaffnen zu wollen. Das war im ORF, dem österreichischen Fernsehen. Jetzt zu sagen, bevor Assad mir das nicht bestätigt, so glaub ichs nicht, ist absurd.
    Wo Obama diese 5000 Gemäßigten hernehmen wird, bin ich echt neugierig. Bisher wurden ja auch keine gefunden, die im Sinne der USA gewesen wären. Die Kurden könnens auch nicht sein, weil die ziehen nicht gegen Assad. Oder werden sie jetzt in „Rebellen“ umgetauft, um die Bedenken der Türkei zu zerstreuen, die gegen IS weniger haben als gegen einen Kurdenstaat?

  40. Dass die USA nicht Syrien,
    sondern ISIS ins Visier nehmen,
    das behauptet übrigens auch die FAZ
    “Wie Hohn wirkt es da, dass der amerikanische Präsident Barack Obama erst in drei Monaten mit der Ausbildung der Freien Syrischen Armee (FSA) beginnen will; die Ankündigung, diese innerhalb eines Jahres abzuschließen, ist an Zögerlichkeit nicht zu überbieten.”
    http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/bagdad-briefing-kein-herz-fuer-syrien-13162356.html
    Laut SPON soll sogar Iran (!) einbezogen werden
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-kerry-fordert-vor-sicherheitsrat-globale-kampagne-a-992729.html
    … und wird es bereits:
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/is-islamischer-staat-iraner-soleimani-beraet-im-irak-die-milizen-a-990387.html#ref=veeseoartikel
    Wobei die offiziellen US-Reden, dass Iran sich mehr beteiligen solle, ja sogar die bisherige Geheimhaltung (des Versuchs) der Funktionalisierung des Iran verlassen…

  41. “The US prepares to broaden the campaign against the terror group by attacking targets in neighbouring Syria. (…)
    Military gains by Isis in western Iraq and northern Syria have made the border between the two countries irrelevant. However, many of the 30 or so international partners that Barack Obama has assembled are more comfortable sending forces to Iraq, where they would operate with the welcome of the Iraqi government, than Syria, whose regime is under boycott by the US and its allies.
    Hollande has insisted that French action will be confined to Iraq. The French jets flew from the United Arab Emirates, which has quickly emerged as a vital part of a US-led coalition against Isis, along with the regional Sunni powerhouse, Saudi Arabia. (…) “The threat from this jihadist group is unusual because of its size, its weaponry, its determination and its actions. Our goal is to contribute to peace and security in Iraq and to weaken the terrorists.”
    President Barack Obama previously praised Hollande’s decision to join the campaign against Isis, also called Isil. “Today the United States continues to build a broad international coalition to degrade and ultimately destroy the terrorist group known as Isil. As part of the air campaign France will join in strikes against (ISIS) in Iraq,” he said.”
    http://www.theguardian.com/world/2014/sep/19/french-planes-carry-out-air-strikes-isis-targets-iraq
    An ISIS bekämpfen sie übrigens den von ISIS zielstrebig intendierten islamischen Großmacht-Staat (und das ist eben ein ganz anderes wuchtiges Kaliber als die bisherige US-Strategie, islamistische Kleingruppen zur Schwächung dortiger Potentaten aufzpäppeln). Das scheint den USA sogar noch wichtiger zu sein als z.B. die Zurückstufung der Großmacht Russland. (Denn Russland und China und auch Iran wollen sie für den Kampf gegen ISIS auch instrumentalisieren.)
    Das Plazet der Russen zu Luftschlägen gegen syrische Islamisten-Stellungen haben die Russen übrigens gar nicht prinzipiell ausschließen wollen – sondern dazu vorherige Absprachen mit ihrem Bündnispartner Assad eingefordert:
    “Russlands Botschafter Witali Tschurkin betonte allerdings, sein Land „sei äußerst besorgt“, dass Extremisten in Syrien aus der Luft angegriffen werden könnten ohne Einwilligung der Regierung in Damaskus.”
    http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/sicherheitsrat-ruft-zum-kampf-gegen-is-auf-13163619.html

  42. Eine gewisse Zerfahrenheit der US-Außenpolitik ist derzeit nicht zu leugnen.
    @Paco

    Dass die USA nicht Syrien, sondern ISIS ins Visier nehmen, das behauptet übrigens auch die FAZ

    Das kann ich dem Artikel nicht entnehmen. Der Versuch, die Erfindung der „Freien Syrischen Armee“ wieder aus der Mottenkiste zu holen, ist Ausdruck der Halbherzigkeit beim Kampf gegen IS.
    Diese „Freie Syrische Armee“, die sich vor allen aus desertierten Armeeangehörigen zusammensetzte, ist sehr schnell in einander bekämpfende Gruppen bzw. solche, die nur ihre unmittelbare Heimat verteidigen wollten, zerfallen. Da sie als Truppe gegen Assads nichts taugten, wurden sie auch kaum unterstützt. Wenn also jetzt in Washington davon geschwafelt wird, sie zu bewaffnen, so wird damit erstens klargestellt, daß man Assad selbst nicht unterstützen will, sondern seine Gegner. Zweitens will die USA diese FSA benützen, um nicht selber Bodentruppen schicken zu müssen. Drittens erwartet sie von diesen Leuten, daß sie sich jetzt auf einmal einigen und von den USA in einen Zweifrontenkrieg hetzen lassen.
    Alles höchst unrealistisch, und nichts, was dem IS Angst machen müßte.
    In der Frage der „Einbeziehung des Iran“ ist auch nicht klar, was eigentlich die Linie der USA ist. Daß die bisherige Einflußnahme des Iran auf die irakische Führung und das Bündnis mit Assad den USA weiterhin nicht recht sind, kann man den von euch geposteten Artikeln jedenfalls entnehmen. Wie stellen sie sich also eine Beteiligung des Iran vor, und woran soll sich die iranische Führung beteiligen?
    Irgendwie bietet sich hier das Bild einer Weltmacht, der angesichts des Chaos, das sie selbst gestiftet hat, zunehmend die Kontrolle über diese Weltgegend verliert.

  43. Es ist der ordinäre dreckige Krieg
    mit Drohnen und Bombardierung;
    eigene Staatsbürger will man dafür nicht in Holzkisten zurückfliegen müssen.
    Und das soll darum “halbherzig” sein?
    http://www.theguardian.com/world/defence-and-security-blog/2014/sep/22/sas-iraq-syria
    “Nach der US-Luftwaffe hatten kürzlich auch Kampfflugzeuge aus Frankreich erstmals Angriffe gegen IS-Stellungen im Norden des Iraks geflogen. Zahlreiche weitere westliche und arabische Staaten schlossen sich der US-geführten Koalition gegen die Gruppe an und sagten Waffenlieferungen und andere Hilfen zu.
    Offiziellen Angaben zufolge erwägt inzwischen auch der russische Präsident Wladimir Putin, sich an einer internationalen Bekämpfung des IS zu beteiligen. Putin habe mit seinem Sicherheitsrat beraten, wie eine Zusammenarbeit mit anderen Staaten aussehen könnte, sagte ein Sprecher des Präsidialamtes der Nachrichtenagentur Interfax. Er machte keine Angaben dazu, um welche Länder es sich handeln könnte.”
    http://www.sueddeutsche.de/politik/drohung-gegen-den-westen-is-droht-mit-ermordung-von-franzoesischer-geisel-1.2141125
    Und ihr glaubt wirklich, Putin würde dergleichen Überlegung anstellen, wenn es in Wahrheit doch dabei eigentlich gegen Assad gehen würde?

  44. Dass das Kriegsziel unklar ist, mag schon sein.
    War das Kriegsziel beim Sturz der Taliban-Regierung,
    beim Sturz von Hussein oder bei dem von Gaddafi,
    denn wirklich klarer?
    Die Vernichtung staatlicher Gewalt war das Ziel.
    (Man denkt ja, dazu gäbe es noch einen Zweck-Wozu,
    irgendeine Beute, auf die man scharf ist,
    Sicherung von Ölquellen o.dgl.
    Anscheinend geht es in der Region aber um die bloße Vernichtung
    störender staatlicher Vormacht bzw. Großmachtansprüche.)

  45. “Tötet sie, bespuckt sie, verachtet sie”
    Herkömmliche Anschlagsplanungen sind überflüssig: Der Sprecher des Islamischen Staates erteilt den Anhängern des Kalifats die Lizenz zum Töten in der ganzen Welt
    US-Regierung braucht für den neuen Krieg gegen den Terror wieder al-Qaida
    Angeblich seien die bislang unbekannte al-Qaida-Islamistengruppe Khorasan in Syrien und al-Nusra eine größere Gefahr für die USA und Europa als der Islamische Staat
    Die New York Times will von nicht näher benannten Angehörigen von US-Geheimdiensten gehört haben, dass trotz des begonnenen Kriegs gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat eigentlich eine andere syrische Gruppe als viel gefährlicher wahrgenommen werde. Genannt wurde die al-Qaida-Gruppe Khorasan, die von Muhsin al-Fadhli, einem einst engen Vertrauten von Bin Laden, geführt werde. Diese Gruppe sei gefährlicher, weil sie plane, Anschläge in den USA oder in Europa auszuführen.
    Erdogan will Flugverbot
    Rußland warnt den Westen vor Einrichtung einer Pufferzone im Norden Syriens nach dem Vorbild Libyens. 150000 Syrer fliehen vor IS-Terror in die Türkei
    Schmutziges Spiel
    Gastkommentar. Ankara und der »Islamische Staat« Von Ulla Jelpke
    Lieferte die Türkei dem IS Munition für US-Panzer?
    Der syrische Kurdenführer Salih Muslim warnt vor einem Völkermord
    In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) äußert Salih Muslim, der Vorsitzende der syrischen Kurdenpartei PYD, den Verdacht, dass die Türkei der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) die Munition für etwa 50 US-Panzer, die sie in der Schlacht um Ain al-Arab einsetzt, aus der Türkei geliefert bekam.
    Kurden: weitere Vorwürfe über türkische Waffenhilfe an den IS
    Im Kanton Kobanê wird vor einem zweiten Massaker gewarnt. Indessen wird dem türkischen Präsidenten Erdogan ein Doppelspiel mit dem IS vorgeworfen
    300.000 Flüchtlinge befinden sich im Kanton Kobanê in der autonomen Region Rojava in Nordsyrien – Christen, Eziden und arabische Binnenflüchtlinge. Der IS hat zahlreiche Dörfer rund um Kobanê erobert (siehe Schlacht um Ain al-Arab); den YPG-Milizen und der türkisch-kurdischen HPG geht laut Berichten die Munition aus, indessen der Türkei von kurdischer Seite vorgeworfen wird, dass sie den IS mit Munition und auch Waffen versorgt.

  46. David Cameron to meet Iran leader Hassan Rouhani in New York over Isis campaign for first bilateral talks in decades, signalling improvement in countries’ relations
    David Cameron is to hold the first bilateral talks between a British prime minister and an Iranian president since the 1979 revolution when he has a face to face meeting with President Hassan Rouhani in the next two days in New York.
    The meeting, a significant thaw in diplomatic relations between the countries, is designed to explore the support the Iranians can give to the fight against Islamic State (Isis) in Iraq and Syria.
    The Iranians were not allowed to attend the recent Paris talks on building an international coalition against Isis, and have also been excluded from all talks about dislodging President Bashar al-Assad in Syria, including the two conferences in Geneva.
    Rouhani has been a fierce critic of Isis, but has derided the US air strikes campaign as it involves no commitment to ground forces.
    Cameron is expected to make clear that Isis is a common and extremely serious threat that can only be tackled in Iraq and that Iran must drop its support for President Assad, who, in the words of Downing Street, has “created the conditions that have allowed terrorism to flourish”. (…)
    No 10 said Cameron will also hold talks with Egyptian president Abdel Fattah el‑Sisi on Tuesday. He will say the UK wants to work with Egypt in the region, but can only do so when there are inclusive governments, strong institutions, safeguards for minorities and respect for human rights.
    http://www.theguardian.com/politics/2014/sep/23/cameron-rouhani-meet-new-york-talks-isis

  47. @Halbherzig
    Das „halbherzig“ bezogb sich darauf, daß den USA der Kampf gegen IS nicht so wichtig ist, daß es deshalb einen Schulterschluß mit Assad oder dem Iran machen würde. Das ist der Eiertanz, den sie machen, und deshalb wird die FSA wiederbelebt.
    Daß Putin gerne gegen Islamisten vorgeht, hat damit nichts zu tun. Rußland hat ja im Unterschied zu den USA da immer eine relativ klare Linie gefahren. Das heißt aber nicht, daß Assad deswegen gleich mit ins Boot geholt würde.
    Seien wir doch ehrlich: Wenn die USA sich mit Assad und der normalen syrischen Armee verbünden würde, so wäre doch der IS weg wie nix!
    Aber dann gäbs Schwierigkeiten mit den Verbündeten, Saudi Arabien, Katar, und vielleicht auch der Türkei, wegen der Gefahr eines Kurdenstaates …

  48. Die Sache mit den Bodentruppen zeigt auch, daß die USA sich einfach nicht in dem Maße gegen IS engagieren will, wie manche das von ihnen erwarten. Nur wegen ein paar geköpften Amis tut man doch nicht die ganze Politik des letzten Jahrzehnts über den Haufen werfen … Das wird dann mit Rücksicht auf „eigene Bürger“ bemäntelt.

  49. Beim Thema “Syrien” scheinen sie eine stillschweigende Tolerierung ihrer Luftangriffe durch Assad (und Putin) erreichen zu wollen, während zum Thema Iran die Verhandlungen offiziell wie inoffiziell (siehe Cameron zwei Post höher) anscheinend eher daran scheitern, dass Iran dafür auch was haben will.
    (Aber auch das ist eine Veränderung in den Beziehungen,
    – zumindestens zum Iran.
    Mit Assad gibts keine offiziellen Verandlungen nach außen.)
    http://www.welt.de/politik/ausland/article132483378/Iran-bietet-Hilfe-an-fordert-Atom-Zugestaendnisse.html
    http://www.fr-online.de/politik/is-terror-usa-lehnen-hilfe-von-iran-zur-is-bekaempfung-ab,1472596,28488682.html
    Wenn jetzt auch noch hüben wie drüben die Türkei als gewichtiger Spieler auftritt, wirds ganz unübersictlich…

  50. “Arabische Koalition gegen IS: Amerikas widerwillige Verbündete
    Gemeinsam mit ihren arabischen Verbündeten bombardieren die USA Stellungen der Terrormiliz IS in Syrien. Doch nicht bei allen Zielen waren die Angreifer einig: Einige Attacken flogen die Amerikaner lieber allein. (…)
    Washingtons Interesse an dieser Koalition ist klar: Durch die arabische Unterstützung erhoffen sich die USA ein wenig Legitimation für die Angriffe, für die ihr die völkerrechtliche Absegnung fehlt: Dazu hätte Washington ausgerechnet Assad um Erlaubnis bitten müssen oder den Uno-Sicherheitsrat, wo Russland als Verbündeter seines Regimes ein Veto eingelegt hätte. (…)
    Besonders Saudi-Arabien und Jordanien dürften zunehmend besorgt sein angesichts der Entwicklungen in Syrien, denn in den Reihen des IS kämpfen viele saudi-arabische und jordanische Staatsbürger. Diese könnten auch zu Hause Anschläge durchführen. Schon in der Vergangenheit wurden Jordanien und Saudi-Arabien immer wieder zum Ziel islamistischen Terrors. Das Risiko von IS-Anschlägen in den arabischen Ländern könnte nun sogar zunehmen, da sich diese Staaten an den Luftschlägen gegen die Miliz beteiligen.
    Allein die Aussicht, den gemeinsamen Feind IS zu schwächen, dürfte die arabischen Staaten allerdings wohl kaum überzeugt haben, an Obamas Koalition teilzunehmen. Wer von ihnen welchen Deal aushandelte, dürfte sich in den kommenden Monaten zeigen. Denkbar ist, dass Washington mit Kooperationen und anderen Zugeständnissen lockte.” (…)
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/is-islamischer-staat-die-araber-bombardieren-nur-manche-ziele-a-993303.html
    (Merkwüdige Argumentation: Jordanien sei dabei, weil es wisse, dass viele islamistische Rückkehrer nach Jordanien dort Unruhe stiften würden, welche Gefahr man nun vergrößere, indem man ISIS bombardiere…
    Vielleicht kann man Jordanien aber ja auch anders unter Druck setzen als angeblich damit, dass die USA für Jordaniens Teilnahme angeblich einen Preis hätten zahlen müssen. (Merkwürdige Sache.)
    Dass die beteiligten Staaten von den USA Zugeständnisse erpressen können – s.o. auch Iran – ist eine ebenfalls merkwürdige Feilscherei – merkwürdig zumindestens, dass das als offensichtlich gilt – die die USA wohl in moralisch eher schlechtem Licht erscheinen lassen soll. Vielleicht ist das ja auch eher die bundesdeutsche Sichtweise des SPIEGEL(-Publikum)s, die in France und GB s o gar nicht vorkommt.)
    Höchst merkwürdig auch die Einbestellung des Emirs von Katar letzte Woche zur Kanzlerin – mit dem Ergebnis, dass Katar inoffiziell nun hüben wie drüben kämpft…
    Vergleichbar übrigens zu Europa: auch da gibt es die Unterstellung, dass Amerikas Interessen die identischen der Europäer seien – was aus Sicht Amerikas deren Anspruch an die Welt widerspiegelt, sich aber aus der Sichtweise der dafür in Anspruch genommenen Staaten eher nicht so darstellt.
    Es ist ein Widerspruch, Alleinherrscher sein zu wollen, und zu unterstellen, alle die, die davon teilweise auch profitieren, für dieses weltweite Kampfprogramm absolut als eigentliche Kampfmaschinen einspannen zu können. Unterstellt ist aus US-Sicht der Apriori-Gehorsam der ganzen Welt. Nur dann können die USA alles ihren als Bündnispartnern definierten Spießgesellen überlassen.
    Da das gar nicht so ist, lassen die sich zur Teilnahme einkaufen.
    (Als “Preis” – Geld ist dort ja wohl weniger ein Problem – fällt mir positiv nur ein, dass die Herrscherhäuser in ihrem Bestand absolut gesichert werden, und negativ, dass nicht verraten wird, wie detailliert ISIS deren Produkt ist, weil sie mit ISIS genau das erreichen wollten, was sie nunmehr durch US-Garantien gekriegt haben: die Garantie von Stabilität, Einfluss, Vormachtstellung in der Region zu Lasten anderer Konkurrenten.)
    Die JW mutmaßt, die Türkei würde durch die Propagierung maßlos überhöhter (?) Flüchtlingszahlen a) Stimmung machen für eine “Pufferzone” in Syrien, b) für einen türkischen Einmarsch in Syrien hinein:
    http://www.jungewelt.de/2014/09-24/001.php
    Wie die Türkei als zentraler Staat in der Region sich nun aufstellt, ist mir nicht recht klar.
    “Steinmeiers Drahtseilakt
    Die USA setzen die Angriffe gegen die Terrormiliz IS in Syrien fort. Der Irak habe um Hilfe gebeten, heißt es als Begründung. Die Bundesregierung unterstützt den Einsatz offiziell – hat aber rechtliche und praktische Zweifel an der Mission.” (…)
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/neue-luftangriffe-der-usa-gegen-is-in-syrien-bundesregierung-zweifelt-a-993392.html

  51. Neues Jour Fixe – Protokoll vom 15.09.14
    zum Artikel zum Gaza-Krieg 2014 (GS 3-14):
    http://www.gegenstandpunkt.com/gs/2014/3/gs20143x_israel.html
    Es beginnt mit der einleitenden Frage:
    Was ist der Unterschied zwischen den GSP-Artikeln über den nahöstlichen Verhau von Elend und Gewalt und den Einlassungen von Nahostexperten zum gleichen Gegenstand?
    Was ist überhaupt so ein Nahostexperte und seine Expertise?
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2014/jf140915.html

  52. USA bombardieren mysteriöse Chorasan-Gruppe
    Die USA bombardieren in Syrien nicht nur den “Islamischen Staat”. Auch die Chorasan-Gruppe aus Qaida-Veteranen soll getroffen worden sein. Doch nicht alle Bündnispartner der USA halten die Organisation für gefährlich.
    Organigramm des Terrors
    Der “Islamische Staat” hat ein Terrorregime errichtet. So archaisch die Ideologie der Dschihadisten, so ausgeklügelt ist ihre Führungsstruktur. Die wichtigsten Akteure im Überblick.
    Obama präsentiert Schlachtplan gegen Terror-Reisende
    Dieser Vorstoß ist Chefsache: US-Präsident Obama persönlich will im Uno-Sicherheitsrat eine Resolution einbringen, die den Zustrom terroristischer Kämpfer in Krisengebiete eindämmen soll. Der Beschluss könnte Deutschland in Verlegenheit bringen.
    Zurück im völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Terror
    Der Aufstieg der ominösen al-Qaida-Terrorgruppe Khorasan
    US-Präsident Obama erklärte nach den ersten Luftangriffen auf Ziele des Islamischen Staats in Syrien, dass die USA den Krieg gegen die Terrorgruppe wie vorangekündigt in einer “breiten Koalition” geführt habe. “Schulter an Schulter” sei man gegen diese gemeinsame Bedrohung angetreten. Während den Kampf gegen den IS im Irak mehr Länder unterstützen, da hier die irakische Regierung um Hilfe gebeten hatte, ist es in Syrien schwieriger. Die US-Regierung schlägt ohne Zustimmung der syrischen Regierung und ohne UN-Mandat zu, es handelt sich also um einen völkerrechtswidrigen Krieg. Und den wollte keine breite Koalition mittragen, sondern es fanden sich nur fünf Länder, deren genaue militärische Rolle bislang im Dunklen bleibt.
    Krieg gegen den IS: Seltsame Verbündete und uneingestandene Ziele
    Der Vorsitzende der syrischen Oppositionsbündnis SNC spricht offen von seiner Hoffnung auf einen Regime-Change durch die Militärintervention und der gemeinsamen Front zwischen der Freien Syrischen Armee und al-Nusrah
    Welchen Rückhalt die Syrische Nationale Koalition (SNC) in der syrischen Bevölkerung hat, ist unbekannt; nicht ausgeschlossen ist, dass er gegen Null geht. Denn es ist ein Bündnis, das von außen gedeckt und lanciert wird. Das Führungspersonal wird ständig ausgetauscht, je nachdem welches Land unter den Freunden Syriens gerade Interessen durchdrücken kann. Seit Juli heißt der SNC-Präsident Hadi al-Bahra. Er hält sich derzeit in New York auf, um bei den Vereinten Nationen vorzusprechen. In Interviews mit amerikanischen Fernsehsendern machte er Aussagen, die zu denken geben.
    “Mit Hilfe des IS will die Türkei ihren Einfluss auf Syrien ausweiten”
    Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke über die Lage in den kurdischen Autonomiegebieten Syriens, die Bewaffnung der Kurden und die Luftangriffe auf IS-Stellungen
    Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag, bereiste das nordsyrische Krisengebiet von 4. bis zum 21. August 2014 (Waffen für die PKK?). Das Interview wurde am 23. September per Email geführt.
    Syrien: Die nächste heillose Einmischung?
    Ein Problem überlagert das andere – die Aussichten nach den Luftangriffen auf Raqqa
    Die von USA angeführte Militärintervention mit dem Ziel “Degrade & destroy ISIL” ist eine Eskalation in kleinen, vorbedachten Abweichungen vom ursprünglichen Anlass des Eingreifens, der Hilfe der von den Dschihadisten verfolgten religiösen Minderheiten. Schritt für Schritt werden Ausmaß und Reichweite des Einsatzes vergrößert. Die “humanitäre Dimension” wird abstrakter, indirekter – es geht nun mehr und mehr um die Ausschaltung der IS-Bedrohung -, die Verwicklung in kriegerische und damit verbundene politische Dynamiken größer und beunruhigender. Das Vorbedachte wird an Grenzen stoßen. Zu sehen ist das etwa an der lästigen Springteufelfrage nach dem Einsatz von Bodentruppen und an der Nervosität von Regierungen und Gruppierungen in Syrien, im Irak und im Nachbarstaat Libanon.
    Israel schießt syrisches Kampfflugzeug ab
    Die Maschine war vermutlich irrtümlich in den israelischen Luftraum eingedrungen, der Vorgang dürfte aber die Lage nach den ersten US-Angriffen auf IS-Stellungen in Syrien komplizieren
    Erstmals haben die USA mit einer Koalition von arabischen Staaten Stellungen des Islamischen Staats in Syrien angegriffen (USA bombardieren IS-Stellungen in Syrien). Nach syrischen Angaben hatte die US-Regierung den syrischen UN-Botschafter in Washington über die anstehenden Angriffe informiert. Ob sich daraus eine Kooperation mit dem Assad-Regime ergibt, ist noch nicht klar. Russland hatte zuvor darauf gedrängt, dass Angriffe in Syrien nur in Absprache mit der syrischen Regierung erfolgen dürften.
    USA bombardieren IS-Stellungen in Syrien
    Zentrum der Angriffe ist die von den Terroristen kontrollierte Provinz ar-Raqqa
    Dem Pentagonsprecher John Kirby zufolge haben die USA heute Nacht damit begonnen, Stellungen der Terrorgruppe IS in Syrien zu bombardieren. Vorher bekämpften sie die Dschihadisten nur im Irak, wo die Regierung des Landes die Einsätze explizit wünschte. Obwohl US-Präsident Obama Anfang September verlautbart hatte, dass man syrische Politiker nicht um Erlaubnis fragen werde, wurde auch die dortige Regierung nach eigenen Angaben vorab über den Einsatz informiert.
    Fehlen dem Pentagon im neuen Krieg gegen IS die Drohnen?
    Überwachungs- und Kampfdrohnen waren die Wunderwaffen im US-Krieg gegen den Terror, den Obama mitsamt den Drohnen zurückfahren wollte
    Bewaffnete Drohnen sind seit dem Globalen Krieg gegen den Terror, den George W. Bush nach 9/11 ausgerufen hat, zur Wunderwaffe des Fernkriegs geworden. Sie verkürzen den Abstand zwischen Erkennen und Angreifen, ermöglichen ohne Einsatz von Bodentruppen neben besserer Beobachtung und Verfolgung möglicher Gegner einen Krieg mit gezielten Tötungen, die dem Terror von Islamisten oder Aufständischen einen militärischen oder staatlichen Terror entgegensetzen. Und sie ermöglichen es, ein höheres Risiko einzugehen, weil nur die unbemannten, ferngesteuerten Systeme geschädigt werden können.

  53. Obama verhöhnt sich selber
    (tut aber so, als spräche er über Russland):
    “We believe that right makes might – that bigger nations should not be able to bully smaller ones; that people should be able to choose their own future.”

  54. Ich muß mich dazu anschließen, daß alle die geposteten Infos mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben.
    Völlig unklar ist die Frage des Kriegsziels. Soll IS ausgerottet werden? Das geht so nicht. Ist IS ein Vorwand zum Einmarsch nach Syrien? Nur, wessen Einmarsch? Der Türkei?
    Laut der Website des Kaukasus-Emirats soll außer Raqqa und Deir ez-Zor auch Aleppo bombardiert worden sein, mit vielen Opfern unter der Zivilbevölkerung. Auch ein Autobus soll getroffen worden sein.
    Sie beziehen ihre Infos aus Facebook, Twitter usw., von Leuten vor Ort.

  55. Für den Kampf gegen den IS formulierte Obama in New York vier Ziele:
    1.) Der “Islamische Staat” müsse zerstört werden, Verhandlungen mit den Dschihadisten schloss Obama kategorisch aus: “Die einzige Sprache, die sie verstehen, ist die Sprache der Stärke.” Der IS sei ein “Netzwerk des Todes”, hinter dem kein Gott stehe. Unter anderem sollen Geldströme an die Extremisten stillgelegt werden.
    2.) Die Ideologie hinter dem IS müsse bekämpft werden. Vor allem solle “die Verführung junger Menschen zu dieser brutalen Ideologie” unterbunden werden, sagte Obama. Alle zivilisierten Völker sollten sich daher zusammenschließen.
    3.) Außerdem müsse der Konflikt auf diplomatischem Wege angegangen werden. “Wichtig ist, dass wir eine breit angelegte Verhandlung in der ganzen Region anregen”, sagte Obama. Nicht nur Syrien und der Irak, sondern viele Staaten des Nahen Ostens sollen dabei eingebunden werden. Obama kündigte auch an: “Amerika wird in der Region engagiert bleiben.”
    4.) Schließlich forderte Obama einen Einsatz für junge Menschen: “Die Länder der arabischen und muslimischen Welt müssen sich auf das großartigen Potenzial ihrer Völker konzentrieren – vor allem auf die Jugend”, sagte er.
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/obama-rede-vor-der-uno-koalition-gegen-is-a-993539.html
    Washington/New York/Leipzig (dpa) – Nach Stützpunkten sollen nun die Geldquellen der IS-Miliz zerstört werden. Ihre in Syrien eroberten Öl-Anlagen werden beschossen. Der UN-Sicherheitsrat nimmt die Weltgemeinschaft in die Pflicht.
    Mit Luftangriffen auf Öl-Anlagen in Syrien haben das US-Militär und arabische Verbündete wichtige Energie- und Einnahmequellen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ins Visier genommen. Der Beschuss richtete sich gegen zwölf kleinere Raffinerien und ein Fahrzeug im dünn besiedelten Osten des Landes, wie das US-Zentralkommando in Tampa (Florida) am Mittwochabend mitteilte. (dpa)
    Bereits 2009 hatte Obama vor der UNO die Welt insgesamt in die Pflicht nehmen wollen, um die Interessen der USA durchzusetzen, sich so vom Unilateralismus seines Vorgängers George W. Bush distanzierend, politischen Alleingängen Amerikas angeblich eine klare Absage erteilend und die Weltgemeinschaft zur tätigen Mitarbeit bei der Lösung der US-definierten Probleme aufrufend.
    “Auch ein Barack Obama konnte es sich dabei aber nicht verkneifen, die Führungsrolle der USA herauszustellen, die von vielen Staaten auch erwartet werde. Aber: “Diejenigen, die Amerika üblicherweise für seine Alleingänge in der Welt gescholten haben, können nun nicht darauf warten, dass Amerika die Probleme der Welt allein löst”, sagte der US-Präsident.” (2009)
    http://www.abendblatt.de/politik/ausland/article1197735/Obama-nimmt-die-Welt-in-die-Pflicht.html
    Dementsprechend dpa 2014
    “Amerika meldet sich als Führungsmacht zurück. Das scheint die Botschaft von US-Präsident Obama an die UN-Vollversammlung zu sein. Obama will Stärke demonstrieren und Probleme gemeinsam anfassen.
    US-Präsident Barack Obama will die Welt in einen entschlossenen Kampf gegen Terrorismus und globale Krisen führen. “Die Vereinigten Staaten von Amerika werden mit einer breiten Koalition arbeiten, um dieses Netzwerk des Todes zu zerlegen”, sagte sagte Obama am Mittwoch in der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York mit Blick auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Auch die Eindämmung der russischen Einmischung in der Ukraine oder der Ebola-Epidemie liege in der gemeinsamen Verantwortung aller Nationen.”
    Die USA sagen als Führungsmacht, was die eigentlichen Interessen aller Staaten sind. Und die halten sich dann daran. Und machen mit – gegen ISIS. Oder vorher als Europäer gegen Russland.
    Der Verdacht, dass da entsprechende Absprachen vorher getätigt worden sein müssen, wird da vermutlich schon stimmen.
    Interessanter finde ich die Frage nach dem jeweiligen Eigeninteresse, warum die Mitmacher mitmachen (oder warum sie sich ggf. dafür bestechen lassen)
    Das müsste man vermutlich en detail anhand der nationalen Interessen der jeweiligen Hauptmächte herausklamüsern, z.B. bei Jordanien und Türkei.
    Das Mitmachen halte sich schwer in Grenzen, meint die ZEIT:
    “Mitarbeiter des Pentagon ließen durchblicken, dass die erste Angriffswelle in Syrien einzig von US-Jets geflogen worden sei. Die Jordanier priesen ihre Luftwaffe für Einsätze nahe ihrer Ostgrenze zum Irak, also direkt vor der eigenen Haustür. Das Ziel sei es gewesen, zu verhindern, dass der “Terrorismus das Königreich erreicht”. Saudi-Arabien sowie die kleinen Golffürstentümer Bahrain und Vereinigte Arabische Emirate dagegen äußerten sich zu ihrem Kampfeinsatz allesamt nur äußerst vage. Katar will sich gar nur auf logistische Unterstützung beschränkt haben, die restlichen 15 Staaten der Arabischen Liga sowie die Türkei hielten sich vollends abseits.
    Dabei wissen die arabischen Regierungen am Golf: Ihre Beteiligung ist Voraussetzung dafür, dass die US-Luftstreitkräfte überhaupt gegen den IS zu Felde ziehen. Auf noch einen einsamen Krieg auf arabischem Boden gegen muslimische Extremisten wollte sich Obama auf keinen Fall einlassen. Und deshalb werden die USA in den kommenden Wochen sehr genau darauf achten müssen, dass sich die neuen Bundesgenossen nicht still und heimlich wieder aus dem Staub machen.”
    http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-09/obama-is-kampf-koalition-araber
    (Auch das übrigens eine Vergleichbarkeit zu Europa, das sich ja am liebsten auch aus den Sanktionen gegenüber Russland aus dem Staub machen würde, und nur von einigen Hardlinern und US-Freunden wg der Einigkeit der Gesamt-EU erpresst werden kann.)
    Die Staaten machen das, was ihnen die USA als ihre “Pflicht” einbleuen.
    Und das geht?

  56. Was wird der Krieg gegen den Islamischen Staat kosten?
    Die US-Regierung bittet Mitstreiter um Finanzhilfe, bei den Angriffen auf den IS in Syrien wird offenbar die al-Qaida-Gruppe al-Nusra geschont
    “Auffällig ist, dass die US-Regierung zwar neben dem Islamischen Staat noch die Khorasan-Gruppe angegriffen hat, aber nicht andere islamistische Gruppen. Khorasan dient vor allem zur Rechtfertigung der Angriffe in Syrien, weil diese Gruppe angeblich unmittelbar drohende, aber nicht näher benannte Anschläge gegen die USA und europäische Länder geplant habe. Die US-Regierung beruft sich also auf präventive Selbstverteidigung und gegenüber dem Kongress auf die Kriegsermächtigung gegen al-Qaida aus dem Jahr 2001. Seltsam mutet dann an, dass etwa neben der Islamischen Front auch die al-Qaida-Gruppe al-Nusra offenbar von Angriffen bislang verschont blieb, obgleich Khorasan irgendwie als Ableger von al-Nusra gilt, der aber nicht an den Kämpfen teilnehme, sondern nur Anschläge im Westen plane.
    Man muss annehmen, dass die US-Regierung mit der arabischen Koalition nicht den gesamten, weitgehend von islamistischen Gruppen getragenen Widerstand gegen das Assad-Regime zerbrechen will. Zudem wurden islamistische Gruppen wie al-Nusra durch Gelder aus Saudi-Arabien oder Katar unterstützt und werden vermutlich die Kämpfer anderer islamistischer Gruppen gegenüber dem IS bereits als gemäßigt angesehen. Ebenso wie die US-Regierung peinlichst vermeidet, die Angriffe mit dem syrischen Regime zu koordinieren, man habe diese nur informiert, kann man direkt und explizit auch nicht al-Nusra und Co. unterstützen bzw. schonen.
    Kämpfer der “gemäßigten” Gruppen sollen denn auch in Saudi-Arabien trainiert und ausgerüstet werden, um gegen den IS und das Assad-Regime zu kämpfen. Dabei können dann wohl auch “gemäßigte” Kämpfer der al-Qaida-Gruppe al-Nusra sein, die ja nur aus Syrien einen Gottesstaat machen, aber keine Terroranschläge im Westen ausführen wollen. Zwar hatte die al-Nusra Blauhelme auf den Golanhöhen angegriffen und 43 entführt, diese aber wohl auch deswegen bald wieder freigelassen, um den Bonus einer gemäßigten Gruppe zu erhalten. Ob die Strategie, den Teufel mit dem Beelzebub islamistischer Kämpfer und autoritärer Staaten zu vertreiben, erfolgreich sein wird, darf man bezweifeln.”
    BRICS-Staaten sehen Angriffe auf Syrien kritisch
    Deutlich Worte aus Russland, Vorbehalte auch in China. UN-Generalsekretär besorgt über zivile Opfer
    “Die andauernden Angriffe der US-Armee auf Ziele in Syrien haben unter den BRICS-Staaten zwiespältige Reaktionen hervorgerufen. Vor allem Russland und China stehen dem von US-Präsident Barack Obama vor der UN-Vollversammlung verteidigten Interventionismus kritisch gegenüber.
    Das russische Außenministerium hat diese ablehnende Haltung in einem Kommuniqué deutlich formuliert. Man wolle daran erinnern, dass auch die Raketen- und Luftangriffe auf Stellungen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien nur auf der Basis des Völkerrechtes durchgeführt werden dürften, heißt es im der Stellungnahme aus Moskau. Das bedeute, dass die Angriffe nicht auf Basis einer unilateralen Entscheidung durchgeführt werden dürfen, sondern die ausdrückliche Zustimmung der syrischen Regierung oder eine rechtlich relevante Entscheidung des UN-Sicherheitsrates erfordern. Die USA hatten die Führung in Damaskus über die bevorstehenden Angriffe lediglich informiert.
    Ganz so deutlich war die Ablehnung aus China nicht. Beijing unterstützt auf der einen Seite den Kampf gegen den IS – auch wegen Erkenntnissen über die Unterstützung der Gruppierung für terroristische Strukturen im eigenen Land. Auf der anderen Seite sorgt auch in China die einseitige Entscheidung der USA, Ziele in Syrien anzugreifen, für Kritik. Im Fall von Irak hatten sich die Chinesen noch durch die explizite Bitte der Regierung in Bagdad besänftigen lassen – auch wenn diese ohne einen Beschluss der zuständigen UN-Gremien streng genommen keine rechtliche Relevanz besitzt. Im Fall Syriens sorgt das demonstrative Übergehen der politischen Führung des Landes aber für Ablehnung, zumal Damaskus explizit gefordert hatte, in militärische Planungen im Kampf gegen den IS im eigenen Land einbezogen zu werden. Auch wenn die Kritik aus Bejing nach Beginn der Angriffe nicht so deutlich ausfiel wie im Fall Russlands, verwies die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua ausdrücklich auf die Moskauer Position.”
    Algerien: Blinde Flecken der Terrorabwehr
    Nach der Hinrichtung der französischen Geisel Hervé-Pierre Gourdel spekuliert man in Algerien und Frankreich über die Ausbreitung des IS-Dschihad in Nordafrika
    “Mit der Entdeckung der Sicherheitslücken geht nun die erwachte Aufmerksamkeit dafür einher, dass beim üblichen Verdächtigen, der AQMI (al-Qaida im Magreb), einige Veränderungen vonstatten gegangen sind. Seit März 2014 hatte sich die Gruppe von der alten al-Qaida-Führung unter Leitung von as-Sawahiri losgesagt und sich dem al-Qaida-Ableger IS angeschlossen. Die Führung sei ausgetauscht worden, so die Beobachtung des französischen Terrorgruppenexperten Romain Caillet.
    Die Gruppe Jund al-Khalifa, die sich zur Entführung und Ermordung des französischen Wanderers Gourdel bekannt hat, sei erst Ende August in der Dschihadszene aufgetaucht, berichtet die algerische Zeitung L’Expression. Sie habe einen Treueschwur auf den IS abgegeben. Als maßgeblicher Leiter der Entführung wird Khaled Abou Selmane genannt.
    Laut Caillet war ein Abu Sulayman Khalid zuvor Militär-Chef der AQMI in der Kabylei gewesen. Nun wird er als Emir der Dschund al-Khalifa bezeichnet. Das läßt darauf schließen, dass die Kalifatanhänger AQMI übernommen haben.”
    Saudi-Arabien bietet Einsatz seiner Bodentruppen in Syrien an
    Saudi-Arabien könnte für die Bekämpfung des Regimes von Baschar Assad Bodentruppen nach Syrien schicken, wie der saudische Prinz Turki al-Faisal, früher saudischer Botschafter in den USA, am Donnerstag in einem CBS-Interview sagte.
    Der Politiker brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass US-Präsident Barack Obama seine ablehnende Haltung gegen einen Einsatz saudi-arabischer Landtruppen in Syrien ändern werde, sollte sich die Lage in diesem Land verschlechtern.
    Iraks Premier: Islamischer Staat plant Anschläge in Paris und USA
    Die Terrormiliz „Islamischer Staat“, die in den vergangenen Monaten mehrere Regionen im Irak und in Syrien erobert hat, plant nach Angaben der irakischen Geheimdienste Terrorattacken gegen die Pariser U-Bahn sowie Anschläge in mehreren US-Städten. Dies teilte der irakische Premierminister Haider al-Abadi am Donnerstag mit.
    “Westen für IS-Terrror mitverantwortlich”
    “Der iranische Präsident Hassan Rohani hat dem Westen vorgeworfen, für das Erstarken des Extremismus in der muslimischen Welt verantwortlich zu sein. “Die strategischen Fehler des Westens im Nahen Osten, Zentralasien und dem Kaukasus haben diese Teile der Welt in einen Himmel für Terroristen verwandelt”, sagte der als gemäßigt geltende Staatspräsident vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York.
    Ohne die USA ausdrücklich zu nennen, sprach der iranische Präsident von “militärischer Aggression gegen Afghanistan und den Irak” sowie “unangemessener Einmischung in die Entwicklungen in Syrien”. Auch der Iran schaue mit Sorge auf die Dschihadistenmiliz “Islamischer Staat” (IS), die Teile des Irak und Syriens unter ihre Kontrolle gebracht hat. Rohani verwahrte sich dagegen, die Extremistengruppe als “islamisch” zu bezeichnen. Der iranische Präsident warf den westlichen Medien vor, diese “falsche Behauptung” zu wiederholen und damit islamfeindliche Einstellungen zu befördern.
    Zugleich warf Rohani den Extremisten im Nahen Osten vor, die Zivilisation zu zerstören und Feindschaft gegen den Islam zu schüren. Dies schaffe “fruchtbaren Boden für weitere Interventionen durch ausländische Kräfte in unserer Region”.”

  57. Die USA versuchen offenbar den Spagat, bei der Bekämpfung von IS das „Regime“ Assads auch mitzuerledigen. Im österreichischen Fernsehen wurde heute explizit vom Korrespondenten des ORF vor Ort angedeutet, daß die USA Assad für das Aufkommen von IS verantwortlich machen.
    Wieder so ein Fall, wo sich die Brandstifter als Feuerwehr ausgeben.
    Auch das Bombardement der Ölförderungsanlagen mag gegen IS gehen, beraubt aber auch Syrien seiner Erdölförderung, sollte die IS zurückgedrängt werden.
    Eine weitere Seltsamkeit ist diese Chorasan-Gruppe, die jetzt da plötzlich als neue Gefahr aus dem Ärmel geschüttelt und zum Abschuß freigegeben wurde.
    Vermutlich sind das alles Bedingungen, die Saudi Arabien, Katar und eventuell Jordanien für ihre Beteiligung an der Allianz gestellt haben, was den USA eine widersprüchliche Politik aufnötigt, so zum Beispiel die Schonung der Al Nusra-Front. In diese Ecke paßt auch der Vorschlag Saudi-Arabiens, Bodentruppen gegen Assad nach Syrien zu schicken. Auch das Bombardement in Aleppo, von dem nur das Kaukasus-Emirat berichtet, könnte ein Versuch gewesen sein, nebenbei auch den Truppen Assads eins auszuwischen.

  58. Raketen auf Ölfelder
    Syrien: Erneut Angriffe auf Stellungen des »Islamischen Staats«. US-Berichte über die Gruppe »Khorasan« in Frage gestellt
    “Ziel der Angriffe waren laut Kirby zwölf Stellungen der Gotteskrieger unweit des syrisch-irakischen Grenzübergangs Abu Kamal. Dabei handelte es sich um verschiedene syrische Ölfelder und Förderanlagen, die von den IS-Kämpfern besetzt gehalten werden. Seit Anfang 2014 ist bekannt, daß die Gruppe ebenso wie die Al-Nusra-Front das geplünderte syrische Öl illegal durch Mittelsmänner in der Türkei verkauft oder örtlichen Stämmen überläßt, um sich deren Gefolgschaft zu sichern.
    Unklar ist, wie hoch die Schäden an den Förderanlagen sind, die teilweise erst vor wenigen Jahren erneuert und modernisiert worden waren. Der Einsatz von präzisionsgelenkten Waffen und mindestens 50 Cruise-Missile-Raketen legen nahe, daß nicht viel von den Anlagen übriggeblieben sein dürfte. (…)
    Der Leiter der »Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte« in London stellte die US-Darstellung in Frage, unweit von Aleppo die Gruppe »Chorasan« attackiert zu haben, um »Angriffe auf die USA« zu unterbinden. Unter Berufung auf »Aktivisten« in der Region sagte Rami Abdul Rahman, tatsächlich seien Stellungen der Al-Nusra-Front angegriffen worden. »In Syrien hat nie jemand von ›Chorasan‹ gehört, bis zu dem Zeitpunkt, als die US-Medien plötzlich darüber sprachen«, so Abdul Rahman.
    Skeptisch äußerte sich auch Aron Lund von der Carnegie-Stiftung für internationalen Frieden. Lund, Betreuer der Webseite »Syria in Crisis« und exzellenter Kenner der Region, sagte, es sei doch »ein sehr interessanter Zufall«, daß diese neue Gruppe erst vor wenigen Tagen bekannt geworden sei. Damit sei für Obama der Angriff besser vermittelbar gewesen, da diese angeblich »feindlich gegenüber den USA eingestellt« sei. Der Oberste Militärrat der »Freien Syrischen Armee« bestätigte indirekt, daß Stellungen der Al-Nusra-Front getroffen worden waren. In einer Stellungnahme heißt es, daß die Angriffe »nicht die moderaten, nationalen und islamischen Kräfte« treffen dürften, sondern sich »gegen die Kräfte der Tyrannei richten« müßten, das seien »das Assad-Regime und seine Unterstützer«.”
    »Zur Zeit läuft der dritte schwere Angriff«
    Die Kurden in Nordsyrien/Rojava mobilisieren alle Kräfte gegen die Terrortruppen des IS. Ein Gespräch mit Cemil Bayik
    “Jesidische Flüchtlinge, die in Sengal im Nordirak von Kriegsverbrechen der IS betroffen waren, beschuldigen die Demokratische Partei Kurdistans (KDP) von Masud Barsani, sie durch ihren Rückzug aus den jesidischen Gebieten verraten zu haben. Arbeitet die KDP mit dem IS zusammen?
    Wir haben erfahren, daß unter anderem Vertreter der KDP und der Regierungen der USA sowie Großbritanniens gemeinsame Vorbereitungen für die Eroberung Mossuls im Frühsommer 2014 getroffen haben. Es gab eine Vereinbarung, die der KDP Gebiete oberhalb des 36. Breitengrades und dem IS die Gebiete darunter zusicherte. IS hat sich nicht daran gehalten und versuchte, auch die kurdische Autonomieregion zu erobern.
    Die Volksverteidigungseinheiten aus Rojava (PYD) und die Guerilla der Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, haben nach dem kampflosen Rückzug der KDP aus Sengal den Schutz der dort lebenden jesidischen Kurden organisiert. Mehreren hunderttausend Menschen wurde so das Leben gerettet. Ausländische Mächte wollen noch immer mit Hilfe des IS die Gesellschaften im Irak, im Iran und Syrien spalten. Die KDP wiederum möchte zu einer bedeutenden Regionalmacht werden und ordnet sich deshalb dem Willen der Großmächte unter.”

  59. Pufferzone, Bodentruppen, Flugverbotszone – Der geheime Plan für Kobane
    Die US-geführte Koalition gegen den Islamischen Staat hat Kobani alleine gelassen, die Türkei steht gegen Rojava. Nun wird klarer, welches Vorhaben dahintersteckt.
    “Zunächst: Wollte eine Koalition aus 40 der am modernsten gerüsteten Staaten der Welt tatsächlich, dass der Islamische Staat Kobane nicht einnimmt, würde das auch nicht geschehen. Die Dschihadisten haben sich zwar einiges an schwerem Kriegsgerät zusammengeraubt, eine Militärmacht, die mit dem US-Imperialismus konkurrieren kann, sind sie dadurch nicht geworden. Eine Luftabwehr in einem für die Auseinanersetzung mit Washington relevanten Sinn haben sie nicht.
    Das – zusammen mit der Rolle, die die Türkei einnimmt – zeigt, dass es dem Westen nicht darum geht, den IS in Syrien vernichtend zu schlagen. Der türkische Staatspräsident Tayyip Erdogan, dessen Regierung immer ein äußerst dubioses Verhältnis zum IS pflegte, hat bereits mehrfach betont, dass man über den Kampf mit dem IS nicht vergessen dürfe, dass YPG und PKK ebenfalls eine „Bedrohung“ für die Türkei darstellen.
    Deshalb sieht alles danach aus, dass sich die Türkei und die US-Koalition darauf verständigt haben, die YPG zumindest nicht gestärkt aus dem Kampf um Kobane hervorgehen zu lassen. Der IS soll auch nicht völlig zerschlagen, sondern eher etwas in seine Schranken gewiesen werden. Auch die YPG soll geschwächt werden, weil die Türkei ihre bloße Existenz als Bedrohung ansieht.
    Dass man die verschiedenen Milizen gegeneinander kämpfen lässt, und nicht entscheidend zur Vermeidung eines Genozids auf der Seite der Verteidiger Kobanes eingreift, spiegelt auch wieder, dass der Westen in Syrien keinen eigentlichen „Verbündeten“ mehr sieht, dem man zum Sieg verhelfen sollte. Asssad will man ja ohnehin beseitigen, das kurdische Autonomieprojekt sieht vor allem die Türkei als eine Bedrohung an und der USA dürfte es auch nicht entsprechen, eignen sich die auf Selbstständigkeit und Autonomie bedachten linken KurdInnen doch schlecht als Vasallenregierung. Und auch der IS kommt letztlich nicht in Frage, denn er verfolgt seine eigene blutige, unberechenbare Agenda. Also greift man nur chirurgisch ein, wenn man die Kräfteverhältnisse ein bisschen verschieben will, führt aber keinen für eine der Seiten entscheidenden Schlag. (…)
    Deshalb sei man gewillt, dem IS den Vormarsch zu lassen, um selbigen als Rechtfertigung für die Etablierung einer „Pufferzone“ im Norden Syriens nutzen zu können.
    Dafür spricht vieles. Der Islamische Staat bewegt sich rund um Kobane extrem nahe an der türkischen Grenze, am gestrigen Freitag wurde bereits gemeldet, dass vom IS abgefeuerte Granaten auf türkischem Boden eingeschlagen seien. Dazu kommt: Die Türkei hat seit Beginn des Syrien-Konflikts mehrfach versucht, Kriegsgründe gegen Syrien zu erfinden, um Baschar Al-Assad zu stürzen. Das False-Flag-Attentat von Reyhanli war der erste solche Versuch, ein erfundener „Beschuss“ von Syrien aus der zweite. Der dritte ist auf einem Bandd dokumentiert, in dem Schlapphüte und Militärs, unter anderem der Chef des Geheimdienstes MIT, Hakan Fidan, und der damalige Außenminister und heutige Premier, Ahmet Davutoglu, diskutieren, wie man durch eine gefälschte Attacke aus Syrien einen Grund für den Einmarsch erzeugen kann.
    Gestern war nun Staatspräsident Tayyip Erdogan in den USA zu Gast. Er resümierte das Treffen so: „Unsere Position hat sich nun geändert. Was folgt, ist etwas vollkommen anderes.” Das Parlament solle am 2. Oktober die „notwendigen Schritte“ unternehmen, damit eingegriffen werden könne, erklärte der Berufskriminelle aus Ankara, ohne aber zu erklären, um welche Schritte es gehe.
    Am heutigen Samstag meldete dann die Barzani-nahe (und deshalb mit Vorsicht zu genießende) Nachrichtenagentur Rudaw: „Erdogan erklärte, die Türkei und ihre NATO-Verbündeten arbeiten an einem Plan, um Bodentruppen im Kampf gegen ISIS zu entsenden, denn ‘Angriffe aus der Luft ohne Angriffe vom Boden seien nutzlos’.“
    Ähnliche Töne waren nun auch aus den USA zu vernehmen. In einer völlig absurden Stellungnahme verlautbarten Verteidigungs-minister Chuck Hagel und der höchstrangige General des Landes, Martin E. Dempsey, dass sie „eine Flugverbotszone über dem Nordosten Syriens nicht ausschließen, um die Zivilbevölkerung vor Luftschlägen durch die syrische Regierung“ zu schützen. „Eine Pufferzone könnte ab einem bestimmten Punkt eine Möglichkeit sein.“ Allerdings, so Dempsey, müsse dafür die Luftabwehr der syrischen Regierung ausgeschaltet werden.
    In einem zweiten Schritt könnten dann die Ausbildungsstätte für US-geesteuerte Oppositionsgruppen entstehen. Dempsey spricht davon, dass man jetzt zunächst 5000, dann bis zu 15 000 „gemäßigte“ Rebellen in Syrien ausbilden will. Die KurdInnen sind damit natürlich nicht gemeint. Weder brauchen sie, noch wollen sie US-Ausbildung. Diese Truppen sollen mittelfristig zu einer tatsächlichen Kraft in Syrien werden: „Wir müssen es richtig machen, nicht schnell.“ Die Rebellen müssen „militärische Führer haben, die sie zusammenhalten“.
    Der Versuch dürfte sein, sich eine willige Bodentruppe jenseit der kurdischen Befreiungsbewegung zu schaffen. Rojava könnte in diesem Plan geopfert werden, weil nur dort eine strategisch sinnvolle „Pufferzone“ einzurichten ist.”
    Schlachtbank Kobani
    Seit zehn Tagen tobt die Schlacht um die syrisch-türkische Grenzstadt Kobani. Doch wer verfolgt welche Ziele im Kampf um die strategisch bedeutende Stadt?
    Der neue lange Krieg gegen den Terror
    Auch Großbritannien schließt sich dem Krieg an gegen IS im Irak an, die Kurden in Kobane werden vom US-Militär alleine gelassen
    Die türkische Beihilfe zum IS-Terror wird ignoriert
    Debatte im Bundestag war weitgehend faktenfrei. Belege von Medien über Hilfe des NATO-Partners Türkei für den “Islamischen Staat” spielen keine Rolle
    USA an russischer Unterstützung im Kampf gegen Islamischen Staat interessiert
    Lawrow für Einbindung des Iran in Dialog über Syrien-Regelung

  60. Den IS zu zerschlagen ist also nicht das Ziel dieser Allianz, sondern höchstens, den Bürgerkrieg in Syrien noch ein bißl weiter anzuheizen und ja keinen eigenen Kurdenstaat entstehen zu lassen.
    Schöne Perspektiven.

  61. Dass aus Bürgerkrieg und “failes states” so etwas wie
    militanter Antiamerikanismus entsteht,
    und eine neue islamistische Staatlichkeit
    die umliegenden Spießgesellen der USA bedroht
    (Irakisches Kurdistan, Irak, Jordanien)
    d a s darf nicht sein.
    Was stattdessen positiv dort stattfinden soll,
    – hols doch der Geier,
    soll es die Türkei entscheiden,
    abwarten und Tee trinken,
    dabei reichlich Bomben auf Islamisten schmeißen,
    und reichlich deren (syrische) Ökonomie zerstören,
    scheint die Devise zu sein …

  62. “Amerika führt die Welt”
    Kurz vor den Kongresswahlen setzt sich US-Präsident Obama als Weltführer und oberster Kriegsherr in Szene
    “Obama betonte, dass Amerika nicht nur den Kampf gegen den Islamischen Staat mit einer “breiten Koalition” führt, sondern auch den gegen die “russische Aggression in der Ukraine”. Er habe noch mehr Nationen in dieser Woche aufgerufen, sich der USA anzuschließen und damit auf der “richtigen Seite der Geschichte” zu stehen. Und natürlich führt Amerika auch im Kampf gegen Ebola und sogar in dem gegen die Klimaerwärmung. (…)
    Nach Obama würden die Menschen auf der ganzen Welt erwarten, dass die USA vorangehen. Die Amerikaner seien schließlich “die Erben eines stolzen Vermächtnisses der Freiheit”. Man habe diese Woche der Welt gezeigt, “dass wir darauf vorbereitet sind, das Notwendige zu tun, um das Vermächtnis für die kommenden Generationen zu sichern”.
    Obama trägt zwar weniger dick als seine Vorgänger auf, aber der Anspruch ist dennoch klar, die US-Regierung sieht die USA weiterhin als die Supermacht, der sich andere anschließen sollen, um auf der “richtigen Seite der Geschichte” zu stehen. Man rettet die Welt vor den Folgen der Klimaerwärmung und schützt sie vor der gefährlichen Seuche, die USA, so die Botschaft, setzen auch Staaten unter Druck, die der amerikanischen Ordnung nicht gehorchen, und sie bekämpfen das Böse.(…)
    Für Obama bzw. für die Demokratische Partei ist fraglich, ob der nun sich als Weltführer und oberster Kriegsherr in Szene setzende Präsident kurz vor den Kongresswahlen, bei denen die Republikaner wieder die Mehrheit auch im Senat übernehmen können, das Ruder noch herumreißen kann. Nach Umfragen trauen die Menschen weiterhin den Republikanern eher zu, die USA vor dem Terror zu schützen.”
    “Dies ist ein Krieg gegen den Islam”
    Während sich al-Nusra mit dem Islamischen Staat solidarisch erklärt, zögert das Pentagon, den vom IS bedrohten Kurden in Kobane zu Hilfe zu kommen und hat die Türkei ihre eigenen Ziele
    Das Pentagon behauptet, auch Ziele des Islamischen Staats in der Nähe der umkämpften Stadt Kobane an der syrisch-türkischen Grenze angegriffen zu haben. Die Rede ist von einem Gebäude und zwei Fahrzeugen. Das hört sich eher symbolisch und halbherzig an, zumal mehr Angriffe gegen andere Ziele in Syrien und im Irak geflogen wurden, obgleich die Stadt von der Terrormiliz mit schweren Waffen auf syrischer Seite umstellt ist und die Artillerie schon bis ins Stadtzentrum reicht. Die Gefahr ist, dass trotz des Widerstands, den die Kämpfer und Kämpferinnen des YPG leisten, die Stadt von IS erobert wird, was zu einem erneuten Flüchtlingsstrom führen wird. Bis zu 140.000 Menschen sollen bereits geflohen sein.
    “Kurdische Beobachter in Kobane erklärten zwar, Flugzeuge gesehen zu haben, unklar ist, ob und welche Ziele angegriffen wurden. YPG-Kommandeurin Meryem Kobanê bestätigte am Samstag zwar, dass US-Kampfflugzeuge geflogen seien, stritt aber ab, dass IS-Ziele angegriffen worden seien. Sie berief sich dabei auf Informationen von Kommandeuren an allen Fronten. Auch Salih Muslim, der Vizepräsident der PYD, dem syrischen Ableger der PKK, sagte, man habe die Flugzeuge gesehen, die aber keine IS-Ziele angegriffen hätten. Er warnte vor einem unmittelbar drohenden Völkermord und rief die internationale Gemeinschaft auf, zur Hilfe zu kommen.
    Salih meldete sich über Skype, da er nicht wie Vertreter anderer kurdischer Gruppen vom US-Außenminister nach Washington zu einem Treffen eingeladen wurde. Die PKK steht in den USA auf der Terrorliste. Offenbar will man der PYD nicht wirklich zu Hilfe kommen, was auch das Nato-Mitglied Türkei brüskieren würde. Die Türkei hat Angst, dass die PYD in Syrien einen eigenen Staat errichten und die PKK im eigenen Land stärken könnte. Während offenbar von der Türkei zumindest der Fluss an Menschen und Waffen über die Grenze zum Islamischen Staat geduldet wurde, hatte die Türkei die Grenze zu Kobane gesperrt.
    Der türkische Präsident Erdogan verkündete nun zwar, dass die Türkei voll mit der Anti-IS-Koalition kooperieren werde, in welcher Form dies geschehen soll, ließ er aber noch offen. Man bekämpfe alle Terrorgruppen, sagte in einem Interview und sei bislang nur wegen der 49 Geiseln zurückhaltend gewesen. Man werde die Grenze zu Syrien und zum Irak sichern. Erdogan verlangte erneut eine Schutzzone für Flüchtlinge an der Grenze auf syrischem Gebiet. Zu vermuten ist, dass er die etwa um Kobane einrichten will, nachdem die Kämpfer der YPG dort vom IS vertrieben wurden. So hätte die Türkei einen direkten Einfluss auf die syrischen Kurden, während die linken Verbände und die PYD geschwächt wären. Gesichert werden soll das Schutzgebiet durch eine Flugverbotszone und durch türkische Soldaten. (…)
    Bislang haben die Luftangriffe der von den USA geführten Koalition nicht nur weitgehend vermieden, den Kurden in Kobane zu helfen, sie haben auch nur Ziele des Islamischen Staats und der ominösen, kurz vor dem Waffengang in Syrien hervorgehobenen al-Qaida-Gruppe Khorasan angegriffen, die große al-Qaida-Gruppe al-Nusra aber weitgehend bis auf einen Angrigg bei Idlib verschont. Der IS hatte mit al-Nusra kooperiert und sich dann mit der Ausrufung des “Kalifats” von dieser und al-Qaida insgesamt gelöst. Die salafistischen Terrorgruppen haben sich inzwischen auch hin und wieder bekämpft, um ihre Einflusszonen zu sichern oder auszubauen. Zu vermuten ist, dass al-Nusra von den Golfstaaten finanziert wird oder wurde und dass die US-Regierung in Saudi-Arabien auch “gemäßigte” islamistische Kämpfer auch aus dieser Terrorgruppe ausbilden und ausrüsten will. Wirklich gemäßigte oder gar säkulare Oppositionsgruppen gibt es in Syrien praktisch nicht mehr, die linke YPG ist hier eine große Ausnahme.
    Jetzt scheinen aber immer mehr Mitglieder der al-Nusra-Front nach den Luftangriffen auf den IS darauf zu drängen, diesem gegen den gemeinsamen Feind zur Hilfe zu kommen, der angeblich einen Kreuzzug gegen den Islam führt. Nach Berichten mehren sich auch die Überläufer zum IS. Schließlich teilt man die Ideologie, den religiösen Extremismus und die Methoden der Kriegsführung. Es spricht zwar nicht viel dafür, dass die beiden Gruppen verschmelzen werden, auch wenn Sawahiri dies anordnen würde, aber es könnte gut sein, dass viele Kämpfer ganz oder zeitweise zum IS wechseln und man wieder kooperiert. Nach dem Syrian Observatory for Human Rights sollen sich bei Aleppo seit Beginn der Luftschläge Kämpfer der al-Nusra-Front und weitere Mitglieder anderer islamistischer Gruppen dem IS angeschlossen haben. Dort finden ebenfalls Kämpfe zwischen dem IS und der YPG statt.
    Al-Nusra ließ in einer Stellungnahme bereits wissen, dass man die Luftangriffe in Syrien als “Krieg gegen den Islam” verstehe. Ein Sprecher erklärte in einem Video, das gestern veröffentlicht wurde, dass die Staaten der Koalition auf die Liste der Ziele von Dschihadisten auf der ganzen Welt gekommen seien: “Dies ist kein Krieg gegen al-Nusra, sondern ein Krieg gegen den Islam.” Der al-Nusra-Kommandeur al-Makdessi sagte in Foren: “Unabhängig davon, was zwischen uns geschehen ist, bleiben sie unsere Brüder. Das ideologische Band zwischen uns ist stärker als alles andere. Wir sind bereit, auf ihrer Seite zu kämpfen. Unser Blut ist ihr Blut:””
    Erdogans syrische Pufferzone
    Will Ankaras neuer Präsident an ottomanische Traditionen anküpfen und in den Norden Syriens einmarschieren?
    “Polat Can, Sprecher der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien, hat Nachrichten widersprochen, wonach Bomber und Kampfflugzeuge der USA und ihrer Verbündeter Stellungen der IS vor Kobane (arabisch Ain al-Arab) angegriffen hätten. Viele Flugzeuge hätten die Region überflogen, aber bisher seien keine Bomben abgeworfen worden. (Das Interview wurde im Verlaufe des Samstags veröffentlicht.) Das Pentagon erklärte, bei Kobane seien ein Gebäude und zwei Fahrzeuge durch Luftangriffe zerstört worde. (…)
    Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet derweil von einem “Richtungswechsel” des neuen türkischen Präsidenten Recep Erdogan. Der habe erstmals angekündigt, “türkische Truppen könnten eingesetzt werden, um bei der Einrichtung einer Sicherheitszone in Syrien zu helfen”.
    Für Polat Can klingt das allerdings eher wie eine Drohung. Jeder wisse, dass die Türkei IS unterstütze, sagt er im oben verlinkten Interview:
    “Es gibt einen Deal. IS zieht in Kobane ein und später in die anderen Städte Rojavas [Name der kurdischen Regionen in Syrien]. Danach marschieren türkische Truppen in diese Gebiete ein und bilden eine Puffer-Zone. Das ist der Plan der Türkei. Tatsächlich hat ISIS im Austausch für die von der Türkei erhaltene Hilfe die türkischen Geiseln freigelassen.”
    Ansonsten schildert Can die Lage in Kobane als dramatisch. Die YPG müsse mit leichten Waffen gegen Panzer und Artillerie kämpfen. Trotzdem würden einige kurdische Parteien, die er aber offensichtlich nicht beim Namen nennen will, gegen Luftangriffe auf die IS-Stellungen argumentieren und der internationalen Öffentlichkeit ein falsches Bild vermitteln. Erstmals soll auch die Innenstadt von Kobane von der IS-Artillerie unter Beschuss genommen worden sein.”

  63. @Paco
    Ich kann mich deiner Einschätzung nicht anschließen.
    Mir erscheint – auch aufgrund der von Felix geposteten Infos – immer mehr, daß die USA den Angriff gegen den IS bloß als Vorwand benützen, um 1. das Entstehen eines kurdischen Staates zu verhindern. Auch die Selbstverwaltung der Kurden in Rojava widerspricht schon aufgrund ihrer inneren Zusammensetzung – Selbstverwaltung, Einbeziehung aller Bevölkerungsschichten in den Verwaltungsprozeß – völlig allen imperialistischen Zielsetzungen der USA und ihrer Verbündeten. Das Kurdengebiet soll zerstört werden, den Menschen dort jede Möglichkeit zur Selbstbestimmung genommen werden. Das ist das Interesse der USA, der Türkei und auch der arabischen reaktionären islamistischen Staaten. Die Kurden haben überhaupt keine Unterstützung. Im Gegenteil, sie werden inzwischen von allen Mächten als die Haupt-Gefahr der Ordnung in der gesamten Region wahrgenommen.
    2. ist der Sturz von Assad nach wie vor viel wichtiger als die Eindämmung von IS. Die ganzen bisherigen Bombardements der USA wirken so, daß sie die Staatlichkeit Syriens weiter unterminieren und eigentlich den IS auf die Seite der USA zwingen wollen, um dann endgültig Syrien als islamischen Staat zu etablieren.
    Dieses Vorgehen der US-Regierung hat in maßgeblichen Kreisen des US-Militärs viele Gegner, die aber anscheinend zurückgedrängt worden sind.

  64. Kampf gegen IS: Auf welcher Seite spielt Erdogan?
    Kobanê: Kurden sind enttäuscht von der Unterstützung der Anti-IS-Allianz und kritisieren die Pläne des türkischen Präsidenten zur Einrichtung eines Hilfskorridors zwischen der Türkei und Syrien
    “Laut Pentagon haben US-Kampfjets Angriffe auf ein von der IS in Besitz genommenes Gebäude und zwei Fahrzeuge an der Grenze bei Kobanê geflogen; Centcom verweist in seinen Kurznews lediglich auf ein Video, das einen Luftangriff auf ein Gebäude in der Nähe Kobanês zeigen soll.
    Das sieht – nach bisherigem Stand der offiziellen Mitteilungen – nicht nach der Hilfe aus, dies ich die syrischen Kurden von der Anti-IS-Allianz wünschen. Als die Stadt Kobanê Ende vergangener Woche von allen Seiten beschossen wurde, war die Empörung über die ausbleibende Hilfe laut. Und auch jetzt heißt es, dass die Angriffe zu weit weg von der Stadt erfolgten, wie Emmerich berichtet. Die IS-Milizen seien davon völlig unbeindruckt. Man fürchtet die nächste IS-Angriffswelle. Deren Kämpfer seien von den Luftangriffen “unbeindruckt”. (…)
    Darüberhinaus wird der türkischen Regierung vorgeworfen, dass sie zumindest mit Teilen der IS gegen die syrischen Kurden paktiert. Die Türkei habe der IS Munition und Waffen geliefert, so der Vorwurf, der von mehreren Seiten erhoben wird (siehe auch “Kampf auf Leben und Tod”, Lieferte die Türkei dem IS Munition für US-Panzer?). Sogar ein IS-Konsulat soll es in Ankara geben, geht es nach Informationen der Zeitung Aydinlik. Gewiss ist, dass der Friedensprozess zwischen der türkischen Regierung und den Kurden derzeit stark strapaziert wird.
    Der Exekutivrat der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) erklärte den Waffenstillstand für aufgehoben. Die Töne zwischen Vertretern der türkischen Regierung und den Kurden, die mit der PKK in Verbindung stehen, werden härter.
    Auch die jüngste Erklärung Erdogans beim Weltwirtschaftsforum in Istanbul, womit er sich gegen den IS an die Seite der USA und ihrer Verbündeten stellte, wird von den Kurden anders interpretiert als in westlichen Medien, wo man sich über die längst fällige Positionierung erfreut zeigt.
    Während sich westliche Leitmedien vor allem dafür interessieren, dass Erdogan nun auch militärische Unterstützung beim Kampf gegen den IS “erwägt” und auch der Einsatz von Bodentruppen nicht ausgeschlossen sei, achten kurdische Medien besonders auf eine Idee, die Erdogan immer wieder neu auf den Tisch bringt, wenn es um die Krisenregion bei Kobanê geht: die Einrichtung eines Hilfskorridors, bzw. einer Pufferzone im Grenzgebiet und man achtet sehr genau auf seine Sprache.
    So wird man auf kurdischer Seite hellhörig, wenn Erdogan von einem Kampf gegen “alle terroristischen Organisationen in der Region” spricht, was aus Sicht der türkischen Regierung auch die PKK und ihre Verbündeten einschließt. Auch die Einrichtung einer Pufferzone, bzw. eines Hilfskorridors, manche sprechen gar von einr “No Fly-Zone” wird nicht als Schutzangebot verstanden, sondern als Kriegslist kritisiert. (…)
    Vertreter der türkischen Regierung, die zu den ausgewiesenen Gegnern des syrischen Präsidenten gehört (trotz der früheren Freundschaft zwischen Erdogan und Baschar al-Assad) und mit der offenen Grenze zu Syrien den Nachschub der IS und salafistischer Gruppen an Kämpfern, Waffen und Geld sicherstellte, forderten die Kurden in Syrien auf, ihre Position gegenüber Assad zu ändern. Bislang hatte sich die PYD bemüht, sich in dieser Frage nicht allzu sehr festzulegen. Ob hierin der Grund für die Zurückhaltung der “Freunde Syriens” bei der Unterstützung der syrischen Kurden liegt?”
    Krieg gegen die Bevölkerung
    Syrien: US-Luftangriffe auf IS-Terroristen treffen vor allem Zivilisten
    “Das Vorgehen der USA in Syrien folgt dem gewohnten Muster: Da IS-Ziele nur schwer auszumachen sind, wird ohne Rücksicht auf die Auswirkungen für die Zivilbevölkerung alles bombardiert, das auch nur entfernt von wirtschaftlichem Wert für die IS-Terrorgruppe sein könnte. Dabei folgt man der aus anderen US-Kriegen bekannten Strategie: Wenn man das eigentliche Ziel nicht treffen kann, zerstört man die ganze Region. Das bedeutet, daß den durch Not und Krieg ohnehin traumatisierten Menschen in Nordostsyrien noch größeres Elend bevorsteht. Zugleich stellt sich die Frage, wie diese Region je wieder auf die Füße kommen soll, wenn der IS einmal von einer anderen Rebellengruppe verdrängt wird. Derweil scheint der IS mit mächtigen türkischen Schmugglerbanden unter den Augen des türkischen Militärs nicht nur ein florierendes Ölgeschäft zu betreiben, sondern auch mit dem Handel von Hunderttausenden Rindern, Ziegen und Schafen, die im Irak und in Nordsyrien erbeutet wurden.
    Im Pentagon denken US-Verteidigungsminister Charles Hagel und sein oberster General Martin Dempsey wieder über die Schaffung einer »Flugverbotszone« über dem nordöstlichen Syrien nach. Diese soll dem Militär der rechtmäßigen syrischen Regierung die Möglichkeit nehmen, eigene Luftangriffe gegen den IS oder andere Rebellengruppen zu fliegen. Das passiert vor dem Hintergrund der erklärten Pläne Washingtons, 15000 »moderate« Anti-Assad-Rebellen auszubilden und zu bewaffnen, die dann in den von IS-Kämpfern gesäuberten Gebieten Syriens die Kontrolle übernehmen sollen.
    Die reguläre syrische Armee hat seit Beginn des US-Luftkriegs ihre Operationen auf den Nordwesten des Landes im Grenzgebiet zu Jordanien konzentriert, um so einen direkten Zusammenstoß mit dem US-Militär zu vermeiden. Damaskus wird allerdings nicht tatenlos zusehen, falls es den US-Marionettenrebellen tatsächlich gelingen sollte, im Nordosten die Stelle des IS einzunehmen.”
    Gar nicht gemerkt
    USA haben IS-Terroristen angeblich lange Zeit unterschätzt. Obama lastet eigene Wahrnehmungsdefizite seinen Geheimdiensten an
    “Die Nachrichten- und Geheimdienste der USA sind die effektivsten der Welt. Zusätzlich vergeben sie Auftragsarbeiten an die zahlreichen privaten »Thinktanks«, deren Zahl nach dem 11. September 2001 stark zugenommen hat. Selbstverständlich haben sie das Erstarken der extremen Islamisten im Irak und auch in Syrien ganz genau beobachtet. Abgesehen davon hätte zumindest für den Irak sogar ein Team von fünf Mitarbeitern, das nicht mehr zu tun bräuchte, als die englischsprachigen internationalen Pressemeldungen zu verfolgen, schon ausgereicht, um sich ein Bild von der Entwicklung zu machen.
    Das zentrale Wahrnehmungsdefizit liegt nicht bei den Diensten, sondern bei den Vorstellungen und Wünschen des Präsidenten und seiner Umgebung. George W. Bush und mehr noch sein umtriebiger Vize Richard Cheney sorgten vor dem Einmarsch in den Irak im Frühjahr 2003 dafür, daß interne Berichte der CIA, die sich skeptisch über die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen äußerten, unterdrückt oder völlig neu »bearbeitet« wurden.
    Obamas Probleme sind anders motiviert: Er ist süchtig danach, den »Krieg gegen den Terrorismus« als seine ganz persönliche Erfolgsgeschichte darzustellen. Das verträgt sich schlecht mit der Realität. Also wurde diese jahrelang den Bedürfnissen des Präsidenten angepaßt. Statt wirkliche militärische und politische Entwicklungen zu reflektieren, rühmte sich Obama der getöteten Führer des Gegners. 80 Prozent der Kommandeure des »Islamischen Staats« im Irak seien getötet oder gefangen, hieß es triumphierend im Juni 2010. Aber offensichtlich kommt es auf andere Dinge an.”
    Türkei gegen “Islamischer Staat”: Erdogans Kriegserklärung
    Lange weigerte die Türkei sich, die internationale Koalition gegen die Terrormiliz “Islamischer Staat” zu unterstützen. Jetzt leitet Staatspräsident Erdogan den Kurswechsel ein – ein riskantes Manöver.
    “- Anfangs hat Ankara nur humanitäre Hilfe zugesagt, unter anderem die Aufnahme weiterer Flüchtlinge. Derzeit leben nach offiziellen Angaben mehr als 1,5 Millionen Menschen aus Syrien in der Türkei, Tendenz steigend. Erdogan beklagt, die EU müsste sich stärker engagieren, auch finanziell. Die Türkei will aber weiterhin Flüchtlinge aufnehmen.
    – Möglicherweise wird die Türkei, anders als die USA und ihre bisherigen Verbündeten, die lediglich Luftschläge fliegen, Bodentruppen in Syrien einsetzen. Angriffe aus der Luft allein seien nicht ausreichend, um die Militanten zu besiegen, sagte Erdogan.
    – Eine Sicherheitszone für Flüchtlinge soll auf syrischem Territorium geschaffen werden. Dieses Gebiet soll von türkischen Soldaten bewacht werden.
    – Zusätzlich könnte ein Sicherheitspuffer eingerichtet werden, in der ein Flugverbot gilt. Auch hier könnte die türkische Armee die Kontrolle übernehmen, sagte Erdogan. Kurden kritisieren, die Türkei wolle damit kurdische Autonomiebestrebungen im Keim ersticken. (…)
    Jahrelang ließ die Türkei Extremisten über ihr Staatsgebiet nach Syrien einreisen, um den Aufstand gegen den dortigen Machthaber Baschar al-Assad zu fördern. Auch im Irak kam der IS der Türkei recht, denn Ankara wünschte sich einen Sturz der schiitischen Regierung von Nuri al-Maliki. Dschihadisten konnten sich in türkischen Krankenhäusern behandeln lassen, der IS erhielt Waffen, Munition, Nahrungsmittel und Medikamente über die Türkei. Und die Terroristen konnten unbehelligt Nachwuchs in Metropolen wie Ankara und Istanbul rekrutieren. Nach wie vor verkauft der IS Öl von den eroberten Feldern auf dem Schwarzmarkt in der Türkei und finanziert so seinen Krieg.
    Es ist fraglich, inwieweit all diese IS-Aktivitäten in der Türkei künftig unterbunden werden. Mehrere Kämpfer haben gedroht, sie würden sich an der Türkei rächen, falls sie ihre Haltung ändere. Die größte Sorge der türkischen Regierung seien Terroranschläge im eigenen Land, sagt Behlül Özkan, Experte für türkische Außenpolitik an der Marmara-Universität in Istanbul. “Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Türkei. Wenn in einer Hotelanlage am Meer eine Bombe explodiert und ein paar westliche Urlauber sterben, ist es vorbei damit.”
    Erdogan betont zwar, die Türkei sei in der Lage, die Grenze zu Syrien zu schützen. Aber längst befinden sich viele IS-Kämpfer im Land, und gerade die Türken unter ihnen – Schätzungen zufolge mehr als 1000 – können legal ein- und ausreisen. Eine offizielle Beteiligung an einem Bündnis gegen den IS könnte der Türkei in Zukunft noch zu schaffen machen.”
    Der TP-Artikel endet mit einer Frage, die m.E. so einiges erkären würde:
    “Vertreter der türkischen Regierung, die zu den ausgewiesenen Gegnern des syrischen Präsidenten gehört (…) forderten die Kurden in Syrien auf, ihre Position gegenüber Assad zu ändern. Bislang hatte sich die PYD bemüht, sich in dieser Frage nicht allzu sehr festzulegen. Ob hierin der Grund für die Zurückhaltung der “Freunde Syriens” bei der Unterstützung der syrischen Kurden liegt?””
    Demnach sehen sich die syrischen Kurden mit der Erpressung konfrontiert, entweder in ihrer Enklave vom IS abgeschlachtet zu werden, oder das türkische (und US?) Angebot anzunehmen, sich der Ami-Allianz anzuschließen und gemeinsam mit der türkischen Armee den Part der Bodentruppen zu übernehmen, zunächst gegen den IS und dann gegen Assad. Als Belohnung winkt dann vielleicht ein Teil des syrischen Territoriums, freilich unter türkischer Patronage. Also wieder mal ein Angebot , das man nicht ablehnen kann …

  65. Ankara will Invasion
    Türkei verlegt Panzer an syrische Grenze. Regierungschef Erdogan fordert Mandat für Einmarsch ins Nachbarland
    “Die türkische Regierung droht immer offener mit einem Einmarsch ihres Militärs in den Norden Syriens. Am Montag wurden 40 Kampf- und Schützenpanzer in der Provinz Urfa an die türkisch-syrische Grenze gegenüber der seit über zwei Wochen von der Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) attackierten kurdischen Stadt Kobani (Ain Al-Arab) verlegt. Einige der Panzer haben ihre Geschützrohre direkt auf die umkämpfte Enklave jenseits der Grenze gerichtet. Vorangegangen war der Beschuß kurdischer Dörfer auf türkischem Territorium mit mutmaßlich von IS-Kämpfern abgefeuerten Mörsergranaten. Eines der Geschosse traf ein Haus, dabei wurden drei Bewohner verletzt.
    In den Dörfern um den Grenzort Suruc halten Tausende Menschen, darunter Abgeordnete der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) sowie Vertreter sozialistischer Organisationen seit Tagen eine Mahnwache der Solidarität mit den Verteidigern von Kobani ab. Am Dienstag morgen griff die Polizei die demonstrierenden Menschen zum wiederholten Mal mit Gasgranaten und Wasserwerfern an, es gab viele Verletzte. Anlaß für die Auseinandersetzungen war der Versuch der Versammelten zu verhindern, daß türkische Ambulanzwagen bei Gefechten in Kobani verwundete IS-Kämpfer in Krankenhäuser der türkischen Städte Urfa und Antep bringen konnten. (…)
    Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan fordert seit langem die Einrichtung einer Puffer- und Flugverbotszone in Nordsyrien. Nach Beratungen mit Generalstabschef Necdet Özel am Dienstag will die Regierung bei der für Donnerstag vorgesehenen Parlamentssitzung zwei Anträge einbringen, um Militäroperationen in Syrien und im Irak zu autorisieren. Dabei soll es sich nach Regierungsangaben nicht um eine einfache Verlängerung der bislang schon geltenden Mandate handeln, die den Streitkräften grenzüberschreitende Einsätze gegen die Guerilla der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowie als Reaktion auf einen möglichen Beschuß türkischen Territoriums aus Syrien gestatten. Die regierungsnahe Tageszeitung Sabah berichtete, daß bereits 10000 Soldaten für die Schaffung einer sich bis zu 30 Kilometer nach Syrien hinein erstreckenden »Pufferzone« bereit stünden. Das Gebiet solle auch Kobani umfassen.
    Die PKK, deren Schwesterpartei PYD die führende Kraft im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet Nordsyriens ist, bezeichnet die Pläne für eine solche »Schutzzone« als feindliche Besetzung Kurdistans mit dem Ziel der Zerschlagung der Selbstverwaltung. Aufgrund der fortgesetzten Unterstützung der IS-Milizen durch die türkische Regierung, die den Dschihadisten in den vergangenen Tagen mehrfach Waffen und Munition geliefert haben soll, hatte die PKK in der vergangenen Woche den seit mehr als anderthalb Jahren geltenden Waffenstillstand für beendet erklärt.
    Das gegenwärtige Szenario erinnert an frühere Planungen für einen türkischen Truppeneinmarsch in Syrien. So war einem Ende März im Internet veröffentlichten Mitschnitt einer geheimen Sitzung im Büro des damaligen Außenministers und jetzigen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu zu entnehmen, daß es bereits damals Überlegungen gab, wie mit Hilfe des Geheimdienstes ein Vorwand für einen Einmarsch geschaffen werden könnte. Dessen Chef Hakan Fidan schlug damals vor: »Wenn es nötig ist, kann ich vier Männer nach Syrien schicken und acht Raketen auf die Türkei abfeuern lassen, um einen Kriegsgrund zu schaffen.« Davutoglu hatte dieses Komplott auch im Namen des damaligen Ministerpräsidenten Erdogan begrüßt. Im Gespräch war auch ein fingierter IS-Angriff auf das völkerrechtlich zur Türkei gehörende, aber auf syrischem Territorium liegende Grab von Sulayman Shah, dem Großvater des Begründers der Osmanendynastie. Pünktlich zu den neuerlichen Invasionsplänen der Regierung meldete nun die regierungsnahe Tageszeitung Yeni Safak, daß 1100 IS-Kämpfer den Grabkomplex am Euphrat umzingelt hätten und eine Geiselnahme der 36 türkischen Wachsoldaten nicht auszuschließen sei.”
    Kurdische Großoffensive im Nordirak
    Während die Peschmerga in der Nähe von Mosul und Kirkuk Dörfer zurückerobern, rückt der IS in Kobanê weiter vor
    Heute Morgen haben kurdische Peschmerga im Nordirak eine Großoffensive gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) gestartet. Dabei rückt die kurdische Regionalarmee an drei Fronten gegen die Kalifatskämpfer vor: Im östlich des Tigris gelegenen Zumar, nordwestlich der Millionenstadt Mosul und 25 Kilometer südlich der Ölstadt Kirkuk. Dem irakischen Fernsehsender al-Sumaria zufolge werden die kurdischen Kämpfer dabei von der irakischen Luftwaffe unterstützt. (…)
    Im syrischen Kurdenkanton Kobanê rückt dagegen der IS weiter auf die Stadt Ain al-Arab vor und steht nun nur mehr drei bis sieben Kilometer vor ihren Grenzen: Wie viele Menschen sich aktuell in der Ortschaft aufhalten, ist nicht bekannt. Nach der Flucht einer sechsstelligen Zahl von Kurden und Christen in die Türkei kehrten viele Männer im waffenfähigen Alter zurück, nachdem sie ihre Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht hatten. Einige jüngere Kurdinnen kämpfen in eigenen YPG-Fraueneinheiten, die angeblich den psychologischen Vorteil haben, dass manche Salafisten befürchten, ihnen bliebe das Paradies verwehrt, wenn sie von einer Frau getötet werden.
    Eine andere weibliche Soldatin, die Kampfpilotin Mariam al-Mansouri, wurde einem Bericht der Daily Mail nach von ihrer Sippe verstoßen, nachdem sie als Aushängeschild der Teilnahme der Vereinigten Arabischen Emirate an den Bombardements der von den USA angeführten Allianz gegen den IS diente. Ihre Verwandten sind diesem Bericht nach der Meinung, beim IS handle es sich um “sunnitische Helden”, auf die man stolz sein solle, anstatt sie zu bekämpfen.”

  66. Felix hat es oben trefffend so formuliert:
    “Demnach sehen sich die syrischen Kurden mit der Erpressung konfrontiert, entweder in ihrer Enklave vom IS abgeschlachtet zu werden, oder das türkische (und US?) Angebot anzunehmen, sich der Ami-Allianz anzuschließen und gemeinsam mit der türkischen Armee den Part der Bodentruppen zu übernehmen, zunächst gegen den IS und dann gegen Assad. Als Belohnung winkt dann vielleicht ein Teil des syrischen Territoriums, freilich unter türkischer Patronage”

  67. Türkei stellt Bedingungen für Teilnahme am Krieg gegen den IS
    Der türkische Präsident verlangt den Sturz von Assad und die Bekämpfung aller Terrororganisationen, was die syrischen Kurden der YPG einschließt, die Kobane verteidigen
    “Erdogan reiht die Türkei nicht einfach in die Koalition ein, die gegen den Islamischen Staat im Irak und in Syrien vorgeht, sondern setzt Bedingungen, die bedeuten können, dass sich die Türkei auf Distanz halten kann. Die Koalitionsmitglieder sollen nämlich türkische Stützpunkte oder das Land nur für den Krieg gegen IS nutzen dürfen, wenn sie auch beabsichtigen, das Assad-Regime zu stürzen.
    Und Erdogan macht noch eine zweite Bedingung, die das Verhältnis zu den syrischen Kurden betreffen dürfte, die gerade in der an der Grenze gelegenen Stadt Kobane verzweifelt versuchen, den Angriff der IS-Milizen, die mit schweren Waffen ausgerüstet sind, standzuhalten. Die Türkei schaut dem Kampf zu und hält Menschen davon ab, den Belagerten zu Hilfe zu kommen. Auch die USA und die EU greifen nicht ein, weil die syrischen Kurden YPG-Verbänden angehören, die der PKK nahestehen und an der Grenze zur Türkei eine Region kontrollieren. Und die steht auf der Terrorliste der USA, der Türkei und der EU. (…)
    Der Türkei wird vorgeworfen, den IS geduldet oder sogar mit ihm paktiert zu haben. Manche vermuten, dass die Türkei die Vertreibung der bewaffneten Kurden aus Kobane durch den IS zulassen will, um dann dort die geforderte Schutzzone unter türkischer Kontrolle einzurichten. Erdogan sagte: “Wir werden niemals irgendeine Terrororganisation in unserem Land, in unserer Region oder in der Welt tolerieren. Wir sind offen und bereit für jede Kooperation im Kampf gegen den Terrorismus. Aber es sollte jeder Verstehen, dass die Türkei kein Land ist, das temporäre Lösungen verfolgt, noch wird die Türkei es dulden, dass andere davon profitieren!”
    Das ist schon ziemlich deutlich, gegen wen dies gerichtet ist, auch wenn die türkische Regierung im letzten Jahr einen Waffenstillstand mit der PKK eingegangen ist und Verhandlungen selbst mit dem seit 1999 eingesperrten PKK-Grüner Abdullah Öcalan aufgenommen hat. (…) Genauso wichtig wie Bekämpfung der Terrororganisationen sei der Türkei, dass die 1,5 Millionen Flüchtlinge nach Syrien zurückkehren und dort sicher leben können. Primär sei der Sturz des syrischen Regimes, der Erhalt des syrischen Staats und die Einführung eines demokratischen Systems.
    Obgleich Erdogan die Bekämpfung der Terrororganisationen und den Sturz des Assad-Regimes anvisiert, erklärte er dennoch, die Türkei habe keine Absicht, sich in die Innenpolitik eines Landes einzumischen oder sich Land anzueignen. Die “neue Türkei”, die er wohl repräsentiert und schafft, sei ein “großen Staat”, der in der internationalen Politik mitspielt. Die Eigenständigkeit zeigt sich etwa daran, dass die Türkei eben mit Gazprom vereinbart hat, mehr russisches Gas durch die Pipeline Blue Stream einzuführen. Zudem unterstützt die Türkei das von Russland favorisierte South-Stream-Projekt, also einer Pipeline durch das Schwarze Meer unter Umgehung der Ukraine von Russland nach Bulgarien.”

  68. Mir ist nicht ganz klar, warum und vor allem WIE die Türkei das South Stream-Projekt unterstützen sollte – sie hat ja nichts davon. Die geht weder über türkisches Territorium, noch über türkisches Hoheitsgebiet, noch ist eine türkische Firma beteiligt.
    Im Gegenteil, käme sie zustande, so würde die Blue Stream Pipeline, die in die Türkei verläuft, an Bedeutung verlieren.
    Zu den von euch geposteten Infos zur Politik der Türkei kommt heraus, daß die Perspektiven für Kurden und sonstige Syrer sehr schlecht sind. Endweder der Krieg geht endlos weiter, oder die Türkei marschiert ein.

  69. Entschuldigung bestellt
    US-Vizepräsident bedauert, Türkei mit Waffenlieferungen an IS in Verbindung gebracht zu haben
    “Der US-amerikanische Vizepräsident Joe Biden hat sich beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für seine Äußerungen bei einer Debatte mit Studierenden der Kennedy School of Government an der Harvard University in Cambridge (Massachussetts) entschuldigt. Er bedauere, »die Türkei oder andere Verbündete und Partner in der Region« mit absichtlichen Waffenlieferungen in Verbindung gebracht zu haben oder damit, »dass sie das Erstarken von ISIL oder anderen gewalttätigen Extremisten in Syrien ermöglicht« hätten, hieß es in einer Erklärung aus dem Büro des Vizepräsidenten am Wochenende.
    Biden hatte nach seinem Vortrag am vergangenen Donnerstag auf die Frage, ob die USA in Syrien eher hätten eingreifen sollen, mit verblüffender Offenheit geantwortet. Den USA sei es trotz intensiver Suche nicht gelungen, eine »moderate Mitte« in Syrien zu finden, mit der man hätte kooperieren können. »Die moderate Mitte besteht aus Geschäftsleuten, nicht aus Soldaten«, so Biden. Das größte Problem der USA in Syrien seien aber ihre eigenen Verbündeten in der Region gewesen, so der Vizepräsident laut einem Audiomitschnitt der Veranstaltung, der auf dem Youtube-Kanal des Weißen Hauses veröffentlicht wurde. »Die Türken sind großartige Freunde«, seien aber wie »die Saudis, die Emirate usw. (…) so entschlossen, Assad zu stürzen und einen sunnitisch-schiitischen Stellvertreterkrieg zu starten«, dass sie »Hunderte Millionen Dollar und Tausende von Tonnen Waffen in jeden gesteckt (haben), der gegen Assad kämpfen wollte. Nur dass die Leute, die sie ausgerüstet haben, Al-Nusra und Al-Qaida waren und die extremistischen Typen von Gotteskriegern, die aus allen Teilen der Welt kommen.« Er übertreibe nicht, so Biden. Man habe »unsere Kollegen nicht davon überzeugen können, dass sie aufhören, diese Leute weiter zu bewaffnen«. Es habe einige Zeit gedauert, aber nun habe Erdogan Fehler eingeräumt und gesagt, man habe »zu viele von ihnen über die Grenze gelassen«. (…)
    Die syrische Regierung hat derweil die Türkei davor gewarnt, in den Norden Syriens einzumarschieren. In einer Erklärung des Außenministeriums heißt es, das Eindringen türkischer Truppen auf syrisches Territorium werde als »Angriffsakt« gegen ein UN-Mitglied gewertet. Sollte die Türkei einmarschieren, sei das »eine schamlose Verletzung der UN-Charta«. Der UN-Sicherheitsrat müsse »den Abenteuern der türkischen Führung« ein Ende bereiten.”
    Kurden in Kobanê: keine Hilfe von türkischer Seite
    Die syrische Grenzstadt wehrt sich weiter gegen IS-Milizen; die Anti-IS-Koalition schaut zu
    Am Donnerstag vergangener Woche erklärte der türkische Premierminister Ahmet Davutoğlu, dass die Türkei alles tun werde, was in ihren Möglichkeiten steht, um den Fall Kobanês zu verhindern. Es steht sehr schlecht um die syrische Grenzstadt und ihre mehrheitlich kurdischen Bewohner, die sich seit einigen Wochen schon gegen vorrückende IS-Milizen zur Wehr setzen. Hilfe seitens der türkischen Regierung gibt es nicht.
    “Stattdessen machen türkische Sicherheitskräfte durch den Einsatz von Tränengas von sich reden, die darauf abzielen, den Grenzübertritt von Unterstützern der Bewohner Kobanês zu verhindern – nachdem man an der türkisch-syrischen Grenze jahrelang sehr lax vorgegangen ist, wenn es um den Nachschub für die militanten Islamisten-Milizen ging, von der die ISIL profitierte sowie Gruppierungen, die jetzt mit dem IS wieder gemeinsame Sache machen.
    So sollen sich syrische salafistische Oppositionsgruppen, die sich gegen Baschar al-Assad unter dem Namen Islamische Front vereinigt hatten und die Anfang des Jahres noch gegen ISIL kämpften, nun entschlossen haben, den Kampf gegen den IS einzustellen, bzw. sich den IS-Milizen anzuschließen. (…)
    Die Entschuldigung, die US-Vizepräsidenten Biden gegenüber dem türkischen Präsident Erdoğan öffentlich geleistet hat – wegen seiner Bemerkungen, wonach die Türkei mit ihrer Politik den Weg für das Aufkommen des IS gebahnt habe -, ist ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr Washington daran gelegen ist, die Türkei als Partner im Anti-IS-Lager zu haben.
    Der Preis dafür ist, dass die US-Führung allem Anschein nach die türkische Regierung die Kriegsziele im syrischen Teil des Kurdengebiets bestimmen läßt. Zumal sich Washington dem einem Ziel, das sich die Regierung Erdoğan ausbedingt, nicht verschließt: die Absetzung von Baschar al-Assad. Die USA haben sich mit den Angriffen auf syrisches Gebiet als direkt handelnder militärischer und parteiischer Akteur in einen Proxy-Krieg mit klaren politischen Machtinteressen begeben, versuchen aber weiterhin der Öffentlichkeit eine andere, politisch “neutrale” Rolle zu vermitteln.
    Salih Muslim, dem Vizepräsident der PYD, der dieser Tage in Ankara zu Besuch war, um in der Sache Kobanê zu verhandeln, wurde von türkischer Seite beschieden, sich der FSA anzuschließen, “klar Front zu beziehen gegen die syrische Regierung”.
    Die Türkei wünscht sich einen “humanitären Korridor” nach Syrien, mit ganz eindeutigen politischen Absichten. Zu den Absichten Erdoğan passt nicht, was die syrischen Kurden in Kobanê und Rojava vormachen – ein demokratisches Modell, das in der Region seinesgleichen sucht -, noch dazu wenn die PKK daran beteiligt ist.
    Für kurdische Vertreter ist offensichtlich: Die “Türkei und regionale und internationale Akteure” sind eher an einem Fall von Kobanê interessiert als an Hilfe. Aus der Wirklichkeit kommen keine dem widersprechenden Signale.”
    US-Luftangriffe in Syrien: „Rebellen“ solidarisieren sich mit Al-Qaida
    “Selbst die treuesten Verbündeten der USA gingen mit ihrem Lob sparsam um. Als vor mehr als einer Woche die ersten US-Raketen auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien niedergingen, begrüßte die Nationale Syrische Koalition die Luftangriffe umgehend. Zugleich aber hob das vom Westen initiierte Oppositionsbündnis mahnend den Zeigefinger: Die IS-Miliz sollte nur dann bekämpft werden, wenn gleichzeitig die Regierung von Syriens Präsident Baschar al-Assad gestürzt werde. „Assad muss weg“, lautete die klare Forderung der in Istanbul ansässigen Opposition.
    Unter den Anhänger der sogenannten „moderaten“ und „gemäßigten“ Terrorgruppen war das noch eine der freundlichsten Reaktionen auf die Luftangriffe der USA und ihrer fünf arabischen Verbündeten.
    Bei Twitter und Facebook kursieren Bilder von kleinen Kindern, die bei Luftangriffen der internationalen Allianz ums Leben gekommen sein sollen. Zudem tauchten in den vergangenen Tagen im Internet mehrere Videos von Protesten in verschiedenen syrischen Städten gegen die Bombardierungen auf. Fahnen des Islamischen Staates und anderer radikal-islamischer Gruppen sind auf den Bildern zu sehen.
    Vor allem stört die „moderaten“ Terrorgruppen die Tatsache, dass die Bombardierungen die Assad-Regierung verschonen. Die mit dem Westen verbündete Opposition hält nicht die kopfabschneidenden Dschihadisten für das schlimmste Übel im Land, sondern die Truppen der Regierung.
    Viele Regierungsgegner im Land unterstellen den USA jetzt sogar, sie kooperierten heimlich mit Damaskus – und hätten längst das Ziel aufgeben, Assad zu stürzen. Verdächtig wirken für sie Artikel der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, die sonst gegenüber Gegnern martialische Töne anschlägt. Über die Luftangriffe der USA und ihrer arabischen Verbündeten berichte sie jedoch in einem so neutralen Ton, als wäre Syrien ein Partner der Koalition.
    Angefacht wird der Protest auch durch US-Luftangriffe auf andere extremistische islamische Gruppen wie die Al-Nusra-Front, den syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Qaida. Die Miliz teilt zwar die Ideologie des Islamischen Staates, beide Gruppen gelten aber als miteinander verfeindet.
    Auch gemäßigte Regimegegner, die die USA eigentlich ausbilden und bewaffnen wollen, um Assad zu stürzen, solidarisierten sich mit der Al-Qaida-Terrormiliz, nachdem diese von den USA angegriffen worden war. „Wir sind gegen den IS und gegen den Terrorismus“, sagte ein junger Demonstrant aus der Stadt Maarat al-Numan dem oppositionellen Sender Orient News. „Aber wir unterstützen mit ganzem Herzen die Al-Nusra-Front.“”

  70. Momente der Wahrheit
    US-Vizepräsident verpetzt IS-Verbündete
    “Am Donnerstag hielt US-Vizepräsident Joseph Biden an der Harvard Kennedy School eine Rede, die ihn die diplomatische Bredouille gebracht hat. Ungewöhnlich offen hatte er den US-Verbündeten im Nahen Osten die Schuld an der Stärkung von ISIS, dem heutigen IS, und dessen Fähigkeit, weite Teile des Irak und Syriens zu überrennen, zugewiesen. Für die USA hätten »die Türkei, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate« das »größte Problem« im Syrien-Krieg dargestellt. Um den syrischen Präsident Baschar Al-Assad zu stürzen, hätten sie nämlich »alle, die gegen Assad kämpfen wollten mit Hunderten Millionen von Dollar und Zehntausenden von Tonnen an Waffen überschwemmt und dabei auch die Leute von Al Nusra, Al-Qaida und Dschihadisten aus allen Teilen der Welt akzeptiert.« Zugleich habe dieses »schlampige Vorgehen« der US-Verbündeten – so Biden – in der ganzen Region »zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Sunniten und Schiiten« geführt (siehe jW vom 6. Oktober).
    Der Stellvertreter Barack Obamas bestätigte etwas, das aus vielen, den Medien zugespielten Geheimdienstinformationen längst bekannt ist, offiziell aber stets dementiert wurde: Die Türkei, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützten und steuerten die Rebellion in Syrien vom Ausland aus mit massiver militärischer Hilfe in Form von Waffen, Material und Geld, z. B. für den Sold der ausländischen Kämpfer. Gemäß geltendem Völkerrecht und der Charta der Vereinten Nationen stellt das eine Form von Angriffskrieg dar. Nach den Worten Bidens kann an diesem Tatbestand kein Zweifel mehr bestehen. Ein Umdenken in den europäischen Hauptstädten in Bezug auf Syrien ist dennoch nicht zu erwarten. Auch nicht in Berlin, das mit seiner neuen, aggressiven Nahostpolitik sich ohnehin zunehmend der Leitlinie Washingtons nähert.”
    Der zwanzigjährige Krieg
    Die Bundesregierung plant eine umfassende Ausweitung des Irak-Einsatzes der Bundeswehr. Berichten zufolge sollen die deutschen Streitkräfte nicht nur neue Trainingsmaßnahmen und den Bau eines militärischen Ausbildungszentrums im nordirakischen Erbil übernehmen, um einheimische Truppen für die Kriegführung im Sinne des Westens zu befähigen. Auch könne die Bundeswehr in stärkerem Maße als bisher in die Tätigkeit eines US-Hauptquartiers im Mittleren Osten eingebunden werden, heißt es in Berlin. Die Vereinigten Staaten werden noch im Oktober ein Hauptquartier in die Region verlegen, das die Kriegshandlungen im Irak, aber auch darüber hinaus steuern soll, etwa in Syrien. Dass es nach dem US-Rückzug 2011 wieder zur Errichtung eines militärischen Hauptquartiers im Mittleren Osten komme, lasse klar erkennen, dass der aktuelle Krieg gegen den “Islamischen Staat” (IS) auf lange Zeit angelegt sei, heißt es in US-Militärkreisen. Der Stabschef des Heeres, Ray Odierno, nennt einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren. Damit würde der Krieg in Nah- und Mittelost länger dauern als der bislang 13-jährige Krieg des Westens in Afghanistan.

  71. Neue Etappe im Krieg gegen Syrien
    Der Islamische Staat könnte bald die syrisch-kurdische Stadt Kobane einnehmen. Die Verhinderung des Massakers, das dann droht, kümmert den Westen und die Türkei nicht. Sie wollen eine Schwächung der Kurden und den Sturz von Assad
    “Zunächst dürfte klar sein: Hätten die USA, Großbritannien, Frankreich, Saudi-Arabien, Katar – um nur einige Mitglieder der neuen „Koalition der Willigen“ zu nennen – tatsächlich gewollt, sie wären sicherlich in der Lage gewesen, den IS davon abzuhalten, in Kobane einzudringen. Die Luftangriffe, die in Syrien stattfanden, trafen zunächst vor allem Ziele, die nicht für den Kampf um Kobane relevant waren, vor allem Ölraffinerien und logistische Zentren des Islamischen Staates, und haben Beobachtern zufolge teilweise die Situation in Kobane noch verschärft, da der Islamische Staat aus getroffenen Gebietn Kräfte abzog und sie nach Kobane umgruppierte. Sehr spät begannen dann auch vor Kobane einzelne Luftschläge, Quellen der YPG zufolge allerdings zumeist wirkungslose. Gehindert wurde zudem nach Angaben des syrischen Ministers für Nationale Versöhnung, Ali Haidar, die syrische Luftwaffe am Eingreifen in der Grenzregion. (…)
    Wer das Handeln durch Unterlassen, das von Washington bis Ankara die Maxime zu sein scheint, beobachtet, muss sich die Frage stellen, welche Strategie man eigentlich für Syrien gerade verfolgt. Ein Blick in die Türkei kann hier helfen, denn die AKP-Regierung unter Ahmet Davutoglu ist gewohnt, ihre Interessen viel deutlicher und ohne die Zier humanistischer Menschenrechtsrhetorik, die im Westen zu jedem guten Krieg gehört, auszudrücken. (…)
    In der Tat haben Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Premier Davutoglu in der vergangenen Woche sehr klar formuliert, unter welchen Bedingungen sie sich am Kampf gegen den IS, zu dessen Wachstum sie in den vergangenen Jahren zusammen mit Saudi-Arabien und Katar einiges beigetragen haben, nun bekämpfen würden. Erdogan betonte mehrfach, dass er die mit der in der Türkei verbotenen PKK verbündete YPG für eine ebenso große Bedrohung halte wie den IS: „Für uns ist die PKK das Gleiche wie der IS.“ Der türkische Staat fürchtet das Beispiel an Autonomie und Demokratie, das die kurdische Selbstverwaltungsregion im Norden Syriens (Rojava), zu der auch Kobane gehörte, nicht nur den Kurdinnen und Kurden in der Region liefert. Es ist ein rätedemokratisches Projekt, in dem Geschlechtergleichheit und das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien und Religionen eine zentrale Rolle spielen. In Ankara nimmt man es vor allem als Bedrohung wahr, könnte es doch der eigenen, in vielen Lebensbereichen diskriminierten kurdischen Bevölkerung als Vorbild dienen.
    Insofern haben die türkischen Eliten rasch klar gemacht: Einen Kampf gegen den Islamischen Staat werden sie nur unterstützen, wenn zugleich die PKK und ihre Schwesterorganisation YPG geschwächt wird. Diese Forderung könnte die abwartende Haltung des Westens erklären, denn solange IS und YPG einander in Kobane gegenseitig umbringen, läuft aus der Sicht der AKP-Regierung eigentlich alles nach Plan.
    Das allerdings ist nicht die einzige Stoßrichtung des Kobane-Plans der Türkei und des Westens. Man werde mit Bodentruppen eingreifen, wenn gesichert sei, dass nach dem IS sowohl das Assad-Regime, wie auch „andere Terrororganisationen“ – gemeint könnte die YPG sein, denn zu FSA und Islamischer Front pflegt die Türkei gute Beziehungen – besiegt werden, erklärte Ahmet Davutoglu am Montag in einem ausführlichen Gespräch mit CNN. „Wir wollen eine Flugveerbotszone, wir wollen sichere Gebiete an unseren Grenzen“, so der Premier.
    Die Flugverbots- und Pufferzonen werden nicht allein dazu dienen, Flüchtlinge in Syrien zu belassen, was der erklärte Plan der Türkei ist. Sie werden vor allem als Ausbildungs- und Rückzugsgebiete einer neu aufzubauenden loyalen Rebellenmacht gegen die syrische Regierung in Damaskus werden. Dies kündigten vor mehr als einer Woche bereits US-Verteidigungsminister Chuck Hagel und der höchstrangige General der Vereinigten Staaten, Martin E. Dempsey, an. In einer Pressekonferenz erklärten sie, dass die USA bereit seien, bis zu 15 000 syrische Rebellen auszubilden. Das sei Teil einer „breitangelegten, umfassenden Strategie“.
    Die Pufferzonen werden als Ausbildungslager dieser loyalen Opposition, die neben den Resten der beinahe zerschlagenen Freien Syrischen Armee (FSA) auch dschihadistische Kämpfer, etwa aus der Islamischen Front, umfassen könnten. Der Einmarsch des Islamischen Staates in Kobane könnte so zum Auftakt einer neuen Phase des Krieges in Syrien werden. Flugverbots- und Pufferzonen waren auch in Libyen der Anfang des Regime Changes. Das Land entwickelte sich nach dem Sturz des vormaligen Revolutionsführers Muammar Gaddafi zum vollständig gescheiterten Staat. Dort haben indessen vor drei Tagen IS-Milizen die Stadt Derna besetzt und zum Teil ihres Kalifats erklärt.”
    Sind die Luftangriffe im Irak und in Syrien erfolgreich?
    Der IS führt nach dem Pentagon einen “hybriden” Krieg, aber was ist die Strategie des Pentagon?
    Die USA führen mit ihrer Koalition der Willigen, abgesehen von wenigen Soldaten vor Ort, die aber noch nicht direkt in Kämpfe eingreifen, einen Luftgriff gegen den Islamischen Staat. Zwar sind neben Drohnen in der Regel bemannte Kampfflugzeuge die Mittel des Angriffs, aber die Bestimmung der Angriffsziele und die Bewertung ihres Erfolgs muss selbst durch Aufklärung aus der Luft geschehen, also aus der Distanz. Daher heißt es in den Mitteilungen des Pentagon, dass Fahrzeuge, Gebäude oder Stellungen getroffen wurde, aber es bleibt unklar, ob und inwieweit die Angriffe dem IS tatsächlich schaden und damit, wie effektiv dieser Luftkrieg ist.
    Times: Türkei tauschte 49 Geiseln gegen 180 Dschihadisten ein
    Auf einer der Zeitung zugespielten Liste stehen angeblich auch die Namen von Briten, Franzosen, Schweden und anderen Europäern
    Einem Bericht der Londoner Times zufolge wurden die am 20. September in die Türkei verbrachten 49 Geiseln, die die Terrorgruppe bei der Erstürmung von Mosul gefangen genommen hatte, gegen 180 Dschihadisten ausgetauscht.

  72. Ein verzweifelter Abwehrkampf 08.10.2014
    Westliche Interventionen und Expansionsinteressen des NATO-Partners Türkei sind verantwortlich für die dramatische Situation in der nordsyrischen Stadt Kobane. Die Stadt steht offenbar vor dem Fall, wenngleich der verzweifelte Abwehrkampf gegen die Terrortruppe “Islamischer Staat” (“IS”) am Dienstagabend noch andauerte. Zahllose Todesopfer sind bereits jetzt zu beklagen. Während der IS, der gegenwärtig im Begriff ist, Kobane zu erobern, sein Erstarken letztlich Interventionen des Westens in Nah- und Mittelost verdankt, sind türkische Expansionskonzepte die Ursache dafür, dass zwar irakisch-kurdische Milizen unterstützt werden – auch von der Bundeswehr -, nicht jedoch syrisch-kurdische Kämpfer gegen den IS. Die Konzepte, die im Westen auf Sympathie stoßen, spielen mit dem Gedanken, einen Staat “Kurdistan” aus dem Irak herauszubrechen und ihn eng an die Türkei zu binden oder ihn gar an sie anzuschließen – mit dem Hintergedanken, auf diese Weise proiranische Kräfte zu schwächen und sunnitische Kräfte gegen Iran in Stellung zu bringen. Die strategischen Großplanungen im Sinne westlicher Interessen haben jetzt zu der furchtbaren Lage in Kobane geführt.
    Massakerpolitik
    Wie die “Antiterrorkoalition” die Kurden Syriens in einem widerlichen geopolitischen Geschacher den Massenmordmilizen des Islamischen Staates zum Fraß vorwirft
    “Wieso lässt die von den USA angeführte “Antiterrorkoalition”, deren Luftwaffe 2003 einen Großteil der irakischen Armee in rund zwei Wochen pulverisierte, nun Dschihadisten in unmittelbarer Nähe der türkischen Grenze die Fahne des IS hissen hissen? Offensichtlich handelt es sich hier um eine politische Entscheidung, die vor allem dem rücksichtslosen Kalkül der türkischen AKP-Regierung Rechnung trägt.
    Die Mörderbanden des Islamischen Staates stellen ein nützliches geopolitisches Werkzeug dar, das es skrupellosen Staaten wie der Türkei ermöglicht, ihre Machtpolitik zu externalisieren. Hier findet eine Art geopolitisches Outsourcing statt, bei dem man poststaatlichen Milizen und Terrorverbänden die Drecksarbeit überlässt. In diesem Fall benutzt Ankara den massenmörderischen Feldzug des IS, um die Kurden Syriens in die bedingungslose Kapitulation zu zwingen (…)
    Ankara fordert somit die bedingungslose Kapitulation der syrischen Kurden sowie die Errichtung eines türkischen Besatzungsregimes vor Ort, um der kurdischen Bewegung und der immer noch als Terrorgruppe geführten PKK das Genick zu brechen. Mittels einer Intervention will die Türkei die kurdische Selbstverwaltung in Rojava zerstören, die Ankara schon seit Langem ein Dorn im Auge ist, da sie von der mit der PKK verflochtenen PYD in den vergangenen zwei Jahren des syrischen Bürgerkrieges aufgebaut wurde. Die Interventionsermächtigung, die das türkische Parlament am 2. Oktober Erdogan ausstellte, sieht ausdrücklich vor, dass türkische Streitkräfte in Nordsyrien gegen den IS wie auch gegen kurdische Gruppierungen vorgehen können. Zudem macht Ankara einen Sturz des Assad-Regimes zur Voraussetzung einer aktiven Beteiligung an der “Antiterrorkoalition” (…)
    Bei einer Rede in Harvard Anfang Oktober erklärte Biden, die Türkei – er nannte ausdrücklich Erdogan – und Saudi-Arabien hätten in den vergangenen Jahren die Dschihadisten massiv unterstützt. Beide Staaten seien so entschlossen gewesen, das Assad-Regime zu stürzen, dass sie Hunderte von Millionen US-Dollar und zehntausende Tonnen von Waffen an jeden weitergaben, der gegen Assad kämpfen würde. Und dies waren nun mal die dschihadistischen Kräfte, aus denen der IS hervorging. “Unser größtes Problem sind unsere Alliierten”, so Biden wörtlich. Nun seien alle am Aufwachen“ und versuchten, diese Unterstützungsnetzwerke zu kappen, behauptete Biden. Was der Vizepräsident natürlich zu erwähnen vergaß, ist einzig der Umstand, dass die Vereinigten Staaten bei dieser geopolitisch motivierten Förderung des Islamistischen Terrors ebenfalls beteiligt waren. Diesem Eingeständnis Bidens folgten wütende Anschuldigungen Erdogans, der umgehend eine Entschuldigung von US-Vizepräsidenten verlangte und ebenso wie die Vereinigten Arabischen Emirate auch erhielt).
    Um es noch mal klar auszusprechen: In der “Antiterrorkoalition” finden sich mit der Türkei und Saudi-Arabien die größten regionalen Förderer der wohl brutalsten und mörderischsten Terrororganisation, die der Nahe und Mittlere Osten bislang erdulden musste und die zumindest im Fall der Türkei immer noch bestrebt sind, diese Massenmordtruppe zu instrumentalisieren. Der Islamische Staat ist letztlich ein Produkt des Westens, was die Geopolitik, aber auch den Krisenprozess betrifft, der von den Zentren des kapitalistischen Systems ausstrahlt.
    Zwischen der Realität dieser geopolitisch motivierten Massenmordpolitik und ihrer öffentlichen Wahrnehmung klafft somit ein Abgrund, der inzwischen wahrhaft Orwellsche Ausmaße erreicht. Eine mit Terrorförderern angereicherte internationale “Antiterrorkoalition” lässt die einzige nennenswerte fortschrittliche Kraft des Nahen Ostens – die an Selbstverständlichkeiten wie Gleichberechtigung, Säkularismus und Basisdemokratie festhält – von ihrem selbst hervorgebrachten Terrorgebilde massakrieren. Zugleich wird die PKK, deren syrische Schwesterorganisation gerade vor den Augen des türkischen Militärs vom IS massakriert wird, von der EU und der Bundesrepublik weiterhin als eine verbotene Terrororganisation geführt.”
    Terrorgruppe IS rückt weiter vor
    Steht Kobane vor dem Fall?
    Warum ist Kobane so wichtig?
    Trotz internationaler Luftschläge und heftiger kurdischer Gegenwehr ist die IS-Terrormiliz in die Grenzstadt Kobane eingedrungen. Eine Übernahme wäre für das Anti-IS-Bündnis eine schwere Niederlage – auch psychologisch. Aber warum?
    Irak: US-Armee verstrickt sich tiefer in das Kampfgeschehen
    Weil der Vormarsch der IS-Milizen US-Militärberater in Abu Ghraib bedroht, setzt das US-Militär in der Provinz Anbar nun Hubschrauber ein
    “Die Berichterstattung über den Krieg gegen den IS konzentrierte sich zuletzt vor allem auf die sich anbahnende Eroberung der syrischen Grenzstadt Kobanê durch die IS-Milizen, so wurde in der Öffentlichkeit kaum registriert, dass die Dschihadisten in der irakischen Provinz Anbar strategisch wichtige Orte, Militärbasen und Verkehrsverbindungen erobert haben.
    In der vergangenen Woche gelangten sie in die Nähe von Abu Ghraib. Dies hat das US-Kommando alarmiert, da die IS-Milizen damit in der Nähe des Flughafens gelangt sind, wo Hunderte von amerikanischen Militärberatern und eine US-Kommandozentrale untergebracht sind. Mit Nähe ist eine Distanz gemeint, die die Dschihadisten mit Raketen und möglicherweise sogar mit Granatwerfern überbrücken könnten, so die Sorge der US-Armee, von der McClatchy berichtet.”
    Die Stabilität Jordaniens wackelt
    IS-Sympathisanten im eigenen Land, eine prekäre wirtschaftliche Lage und die Massen an syrischen Flüchtlingen bringen das Land in eine heikle Situation
    “Außer dem Irak und Syrien selbst fühlt sich derzeit wohl kein anderes arabisches Land von den rasanten Landgewinnen der IS-Dschihadisten so bedroht wie Jordanien. (…)
    Jordanien verstärkte als Reaktion auf den irakischen Kontrollverlust über die Landesgrenzen seine eigenen Grenztruppen. Diplomaten des Königshauses waren bemüht die Bedrohung Jordaniens durch IS herunterzuspielen, doch innenpolitisch leitete das Königshaus Schritte in die Wege, um dem wachsenden Einfluss von IS entgegenzutreten.
    Dabei scheint die jordanische Regierung einen zweigleisigen Pfad eingeschlagen zu haben: Auf der einen Seite ließen die jordanischen Behörden in den vergangenen Wochen rund 50 Menschen verhaften, die der Nähe zu IS verdächtigt wurden.
    Andererseits scheint der Sicherheitsapparat darauf zu setzen, Islamisten, die nicht als Bedrohung wahrgenommen werden, gegen die IS-Dschihadisten in Position zu bringen. (…)
    Nach Aussagen jordanischer Salafistenführer kämpfen derzeit rund 1.800 Jordanier an der Seite von IS im Irak und Syrien. Die Zahl einheimischer militanter Sympathisanten mit IS liege bei ungefähr 2.000, wie Hasan Abu Hanya, ein Experte für dschihadistische Bewegungen in Jordanien, gegenüber Al-Dschasira vermutet. Er weist zudem darauf hin, dass nicht die Zahl der Kämpfer entscheidend sei, sondern deren Motivation, Organisationsgrad und Ausrüstung (…)
    Ein wesentlicher Grund der traditionell königstreuen Stämme im Süden des Landes gegen das Königshaus auf die Straße zu gehen, spielt dabei die wachsende wirtschaftliche Unzufriedenheit. In einer aktuellen Umfrage der University of Jordan befanden 72 Prozent der 1.800 Befragten nicht die Bedrohung durch IS als größte Herausforderung für das Land, sondern die wirtschaftliche Situation.
    Laut derselben Umfrage betrachten wiederum nur 62% der Befragten IS als Terrororganisation – was vermuten lässt, dass ein beträchtlicher Teil der jordanischen Bevölkerung ein Maß an Sympathie für IS hegt. Die Sympathien für die Dschihadisten dürften dabei vor allem unter der konservativen Beduinenbevölkerung im Süden des Landes und in den Armenvierteln der Städte überdurchschnittlich groß sein.”

  73. Kampf um Kobane: USA rechnen mit weiterem Vormarsch des IS
    Kobane? Ist kein “strategisches Ziel”. Kühl reagiert US-Außenminister John Kerry auf die wohl bevorstehende Eroberung der Stadt durch den IS. Das Pentagon rechnet damit, dass die Dschihadisten weitere Orte einnehmen.
    “Aus den Worten des US-Außenministers sprach kühles Kalkül. “So schrecklich es ist, in Echtzeit zu verfolgen, was in Kobane passiert: Sie müssen einen Schritt zurücktreten und die strategischen Ziele verstehen”, sagte John Kerry nach einem Treffen mit seinem britischen Amtskollegen Philip Hammond in Washington.
    Während in der eingeschlossenen Stadt an der syrisch-türkischen Grenze noch immer Hunderte kurdische Kämpfer gegen die Milizionäre des “Islamischen Staats” kämpfen, spielt Kerry die strategische Bedeutung der Stadt herunter.
    “Ungeachtet der Krise in Kobane: Die ursprünglichen Ziele unserer Mission waren die Kommandozentralen und die Infrastruktur”, sagte der US-Außenamtschef. “Wie versuchen, den ‘Islamischen Staat’ insgesamt zu schwächen, nicht nur in Kobane, sondern überall in Syrien und dem Irak.”
    Zuvor hatte Pentagon-Sprecher John Kirby angekündigt, dass die USA den Fall Kobanes hinnehmen würden. “Die Leute müssen verstehen, dass wir hier ein wenig strategische Geduld brauchen. Diese Gruppe wird nicht morgen einfach verschwinden und Kobane wird wahrscheinlich fallen. Das können wir nicht vorhersagen”, sagte Kirby.
    Der Armeesprecher stellte die Öffentlichkeit auf weitere Erfolge des IS ein: “Sie werden weitere Städte bedrohen und sie werden weitere Städte erobern. Das wird alles noch eine Weile dauern”, sagte Kirby.”
    Kobane in Trümmern, Türkei in Flammen
    Der Kampf um die Stadt Kobane und um die politische Zukunft der Türkei tritt in eine entscheidende Phase
    “Zum ersten Mal hätten die US-Luftschläge “einen gewissen Effekt” gezeitigt, zitierten US-Medien einen Sprecher der Volksverteidigungskräfte (YPG) der Stadt. Sie hätten geholfen, die IS-Kämpfer aus dem Osten Kobanes zu vertreiben, aber die Kämpfe dauern weiterhin an.
    Dabei kommt die US-Luftunterstützung offensichtlich zu spät, da sie erst nach dem Einsetzen des Häuserkampfes intensiviert wurde, wo sie nicht dieselbe Wirkung erzielen kann, wie es in den Wochen zuvor der Fall gewesen wäre, als der IS den Ring um die belagerte Stadt immer enger zog und in der umliegenden Geröllwüste ein leichtes Ziel abgab.
    Obwohl die Dschihadisten in Teilen der Stadt laut den besagten Angaben der YPG zurückgedrängt werden konnten, bleibt die Lage dramatisch. Die tschetschenischen Eliteeinheiten des IS, die von dem berüchtigten georgischen Terroristen Omar al Shishani geleitet werden, führten gegen Mittag einen brutalen “Enthauptungsschlag” gegen die YPG aus. Ein gepanzerter und mit Sprengstoff vollgeladener LKW wurde im Stadtzentrum unweit des Hauptquartiers der YPG zur Explosion gebracht. Die dadurch ausgelösten Verwüstungen, die sogar den Boden unter den Füßen der Journalisten auf der türkischen Grenzseite beben ließen, überstiegen die Effekte aller einzelnen US-Luftschläge bei weitem. (…)
    Bislang weigert sich die Türkei weiterhin, die Grenze für kurdische Kämpfer und Waffen- und Munitionslieferungen zu öffnen. Türkische Newssites berichten sogar von Verhaftungen von Mitgliedern der YPG, die zurück nach Kobane gehen wollten, um gegen den IS zu kämpfen.
    Diese eiserne Blockade Kobanes stellt somit – neben der offensichtlichen Unterstützung der Dschihadisten durch Ankara – den wichtigsten Grund für die massiven und blutigen Proteste dar, die in weiten Teilen der Türkei in den letzten Tagen aufgeflammt sind. Inzwischen sind 19 Menschen bei den blutigsten Protesten in der jüngsten Geschichte der Türkei getötet worden, wie Reuters am Abend des 8. Oktober meldete. (…)
    Dabei tauchen immer mehr Beweise für Schusswaffeneinsatz seitens der Polizeikräfte und deren Kooperation mit islamistischen Kräften auf. Türkische Medien berichteten, dass Islamisten gemeinsam mit Polizisten mitunter mit Schusswaffen bewaffnet auf Jagd nach Demonstranten gingen. Videoaufnahmen belegen, wie türkische Polizisten bei ihren Angriffen auf die Demonstranten “Es lebe ISIS” brüllen. (…)
    Die Kurden wollen keinesfalls eine internationale Intervention in Syrien erzwingen – ganz im Gegenteil. Die vor Ort befindliche Reporterin Jenan Moussa machte mehrmals nach Gesprächen mit der lokalen Bevölkerung klar, dass die Kurden keine Intervention des Westens oder gar der Türkei wünschen. Man verlangt ein Ende der Blockade Kobanes. (…)
    Laut Civaka-Azad habe Muslim gesagt, dass Kobane schwere Waffen und keine ausländischen Bodentruppen brauche. Die Bevölkerung des Kantons sei bereit, ihre Heimat gegen den IS selbst zu verteidigen, doch sei man waffentechnisch unterlegen. Selbst in ihrem verzweifelten Überlebenskampf scheinen die Kurden Kobanes noch instrumentalisiert und ignoriert zu werden.
    Zudem scheinen nun die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei gänzlich in Scherben zu liegen. Inzwischen nimmt selbst die New York Times kaum noch ein Blatt vor dem Mund, um die heftigen Spannungen zwischen den NATO-Partnern zu charakterisieren. Washington sei “entsetzt ob der Untätigkeit Ankaras”, titelte das meinungsbildende Ostküstenblatt.
    Erdogan bestehe demnach darauf, dass der Sturz des Assad-Regimes zu einer Priorität der “Antiterrorkoalition” avanciere, was von Washington abgelehnt werde und die Spannungen mit Präsident Obama erhöht habe. Das Weiße Haus räume dem Kampf gegen den Islamischen Staat Priorität ein. Die NYT sprich inzwischen offen von einem möglichen Bruch zwischen Obama und Erdogan. Dies würde die gesamten Antiterrorkoalition gefährden, da die Türkei nicht nur ein NATO-Alliierter ist, sondern auch die wichtigste Transitroute für Ausländer bildet, die in die Reihen des Islamischen Staates aufgenommen werden wollen.”
    Die türkische Strategie
    Ankara will Bodentruppen nach Syrien schicken, um Assad zu stürzen
    “»Wenn andere ihre Arbeit tun«, wird auch die Türkei bereit sein, Bodentruppen nach Syrien zu senden. Das sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu in der Nacht zu Dienstag in einem CNN-Interview. Die Türkei sei »zu allem bereit, wenn es eine klare Strategie« gebe. »Wir wollen das Regime, das Menschen in die Türkei treibt, nicht mehr an unserer Grenze«, fuhr er fort. Auf die Nachfrage der CNN-Reporterin Christiane Amanpour, ob der »Sturz des Assad-Regimes« Bedingung der Türkei für ein militärisches Engagement gegen den »Islamischen Staat« (IS) sei, antwortete Davutoglu: »Natürlich.« Es gehe nicht darum, »für die Öffentlichkeit eine Terrororganisation zu bestrafen«, sondern darum, dass »alle terroristischen Organisationen vernichtet« würden. Alle »Verbrechen des Regimes gegen die Menschlichkeit« müssten verhindert werden. (…)
    Europa und die USA hatten nach dem Sturz ihrer langjährigen Partner Ben Ali in Tunesien und Hosni Mubarak in Ägypten die Türkei aufgefordert, die Führung in der Region zu übernehmen. Die wirtschaftlich erfolgreiche religiöse Regierung der AKP sollte Vorbild sein und andere Parteien der Muslimbruderschaft anleiten. Vergessen wurde dabei allerdings, dass in der arabischen Welt große Vorbehalte gegenüber der Türkei bestehen. Das Osmanische Reich, Vorgänger der Türkischen Republik, hatte die arabische Welt 400 Jahre lang besetzt gehalten.
    »Vom ersten Tag der Krise an (….) hat kein Land mehr getan hat als die Türkei«, behauptete Davutoglu gegenüber dem Sender CNN. US-Vizepräsident Joseph Biden hatte vor wenigen Tagen offen erklärt, dass die Türkei (wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate) Waffen und Geld in Massen an alle geliefert habe, die gegen Assad kämpfen wollten. So seien auch die Al-Nusra-Front und IS bewaffnet worden. Solche Anschuldigungen seien »wirklich sehr unfair«, klagte Davutoglu. Man erwarte mehr »Mitgefühl«. Davutoglu räumte Hilfe für die »moderate Opposition« durch seine Regierung ein. Hätte man diese von Anfang an mit Waffen unterstützt, »hätten wir heute nicht diese Krise mit ISIS«.
    Biden hat sich inzwischen offiziell für die Äußerungen entschuldigt. Gleichwohl ist bei der US-Administration und bei den NATO-Bündnispartnern der Türkei die Unterstützung Ankaras für Kampfgruppen in Syrien ein offenes Geheimnis. Städte wie Gaziantep, der Hafen Iskenderun oder der Ort Reyhanli werden von Kampfgruppen als Warenumschlagplätze, für Waffenlieferungen, als Sammelpunkt für Kämpfer und zur medizinischen Versorgung genutzt.
    Die Türkei wolle eine Flugverbotszone im Norden Syriens haben, griff Davutoglu in dem CNN-Interview die Forderung der sogenannten Freien Syrischen Armee auf, die im Norden Syriens ein eigenes Staatsgebiet festigen und zum Vormarsch auf Damaskus ausbauen will.”
    Linkspolitiker fordern Militäreinsatz für Kobani
    Aufruf: UN-Sicherheitsrat solle Maßnahmen beschließen. Angriffe von Salafisten auf Kurden in BRD
    “Abgeordnete der Linkspartei fordern angesichts des Vorgehens der dschihadistischen Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS) in der kurdischen Stadt Kobani im Norden Syriens einen UN-mandatierten Militäreinsatz.
    In dem von 14 Linke-Politikern unterzeichneten Aufruf »Kobani retten!« wird eine militärische Unterstützung der Kurden bei Kobani als »unumgänglich« bezeichnet. Der UN-Sicherheitsrat müsse »wirksame Kollektivmaßnahmen« beschließen. Unter den Unterzeichnern sind Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, die Fraktionsvizes Dietmar Bartsch und Jan Korte, der Obmann des Auswärtigen Ausschusses, Stefan Liebich, sowie der Bundessprecher des Forums demokratischer Sozialismus (fds), Dominic Heilig.
    Die selbst in der Solidarität mit den Kurden in Syrien aktive innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, zeigte sich irritiert, dass »offenbar einige Genossen die Notlage der Kurden dafür ausnutzen wollen, antimilitaristische Grundsätze der Partei über Bord zu werfen«. Die Unterzeichner des Aufrufes hielten es wohl nicht für nötig, sich mit den Forderungen der kurdischen Seite auseinanderzusetzen. »Wir fordern schwere Waffen und keine ausländischen Bodentruppen. Die Bevölkerung von Kobani ist bereit, ihre Heimat gegen den IS zu verteidigen, doch wir sind waffentechnisch unterlegen«, stellte der Vorsitzende der im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet in Syrien führenden Partei der Demokratischen Union (PYD), Salih Muslim, am Mittwoch erneut klar.”

  74. In der ARD-Sendung “Anne Will” von gestern erzählte Armin Laschet (CDU), stellvertretender CDU-Parteivorsitzender, dass es von Seiten der Bundesregierung gerade einen Wechsel a) in der Haltung zu Assad,
    b) in der Haltung zur Türkei geben würde.
    Die Türkei solle darauf verpflichtet werden, als Hauptkriegsziele nicht den Kampf gegen Assad und nicht den gegen die Kurden zu betreiben, sondern, anstatt ISIS genau dafür unterstützend zu instrumentalisieren, ISIS zu bekämpfen.
    Dazu solle gegenüber der Türkei Druck aufgebaut werden.
    Ob dies nachhaltig ist (oder nur eine Talkshow-Einlage) bleibt abzuwarten.

  75. Kobane und die zynische Realpolitik
    Offene Grenzen veranlassen EU und USA zu einer Sanktionsspirale gegen Russland, im Fall der Türkei wird lieber geschwiegen
    Im Fall von Kobane lässt sich derzeit sehen, wie Realpolitik funktioniert – und wie die EU und die USA eine Doppelmoral pflegen. Während gegen Russland eine Sanktionsspirale in Gang gesetzt wurde, weil das Land angeblich direkt militärisch oder zumindest wegen der offenen Grenze den prorussischen oder zum Separatismus neigenden Menschen und Milizen in der Ostukraine hilft, hört man bislang nichts dergleichen gegenüber der Türkei, die menschenverachtend ihre geopolitischen Interessen durchdrückt.
    “Die türkische Regierung ist trotz mancher Rhetorik bereit, die Stadt Kobane mitsamt den Menschen in ihr dem Islamischen Staat zu überlassen und dabei mit Panzern von der Grenze aus zuzusehen, um die Möglichkeit zu erlangen, selbst Kontrolle über die kurdischen Gebiete durch die Einrichtung einer Schutzzone auszuüben. Möglicherweise würde es der türkischen Regierung auch schon reichen, dass die Kurden geschwächt werden, was ihr offenbar so viel wert ist, dass sie damit den Friedensprozess mit den Kurden in der Türkei abbricht und ein Wiederaufflammen des Bürgerkriegs riskiert. Und vermutlich spielt die Türkei auch noch damit, die Nato in einen Krieg hineinzuziehen. Sollte der IS Kobane erobern, könnte die Türkei die Bündnisfrage geltend machen, wenn es einen Angriff auf die türkische Enklave in Syrien gibt. Dass man damit kokettiert, selbst eine False-Flag-Operation auszuführen, ist durch ein geleaktes Gespräch bekannt. (…)
    Aber die Türkei ist nur ein Problem, das viel größere Problem ist, dass die USA und die EU unfähig sind, Russland einzubeziehen, um im Sicherheitsrat Maßnahmen gegen den IS zu beschließen. Es gibt vor allem seitens der US-Regierung auch nicht den leisesten Versuch, mit Russland zu sprechen, das ein natürlicher Partner im Kampf gegen den islamistischen Terror war und weiterhin wäre. Dazu müsste die Russlandpolitik auch im Hinblick auf die Ukraine verändert werden. Offenbar riskiert man lieber einen Zerfall der ganzen Region und einen langen, ergebnislosen Krieg, als die aggressive Haltung zu Russland zu überdenken, weil man ja sowieso den großen Gegner in China sieht und sich die USA auch unter Obama als Supermacht sieht und eine multipolare Welt nicht dulden will. US-Außenminister Kerry machte daher klar, dass die US-Strategie sich nicht um die Menschen schert.”
    US-Krieg gegen IS stärkt das Assad-Regime
    Das Assad-Regime greift verstärkt Städte an, die von nicht dem IS zugehörigen Rebellen kontrolliert werden – die syrische Opposition kritisiert zunehmend die US-Regierung
    Während die USA mit Unterstützung der Nato Druck auf die Türkei zur Beteiligung am Krieg gegen den IS in Syrien ausübt, aber nicht gegen das Assad-Regime vorgehen will, fordert die türkische Führung just dies. Im Augenblick profitiert das Assad-Regime, das die Luftangriffe auf Stellungen des IS in Syrien duldet, von diesen. Man braucht nicht mehr selbst gegen den IS vorgehen, wie man dies lange Zeit auch aus taktischen Gründen nicht gemacht hat, sondern kann erneut gegen die anderen oppositionellen Gruppen vorgehen und von diesen besetzte Städte mit Artillerie und aus der Luft angreifen. Dabei werden neben normalen Bomben auch weiterhin von Hubschraubern verheerende Barrel-Bomben, gefüllt mit Öl, Sprengstoff und Nägeln, auf Städte und Dörfer etwa in der Provinz Aleppo abgeworfen.
    Nach Informationen der New York Times wird nun zunehmend Kritik unter den Oppositionsgruppen gegen Assad laut, weil die USA dessen Regime, das für den Tod von bislang mehr als 200.000 Zivilisten und die Flucht von Millionen verantwortlich ist, im Krieg gegen den IS entlastet und freie Hand im Kampf gegen die Opposition gewährt. Die ist zwar auch zum großen Teil islamistisch oder gehört wie die al-Nusra-Front al-Qaida an, aber sei doch gemäßigter als der IS. (…)
    Das Problem wird auch sein, dass mit wachsender Kritik der syrischen Opposition – und der syrischen Kurden sowieso – der Plan scheitern könnte, gemäßigte syrische Oppositionelle auszubilden und als Bodentruppen gegen den IS einzusetzen. Unterstellt wird der US-Regierung nicht nur, dass der Luftkrieg dem Assad-Regime indirekt hilft, sondern dass sie möglicherweise mit Assad kooperiert, auch wenn dies US-Präsident Obama weit von sich gewiesen hat. Es gab auch bereits Proteste in Syrien.
    Für die Syrer könnte der Luftkrieg der USA, der Assad stärkt, so erscheinen, als wäre der Schutz der Zivilisten und die Unterstützung der Opposition kein Ziel. Verstärkt wurde der Zweifel überdies durch die Luftschläge gegen die ominöse Khorassan-Gruppe in der Provinz Idlib, die nach Angaben des Weißen Hauses al-Qaida angehört und Anschläge gegen den Westen geplant haben soll. Nach Angaben von Rebellen und Bewohnern seien aber nur normale al-Nusra-Stellungen bombardiert worden. Al-Nusra bekennt sich zu al-Qaida, hatte früher mit dem IS kooperiert, gilt nach dessen Erstarken als gemäßigter und kooperiert teilweise mit vom Westen unterstützten Gruppen.”

  76. Ja, die Telepolis-Leute sind halt auch Idealisten der Demokratie:

    Im Fall von Kobane lässt sich derzeit sehen, wie Realpolitik funktioniert – und wie die EU und die USA eine Doppelmoral pflegen.

    „Realpolitik“ ist pfui – im Unterschied zu Idealpolitik, die es leider nicht – „noch“ nicht, nicht „mehr“ – gibt. Daß die EU und die USA eine Moral pflegen, und vielleicht den Rest der Welt auf diese verpflichten (Stichwort „westliche Werte“, Demokratie, Pressefreiheit, Menschenrechte, usw.) – das stört den Verfasser nicht – aber eine Doppelmoral, nein, also sowas! Die führen uns glatt hinters Licht!
    An dem relativ widersprüchlichen Hin und Her, mit dem die US-Außenpolitik in Frage des IS in den letzten 2 Wochen aufgewartet hat, ist die Rede Bidens interessant. Dem schmeckt offenbar so einiges nicht, und das hat er einmal öffentlich thematisiert.
    Die Politik der Obama-Regierung, sich nicht selber vor Ort militärisch zu engagieren, sondern sich örtliche oder regionale Verbündete zu suchen, zieht die US-Politik in partikulare Berechnungen hinein und schafft Situationen, denen dann die US-Politik etwas ratlos gegenübersteht. Zumindest ist das mein Eindruck.

  77. Berliner Prioritäten
    Die deutsche Kanzlerin erhebt schwere Vorwürfe gegen die Türkei. Man müsse “von einem Nato-Land erwarten dürfen”, dass es “seine Prioritäten richtig setze” und dem Kampf gegen den IS endlich Vorrang einräume, sagte Angela Merkel am gestrigen Mittwoch mit Blick auf die katastrophale Lage in der nordsyrischen Grenzstadt Kobane. Ankara verweigert den syrisch-kurdischen Kämpfern, die die Stadt gegen den Ansturm der Terrortruppe “Islamischer Staat” (“IS”) zu verteidigen suchen, jegliche Unterstützung; Beobachter mutmaßen, eine Eroberung Kobanes durch den IS komme der türkischen Regierung aus geostrategischen Motiven womöglich sogar recht. Merkels Vorwürfe gegen Ankara sind erstaunlich – nicht nur, weil der Bundesnachrichtendienst (BND) die Türkei seit langem systematisch ausspioniert und Berlin daher Kenntnis von der türkischen Unterstützung für den IS gehabt haben muss, ohne Einwände zu erheben. Auch gegen Maßnahmen, die von den USA und Saudi-Arabien im Libanon und in Syrien aus strategischen Gründen ergriffen wurden, ist Berlin nicht eingeschritten, obwohl sie ebenfalls dem IS oder salafistischen Milizen, die ihn heute unterstützen, zugute kamen. Experten warnen, das Erstarken des IS sei kurzfristig nicht mehr zu stoppen; im türkischen Grenzgebiet zu Syrien könne sich bald sogar eine Entwicklung vollziehen wie einst im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan.
    »Patriot«-Einheiten sofort abziehen
    CDU-Vize Laschet und Exgeneral Kujat schwenken auf Linke-Forderung ein
    “Die von dem Linke-Duo dabei ins Gespräch gebrachte Forderung, das NATO-Land Türkei müsse dazu gezwungen werden, »die Grenzen für die IS-Terroristen vollständig zu schließen und die Unterstützernetzwerke im Land zu beseitigen«, findet derweil Unterstützung bis in die CDU-Spitze. Um den Druck auf Ankara zu erhöhen, müssten die in der Region stationierten »Patriot«-Raketen der Bundeswehr abgezogen werden, so Kipping und Riexinger.
    In der ARD-Sendung »Anne Will« am Mittwoch abend kritisierte Harald Kujat, NATO-General a.D. sowie ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr, das türkische Vorgehen scharf. Präsident Recep Tayyip Erdogan wolle durch einen Grenzübertritt des IS den NATO-Bündnisfall herausfordern. Ziel sei offensichtlich, Syriens Präsidenten Baschar Al-Assad zu stürzen. Die Panzer der türkischen Armee stünden nur zu »Demonstrationszwecken« an der Grenze, wenige hundert Meter von Kobani entfernt. Der NATO-Partner schaue zu, wie sein »Kurdenproblem auf IS-Art gelöst« werde. Jetzt sei ein Abzug der »Patriot«-Raketen als klares Signal an Ankara notwendig. Dem mochte auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet nicht widersprechen. Für eine Lösung des Konflikts sei die Einbindung Russlands notwendig. Moskau habe schließlich schon lange vor der Eskalation den Ernst der Lage erkannt. Im »politischen Berlin« wurden die Vorstöße am Donnerstag konsequent ignoriert.”
    IS-Milizen rücken in Kobani vor
    USA bombardieren Dschihadisten. Bereits 22 Tote bei Protesten in Türkei
    “Das US-Verteidigungsministerium erklärte am Mittwoch (Ortszeit), dass Luftangriffe wohl nicht ausreichen werden, um die drohende Eroberung Kobanis zu verhindern. US-Präsident Barack Obama sagte, der Kampf gegen den IS in Syrien und im Irak bleibe »eine schwierige Mission«. Er entsandte den pensionierten General John Allen in die Türkei. Dieser wurde noch am Donnerstag in Ankara erwartet, um zwei Tage lang über einen Beitritt der Türkei zu dem von Washington geführten Bündnis gegen den IS zu verhandeln.
    Nach Gesprächen mit dem neuen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Ankara sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Donnerstag, niemand dürfe von der Türkei einen Alleingang erwarten. »Es ist nicht realistisch, dass die Türkei allein eine Bodenoperation durchführt«, sagte Cavusoglu.”

  78. Na ja, das ist eigentlich nichts wirklich Überraschendes oder Neues, was in dem Infobrief-Artikel steht.
    Es ist klar: weder die Türkei, noch die USA noch sonst irgendein Staat wollen einen selbständigen und noch dazu selbstverwalteten Kurdenstaat. Die innere Verfaßtheit eines Landes spielt eine wichtige Rolle im Imperialismus: da wird vorgeführt, daß man auch anders Ökonomie und Politik treiben kann, und sowas wurde ja auch der SU als Verbrechen angelastet …

  79. Militärallianz fliegt bislang heftigste Angriffe bei Kobane
    21 Luftschläge gegen den IS in Kobane: Die Internationale Koalition hat ihren Kampf gegen die Terrormiliz noch einmal verstärkt. Wie US-Außenminister Kerry erklärt, können US-Kampfjets nun doch Stützpunkte in der Türkei nutzen.
    USA und Russland: Geheimdienste wollen im Kampf gegen IS kooperieren
    Bei einem Treffen in Paris haben sich US-Außenminister Kerry und sein russischer Kollege Lawrow auf eine stärkere Kooperation der Geheimdienste verständigt – ungeachtet ihrer Differenzen beim Thema Ukraine.
    Der Terrorstaat
    In der Türkei flammt der Kampf zwischen der Regierung und der kurdischen Befreiungsbewegung wieder auf. Der Staat bedient sich dabei islamistischer und faschistischer Mörderbanden
    Kurdischer Journalist ermordet
    Tageszeitung Azadiya Welat trauert um ihren Mitarbeiter
    Die Türkei ist das Drehkreuz des globalen Dschihad
    Der Islamische Staat wirbt in der Türkei ganze Familien für seinen bestialischen Krieg an, doch die türkische Regierung reagiert nur verhalten. Lange Zeit lieferte Erdogan syrischen Islamisten Waffen.
    An der Seite der Kurden?
    In der Linkspartei mehren sich Rufe nach Waffen- und Militärhilfe. Dabei geht es weniger um die Rettung von Kobani als um rot-rot-grüne Machtperspektiven

  80. Zu dem Welt-Artikel über die Erfolge von IS in der Türkei beim Anwerben frag ich mich, was Leute aus der Türkei bewegt, mitsamt ihrer Familie nach Syrien zu gehen und sich dem IS anzuschließen?
    Es muß doch irgend eine Ermunterung von staatlicher Seite geben – die Türkei hofft, Assad zu vertreiben und mit Hilfe des IS eine mit ihr verbündete und von ihr abhängige Staatsmacht dort einzusetzen. (Ähnlich kalkulierte Pakistans Regierung, als sie die Taliban „erzeugte“ und nach Afghanistan losließ.)
    Das sind schöne Perspektiven …

  81. Luftangriffe bremsen IS-Vormarsch
    Die Luftangriffe auf Stellungen der Dschihadistengruppe “Islamischer Staat” (IS) in Syrien zeigen offenbar Wirkung. Die IS-Offensive auf die Kurdenhochburg Kobane an der Grenze zur Türkei wurde spürbar gebremst, die Kurden konnten nach Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zwei Stellungen im Norden Kobanes zurückerobern.
    IS-Kämpfer rüsten zum Sturm auf Bagdad
    “Neben den Kämpfen um die strategisch wichtige syrische Stadt Kobane bereiten die Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) eine entscheidende Offensive im Irak vor, schreibt die Zeitung „Kommersant“ am Donnerstag.
    Sollten die Dschihadisten die Provinz Anbar unter ihre Kontrolle nehmen, können sie direkt auf Bagdad vorrücken. Wegen der Unfähigkeit der irakischen Armee, den IS-Vormarsch zu stoppen, hat die Regierung in Bagdad die USA zu einer Bodenoperation in der Provinz Anbar aufgerufen. Die Amerikaner und ihre Verbündeten schließen diese Option weiterhin aus.
    In der Provinz Anbar befinden sich mehrere Militärstützpunkte. Anbar gilt als eine Pufferzone zwischen Bagdad und den von den IS-Kämpfern kontrollierten Gebieten in Syrien.
    In den letzten Tagen haben die IS-Extremisten in der Provinz zunehmend die Oberhand gewonnen. Die demoralisierten irakischen Soldaten können den Dschihadisten keinen effektiven Widerstand mehr leisten. Ende der vergangenen Woche wurde der Polizeichef der Provinz Anbar, Generalmajor Ahmed Saddag, getötet. Wegen des Vormarsches der Dschihadisten musste die irakische Armee am Montag ihren Stützpunkt nahe der Stadt Hit aufgeben.
    Nach Angaben der örtlichen Behörden kontrollieren die Islamisten bereits 80 Prozent des Territoriums der Provinz.
    Der stellvertretende Verwaltungschef der Provinz, Faleh Essavi, schlug Alarm und schloss nicht aus, dass die Extremisten in den nächsten Tagen die Kontrolle über die gesamte Provinz Anbar samt der Hauptstadt Ramadi übernehmen. „Der einzige Weg zur Rettung der Provinz Anbar ist eine Bodenoperation der USA. Eine andere Lösung gibt es nicht“, sagte Faleh Essavi.
    Die Behörden der Provinz Anbar appellierten an Bagdad, einer Bodenoperation der US-Truppen zuzustimmen. Doch US-Präsident Barack Obama und der neue irakische Premier Haider al-Abadi setzten zuletzt ausschließlich auf Luftangriffe gegen IS-Stellungen.
    Trotz der zunehmenden Bedrohung für Bagdad gibt es keine Anzeichen, dass Obama seine Strategie ändert. Der britische Außenminister Philip Hammond räumte zwar ein, dass die Luftangriffe nicht ausreichen, betonte jedoch, dass die „schwere Arbeit am Boden“ von der irakischen Regierung ausgehen müsse. „Die Koalition kann das irakische Volk und die irakischen Sicherheitsbehörden effektiv unterstützen. Die entscheidende Rolle müssen die Iraker spielen“, so Hammond.
    Im Weißen Haus wurde bestätigt, dass ein Strategiewechsel nicht geplant sei. Bei einem Treffen mit Vertretern der Anti-IS-Koalition rief Obama lediglich dazu auf, sich auf einen langwierigen Einsatz gefasst zu machen.
    Im Irak rüstet man sich gegen den Vormarsch der Dschihadisten auf Bagdad. 60 000 Soldaten sollen die irakische Hauptstadt vor der Eroberung durch die Islamisten schützen.”
    Moskau dementiert: Kein Austausch von Geheimdienstdaten mit USA
    “Das russische Außenministerium hat am Donnerstag Medienberichte zurückgewiesen, laut denen Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Kollege John Kerry einen Austausch von Aufklärungsdaten im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vereinbart hätten.
    Auch die Informationen, dass Russland bei der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte helfen soll, stimmen nicht, teilte Außenamtssprecherin Marija Sacharowa in Moskau mit. Nach ihren Angaben hat John Kerry bei seinem Gespräch mit Lawrow in Paris diese Themen angesprochen. Der russische Minister antwortete, dass Russland bereits seit langem konsequent gegen den Terrorismus kämpfe, indem es Syrien, dem Irak und anderen Staaten bei der Stärkung der Kampffähigkeit helfe.
    „Russland wird diese Anstrengungen fortsetzen, ohne Koalitionen beizutreten, die unter Umgehung des UN-Sicherheitsrats und entgegen Völkerrecht entstehen“, hieß es aus dem Moskauer Außenministerium. Die Behörde erinnerte daran, dass die USA die zuständige russisch-amerikanische Anti-Terror-Kommission einseitig aufgelöst hatten.”
    Türkei schlägt Gebiete in Syrien für Schutzzonen vor
    Die Koalition der Willigen mit ihrer Operation “Inherent Resolve” könne intervenieren, so der türkische Außenminister, Syrien weist jedes derartige Ansinnen zurück
    “Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu hat nun klar gemacht, wo man sich die Schutzzonen für Flüchtlinge in Syrien vorstellt, die neben dem Vorgehen gegen Assad Voraussetzung für eine Beteiligung der Türkei sind. In einem Gespräch mit Al-Dschasira erklärte er, es würde sich um Gebiete mit einer gewissen Bevölkerungsdichte handeln. Die Schutzzonen würden sich an der Grenze um Afrin, Idlib, Aleppo und Dscharābulus über Tel Abyad und Kobane bis al-Hasakah. Zwar sei der UN-Sicherheitsrat unfähig, eine Entscheidung zu treffen, aber die Koalition der Willigen könnte intervenieren und Flugverbotszonen einrichten. Allein werde man nicht einmarschieren. Deutlich wird daran auch, dass die Türkei die kurdischen Gebiete kontrollieren will.
    Der Fall von Kobane wäre schmerzlich, erklärte der Außenminister und warf den Staaten, die nun Druck auf die Türkei ausüben, vor, nichts getan zu haben, als Mosul, Rakka oder Dscharabulus vom IS eingenommen wurden. Vor Journalisten sagte er, die Türkei werde keine türkischen Bürger über die Grenze lassen, wenn aber Syrer den Verteidigern von Kobane zu Hilfe kommen wollen, würde man dies nicht verhindern.
    Der syrische Außenminister warf der Türkei vor, von Anfang an Terroristen unterstützt und aus der Türkei einen Terrorstützpunkt für Syrien und den Irak gemacht zu haben. Der Versuch, Schutzzonen in Syrien einzurichten, sei völkerrechtswidrig: “Syrien weist kategorisch die Einrichtung von Schutzzonen auf seinem Territorium von jeglicher Partei und unter jeglichem Vorwand zurück.” Man werde die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Souveränität und der territorialen Integrität ergreifen und mit den “befreundeten Ländern” beraten.”
    Obama trifft sich mit Anti-Isis-“Koalition” – Spannungen zwischen USA und Türkei nehmen zu
    “Obamas nationale Sicherheitsberaterin Susan Rica kündigte am Sonntag an, Ankara habe Forderungen der USA zugestimmt, den südtürkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik benutzen zu dürfen, wo etwa 5.000 US-Soldaten stationiert sind, um Luftschläge im Irak und in Syrien durchzuführen.
    Innerhalb von 24 Stunden dementierten türkische Regierungsvertreter ausdrücklich, dass ein solches Abkommen erreicht wurde. Sie fügten hinzu, selbst der Vorschlag, die Türkei solle sich an der Bewaffnung und Ausbildung von “gemäßigten” syrischen “Rebellen” beteiligen, um sie als Bodentruppen gegen Isis und früher oder später gegen die syrische Regierung von Baschar al-Assad einzusetzen, müsse noch abgeschlossen werden. Tatsächlich hat die Türkei zusammen mit einem CIA-Stützpunkt nahe der syrischen Grenze, den “Rebellen”, darunter auch Elementen wie Isis und der mit al-Qaida verbündeten al Nusra-Front, seit Beginn des bewaffneten Aufstandes in Syrien vor drei Jahren Hilfe und Zuflucht gegeben.
    Die Obama-Regierung gab das Abkommen, das Ankara abgelehnt hat, scheinbar mit der Absicht bekannt, internationale Unterstützung für ihre imperialistische Intervention in der Region zu demonstrieren. Stattdessen hat sie den genau gegenteiligen Effekt erzielt. (…)
    Sowohl Washington als auch die Türkei unterstützen den Krieg zum Regimewechsel in Syrien, aus dem sich Isis als stärkste bewaffnete regierungsfeindliche Gruppe unter zahlreichen größtenteils sunnitischen Milizen entwickelt hat. Die Obama-Regierung benutzt den Feldzug gegen Isis zwar, um die amerikanische Hegemonie in der Region durch einen Regimewechsel in Damaskus durchzusetzen, ist sich aber mit der Türkei uneinig bezüglich der Taktik und den Details des Feldzuges.
    Dir türkische Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Washington aufgefordert, der Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien und einer Pufferzone innerhalb des syrischen Staatsgebietes als Vorbedingungen für ihre Teilnahme an dem Krieg der USA zuzustimmen. Das Ziel dieser Vorschläge ist vor allem die Zerstörung der autonomen Region der syrischen Kurden an der Grenze zur Türkei. Die syrischen Kurden sind mit der PKK, der kurdischen nationalistischen Bewegung in der Türkei verbündet. Außerdem will die Türkei, dass der amerikanische Krieg möglichst schnell darauf ausgerichtet wird, die Assad-Regierung zu stürzen.
    (…)
    Erdogan erklärte im Montag in einer Rede an der Marmara-Universität in Istanbul außerdem, die größte Gefahr, die der Türkei drohe, sei, dass “ein neuer Lawrence von Arabien” die Region destabilisiere. Die Anspielung bezog sich auf den britischen Offizier T.E. Lawrence, der geholfen hatte, einen arabischen Aufstand gegen das Osmanische Reich zu organisieren – das damals im Ersten Weltkrieg mit Deutschland verbündet war.
    Erdogan teilte gegen die PKK, Journalisten und politische Rivalen aus, erwähnte Isis jedoch nicht. Stattdessen warnte er, diese Kräfte würden “Sykes-Picot-Abkommen aushandeln und sich hinter der Pressefreiheit verbergen, oder einem Unabhängigkeitskrieg oder einem Dschihad.” (…)
    Erdogan erklärte: “Jeder Konflikt in dieser Region hat seine Ursprünge vor über einem Jahrhundert. Es ist unsere Pflicht, das zu beenden.”
    Die Aufteilung, die Erdogan am meisten fürchtet, ist die Entstehung eines unabhängigen Kurdistan. Deshalb versucht sein Regime, Kobane abzuriegeln und Isis zu erlauben, die kurdischen Verteidiger niederzuschlagen. Seine reaktionäre Antwort scheint das Revival der türkischen Hegemonie über die Region zu sein, beginnend mit der Einsetzung eines sunnitischen Regimes in Damaskus.
    Der stellvertretende iranische Außenminister für arabische und afrikanische Angelegenheiten Hossein Amir-Abdollahian verurteilite diese Strategie letzte Woche und warf der Erdogan-Regierung vor, sie betreibe eine Politik des “Neo-Osmanismus” im Nahen Osten und versicherte, Teheran werde nicht zulassen, dass die syrische Regierung, sein einziger arabischer Verbündeter, von ausländischen Mächten gestürzt werde. Er erklärte auch, der Iran werde versuchen, den Kurden in Kobane zu helfen. Das könnte eine mögliche Vorbereitung für Irans Unterstützung für einen neuen kurdischen Aufstand in der Türkei selbst sein.”

  82. Ein nicht zu unterschätzendes Moment der Konflikte in der Region – neben den bekannten strategischen Kalkulationen der USA, der Türkei und Russlands – ist wohl auch der Kampf der Führungsmächte des sunnitischen gegen den schiitischen Teil der muslimischen Welt: Saudi-Arabien vs. Iran
    Saudi-Arabien: Gefährliches Todesurteil
    Die Entscheidung eines Gerichts in Riad gegen den schiitischen Geistlichen Nimr Al-Nimr führt zu Protesten nicht nur in der saudischen Unruheprovinz Qatif, sondern auch in Teheran
    Huthi-Rebellen erobern immer mehr Städte im Jemen
    Der Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten im Jemen spitzt sich zu. Sein Ausgang könnte entscheidende geopolitische Konsequenzen haben

  83. Türkei lässt Peschmerga-Kämpfer nach Kobane
    Die Türkei will die Verteidiger von Kobane nun offenbar doch unterstützen – aber zu ihren eigenen Bedingungen. Ankara bietet an, kurdische Peschmerga aus dem Nordirak in die umkämpfte Stadt zu bringen.
    “Dabei hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Haltung gerade erst noch einmal unmissverständlich klargemacht: “Manche wollen eine Front gegen den ‘Islamischen Staat’ aufmachen, in dem sie die YPG bewaffnen. Aber für uns ist die YPG dasselbe wie die PKK – eine Terrorgruppe”, sagte der türkische Staatschef am Sonntag. Deshalb werde Ankara eine Aufrüstung der kurdischen Volksverteidigungseinheiten, eben der YPG, niemals gutheißen.
    Nur wenige Stunden später zeigte sich, dass die USA die türkischen Bedenken ignorieren. US-Flugzeuge vom Typ C-130 warfen 27 Pakete mit Waffen, Munition und Verbandsmaterial über Kobane ab. Das Material hatte die Regierung der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak bereitgestellt. Unter anderem soll das US-Militär Kalaschnikows und Panzerfäuste über der umkämpften Stadt abgeworfen haben.
    Das eigenmächtige Handeln Washingtons hat nun offenbar auch die Regierung in Ankara zu einer Politikkorrektur veranlasst. (…)
    Die Türkei will nun aber doch Vorwürfen entgegentreten, sie lasse die Verteidiger von Kobane im Stich. Die Hilfe für die Peschmerga ist der Versuch, die Anti-IS-Koalition zu unterstützen ohne gleichzeitig die mit Ankara verfeindete YPG zu stärken. Deshalb sollen nun irakische Kurden nach Kobane gelassen werden, türkische Kurden dagegen weiterhin nicht.”
    Türkei lässt offenbar Kämpfer passieren
    “Die Türkei ist offenbar bereit, kurdische Peschmerga-Kämpfer aus dem Nordirak zur Verstärkung der syrischen Kurden in die bedrängte Stadt Kobane zu lassen. “Wir unterstützen die Peschmerga-Truppen beim Grenzübertritt nach Kobane”, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu vor Journalisten in Ankara. Die Türkei habe kein Interesse daran, dass Kobane an der Grenze zur Türkei in die Hand von Dschihadisten falle, betonte der Minister, ohne weitere Details zu der Ankündigung zu nennen.
    Seit Beginn der Kämpfe in Kobane steht die Türkei zunehmend unter Druck, sich stärker an den internationalen Bemühungen im Kampf gegen den IS zu beteiligen. Die Regierung hat immer wieder versichert, sie unterstütze den Kampf der Kurden in Kobane gegen die Terrorgruppe “Islamischer Staat” (IS). Sie schließt aber nach wie vor eine direkte Hilfe für die syrisch-kurdische Partei PYD aus, deren Volksschutzeinheiten in Kobane gegen den IS kämpfen. Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die PYD am Wochenende als “Terrororganisation”, die sich nicht von der verbotenen türkischen Kurdischen Arbeiterpartei PKK unterscheide.
    Die irakisch-kurdische Nachrichtenseite Rudaw meldete unter Berufung auf eine ungenannte Quelle, die Türkei erfülle mit der Passage eine Bitte des Präsidenten der kurdischen Autonomieregion im Nordirak, Massud Barsani. Barsanis Plan sei mit der PYD und den Volksschutzeinheiten (YPG) abgesprochen. Gebiete zwischen der kurdischen Autonomieregion im Nordirak und Kobane werden vom IS beherrscht. Der einzige Landweg führt über die Türkei.
    Cavusoglu äußerte sich auch zu den Waffenlieferungen der USA an die Kurden in Kobane. Die Berichte würden “ausgewertet”, sagte er. Die USA hatten in der vergangenen Nacht erstmals Waffen, Munition und Medizin auf dem Luftweg nach Kobane gebracht. Die kurdischen Kämpfer dort bestätigten den Erhalt. Erdogan hatte sich am Wochenende gegen ausländische Waffenlieferungen an die PYD ausgesprochen.”
    Welche Rolle spielen Stammeskrieger?
    US-Soldaten sollen nicht am Boden gegen den IS im Irak kämpfen. Stattdessen setzt Washington auf die Kurden, die irakische Armee – und auf Stammeskrieger. 100.000 von ihnen standen einst bereits auf der Gehaltsliste der USA.
    Lawrow: Russland zu Teilnahme an Koalition gegen IS bereit – Uno muss Einsatz billigen
    “Russland ist zur Bildung einer Koalition für den Kampf gegen die Dschihadistengruppe „Islamischer Staat“ (IS) bereit, der entsprechende Beschluss muss aber laut Außenminister Sergej Lawrow vom Uno-Sicherheitsrat gebilligt werden.
    „Im Uno-Sicherheitsrat müssen Beschlüsse gebilligt werden, die sich auf das Völkerrecht stützen“, sagte Lawrow am Montag bei einer öffentlichen Vorlesung in Moskau. „Es wäre nicht gerade richtig, ja sogar unmoralisch, den Antiterrorkampf geopolitischen Interessen und dem Streben unterzuordnen, nicht genehme Regimes zu ‚bestrafen‘.“”

  84. Waffen für Kobani
    US-Militär wirft Kriegsgerät über vom IS belagerter Stadt ab
    “Die islamisch-konservative Regierung der Türkei hat sich offenbar dazu durchgerungen, zumindest irakische Peschmerga-Kämpfer zum Einsatz gegen die Islamistenmiliz »Islamischer Staat« (IS) über die Grenze nach Syrien zu lassen. Das kündigte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Montag in Ankara an. Die Truppen aus der autonomen Kurdenregion im Nordirak könnten so die kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG bei der Verteidigung der seit fünf Wochen vom IS belagerten Stadt Kobani (arabisch: Ain Al-Arab) unterstützen. Von einer Grenzöffnung auch für türkische Kurden ist seitens der AKP-Regierung in Ankara aber weiterhin keine Rede. Im Gegenteil: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete sowohl die YPG und deren politischen Arm, die syrisch-kurdische PYD, als auch die mit ihnen verbündete Kurdische Arbeiterpartei PKK am Wochenende erneut als »Terrororganisationen«.
    Während die türkische Regierung den irakischen Kurden, mit denen sie ohnehin wirtschaftlich bereits eng verknüpft ist, nun also die Grenzen öffnet, versucht sie eine breite Unterstützung zur Befreiung Kobanis weiterhin zu behindern. Aufgrund der Weigerung, Kurden aus dem eigenen Land über die Grenze zu lassen, war es in den vergangenen Wochen in etlichen türkischen Städten zu Protesten und gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Dutzende Menschen wurden dabei getötet.”
    Gefährliche Dynamik
    Der Islamische Staat expandiert in vielen Gegenden Nordafrikas und des Mittleren Ostens. Ein Überblick
    Strategie von al-Qaida: 2013 Kalifat und Endsieg 2020
    Ein Buch beschrieb 2005 sieben Phasen des Dschihad, die bislang erschreckender Weise eingetreten zu sein scheinen
    2005 ist ein Buch von Fuad Hussein erschienen, das es in sich hat und beunruhigend wirken kann. Der jordanische Autor war zusammen mit dem ebenfalls aus Jordanien stammenden al-Sarkawi, bis zu seinem Tod 2006 Chef von al-Qaida im Irak, 1996 im Gefängnis zusammengetroffen und stand mit ihm sowie mit anderen islamistischen Terroristen wie Seif al-Adl danach in Kontakt. In seinem Buch beschreibt er die aus den Interviews mit “al-Qaida-Ideologen” eruierte Planung bis 2020. Rückblickend scheint der Plan, wenn auch mit einigen Verzögerungen, umgesetzt worden zu sein. Wir würden uns nun in der Phase 5 und fast in der Zeit befinden, denn zwischen 2010 und 2013 war vorgesehen, ein Kalifat zu gründen, in Phase 3 (2007-2010) wollte man sich übrigens auf Syrien konzentrieren.
    USA: Aufhebung der Iran-Sanktionen ohne Kongress möglich
    Vor den anstehenden 5+1-Verhandlungen über das iranische Atomprogramm verschafft sich Obama politischen Spielraum
    Nächste Woche sollen die Verhandlungen über Irans Atomprogramm wieder aufgenommen werden. Zunächst sollen Experten zusammentreffen, eine Woche darauf die politischen Unterhändler der 5+1 Staaten und Irans. Bis 24. November soll eine Entscheidung getroffen werden. Iran erhofft sich – wie einige westliche Wirtschaftsführer auch – eine Suspendierung der Sanktionen. Aus Washington wird dazu ein interessantes Signal beigesteuert. Aus einer Studie des Finanzministeriums geht hervor, dass Präsident Obama die Aussetzung der Sanktionen ohne Abstimmung im Kongress beschließen kann.

  85. Die Sache mit den irakischen Peschmergas kommt mir komisch vor. Die Verteidiger von Kobane haben diese nicht angefordert und sollen darüber angeblich auch nicht erfreut sein.
    Im irakischen Kurdistan gibt es zwei oder mehr Kurden-Parteien, von denen die eine, die von Barzani, mit der Türkei verbündet ist.
    Weiß da irgendwer was, was das für ein Schachzug der Türkei ist, der in den Medien als „Zugeständnis“ verkauft wird?

  86. Die Sache mit der Öffnung der Grenze nach Nord-Syrien für die Barzani-Leute kommt mir überhaupt nicht komisch vor: Damit beweist das türkische Regime, daß es auch ein bißchen an der Seite “der” Kurden steht und sorgt konkret dafür, daß die PKKler von Rojava es garantiert nicht einfacher haben werden, sondern jetzt einen Zweifrontenkrieg führen müssen. Und Deutschland gefällt das sicher auch, daß die “richtigen” Kurden gegen die falschen gestärkt werden.

  87. Kann natürlich auch in die Hose gehen für die Türkei, weil wer weiß, ob die politische Einstellung der syrischen Kurden nicht ansteckend ist … Einmal sehen, wie sehr der Barzani-Clan seine Leute im Griff hat.

  88. Kobane will Waffen, keine Peschmerga-Kämpfer
    Ist die Zusage der Türkei, Peschmerga-Kämpfer aus dem Nordirak zur Unterstützung von Kobane durchreisen zu lassen, ein perfides taktisches Spiel?
    “Ob die Kämpfer der YPG in Kobane tatsächlich auch die Unterstützung von Peschmerga-Kämpfern wollen, ist fraglich. Sie dürften sie jedenfalls nicht erbeten haben. Möglicherweise hat hier die Türkei gar nicht eingelenkt, sondern hat taktisch gehandelt, schließlich hat die türkische Regierung seit einiger Zeit enge Beziehungen zur Autonomen Region Kurdistan und deren Präsident Barsani von der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK) und unterscheiden sich die politischen Vorstellungen der syrischen und der nordirakischen Kurden. Die Peschmerga könnten so als eine Art Trojanisches Pferd gedacht sein, um einen Einfluss der Türkei zu sichern. Die YPG bzw. die PYD (Partei der Demokratischen Einheit ) haben stets eine direkte Hilfe der Türkei ebenso abgelehnt wie die Einrichtung einer Schutzzone, weil sie um ihre Eigenständigkeit fürchten. Der türkische Präsident Erdogan hat ja erst kürzlich erneut klar gemacht, dass er die YPG nicht anders als den IS betrachtet.
    Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu erklärte gestern, dass noch keine Peschmerga-Einheiten in die Türkei eingereist seien. Man sei noch in Gesprächen über die Route, Einzelheiten würden nicht bekannt gegeben. Man habe keinem Korridor zugestimmt, fügte er an, um Kobane militärische Hilfe zukommen zu lassen. Legitim verteidigen könnten Kobane die Freie Syrische Armee oder eben die Peschmerga, offenbar nicht die YPG oder die syrischen Kurden. Warum ausgerechnet die aus dem Irak stammenden Peschmerga “legitim” Kobane verteidigen dürfen, bleibt des Außenministers Geheimnis. Klar ist, dass man nur Kräfte unterstützt, die die Türkei kontrollieren können. Er wiederholte, dass die YPG eine Terrororganisation sei und dass die Türkei es ablehne, dieser Waffen zu liefern, womit er sich auch gegen die USA stellt. Er sagte auch, dass die YPG die Intervention der Peschmerga in Nordsyrien ablehnt, weil die YPG die Kontrolle über Kobane behalten wolle. Das Spiel ist also ziemlich durchsichtig.
    Angeblich sollen aus dem Nordirak vor allem schwere Waffen nach Kobane gebracht werden. Der Konvoi werde nur von so vielen Pschmerga-Kämpfern du Beratern begleitet, wie dies dafür notwendig sei. Das sei mit der YPG so beschlossen worden. Heute werde das kurdische Parlament der Autonomen Region Kurdistan über die Entsendung abstimmen. Aus Kobane gibt es eine andere Haltung. Der “Regierungschef” des Kantons Kobane, Anwar Muslim, betonte, man brauche keine Kämpfer der Peschmerga, sondern nur Waffen, Kämpfer habe man selbst genug. Es sei besser, wenn die Peschmerga in ihrem Gebiet kämpfen.
    YPG-Sprecher Zîlan Kobanê fordert die Peschmerga auf, lieber den vom IS eingeschlossenen Jesiden in Sindschar zu helfen: “Now #PDK wants 2 “send Peshmerga” 2 #Kobane. Wtf are PDK not doing something 4 #Sinjar were they already have Peshmergas?” Wenn die PDK wirklich helfen wollen, solle sie Waffen und Munition schicken und es ermöglichen, dass YPG-Kämpfer aus den anderen Kantonen nach Kobane kommen können.”
    Verschleierungstaktik oder Work in progress
    Was ist mit der angeblich unmittelbar die USA und Europa bedrohenden Khorasan-Gruppe in Syrien?
    Die US-Regierung hat offenbar die Türkei in ihrer Haltung gegenüber Kobane umgestimmt. Die Türkei lässt angeblich Peschmerga-Kämpfer aus dem Nordirak durch das Land nach Kobane, um dort den YPG-Kämpfern zu helfen. Zudem wurden von US-Transportmaschinen erstmals Waffen für die Kurden in Kobane abgeworfen. Gestern wurden weiter IS-Ziele bei Kobane angegriffen und u.a. ein für die Kurden bestimmter Container zerstört. Der IS berichtet nicht über Verluste und Niederlagen, sondern feiert Selbstmordanschläge und Interviews an der Front in Kobane.
    “Um eine Bewilligung des Luftkriegs gegen den IS in Syrien durch den Kongress zu umgehen, hat sich das Weiße Haus auf die weitreichende Kriegsermächtigung (Authorization for the Use of Military – AUMF) berufen, die der Kongress dem Präsidenten als obersten Kriegsherrn vor nun schon 13 Jahren nach 9/11 erteilt hat. Obgleich Obama die Kriege in Afghanistan und dem Irak ebenso beenden wollte wie den Globalen Krieg gegen den Terror hat er sicherheitshalber die Kriegsermächtigung weitergeführt, mit der er weltweit zum Schutz der USA militärische Angriffe auf al-Qaida und deren Helfer führen kann.
    Das politische Problem war nur, dass der Angriff nicht nur völkerrechtswidrig war, weil die syrische Regierung im Unterschied zur irakischen nicht um Hilfe gebeten, sondern die Angriffe als Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität verurteilt hat. Zudem hat Sawahiri den IS wegen seiner brutalen Angriffe auch auf Muslime von al-Qaida ausgeschlossen, weswegen man einen Krieg gegen IS kaum noch mit der al-Qaida-Verbindung rechtfertigen konnte. Dazu war der IS vor den ersten Luftangriffen im Irak auch nicht mit Drohungen von Anschlägen gegen die USA aufgetreten. Musste also mal wieder eine Legitimation für einen Krieg erfunden werden? (…)
    General Lloyd Austin erklärte letzten Freitag, die Bewertung der Angriffe im September sei noch immer “work in progress”. Man werde aber weiter Druck auf die Organisation ausüben. Das nährt das Misstrauen, dass die Gruppe eine Erfindung ist, um eine unmittelbare Bedrohung zu fingieren, die einen Angriff rechtfertigt. Nachdem man lange gezögert hat, den Kurden in Kobane zu helfen, dürfte auch jetzt die Lieferung von Waffen propagandistisch motiviert sein. Man will nicht dastehen, nur Zuschauer geblieben zu sein, wenn der IS, gegen den man Krieg führt, eine Stadt einnimmt, die aber strategisch keine Bedeutung hat.
    Offenbar scheint es mal wieder so zu sein, dass sich niemand, vor allem nicht die alliierten Regierungen, darunter Deutschland, um die Wahrhaftigkeit der amerikanischen Behauptungen kümmern. Man duldet Lügen und reiht sich willig ein, zumal die Khorasan-Gruppe nur ein innenpolitisches Argument zur Rechtfertigung des Kriegs ist. Gleichwohl sollte die Aufklärung für demokratisch gewählte Regierungen ein Anliegen sein, um das eigene Engagement in einer Koalition der Willigen, das nicht von den Vereinten Nationen gedeckt ist, zu legitimieren. Aber die deutsche Regierung schaut lieber weg (wie schon im Ukraine-Konflikt habitualisiert) und stellt sich US-strategisch zur Verfügung. Man belieferte die Kurden im Nordirak mit Waffen, nicht aber die in Kobane. Es wird interessant sein, wie die deutsche Regierung nun die amerikanische Waffenlieferung darstellen wird. Die Waffen sollen aus dem Nordirak stammen und auch panzerbrechende Waffen einschließen, könnten also auch aus Deutschland stammen. Ist die YPG mit ihrer Verbindung zur PKK nun eine Terrororganisation oder nicht?”

  89. Kobane: Die Fronten geraten durcheinander
    Das syrische Regime will auch Kobane militärisch geholfen haben, Peschmerga werden nach Kobane geschickt, Erdogan kritisiert Waffenabwürfe
    Das Assad-Regime will sich schnell an die Solidaritätsbewegung mit den Kurden in Kobane anhängen. Angeblich hätten syrische Truppen und syrische Flugzeuge den YPG-Kämpfern in der vom IS umstellten Stadt militärische Hilfe zukommen lassen. Der Informationsminister Omran al-Zohbi sprach von “militärischer und logistischer Hilfe” sowie von Munition und Waffen.
    “Inzwischen scheint es zu einer Einigung zwischen der YPG und der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak geeinigt, 200 Peschmerga-Kämpfer nach Kobane zu schicken. Das scheint eine Entscheidung zu sein, die beiden Parteien das Gesicht wahren lässt. Die YPG wollte keine Pschmerga-Kämpfer, da der kurdische Präsident Barsani von der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK) eng liiert mit der türkischen Regierung ist. Sie hätten genügend Kämpfer, aber sie bräuchten mehr und schwere Waffen (Kobane will Waffen, keine Peschmerga-Kämpfer).
    Barsani hingegen kommt dem Wunsch der Türkei nach und kann die Bereitschaft demonstrieren, den syrischen Kurden in Kobane Hilfe zukommen zu lassen. Es heißt, die Peschmerga würden mit schweren Waffen kommen. Aber sie würden nicht unter einem gemeinsamen Kommando mit der YPG stehen und diesen auch keine schweren Waffen überlassen. Das dürfte vor allem ein Anliegen der türkischen Regierung sein. (…)
    Die syrischen Truppen haben in den letzten Tagen verstärkt Luftangriffe auf Stellungen von Islamisten und Oppositionsgruppen geflogen und nutzen damit die US-Intervention gegen den IS aus, um die bewaffnete Opposition zu schwächen und die Kontrolle auszubauen. Angeblich seien auch zwei der vom IS erbeuteten Kampfflugzeuge zerstört worden. Der IS soll diese getestet haben, geflogen worden seien sie von ehemaligen Piloten der Hussein-Streitkräfte.”
    Werden spanische Exklaven zu IS-Terrorzentren?
    Das Overseas Security Advisory Council (Osac) warnt, dass sich Ceuta und Melilla zu Brückenköpfen zur Ausbreitung von IS in Europa entwickeln
    Die von Marokko umschlossenen spanischen Exklaven Ceuta und Melilla tauchen in den Medien meist wegen der Tatsache auf, dass Flüchtlinge über die einzigen Landgrenzen zwischen Afrika und Europa in die EU zu kommen, wobei es bisweilen brutal oder tödlich zugeht. Doch nach Ansicht des Overseas Security Advisory Council (Osac), der dem Diplomatischer Sicherheitsdienst des US-Außenamts untersteht, macht sich der Islamische Staat (IS) zunehmend in den Exklaven breit und wirbt von dort auch zahllose Kämpfer in Marokko an.
    Türkei: Journalistin unter mysteriösen Umständen gestorben
    Serena Shim hat die türkische Unterstützung für den IS dokumentiert
    “Jüngstes Opfer in diesem Kampf um die Wahrheit scheint die junge amerikanisch-libanesische Journalistin Serena Shim geworden zu sein. Jedenfalls ist ihr plötzlicher Unfalltod extrem auffällig. Am Sonntag war sie mit ihrem Kameramann in einem Leihwagen auf dem Rückweg von der Grenze zu ihrem Hotel, als ihr Fahrzeug mit einem LKW, vermutlich mit einem Betonmischer, zusammenstieß. Shim wurde getötet, von dem LKW heißt es in verschiedenen Quellen, er sei verschwunden. Dessen Fahrer wird nach Angaben der türkischen Behörden verhört. Shims Auftraggeber, das iranische Press TV, beklagt allerdings, dass die Polizeibehörden keine Informationen herausgeben. Der Name des Fahrers sei nicht zu erfahren.
    Shim, die zuvor unter anderem aus der Ukraine und dem Libanon berichtet hatte, war von Press TV erst am 11. Oktober in die Region geschickt worden, um über den Konflikt in Kobane zu informieren und den Vorwürfen nachzugehen, die Türkei würde den IS unterstützen, schreibt ihr Kollege und Bekannter Vijay Prashad. Dabei wurde sie schnell fündig. Letzte Woche berichtete sie, sie habe IS-Kämpfer am hellen Tag beim Grenzübertritt gefilmt. Außerdem habe sie gesehen, dass diese in LKWs mit dem Logo der “World Food Organization” transportiert wurden. Gemeint war vermutlich das UN World Food Programme.
    Zwei Tage vor ihrem Tod hatte Shim in Press TV berichtet, dass der türkische Geheimdienst ihr Spionage vorwerfe. Sie sei dadurch beunruhigt, habe aber nichts als ihren Job getan. Auf diesem Guardian-Blog ist ein Video eingebunden, das die Meldung über ihren Tod und die Sequenz zeigt, in der sie zuvor über die Bedrohung durch den Geheimdienst berichtet hatte.
    Ihr Kollege Prashad, der ebenfalls aus der Region berichtet, kennt auch andere Geschichten über die offensichtlich anhaltende Unterstützung der IS-Terroristen. Zum Beispiel schreibt er in seinem oben verlinkten Beitrag, dass im staatlichen Balıklıgöl-Krankenhaus in Şanlıurfa, einer türkischen Stadt etwa 30 bis 40 Kilometer von Kobane, verwundete IS-Kämpfer versorgt werden, ohne dass dort groß versucht werde, diese Tatsache zu verbergen.
    Unterdessen hat das Parlament der kurdische Autonomieregion im Irak mit der dem Votum aller Parteien am Nachmittag die Unterstützung für Kobane gebilligt, wie die südkurdische Nachrichtenplattform Rudaw berichtet. Demnach werde „eine kleine Einheit mit schweren Waffen“ geschickt. Das Vorgehen sei Ergebnis geheimer Verhandlungen zwischen Vertretern der syrischen Kurden, der irakischen Autonomieregion sowie der Türkei und der USA. Die Peshmerga würden kein gemeinsames Kommando mit den Kämpferinnen und Kämpfer der syrisch-kurdischen YPG bilden, noch ihre Waffen an syrische Kämpfer weitergeben. (In Kobane kämpfen auch arabische Verbündete der kurdischen YPG.) Die Aufgabe der Peshmerga-Einheit sei es, der Infanterie der Verteidiger Deckung zu geben.”
    Kanada: Schüsse im Parlamentsgebäude
    Im Regierungsviertel in Ottawa herrscht Alarmzustand
    “Da erst am vergangenen Montag ein Mann mit einem Hintergrund, der radikal-islamistische Motive nahelegt damit Schlagzeilen machte, dass er zwei Soldaten in der Nähe von Montreal vorsätzlich überfuhr und dabei einen der beiden tötete, ist auch bei dem heutigen Geschehen die Rede davon, dass es sich um einen terroristischen Anschlag handeln könnte. Der Sprecher des IS, al-‘Adnānī, hatte im September, Anhänger dazu aufgefordert, neben “ungläubigen Amerikaner oder Europäer oder Australier” Kanadier zu töten (“Tötet sie, bespuckt sie, verachtet sie”).”

  90. Die USA hatten ja nichts gegen den IS; bis sie die US-Bürger publikumswirksam enthaupteten. Was die dort in der Region anrichten, widersprach also offenbar den US-Plänen nicht, und deswegen war es den USA auch recht, daß die Türkei den IS unterstützte.
    Das Enthaupten von US-Bürgern vor laufender Smartphone-Kamera ist offenbar kein Kriegsgrund, den man durch den Kongreß bringen kann. Also müssen irgendwelche Räubersgeschichten erfunden werden?
    Irgendwie erscheint mir der Eiertanz durch den Umstand motiviert, daß die USA eigentlich kein klar definiertes Kriegsziel für die ganze Region haben. Weder wollen sie einen Kurdenstaat, noch eine schiitische Regierung im Irak, noch einen Sieg Assads.
    Was Ceuta und Melilla angeht, so muß man sich die Lage dieser Enklaven vor Augen führen. Sie sind Brückenköpfe Spaniens und werden deshalb massiv subventioniert. Gleichzeitig haben sie die höchste Geburtenrate Spaniens. Sie sind voll mit müßigen jungen Leuten, die irgendwie mit Sozial- und Kinderbeihilfe durchgefüttert werden. Jobs gibt es kaum. Es ist ein bißl wie mit Westberlin zur Zeit der Mauer. Die spanische Regierung macht alles, um die Bevölkerung dort zu halten, und damit den Anschein zu erzeugen, das sei ganz normales spanisches Staatsgebiet. Fast die Hälfte der Bewohner sind Muslime, und haben Verwandte in Marokko.
    Für junge Leute, die nicht wissen, was sie machen sollen und von einem Tag zum nächsten leben, erscheint der Islam offenbar als ein Ziel, dem man sich hingeben kann. Die Aktivisten ziehen meist nicht selber in den Dschihad, sondern werben Interessenten aus Marokko oder anderen Maghreb-Staaten an und organisieren dann deren Fahrt ins Glück.
    Neben Spanien soll auch Österreich eine Drehscheibe der IS-Anwerbung und -Verschickung sein.
    Der junge Mann in Kanada, der im Parlament herumgeschossen hat, wollte sich vermutlich auch dem Dschihad anschließen. Da die Behörden davon Kenntnis erhielten, nahmen sie ihm den Paß ab und das ist dann die Bescherung: dafür wollte er sich offenbar rächen.

  91. Mir kommt es so vor, dass die USA relativ langfristig den sunnitischen Islamismus zu dem immer stärker werdenden iranischen (schiitischen) Einfluss in der Region haben mit aufbauen wollen (wobei sie bekanntermaßen sich Hunderttausende “Nebenwidersprüche” eingehandelt haben…).
    In der Mitte des 20. Jahrhunderts (nach der Ära der Dekolonisation, zu Zeiten des Kalten Krieges) war der sunnitische Islam als Herrschaftsreligion die Religion der sich gerne auch mal ‘antiamerikanisch’ aufführenden Despoten in der arabischen Welt (Hussein, Gaddafi), diese Despoten waren eher ‘weltlich’ (so galten die Sunniten generell eher als die den USA verhassten iranischen Schiiten) mit – einige Jahrzehnte später – auch klarer Frontstellung zu Al Quaida, was die USA wussten; aber trotzdem hat die Bush-Regierung gerne derartige Lügenmärchen über Hussein und Gaddafi erzählt.
    “Weltlich” heißt hier: benutzbar für amerikanische Interessen, also vor allem – für die Absicherung der Ölgeschäfte.
    Vorher (20. Jhdt.) waren sie, damals aus nationalistischen Militärkreisen mit Hilfe der SU zur Herrschaft gelangt, oft panarabisch orientiert (zumindestens in der Rhetorik), von der SU damals daher bedingt gefördert als Gegengewicht zu Israel.
    Das Verhältnis zu den Sunniten schien sich zu Beginn der Präsidentschaftft Obamas für die USA anders darzustellen (vgl. die berühmte Kairoer Rede, mit der er sich von den Bush’schen Kategorien des Antiislamismus hat unterscheiden wollen).
    So kam es vermutlich auch zur “Arab Rebellion” – den USA kam es anfangs recht, Nestor hat ja früher sogar darüber spekuliert, die USA hätten ursächlich die Arab Rebellion losgetreten. Das weiß ich nicht, aber vermutlich kam sie ihnen zumindestens erstmal recht. (Antiamerikanismus und Israelfeindschaft wollten sie natürlich nicht – wie es sie in Libyen und Ägypten dann gab.) Aber: “Vor der einjährigen Präsidentschaft Mohammed Mursis in Ägypten 2012–2013 wurde die Muslimbruderschaft von einigen Beobachtern als vergleichsweise moderate und entradikalisierte politische und soziale Formation angesehen. Sie galt als eine konservativ-islamische Organisation, die Gewalt und den „globalen Dschihad“ ablehnte und sich in einem Prozess der Entideologisierung befand.” (Wikipedia)
    Erst nach dem Umsturz in Ägypten 2013 und der darauffolgenden Absetzung Mursis wurde die Muslimbruderschaft dann wieder (wie schon vorher) als Terrororganisation eingestuft. Auch die Situation in Libyen dürfte der Instrumentalisierung des islamischen Aufstandes durch die USA einen Dämpfer versetzt haben, weswegen sie in Syrien das eher die Türkei haben machen lassen (alles im Sinne einer Schwächung des iranischen Einlusses auch in Syrien).
    In der Sendung von Sandra Maischberger mochte der Journalist Kienzle nicht ausschließen, dass ISIS – längerfristig betrachtet – die Grundlage für ein neues erfolgreiches islamisches Staatsprogramm in der Region werden könne. – Falls die Sunniten Iraks und ihre Vereinnahmung durch ISIS nicht voneinander getrennt werden können, was wohl grad ein Hauptziel der irakischen Regierung ist…
    (Zumindestens als Schwächung und Bekämpfung des iranischen Einflusses in der Region taugt ISIS allemal.)

  92. Zum Iran gibt’s übrigens durchaus auch “abweichende Meinungen” von (ehemaligen) Praktikern des US-Imperialismus:
    Die konventionelle Kriegsführung scheitert an der Abnutzungsstrategie des asymmetrischen Krieges
    Ex-CIA-Agent Robert Baer über Syrien und die Arbeit der US-Geheimdienste
    Robert Baer, Ex-Mitarbeiter der CIA (1976-1997), hatte als Agent im Irak gearbeitet und gilt als Experte für den Nahen Osten.
    “Sie erwähnten gerade Saudi-Arabien und Katar.
    Robert Baer: Ja, und ich warne schon seit Jahren vor diesen engen Beziehungen zwischen Washington und Riad, sie sind ein Sicherheitsrisiko. (…)
    Müsste Washington für eine Kehrtwende in der Politik die Beziehungen zu arabischen und sunnitischen Regimen in der Region wie Saudi-Arabien und Katar zugunsten des schiitischen Iran aufgeben?
    Robert Baer: Saudi-Arabien und Katar sind keine zuverlässigen Partner. Die USA benötigen Verbündete mit Durchsetzungskraft, nicht irgendwelche Stämme, die sich langfristig kaum an der Macht halten dürften. Im Vergleich zu seinen Nachbarstaaten ist Iran geradezu eine Insel der Stabilität in dieser unruhigen Region. Es ist eine Nation mit gewaltigem Potenzial, das bisher aber nicht ausgeschöpft wird, mit natürlichen Grenzen, einem stabilen Staatsaufbau und einer starken Armee. Ferner decken sich die Interessen des Westens und Teherans, was die Bedrohung durch die sunnitischen Extremisten angeht.
    Und was ist mit der Türkei?
    Robert Baer: Ankara hatte einen großen Fehler gemacht, als es sich zu sehr in den syrischen Bürgerkrieg einmischte. Jetzt steht der IS vor der Grenze, gleichzeitig ist der kurdische Widerstand gewachsen. Beides sind für die Türkei beunruhigende Optionen. Die Region wird noch lange ein Schlachtfeld bleiben, vor allem dann, wenn die wichtigen Mächte ihre bisherige Politik nicht beenden.”

  93. Da geht jetzt alles mögliche durcheinander, bzw. da steht eine Menge Unsinn.
    Weder Saddam Hussein noch Ghaddafi sind mit Hilfe der SU an die Macht gelangt. Wie kann man nur so einen Schmarrn behaupten! Ghaddafi orientierte sich auch später nicht an der SU, er hatte in seinem Antiimperialismus nichts übrig für Großmächte, er war ein Anhänger des Panarabismus, und später, nach Nassers Tod, der Blockfreien. Er war ein großer Anhänger Titos. Als ihm auch dieser Bündnispartner abhanden kam, versuchte er sich mit dem Westen zu versöhnen, arbeitete mit dem CIA zusammen und finanzierte Sarkozys Wahlkampf. Das ist ihm alles, wie wir wissen, nicht gut bekommen.
    Die Baath-Partei kam eher mit Hilfe des CIA an die Macht, zumindest mit Billigung der USA. Schließlich räumte sie mit dem Kommunismus im Irak auf. (Die irakische kommunistische Partei war zur Zeit Kassems die mitgliederstärkste der arabischen Welt.)
    Auch „weltlich“ in Anführungszeichen zu setzen, ist komisch. Die beiden sahen dezidiert in der Religion nicht ihr Herrschaftsinstrument, mit den Anführungszeichen tust du so, als hätten sie die Welt nur an der Nase herumgeführt und im Geheimen wollten sie ganz was anderes. Eine eher miese Vorgangsweise. Genauso entlarvst du ihre Politik mit so Zeug wie „panarabisch orientiert (zumindestens in der Rhetorik)“ – schon wieder haben sie der Welt einen Bären aufgebunden, aber ICH hab sie durchschaut!
    Abgesehen von dieser unsauberen Taktik, irgendwelchen historisch kontroversiellen Figuren („Despoten“) hinterrücks was ins Zeug zu flicken, stimmt alles möglich auch vom Faktischen her nicht. Lies doch vorher ein bißl herum im Internet, bevor du so halbgare historische Abrisse auftischt!
    Die USA hatten in der Region immer zwei Haupt-Verbündete, das waren Saudi-Arabien und der Iran. Seit dem Sturz des Schah suchen sie nach einer zweiten Säule, und versuchen die Mullahs wieder wegzukriegen – bisher ohne Erfolg. Saddam wurde erst unterstützt, weil er gegen den Iran Krieg führte, dann wurde er lästig, und schließlich wurde er weggeräumt, weil er Dollars fälschte und die Ölverkäufe auf Euro umstellen wollte.
    Unter Bush hätte die US-Regierung gerne den Iran in die Zange genommen, von Afghanistan und dem Irak, da hat aber das US-Militär nicht mitgespielt, weil sie das personell nicht derblasen hätten.
    Dann wurde versucht, eine Stellvertreter-Koalition für einen Angriff auf den Iran hinzukriegen. Saudi-Arabien und Israel wären dabeigewesen, wie man von Wikileaks weiß, das hätte aber auch wieder von der Mannstärke nicht gereicht. Ägypten hat sich nicht dafür hergegeben. Der Sturz Mubaraks ist auch vor diesem Hintergrund zu betrachten.
    Und angesichts all diesen gescheiterten Aktionen und nach hinten losgegangenen Interventionen ist der Gegensatz zwischen Sunniten und Schiiten als Mittel der Außenpolitik endeckt worden. Wenn man die Sunniten gegen die Schiiten aufbringt, und umgekehrt, dann wird vielleicht einmal das Mullah-Regime hinweggefegt, so denken offenbar irgendwelche Vollidioten im Beraterstab des Präsidenten.
    Die Ergebnisse dieser Strategie entsprechen inzwischen schon der Wirkung mehrer Atombomben. Lauter sowohl in ihrer inneren Struktur als auch von jahrelangem Krieg zerstörte Staaten, die die Welt mit Flüchtlingsströmen versorgen und mit jedem Tag mehr implodieren. Und Prätendenten auf ein Kalifat, angesichts derer sich Harun Al-Raschid im Grab umdreht …

  94. Der Einfluss der Sowjetunion in der Anfangsphase des PanArabismus war stärker als du glauben machst.
    Ideologisch war das identisch mit der Frontstellung gegenüber Israel, dem US-Vasallen in der Region.
    a) zu Irak
    “Bei einem blutigen Staatsstreich am 14. Juli 1958 wurde die Briten-freundliche Monarchie gestürzt (Ermordung König Feisals II.) und die Republik ausgerufen. 1959 räumten die britischen Truppen ihre letzten Stützpunkte. Vermutlich um von innenpolitischen und wirtschaftlichen Problemen abzulenken, provozierte der Vorsitzende des Revolutionsrates, General Kassem, Spannungen am Persischen Golf, indem er 1961 Ansprüche auf Kuwait erhob. Im selben Jahr brach ein Aufstand der Kurden aus, der (mit Unterbrechungen) bis 1970 andauerte und auch danach immer wieder aufflammte.
    1963 wurde Kassem durch panarabisch-nationalistische Kräfte um General Aref gestürzt. Als Folge des verlorenen Sechstagekrieges (1967) der arabischen Staaten gegen Israel übernahm die nationalistische Baath-Partei im Zuge eines Militärputsches im Juli 1968 die Macht. Präsident al-Bakr brach die Kooperation mit Syrien und Ägypten ab und betrieb eine Politik enger Anlehnung an die Sowjetunion. Mit Massenverhaftungen und öffentlichen Exekutionen setzte sich das Regime 1969 nach innen durch. 1972 wurde ein irakisch-sowjetischer Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Mit der Nationalisierung der Iraq Petroleum Company (IPC) im selben Jahr expandierte die Wirtschaft. 1977 wurden Baath-Partei und Regierung durch die Ernennung der Mitglieder der obersten Parteiführung zu Ministern und zu Mitgliedern des Revolutionären Kommandorates aufs Engste verbunden. Im Nahostkonflikt blieb der Irak bei seiner betont antiisraelischen Haltung, besonders seit Abschluss des ägyptisch-israelischen Rahmenabkommens von Camp David (1978). Im Juli 1979 trat Präsident al-Bakr zurück. Sein Nachfolger wurde Saddam Hussein.”
    http://www.blz.bayern.de/blz/web/irak/geschichte.html#3
    “Unter Abd ar-Rahman brach der Irak 1967 die diplomatischen Beziehungen zu den USA ab. Nach einem zweiten Putsch am 17. Juli 1968 eroberte die Baath-Partei wieder die Macht, Ahmad Hasan al-Bakr wurde Staatspräsident und Vorsitzender des Revolutionären Kommandorates (RKR), Saddam Hussein Vizepräsident und stellvertretender Vorsitzender des RKR.”
    http://de.wikipedia.org/wiki/Irak
    b) zu Libyen
    “… am 1. September 1969 (neuer Nationalfeiertag) zum Sturz der Monarchie durch das Militär und zur Ausrufung der Arabischen Republik Libyen führte. König Idris und Königin Fatima gingen nach Kairo ins Exil.
    Der Vorsitzende des Revolutionären Kommandorates, Oberst Muammar al-Gaddafi, versuchte die radikale Arabisierung des Landes. Seine Pläne zur Schaffung einer panarabischen Union mit einigen Nachbarländern zwischen 1969 und 1974 scheiterten aber unter anderem an seinem Führungsanspruch. Er benannte Libyen auch in Dschamahirija um.
    1975 schloss Libyen ein Abkommen über wirtschaftlich-technische und militärische Zusammenarbeit mit der UdSSR. In den folgenden Jahren wurden alle Erdölgesellschaften verstaatlicht.”
    http://de.wikipedia.org/wiki/Libyen
    c) Retourkutsche:
    “Schließlich wurde Hussein weggeräumt, weil er Dollars fälschte und die Ölverkäufe auf Euro umstellen wollte.”
    Endlich mal ein Durchblicker, der nicht diese grammatikalisch lästig anrüchigen Anführungszeichen benutzt …
    Schon recht, was gestern Verschwörungstheorie war, wird morgen als Realität enthüllt. Manchmal.
    (Gibt es für diese Deutung irgendwelche Hinweise?)

  95. Felix hat gerade auf diese Quelle verlinkt:
    “Ex-CIA-Agent Robert Baer über Syrien
    In Syrien stellt sich die Situation noch etwas komplexer da. Die Tatsache, dass der “Islamische Staat” dort an der türkischen Grenze operiert, ist ein Ergebnis der völlig verfehlten außenpolitische Vorgehensweise des Westens und seiner Verbündeten im syrischen Bürgerkrieg. Anfangs ging es dem Westen wie auch der Türkei und Saudi-Arabien darum, die schiitische Allianz zu schwächen, also die Achse Teheran-Damaskus.”
    http://www.heise.de/tp/artikel/43/43130/1.html
    Das heißt doch wohl, die USA haben die Gegenpartei der Schiiten unterstützt und gewähren lassen, wo sie konnten, haben also Gegensätze zwischen Sunniten und Schiiten nicht nur ausgenutzt sondern erst so recht befördert und in dieser Härte hergestellt.
    Und dabei Saudi Arabien, Katar und der Türkei als ihre Kettenhunde für die Drecksarbeit freigelassen.
    (Ich weiß, “Kettenhunde der USA” sind sie nicht.
    Die USA haben aber versucht, sie so einzusetzen.)
    In Irak haben die USA bekanntlich den Gegensatz zwischen den beiden Religionsgruppen anders herum dadurch angestachelt, dass sie die Regierung Maliki ins Amt gehievt haben, die jeglich Form sunnitischen Mitregierens ausgeschaltet hat. Hier haben sie augenscheinlich den iranisch inspirierten Schiismus als Regierungsverstärkung ihres Marionettenregimes Maliki geduldet. Aus Not gedrungen. (Und um so stärker darauf geachtet, dass der sich ansonsten nirgends stark machen darf.)
    Oder wie ist der Gegensatz zwischen Sunniten und Schiiten in dieser Wucht zu erklären?
    Hat der mit ISIS gar nichts zu tun?

  96. Israel, Iran und der Islamische Staat
    “Trotz des Beitritts zur US-geführten Koalition gegen den „Islamischen Staat“ (IS) wird Israel nicht müde zu betonen, dass die wahre Gefahr vom Iran ausgehe. Gleichzeitig kommt es im Zuge des Kampfes gegen den Islamischen Staat offenbar zu einer Annäherung zwischen Teheran und seinem Erzfeind, den Vereinigten Staaten. (…)
    Nach Jahrzehnten politischer Feindschaft gab es in den vergangenen Monaten mehrere Treffen der Außenminister der USA und des Irans. Das nächste ist für Anfang kommenden Monats geplant. Dabei soll es offiziell nur um den Streit über das iranische Atomprogramm gehen. Aber der Kampf gegen den IS dürfte auch Inhalt der Gespräche sein. „Wenn die Amerikaner uns diesbezüglich etwas zu sagen haben, werden wir natürlich zuhören“, zitierte die Nachrichtenagentur dpa den iranischen Präsidenten Hassan Rohani am Mittwoch.
    Diese Annäherung wird in Israel argwöhnisch beäugt. Eine Einigung im Streit um das iranische Atomprogramm stelle eine „viel größere“ Gefahr dar als der Islamische Staat, die es deshalb zu verhindern gelte, schrieb Israels Minister für Internationale Beziehungen, Yuval Steinitz, vergangenes Wochenende in einem Kommentar für die New York Times. (1) Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach zu Wochenbeginn ebenfalls von der „viel größeren Gefahr”, die vom Iran im Vergleich zum Islamischen Staat ausgehe. Israel Botschafter in den USA, Ron Dermer, warnte vor einem Monat die Vereinigten Staaten, im Kampf gegen den IS mit dem Iran zusammen zu arbeiten. Denn die von Teheran ausgehende Gefahr sei „eintausend mal” größer. (2)
    Im Juni vergangenen Jahres fasste Sima Shine vom israelischen Ministerium für Strategische Angelegenheiten Israels Perspektive in Bezug auf die weitere Entwicklung in Syrien folgernder maßen zusammen: Da der Iran die „strategische Hauptbedrohung“ darstelle, müsse das syrische Regime als dessen Verbündeter unbedingt gestürzt werden. Es zähle vor allem, was dem Iran schade. Für Israel habe Vorrang, wie es die zukünftigen Machthaber Syriens mit Teheran zu halten gedenken. (3) Die Fortexistenz der Achse Syrien-Iran-Hisbollah stelle eine größere Bedrohung für Israel dar, als wenn künftig Dschihadisten aus dem Dunstkreis al-Qaidas in Damaskus den Ton angeben würden, erklärte auch Israels ehemaliger Verteidigungsminister Amos Gilad. (4)
    Wie Irans oberster Führer Ali Chamenei erklärte, sei die vom IS ausgelöste Krise für Teheran kein Politikum, sondern in erster Linie eine menschliche Tragödie. „Die Diskussionen um Sunniten und Schiiten oder Araber und Kurden ist in der derzeitigen Situation völlig absurd“, so Chamenei laut dpa.
    Während die iranische Führung mit solchen Äußerungen ihren Beitrag zur Abkühlung des vom Islamischen Staat befeuerten sektiererischen Konflikts zwischen Schiiten und Sunniten leisten will, „der die arabische und muslimische Welt zerreißt,“ wie es der ehemalige Mossad-Chef Meir Dagan formulierte, liegen die Vorteile seiner Eskalation für Tel Aviv auf der Hand: „Das eröffnet einmalige Gelegenheiten für Israel, verschiedene Allianzen anzustreben und unsere Präsenz im Nahen Osten zu bestätigen“, so der einstige Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes. (…)
    So hat Israel am 23. Juni neun Stellungen der syrischen Armee mit Panzern und aus der Luft angegriffen, nachdem am Vortag ein Israeli durch eine von syrischem Gebiet abgeschossene Mörsergranate getötet worden war, wie aus einem UNDOF-Bericht hervorgeht. „Israel erklärte, dass wahrscheinlich die bewaffneten Oppositionskräfte verantwortlich waren, aber man habe Stellungen der syrischen Armee unter Beschuss genommen, um zu verdeutlichen, dass Syrien nach wie vor die Verantwortung für die Sicherheit auf seiner Seite der Waffenstillstandslinie trägt“, heißt es in dem UN-Dokument. (6)
    Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon unterstrich, sein Land werde auf „jegliche Provokation hart reagieren, sei es durch Terroristen oder die syrische Armee” – und an letzterer Vergeltung üben, da sie die Verantwortung bei allen Vorfällen trage, die von dem Gebiet unter ihrer Kontrolle ausgingen. (7) Das kam einer Aufforderung an die Oppositionskräfte gleich, israelisches Gebiet zu beschießen, um so Luftschläge gegen die syrische Armee zu provozieren. (…)
    Gegenwärtig überlegen die Vereinten Nationen, die geflohenen Soldaten durch Drohnen zu ersetzen, um das Gebiet weiter überwachen zu können. Während Damaskus seine Zustimmung zu dem Vorhaben bereits signalisierte, habe sich Israel laut einem Bericht der Jerusalem Post vom Mittwoch noch nicht zu einem Entschluss durchdringen können, und zeige auch „keine Eile, eine Entscheidung zu fällen”. Wie dem Artikel zu entnehmen ist, sei Israels Militär jedoch schon „auf alle Szenarien vorbereitet”, sollte die syrische Armee ihre Luftwaffe in der Quneitra-Region einsetzen. (11) Damit etabliert Israel faktisch eine Flugverbotszone zum Schutz der al-Qaida-Kämpfer. Im September hatte es bereits einen syrischen Kampfjet abgeschossen, der gegen die Terroristen auf den Golanhöhen zum Einsatz kam.
    Die al-Nusra kämpft in der Quneitra-Provinz gemeinsam mit der vom Westen unterstützten Syrischen Revolutionären Front. Zusammen mit einigen anderen Gruppen, darunter Einheiten der „Freien Syrischen Armee“, bilden sie die „Südfront”. Wie das in den Vereinigten Arabischen Emiraten erscheinende Magazin The National berichtete, wird die „Südfront“ aus der jordanischen Hauptstadt Amman dirigiert. Ihre jüngsten Erfolge in der Quneitra-Provinz seien dem wachsenden Einfluss westlicher und arabischer Militärberater zu verdanken, die von Amman aus die Rebellenkämpfer koordinieren – und offenbar auch ausrüsten, denn bei ihren Kämpfen setzten die Oppositionskrieger vermehrt moderne Panzerabwehrraketen aus US-Produktion ein, wie zahlreiche Videoaufnahmen belegen. (12)
    The National weist auf die strategische Bedeutung des syrisch-israelischen Grenzgebietes hin: „Das Territorium könnte sich als Schlüsselverbindung zwischen den Oppositionskräften im Süden und denen, die in und um die Hauptstadt herum kämpfen, herausstellen”. (13) Die Kontrolle des Gebietes sei notwendig, um eine verlässliche Nachschubroute für die im Westen und Süden von Damaskus kämpfenden Kräfte herzustellen, die von der syrischen Armee weitestgehend eingekreist seien.
    Israel unterstützt die „Südfront” nicht nur, um ein Aufmarschgebiet zum Sturz der Assad-Regierung zu installieren. Dank der Kooperation mit Israel sei es der al-Nusra-Front gelungen, die mit dem Iran verbündete libanesische Hisbollah von den Golanhöhen zu vertreiben, berichtete Al-Monitor Ende September. (14)
    Nur Tage nachdem US-Präsident Barak Obama am symbolträchtigen 11. September dem Islamischen Staat den Krieg erklärt hatte, schloss die „Südfront” – und damit auch vom Westen unterstütze und als „moderat” bezeichnete Kräfte, auf die man eigentlich im Kampf gegen den IS zurückgreifen wollte – Frieden mit dem Islamischen Staat. Beide Seiten unterzeichneten einen Waffenstillstand und erklärten, sich gegenseitig im Kampf zum Sturz Assads nicht in die Quere zu kommen. Die „moderate” Fraktion rechtfertigte das Abkommen mit dem Hinweis, das Assad-Regime stelle eine größere Gefahr dar als der Islamische Staat. (15) Zudem sind mit Einsetzen der US-Luftschläge Kämpfer der al-Nusra scharenweise zum IS übergelaufen. (16)
    Auch wenn man in Tel Aviv den Aufmarsch der Dschihadisten an den eigenen Grenzen mit gemischten Gefühlen betrachtet, einen Angriff der al-Nusra erwartet man nicht, so die Gefahreneinschätzung eines israelischen Offiziers gegenüber der Jerusalem Post. Al-Nusra teile zwar dieselbe Ideologie wie der Islamische Staat, dennoch könne die Terrorgruppe gegenwärtig kein Interesse haben, die Waffen gegen Israel zu richten, so der Offizier. (17)
    „Es ist schockierend und seltsam, dass sich der Islamische Staat und andere Terrorgruppen, die sich auf den Islam berufen, überhaupt nicht rührten, als israelische Flugzeuge Zivilisten im Gazastreifen bombardierten“, zitiert das sich mit sicherheitspolitischen Fragen beschäftigende Gatestone Institute aus den USA den ägyptischen Kolumnisten Jamil al-Afifi zum Verhältnis der sunnitischen Gotteskrieger zu Israel. „Keiner ihrer religiösen Gelehrten trat hervor um das brutale Töten im Gazastreifen zu verurteilen“. (18)
    Angesichts ihrer verkündeten Prioritäten kann das Schweigen der Dschihadisten jedoch kaum verwundern. Die „Befreiung Jerusalems” rangiert auf der To-Do-Liste des Islamischen Staates nicht auf den vorderen Plätzen. Zunächst gilt es, ein sunnitisches Kalifat zu etablieren und die arabisch-muslimische Welt neu zu ordnen.
    „Ziel des Terrors ist eine Zerschlagung der bisherigen Strukturen in der Region,“ schreibt die Nahost-Expertin Karin Leukefeld in der jungen Welt. „Die säkularen Regierungen im Irak und in Syrien sollen gestürzt werden, weil sie sich den westlichen Neuordnungsplänen und der von Saudi-Arabien beanspruchten Hegemonie (…) nicht beugen wollen. Bei dieser Neuordnung geht es nicht um soziale, bürgerliche und wirtschaftliche Rechte der Bevölkerung, es geht um die politische Vorherrschaft. Die Golfstaaten wollen den Einfluss Irans zurückdrängen, was auch den Interessen Israels entspricht.“ (19)
    Das Bestreben der USA, der Golfstaaten und nicht zuletzt Israels sei es, einen „sunnitischen Keil“ in den sogenannten schiitischen Bogen zu schlagen. (20) „Dieser ‘sunnitische Keil’ entspricht aktuell dem Gebiet, in dem sich innerhalb nur eines Jahres der ‘Islamische Staat’ ausgebreitet hat.“
    Die Türkei wie Saudi-Arabien „profitieren von der Entstehung eines solchen ‘sunnitischen Keils’. Einerseits, weil ihr Erzfeind Syrien dadurch weiter geschwächt und territorial verkleinert wird. Andererseits, weil die guten direkten Beziehungen zwischen Iran, Irak, Syrien und der libanesischen Hisbollah unterbrochen werden“, so Leukefeld. Das gleiche gilt auch und noch viel mehr für Israel, das sich durch die aus Syrien, dem Iran und der Hisbollah bestehenden „Achse des Widerstands“ in seiner Existenz bedroht sieht.
    Entsprechend dieser (geo)politischen Interessenlage ist die US-geführte Koalition gegen den Islamischen Staat nicht von dem Motiv getrieben, den von der sunnitischen Terrorgruppe angeheizten sektiererischen Konflikt in der Region generell einzudämmen. In Syrien bekommen die unter derselben Fahne und Ideologie agierenden Kämpfer der al-Nusra von Israel und anderen Staaten der Anti-IS-Koalition Schützenhilfe, obwohl sie dieselben scheußlichen Verbrechen begehen, aufgrund derer der Islamische Staat in der öffentlichen Debatte nun zum Inbegriff des Bösen mutiert ist. In Syrien konnte der IS jahrelang morden, ohne die nun herrschende breite Empörung hervorzurufen.
    „Auf mysteriöse Weise wurden sie zu Feinden, als sie die Grenze zum Irak überschritten“, beschreibt der Militärwissenschaftler Nikolai Bobkin von der Russischen Akademie der Wissenschaften das Dilemma des Weißen Hauses zu erklären, wie aus den „guten Terroristen“, die die Assad-Regierung bekämpft haben, so plötzlich „bösen Terroristen“ werden konnten. (…)
    Wie andere Länder der Region versucht auch Israel den Islamischen Staat für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Jüngst sprach sich Verteidigungsminister Moshe Jaalon gegen den Abzug der israelischen Armee aus dem Westjordanland mit der Begründung aus, die Hamas würde dann dort die Macht ergreifen und dann könnte der Islamische Staat dort frei agieren. (23)
    Unter den Palästinensern und den arabischen Israelis finde der IS allerdings kaum Sympathisanten, widerspricht Foreign Policy einem solchen Szenario. Das Hausblatt des US-Council of Foreign Relations schätzt die vom Islamischen Staat für Israel ausgehende Bedrohung als gering ein, da die Terrormiliz vor allem im Osten Syriens, und damit weit von den israelischen Grenzen entfernt, aktiv ist. Mit dem Beitritt zur Anti-IS-Koalition wolle Israel in erster Linie das vor allem durch den Gazakrieg ramponierte Image aufpolieren. Zudem überhöhe Ministerpräsident Netanjahu die vom IS für den jüdischen Staat ausgehende Gefahr, um von der schlechten wirtschaftlichen Lage des Landes abzulenken und gleichzeitig ein höheres Sicherheitsbudget durchzusetzen. (24)
    Für Israel bleiben die sunnitischen Dschihadisten ein zweischneidiges Schwert. Einerseits schwächen sie wie gewünscht die syrische Regierung und die Hisbollah, andererseits könnten sie in einer ungewünschten Nebenwirkung zu einer Verbesserung der Beziehungen des Westens zum Erzfeind Iran beitragen.”

  97. @Historicus
    Ja, das Verlinken von Wikipedia-Artikeln ist schön und gut, sie beweisen aber nicht, was du behauptet hast, daß die beiden Figuren mit Hilfe der SU an die Macht gekommen sind. Es war genau umgekehrt: Nachdem sie die Macht errungen hatten und merkten, daß sie gegen Israel einen Bündnispartner brauchten, wendeten sie sich (auch) der SU zu. Und die SU betrieb ihre Außenpolitik so, daß sie die Verfolgung der Kommunisten (im Libyen war die KP verboten) in Kauf nahmen, weil die Außenpolitik der SU im Kalten Krieg so aussah, sich lieber mit Regierungen verbündeten als mit Oppositionsparteien. Der Putsch von Aref und den Baathisten hatte jedenfalls dezidiert den Zweck, den Einfluß der Kommunisten auszuschalten.
    Das mit den Anführungszeichen und der Verschwörungstheorie verstehe ich nicht. Es ist mir allerdings aufgefallen, daß öfter Leute ihre eigene Ignoranz damit bemänteln, daß sie anderen „Verschwörungstheorie“ vorwerfen. Das ist bequem und erspart einem Argumente.

  98. Na gut, die Geschichte ist in der Tat nicht so bekannt, weil die Amis und die ihnen sich andienenden Medien und Agenturen die Geschichte mit den gefälschten Dollars nicht breitgetreten haben. Kein Staat gibt gern zu, daß ein anderer ihm sein Hoheitsmittel unterm Hintern wegzieht, und es hat auch eine schiefe Optik, wenn die Weltmacht Nr. 1 ihre Streitkräfte in Bewegung setzt, um eine Falschmünzerwerkstatt auszuheben. Also mußte die Menschheit vor einem wahnsinnigen Diktator und seinen Massenvernichtungswaffen gerettet werden.
    In der 2. Hälfte der 90-er Jahre tauchten in den mittelasiatischen Republiken in großen Mengen Dollarblüten auf, die so professionell gefälscht waren, daß nur eine Staatsdruckerei dahinter stehen konnte. Um diese Zeit herum, kurz vor dem Millenium, wurde ein nordkoreanischer Diplomat auf einem fernöstlichen Flughafen mit einem Koffer voller Dollarblüten erwischt.
    Den USA war das natürlich nicht wurscht. Agenten wurden nach Mittelasien geschickt, um der Sache nachzugehen. Die Verdächtigen waren zunächst Iran, Irak, Nordkorea. So entsteht die „Achse des Bösen“. Mit der Zeit stellte sich heraus, daß Nordkorea nur Verteiler-Aufgaben übernommen hatte und der Fälscher entweder der Iran oder der Irak war, weil die beiden so verfeindet waren, daß sie nicht gemeinsame Sache gemacht hätten. (Ich vermute, daß Saddam Hussein auch mit dem Usbeken-Führer, Karimov, irgendwelche Absprachen getroffen hatte. Nach dem Einmarsch der USA in den Irak, 2004-2005 gab es mit dem Brösel, und er schmiss schließlich die Amis von der Basis, die sie dort gemietet hatten, hinaus.)
    Es stellte sich schließlich heraus, daß es der Irak war. Saddam hatte damit ein Mittel gefunden, die Auswirkungen der Blockade teilweise zu mildern. Es ist ihm halt auf lange Sicht nicht gut bekommen.
    Ich weiß nicht mehr, wo ich das alles gelesen habe. Es ist ja schon einige Zeit her, mehr als ein Jahrzehnt. Hauptverdächtige: Asia Times, Rebelión, oder russische Zeitungen.
    Als Staat das Geld eines anderen Staates zu fälschen, ist eben ein sehr schwerer Affront innerhalb der imperialistischen Staatenkonkurrenz. Es kommt einer Verweigerung der Anerkennung gleich, ist also tatsächlich eine Art Kriegserklärung. Mir sind nicht viele Fälle in der Geschichte bekannt, wo so etwas unternommen worden wäre. Das nationalsozialistische Deutschland hat Dollar und Pfund gefälscht, und Horthys Ungarn hat einmal einen Versuch übernommen, mit gefälschten Franc einen Feldzug zur Wiedereroberung der Karpatoukraine zu starten, das ist aber aufgeflogen – vor allem wegen der Blödheit und Schwatzhaftigkeit des Reichsverwesers selber –, bevor die Blüten in Umlauf gebracht werden konnten. Es war eher eine Posse eines Operettenstaates.

  99. Über diese Verschwörungstheorie gab es bereits Witze
    (die muss ich also nicht nicht selbst erfinden)
    Also selbst wenn es so wäre, dass im Irak Dollar-Falschgeld produziert wird, so dürfte das nur einen Bruchteil von dem sein, was in anderen Ländern – vornehmlich im ehemaligen Ostblock – an Falschgeld hergestellt wird. Kanada soll da übrigens auch recht produktiv sein. Und was glaubst du, wieviel Falschgeld in den USA selbst gedruckt wird …
    Und selbst, wenn jede gefälschte Dollar-Note aus dem Irak käme – die Vernichtung von ein paar Druckmaschinen wäre allenfalls eine lohnende Aufgabe für ein oder zwei Kommandounternehmen, aber nicht für derzeit rund 135000 bis an die Zähne bewaffnete US-Soldaten.
    In wahrheit geht es um die produktion von gartenzwergen und schwarzwälder kuckucksuhren. die finden nun mal reißenden absatz bei touristen, und die bundesregierung will die produktion lieber selbst kontrollieren.
    http://www.ioff.de/archive/index.php/t-44217.html

  100. Und noch ein Nachtrag zum Öl und den Dollars. Dazu ist das Internet recht gesprächig. Die USA betrachten das Öl seit der Aufhebung der Bindung des Dollars an Gold das Öl als eine Art Deckung des Dollars. Deswegen muß der Ölpreis in Dollars angegeben werden. Auch das europäische Öl wird in Dollars berechnet.
    Siehe dazu
    http://de.wikipedia.org/wiki/Petrodollar
    Soweit ich weiß, handelte es sich bei Saddam Hussein eher um die Absicht, oder er kriegte die Umstellung nicht so recht hin, weil auch die EU nicht mitspielte.
    Ghaddafi wollte sogar eine neue afrikanische Einheitswährung schaffen, nach dem Vorbild des Euro, auber auf Gold-Deckung und auf den Öl-Verkäufen beruhend. Das war vom Standpunkt der USA sogar noch schlimmer.
    http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Libyen/henken2.html

  101. Zu @ein Witz merke ich nur an, daß manchen Leuten offenbar die Fähigkeit fehlt, einen gelesenen Inhalt gedanklich zu erfassen. Falschgeld wird überall auf der Welt hergestellt, aber eben nicht als Regierungsprogramm. Deshalb geht es ja auch nicht um die Vernichtung einiger Druckmaschinen (die kann man notfalls immer nachkaufen), sondern um das Wegräumen eines politischen Willens, der grundlegende Gepflogenheiten der Staatenwelt nicht respektiert.
    Das du das alles sehr witzig findest, glaube ich dir, es spricht allerdings nicht für dich.
    @dazu
    Die Regierung ist ja die gleiche, wen anderen läßt die Kamarilla, die sich mit Hilfe der USA den Irak gekrallt hat, gar nicht dran, und da hilft es auch nichts, ein paar Figuren auszuwechseln.
    Es ist auch nicht richtig, – aber was will man von der „Zeit“ schon erwarten – von einem „Gegensatz zwischen Schiiten und Sunniten“ zu faseln, wenn es doch darum geht, daß diese Regierung zwar das Land irgendwie beherrschen, aber ihre eigene Position gegen IS nicht verteidigen konnte. Es gibt eben niemand, der sich für diese Regierung militärisch einsetzen will – weder im In- noch im Ausland.
    Gerade unter den Schiiten eben auch nicht.

  102. Flugverbotszone über Syrien
    Berliner Regierungsberater plädieren für einen umfassenderen Einsatz militärischer Mittel im Syrien-Krieg. Wie es in einem aktuellen Papier aus der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) heißt, müssten die westlichen Staaten “ihre ursprüngliche Strategie” zum Sturz der Assad-Regierung “ernsthaft auf den Prüfstand stellen”, weil sie zu stark auf die “Förderung ziviler Strukturen” gesetzt habe. Erforderlich sei unter anderem die Errichtung einer “Flugverbotszone über ganz Syrien”. Die Forderung kommt zu einer Zeit, da in den Vereinigten Staaten die Forderung laut wird, im Krieg gegen den IS mit der Regierung Assad wie auch mit Iran zu kooperieren. Man habe sich einst gar “mit Stalin” verbündet, “um Hitler zu bekämpfen”, schreibt ein einflussreicher US-Außenpolitik-Experte zur Begründung. Gegen die Forderung erhebt sich Widerstand – nicht nur in den USA, wo ein ehemaliger CIA-Analyst den Aufbau einer umfassenden syrischen Exilarmee in einem Nachbarstaat fordert, die in ein bis zwei Jahren nach Syrien einmarschieren soll, sondern auch in Deutschland.

  103. Frankreich: Nicht nur Kobane, sondern auch Aleppo
    Die Luftangriffe auf den “Islamischen Staat” in Syrien stärken das Assad-Regime und die al-Qaida-Gruppe al-Nusra
    Von den Angriffen auf den IS hat nicht nur das Assad-Regime profitiert, sondern auch die zweite große islamistische Gruppe al-Nusra, die al-Qaida angehört und seit der Ablösung vom IS auch gegen diesen um die territoriale Kontrolle kämpft. Nach den Erfolgen des IS sind aber Teile von al-Nusra auch zu diesem übergewechselt. Die Lage ist schwer überschaubar. Wie weit die Luftschläge den IS schwächen, ist bislang in Syrien kaum feststellbar. IS-Kämpfer haben weitere Gasfelder eingenommen, zuletzt am Montag nach Kämpfen gegen syrische Truppen das Gasfeld Jahar bei Homs.
    Während die Assad-Streitkräfte weiter Städte aus der Luft bombardieren, haben sie auch einige Erfolge etwa in Idlib oder Aleppo erzielen können. Die zweitgrößte Stadt ist das wichtigste Zentrum des syrischen Widerstands und mittlerweile fast völlig von syrischen Truppen eingekesselt. Auch al-Nusra kontrolliert Teile der Stadt, der IS ist überdies hier aktiv, Gruppen, die mit der Freien Syrischen Armee verbunden sind und als gemäßigt betrachtet werden, halten nur den nördlichen Teil der Stadt, die gerade einmal 60 km von der türkischen Grenze entfernt ist.
    Die türkische Regierung hatte vorgeschlagen, eine Schutzzone auch bei Aleppo einzurichten. Offenbar hat der türkische Präsident Erdogan am vergangenen Wochenende in Paris mit seinem französischen Kollegen Hollande eine Übereinstimmung erzielt. Auf einer Pressekonferenz in Paris warf Erdogan den Amerikanern und den übrigen Ländern eine zu einseitige Aufmerksamkeit auf Kobane vor, wo sich gerade einmal 2000-3000 kurdische Kämpfer befinden, während wohl fast alle Einwohner geflohen sind und sich in der Türkei aufhalten. Neben anderen Städten erwähnte Erdogan auch Aleppo. Klar ist, dass bei einer Einnahme durch al-Nusra oder/und die syrische Armee erneut eine Flüchtlingswelle Richtung Türkei entstehen wird.
    Jetzt hat der französische Außenminister Laurent Fabius in einem dramatischen Appell dazu aufgefordert, nach Kobane auch Aleppo zu retten. In einem Gastkommentar, der in der Washington Post und anderen Zeitungen veröffentlicht wurde, warnte er, dass Aleppo, die “Bastion” der moderaten Opposition zwischen Assads Truppen und dem IS – Fabius nennt diesen nur Daesh – zerrieben werde. Die Stadt sei gefangen “zwischen den Fassbomben des Regimes und den Kopfabschneidern des Daesh”.
    Schon eine Million Menschen seien aus der Stadt geflüchtet, die nur noch durch eine Straße in die Türkei mit der Außenwelt verbunden sei. 300.000 Menschen befänden sich noch in der Stadt, die der Diktator den Grausamkeiten der Terroristen überlassen wolle. Assad und Daesh seien “zwei Seiten derselben barnbarischen Münze”. Assad habe das “Monster” geschaffen, indem er die Dschihadisten aus den Gefängnissen entlassen hat. Er habe mit diesen das Ziel gemeinsam, die “gemäßigte Opposition” zu zerschlagen, die für ein “offenes, pluralistisches und demokratisches Syrien” steht. Statt Kobane will Fabius, was Erdogan sicher gerne hört, Aleppo zum Symbol des Widerstands machen (…)
    Würde man Aleppo aufgeben, so Fabius, würde man 300.000 Menschen einem schrecklichen Schicksal überlassen. Was getan werden müsste, um Aleppo nicht aufzugeben, sagte Fabius allerdings nicht. Die Kritik an der einzig auf Bekämpfung des IS ausgerichteten US-Regierung ist aber deutlich zu hören, da auch das Assad-Regime und al-Nusra bekämpft werden müssten. Frankreich hat sich zwar an den Luftangriffen gegen den IS im Irak beteiligt, nicht aber an denen in Syrien. Aber die Freie Syrische Armee oder die viel beschworenen gemäßigten bewaffneten Oppositionsgruppen haben auch immer mal wieder mit al-Nusra kooperiert. So klar, wie man dies gerne möchte, sind Freund und Feind nicht verteilt.
    Aber Unheil braut sich nicht nur in Aleppo zusammen, al-Nusra steht auch kurz davor, die Stadt Bab al-Hawa an der syrisch-türkischen Grenze einzunehmen. Dieser bislang von der Islamischen Front kontrollierten Grenzübergang in der Provinz Idlib ist auch eine wichtige Verbindungslinie für die Freie Syrische Armee und die “gemäßigte” Opposition. Schon länger wird gezweifelt, wie stark die “Gemäßigten” überhaupt noch sind, die Kämpfe in Idlib und Aleppo zeigen jedenfalls, dass es bald neben YPG-Kurden nur noch islamistische Gruppen geben könnte, die sich gegenseitig und das Assad-Regime bekämpfen. (…)
    Allmählich scheint man aber im Weißen Haus und im Pentagon zu sehen, dass die bislang eingeschlagene Strategie in Syrien die Lage nicht im eigenen Sinn verbessert und zudem dem IS nicht wirklich schadet. Wie die Washington Post berichtet, werde im Pentagon diskutiert, was einmal wieder anonym bleibende “hohe Offizielle” mitteilten, wie man der Opposition helfen und die Grenzübergänge offen halten könne. Klar ist, dass mit der Ausbreitung der islamistischen Milizen und der syrischen Truppen die Chancen schwinden, die “gemäßigte Opposition” auszubilden und aufzurüsten für den Kampf gegen den IS und Assad, wie dies Washington beabsichtigt.
    Und alles ist natürlich noch weitaus komplizierter. Die USA vermeiden bislang die Konfrontation mit dem Assad-Regime, um ihre eigentlich völkerrechtswidrigen Luftangriffe auf den IS ohne Gefährdung seitens der Luftabwehr ausführen zu können. Militärisch gegen Assad vorzugehen, hieße auch, den Konflikt mit Iran und Russland zu verschärfen. Der Iran wird aber auch benötigt, um den IS im Irak zu bekämpfen. Zudem würden die Verhandlungen über die Atomanlagen durch einen Konflikt auf Eis gelegt.”

  104. Vom Feind zum potentiellen Partner
    Das wachsende Chaos in der Region und die geteilte Einschätzung der Bedrohungen haben die Perspektive Israels und der Golfstaaten aufeinander verändert
    “Mit manchen der Golfstaaten wurden die Weichen für erste Kontakte bereits vor über 20 Jahren gestellt. Der Irak-Krieg 1991 und der zwei Jahre später losgetretene Oslo-Prozess zwischen der Regierung Yitzhak Rabins und Yassir Arafats PLO machten erste Schritte der Annäherung möglich.
    In dieser frühen Phase war die Rolle der USA entscheidend. Der Golf-Krieg 1991 gegen Saddam Husseins Irak lieferte den USA einen Prestigegewinn unter den Golfstaaten. Durch ihre Intervention nach dem irakischen Einmarsch in Kuwait demonstrierten die USA den Golfstaaten, nicht nur eine formelle Schutzmacht zu sein, sondern die Sicherheit ihrer Partner am Golf notfalls auch militärisch zu verteidigen.
    Dieses politische Kapital versuchten die USA auch in einen diplomatischen Erfolg umzumünzen. Kurz nach Ende des Irak-Kriegs organisierten amerikanische Diplomaten die erste Konferenz, die zu einer Verhandlungslösung des Nahostkonfliktes führen sollte. Auf der Madrid-Konferenz Ende 1991 saßen Vertreter Israels, der PLO, Jordaniens, Syriens, des Libanons und der Golfstaaten am Verhandlungstisch. Die USA erwarteten von den Golfstaaten den Friedensprozess zu unterstützen – auch wenn Israel zu diesem Zeitpunkt aus der Perspektive der Golfherrscher offiziell noch ein feindlicher Staat war.
    Amerikanische Diplomaten setzten darauf, das durch den Krieg gegen Saddam Hussein gewonnene Prestige auch für eine graduelle Annäherung zwischen ihren wichtigsten Partnern in der Region einsetzen zu können: den Golfstaaten und Israel. (…)
    Diese Form der semi-offiziellen Präsenz Israels am Golf währte jedoch nicht lange. Während der zweiten Intifada, die im im Jahr 2000 ausbrach, forderten Oman und Katar Israel auf, seine Vertretung zu schließen. Ein Ende der Kontakte zwischen israelischen Diplomaten und Geheimdienstlern und ihren Pendants am Golf bedeutete dies allerdings nicht. Israelischen Diplomaten und Geheimdienstlern wurde angeboten vor Ort zu bleiben – solange sie sich nicht als Israelis zu erkennen geben.
    Diese informellen Kontakte auf geheimdienstlicher Ebene bestehen bis heute. Der auf die Beziehungen zwischen Israel und den Golfstaaten spezialisierte israelische Journalist Raphael Ahren schrieb 2013 in der “Times of Israel”:
    Es ist davon auszugehen, dass Israel mit den meisten der 6 GCC-Staaten geheime Kontakte unterhält, wenn nicht mit allen.
    Vieles deutet darauf hin, dass sich diese Kontakte in der jüngsten Vergangenheit vertieft haben. Bei einem Treffen zwischen führenden amerikanischen und israelischen Militärs im März in Jerusalem sprach der amerikanische Generalstabschef Martin Dempsey öffentlich von der Annäherung zweier Partner, “die in der Vergangenheit nicht gewillt waren, Partner zu sein”. (…)
    Auch wenn die Herrscherhäuser am Golf sich davor scheuen, die Kontakte mit Israel offen zu legen: In den Sicherheitskreisen der Golfstaaten wird Israel mittlerweile nicht mehr als feindlicher Staat betrachtet, sondern eher als potentieller Allierter.
    In den meisten wichtigen strategischen Fragen der Region besteht ein bemerkenswertes Maß an Übereinstimmung zwischen Israel und den Golfstaaten. Vor allem die Angst vor einer Hegemonialstellung Irans und dem klandestinen Atomprogramm des Landes wirft Israel und die Golfherrscher in das selbe geostrategische Boot. (…)
    Die Königshäuser am Golf fürchten in einer iranischen Hegemonialstellung in der Region vor allem eine Destabilisierung der eigenen Länder. In der Lesart der Golfmonarchen versucht der Iran Proteste der schiitischen Bevölkerung am Golf aktiv zu schüren, um die Stabilität der Golfstaaten zu erschüttern. In der ölreichen Ostprovinz Saudi-Arabiens As-Sharqiah ist die Mehrheit der Bevölkerung schiitisch, in Kuwait sind es rund 40% der Gesamtbevölkerung, in Bahrain fast zwei Drittel. (…)
    Mehr als vor dem Aufbegehren der schiitischen Bevölkerung alleine fürchten sich die Golfherrscher vor einer Kettenreaktion der Proteste. Zeitgleich zu den Protesten von Schiiten im Osten des Landes, gingen im Frühjahr 2011 in Riad auch sunnitische Demonstranten auf die Straße, wenn auch in kleineren Zahlen. Der zum Tode verurteilte schiitische Kleriker Nimr al-Nimr forderte “die Freilassung aller politischer Gefangener, ganz gleich ob Sunniten oder Schiiten.” (…)
    Die Herrscher am Golf nahmen den Aufstieg gewählter Islamisten von Anfang an als innenpolitische Bedrohung war, da dieser ihren absoluten Machtanspruch in Frage stellte. Die einzige Ausnahme unter den Golfstaaten ist das katarische Königshaus, welches gezielt auf die Muslimbruderschaft setzte – nicht zuletzt, um den eigenen außenpolitischen Einfluss zu erweitern. In den anderen Hauptstädten am Golf machte sich hingegen Erleichterung breit, als das ägyptische Militär im Sommer 2013 die Regierung der Muslimbrüder in Ägypten stürzte.
    Auch in israelischen Sicherheitskreisen wurde die Machtübernahme des Militärs mit Erleichterung aufgenommen. Sie bedeutete ein Ende der versuchten außenpolitischen Neuorientierung der Mursi-Regierung – wie eine Annäherung an den Iran und ein Hofieren der Hamas – und eine Rückkehr zur engen sicherheitspolitischen Kooperation der Mubarak-Ära. Diese Rückkehr zu alten Verhältnissen spiegelte sich in aller Deutlichkeit während des Krieges zwischen Israel und der Hamas im vergangenen Sommer wieder. (…)
    Die Übereinstimmungen zwischen Israel und den Golfstaaten hinsichtlich des Irans und Ägyptens, werden von einer weiteren Sorge begleitet: Einer wachsenden Skepsis gegenüber der Rolle der USA in der Region. In Israel wie am Golf wird die diplomatische Initiative der Obama-Administration gegenüber dem Iran als strategischer Fehler und Ausdruck von Schwäche verstanden. Auch der Rückzug der amerikanischen Unterstützung für Ägyptens Ex-Diktator Hosni Mubarak während der Massenproteste im Februar 2011 wurde am Golf mit Unbehagen wahrgenommen. In den Augen der Golfherrscher versagten die USA einem ihrer wichtigsten Allierten die Unterstützung.
    Die Bedeutung Israels steigt in der Perspektive der Golfstaaten nicht nur wegen diesen Übereinstimmungen in zentralen strategischen Fragen, sondern auch wegen dem als gewichtig eingeschätzten Einfluss Israels auf die außenpolitischen Entscheidungen der USA in der Region. “Die Golf-Araber glauben, wir hätten einen magischen Draht zu den USA”, sagt Yacov Hadas-Handelsman, der Vize-Vorsitzende des israelischen Außenministeriums und Israels gegenwärtiger Botschafter in Deutschland.
    Auch wenn die Vereinigten Staaten vor über 20 Jahren die Weichen für erste Kontakte zwischen Israel und den Golfstaaten stellten – heute ist es vielmehr die Skepsis gegenüber der amerikanischen Politik in der Region, die zu einer wichtigen Triebkraft der Annäherung zwischen Israel und den Golfstaaten geworden ist.
    “Es gibt eine wachsende Übereinstimmung zwischen den beiden – in Opposition, zu dem, was wir in der Region machen”, zitiert die New York Times anonym einen Beamten des amerikanischen Außenminsteriums. Daniel Levy vom European Council on Foreign Relations sagt:
    Wenn du deine Augen schließst, weißt du nicht ob du einem Saudi oder einem Israeli zuhörst.”

  105. Israel hat längst aufgehört, ein Feind für die arabischen Potentaten zu sein. Das konnte man auch daran sehen, daß es keinen Mucks aus den Golfstaaten – aber auch Jordanien und Ägypten – gab, als Israel unlängst wieder einmal Gaza platt gemacht hat.
    Aus unterschiedlichen Gründen haben Saudi-Arabien und Israel etwas gegen den Iran.
    Es gab doch einmal irgendein Wikileaks-Zeug, dem zufolge Saudi-Arabien und Israel bereit gewesen wären zu einem Krieg gegen den Iran. Allein hätten sie aber alt ausgeschaut, und es fand sich offensichtlich kein Dritter, der da mitgemischt, und auch die nötigen Soldaten und Mittel gehabt hätte.

  106. Kommt eine Interimsregierung in Syrien?
    Laut unterschiedlicher Regierungsquellen gibt es dazu Pläne in Russland, Ägypten und den USA
    Russlands Regierung plant laut der in Beirut ansässigen Zeitung al-Akhbar ein Treffen von Mitgliedern der syrischen Regierung mit ausgewählten Oppositionellen, Ziel soll die Bildung einer Interimsregierung sein.
    “Die Zeitung hat sich im syrischen Konflikt einige Glaubwürdigkeit verschafft, weil sie schon sehr früh Distanz zur 2012 wie auch im Jahr 2013 noch weit verbreiteten Rede von der “syrischen demokratischen Revolution” nahm und den Oppositionsgruppen sehr kritisch gegenüberstand, wie sie auch die Regierung Baschar al-Assad nicht von kritischen Kommentaren verschonte. Laut ihrem Bericht ist der Plan der russischen Regierung, statt in Genf die nächste Friedenskonferenz in Moskau abzuhalten, “fast bestätigt”.
    Als Quellen werden Personen genannt, die mit der Vorbereitung der Konferenz beschäftigt sind. Angemerkt wird dazu, dass Ägypten ebenfalls eine maßgebliche Vermittlerrolle spielen soll und auch die UN soll mitmachen.
    Nach den Informationen gibt es eine kleine Überraschung bei der Delegation der eingeladenen Oppositionellen. So soll sich darunter Ahmed Mouaz al-Khatib befinden, der den Titel eines Scheichs trägt. Die israelische Zeitung Ha’aretz bestätigt den namen und entsprechende Pläne und fügt dem aber an, dass sich der US-Außenminister Kerry und sein russischer Kollege in Peking über ein Treffen zwischen syrischer Regierung und Oppsoitionellen verständigt hätten. Dazu ist bei al-Akbhar aber nichts zu erfahren. (…)
    Die syrische Interimsregierung, die laut al-Akhbar aus Mitgliedern der bestehenden Regierung und der Opposition gebildet werden soll, soll von einer “nicht provozierenden Persönlichkeit” geführt werden. Der amtierende Staatspräsident Baschar al-Assad soll seine Machtbefugnisse über die Armee und den Sicherheitsapparat behalten.
    Ein verfassungsgebendes Gremium soll gegründet werden, entweder nach Wahlen oder durch Nominierung, und die eine neue Verfassung ausgearbeitet werden. Nach zwei Jahren soll es erst das Parlament neu gewählt werden, danach der Präsident. Baschar al-Assad dürfe kandidieren.
    Geht es nach Informationen von CNN, angeführt werden anonyme Teilnehmer von Treffen mit dem Präsidenten und andere Regierungsquellen, so beschäftigen sich die Lagebesprechungen immer öfter mit der Frage eines “politischen Übergangs” in Syrien. Die Entfernung von Assad wird demnach als Ziel für eine erfolgreichere Strategie im Kampf gegen den IS neu ins Spiel gebracht. Die Türkei und andere Golfstaaten sollen in diese Richtung puschen, werden US-Vertreter zitiert.
    Die Frage bei beiden Ansätzen ist, wie sich die Führung in Iran, die sich bislang auf die Seite der Regierung al-Assad gestellt hat, zu solchen Plänen verhält. Im Irak zeigte sich Teheran zur Ablösung des Regierungschefs bereit.”

  107. Der neue Botschafter in Berlin
    Angesichts einer möglichen Beendigung des Nuklearstreits zwischen dem Westen und Teheran bereiten sich deutsche Unternehmen auf eine Ausweitung ihrer Iran-Geschäfte vor. “Das Land könnte sich zum größten Markt im Nahen Osten herausbilden”, erklärt der Außenwirtschaftsverband “Nah- und Mittelost-Verein” (NUMOV) und kündigt für Anfang Dezember eine Unternehmerreise nach Teheran an. Bereits in den ersten acht Monaten des Jahres hat sich eine Trendwende im Handel mit Iran abgezeichnet: Erstmals seit der Eskalation der Atomstreitigkeiten sind die deutschen Ausfuhren in das Land, wenngleich sie sich noch auf einem relativ niedrigen Niveau bewegen, gestiegen. Besondere Hoffnungen setzen nicht nur deutsche Firmen, sondern auch Politiker aus Berlin und Brüssel auf die iranische Erdgasbranche. Iran besitzt die zweitgrößten Gasvorräte der Welt und gilt als zumindest partielle Lieferalternative zu Russland. Beobachter weisen darauf hin, dass Iran speziell Deutschland sowie deutsche Unternehmen mit Kooperationsangeboten lockt: Der neue iranische Botschafter in Berlin gilt als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten aus der iranischen Energierohstoff-Branche.
    Make or break
    Berlin dringt auf einen raschen Abschluss der Nuklearverhandlungen mit Iran. Die Gespräche müssten unbedingt bis zum Ablauf der vorgesehenen Frist am 24. November zu einem erfolgreichen Ende geführt werden, fordern führende Außenpolitiker sowie der Bundesaußenminister persönlich. “Technisch” sei dies machbar, politisch müsse man es entschlossen durchsetzen. Eine weitere Verschiebung sei kontraproduktiv. Berlin ist es gelungen, im Rahmen der Verhandlungen eine hervorgehobene Stellung einzunehmen und damit den Anspruch auf eine machtvollere deutsche Position in der Weltpolitik zu untermauern. Als wahrscheinliches Ergebnis der Verhandlungen gilt eine Form neuer Kooperation mit Iran nach dem Modell “Wandel durch Annäherung”, das im Kampf gegen die frühere Sowjetunion angewandt wurde. Testläufe für eine derartige Zusammenarbeit werden längst durchgeführt – im Krieg gegen den IS, bei dem zeitweise US-Bomber als Luftwaffe iranisch geführter Milizen operierten. US-Präsident Barack Obama hat einen Ausbau dieser Art der Kooperation in Aussicht gestellt.

  108. Ist der “Islamische Staat” geschwächt?
    Kurden und irakische Regierung kommen sich näher, IS wurde von der Raffinerie in Badschi vertrieben, Kurden schätzen die Zahl der IS-Kämpfer auf 200.000
    “Im Irak scheinen derweil die kurdischen Kampfverbände und die irakischen Streitkräfte, unterstützt durch die Luftschläge der US-Koalition und irakischer Kampfflugzeuge, Erfolge zu erzielen. So soll die größte Öl-Raffinerie Badschi in der Provinz Salah al-Din, seit Monaten vom IS besetzt, seit Dienstagabend vollständig zurückerobert sein. Die Truppen bereiten sich nun auf einen Angriff auf Tikrit vor, um schließlich auch Mosul zurückerobern zu können. Nach Leutnant Ali al-Quraishi seien neue russische und amerikanische Waffen und Ausrüstung in Badschi eingetroffen, um schnell weitere Angriffe planen zu können. (…)
    In dem Video, das mit der Köpfung des US-Amerikaners Peter Edward Kassig endet, wendet sich der junge Mann mit dem britischen Akzent direkt an Obama und erklärt, dass die Amerikaner in größerer Zahl als 2003 wieder in den Irak zurückkehren werden. Man werde sie mit Allahs Hilfe in Dabiq vernichten. In der syrischen Stadt Dabiq, die für die islamische Endzeitprophezeiung eines wichtige Rolle spielt, soll auch Kassig getötet worden sein. Darbiq ist auch der Titel des IS-Magazins. Und ein IS-Sprecher erklärt, die Kämpfer sollten nicht von der militärischen Überlegenheit der Amerikaner beeindruckt sein: “Hier stehen wir und beerdigen den ersten amerikanischen Kreuzfahrer in Dabiq und warten begierig darauf, dass der Rest eurer Armee kommt.” Man will sich also überhöhen und sieht sich an einer Zeitenwende.
    Völlig unklar ist auch, über wie viele Kämpfer der IS verfügt bzw. wie viele er mobilisieren kann. Da der IS mittlerweile ein Drittel Syriens und Iraks und damit 10-12 Millionen Einwohner kontrolliert und sehr auf den Aufbau staatlicher Strukturen und der Versorgung der Bevölkerung achtet, muss es auch viele dem IS zumindest nahestehende Angestellte geben, die in der Verwaltung, auch was die Eintreibung von Steuern betrifft, den sozialen Diensten, den Sicherheitskräften und der Wirtschaft tätig sind. In der Regel wird nur geschätzt, wie viele Kämpfer der IS hat, man geht von 30.000 bis 50.000 aus, manche Schätzungen liegen darunter. Fuad Hussein, der Kabinettschef des kurdischen Präsidenten Barsani, geht von weitaus höheren Zahlen aus, wie er dem Independent sagte. Das mag auch dem Versuch geschuldet sein, mehr Geld und Waffen vom Westen zu erhalten. Aber die Argumentation ist nachvollziehbar.
    Hussein glaubt, dass westliche Geheimdienste nur den inneren Kern der Kämpfer berücksichtigt haben, aber dass der IS sieben bis acht Mal stärker ist und mindestens 200.000 Kämpfer mobilisieren könnte. Dass es deutlich mehr als die geschätzten 30.000 sind, belegt für ihn, dass IS an vielen Fronten in Syrien und im Irak gleichzeitig kämpfen kann. Zumindest könnte der IS in den von ihnen kontrollierten Gebieten Hunderttausende von jungen arabischen Kämpfern mobilisieren oder zum Kampf zwingen, zumindest so lange sie über entsprechende finanzielle Ressourcen verfügen. Der IS zahlt angeblich jedem Kämpfer 400 US-Dollar im Monat, das ist für viele junge Männer attraktiv, die arbeitslos sind.
    Die US-Luftangriffe hätten den Kurden geholfen, der Sommeroffensive des IS standzuhalten, aber die kurdische Regionalregierung müsse nun eine tausend Kilometer lange Front im Nordirak zwischen Iran und Syrien verteidigen. Der IS arbeite mit einer wirksamen Strategie der Angst, zudem sei er gut mit erbeuteten amerikanischen Panzern und Artillerie bewaffnet und würde auf effektive Weise Selbstmordanschläge, Minen und Scharfschützen ausüben. Der IS sei eine wirkliche Armee geworden. Schnell hätten die Kämpfer gelernt, die modernen Waffensysteme zu bedienen, zudem seien sie bereit, bis zum Tod zu kämpfen. Um diese zu bekämpfen, bräuchten die Kurden ebenfalls schwere Waffen und Apache-Kampfhubschrauber.
    Die Lage im Irak könnte sich auch deswegen stärker gegen den IS wenden, weil Bagdad und Erbil offenbar erst einmal eine Übereinkunft erzielt und einen lange schwelenden Konflikt überwunden haben. Monatelang hat Bagdad keine Gelder an die kurdische Region überwiesen, weil die Kurden den Irak nicht an den Ölverkäufen partizipieren lassen wollten. Das hat dazu geführt, dass die Angestellten der aufgeblähten Verwaltung in den Kurdengebieten, die Rentner, aber auch die Peschmerga seit Monaten keinen Lohn mehr erhielten. Wegen der Kämpfe mit dem IS blieben auch Touristen aus, was die wirtschaftliche Situation nicht verbesserte. Konflikte gibt es aber auch über das Geld hinaus, weil die Kurden die Unabhängigkeit, zumindest aber eine weitgehende Autonomie anstreben, die sie freilich bereits erreicht haben. Zudem haben die Peschmerga den Konflikt mit dem IS genutzt, um Kirkuk einzunehmen und damit die Ölfelder dort zu kontrollieren.
    Die irakische Zentralregierung hat nun 500 Millionen US-Dollar an die kurdische Regionalregierung überwiesen. Dafür liefern die Kurden täglich 150.000 Barrel Öl an die Zentralregierung. Die türkische Regierung hat hier wohl eine wichtige Rolle bei der Vermittlung gespielt und profitiert davon, denn das Öl wird in Tanks der irakischen Zentralregierung in der türkischen Hafenstadt Ceyhan geliefert. Im März war die Lieferung wegen des Konflikts eingestellt worden. Die Kurden wollten eine eigene Pipeline bauen, um Öl in die Türkei zu liefern. Ob der Deal Bestand hat und dazu führt, dass nicht nur der Streit ums Öl, vielmehr um die aus dem Ölverkauf erzielten Einkünfte, die bislang die Kurden einsteckten, beendet ist, sondern auch die anderen Probleme gelöst und letztlich die Einheit des irakischen Staats gesichert werden kann, steht in den Sternen.”
    Nicht nur der IS, auch der westliche Alliierte Saudi-Arabien pflegt Köpfungen
    Gegenüber Saudi-Arabien wird die Doppelmoral des Westens besonders deutlich
    Kopfabschneider gibt es nicht nur bei den islamistischen Terrorgruppen wie dem Islamischen Staat oder al-Nusra. Als islamische Fundamentalisten pflegt dies auch das wahabitische Königreich Saudi-Arabien, ein enger Verbündeter des Westens. Weil Saudi-Arabien geopolitisch als Regionalmacht gegen den Iran wichtig ist und nicht nur Öl liefert, sondern auch ein guter Waffenkäufer ist, sieht man in den westlichen Demokratien gerne darüber hinweg, dass der arabische Freund ein autoritäres Regime ist, das große Nähen zu den Islamisten hat, auch wenn die sunnitischen Fundamentalisten gegenseitig auf Kriegsfuß stehen und das Königreich eine Mauer um sich herum zieht, um sich von den Nachbarstaaten abzuschotten.

  109. Iranische Luftwaffe im Irak am Kampf gegen IS beteiligt
    Angeblich gibt es den ersten Bildbeweis, die USA scheinen mit Assad, Iran und Saudi-Arabien zu kooperieren
    “Wenn der Iran tatsächlich aktiv mit eigenen Kampfflugzeugen (oder auch mit Bodentruppen) die irakische Armee und damit die schiitisch dominierte Regierung gegen den IS heimlich unterstützt, ist dies zwar bislang den Medien entgangen, weil es bislang darüber nur Gerüchte gibt. Aber den US-Geheimdiensten, dem Pentagon und der US-Regierung wird diese klandestine Unterstützung der US-Koalition bekannt sein. Sie dürfte nicht nur bekannt sein, sie muss auch geduldet werden. Wenn dies zutrifft, dann hat die US-Regierung nicht nur mit dem Assad-Regime, sondern eben auch mit dem Iran eine Art Zusammenarbeit oder zumindest einen Nichtangriffspakt geschlossen. Das ist zwar im Fall von Syrien schon länger bekannt, weil die USA die Bekämpfung des IS für wichtiger erachtet als die Ablösung des Assad-Regimes, und wurde auch gegenüber dem Iran vermutet.
    Die Logik ist wie immer, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist. Allerdings ist die Koalition mit Iran und Assad zusammen mit der Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien und den Golfstaaten, die angeblich auch Kampfflugzeuge stellen, schon beachtlich, schließlich konkurrieren nicht nur Saudi-Arabien und Iran um die Führungsrolle in der Region, auch Israel mischt hier mit. Nicht nur für die USA gäbe es das Problem, mit einem Teil der alten “Achse des Bösen” zu kooperieren, auch die iranische Führung muss aufpassen, nicht der ansonsten verteufelten USA zu nahe zu kommen.
    Jennings geht nicht von einer direkten Koordination der militärischen Interventionen Irans und der US-Koalition aus. Es dürfte sich um parallele Angriffe auf den IS handeln. Allerdings können die Operationen nicht völlig unabhängig sein, schließlich werden die Kampfflugzeuge beider Seiten, die im irakischen Luftraum operieren, offenbar weder von der Seite der USA noch von der Irans angegriffen. Mit der Strategie, dass sowohl das Assad-Regime als auch der Iran am Kampf gegen den IS beteiligt sind oder zumindest dabei geduldet werden, werden auch die schiitischen Milizen im Irak und die Hisbollah in Syrien aufgewertet. Im Irak sind auch europäische Partner in der Koalition und tragen die Politik mit. Ob dies klug ist, bleibt eine große Frage. Die Situation wird jedenfalls deutlicher komplizierter und unüberschaubarer, Gewinner könnte ausgerechnet für die sunnitische Bevölkerung der Islamische Staat sein.”
    Baschar al-Assad: Nicht säkular genug?
    Dem syrischen Staatspräsidenten wird vorgeworfen, dass er falsch mit den religiösen Spannungen im Land umgegangen ist
    “Man kann die These noch griffiger fassen: Whitacker hält der Regierung Assad vor, dass sie weitaus weniger säkular agierte, als dies ihrem verbreiteten Ruf als Gegenpol zur Islamisierung Syriens gerecht würde. Im Gegenteil: die Baath-Regierung habe nach ihrer Kurskorrektur den konfessionellen Spaltungen sogar zugearbeitet. Sie habe dem sunnitischen “Klerus” ein bedeutendes politisches Wirkungsfeld überlassen, in der sozialen Sphäre und in der Erziehung, wie man am Beispiel der Schulbüchertexte erkennen kann.
    Dass der Islam in Syrien trotz aller Säkularisierungstendenzen eine hervorragende Stellzung behielt, könne man allein schon an der Verfassung ablesen. Sie verfügt – auch nach der Überarbeitung vor zwei Jahren -, dass der Staatspräsident ein Muslim sein muss und die islamische Rechtssprechung eine Hauptquelle der Gesetzgebung sein soll. (…)
    Die politische “Doktrin”, Unterschiede zwischen den religiösen Gruppen möglichst nicht zur Sprache zu bringen, sie “unter den Teppich zu kehren”, negierte zwar aus offizieller Sicht Animositäten, führt aber in der Wirklichkeit nicht dazu, dass religiöse und gesellschaftliche Spannungen zwischen Alawiten und Sunniten eingeämmt wurden.
    Sie lebten unter dem Teppich der verordneten Sprachregelungen weiter. Dabei wurde der sunnitischen Hegemonie sogar zugearbeitet, indemdie Regierung, bei der Alawiten an Schlüsselpositionen sitzen, sehr darauf achtete, dass sich Alawiten als normale Muslime begriffen und sich entsprechend den Lehrmaximen der Sunniten unterordneten, wie Torstein Worren ausführt.
    Seine Arbeit nimmt ein Phänomen zum Anlass, dass jeder Syrienreisende in Zeiten vor 2011 kennengelernt hat, wenn er in längere Gespräche mit Syrern geriet: neben der auffallend großen Vielfalt an Geheimdiensten und Geheimdienstmitarbeitern war die Vielfalt an religiösen oder ethnischen Gruppierungen erstaunlich, denen sich die Syrer zuordneten.
    Für die Syrer war diese Gruppenzugehörigkeit für die eigene Identität von großer Bedeutung, so Worren. Die Regierungspolitik trug diesen Unterschieden aus einem nachvollziehbaren Machtkalkül aber nicht Rechnung und versuchte die Unterschiede über Nichtbeachtung kleinzuhalten.”

  110. Also, Telepolis ist auch nicht das Gelbe vom Ei.
    Daß die USA mit Assad oder dem Iran „zusammenarbeiten“, halte ich schon für etwas überspitzt. Hinter den Kulissen herrscht offenbar ebenso viel Hektik wie Kopflosigkeit, mir wem und gegen wen da jetzt eigentlich agiert werden soll.
    Es ist vielmehr so, daß die unter Obama gewählte Außenpolitik, auf Verbündete vor Ort zu setzen, oder Stellvertreter agieren zu lassen, dazu geführt hat, daß den USA das Steuer entglitten ist.
    Das wollen aber weder die zur Kenntnis nehmen, für die immer die USA die Wurzel allen Übels ist, als auch die, die in den USA den Hort der Allmacht sehen wollen, der es in der Hand hat, alles zu richten.
    Was soll man von dem anderen Artikel halten, der Assad (Vater und Sohn) verfehlte Religionspolitik vorwirft? In einem solchen Fleckerlteppich der Konfessionen Staat machen zu wollen, ist eben eine schwierige Aufgabe. Sich da hinzustellen und zu sagen, wie es gemacht gehört, ist ziemlich lächerlich.
    Der Witz des Assad-Regimes war doch lange, eine Mischung aus Kleingewerbe und Staatseigentum einzurichten, die das Land irgendwie ökonomisch zusammengehalten hat. Die Religionspolitik und die Bespitzelung waren da nur zum Drüberstreuen, hätten aber für sich diese Klammer nicht leisten können.
    Ähnlich wie in Libyen, als diese Art von Staatsdirigismus und Versorgungs-Politik gelockert und teilweise aufgegeben wurde, wurden die gesamten anderen Gegensätze schlagend.

  111. Israel greift Syrien an
    Der Luftangriff auf angebliche Waffenlager der Hisbollah verkompliziert den Syrien-Konflikt und den Konflikt zwischen dem Westen und Russland
    Nicht nur die Türkei ist mit den Islamisten in Syrien verbündet, offenbar gab es auch Verbindungen des israelischen Militärs mit diesen. Zudem hat Israel nun auch wieder direkt in den Syrienkonflikt eingegriffen und Waffenlager der Hisbollah in der Nähe von Damaskus und in Dimas bombardiert. Lange hat Israel versucht, sich aus dem Konflikt herauszuhalten, aber der nach syrischen Medien erfolgte Angriff auf Hisbollah-Lager dürfte auch eine Reaktion auf die Aktion des Iran sein, der zugunsten der irakischen Schiiten Luftangriffe auf IS-Stellungen im Irak durchgeführt hat und sich daher der amerikanischen Anti-IS-Koalition angedient hat.
    “Die syrische Regierung hat bei den Vereinten Nationen und dem UN-Sicherheitsrat wegen der Angriffe Beschwerde eingereicht und fordert Sanktionen. Israel habe damit die Souveränität des Landes verletzt und den “bewaffneten Terrorgruppen” geholfen. Gemeint ist vor allem die al-Qaida-Gruppe al-Nusra, die im September UN-Beobachter als Geiseln genommen hatte. Angeblich hat Katar 25 Millionen US-Dollar an al-Nusra für die Freilassung bezahlt. Das sei zu einer Zeit geschehen, in der das syrische Regime Fortschritte in einigen Gebieten erzielt habe (vor allem aufgrund der US-Angriffe auf den Islamischen Staat). Syrien wirft Israel vor, mit den Terroristen zu kooperieren.
    Das ist auch gar nicht abwegig, denn UN-Beobachter auf den Golanhöhen haben berichtet, dass israelische Soldaten mehrmals mit Islamisten an der Grenze verhandelt hätten. Es seien auch Syrer zur medizinischen Behandlung nach Israel eingelassen worden. So sind offenbar im Mai 89 verwundete Islamisten den israelischen Soldaten zur Behandlung übergeben worden, die wiederum 19 behandelte und 2 tote Kämpfer den Rebellen übergeben haben.
    Bekannt ist, dass Israel Syrer medizinische Behandlung gewährt, dass dies auch für militante Islamisten zutrifft mag verwundern. Aber es handelt sich hier um sunnitische Islamisten, Israel ist eher besorgt über die Hisbollah, die das Assad-Regime unterstützen, und den Iran, zusammen mit Russland Schutzmacht von Assad. Nach Times of Israel war die Kooperation zwischen dem israelischen Militär und syrischen Rebellen den Medien bekannt, aber sie seien an der Berichterstattung durch Militärzensur gehindert worden.
    Für Syrien, den Iran und Russland ist die Kooperation Israels mit militanten Islamisten natürlich ebenso eine Trumpfkarte wie die Bombardierung von angeblichen Waffenlagern der Hisbollah in Syrien. Russland werden Verletzungen des Völkerrechts wegen der Annexion der Krim und der Ostukraine vorgeworfen. Die USA mit einer kleinen Zahl von Willigen und nun auch Israel haben mit den Angriffen auf syrische Ziele ohne Einverständnis mit der syrischen Regierung die Souveränität des Landes und damit auch das Völkerrecht verletzt. Israel hatte bereits 2013 Syrien angegriffen.
    Israel könnte mit den Luftangriffen in Syrien versucht haben, Waffenlieferungen des Iran an die Hisbollah zu verhindern, mutmaßt ynet. In Israel wird vermutet, dass Waffen aus dem Iran erst einmal mit Flugzeugen nach Syrien transportiert und dann zu Hisbollah gebracht werden. Möglicherweise hatte Iran moderne Waffen geliefert, beispielsweise Fateh-110-Raketen. Mit diesen könnte die Hisbollah vom Libanon aus Tel Aviv angreifen. Ynet geht davon aus, dass weder Assad noch Hisbollah auf den Angriff reagieren werden. Das sei zumindest so in der Vergangenheit gewesen. Aber in der Vergangenheit waren die Linien auch klarer gezogen gewesen. Unterstützt jetzt Israel al-Qaida und stehen die USA hinter dem Assad-Regime?”

  112. Ja, man kennt sich überhaupt nicht mehr aus, wer mit wem und gegen wen ist. Und das geht offenbar den Akteuren selber auch so.

  113. Anti-IS-Konferenz in Teheran
    Syrien und Iran sehen mittelfristig auch Saudi-Arabien, die Golfstaaten und die Türkei gefährdet
    Am Wochenende räumte der stellvertretende iranische Außenminister Ebrahim Rahimpour bei einer Afghanistankonferenz in London ein, dass sein Land die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) auch mit Luftangriffen auf irakischem Territorium bekämpft. Die Abstimmung mit den Luftangriffen der von den USA angeführten Anti-IS-Koalition, der Teheran nicht angehört, erfolgt dabei nicht direkt, sondern über die irakische Regierung, die sowohl mit den USA als auch mit dem Iran spricht.
    Krieg gegen den IS ohne Einschränkungen
    Das Weiße Haus will vom Kongress weitgehend freie Hand für eine Genehmigung zum Einsatz militärischer Gewalt – zeitlich, geografisch und auch für den Einsatz von Bodentruppen
    Noch führt das Weiße Haus den Krieg gegen den “Islamischen Staat” im Irak und in Syrien auf der Grundlage der Kriegsermächtigung (Authorization for Use of Military Force – AUMF) aus dem Jahr 2001. Weil der IS zwar einmal al-Qaida angehörte, sich aber davon getrennt hatte, musste man in Washington zur formalrechtlichen Begründung die Angriffe damit legitimieren, dass sie sich auch auf eine vorwiegend wohl fiktive al-Qaida-Zelle in Syrien richten. Man hätte die Angriffe auch auf al-Nusra richten können, die brauchte man aber als Gegengewicht zum IS, daher wurde die Gruppe Khorosan geschaffen, deren Mitglieder angeblich aus Afghanistan über den Iran nach Syrien gelangte, um von dort aus unmittelbar bevorstehende Terroranschläge gegen die USA zu planen. Es war also Gefahr in Verzug durch al-Qaida, die AUMF ließ sich auf Syrien erweitern. Eine Genehmigung des Kongresses war durch diese Konstruktion vor den Midterm-Wahlen nicht notwendig. Groß hinterfragt wurde die fadenscheinige Legitimation in den USA und hierzulande nicht.

  114. Ankara fordert Teilnahme von Russland und Iran an Lösung der Syrien-Krise
    Die Türkei will Russland und den Iran nicht aus dem Prozess der politischen Beilegung des Syrien-Konflikts ausgeschlossen sehen.
    „Die Syrien-Krise kann nur auf politischem Wege gelöst werden. Von ihrer Beilegung darf niemand sowohl in Syrien als auch außerhalb ferngehalten werden. Das Letztere gilt für Russland und den Iran “, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Montag bei einer Pressekonferenz in Ankara.
    „Unsere Haltungen zum Assad-Regime sind unterschiedlich“, betonte er. „Wenn wir aber wollen, dass Syrien ein gedeihendes Land wird, dann sind unsere Gespräche darüber mit Russland ganz natürlich und werden fortgesetzt.“
    Zugleich bekräftigte er die Position der Türkei, dass der syrische Präsident Baschar al-Assad illegitim ist.
    Wie Russlands Außenamt zuvor mitgeteilt hatte, kommen Vertreter der syrischen Regierung und der Opposition am 20. Januar in Moskau zu Gesprächen zusammen.

  115. Der Krieg kehrt heim (II)
    Die westlichen Staaten haben signifikant zum Erstarken des gewalttätigen Dschihadismus beigetragen, der in diesen Tagen auf Europa zurückschlägt, und begünstigen dschihadistische Milizen im Nahen Osten noch heute. Das zeigen Analysen des Afghanistan-Krieges der 1980er Jahre und des aktuellen Bürgerkrieges in Syrien. Demnach verdanken die Dschihadisten ihren internationalen Durchbruch dem Afghanistan-Krieg der 1980er Jahre und damit den westlichen Staaten, die sie damals massiv unterstützten, weil sie fähig zu sein schienen, der Sowjetunion eine strategische Niederlage zu bereiten. Die Bundesrepublik gewährte arabischen “Gotteskriegern” sogar militärisches Training. Im Bürgerkrieg in Syrien unterstützen regionale Verbündete des Westens, auch Deutschlands, dschihadistische Milizen bis heute, um das gemeinsame strategische Ziel – den Sturz der Regierung Assad – voranzutreiben. Auch im Libyen-Krieg des Jahres 2011 griff der Westen, um Gaddafi aus dem Amt zu jagen, auf tatkräftige Hilfe dschihadistischer Milizen zurück. Dabei wurden jeweils nicht nur Morde, sondern sogar die Zerstörung ganzer Länder in Kauf genommen.
    Der Krieg kehrt heim (III)
    Mit ihrer Unterstützung für Dschihadisten haben der Westen und seine wichtigsten regionalen Verbündeten den Durchbruch des “Islamischen Staates” ermöglicht, dessen Terror nun auf die westlichen Metropolen zurückschlägt. Vor allem saudische Finanziers haben den Aufstieg der Organisation ermöglicht, deren barbarische Praktiken bereits Mitte 2013 offen erkennbar waren, Morde an Journalisten und Andersgläubigen inklusive. Über Jahre förderte Saudi-Arabien in Abstimmung mit dem Westen und im Rahmen einer ausgefeilten Strategie (“Bandar-Plan”) ganz allgemein in Syrien kämpfende Dschihadisten, um mit ihrer Hilfe die Regierung von Bashar al Assad zu stürzen; die Türkei leistete logistischen Beistand. Ihr Krieg an der Seite des Westens gegen einen gemeinsamen Gegner ermöglichte es den Dschihadisten, mit der Gründung des IS ihren zweiten großen Durchbruch nach demjenigen im Afghanistan-Krieg der 1980er Jahre zu erzielen. Der gemeinsame Krieg wird auf Seiten der Islamisten wie auf Seiten des Westens und seiner Verbündeten zum Teil mit demselben Personal wie damals geführt – mit alten Mitkämpfern Osama bin Ladens und mit dschihad-erfahrenen saudischen Prinzen. Einer dieser Prinzen gehört dem “Advisory Council” der Münchner Sicherheitskonferenz an.
    Die nächste Runde in Mittelost
    Berlin nutzt das Massaker in Paris zu einer umfassenden Kampagne für die weitere Aufrüstung im geostrategischen Kampf um die Sicherung der Einflusssphären in Nah- und Mittelost. Man müsse im Kampf gegen den “Islamischen Staat” (IS) zusammenstehen, erklärt Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Blick auf die Pariser Demonstration am vergangenen Wochenende. Weil der IS eine Bedrohung sei, müsse man ihn bekämpfen und nun die Lieferung weiterer Waffen an die Peschmerga im Nordirak in Betracht ziehen, heißt es in Berlin. Noch im Januar wird der Bundestag einen Irak-Einsatz der Bundeswehr beschließen. Während Berlin ausdrücklich erklärt, es werde sich nur um einen Einsatz zur Ausbildung irakischer Streitkräfte handeln, bereiten die USA Medienberichten zufolge “eine gewaltige Frühjahrsoffensive” vor, um irakischen Truppen bei der Rückeroberung IS-kontrollierter Gebiete zu helfen. Der neue Irak-Einsatz der Bundeswehr folgt auf das Scheitern der bisherigen Bemühungen, in Afghanistan, im Irak oder in Syrien zuverlässig prowestliche Regime zu installieren. Dem IS, gegen den der Krieg sich richtet, hat der Westen selbst den Weg an die Macht ermöglicht.

  116. Es gibt noch ältere Schulterschlüsse mit dem radikalen Islam, und auch hier Rückschläge, die die westlichen Mächte nicht zu stören schienen:
    „Der »heilige Greis unter dem Apfelbaum«, ein Bild das in der westlichen Presse ein verklärendes Bild von Chomeini zeichnete und die Erklärung Chomeinis
    »Ich bin der Sprecher, der die Forderungen dieses entrechteten iranischen Volkes zum Ausdruck bringt.«
    nährten in der westlichen Öffentlichkeit die Vorstellung, Chomeini sei der Gandhi Irans, der sein Land auf friedlichem Weg in die Freiheit führen wolle.“
    http://de.wikipedia.org/wiki/Ruhollah_Chomeini
    Auch dieser Mann, dem sein Islamismus von seinen westlichen Schutzmächten verboten und der der Weltöffentlichkeit in Folge als „gemäßigt“ präsentiert wurde, und seine Rolle in der Zerschlagung Jugoslawiens sind inzwischen in Vergessenheit geraten:
    „1970 gab Izetbegović das Manifest Islamische Deklaration heraus, welche den „Modernisten“ in der islamischen Welt eine ebenso klare Absage erteilte wie der „westlichen Zivilisation“ als solcher. Die Kernforderung der Deklaration war die »Islamisierung der säkularisierten Muslime« nach dem Vorbild Pakistans. Der Autor spricht sich eindeutig und unmissverständlich aus für die Unvereinbarkeit des Islam mit jeder anderen Glaubens- und Gesellschaftsordnung:
    »Die erste und vorrangigste [Erkenntnis] ist sicherlich diejenige von der Unvereinbarkeit des Islams mit nicht-islamischen Systemen. Es kann keinen Frieden oder Koexistenz zwischen dem “islamischen Glauben” und den nicht-islamischen Gesellschaften und politischen Institutionen geben. (…) Der Islam schließt klar das Recht und die Möglichkeit von Aktivitäten einer fremden Ideologie auf seinem eigenen Gebiet aus. Deswegen stehen irgendwelche laizistische Prinzipien außer Frage, der Staat also sollte ein Ausdruck der Religion sein und er sollte deren moralische Konzepte unterstützen.«“
    http://de.wikipedia.org/wiki/Alija_Izetbegović

  117. Angesichts der bisher eher bescheidenen Erfolge
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-is-verliert-im-irak-kaum-terrain-a-1014782.html
    soll nun die NATO mit der Bekämpfung des IS befasst werden
    (und damit auch die Türkei stärker unter Druck gesetzt werden)
    und auch die Rest-NATO “in Zwanghaftung genommen” werden.
    Daher wird anscheinend gerade versucht,
    dass für den Irak ein NATO-Unterstützungsabkommen zusammengebastelt wird. Schaunmermal…
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-nato-prueft-verstaerkung-fuer-den-irak-a-1014741.html
    In Syrien wird’s insgesamt eher noch unübersichtlicher
    http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/syrien-gegner-des-is-bekaempfen-einander-13376913.html

  118. Danke.
    Die Meldung, daß Kurden und syrische Armee aneinandergeraten sind, kommt mir etwas komisch vor, weil man am Netz kaum etwas dazu findet. Außerdem widerspricht es den Kriegszielen beider Seiten.
    Vielleicht haben sich nur ein paar Soldaten um eine Frau gestritten, oder sowas Ähnliches, und das wird dann gleich aufgeblasen, weil die Medien mit Assad oder Rojava auch nicht gerade sympathisieren.

  119. Verschwörungstheoretiker des Tages: Wesley Clark
    “Er war Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte Europa von 1997 bis 2000, befehligte 1999 den ersten Angriffskrieg der NATO – damals gegen Jugoslawien – und bemühte sich 2004 sogar um die US-Präsidentschaftskandidatur der Demokraten. Wesley Clark gehört noch immer zum US-sicherheitspolitischen Establishment und behauptete nun öffentlich und bei klarem Verstand am Mittwoch auf CNN, was hierzulande mit Blick auf den »Islamischne Staat« als »Verschwörungstheorie« abgetan wird: »ISIS wurde durch finanzielle Unterstützung von unseren Freunden und Verbündeten geschaffen. Dafür haben sie Eiferer und religiöse Fundamentalisten rekrutiert, damit sie bis zum Tod gegen die Hisbollah kämpfen.« Clark hütete sich, die »US-Freunde und Verbündeten« beim Namen zu nennen, aber schwer ist nicht zu erraten, wen er außer Israel meinte. Laut Clark scheinen auch die USA direkt verwickelt. Denn der General fuhr im Plural fort: »Wir haben Frankenstein geschaffen.«
    Das würde erklären, was in einem Kommentar des britischen Internetportals middleeasteye.net am Dienstag »Geheimnis des Islamischen Staats (IS)« genannt wurde. Gemeint war die schnelle geopolitische Expansion des IS trotz geringer Begeisterung in der Region für die Terrororganisation. Im Unterschied dazu sei Al-Qaida selbst in seiner gewalttätigsten Phase von vielen Angehörigen verschiedenster Gesellschaftsschichten bewundert worden. Selbst die Unterstützung des IS durch salafistische Dschihadisten sei hier und da zurückgegangen. Erstaunlich sei auch, dass der IS keine eigene Strategie habe bzw. sein Vorgehen unerklärlich und rätselhaft übereinstimmend sei mit jenen Kräften, die nach Gründen für eine dauerhafte Militärpräsenz in der Region suchten, weil der Krisenherd Mittlerer Osten angeblich nur durch Interventionen beherrschbar bleibe. Welche Staaten meinte der Kommentator wohl? (rwr)”

  120. Golfstaaten ermuntern Al-Nusra zum Rebranding
    Die Dschihadisten-Miliz soll sich offiziell von al-Qaida lossagen. Das Versprechen: eine Menge Geld, unter anderem aus Katar.
    Der große Titel “Kampf gegen den IS” machts möglich: Die al-Nusra-Front müsste sich nur von al-Qaida lossagen und dies mit einer Namensänderung (“Rebranding”) bekunden, dann wären Investoren aus Katar dafür offen, die neue Marke – deren ideologischer Inhalt weitgehend unverändert bliebe – großzügig zu unterstützen, berichtet Reuters.

  121. Gleichzeitig lief gestern im österreichischen Fernsehen ein Spendenaufruf für syrische Flüchtlinge, deren Zahl mit 12 Millionen angegeben wurde.

  122. Irak verhaftet US- und Israel-Militärberater in Mosul
    “Irakische Spezialeinheiten haben mehrere ausländische Militärberater verhaftet, darunter amerikanische, israelische und arabische Staatsbürger, bei einer Operation nahe Mosul im nördlichen Teil des Landes.Die irakische Armee sagt, man habe 4 Pässe beschlagnahmt, einen US-, einen Israel- und Pässe aus den Golfstaaten. Alle sind Militärberater. Sie wurden verhaftet in der Tal Abta -Wüste, nahe Mosul.
    Im vergangenen Jahr hat ein hoher Berater von Präsident Putin den Mossad beschultigt, dass er ISIL-Terroristen ausbilde, die im Irak und in Syrien operieren.
    Alexander Prokhanow sagte, dass der Mossad wohl auch der ISIL seine Spionage-Erfahrungen vermittelt hat. Prokhanow sagte, die ISIL ist ein Nebenprodukt der US-Politik im Nahen Osten.”
    White House Cannot Confirm Reports on US Advisors Allegedly Aiding ISIL
    The White House cannot confirm early reports claiming that US and Israeli military advisors were allegedly arrested while aiding the Islamic State in Iraq.
    WASHINGTON (Sputnik) — Washington does not have information to confirm press reports that US and Israeli military advisors were arrested while allegedly aiding Islamic State (IS) terrorists in Iraq, a US State Department official told Sputnik on Tuesday.
    ““We have no information to indicate that this report is true,” the official stated.
    Iran’s Tasnim News Agency reported earlier that Iraqi counter-terrorism forces arrested four foreign military advisors from the United States and Israel, who were allegedly aiding the IS.
    The advisors were reportedly captured in an operation codenamed “The Sting of a Scorpion” in a headquarters from where the IS organized its military operations in Iraq’s Northern Province of Nineveh.
    The detained advisors have been transferred to Baghdad, according to the report.
    The US is leading a coalition of more than 60 nations and has been launching airstrikes against the IS in Iraq since last August, and in Syria since September.
    The United States and its allies agreed to train and equip Syrian opposition fighters as part of their efforts to fight the IS.”

  123. Irak: “Erst Tikrit, dann Mosul und Falludscha”
    Erfolgsmeldungen von der Rückeroberung der sunnitischen Stadt aus den Händen des IS lassen das iranische Militärkommando jubeln, in Washington sind die Reaktionen zwiespältig
    Neunzig Prozent von Tikrit sollen von IS-Milizen befreit sein, meldet das irakische Kommando der Militäroffensive. Aus den Reihen der schiitischen al-Hashd al-Sha’bi-Freiwilligenverbände wird gar eine 100prozentige Übernahme der Kontrolle gemeldet. Erfolgsmeldungen über die Rückeroberung der strategisch wichtigen Stadt gab es schon im letzten Jahr, wenig später stellte sich heraus, dass sie voreilig waren. Doch dieses Mal ist einiges anders.

  124. Washington’s Al Qaeda Ally Now Leading ISIS in Libya
    The revelations that US ally Abdelhakim Belhadj is now leading ISIS in Libya should come as no surprise to those who have followed US policy in that country, and throughout the region. It illustrates for the umpteenth time that Washington has provided aid and comfort to precisely those forces it claims to be fighting around the world.

  125. Die Anschläge in Paris, der libysche Bürgerkrieg, die Ereignisse im Jemen usw. müssen auch unter der Konkurrenz um die Vorherrschaft unter den Fundamentalisten gesehen werden: wer nun, Al Kaida oder der IS ist der wahre Vertreter des Islam? Wer führt den wahren Dschihad, den Kampf um die Vorherrschaft des Islam in der Welt?
    Al Kaida bekämpft den dekadenten Westen, die Andersgläubigen. Der IS will alle Ketzer und Lauwarmen in seinem Einflußbereich vernichten, und hat diesbezüglich schon einiges geleistet.
    Wie sieht es aus mit den Schiiten? Für den IS sind das alle Ketzer, die vernichtet gehören, weil sie sich nicht am Dschihad beteiligen.
    So sieht sie aus, die neue Kraft in der muslimischen Welt.

  126. eben so nicht, aber egal…vielleicht schaut sie so aus, aber sie “ist” nicht so / so nicht…

  127. Na ja – informativ … Viel Neues erfährt man da nicht.
    Der Text ist nur insofern bemerkenswert, als er dem IS zumindest zugesteht, eine politische Kraft zu sein und sein zu wollen, und nicht in dieser bürgerlichen: „Unbegreiflich! Wie konnte es dazukommen?!“-Dummheit verharrt, derer sich andere Medien befleißigen, was ja eine echte geistige Bankrotterklärung ist.

  128. Im Nahen Osten droht ein atomares Wettrüsten
    “Beim jüngsten Besuch der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye in Saudi-Arabien wurde ein Abkommen über den Bau von zwei Atommeilern innerhalb von 20 Jahren unterzeichnet. Der Vertrag wird auf 20 Milliarden Dollar geschätzt.
    Zuvor hatte der frühere Chef des saudi-arabischen Nachrichtendienstes, Prinz Turki ibn Faisal, angekündigt, dass Riad sein nukleares Potenzial ausbauen würde, um eventuell dem Iran widerstehen zu können. Dabei kämen unter anderem Urananreicherung und die Entwicklung von waffenfähigem Plutonium infrage.
    Nach “Wall Street Journal”-Angaben fürchtet man in Washington sowie in einigen arabischen Ländern, dass sich die Konfrontation zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, die in Syrien, im Irak, im Libanon und in Jemen zu beobachten ist, in ein richtiges nukleares Wettrüsten ausarten könnte.
    Mehrere arabische Länder hatten Washington gewarnt, dass Riad andere Länder um Hilfe bei der Entwicklung von Atomwaffen bitten oder diese einfach kaufen könnte. „Saudi-Arabien könnte Hilfe von Pakistan erhalten“, so Robert Eichhorn, früherer Mitarbeiter der Obama-Administration, der an den Sechser-Gesprächen über das iranische Atomprogramm teilgenommen hatte. (…)
    Falls Saudi-Arabien tatsächlich seine eigenen Atomwaffen bekommt, wäre es für die USA problematisch, den Iran unter Druck zu setzen, fuhr Jewssejew fort. Zudem verfüge Riad bereits über Mittelstreckenraketen, die es in China gekauft habe, auf die Atomsprengköpfe montiert werden könnten.
    Darüber hinaus gebe es im Nahen Osten bzw. in Nordafrika auch andere Länder wie die Türkei, die VAE und Ägypten, die Atomenergieprogramme vorantreiben, ergänzte der Experte. Künftig könnten sich Atomwaffen in der gesamten Region ausbreiten, und die Führungsrolle könnte Saudi-Arabien spielen. (…)
    2013 hatte Saudi-Arabien seine Pläne für den Bau von insgesamt 17 Atommeilern bis 2030 für mehr als 100 Milliarden Dollar verkündet. In den vergangenen Jahren haben die Saudis entsprechende Kooperationsabkommen mit China, Frankreich und Argentinien geschlossen. Auch die USA wollten mit Riad einen Vertrag über die Lieferung von Atomreaktoren abschließen, aber die Verhandlungen sind wegen einer harten Position des Weißen Hauses gescheitert.”

  129. USA zu Gesprächen mit Assad bereit
    Die USA müssen laut Außenminister Kerry Verhandlungen mit dem syrischen Regime von Machthaber Assad führen, um den Bürgerkrieg in dem Land zu beenden. Es gebe keine militärische Lösung, sagte er einem US-Sender vier Jahre nach Ausbruch des Konflikts in Syrien.
    CIA-Chef: “Kein Sturz von Baschar al-Assad beabsichtigt….”
    Nationaler Sicherheitsrat im Weißen Haus: “Aber er muss gehen und ersetzt werden”
    Die USA beabsichtigen keinen Sturz der Regierung Assad, zitiert die FAZ heute CIA-Chef John Brennan, der beim Institut Council on Foreign Relations über die Ziele der USA in Syrien gesprochen habe. Tatsächlich äußerte sich Brennan bei seinem Vortrag vorsichtiger über die Durchführung eines Regierungswechsels, als dies US-Vertreter noch vor einiger Zeit getan haben, dass Assad aber an der Spitze Syriens ersetzt werden soll, bleibt dennoch politisches Ziel.
    John McCain: Steinmeier gehört zur Appeasement-Schule Chamberlains
    Politik im Schneesturm: Die Atomverhandlungen mit Iran und das unentwegte Arbeiten am totalitären Feindbild

  130. Assad will reden und mehr
    Das Gesprächsangebot von US-Außenminister Kerry an den syrischen Machthaber Assad hat hohe Wellen geschlagen. Frankreich und die Türkei lehnen jegliche Verhandlung ab. Assad selbst reagierte verhalten. Mit Gesprächen alleine ist er jedoch nicht zufrieden.
    Atomverhandlungen mit Iran: “Bomb the Deal”
    Die Gegner einer Vereinbarung zwischen Iran und den 5+1-Staaten feuern rhetorisch aus allen Rohren. Ein Vertreter Saudi-Arabiens droht indirekt mit der Vorstellung einer atomaren Aufrüstung des Nahen Ostens
    In etwa zwei Wochen läuft die erste Frist für die Atomverhandlungen mit Iran aus. Sollten die Gegenattacken zu einer anstehenden Vereinbarung ein Indiz für dessen Erfolgsaussichten sein, so stehen diese, allen Unkenrufen zum Trotz, nicht schlecht. Die Gegner feuern aus allen Rohren. So erklärte ein Meinungsartikel, der am Freitag, den 13. März, in der Washington Post erschien, der US-Öffentlichkeit, warum der Krieg mit Iran die beste aller Möglichkeiten sei.

  131. Mit Assad verhandeln – worüber eigentlich? Den Iran weiterhin wegen seines Atomprogrammes drangsalisieren – und was ist mit IS, den Kurden, der Al Nusra-Front, dem irakischen Militär?
    Irgendwie ist keine Linie zu erkennen, und das liegt offenbar nicht am Beobachter, sondern an den unterschiedlichen, sogar gegenteiligen Signalen, die aus den USA kommen.

  132. Das deutet aber schon auf zumindest Modifikationen der Nahost-Politik der USA hin:
    Streit um Palästinenserstaat: Obama erwägt Abkehr vom engen Bündnis mit Israel
    Wie steht es um die Beziehung zwischen Israel und den USA? Offiziell hat US-Präsident Obama dem Wahlsieger Netanyahu gratuliert – doch hinter den Kulissen droht offenbar ein drastischer Politikwechsel.
    Appell an iranisches Volk: Obama sieht historische Chance zur Versöhnung
    US-Präsident Barack Obama hat den Iranern zum persischen Neujahrsfest gratuliert. Er nutzte seine Grußbotschaft für einen Appell an Teheran: Die kommenden Tage seien entscheidend für eine Einigung im Atomstreit.
    Ergänzend dazu: Habe in den letzten Tagen irgendwo (?) gelesen, dass die Amis aus heiterem Himmel die Hizbollah und den Iran von ihrer Liste terroristischer Organisationen bzw. Staaten gestrichen haben!

  133. Vormarsch der Huthi-Rebellen: Verwirrung um Jemens Präsidenten Hadi
    Wo ist Jemens Staatschef Hadi – schon im Ausland oder doch noch in Aden? Die Huthi-Rebellen haben eine von den USA genutzte Luftwaffenbasis überrannt und rücken auf die Hafenstadt im Süden des Landes vor.
    Saudi-Arabiens Armee marschiert an Grenze zum Jemen auf
    Saudi-Arabien reagiert auf den Vormarsch der Huthi-Rebellen im Jemen. Riad hat Artillerie und Panzer in das Grenzgebiet verlegt. Der entmachtete Staatschef Hadi fordert eine Militärintervention gegen die Aufständischen.
    Huthi-Rebellen erobern von USA genutzte Luftwaffenbasis
    Die Huthi-Rebellen rücken vor: Sie stehen rund 50 Kilometer vor dem Zufluchtsort von Präsident Hadi. Die Kämpfer haben nun auch den wichtigen Luftwaffenstützpunkt Al-Anad eingenommen.

  134. Der Jemen ist eigentlich in den letzten Jahrzehnten – relativ unbemerkt von der Weltöffentlichkeit – immer mehr gekippt.
    Er erscheint einerseits als Schlachtfeld zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, als auch zwischen Al Qaida und dem IS.
    Hat wer irgendwelche brauchbaren Hintergrund-Infos, auch zur Wiedervereinigung und Islamisierung?

  135. Krieg im Jemen: USA und Großbritannien unterstützen Saudi-Arabiens Intervention
    Saudi-Arabien führt Krieg gegen die Huthi-Rebellen im Jemen, auf die Luftangriffe könnte eine Bodenoffensive folgen. Die Regierungen in Washington und London unterstützen den Kurs des Königshauses, die EU fordert eine friedliche Lösung.
    Militäreinsatz im Jemen: Saudi-Arabien schmiedet Allianz gegen Iran
    Saudi-Arabien beginnt einen Krieg im Jemen, 150.000 Soldaten stehen bereit. Gemeinsam mit neun sunnitischen Verbündeten will das Königreich die schiitischen Huthi-Rebellen vertreiben – eine Kampfansage an Iran.
    Luftangriffe auf Sanaa: Golfstaaten bombardieren Huthi-Rebellen im Jemen
    Saudi-Arabien hat mit mehreren Verbündeten eine Militäroffensive im Jemen gestartet. 150.000 Soldaten sollen für einen Einmarsch im Nachbarland bereitstehen. Die dort herrschenden Huthi-Rebellen drohen mit “einem großen Krieg in der ganzen Region”.
    Iran verurteilt Luftangriffe im Jemen
    Schiitische Rebellen kontrollieren den Jemen – sunnitische Staaten antworten mit Luftangriffen. Anführer der Allianz ist Saudi-Arabien. Für die Golfmonarchie geht es um die Macht in der Region – und gegen den Iran.
    Saudis bombardieren Jemen
    Bodenoffensive einer Sunnitenallianz soll kurz bevorstehen
    Seit gestern Nacht bombardieren etwa 100 saudische Kampfflugzeuge Ziele im Jemen – darunter den Flughafen in der Hauptstadt Sanaa und mehrere Stützpunkte der Armee. Dabei wurden angeblich vier jemenitische Kampfflugzeuge und mehrere Raketenstellungen zerstört. Die Zahl der zivilen Opfer liegt dem jemenitischen Staatsfernsehen zufolge bei mindestens 17.
    Bomben auf Sanaa
    Saudi-Arabien fliegt Luftangriffe auf den Jemen. Ziel ist Unterstützung der von Aufständischen bedrängten Regierung. Logistische Unterstützung durch die USA

  136. Diese Schiitenmiliz ist bisher offenbar auf wenig Widerstand gestoßen, woraus man schließen kann, daß die Bevölkerung des Jemen mehrheitlich nicht bereit ist, die „legitime Regierung“ zu unterstützen.
    Wenn sie jetzt auch noch von einer Allianz der Golfstaaten bombardiert und womöglich besetzt wird, gibt es auf jeden Fall keine Perspektive, dort eine Regierung einzurichten, die auch nur irgendeine Art von Gewaltmonopol errichten kann.
    Hier deutet sich ein weiteres Somalia an.

  137. Eiskalte Dusche
    “Mindestens acht weitere sunnitisch-muslimische Staaten hat das saudische Regime für seine Militärintervention im Jemen zusammengebracht. Mit Pakistan könnte ein zehnter Staat zur Kriegskoalition stoßen, der 185 Millionen Einwohner und die stärkste Armee der islamischen Welt mitbringt. Für ein Eingreifen im Jemen ist das Aufgebot offensichtlich einige Nummern zu groß. In Wirklichkeit ist das scheinbar hastig zusammengestückelte Bündnis eine Generalprobe für gemeinsame Kriegshandlungen gegen den Iran. Teheran unterstützt politisch und vermutlich auch materiell die schiitische Minderheit im Jemen. Wenn diese von der saudisch geführten Militärmaschinerie niedergeschlagen werden könnte, ohne dass der gleichfalls schiitische Iran ihnen wirksam zu helfen vermag, wäre das ein schwerer Gesichtsverlust. Dass israelische Medien jubeln, wie gut die saudischen Kriegspläne für ihr Land sind, und erfreut feststellen, dass die »sunnitisch-schiitischen Kriege global werden« (Jerusalem Post vom 27. März 2015), ist kein Wunder.
    Ein schlimmes Signal ist die offene und schnelle Unterstützung der Kriegskoalition durch die US-Regierung. Diese Reaktion kommt unerwartet, da es bisher nicht so aussah, als wäre Washington mit den Militäroperationen der schiitischen Milizen und der mit ihnen verbündeten regulären Streitkräfte unzufrieden. Immerhin richten sich diese nicht zuletzt gegen Al-Qaida und Anhänger des »Islamischen Staates«, an deren Bekämpfung auf den ersten Blick auch die Obama-Administration ein Interesse haben müsste. Die iranische Führung schien sich sogar der Illusion hinzugeben, dass Washington bei der Bekämpfung des IS im Irak und Syrien auf ihre Hilfe angewiesen und im Gegenzug bereit oder sogar gezwungen sei, dem Iran eine Vormachtstellung in der Region zuzugestehen.
    Die US-amerikanische Unterstützung der sunnitischen Kriegskoalition ist eine eiskalte Dusche für den seit Monaten überstrapazierten iranischen »Opportunismus«. Sie kommt genau im entscheidenden Stadium der Verhandlungen über die Begrenzung des iranischen Atomprogramms. (km)”
    Riad auf Kriegskurs
    Von Saudi-Arabien geführte Koalition greift in den jemenitischen Bürgerkrieg ein. Beifall und Hilfe aus Washington.
    Der Schwarze Kanal: Die eigene Fährte
    König trifft Sultan
    Saudi-Arabiens Herrscher Salman empfing am Montag den türkischen Präsidenten Erdoğan
    Drohung mit Intervention
    Golfstaaten und Ägypten bereiten militärisches Eingreifen im Jemen vor
    USA verheddern sich zunehmend im Nahen Osten
    Im Irak mit vom Iran gesteuerten schiitischen Milizen, während eine saudische Allianz gegen Schiiten im Jemen vorgeht und in Syrien der vom Iran gestützte Assad im Kampf gegen den IS geschont wird
    Jemen: US-Vasallen entfachen neuen Krieg im Nahen Osten
    Im Stellvertreterkrieg
    Überlegungen zur geostrategischen Rolle des Islamischen Staates

  138. Schaut nach dem Auftakt eines Vernichtungskriegs gegen die Schiiten aus, mit dem Saudi-Arabien sich endgültig als Führungsmacht der arabischen, sogar der gesamten islamischen Welt positionieren will.

  139. Syrien: Dschihadisten erobern Provinzhauptstadt
    “Unter Führung der mit al-Qaida verbündeten al-Nusra-Front haben Aufständische die nordsyrische Stadt Idlib erobert, Hauptstadt der an die Türkei angrenzenden gleichnamigen Provinz. An der Offensive sollen sich bis zu zweitausend Kämpfer beteiligt haben. Nach tagelangen Gefechten gelang es ihnen am Sonntag, das gesamte Stadtgebiet zu erobern, nachdem sich die syrische Armee aufgrund des Ansturms zurückziehen musste. Auf beiden Seiten soll es über einhundert Tote gegeben haben, die Zahl ziviler Opfer ist nicht bekannt. Dutzende Soldaten sollen von den islamistischen Kämpfern gefangen genommen worden sein. Laut Darstellung der oppositionellen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte seien fünfzehn gefangene Kämpfer der Aufständischen von der Armee vor ihrem Abzug exekutiert worden.
    Für die Regierung unter Präsident Baschar al-Assad bedeutet der Verlust Idlibs einen herben Rückschlag, auch wenn sie weiterhin den Großteil der bevölkerten Gebiete kontrolliert. Der Einnahme der Stadt ging die Gründung eines gemeinsamen Militärbündnisses der im Nordwesten Syriens aktiven Anti-Assad-Kämpfer voraus. Unter der Führung als-Nusras vereinigten sich Mitte März verschiedene islamistische und „moderate“ Terrorgruppen zum Bündnis „Jaysh al Fateh“ (1) – damit konnten die Dschihadisten der al-Nusra-Front ihre Stellung gegenüber konkurrierenden Kräften deutlich ausbauen. (…)
    Laut türkischen Medienberichten begrüßen Vertreter der türkischen Regierung die Eroberung der Stadt durch die al-Qaida-Terroristen, wobei sie die Rolle der vom Westen unterstützen „Freien Syrischen Armee“ (FSA) bei der „Befreiung“ der Provinzhauptstadt betonen. (3)
    Tatsächlich spielte die FSA bei der Offensive nur eine untergeordnete Rolle – in dem gemeinsamen Bündnis hat die al-Nusra-Front das Sagen. Mit dem Sieg in Idlib ist deren Führungsanspruch unter den Rebellengruppen im Nordwesten des Landes nunmehr unbestritten. Auch die vom Westen unterstützen „moderaten“ Kräfte bejubeln den Triumph des al-Qaida-Ablegers. Nach der Eroberung Idlibs erklärte der ehemalige Stabschef der FSA, Selim Idriss, sein Bedauern, in der Vergangenheit die Terrorgruppe kritisiert zu haben (4) – ein deutlicher Beleg dafür, dass jeder Versuch des Westens, die von ihr als Terrorgruppe eingestufte al-Nusra-Front innerhalb der syrischen Opposition zu isolieren, gescheitert ist. Laut unbestätigten Meldungen sollen die Eroberer bereits angekündigt haben, keine Aktivitäten des in Istanbul ansässigen Syrischen Nationalrats, dem politischen Dachverband der FSA, in Idlib zu dulden.
    Nach der vom „Islamischen Staat“ eroberten Stadt Raka ist Idlib die zweite Provinzhauptstadt, über die die Regierung die Kontrolle verloren hat. Die Konsolidierung der von den Dschihadisten ausgeübten Herrschaft schreitet damit voran: Während – abgesehen von den kurdischen Enklaven – der Nordwesten von al-Nusra kontrolliert wird, beherrscht der „Islamische Staat“ den (Nord-)Osten des Landes. Nur im Süden, in der Grenzregion zu Jordanien und den von Israel besetzten Golanhöhen, gibt es noch einen nennenswerten Einfluss sogenannter „moderater“ Rebellen – doch auch dort ist die al-Nusra-Front die treibende Kraft. Die gegenwärtigen Pläne der USA, die „moderaten“ Kräfte mit Waffenlieferungen und Ausbildungsprogrammen zu stärken, um diese in die Lage zu versetzen, gleichzeitig gegen die Assad-Regierung sowie den Islamischen Staat zu kämpfen, dürften sich mit dem Sieg al-Nusras endgültig zerschlagen haben – zumindest im Norden des Landes. Dort kommt jede weitere Unterstützung der Freien Syrischen Armee und anderer „moderater“ Kräfte einer Schützenhilfe für al-Qaida gleich. Für die auf den Sturz Assads drängende westliche Staatenkoalition ist die aktuelle Entwicklung in Idlib daher ein zweischneidiges Schwert: Einerseits schwächt es den Präsidenten, andererseits stärkt es Assad in seiner Argumentation, den Kampf gegen Terroristen zu führen, und nicht gegen eine demokratisch gesinnte Opposition.”

  140. „Fronten“ und „stehen“ ist gut – angeblich wurden während der Kämpfe um Tikrit die schiitischen Milizen auch versehentlich (?) von USA-Fliegern bombardiert …
    http://www.nytimes.com/2015/03/27/world/middleeast/iraq-us-air-raids-islamic-state-isis.html?_r=0
    Unklar ist auch, in wie fern der Iran bei der Eroberung von Tikrit beteiligt war.
    In Syrien hat die Al Kaida-nahe Al-Nusra Front Idlib erobert, die gegen den IS ist, und von einigen Staaten der Region unterstützt wird.
    Wo stehen da die USA?
    Von den Kurden hört man wenig in letzter Zeit, um noch weitere „Fronten“ ins Spiel zu bringen.

  141. Taliban-Islamic State skirmishes may go into high gear
    MOSCOW, April 22. /TASS/. Smoldering conflicts among various Islamist groups in Afghanistan may fare up in earnest with some dire consequences to ensue, Russian experts are warning.
    The terrorist group calling itself the Islamic State and the radical movement Taliban have declared a holy war against each other, as follows from some documents obtained by Afghanistan’s security services, the chief of the Interior Ministry’s regional department in Afghanistan’s southern Helmend Province, Nabi Jan Mullahil, has said.
    The current rifts followed a quarrel between the leader of the Islamic State Abu Bakr al-Baghdadi and the leader of the Taliban Mullah Mohammed Omar. According to the obtained correspondence Abu Bakr al-Baghdadi slammed Mullah Omar as a “fool” and “incompetent commander” unworthy of political or spiritual trust. The leaders of the Taliban have reportedly urged all of their followers to “resist” the Islamic State and to “prevent it from hoisting its flag over Afghanistan.” (…)

  142. Na, irgendwo logisch. Kalifen, also Nachfolger Mohammeds, kann es nur einen geben. Und Mullah Omar hat sich ja seinerzeit zum Emir ausrufen lassen und sich eine ähnlich allumfassende Zuständigkeit für den Dschihad zugeschrieben. Also, zwei GröFaze in einem Universum, das geht nicht.

  143. Syrien: Al-Qaida-Front bringt Assad in Bedrängnis
    Die militärische Erfolge der Allianz dschihadistischer und salafistischer Milizen werden mit der Unterstützung durch Saudi-Arabien, der Türkei und Katar erklärt
    Syrien: Breite Dschihadisten-Front erobert Schlüsselprovinz
    Regierungstruppen verlieren wichtige strategische Orte gegen Milizen, die mit al-Qaida verbunden sind und mit US-Panzerabwehrwaffen kämpfen
    Türkei gibt Feuerschutz
    Bevölkerung protestiert gegen Unterstützung Ankaras für Islamisten. Al-Nusra-Front überfällt syrische Städte
    Einmischung ausländischer Mächte
    Karin Leukefeld schreibt über die Ursachen des Flächenbrands im Nahen Osten

  144. Schützenhilfe für Al-Qaidas Siegeszug
    Mit der Unterstützung der Türkei sowie der Golfdiktaturen und mithilfe von US-Waffen ist es islamistischen Aufständischen unter Führung al-Qaidas in den vergangenen sechs Wochen gelungen, der syrischen Armee an verschiedenen Frontabschnitten empfindliche Niederlagen beizubringen –
    “US-/Koalitionsstreitkräfte setzen Luftschläge gegen den Islamischen Staat fort”
    Von Erfolgen kann man bei den Luftkriegen gegen den Islamischen Staat und Jemen nicht sprechen
    Washingtons »moderate« Anti-Assad-Truppe
    Saudischer König reist nicht in die USA

  145. (Nahezu) ungeachtet (?) der Reaktionen aus Israel und Saudi-Arabien scheint die US-Administration an einem (?) Bündnis mit Iran festhalten zu wollen.
    Daraus kriegen anscheinend die Konflikte um den IS, um Syrien und um Jemen sogar zuvörderst ihre Gewichtigkeit für die USA zugeteilt (und relativiert). (Bei all diesen Konflikten sieht SA das anscheinend gerade umgekehrt umgekehrt. Oder?)
    Wie stellt sich eigentlich die Türkei dazu?

  146. http://www.heute.de/treffen-der-nato-aussenminister-in-antalya-tuerkei-ein-schwieriger-partner-im-buendnis-38424554.html
    Zum Verhältnis Iran – Türkei (aus einem ‘deutsch-türkischen Journal’):
    “Auch wenn es immer wieder Rivalitäten, bedingt durch die Überlappung der jeweiligen Interessenssphären, gab und gibt, kann man nicht von einem offenen Interessenkonflikt sprechen. Ein Zeichen hierfür ist auch die Tatsache, dass es seit 1639 (sic…) keinen Konflikt mehr an der türkisch-iranischen Grenze gab.
    Zudem pflegte Ankara auch in Zeiten der internationalen Isolation des Iran stets ein konstruktives Verhältnis zu Teheran.”
    http://dtj-online.de/tuerkei-und-iran-ein-kompliziertes-aber-stabiles-verhaeltnis-zu-gunsten-teherans-51622

  147. Ohne jetzt viel Infos zur Stellung der Türkei zu haben, aber der Wunsch, sich ein Einflußgebiet zu verschaffen, bezieht sich bei der türkischen Regierung, nicht erst seit Erdogan, auf das Gebiet des Osmanischen Reichs. Persien gehörte nicht dazu.
    Bezüglich des IS mögen die Türkei und der Iran verschiedene Stellungen haben, aber in ihrer Ablehnung der Hegemonie der USA und auch ihrer Hinwendung zu Rußland gibt es viele Berührungspunkte. Auch die Gegnerschaft gegen Israel eint sie. Nur an der Frage des Einflusses in Syrien arbeiten sie sich derzeit noch ab, aber wer wei0, vielleicht gibt es da auch bald eine Überraschung.

  148. TomGard: Syrien 18.5.
    Russian-American special consultations on Syria to be held in Moscow
    Krieg im Irak: Schiitische Milizen rüsten sich für die Schlacht um Ramadi
    Die irakische Stadt Ramadi wurde vom “Islamischen Staat” erobert. Schiitische Milizen wollen den Ort jedoch nicht aufgeben – und bereiten einen Gegenangriff vor.
    Irak: IS arrondiert sein Herrschaftsgebiet in der Provinz Anbar
    Die Dschihadisten-Milizen sollen das Zentrum der Provinzhaupstadt Ramadi erobert haben

  149. Ergänzende Abschrift der o.a. Veranstaltung (Nürnberg, 5. Oktober 2006):
    Schon wieder Krieg im Nahen Osten: Israel bombardiert den Libanon und Gaza
    Das grenzenlose Sicherheitsbedürfnis Israels und sein Nutzen für die amerikanische Kontrolle der Welt.
    Peter Decker:
    Aus der Geschichte der feindseligen Nationen kann doch jeder mit vollem Recht an das Unrecht der anderen erinnern, gegen das sich zu verteidigen, das eigene Lebensinteresse und die eigene höchste Pflicht ist. Also das ist doch nichts Besonderes bei den Juden. Besonders ist an dem ganzen Scheiß eigentlich nur eins: nämlich dass deutsche junge Intellektuelle so betroffen von dem sind, dass ihr Deutschland mal so daneben gelangt hat. Das sie im Lichte dieser Erinnerung alles umwerten was sie ansonsten schlecht finden. Nur DAS ist besonders. Ansonsten ist am jüdischen Staat, weder was seine Ideologie betrifft, noch was seine Praxis ist, wunder was Besonderes.
    Ihr seid einfach nicht bereit euch von der Schande eurer Väter so weit zu distanzieren, dass ihr sagt: „Was die Arschlöcher gemacht haben geht mich nichts an.“ Ihr wollt einfach immer noch sagen: „Es geht uns noch an und es ist eine Verpflichtung, wenigstens eine geistige, für mich heute.“ Als Kommunist will man sich doch von Verpflichtungen mal frei machen und sagen: „Gehen mich nichts an, diese Verpflichtungen. Ich bilde mir ein freies Urteil. Ich lasse mich nicht in irgend eine Pflicht nehmen, auch nicht in eine moralische.“ Und DAS tut ihr nicht. Das ist der einzige große Unterschied.
    Zuhörer:
    Aber wenn der Überfall von was weiß ich, irgendwelchen Kaisern der Pfalz verglichen wird mit Auschwitz, dann tut es mir leid, dann ist quasi eins wie das andere. Dann ist eins das eine und andere das andere. Wenn eins das Besondere bleibt, dann stehe ich dazu, dass es was Besonderes ist. Im Gegensatz zu dem… Da brauchen wir nicht weiter reden. Für euch ist das alles gleich. (…) Da haben die Amerikaner die Indianer ausgerottet. Da sind Leute gestorben und in Auschwitz sind auch Leute gestorben. Das stimmt einfach nicht, das ist Blödsinn.
    Peter Decker:
    Schau mal. Ich bin doch jeder Zeit bereit darüber zu reden wo der Unterschied liegt. In der Sache ist die Botschaft doch, alles einzelne ist was Besonderes. Der Überfall des Sonnenkönigs in der Pfalz ist was Besonderes und Auschwitz ist auch was Besonderes. Muss man halt die Besonderheit sagen. Aber man soll die Allgemeinheit über die Besonderheit nicht dementieren; nicht vergessen was das Gemeinsame ist von dem Besonderen. Du kennst im Namen dieses Besonderen „Auschwitz“ nichts Allgemeines mehr. Du streichst das einfach durch. Du sagst: „Das ist SO besonders, da gibt’s nichts Allgemeines mehr.“ Warum eigentlich? Warum soll das so besonders sein? Warum soll das nicht auch eine besondere Ausprägung von dem Allgemeinen sein, was Nation und was Nationalismus ist? Ich hab’s ja gerade sogar erläutert wo das herkommt und alle Schritte habt ihr sogar mitgemacht, wenn ich das Nicken richtig verstanden habe. Alle einzelnen Schritte hin zum dem Zeug, die macht ihr mit. Und die Erklärung, die soll dann nicht die Erläuterung sein, wieso dieses Besondere – Endlösung der Juden, Ausrottung der Europäischen Juden – wieso dieses Besondere nicht auch ein Besonderes vom dem Allgemeinem Nation und Nationalismus ist.
    (…)
    Zuhörer, jetzt über Israel:
    Aber irgendwie muss er (der Staat) sich ja auch verteidigen. Dazu braucht er Soldaten. Das ist nunmal leider so. Er baut z.B. eine Mauer und das hat ja den Effekt das die Selbstmordattentate zurückgegangen sind.
    Peter Decker:
    Ja klar. Du bist in der Hinsicht einfach brutal. Eine Mauer, man sperrt die einfach ein. Na klar, können so nicht mehr so viele Selbstmordattentäter rüber. Ist doch richtig. Sperren wir sie ein, drehen wir ihnen das Wasser ab, können sie nicht mehr so viel saufen, können sie nicht mehr so viele Kinder machen, Sterben sie, macht aber nichts. Weniger ist besser bei denen usw. usw. usw. Du bist entschlossen einfach alles zu verstehen WEIL es die sind. Jeder andere der das machen würde – stell dir vor die Thailänder würden das mit einem Volksstamm bei ihnen machen – du würdest schimpfen, wenn du überhaupt schimpfen würdest. Du würdest natürlich alles Schlechte dort sehen. Stell dir vor, das würden die Deutschen mit ihren Sorben machen, was würdest du den deutschen Nationalismus schlimm finden. Genau dasselbe bei Israel: ist es akzeptiert. Es ist nicht dasselbe, denn DIE haben einen guten Grunde dafür. Wenn die andere Leute umbringen damit ihrem Staat keiner ans Bein pinkeln kann, dann ist es gut. Wenn andere Staaten andere Leute umbringen damit sie als Staaten souverän und mächtig sind und ihnen niemand anderes was kann, dann ist es schlecht. Da kann ich bloß sagen: das ist peinlich. Das ist einfach Brunz-dumm, sowas macht kein Mensch. Ich verstehe es einfach nicht, wie ein gescheiter Mensch sowas machen kann.
    Zuhörer:
    (…) was wollen die einen (Hisbollah) für eine Gesellschaftsordnung und was wollen die anderen (Israel)? Und da weiß ich nicht, was an der Hisbollah verteidigenswert ist.
    Peter Decker:
    Ich auch nicht. Ich weiß aber auch nicht was am Staat Türkei verteidigenswert ist. Deswegen bin ich aber auch nicht gleich dafür, dass der Nachbar der Türkei sie überfällt. Was machst du denn für komplizierte moralische Konstruktionen? Weil die Hisbollah nicht kommunistisch ist, verdient sie ihre Ausrottung?! (Zuvor gab es eine kurze Frage danach wie weit Israel und wie weit die Hisbollah auf dem Weg zum Kommunismus sind) Naja, wenn wir so anfangen wollen, könnten wir ….
    Zuhörer:
    Wenn ich sage, die Hisbollah greift Israel an, steht sie feindlich zu dem Staat Israel, dann kann ich sagen, was hat denn die Hisbollah für eine Ideologie, warum steht sie feindlich zu Israel…
    Peter Decker:
    Die Hisbollah steht auf dem Standpunkt: Die Integrität vom Libanon ist wieder herzustellen und Israel hat sich wirklich aus dem libanesischen Territorium zurückzuziehen. Und zweitens stehen die auf dem weitergehenden Standpunkt, dass der Staat Israel ein Unrecht ist gegen die Bevölkerung dort und gegen die Araber überhaupt. Bekämpfen sie die halt, weil sie ein Feind Israels sind. Ist doch gar kein Rätsel.
    Zuhörer:
    Und woher kriegen sie dann die Waffen?
    Decker:
    Aus dem Iran – weißt du doch.
    Zuhörer:
    Und dann kann man sich mal den Iran anschauen, was das für ein Staat ist…
    Peter Decker:
    Und du meinst, der verdient seine Vernichtung?
    Zuhörer:
    Die Regierung auf jeden Fall
    Peter Decker:
    Du bist ein richtiger imperialistischer Wunschdenker. Wen möchtest du noch gerne alles vernichten? Wo treibst du dich denn geistig rum? Du sortierst die Staaten wirklich danach, welchen du die Vernichtung wünschst.”
    (…)
    Peter Decker:
    “Ich habe den Eindruck, zu dem Israel-Thema ist alles Nötige gesagt worden. Ich weiß nicht, was man den Argumenten noch hinzufügen sollte, die wir vorhin ausgetauscht haben. (…)
    Der Streit besteht in dem einen Punkt, nämlich: ‘na klar, alle Schweinereien des israelischen Staats sind uns bekannt, Schweinereien anderer Staaten sind uns auch bekannt, der einzige Streit ist, bei Israel machen wir mal eine Ausnahme, weil’s die Juden sind, die von den Deutschen mal Furchtbares erleiden mussten’. Das ist der ganze Unterschied. Der eine Gedanke: Es sind die Juden, die von den Deutschen mal Furchtbares erleiden mussten. Deswegen ist denen alles verziehen, ist bei denen alles berechtigt, was bei jedem anderen ganz furchtbar wäre. Insofern kann man nicht weiter darüber reden, als zu fragen ‘wieso denn eigentlich bei denen?’ Fertig.
    Ich halte das für eine Frage, bei der man gar nicht mehr argumentieren kann, sondern sich entscheiden muss: Halte ich die “Sünde” der Deutschen für so überwältigend, dass das alle Argumente über Staaten wegschiebt, oder erkenne ich an der “Sünde” der Deuschen, was Staaten für Gebilde sind. Ich sehe nicht, wie man in dieser Diskussion einen Schritt weiter kommen kann.”

  150. Wie ist Israel nun in das Erstarken des IS eingemischt?
    Die Hizbollah verteidigt Assad,
    und hat früher zumindestens militärisch gegen Israel agiert.
    Umgekehrt umgekehrt,
    neben Israel ist auch der IS ein Feind der Hizbollah.
    (Habe ich irgendetwas verpast?
    Ist es so gar nicht gemeint?
    – Sondern?)
    Oder willst du die historische Remineszenz
    anlässlich des Irak
    zu einem Themenwechsel
    über die Antideutschen insgesamt ausbauen?

  151. Im Sept. 2014 meinte jedenfalls das Handelsblatt:
    Israel hält sich aus dem syrischen Bürgerkrieg heraus. Doch Islamisten an der Nordgrenze sorgen für Nervosität. Erzfeind Assad wäre Israel immer noch lieber als die selbsternannten Gotteskrieger.
    Derzeit hat sich der Islamische Staat im Osten Syriens ausgebreitet – bis nach Israel reicht er noch nicht. Doch der Al-Kaida-Ableger in Kunaitra scheint nur wenig moderater. „Sie könnten sogar anfangen, Raketen auf Israel zu feuern“, sagt Kobi Marom. In diesem Fall müsste Israel die Rebellen angreifen. „Wir sind zu jeder Eskalation bereit“.
    Bislang zögert Israel, sich in den innersyrischen Konflikt einzumischen. Mehrere Mörsergranaten, die auf israelischem Gebiet einschlugen, beantwortete die Armee mit Artilleriefeuer – aber mehr auch nicht.
    http://www.handelsblatt.com/politik/international/buergerkrieg-terrororganisation-is-israel/10638620-2.html

  152. “Israel hält sich aus dem syrischen Bürgerkrieg heraus. (…) Erzfeind Assad wäre Israel immer noch lieber als die selbsternannten Gotteskrieger.”
    Bei dieser HB-Behauptung handelt es sich entweder um bodenlose Ignoranz oder um eine glatte Lüge, vermutlich letzteres:
    Israel greift Syrien an
    “Nicht nur die Türkei ist mit den Islamisten in Syrien verbündet, offenbar gab es auch Verbindungen des israelischen Militärs mit diesen. Zudem hat Israel nun auch wieder direkt in den Syrienkonflikt eingegriffen und Waffenlager der Hisbollah in der Nähe von Damaskus und in Dimas bombardiert. (…)
    Die syrische Regierung hat bei den Vereinten Nationen und dem UN-Sicherheitsrat wegen der Angriffe Beschwerde ◥eingereicht und fordert Sanktionen. Israel habe damit die Souveränität des Landes verletzt und den “bewaffneten Terrorgruppen” geholfen. Gemeint ist vor allem die al-Qaida-Gruppe al-Nusra, die im September UN-Beobachter als Geiseln genommen hatte. (…) Syrien ◥wirft Israel vor, mit den Terroristen zu kooperieren.
    Das ist auch gar nicht abwegig, denn UN-Beobachter auf den Golanhöhen haben ◥berichtet, dass israelische Soldaten mehrmals mit Islamisten an der Grenze verhandelt hätten. Es seien auch Syrer zur medizinischen Behandlung nach Israel eingelassen worden. So sind offenbar im Mai 89 verwundete Islamisten den israelischen Soldaten zur Behandlung ◥übergeben worden, die wiederum 19 behandelte und 2 tote Kämpfer den Rebellen übergeben haben.
    Bekannt ist, dass Israel Syrer medizinische Behandlung gewährt, dass dies auch für militante Islamisten zutrifft mag verwundern. Aber es handelt sich hier um sunnitische Islamisten, Israel ist eher besorgt über die Hisbollah, die das Assad-Regime unterstützen, und den Iran, zusammen mit Russland Schutzmacht von Assad. Nach Times of Israel war die Kooperation zwischen dem israelischen Militär und syrischen Rebellen den Medien ◥bekannt, aber sie seien an der Berichterstattung durch Militärzensur gehindert worden.”
    Zum Verhältnis Israels zu den Golfstaaten, von denen Saudi-Arabien und Katar neben der Türkei zu den wichtigsten Unterstützern der islamistischen Gruppen in Syrien und im Irak zählen:
    Vom Feind zum potentiellen Partner
    Das wachsende Chaos in der Region und die geteilte Einschätzung der Bedrohungen haben die Perspektive Israels und der Golfstaaten aufeinander verändert
    Irak verhaftet US- und Israel-Militärberater in Mosul (7. März 2015, FNA – Fars News Agency)
    “Irakische Spezialeinheiten haben mehrere ausländische Militärberater verhaftet, darunter amerikanische, israelische und arabische Staatsbürger, bei einer Operation nahe Mosul im nördlichen Teil des Landes.Die irakische Armee sagt, man habe 4 Pässe beschlagnahmt, einen US-, einen Israel- und Pässe aus den Golfstaaten. Alle sind Militärberater. Sie wurden verhaftet in der Tal Abta -Wüste, nahe Mosul.
    Im vergangenen Jahr hat ein hoher Berater von Präsident Putin den Mossad beschultigt, dass er ISIL-Terroristen ausbilde, die im Irak und in Syrien operieren.
    Alexander Prokhanow sagte, dass der Mossad wohl auch der ISIL seine Spionage-Erfahrungen vermittelt hat. Prokhanow sagte, die ISIL ist ein Nebenprodukt der US-Politik im Nahen Osten.”

  153. @Lincoln
    Danke für diese Ergänzungen, die die
    @Frage
    hinreichend beantwortet haben sollten.
    Die Politik Israels ist nicht ganz klar, aber es ist auffällig, daß die israelische Politik und auch die Medienden IS nicht als besond ere Gefahr empfinden, obwohl er in der Nähe der Grenzen Israels sein Unwesen treibt und den Krieg gegen alle Ungläubigen auf seine Fahnen geschrieben hat.
    Offenbar gibt es Informationen, daß die IS-Kämpfer es auf Israel nicht abgesehen haben. Das kann natürlich auch ein Eigentor sein, wie das bei der Einschätzung solcher Organisationen zu sein pflegt.
    Auch die Hamas hat sich meines Wissens zum IS nicht positioniert, oder weiß wer was Gegenteiliges?

  154. @ Nestor
    “Auch die Hamas hat sich meines Wissens zum IS nicht positioniert, oder weiß wer was Gegenteiliges?”
    Doch, das hat sie sehr wohl. Nämlich auf Seiten der Djihadisten. Der erzwungene Umzug ihrer politischen Führung von Damaskus nach Katar erfolgte offenbar aus genau diesem Grund:
    Kampf um Jarmuk
    “Seit Beginn der Blockade von Jarmuk durch die syrische Armee Anfang 2013 versuchen palästinensische Gruppen vor Ort, die bewaffneten Gruppen zu überzeugen, sich aus dem Flüchtlingslager zurückzuziehen. Doch die Hamas unterstützt diese Kampfverbände und ist auch selbst mit Mitgliedern seit 2011 aktiv an dem bewaffneten Aufstand gegen die syrische Regierung beteiligt.
    Anfang April 2015 waren Einheiten der Hamas in Jarmuk schließlich zu einem lokalen Waffenstillstand bereit, damit die Einwohner zurückkehren konnten. Auch die Gruppe »Aknaf Al-Makdis« (»In der Umgebung von Al-Quds«) hatte offenbar die Zustimmung der Al-Nusra-Front erhalten, ihre bewaffneten Kämpfer aus Jarmuk abzuziehen. Die Unterzeichnung der Vereinbarung war für den 9. April vorgesehen.
    Wie aber bereits häufig zuvor, änderte die Al-Nusra-Front ihre Ansichten und ließ erneut Kämpfer aus den südlichen Vororten nach Jarmuk einmarschieren. Diese hatten früher unter ihrem Kommando gestanden, sich inzwischen allerdings »Daesch« angeschlossen. Alle Kämpfer sollen Syrer vor allem aus dem Umland von Damaskus bzw. syrische Palästinenser sein.
    Angesichts der dramatischen Entwicklung hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas eine hochrangige Delegation nach Damaskus geschickt. Diese hatte nach zweitägigen Beratungen am Donnerstag einer militärischen Rückeroberung von Jarmuk in Kooperation mit der syrischen Armee zugestimmt.
    Der PLO-Vertreter Ahmed Majdalani teilte die Entscheidung auf einer Pressekonferenz mit. Er sagte, 14 palästinensische Organisationen in Syrien hätten sich nach intensiven Beratungen für diesen Weg entschieden. Die Führung der PLO in Ramallah teilte dann allerdings am Donnerstag abend mit, dass die PLO am Prinzip ihrer Nichteinmischung in die Angelegenheiten eines »Gastlandes«, wie es Syrien ist, festhielte und ein gemeinsames militärisches Vorgehen gegen Daesch in Jarmuk ablehne.”
    Die Tragödie von Jarmuk
    “Jarmuk im Süden der syrischen Hauptstadt ist in den vergangenen Tagen angesichts heftiger Kämpfe in die Schlagzeilen der internationalen Medien gerückt. Begonnen hat die Tragödie dort im Jahr 2011, als die palästinensische Hamas beschlossen hatte, den von islamistischen Kräften wie der Muslimbruderschaft forcierten bewaffneten Aufstand in Syrien gegen die Regierung zu unterstützen. In dem Damaszener Stadtteil lebten zu dem Zeitpunkt fast eine Million Menschen, darunter etwa 180.000 registrierte palästinensische Flüchtlinge.
    Unter den Palästinensern war die Debatte zunächst politisch geführt worden. Die mit der Hamas verbundene oder sympathisierende Fraktion war für eine Beteiligung an den Protesten gegen Präsident Baschar Al-Assad, dazu gehörte explizit auch der Griff zu den Waffen. Andere, vor allem jüngere Palästinenser, die den Wunsch nach Reformen mit den Syrern teilten, beteiligten sich an Demonstrationen. Als Forderungen nach einer ausländischen Intervention, der Einrichtung einer Flugverbotszone und nach »Sturz des Regimes« laut wurden, zogen sie sich zurück. Die dritte Gruppe von Palästinensern meinte, man solle an dem »Prinzip der Nichteinmischung in innenpolitische Angelegenheiten« des Landes festhalten, das die Palästinenser als »Gäste« aufgenommen habe. Das entspricht der PLO-Linie seit dem libanesischen Bürgerkrieg (1985–2000).
    Die Hamas allerdings stellte ihre brüderlichen Verbindungen zur Muslimbruderschaft, die sich in Tunesien, Ägypten, Jordanien und im Jemen zu dem Zeitpunkt auf der Siegerspur des »Arabischen Frühlings« wähnte, »über die gemeinsamen palästinensischen Interessen«, wie es der PLO-Vertreter Anwar Abdul-Hadi im Gespräch mit der Autorin Anfang 2014 in Damaskus formulierte. Mitglieder der Hamas halfen beim Schmuggel von Waffen und Geld nach Syrien, andere schlossen sich den bewaffneten Gruppen an. Auf der anderen Seite positionierte sich die Palästinensische Front zur Befreiung Palästinas – Generalkommando (PFLP-GC) an der Seite der syrischen Armee. Die Palästinensische Armee, die im palästinensischen Teil von Jarmuk – dem Lager Mouchaijem – offiziell für Sicherheit sorgen soll, schwieg. Die Mehrheit der palästinensischen Syrer, wie sie sich selbst auch nennen, lehnen das militärische Engagement auf seiten der Aufständischen wie der Regierung ab.
    Die mehrheitlich syrische Bevölkerung aus Jarmuk verließ derweil aus Angst vor Kämpfen ihre Wohnungen und Häuser und suchte anderenorts eine sichere Bleibe. Die politische Führung der Hamas wurde aufgefordert, Damaskus zu verlassen. Anfang 2012 zog sie nach Katar. Die Kämpfer blieben.”

  155. Danke für die Infos. Aus denen geht allerdings nicht genau hervor, wie die Hamas sich zum IS positioniert. Ich vermute, sie sind da selber in Verlegenheit. Auch die Muslimbruderschaft scheint in dieser Frage gespalten zu sein.
    Neutral bleiben, wie die PLO ihren frommen Wunsch ausdrückt, geht jedenfalls nicht. Das ist auch typisch für solche machtlosen Politiker, den Arsch im Warmen zu haben und dann schlaue Anweisungen zu erteilen.
    Die Palästinenser sind also wieder einmal zwischen alle Fronten geraten.
    Wenn Jarmuk tatsächlich eine Million Einwohner hatte und die fast alle abgehaut sind (laut Wikipedia hatte ganz Damaskus 2010 2,8 Millionen), so sagt das auch einiges aus über die Lage in Syrien. Wohin, fragt man sich.

  156. Was war noch mal die Überlegung der USA,
    weswegen ‘die alte Garde der Autokraten’ in der Region
    unbedingt weg müsse?

  157. @Frage
    Darüber kann man nur spekulieren, da sie ja das nicht in der New York Times öffentlich verkündet haben.
    Erstens einmal war da eine gründliche Unzufriedenheit mit den Ergebnissen ihrer eigenen Interventionspolitik. Im Irak hatten sie jetzt statt einer Regierung mit panarabischen Ambitionen eine Iran-freundliche Regierung und eine US-feindliche Guerilla. Es war nicht gelungen, den Iran zu isolieren oder durch Sanktionen in die Knie zu zwingen. Es ist auch nicht gelungen, eine Koalition gegen den Iran zusammenzukriegen, die dann einen Stellvertreterkrieg führen würde. Auf diesbezügliche Pläne weist Wikileaks hin.
    Und da war die Überlegung der USA offenbar, die alten Autokraten zu stürzen und mit einer neuen Mannschaft von “Willigen” ein Reset zu machen. Ein neues System von US-freundlichen, von den USA aus durchaus islamisch-fundamentalistischen Regierungen.
    Auch die Hinrichtung Bin Ladens gehört zu dieser Politik: da sollte signalisiert werden: Scharia und öffentliche Hinrichtungen, wie es Saudi-Arabien macht – kein Problem. Nur gegen die USA und ihre Einrichtungen vorzugehen, das wird streng bestraft.

  158. Vom Nutzen des Jihad (I)
    Die westlichen Mächte haben salafistische Organisationen im Syrien-Krieg gezielt gestützt und die Gründung des “Islamischen Staats” (IS) im Kampf gegen die Assad-Regierung vollauf bewusst in Kauf genommen. Dies geht aus einem deklassifizierten Papier des US-Militärgeheimdiensts DIA (“Defense Intelligence Agency”) hervor, das vergangene Woche veröffentlicht worden ist. Demnach hielt die DIA im August 2012 nicht nur die Errichtung eines “salafistischen Fürstentums” in Ostsyrien für denkbar, das von den westlichen Mächten, Saudi-Arabien und der Türkei sogar gewünscht werde. Der Geheimdienst rechnete auch damit, dass über die syrisch-irakische Grenze hinweg ein “Islamischer Staat” entstehen könne – mit “schrecklichen Konsequenzen”, wie es in dem stark zensierten DIA-Papier heißt. Ungeachtet der drohenden Gefahren drang auch die Bundesregierung im Sommer und im Herbst 2012 energisch auf Assads Sturz – und sprach sich dabei ausführlich mit Saudi-Arabien ab, dem maßgeblichen Förderer salafistischer und jihadistischer Milizen, darunter der IS. Die zugrundeliegende Strategie ist Jahre älter als der Syrien-Krieg; ihr folgt der Westen bis heute.
    The Head of the GRU accuses US and allies of creating the transnational “Islamist” terrorist network
    Al-Dschasira: In Umfrage überwältigende Mehrheit für den Islamischen Staat
    Auf der arabischsprachigen Webseite finden sich viele IS-Befürworter, während die arabischen Staaten an der US-geführten Koalition gegen den IS beteiligt sind
    Schwarze Flagge weht in Kenia
    Al-Shabaab-Dschihadisten auf dem Vormarsch

  159. Die wirklich interessante Frage ist, und die ist nicht entschieden, wie sich die USA zum Islamischen Staat stellen. Weil trotz aller Köpfungen von US-Staatsbürgern und anderen häßlichen Aktionen schaut es nicht so aus, als ob die USA wirklich etwas gegen den IS haben, oder unternehmen würden.

  160. @Nestor
    “schaut es nicht so aus, als ob die USA wirklich etwas gegen den IS haben, oder unternehmen würden”
    Was auch nicht weiter erstaunlich ist. Egal ob/wie/in welchem Umfang die Amis bei der Herausbildung des IS beteiligt waren, so lange sie es schaffen, als nützliche Idioten in der Rolle der “boots on the ground” die “schiitische Achse” Iran-Irak-Syrien-Hezbollah zu unterbrechen, können die USA (und Israel!) doch bestens damit leben. Was unterstellt, dass sich diese beiden Mächte offenbar zutrauen, für den Fall der Fälle, dass der IS sich nicht mehr funktional in die eigenen Pläne einpassen lässt, dann auch wirklich ernst zu machen und die Jihadisten fertigzumachen.
    Ein anderer interessanter Aspekt: Was wird eigentlich aus dem Al-Qaida-Ableger Al-Nusra-Front, die ja in den letzten Wochen in Syrien als Teil eines jihadistischen Bündnisses aufsehenerregende Erfolge zu verzeichnen haben.
    Schon im März: Golfstaaten ermuntern Al-Nusra zum Rebranding
    Die Dschihadisten-Miliz soll sich offiziell von al-Qaida lossagen. Das Versprechen: eine Menge Geld, unter anderem aus Katar.
    Der große Titel “Kampf gegen den IS” machts möglich: Die al-Nusra-Front müsste sich nur von al-Qaida lossagen und dies mit einer Namensänderung (“Rebranding”) bekunden, dann wären Investoren aus Katar dafür offen, die neue Marke – deren ideologischer Inhalt weitgehend unverändert bliebe – großzügig zu unterstützen, ◥berichtet Reuters. Mit dem neuen Namen stünden die Dschihadisten-Gruppe nicht mehr auf der Terror-Liste.
    Aktuell: Keine Angst vor Al-Qaida
    Anführer der islamistischen Al-Nusra-Front erklärt in Interview, den Westen nicht angreifen zu wollen. Ziel sei Sturz der syrischen Regierung
    “Nach Darstellung dschihadistischer Kampfverbände steht die an die Türkei grenzende Provinz nun weitgehend unter deren Kontrolle. Seit März haben Tausende von Islamisten, die sich unter Führung der Al-Nusra-Front zur »Armee der Eroberung« zusammengeschlossen haben, mit Unterstützung der türkischen Armee, Saudi-Arabiens und der Golfstaaten Idlib förmlich überrannt.
    Der Anführer der Al-Nusra-Front, Abu Mohammed Al-Scholani, hatte am Mittwoch dem katarischen Fernsehsender Al-Dschasira ein Interview gegeben. Darin versichert er dem Westen, dieser brauche keine Angst vor Al-Qaida zu haben. Er und seine Kämpfer seien »angewiesen worden«, Syrien nicht für Angriffe auf den Westen zu nutzen, und daran werde man sich halten. Der Mann, dessen Kopf mit einem schwarzen Tuch unkenntlich gemacht worden war, saß in einem goldverzierten Sessel an einem Tisch mit der Fahne der »Al-Qaida in der Levante«. Nach Angaben des Reporters wurde das Gespräch aus den »befreiten Gebieten Syriens« gesendet. Ein zweiter Teil soll folgen.
    Ziel der Al-Nusra-Front und ihrer Verbündeten sei es, Damaskus einzunehmen und »das Regime und seine Verbündeten« zu stürzen, führte der Mann in dem einstündigen Interview aus. »Wir erfüllen hier nur unseren Auftrag, das Regime und seine Agenten im Land zu bekämpfen, einschließlich Hisbollah«, sagte er. »Wenn die Alawiten sich von ihrer Religion lossagen und Baschar Al-Assad verlassen, werden wir sie schützen.« Christen hätten von ihnen nichts zu befürchten, müssten aber eine Kopfsteuer bezahlen. (…)
    Al-Qaida wolle vermitteln, »die Al-Nusra-Front sind die Moderaten«. Im Westen neige man dazu zu vergessen, dass Al-Scholani ursprünglich vom »Islamischen Staat im Irak« komme, der sich heute »Islamischer Staat« (IS) nenne.”
    PS: Zu den obigen Ausführungen über die Funktionalität des IS für die anti-schiitischen Eindämmungsbemühungen seitens USA und Israel passt nicht so richtig das Folgende:
    TomGard: Neue Nachrichten aus ME
    “Debka erkennt endlich auch die mittelbare militärische Zusammenarbeit der US-Führung mit der Hezbollah, und die amerikanische Schutzmacht für die Hezbollah gegenüber Israel an, über die ich vor zwei Jahren schon schrieb (…)
    DAS – nicht das kleinkindische-Affentheater über “Irans Weg zur Bombe” – repräsentiert den vollen, auch militärisch zählbaren und wirksamen Gegensatz zwischen Zionisten und den Gegnern der Chaos-Fraktion in Washington.”

  161. “…US-Außenminister Ashton Carter den irakischen Streitkräften wegen des Falls der Provinzhauptstadt Ramadi in die Hände der Dschihadistenorganisation “Islamischer Staat” (IS) mangelnde Kampfmoral vorgeworfen hatte. “Die irakischen Truppen haben offensichtlich keinen Kampfwillen gezeigt”, sagte Carter dem US-Sender CNN. “Sie waren dem Gegner zahlenmäßig deutlich überlegen, sie kämpften aber nicht, sondern zogen sich zurück.” (…)
    Aus dem Iran kam Kritik an Carters Äußerungen. Der einflussreiche General Ghassem Suleimani warf den USA vor, “nichts getan” zu haben, um den irakischen Streitkräften in Ramadi zu helfen. Der Chef der für Auslandseinsätze zuständigen Kuds-Eliteeinheiten sagte, es grenze an ein “Komplott”, wenn die USA unter dem Vorwand, den Irakern helfen zu wollen, vor Ort seien und dann nichts täten.”
    http://www.dw.de/iraker-wegen-us-kritik-in-rage/a-18475510
    Dass die Iraner diese Kritik so formulieren, zeigt, dass auch die Haltung der USA zu Iran anscheinend nicht (nur) durchgängig davon bestimmt ist, auf Iran als Ordnungsfaktor nun so gar nicht setzen zu wollen – dann wäre Irans Enttäuschung nämlich unerklärlich. (Aber Iran soll dabei auch nicht groß gestärkt werden.) Beides passt also nicht gut zusammen.
    Das zeigt sich auch daran, dass zwar Cuba nun von der Liste der den Terror unterstützenden Staaten gestrichen wurde, aber bei Iran und Syrien daran anscheinend nicht zu denken ist.

  162. Da soll sich einer auskennen!
    @Lincoln

    so lange sie es schaffen, als nützliche Idioten in der Rolle der „boots on the ground“ die „schiitische Achse“ Iran-Irak-Syrien-Hezbollah zu unterbrechen, können die USA (und Israel!) doch bestens damit leben.

    Du sprichst ein großes Wort gelassen aus.
    Die offene Unterstützung der Al Nusra-Front und die verdeckte des IS scheinen einer Verlegenheit zu entspringen, was die USA eigentlich im Nahen Osten wollen.
    Chaos, Bürgerkrieg Ende nie? Eine Neuordnung der Grenzen? Einen Zerfall des Irak? Eine Stärkung oder eine Schwächung der Türkei? Eine Isolation oder eine Stärkung des Iran?

  163. Die Iran-Atomverhandlungen gehen ja nun wohl in eine weitere (letzte? vorletzte?) Runde; dafür jedenfalls wird eine Drohkulisse zu Iran kräftig aufrecht erhalten.
    Ist das dann schon das A und O? Oder hängt es daran, dsss die USA sich wirklich zwischen Iran oder Saudi-Arabien & Katar entscheiden müssten? Sind das für die USA einander ausschließende Beziehungen?
    Warum?

  164. @ Nestor
    “Die offene Unterstützung der Al Nusra-Front und die verdeckte des IS scheinen einer Verlegenheit zu entspringen, was die USA eigentlich im Nahen Osten wollen. (…) Eine Neuordnung der Grenzen?”
    “Der westliche Wunsch nach einem Islamischen Staat” (02. Juni 2015)
    “Schon bevor Bashar Al-Assad Präsident in Syrien wurde, stand ein Regimewechsel ganz oben auf der geopolitischen Wunschliste der US-Falken. „Rebuilding America’s Defenses: Strategies, Forces and Resources for a New Century“, eine „Blaupause“ für die Erschaffung einer globalen Pax Americana, an der US-amerikanische Think Tank mit so illustren Personen wie Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz, John Bolton und Jeb Bush in den Jahren von 1997 bis 2000 arbeiteten, fordert unter anderem in Syrien einen Regimewechsel. Wesley Clark, NATO-Oberbefehlshaber im Kosovo-Krieg, schrieb in seinem Buch „A Time to Lead“, dass ihm unmittelbar nach dem 11. September im Pentagon erklärt worden ist, das strategische Ziel der nächsten fünf Jahre sei es sieben Länder auszuschalten, beginnend mit dem Irak und Syrien und mit dem Iran endend. (11)
    Die RAND Corporation, ein weiterer US-Think Tank, erstellte vier Jahre vor dem DIA-Dokument einen Bericht, der eine ähnliche Strategie befürwortet. Die USA sollten aus „dem Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten Kapital schlagen, indem sie die Seite der konservativen sunnitischen Regierungen in einer entscheidenden Art und Weise einnehmen sollten und mit ihnen gegen alle Bewegungen in der muslimischen Welt kämpfen sollten, die die schiitische Seite stärken wollten.“ Die USA sollten der Macht und dem Einfluss des Iran in der Golfregion Einhalt gebieten, „indem sie die traditionellen sunnitischen Regimes in Saudi Arabien, Ägypten und Pakistan unterstützen.“ (…)
    John Bolton, Mitglied von „Project of a New American Century“, Befürworter des Irak-Krieges bereits im Jahre 1998, gilt als eine der Architekten des Zweiten Golfkrieges. (13) Zum Konflikt in Syrien hat er eine Meinung, die der Aussage des DIA-Dokumentes erstaunlich nahe kommt, jedoch in seiner Zukunftsvision nichts an Deutlichkeit vermissen lässt: „Ich denke unser Ziel sollte ein neuer sunnitischen Staat sein, der aus dem westlichen Teil des Iraks und dem Osten Syriens besteht. Geführt sollte dieser Staat von moderaten oder autoritärer Menschen, die nicht radikale Islamisten sind. Was vom Irak übrigbleibt, ist einfach ein Satellitenstaat der Ayatollahs in Teheran. Er ist nichts, dem wir helfen sollten.” (14)”
    german-foreign-policy.com: “Von Kurdistan nach Alawitestan” (25.08.2014)
    “In den Vereinigten Staaten ist bereits letztes Jahr eine noch weiter gehende Zerschlagung des gesamten Nahen und Mittleren Ostens vorgeschlagen worden: Man könne, hieß es, Assads syrisches Herrschaftsgebiet auf ein kleines “Alawitestan” reduzieren und die übrigen Teile des Landes mit Teilen des Irak zu “Kurdistan” und “Sunnistan” zusammenschließen. Die Kleinstaaten, die dabei entstünden, wären machtlos, hätten kein Widerstandspotenzial mehr und wären prinzipiell leichter beherrschbar als die jetzige arabische Staatenwelt. (…)
    Neue Grenzen
    Nähere Überlegungen, aus den kurdischsprachigen Gebieten Syriens und des Irak ein “Kurdistan” zu formen, hat im vergangenen Herbst die renommierte Tageszeitung New York Times veröffentlicht – kurz nach der Absage des angekündigten US-Überfalls auf Syrien. Dieser hätte mutmaßlich zum Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al Assad sowie zur Einsetzung einer prowestlichen Marionette auf seinem Posten geführt. Der Artikel in der New York Times, der Ende September erschien, wurde von der US-Publizistin Robin Wright verfasst, die unter anderem am “United States Institute of Peace” tätig ist, einer staatsfinanzierten, mit Interventionen in Konflikte in aller Welt befassten Institution. Wrights Beitrag, dessen Inhalt mit einer Landkarte illustriert wurde, übt Kritik an den Grenzen im Nahen und Mittleren Osten, die einst “von europäischen Kolonialmächten” festgelegt und seitdem “von arabischen Autokraten verteidigt worden” seien. “Neue Grenzen” könnten gezogen werden, “Länder könnten sich auflösen”, heißt es in dem Text, der genau dies für große Teile der arabischen Welt gedanklich durchexerziert.[8]
    Die Balkanisierung der arabischen Welt
    Wright zufolge ist Syrien bereits “in drei identifizierbare Regionen zerbrochen”: in ein kurdisches, ein sunnitisches und ein noch von Assad beherrschtes, alawitisch dominiertes Gebiet. Letzteres ist auf der beigefügten Landkarte mit dem Namen “Alawitestan” versehen. Das kurdische Gebiet verschmilzt mit dem kurdischsprachigen Norden des Irak zu “Kurdistan”, das sunnitische Gebiet mit den sunnitischen Teilen des Irak zu “Sunnistan”; bei letzterem handelt es sich um die Region, die heute von der Terrororganisation IS kontrolliert wird. Der Süden des Irak ist auf der Landkarte unter der Bezeichung “Shiitestan” zu finden. Eine ähnliche Aufspaltung droht die Mitarbeiterin des “United States Institute of Peace” auch Saudi-Arabien an: Dessen Küstengebiete könnten in vier neue Staaten aufgeteilt werden; seinem Kern (“Wahhabistan”) solle man den Nordjemen zuschlagen. Auch Libyen sei zu zerschlagen.[9] Käme es zu der beschriebenen Aufspaltung, dann könnte der Westen sich sicher sein, dass keiner der machtlosen Kleinstaaten noch zu ernsthaftem Widerstand gegen seine Hegemonie fähig wäre. Als Modell kann die einst von der Bundesrepublik forcierte Zerschlagung Jugoslawiens gelten.”
    german-foreign-policy.com: “Das Ende einer Epoche (I)” (12.09.2014)
    “Tatsächlich rechnen Experten mit weitreichenden Umwälzungen im gesamten Nahen und Mittleren Osten. “Die arabische Welt befindet sich in der tiefsten Krise seit dem Einfall der Mongolen im 13. Jahrhundert und der Zerstörung von Bagdad im Jahr 1258”, urteilt etwa der FAZ-Redakteur Rainer Hermann, ein renommierter Kenner des Nahen und Mittleren Ostens, in der aktuellen Ausgabe der DGAP-Zeitschrift “Internationale Politik”. Mit dem Zerfall von Staaten und der Auflösung der Grenzen in weiten Teilen der arabischen Welt gehe zur Zeit “die postkoloniale Übergangsepoche im Nahen und Mittleren Osten zu Ende, ohne dass sich bereits die Konturen einer neuen arabischen Ordnung abzeichneten”. Der gegenwärtige Aufruhr, der “lokal agierende zentrifugale Kräfte freigesetzt” habe, werde “aller Voraussicht nach noch lange anhalten”. Hermann schildert, wie unterschiedliche Ersatzstrukturen – religiöse Verbände, traditionelle Stämme oder lokale Warlords – im Irak, in Syrien oder in Libyen die Stelle der zerschlagenen Staaten einnehmen. (…)
    “Sechs oder mehr Libyen”
    Für die Zukunft rechnet Hermann damit, dass “Kriege und wechselnde Allianzen … eine neue politische Landkarte hervorbringen” werden. Möglicherweise werde es “statt einem Irak drei neue Staaten geben – einen schiitischen, einen kurdischen und einen sunnitischen, der sich bis auf das heutige Territorium Syriens erstrecken kann”. Bei Letzterem handelte es sich dann mehr oder weniger um das zur Zeit vom IS kontrollierte Gebiet. In Syrien werde “die bisherige Republik entlang der Achse Damaskus – Aleppo und entlang der Mittelmeerküste weiter bestehen”; “die Kurden” behielten ihre “Autonomie”, während eventuell auch “ein sunnitisches Rebellengebiet südlich von Damaskus” Bestand haben könne. “Libyen ist in den Grenzen des bisherigen Staates nicht zu halten”, schreibt Hermann; auch der Jemen “zerbricht in mindestens vier Teile”. “Weshalb soll es aber nicht drei Iraks geben, wenn der eine Irak nicht funktioniert hat?”, fragt der Autor: “Weshalb soll es nicht sechs oder mehr Libyen geben, wenn das eine Libyen nicht zusammengehalten werden kann?”[11]
    Zerschlagungspläne
    Die Überlegungen entsprechen Zerschlagungsplänen für den Nahen und Mittleren Osten, die schon 2006 in ultrarechten US-Militärkreisen vorgeschlagen [12] und im vergangenen Jahr kurz nach der Absage des angekündigten Überfalls auf Syrien von einer Publizistin erneut präsentiert wurden, die am staatsfinanzierten “United States Institute of Peace” tätig ist. [13]).
    Ein langer Krieg
    Der Kampf gegen die Terrororganisation IS werde “uns lange Zeit beschäftigen” [14], urteilt der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder. Tatsächlich spricht manches dafür, dass die westlichen Staaten den Krieg nutzen wollen, um der Zerfallsmasse des von ihnen zerschlagenen Nahen und Mittleren Ostens eine “Ordnung” aufzuzwingen, die zumindest in den Grundzügen ihren Interessen in der Region Rechnung trägt.”
    german-foreign-policy.com: “Schmutziges Geheimnis” (08.09.2006)
    “Amerikanische Armeekreise empfehlen eine ethnische Neuordnung fast sämtlicher Staaten des Nahen und Mittleren Ostens. Territorialverluste und neue Grenzziehungen betreffen unter anderem die Türkei, Syrien, den Libanon, Saudi-Arabien, Irak, Iran und Pakistan. Durch Auflösung ganzer Staatenverbände sollen neue Völkerrechtssubjekte entstehen, die nach Stammes- und Religionszugehörigkeit gebildet werden.”

  165. Und diese Pläne zur Neuordnung einer ganzen Region sind offenbar brandaktuell:
    Planspiele für Syrien
    Westen schmiedet Pläne über die Zerstückelung des Landes
    “»Die Sicherheit Syriens ist die Sicherheit Irans«, versicherte der außenpolitische Berater des obersten iranischen Führers Ajatollah Ali Khamenei, Ali Akbar Velayati, Anfang der Woche in Teheran. Eine »Flugverbotszone über Syrien« werde Iran nicht dulden. Die islamischen und regionalen arabischen Staaten müssten sich im Kampf gegen den »Islamischen Staat« (IS) zusammenzuschließen. Die Planspiele, wonach Staaten in der Region entlang religiöser und ethnischer Zugehörigkeiten aufgeteilt werden sollten, müssten zurückgewiesen werden.
    Velayati bezog sich auf eine Entscheidung des US-Kongresses von Ende April, wonach der Irak in jeweils drei Teile aufgespalten werden soll – einen kurdischen, einen sunnitischen und einen schiitischen. Für Syrien gibt es ähnliche Pläne. So hat die Bundesregierung in der von ihr finanzierten Stiftung für Wissenschaft und Politik ein Projekt über »Die Fragmentierung Syriens« in Auftrag gegeben.
    Dabei könnten die Kurden im Nordosten des Landes – mit westlicher Hilfe – abgespalten werden. Die Terrororganisationen IS und Al-Nusra-Front könnten den Osten Syriens, die Provinz Idlib, die Provinz Deraa im Süden und den Golan erhalten. Übrigbliebe ein Syrien, das von Aleppo über Homs und Damaskus bis As-Suwaida reichen würde. Außerdem würden auch die Küstengebiete, die christlichen Regionen und das Qalamoun-Gebirge im Westen zu dem Rumpfstaat gehörten.
    Um die Provinz Idlib abzusichern und sich auch Aleppo einzuverleiben, denkt die Türkei zudem offen über eine »Flugverbotszone« nach. In dieser könnte die in Istanbul sitzende und vom Westen, der Türkei und den Golfmonarchien finanzierte »Nationale Koalition« eine eigene Regierung etablieren. Gleichzeitig würde das Flugverbot Terrororganisationen schützen.
    Die offene Debatte über diese – völkerrechtswidrigen – Pläne geht einher mit einem Strategiewechsel auf verschiedenen Seiten. Saudi-Arabien, Türkei und Katar haben ihre Differenzen über die Muslimbruderschaft zurückgestellt und »die am besten ausgebildeten Söldner angeheuert und bewaffnet, um Syrien zu zerstückeln«, analysiert ein Journalist in Damaskus, der namentlich nicht genannt werden möchte. Auf der anderen Seite habe die syrische Armee sich von vielen Fronten auf strategisch wichtige Punkte zurückgezogen. Ähnlich äußerte sich auch Waddah Abd Rabbo, Chefredakteur der syrischen Tageszeitung Al-Watan, gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP. Es sei »sehr verständlich, dass die syrische Armee sich zurückzieht, um die großen Städte zu verteidigen, wo die meisten Syrer heute leben«, sagte er.”

  166. Zwei Dinge fallen mir dazu ein:
    1. Als der Irak nach der „Operation Wüstensturm“ 1991 in genau diese Teile auseinanderzubrechen drohte, ließen die USA die Schiiten fallen, verzichteten auf die Absetzung Saddam Husseins und versuchten den Irak als Ganzes zu erhaltten.
    Nach dem Einmarsch 2003 unternahmen sie ebenfalls alles, um das Land als Einheit zu erhalten.
    Was für eine Weltordnung müssen sie im Auge haben, wenn jetzt alle Grenzen in Frage gestellt, der IS gestützt und Bürgerkrieg als Dauerzustand angestrebt wird?
    Gibt es in dieser Weltordnung eigentlich noch Verbündete oder nur mehr Gegner? In dem Sinne: die Verbündeten von heute sind die Gegner von morgen.
    2. Während die Strategiepapiere der USA, der BRD und anderer wichtiger Player offenbar auf Kleinstaaterei und „Balkanisierung“ abzielen – in Ex-Jugoslawien ist das ja wirklich vortrefflich gelungen, nur Rußlands Einfluß stört das Bild – so hat die Türkei offensichtlich entgegengesetzte Ambitionen: die Wiedererrichtung des Osmanischen Reiches.
    Da werden sich immer wieder Fronten auftun …

  167. @Nestor
    “Gibt es in dieser Weltordnung eigentlich noch Verbündete oder nur mehr Gegner? In dem Sinne: die Verbündeten von heute sind die Gegner von morgen.”
    Das habe ich mich auch schon gefragt und zwar anlässlich der Atom-Verhandlungen mit dem Iran. Auch wenn es (Stand heute) komplett spinnert erscheint: Denk mal das Szenario durch, dass die Verhandlungen tatsächlich zu einem Abschluss kommen und der Iran von den USA ein Angebot erhält, das sie nicht ablehnen können/wollen – die “Wiederaufnahme in den Kreis der Völkerfamilie”. Dass sie dafür Bedingungen zu erfüllen hätten, nämlich die Öffnung des Landes für westliches Geschäft und die praktische Aufgabe aller antiamerikanischen Ambitionen (Distanzierung von BRICS und SCO; Verzicht auf S-300!) ist klar, aber m.E. nicht so aus der Welt wie es auf den ersten Blick erscheint. Und es wäre für die Amis ein nicht zu unterschätzender geostrategischer Coup gegen Russland.
    Was hiesse das für die anderen Big Player der Region (ich lasse die Türkei mal aussen vor): Israel und Saudi-Arabien? Israel stünde vor der Grundsatzentscheidung, sich zähneknirschend auf ein merklich anderes Verhältnis zu seinem wichtigsten Verbündeten (USA) einzustellen, ja vielleicht sogar eine Verständigung mit dem Iran suchen zu müssen. Denn ohne die “bedingungslose Solidarität” des großen Bruders stünde der Vorposten der Zivilisation auf einmal in einem ziemlich kurzen Hemd da.
    Ähnliches gilt für Saudi-Arabien und die Golfstaaten. Deren Verhältnis zu Israel hat sich bekanntlich drastisch entspannt, einen Bündnispartner wie die Amis kann Israel den Golf-Monarchien aber nicht wirklich ersetzen. Deshalb halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass eine eventuelle Annäherung der USA gegenüber dem Iran das jahrzehntelange Bündnis der Scheichs mit ihrem transatlantischen Paten ernsthaft beschädigen könnte. Eine gewisse Abkühlung ist ja jetzt schon nicht zu übersehen.
    Sind natürlich alles Sandkastenspiele … 🙂

  168. @Lincoln

    die Öffnung des Landes für westliches Geschäft

    Sich dem „westlichen Geschäft“ zu verschließen war nie Absicht des Iran, sondern wurde ihm durch Feindschaftserklärungen und Sanktionen aufgenötigt. Falls es zu einer Einigung kommt, fragt sich sofort: welcher „Westen“? Die Sanktionen schädigten beim Iran (wie bei Rußland) Europa mehr als die USA.
    Daß sich der Iran nicht von den BRICS distanzieren wird, erscheint mir sicher – insofern ist die Einigung schon eine sehr unwahrscheinliche Sache. Die wägen dort ja auch ab, was es ihnen bringt.
    Ich denke bei Verbündeten nicht nur an die notorischen Kandidaten im Nahen Osten, sondern auch an die EU und Japan.

  169. Apropos Japan. Ihr hattet im Russland-Thread kürzlich was zu dem Gerücht über einen möglichen Friedensvertrag zwischen Japan und Russland. Wie man hörte, waren die Amis nicht wirklich “amused”. Jetzt was zum Stand der japanisch-chinesischen Beziehungen:
    Wettlauf in Asien
    Nach China will auch Japan massiv Geld in Asien verteilen. Dennoch könnte es zwischen den beiden eine Annäherung geben
    “Japan antwortet auf die chinesische Investitions-Offensive mit einem eigenen Programm.110 Milliarden US-Dollar sollen für Infrastrukturprojekte in Asien in den nächsten fünf Jahren bereit gestellt werden. Damit werden die bereits existierenden Fonds Tokios um 30 Prozent aufgestockt, berichtet die Deutsche Welle.
    Der Sender sah darin letzte Woche vor allem eine Antwort auf die Gründung der Asiatischen Infrastrukturbank AIIB. Das ist sicherlich keinesfalls abwegig, allerdings scheint Japan seine Position in dieser Frage zu modifizieren. Auf jeden Fall treffen sich demnächst die Finanzminister der beiden Länder zum ersten Mal seit drei Jahren, wie die japanische Zeitung Jiji schreibt. Dabei stünde auch die AIIB auf der Tagesordnung.
    Die USA hatten ihre Verbündeten in den letzten Monaten vergeblich davon abzuhalten versucht, der neuen Bank beizutreten. Nur Japan hält sich bisher in dieser Frage noch an die Wünsche Washingtons. Mal sehen, wie lange noch. Die Beziehungen zwischen Tokio und Beijing (Peking) mögen zwar derzeit besonders frostig sein, aber es würde durchaus zur chinesischen Politik passen, Japan ganz diskret ein Angebot zu machen, dem es nicht widerstehen kann. Das könnte auch eine Maßnahme sein, die Spannungen zwischen den beiden Länder abzubauen, ohne das eine Seite dabei das Gesicht verlieren würde.
    Derweil beteiligt sich auch Südkorea an der AIIB, sonst eigentlich ein treuer Verbündeter der USA und derzeit wie Japan mit einer besonders rechten Regierung im Amt. Interessanter Weise fordert Seoul Tokio, mit dem es ansonsten auch nicht gerade harmonische Beziehungen pflegt, zu einer engeren Kooperation in Sachen AIIB auf. Offensichtlich entwickelt das chinesische Projekt derartige Anziehungskräfte, dass mitmachen muss, wer nicht an den Rand gedrängt werden will.”
    Es sieht so aus, als ob es im Verhältnis der USA zu einigen ihrer wichtigsten Verbündeten (Deutschland, Israel, Japan, Golfstaaten) gerade einige ernsthaftere “Irritationen” gibt. So richtig gut läuft es wohl nur in Nord- und Osteuropa und schon traditionell mit ihren engsten Vasallen, den angelsächsischen Ländern.
    PS. Wir müssen das Thema an dieser Stelle aber nicht weiter vertiefen. Hier soll’s ja um den IS gehen.

  170. Russia ready for close cooperation with Afghanistan’s new government — Lavrov
    “We want Afghanistan to overcome the hardships and challenges it has had to face lately. We will do everything to help stabilise your country,” Lavrov said
    Kabul hopes its SCO status will be upgraded to full-fledged membership, says diplomat
    “We are ready to boost ties with the SCO,” Afghan Foreign Minister Salahuddin Rabbani confirmed
    Lavrov urges SCO role in fight against Islamic State in Afghanistan
    The minister said IS was gaining a foothold in Afghanistan, including in the north of the country
    Situation in Afghanistan requires CSTO action — Tajik Defence Minister
    The minister noted that “the situation in Afghanistan’s provinces bordering Tajikistan tended to deteriorate and required concerted action in the military-technical sphere to counter these processes”
    Security in Central Asia depends on Russia, Tajikistan — Russian defense minister
    “In the context of the international coalition’s pullout from Afghanistan our armed forces must be prepared for any march of events, including the most unfavorable one,” Shoigu said
    Expert says other Islamist groups strengthen as US makes strikes on Islamic State
    Positions of Jabhat an-Nusra have strengthened
    Russia sees huge potential for pipeline gas supplies to India — energy minister
    Earlier the minister said that Russia and India were discussing a possibility of a joint project to build a gas pipeline to India

  171. Iran schickt Truppen
    Tausende Kämpfer sollen Syrien bei der Zurückschlagung der Offensive regierungsfeindlicher Milizen helfen
    Zur Unterstützung der syrischen Streitkräfte hat der Iran die bereits in Syrien stationierten Milizen um mehrere tausend Mann aufgestockt. Sie sollen die Kampfgruppen, die im Auftrag der Türkei, Saudi-Arabiens und Katars seit März 2015 eine Offensive gegen Syrien führen, zurückschlagen. Der Krieg in Syrien ist damit offen zu einem regionalen und internationalen Stellvertreterkrieg geworden.
    Westliche Medien berichteten seit Dienstag darüber, dass bis zu 15.000 Kämpfer nach Syrien gekommen seien, um an der Seite der syrischen Armee und von Hisbollah die Offensiven der Nusra-Front und des »Islamischen Staats« (IS) zurückzuschlagen. (…)
    Der Kommandeur der iranischen Elitetruppe Al-Quds, General Qasem Soleimani sei in der Region, um die Militäroperation vorzubereiten, so As Safir. Die iranische Nachrichtenagentur IRNA zitierte General Soleimani am Dienstag mit den Worten, »die Welt wird sich wundern, was wir und die syrische Militärführung für die kommenden Tage vorbereiten«.
    Das massive Eingreifen des Irans in Syrien war offenbar bei einem Besuch des syrischen Verteidigungsministers General Fahad Jassim Al-Freij in Teheran Anfang April besprochen und von Präsident Baschar Al-Assad bewilligt worden. Bisher hatte Teheran die syrische Armee vor allem im Bereich der Aufklärung und mit Militärberatern unterstützt. Kleinere Gruppen von Milizen des Irans hatten neben der Hisbollah seit Monaten schon an deren Seite gekämpft.

  172. Da gehts ja rund.
    Der Soleimani hat schon im Irak die irakische Armee und die schiitischen Milizen ausgebildet.
    Es ist klar, wenn Assad fällt, ist der Iran ziemlich allein und die Schiiten in der Region sind dann Freiwild für den IS. So gesehen ist der Schritt der iranischen Führung fast logisch.
    Es fragt sich nur, wie die anderen Player auf diesem Schlachtfeld reagieren.

  173. Truppenentsendung dementiert
    Iranischer Politiker widerspricht Gerüchten über die Anwesenheit von Kampfeinheiten seines Landes in Syrien
    “Ein einflussreicher iranischer Politiker ist Gerüchten entgegengetreten, dass Truppen seines Landes am Bürgerkrieg in Syrien beteiligt seien. Es gebe auch keine Pläne für einen solchen Einsatz. Über das Thema sei »offiziell« noch nie diskutiert worden. »Unsere Unterstützung für Länder der Region schließt nur beratende und humanitäre Hilfe ein«, sagte der Generalsekretär des Schlichtungsrates, Mohsen Rezai, am Sonnabend. Das Gremium ist Teil der pluralistisch zusammengesetzten Strukturen, die beratend auf die Regierungsarbeit einwirken. Der 60jährige war von 1981 bis 1997 Oberkommandierender der Revolutionsgarden, einer gut ausgebildeten und ausgerüsteten Parallelarmee, die über alle Waffengattungen verfügt, die auch die regulären Streitkräfte haben. (…)
    As-Safir machte in dem Artikel keine Angaben über die Herkunft ihrer angeblichen Informationen. Dagegen berief sich die Tageszeitung The Daily Star auf eine anonyme »libanesische politische Quelle«, als sie am Donnerstag die Ankunft einer »aus Iranern, Irakern und Afghanen bestehenden Miliz« in Syrien meldete. Insgesamt handele es sich um 15.000 »Kämpfer«. Soleimani sei einige Tage zuvor in der Hafenstadt Latakia gewesen, um sich an der Planung von Militäroperationen zu beteiligen, behauptete das Blatt außerdem.
    Iranische Regierungs- und Militärvertreter hatten in der Vergangenheit immer wieder Meldungen über die Anwesenheit von Kampfeinheiten ihres Landes in Syrien und im Irak bestritten. Israelische Medien gehen davon aus, dass Teheran dieses Thema bisher tatsächlich mit größter Vorsicht behandelt habe und dass die Entsendung von Truppen einen schwerwiegenden Strategiewechsel darstellen würde. Bis hin zum Internetportal DEBKAfile, das als geheimdienstnah gilt, vermuten die israelischen Medien bisher, dass die Behauptungen der libanesischen Zeitungen nicht der Wirklichkeit entsprechen.
    Andererseits wird in Israel allgemein spekuliert, dass die militärische Lage in Syrien den Iran letztlich zu einer Umorientierung zwingen werde. Die Entscheidung, Truppen nach Syrien zu schicken, stehe unmittelbar bevor und werde von Revolutionsführer Ali Khamenei »in den nächsten Tagen« offiziell bekannt gegeben, hieß es in der vorigen Woche in einigen israelischen Zeitungen und bei DEBKAfile. Regierungs- und Militärvertreter haben wiederholt angedeutet, dass Israel auf die Entsendung iranischer Kampfeinheiten nach Syrien aggressiv reagieren würde.”

  174. Nachrichten über Libyen-Verhandlungen
    Zu einem Bericht über ein Interview mit dem derzeitigen Statthalter des Jobs eines Botschafters für (Gesamt)Libyen in der ARD
    http://www.tagesschau.de/ausland/libyen-191.html
    gibt es dort u.a. auch diese Kommentare:
    Gewünscht werde “im Klartext ein Gadhafi-Ersatz, denn ohne Blut wird keine Einheit herzustellen sein. Alles wieder auf zurück, nur diesmal mit einem Schlächter von NATO- und EU-Gnaden. Klassepolitik, die da gemacht wird. Und einer der Hauptschuldigen will in Frankreich unbedingt wieder an die Macht…”
    “Im Grunde hat der Botschafter nichts anderes gesagt wie: Unterstützt uns, eine Einheitsregierung zu bilden und die Milizen zu bekämpfen, dann helfen wir euch auch bei eurem Flüchtlingsproblem. Hört sich für mich schwer nach Erpressung an…”
    Wobei der Kommentator sich aber darüber täuscht, wer hier wen so alles und allseitig erpresst…
    http://www.n-tv.de/politik/Zwei-libysche-Regierungen-tagen-in-Berlin-article15273396.html
    http://www.tagesschau.de/ausland/libyen-friedensabkommen-103.html
    Die Russen hocken auch mit am Verhandlungstisch. (!)
    Das scheint was Größeres werden zu sollen
    mit den allseitigen Erpressungsversuchen;
    sorry “diplomatischen Verhandlungen”…
    Aus der Sicht von Steinmeier wäre vermutlich die Erpressung
    wie folgt: wenn ihr Russen uns für die militärischen Libyen- und Mittelmeer-Aktivitäten im Sicherheitsrat der UN freie Hand geben würdet, dann könnten wir uns durchaus auch überlegen, uns zu bewegen…
    (Merkwürdig daran ist ja, dass dies eher Geheimverhandlungen zu sein scheinen; jedenfalls außer bei ntv und ARD habe ich darüber nirgendwo etwas gefunden. Mag aber auch daran liegen, dass keiner der Beteiligten Großgangster an auch nur den winzigsten realpolitischen aktuellen Erfolg glaubt, sondern sich alle in Startlöcher aufstellen – für was eigentlich???
    Einfallen täte mir hier die USA. Nach den Mai-Feiern zum Kriegsende schien dort auch mal sich Bewegung anzudeuten.
    Das war es aber dann wohl schon wieder auch…)

  175. @Alfonsito
    Das Dilemma mit Libyen ist und bleibt: Jeder hätte dort gern Ordnung, keiner will sie stiften – das käme nämlich einer militärischen Besetzung des Landes gleich und würde ein Afghanistan für Europa einläuten.
    Die USA haben m.E. in Libyen derzeit nichts vor, sie haben ja kein Problem danmit. Seit ihr Botschafter dort abgemurkst worden ist, haben sie das Feld Katar und Saudi-Arabien überlassen.
    Denkbar wäre eine Ermächtigung Ägyptens, sich dort einzumischen, mit Rückendeckung durch die UNO. Es fragt sich nur, ob sich 1. Ägypten darauf einlassen will und was 2. die Golfstaaten dazu sagen.

  176. Zerfall und Neuordnung im Nahen Osten
    Während der Irak zerfällt, hat sein Nachbar Syrien faktisch aufgehört, als eigenständiger Staat zu existieren – dank massiver Unterstützung von al-Qaida und anderen Dschihadisten durch den Westen und seine Partner
    Staatenbildung mit deutscher Hilfe
    “Die internationale Staatengemeinschaft sei „gut beraten“, sich „auf die Möglichkeit des Zerfalls des ‚failing states‘ Irak einzurichten“, heißt es in einem vor einem Monat veröffentlichten Papier der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), das sich mit dem „Aufschwung kurdischer Politik“ beschäftigt. Es sei nicht ausgeschlossen, „dass sie bald Sorge dafür tragen muss, dass ein Teilungsprozess im Irak einvernehmlich und gewaltlos verläuft“. (…)
    Dabei ist die SWP selbst Teil der Kräfte, die eben jene Dynamik vorantreiben. Auf die Außenpolitik der Bundesregierung übt die Stiftung maßgeblichen Einfluss aus, was laut einer Depesche der US-Botschaft insbesondere in der Syrien-Frage der Fall sei. (9) Dem arabischen Land widmet sie sich in der Arbeitsgruppe „Die Fragmentisierung Syriens“ unter der Leitung von Muriel Asseburg, die zuvor die 2012 gegründete und inzwischen aufgelöste Arbeitsgruppe „The Day After“ führte, die für die Zeit nach einem Sturz Assads plante. Die Neuausrichtung folgte der Einsicht, dass sich ganz Syrien auf absehbare Zeit nicht der Kontrolle der Assad-Regierung entreißen lassen wird, weshalb der Aufbau staatlicher Strukturen in den von den „Rebellen“ kontrollierten Gebieten vorangetrieben werden soll.
    Asseburg schloss bereits vor drei Jahren jedwede friedliche Lösung des Konflikts aus, da die Gewalt in Syrien „nicht durch Verhandlungen, sondern nur durch den Sieg oder die Erschöpfung einer Seite beendet werden“ könne. Daher müsse die „internationale Gemeinschaft“ auf den „militärischen Sieg“ setzen. (10) Der Sturz Assads hat für die Stiftung nach wie vor oberste Priorität. Den mit dem Siegeszug des „Islamischen Staates“ aufkommenden Überlegungen im Westen, eine militärische Kooperation mit der syrischen Armee im Kampf gegen den IS einzugehen, erteilte der Syrien-Experte der Stiftung, Heiko Wimmen, zum Jahreswechsel eine Absage.
    Die Ablehnung einer solchen „verhängnisvollen“ Allianz, die unweigerlich zu einer Stärkung der syrischen Armee beitragen würde, begründete er ausgerechnet mit deren Schwäche, die es zweifelhaft erscheinen lasse, „ob Assads Armee überhaupt in der Lage wäre, militärische Offensiven gegen die gut ausgerüsteten und effektiv organisierten Kämpfer des IS durchzuführen“.
    Selbst wenn die Armee die vom IS gehaltenen Gebiete zurückerobern würde, würde das den Dschihadisten nur nutzen, da es ihr „Narrativ vom historischen Kampf gegen die ‚Verräter am wahren Glauben‘ eine weitere Dimension“ hinzufügen würde, so seine fragwürdige Begründung. Worum es dabei wirklich gehen dürfte, machte Wimmen anschließend klar: „Die schrittweise Rehabilitation des Assad-Regimes, auch wenn es sich heute nur noch auf einen Teil des syrischen Staatsgebiets beschränkt, würde einen großen strategischen Sieg für den Iran bedeuten.“ (11)
    Die Stiftung kritisiert in einer Stellungnahme die im Westen aufkommende „Verengung des Fokus auf eine bloße Eindämmung des IS und anderer dschihadistischer Gruppierungen“, wodurch das Drängen auf den „Abtritt des Assad-Regime“ zunehmend als „bloßes Lippenbekenntnis“ erscheine. Stattdessen müssten „moderate Rebellen“ in ihrem Kampf zum Sturz Assads „substantielle Unterstützung“ erfahren. Wobei die Stiftung einräumen muss, dass deren „faktische Bedeutung“ in den letzten Monaten „weiter drastisch reduziert“ wurde. (12) Weshalb die von der SWP geforderte „Schaffung einer Flugverbotszone über ganz Syrien“ (13) vor allem al-Qaida und dem „Islamischen Staat“ zugutekommen würde, die den Großteil der Gebiete kontrollieren, gegen die die syrische Luftwaffe ihre Einsätze fliegt. Während die Türkei schon länger auf die Einrichtung einer Flugverbotszone drängt, wollen auch die Vereinigten Staaten laut der Vorlage zum US-Militäretat die „Wirksamkeit“ und die nötigen Voraussetzungen für eine Flugverbotszone prüfen. (…)
    Israels Sicherheitslage: „Besser als je zuvor“
    Was sich gegenwärtig in Syrien abspielt – die Einschleusung feindlicher Kämpfer über die Türkei und Jordanien für einen Stellvertreterkrieg – wurde bereits 1996 in einer Studie („A Clean Break“) empfohlen, die unter Leitung des US-Neokonservativen Richard Perle für die israelische Regierung angefertigt wurde. Neben einer Destabilisierung Syriens wurde darin auch die gewaltsame Entfernung Saddam Husseins von der Macht gefordert. Da einige der Autoren des Papiers „nun Schlüsselpositionen in Washington innehaben“, schrieb der Guardian im September 2002, nehme sich Israels Plan, „seine Feinde durch eine Neuordnung des Nahen Osten zu überwinden“, realistischer aus als noch 1996. (22) Ein halbes Jahr nach dieser Feststellung durch die britische Zeitung bombten die USA Saddam Hussein von der Macht und legten mit dem Einmarsch im Irak den Ausgangspunkt für jene Entwicklung, die einhergehend mit der Zerschlagung Libyens und Syriens Israel „die beste Sicherheitslage“ bescherte, die es „je hatte“, so die Jerusalem Post vor drei Monaten unter Berufung auf israelische Militärs. „Arabische Staaten, die einst bis an die Zähne bewaffnet waren, wie Libyen und der Irak, sind auseinandergefallen.“ Syrien sei vor vier Jahren noch die größte Bedrohung für Israel gewesen, doch heute existiere das Land praktisch nicht mehr, „sondern ist in mehrere Territorien auseinander gebrochen“. (23)
    Galt der Konflikt mit Israel und die Besatzung Palästinas lange Zeit als der mobilisierende Faktor im arabischen politischen Leben, so hat ihn der sektiererische Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten längst verdrängt. (24) Letzterer „zerreiße“ die arabische und muslimische Welt, stellte der ehemalige Mossad-Chef Meir Dagan vor zwei Jahren fest. „Das eröffnet einmalige Gelegenheiten für Israel, verschiedene Allianzen anzustreben und unsere Präsenz im Nahen Osten zu bestätigen.“ (25)
    Mit einem alten Erzfeind, der sie sektiererischen Auseinandersetzungen eifrig schürt, hat Israel inzwischen eine Allianz verwirklicht. Seit Anfang 2014 treffen sich israelische Regierungsvertreter mit Repräsentanten Saudi-Arabiens in geheimen Sitzungen. Das gaben Anwar Majed Eshki, Ex-Berater von Prinz Bandar bin Sultan, einstiger US-Botschafter der Saudis , und Dore Gold, ehemaliger israelischer UN-Botschafter, vor einer Woche während einer Sitzung des Council of Foreign Relations in Washington erstmals bekannt. Bei den israelisch-saudischen Treffen dreht sich alles um einen gemeinsamen Feind. „Wenngleich diese Männer Länder repräsentieren, die historische Feinde sind, war ihre Botschaft identisch: Der Iran übernimmt den Nahen Osten und muss gestoppt werden“, berichtete Bloomberg. (26) In einem von Eshki vorgetragenen Sieben-Punkte-Plan für den Nahen Osten nannte der saudische Vertreter einen herbeizuführenden Regimewechsel im Iran an zweiter Stelle – gleich nach einem Friedensschluss zwischen Israel und den Arabern. Außerdem sprach er sich für die Gründung eines kurdischen Staates aus. Auch in Israel werden Stimmen lauter, die die Aufteilung Syriens in mehrere Staaten, darunter einen kurdischen, fordern. (27)
    Israelische Militärs und Politiker hatten in den letzten Jahren wiederholt verlauten lassen, dass sie ein von al-Qaida kontrolliertes Syrien gegenüber einem weiterhin mit dem Iran verbündeten Nachbarn bevorzugen. Da überrascht es nicht, dass Israel auf den Golan-Höhen mit den al-Qaida-Kämpfern der al-Nusra-Front kooperiert (28) – wenngleich die Hilfe Israels im Vergleich zu der Unterstützung , die die Dschihadisten vom NATO-Staat Türkei und den Golfmonarchien erhalten, eher bescheiden ausfällt. Da der Beitrag al-Qaidas für den anvisierten Sturz Assads beziehungsweise für die Aufteilung Syriens unverzichtbar ist, wachsen die Bemühungen, die Terrorgruppe öffentlich in eine positives Licht zu rücken, und sie als „gute“ Dschihadisten gegenüber den „bösen“vom „Islamischen Staat“ zu positionieren. (29) In einem Interview mit dem katarischen Fernsehsender al-Jazeera versicherte der Anführer der al-Nusra-Front vor gut einer Woche, der Westen brauche sich nicht vor al-Qaida zu fürchten. Die al-Nusra-Front werde keine Anschläge gegen den Westen ausführen, ihr Ziel sei der Sturz Assads. (30) Wie Spiegel Online vermeldete, dankte die US-Regierung die Ansage des Terrorchefs vor Tagen mit der „ersten direkten Luftunterstützung“ der Terrortruppe in ihrer Auseinandersetzung mit dem „Islamischen Staat“. (31)
    US-Truppen im Irak aufgestockt
    450 Amerikaner sollen bei der Rückeroberung Ramadis helfen und sunnitische Milizen ausbilden
    IS: amerikanische Geheimdienste falsch orientiert?
    Experten werfen den US-Diensten vor, dass sie zu sehr auf den alten Kern der al-Qaida und deren Methoden fixiert sind
    Die USA können keine erfolgreiche Strategie gegen den IS aufbauen, weil sie ihn falsch einschätzen und nicht gut genug kennen. Der größte Geheimdienstapparat der Welt habe zu wenig davon begriffen, wie sich der “Islamische Staat” entwickelt, ◥behaupten Geheimdienst-Insider. Dabei haben US-Geheimdienste dabei mitgeholfen, einen angeschlagenen Feind groß zu machen.

  177. Ein kurdischer Staat in Syrien (und dem Irak?)? Da wird sich die Türkei aber freuen! Oder soll das eine dezidiert türkeifeindliche Meldung sein, mit der diese unter Druck gesetzt werden soll?
    Ansonsten sehe ich immer weniger einen Grund für Gegnerschaft zwischen USA und IS. Es wurden ja auch schon längere Zeit keine Amis oder Christen öffentlich enthauptet. Vielleicht arbeitet der IS daran, sich salonfähig zu machen und endgültig als verlängerter Arm der USA zu operieren.

  178. Did the War in Syria Just Become a Regional War?
    There are growing indications that the war in Syria has now entered a new and dangerous phase that threatens to engulf the entire Middle East in a broad regional war. The news that Iran has sent significant numbers of Iranian, Iraqi, and Afghan troops to take active part in defense of Syria has the potential to transform the conflict into one with global implications as Iran’s key regional rivals – Turkey, Saudi Arabia, and Israel – continue to support jihadi factions in their war against the government of Bashar al-Assad.

  179. Im Oktober letzten Jahres machte Joe Biden mit folgenden Bemerkungen Furore (BBC):
    “His comments exposed very different views between the US and Syria’s neighbours about who’s to blame for the rise of IS.
    “Our biggest problem was our allies,” Mr Biden told students at the Harvard Kennedy School.
    “The Turks… the Saudis, the Emirates … were so determined to take down Assad and essentially have a proxy Sunni-Shia war [that] they poured hundreds of millions of dollars and tens, thousands of tonnes of weapons into anyone who would fight against Assad.”
    These policies ended up helping … al-Qaeda and ultimately IS, he said.”
    Natürlich nichts Neues für jeden, der nur ein klein wenig genauer in den Syrienkrieg geguckt hatte. Das Gewicht des Bekenntnisses lag in der impliziten Beschuldigung der amerikanischen Stellen, die direkt darin verwickelt waren, an erster Stelle die CIA und ihr Beauftragter, der ehemalige Syrienbotschafter Robert Ford, der den Syrienkrieg zusammen mit Jeffrey Feltman und dem saudischen Prinzen Bandar “bin Bush” minutiös geplant und vorbereitet hatte, und hernach in der Türkei für die Logistik des Transfers von Geld, Waffen und Kämpfern zuständig war – und daher nicht weniger alle mit dem ME befaßte Offizielle des State Department, Killary voran und Kerry in ihren Fußtapfen.
    Pikanterweise gab einer der Hauptangeklagten Biden recht – und reichte die Anklage sogleich weiter:
    “”What Biden said about the allies aggravating the problem of extremism is true,” says Robert Ford, the former US ambassador to Syria and now a resident scholar at the Middle East Institute. “But at same time what those allies were seeking was greater US leadership.”
    Obama sei der wahre Schuldige, weil er es an “leadership” fehlen lassen habe.
    Einen deutlicheren Ausdruck der Tatsache, daß die mittelöstlichen Kriege Fernbeben eines wie ein Endkampf geführten Krieges “zweier Linien” in “Rom” darstellen, also in Washington als dem Hofe eines klassischen, um seinen Erhalt kämpfenden Imperiums, wird man schwerlich finden. Das amerikanische Imperium ist heute, mit einem groben Vergleich gesagt, ungefähr so “kapitalistisch”, wie das römische Imperium ab der Kaiserzeit noch in antiker Sklaverei gründete.
    Doch ich gehe nochmal zurück zu den Erscheinungsformen.
    Der kürzlich veröffentlichte, freilich stark geschwärzte Bericht des Pentagon-eigenen Geheimdienstes DIA zur Lage in Syrien und Umgebung 2012:
    http://www.spiegel.de/media/media-36707.pdf
    beweist nun direkt die Kollusion von CIA und State Department bei einer Täuschung des Kongresses und des Weißen Hauses mit dem Ziel, ein levantinisches Kalifat auf syrischem und irakischem Boden mittels der False-Flag in Al Ghouta und nachfolgenden Luftangriffen herbei zu zwingen.
    Maßgeblich beteiligt war das “Institute for the Study of War”, das drei Wochen vor Al Ghouta mit einer ungewöhnlich präzisen Blaupause für genau den “begrenzten Militärschlag” an die Öffentlichkeit trat, um dessen Absegnung im Kongress Kerry von Obama gezwungen wurde – was übrigens hätte entfallen können, der POTUS konnte allein entscheiden, wie im Falle Libyens.
    http://www.understandingwar.org/backgrounder/required-sorties-and-weapons-degrade-syrian-air-force
    Das Papier ist von Bedeutung, weil es dokumentiert, daß die Kampflinie durch die oberen Ränge des Pentagon führt. Der Flottenadmiral hatte exakt die Kräfte ins Mittelmeer beordert, die das ISW für den geplanten Cruise-Missile Einsatz vorsah, doch irgend jemand beorderte die Fregatten wenige Tage vor Al Ghouta zurück, bevor sie am 21.8. den Gegenbefehl erhielten. Das legt die Vermutung nahe, daß Dempsey dem POTUS buchstäblich Zeit verschafft hat, dem Druck der Chaos-Fraktion mit Hilfe des Kongresses und meuternder Militärs auszuweichen.
    Wie planmäßig der Fraktionskrieg in den USA geführt wird, seit die Wall Street, nicht zuletzt mit Hilfe der 2008 bewußt in die Realwirtschaft eingeleitet “Finanzkrise”, das Weiße Haus dem “Deep State” und dem MIC entwand, kann man im Nachhinein an einem RAND-Papier ermessen:
    http://tomgard3.blog.de/2015/06/02/notiz-imperialismustheorie-20492268/#c20755093
    Eine ausführliche Darstellung aus investigativer Sicht in englisch:
    https://medium.com/insurge-intelligence/secret-pentagon-report-reveals-west-saw-isis-as-strategic-asset-b99ad7a29092
    Dasselbe, etwas knapper und in deutsch von Sebastian Range:
    http://www.hintergrund.de/201506113563/globales/kriege/zerfall-und-neuordnung-im-nahen-osten.html
    Der o.a. BBC-Artikel:
    http://www.bbc.com/news/world-us-canada-29528482
    Eine Analyse von mir v. 18.8.’12, drei Tage vor Al-Ghouta, in der ich die russische, türkische und israelische Rolle näher beleuchte (incl. Eigenkommentare):
    http://tomgard2.blog.de/2013/08/18/neue-phase-syrienkrieges-wurde-schiitischem-blut-dahiye-libanon-eingeweiht-16319752/
    Sie ist heute vor allem deshalb von Belang, weil sie zeigt, daß die in den letzten Wochen offensichtlich gewordene Zusammenarbeit der “Obama-Fraktion” mit der Hezbollah und iranischen Militärs nicht überraschend kommt.

  180. Die Links sind alle sehr interessant, geben aber den Schluß bzw. die These von dir nicht her:

    Wie planmäßig der Fraktionskrieg in den USA geführt wird, seit die Wall Street, nicht zuletzt mit Hilfe der 2008 bewußt in die Realwirtschaft eingeleitet „Finanzkrise“, das Weiße Haus dem „Deep State“ und dem MIC entwand, kann man im Nachhinein an einem RAND-Papier ermessen

    Wie soll man einen Fraktionskrieg „planmäßig“ führen? Da gibts verschiedene Fraktionen, die versuchen sich bei der Staatsführung, Heeres- und Außenpolitik durchzusetzen. Wie soll das „planmäßig“ gehen? Das unterstellt ja eine invisible Hand im Hintergrund, die alle diese – plötzlich nur mehr Fraktiönchen – gegeneinander ausspielt, und das ist Unsinn.
    „seit die Wall Street“ – statt einer Fraktion unter anderen, rückt sie jetzt an die Stelle dieses unsichtbaren Geheimbundes, der die Fraktionen dirigiert – zumindest wird dergleichen suggeriert, mit
    „nicht zuletzt mit Hilfe der 2008 bewußt in die Realwirtschaft eingeleitet »Finanzkrise«“.
    Da wird unter der Hand und mit scheinbaren „Belegen“ eine irrwitzige These in die Welt gesetzt: Die Finanzkrise ist das Werk eines Schattenstaates, der sich die Welt untertan machen möchte, und da alle an seinen Strippen tanzen läßt.
    Was da für eine Verharmlosung von Geld und Kredit stattfindet, hat es in sich: das sind ja sonst sozusagen harmlose Steuerungsmittel der Wirtschaft, dienen den guten Absichten der Politiker und den ehrbaren Versorgungszielen der „Realwirtschaft“ – bis sich die teufliche Macht der „Wall Street“ sich dieser an und für sich guten Werkzeuge bemächtigt und diese in ihr Gegenteil verkehrt.
    Man merkt hier gut, wie mit einer Verschwörungstheorie eine gute Meinung über Politik und Geldwirtschaft transportiert wird.
    Letztlich fällt auch die Verwendung des Begriffs „Chaos-Fraktion“ auf: da ist eigentlich eine imperialistische Weltordnung unterstellt, die allen gut bekommt, wenn nur vernünftige Politiker sie anführen, und dann kommt diese satanische Macht Wall Street und macht alles zunichte!
    Der Schlußsatz ist eben auch irgendwelchen Fantasy- und SciFi-Szenarios würdig:
    „das Weiße Haus dem »Deep State« und dem MIC entwand“ …
    Alle – wirklich interessanten – Infos, die du zusammenträgst, dienen nur zur Bebilderung dieser abstrusen Thesen, können sie selbst aber natürlich nicht richtig machen.

  181. Dass Belmokhtar ein CIA-Agent gewsen sei, finde ich ähnlich wahrscheinlich wie die Vermutung, dass auch Bin Laden ein solcher gewesen sei.
    Beide wurden mit Kopfgeld gesucht und wurden von den Amis umgebracht.
    (Aber wahrscheinlich ist das nur eine false flag,
    und in Wahrheit beraten sie gerade Obama, wie der die andere US-Fraktion am besten schädigen kann.)

  182. Den Weltmarkt als US-Geschäft zu betreiben “widerspricht der geschäftlichen Grundlage dieser Gewalt auf vielen (nicht allen) Ebenen des Gewaltbedarfes”
    Der Satz sagt nur, dass Geschäft und Gewalt zusammengehören. Mehr nicht. Die Vertauschung der Wörter erbringt dieselbe gelehrte Hohlköpfigkeit:
    Den Weltmarkt als US-Geschäft zu betreiben widerspreche dann der gewaltmäßigen Grundlage dieses Geschäfts etcpp…
    (Meine Version wäre übrigens fast die bessere, hey hey…
    – Aber um sinnlose Sätze will ich mich nicht streiten!
    Hier gehts ja um den Titel eines originellen großen Geistes,
    dafür brauchts nur drei Verschwörungstheorien
    und zwei Wortvertauschungen…)

  183. Da ich feststellen mußte, daß TomGard offenbar diesen Blog für seine Selbstdarstellung benutzt, so gebe ich hiermit bekannt, daß weitere Beiträge von ihm gelöscht und nicht beantwortet werden.

  184. Afghanistan – Taliban in der Offensive
    “Vor einer Woche warnten die Taliban in einem Schreiben IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi davor, sich in ihren „Heiligen Krieg“ in Afghanistan weiter einzumischen. „Der Dschihad gegen die Invasionsarmee der Amerikaner und ihrer Diener in Afghanistan muss unter einer Flagge und einer Führung geführt werden“, hieß es in dem Brief des Taliban-Vizechefs Mullah Achtar Mohammad Mansur. Auch wenn der Aufruf darauf schließen lässt, dass die Taliban den „Islamischen Staat“ als ernsthafte Konkurrenz betrachten, so lässt sich der seit einem Jahr laufenden Rekrutierungskampagne des IS dennoch nur ein mäßiger Erfolg bescheinigen. Insgesamt dürfte die Zahl der Kämpfer, die nun unter dem Banner des „Islamischen Staates“ in Afghanistan operieren, die Schwelle zum vierstelligen Bereich kaum überschritten haben.
    Zudem mussten die IS-Anhänger jüngst in der an den Iran grenzenden westafghanischen Provinz Farah einen herben Rückschlag hinnehmen, nachdem die Taliban ein Ausbildungslager des „Islamischen Staates“ nach einem Feuergefecht erobert hatten. Die Hälfte der IS-Anhänger kämpft laut eines Berichts der New York Times inzwischen (wieder) in den Reihen der Taliban. (4) Während sich die IS-Kämpfer als Teil eines internationalen Dschihad betrachten, der vor keinen Staatsgrenzen halt macht, begreifen sich die Taliban hingegen als eine national-islamistische Widerstandsbewegung, die in erster Linie die Präsenz ausländischer Truppen bekämpft.
    Eine Beteiligung der Taliban an der Macht – in welcher Form auch immer – erscheint unumgänglich, wenn in Afghanistan Frieden einkehren soll. In gewisser Hinsicht begünstigt das Auftreten des „Islamischen Staates“ die Position der Taliban, erscheinen sie im Vergleich zum IS doch als moderat, und vor allem als kompromiss- und verhandlungsfähig. So entsandten die Taliban jüngst eine Delegation in den Iran – der Kampf gegen den „Islamischen Staat“ lässt selbst diese traditionellen Gegner näher zusammen rücken.”
    Der offenbar nur mäßige Rekrutierungserfolg des IS und eine mögliche Annäherung der Taliban mit dem Iran könnte weitreichende Konsequenzen im Hinblick auf die Rolle der SCO bei der Abwehr jihadistischer Angriffe auf die Staaten Central Asias haben. Eine zukünftige Kooperation Afghanistans (incl. Taliban) mit dem Iran und Russland wäre diesbezüglich m.E. ein Meilenstein.
    vgl. auch:
    Kabul hopes its SCO status will be upgraded to full-fledged membership, says diplomat
    Lavrov urges SCO role in fight against Islamic State in Afghanistan
    Eine weitere bemwerkenswerte Entwicklung:
    Putin and the Saudi Caravan
    No one – as usual – saw it coming.
    Saudi FM: Russia, Saudi Arabia Can Tackle Challenges Through Cooperation
    Saudi Foreign Minister Adel al-Jubeir says that Russia and Saudi Arabia can tackle current challenges in the Middle East region through cooperation.
    So langsam könnte auch dem letzten Putin-Hasser auffallen, dass die gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung von der “russischen Isolation” nichts anderes als interessierte Hetze ist.

  185. Afghanistan: Kalifatsterroristen gegen Taliban
    IS-Division Chorasan soll zur Ermordung von Mullah Omar aufgerufen haben
    Der BBC zufolge gab es in den letzten Wochen im Osten Afghanistans “ernste Zusammenstöße” zwischen Taliban und IS-Dschihadisten, die für das syrisch-irakische Terrorkalifat kämpfen und von dort ihre Befehle empfangen. Inzwischen sollen sich die Kämpfe über mehrere Bezirke der Provinz Nangarhar ausgeweitet haben, in der eine etwa zweieinhalb Prozent starke arabische Minderheit lebt und in der Osama bin Ladens Bergfestung Tora Bora lag.
    Im Internet verwendet diese IS-Gruppe statt des Ländernamens Afghanistan (“Land der Paschtunen”) den historischen Namen Chorasan (“Land der aufgehenden Sonne”). Außerdem droht sie den vorwiegend paschtunischen Taliban mit der Enthauptung und der Zerstörung ihrer Häuser, wenn sie sich nicht dem Kalifat unterwerfen. Dazu postet sie Fotos von erschossenen und geköpften Taliban.
    In Nangarhar sollen die IS-Division Chorasan Paschtunen außerdem dazu gedrängt haben, den Talibanführer Mullah Omar zu töten, weil es nur einen Kalifen geben könne: Abu Bakr al-Bagdadi. Vorher hatten Taliban-Sprecher an die Adresse des IS verlautbart, es könne in Afghanistan keine “zwei Banner” geben, weil das “die Mudschaheddin schwächen” würde.

  186. IS droht der Hamas
    In einem Video wird der Hamas eine laxe Befolgung des wahren Glaubens vorgeworfen und eine Übernahme des Gaza-Streifens durch IS-Milizen angekündigt
    “Laut Guardian und Ha’aretz, die sich auf Reuters berufen, ist es eine Kampfansage des IS an die Hamas. Zitiert wird daraus:
    “Wir werden den Staat der Juden und euch und die Fatah mit der Wurzel entfernen. Alle Säkularisten sind nichts. Ihr werdet von unseren Massen überrannt.”
    In Gaza werde Ähnliches passieren wie beim Flüchtlingslager Jarmuk in Syrien, so die Drohung, die mit der Ankündigung, dass dort die Scharia eingeführt werde, zugleich die Rechtfertigung für einen etwaigen Angriff liefert: die Hamas vertritt die Religion nicht korrekt und befindet sich damit im Lager der Ungläubigen.
    Ein Überrennen des Gazastreifens dürfte allerdings angesichts der Lage des Gebiets nicht so leicht sein, wie dies die Propaganda anklingen lässt. Weder Ägypten noch Israel sind einfache “Durchgangsländer”. Allerdings zeigen die heutigen Angriffe von IS-Milizen auf mehrere Checkpoints im Sinai, dass sich der IS davon wenig beeindrucken lässt. Der Sinai ist eine Schwachstelle und der IS hat dort einen mit der Ansar Bayt al-Maqdis einen wichtigen Verbündeten (IS gewinnt wichtige Dschihadgruppe auf dem Sinai).
    Der französische Dschihad-Spezialist Romain Caillet steuert noch ein paar weitere Aussagen aus dem Video bei. Demnach wird der Hamas darin Verbindungen zu Iran vorgeworfen und zu Katar, das als wichtiger Alliierter des Westens herausgestellt werde. Die Hamas würde es zulassen, dass der schiitische Glaube in Gaza verbreitet würde.
    Ein pragmatisches Motiv dafür, dass die IS nun öffentlich Drohungen gegen die Hamas verbreitet, liefert das harte Vorgehen der Hamas gegen IS-Sympathisanten in Gaza. Die New York Times berichtete gestern darüber, dass Mitglieder “extremistischer Gruppen”, welche die Hamas als nicht “religiös” genug ablehnen, von der Hamas festgenommen, gefoltert und getötet wurden.
    Von derartigen Spannungen wurde schon früher berichtet, etwa von Ha’arez Anfang Mai (Small pro-ISIS faction trying to challenge Hamas rule in Gaza). Der israelische Minister für den Geheimdienst, Israel Katz, verweist dessen ungeachtet auf die Zusammenarbeit der Hamas beim Waffenschmuggel auf dem Sinai mit Ansar Bayt al-Maqdis: Die “gemeinsame Sache”, die beide gegen Israel führen, steht für den Minister im Vordergrund.”
    Erst die Taliban, jetzt die Hamas … demnächst auch noch Al-Qaida/Al-Nusra?

  187. Man fragt sich angesichts dieser Vorgänge, wer den IS unterstützt.
    Fanatismus und Alleinvertretungs-Anspruch aller „wahren Muslime“ ist eine Sache.
    Aber dieses Vorgehen gegen die Konkurrenz paßt einfach zu gut in die Agenda der USA, Israels und Saudi-Arabiens.
    Gegen Schiiten überhaupt, gegen die (nicht-schiitischen!) Taliban, gegen die (nicht schiitische!) Hamas, gegen den Iran, gegen die irakische-schiitische Regierung, gegen die Drusen, gegen Assad und die Alawiten, gegen die Kurden, gegen Christen und Jesiden – das alles schaut aus nach einem großen Aufwasch in der gesamten Region, wo alles Islamisch-Dissidente ausgemerzt werden soll, bis hin zu den steinernen Zeugen anderer Kulturen.
    Irgendwem muß das in die Hände spielen.
    Die Türkei und Saudi-Arabien & Katar scheinen sich den Nahen – und Mittleren! – Osten aufteilen zu wollen, mit Genehmigung der USA.
    Interessant wird, wo sich Ägypten positioniert, weil der ägyptischen Führung kann das, was wir hier diskutieren, nicht verborgen geblieben sein. Der Sinai ist praktisch schon verloren, wenn man sich die neueren Ereignisse anschaut.
    Gibt Ägypten den Sinai auf, um den Rest des Landes unter Kontrolle zu halten?

  188. Gerüchte über Intervention: Türkei verstärkt Truppen an Grenze zu Syrien
    Greift die Türkei in den syrischen Bürgerkrieg ein? Laut Ministerpräsident Davutoglu sind weitere Truppen an die Grenze verlegt worden. Von einer Militäroffensive will er aber nicht sprechen – vorerst.
    Tall Abyad/Girê Sipî: Angelpunkt im Kampf gegen den IS
    Mit der Stadt ist ein in der Region einzigartiges politisch fortschrittliches Projekt verbunden, das den Strategien der Türkei zuwiderläuft und auch von den USA nicht begünstigt wird
    Bürgerkrieg in Syrien: Islamisten starten Großoffensive auf Aleppo
    Gilt bald in ganz Aleppo die Scharia? Islamistische Milizen haben Berichten zufolge Hunderte Granaten auf die syrische Metropole gefeuert. Der drohende Verlust der Stadt wäre ein Rückschlag für Diktator Assad.
    Heftige Kämpfe in Aleppo – Großoffensive der Islamisten-Allianz
    Im syrischen Aleppo gibt es offenbar die schwersten Kämpfe seit Jahren. Ein neues Bündnis islamistischer Rebellen greife die von der Regierung kontrollierten Viertel an, melden Beobachter. Dem Assad-Regime droht ein schwerer strategischer Schlag.
    Syrien: Pentagon meldet Tod von IS-Topterrorist al-Harzi
    Er soll Kämpfer rekrutiert, Waffen gehandelt und Anschläge vorbereitet haben: Der Terrorist Tarek ben Tahar al-Awni al-Harzi ist nach US-Angaben bei einem Luftangriff ins Syrien getötet worden – ebenso wie zuvor sein Bruder.
    Terrorwelle in Ägypten
    117 Tote bei Gefechten zwischen Extremisten und Armee auf der Sinai-Halbinsel
    IS: Erst Sinai, dann Gaza?
    Nach den koordinierten Angriffen auf mehrere Checkpoints durch IS-Verbündete denken ägyptische Militärkreise an Hilfe aus Israel

  189. Neues von den „Sandkastenspielen“ im Nahmen Osten:
    http://www.wsws.org/en/articles/2015/07/09/demp-j09.html
    Iraq-Syria war could fragment both countries, top US general says
    He was responding to Senator Joe Manchin, a Democrat from West Virginia, who asked, midway through the hearing, “Why are we defending the lines drawn by the British 100 years ago? It seems we are training people to fight for a territory they don’t believe is their country.”

  190. Deutschland und USA uneins über Angriffe auf PKK – Gute Kurden, schlechte Kurden
    Sind die türkischen Luftangriffe auf PKK-Stellungen im Nordirak legitim? Deutschland und die USA zeigen sich uneins. Das Weiße Haus verteidigt die Luftschläge, Verteidigungsministerin von der Leyen sorgt sich um die Annäherung zwischen der PKK und Ankara.
    Türkischer Militärschlag gegen Kurden: Von der Leyen findet doch noch Worte
    Ursula von der Leyen stand massiv in der Kritik, weil sie die türkische Attacke gegen den IS gelobt hatte – ohne auf den Militärschlag gegen die Kurden einzugehen. Nun meldet sich die Ministerin noch einmal zu Wort.
    Militärschläge gegen Kurden und IS: Der türkische Weg
    Die Türkei bombardiert Stellungen des “Islamischen Staates” – und der PKK. Die USA unterstützen den Kurs, Europa hält sich zurück. Wie verändert das Vorgehen Ankaras den Syrienkonflikt? Welches Ziel verfolgen Erdogans Leute? Der Überblick.
    Türkei greift Syrien an
    Nachbarland bombardiert. Ankara vereinbart mit Washington Flugverbotszone und stellt dafür Luftwaffenstützpunkt zur Verfügung
    Eskalation in der Türkei: Polizeiterror und Flugverbotszone
    »Die Amerikaner haben den sozialen Faktor ausgenutzt«
    Gespräch mit George Jabbour. Über Ursachen des Kriegs in Syrien, die Rolle des »Islamischen Staats« und Subversionsstrategien Washingtons
    Der Schwarze Kanal. Mobilmachung im Mehringhof

  191. Die ganze Angelegenheit kürzt sich also darauf zusammen, daß die Türkei jetzt endlich ihre Flugverbotszone und eine Lizenz zur offenen Einmischung in Syrien erhalten hat.
    Das syrische Schlachten geht also in die nächste Runde.

  192. Ankaras Krieg
    Mit zustimmendem Lob und gleichzeitig scharfer Kritik reagiert Berlin auf die türkischen Luftschläge gegen den “Islamischen Staat” (IS) und die PKK. Ankara hat in der vergangenen Woche seine Unterstützung für den IS eingestellt und Angriffe auf die Organisation in Nordsyrien gestartet, nachdem diese mehrfach Anschläge auf türkischem Territorium verübt hatte. Vorausgegangen war eine mehrjährige Beihilfe Ankaras für den IS, die lange Zeit von den westlichen Mächten, auch Deutschland, wohlwollend zur Kenntnis genommen worden war – als Teil des Krieges gegen die Regierung von Bashar al Assad in Syrien. Mit dem aktuellen Kurswechsel vollzieht Ankara den Schwenk nach, den der Westen letztes Jahr eingeleitet hat, als er den Krieg gegen den IS begann. Scharfe Kritik übt Berlin an den türkischen Attacken gegen Lager der PKK im Nordirak. Hintergrund sind türkische Pläne für einen Einmarsch in Nordsyrien, die zu einer Kollision mit den PKK-nahen kurdischen Kräften dort führen dürften. Die Bundesregierung lehnt einen solchen Einmarsch klar ab: Er würde entweder Ankara stärken, das in jüngster Zeit regelmäßig gegen Berlin opponiert, oder aber einen weiteren Nachbarstaat der EU zum Schauplatz eines bewaffneten Konflikts machen – zwischen den türkischen Streitkräften und kurdischsprachigen Einheiten.
    Kriegserklärung aus Ankara
    Türkische Armee fliegt Luftangriffe auf Stellungen der Terrormiliz IS in Syrien und das PKK-Hauptquartier im Irak. Welle von Verhaftungen Oppositioneller
    Warten aufs Wunder
    Diplomatische Aktivitäten für die Lösung der Syrien-Krise. Assad erlässt Generalamnestie für Deserteure
    “Hinter den Kulissen gibt es aktuell erhebliche Bewegungen auf der geheimdienstlichen Ebene. Die russische Regierung hatte bereits vor einem Monat einer syrischen Regierungsdelegation in Moskau angeboten, eine geheimdienstliche Kooperation mit Saudi-Arabien und der Türkei zu vermitteln. Als Ziel war der gemeinsame Kampf gegen die Terrororganisation »Islamischer Staat« genannt worden. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte erklärt, Russland habe mit der Türkei, Jordanien und Saudi-Arabien Kontakte hergestellt, so dass Gespräche mit syrischen Vertretern möglich seien.”
    Die Bundesregierung laviert
    Luftschläge der Türkei treffen nicht nur den IS, sondern vor allem die PKK. Kritik aus Opposition und Koalition
    Bündnisfall
    Kanzlerin Merkel stellt sich hinter Ankara
    »Umfassender Krieg der AKP«
    In einer Erklärung vom 25. Juli nimmt der in der Türkei verbotene Dachverband »Koma Civaken Kurdistan (KCK – Union der Gemeinschaften Kurdistans) Stellung zu den Luftangriffen der türkischen Armee in Syrien und ruft dazu auf, den Widerstand gegen die AKP-Regierung in Ankara zu intensivieren und zu internationalisieren
    Schlag gegen die linke Opposition in der Türkei
    Nur ein kleiner Prozentsatz der in den letzten Tagen Festgenommen waren Islamisten

  193. Militärschläge gegen IS und PKK: Türkei verzichtet auf Truppenanfrage bei der Nato
    Die Türkei will von der Nato vor allem politische Unterstützung im Kampf gegen den IS-Terror – um militärische bittet sie nicht. Der Kurs der Regierung in Ankara gegen die PKK ist im Bündnis aber umstritten.
    Türkei: Erdogan setzt Friedensprozess mit Kurden aus
    Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat den Friedensprozess mit den Kurden aufgekündigt. Sie würden die “Einheit der Türkei” untergraben.
    Militärallianz zwischen USA und Türkei: Obamas riskantes Bündnis mit Erdogan
    Washington und Ankara verbünden sich gegen den IS. Die USA sollen von türkischen Stützpunkten aus die Dschihadisten angreifen und so an der syrischen Grenze eine “IS-freie Zone” schaffen – ein riskanter Plan.
    NATO nicht an IS-freier Zone in Syrien beteiligt – Stoltenberg
    Das Militärbündnis ist an dem Aufbau einer „Sicherheitszone“ in einem Streifen im Norden von Syrien an der türkischen Grenze nicht beteiligt. Mit dieser Frage befassen sich ausschließlich zwei Länder – die USA und die Türkei, wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag mitteilte.
    Türkei: Friedensprozess beendet
    Der militärische Konflikt zwischen der türkischen Armee und der kurdischen Guerilla PKK erreicht eine neue Eskalationsstufe. Auch die Bundeswehr könnte in den Konflikt hineingezogen werden
    Davutoglu bietet PYD Zusammenarbeit an
    Syrische Kurden sollen Verbindungen zur syrischen Regierung kappen
    NATO vor dem Bündnisfall
    Türkische Armee bombardiert Kurden im Irak und in Syrien. Internetseiten oppositioneller Parteien und Medien gesperrt. Westlicher Militärpakt berät weiteres Vorgehen
    Krieg gegen Kurden, Aleviten und Linke
    Die türkische Luftwaffe fliegt Angriffe auf Stellungen der kurdischen Befreiungsbewegung im Nordirak und in Syrien. Premierminister Ahmet Davutoglu: “Wir haben die Spielregeln in der Region verändert.”
    Krieg für Machterhalt
    Türkei verschärft Kurdenkonflikt – mit Unterstützung der USA
    Türkei unterstützt den Krieg der USA in Syrien
    Jordanien plant eine “Sicherheitszone” im Süden Syriens
    Amman will sich dabei auf “moderate” syrische Oppositionsmilizen stützen. Sie stehen allerdings in Verbindung mit Dschihadisten der Nusra-Front und Ahrar al-Sham

  194. Niederlagen des IS
    Großstadt Hasak befreit und Verbindung nach Aleppo blockiert. Iran wirbt um Bündnis der syrischen Kurden mit Damaskus
    “Um eine solche Kooperation der YPG mit syrischen Regierungstruppen wirbt offenbar die iranische Regierung als Hauptunterstützer von Syriens Präsident Baschar Al-Assad. Das berichtet die mit Risikoberatung für die Wirtschaft tätige »Orient Advisory Group« (OAG) mit Sitz in Washington und Dubai in ihrem Rundbrief Middle-East-Briefing in dieser Woche. Vermittler seien Funktionäre der traditionell über gute Kontakte nach Teheran verfügenden Patriotischen Union Kurdistans (PUK) des irakischen Präsidenten Fuad Masum. Im Unterschied zur türkeinahen Politik der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) des Präsidenten der irakisch-kurdischen Autonomieregion Massud Barzani steht die PUK den Selbstverwaltungskantonen von Rojava wohlwollend gegenüber und leistet diesen wohl auch materielle Hilfe. Im Gegenzug für eine Kooperation mit syrischen Regierungskräften würde Damaskus die YPG ihren Möglichkeiten entsprechend unterstützten, lautete das nach unbestätigten OAG-Informationen bereits Ende Juni während eines Treffens im nordirakischen Suleimanija von der PUK übermittelte Angebot. Die syrische und die iranische Regierung sowie die PUK würden zudem eine autonome kurdische Region in einem zukünftigen Syrien anerkennen. Angesichts der äußerst begrenzten militärischen Kapazitäten der syrischen Armee im Norden des Landes wäre das die wohl wichtigere Zusage. Dafür, dass die Achse Teheran-Damaskus tatsächlich auf die YPG zugeht, sprechen auch die jüngsten Äußerungen des Generalsekretärs der an der Seite der syrischen Armee kämpfenden libanesischen Hisbollah, Hassan Nasrallah. »In der Absicht, den IS vor Schaden zu bewahren, hat die Türkei die Freiheitskämpfer sowohl der PKK als auch der DHKP-C angegriffen«, wird Nasrallah vom irakisch-kurdischen Nachrichtenportal Rudaw zitiert. Am Dienstag verurteilte der irakische Ministerpräsident Haider Al-Abadi über Twitter die Luftangriffe der Türkei auf die PKK als »eine gefährliche Eskalation und Verletzung der irakischen Souveränität«.
    Während die USA als Gegenleistung für das Einschwenken der Türkei in die Anti-IS-Allianz ihre kurdischen Verbündeten in Syrien wieder fallen zu lassen scheinen, eröffnen diese geänderten geopolitischen Bedingungen neue taktische Bündnisoptionen. Ein strategisches Bündnis mit Teheran und Damaskus erscheint angesichts des von der in Rojava führenden Partei der Demokratischen Union (PYD) propagierten »dritten Weges« der multiethnischen und multireligiösen demokratischen Selbstverwaltung allerdings ebenso ausgeschlossen wie eine dauerhafte Allianz mit den USA.”
    Warnung aus Iran: Angriffe auf Kurden begünstigen IS-Vormarsch auf Türkei
    Die Militärschläge der Türkei auf Stellungen der Kurden sind ein strategischer Fehler, der den Extremisten des „Islamischen Staates“ (IS) den Weg zur türkischen Grenze frei machen kann, wie der Generalstabschef der iranischen Streitkräfte, Generalmajor Hassan Firouzabadi, in einem Interview mit der iranischen Agentur ISNA sagte.
    Ausgangssperre für Bundeswehr in der Türkei
    Verteidigungsministerium verschärft Schutzmaßnahmen für die »Patriot«-Staffel in Kahramanmaras. Linke fordert Abzug
    Grünes Licht für Völkerrechtsbruch
    Die NATO hat am Dienstag auf einer Sondersitzung in Brüssel der türkischen Regierung »volle Solidarität« bekundet. Alexander S. Neu, für die Fraktion Die Linke Obmann im Verteidigungsausschuss des Bundestages, erklärte am Mittwoch dazu
    Türkischer Staatsbesuch in Peking
    Iran wird bald zur militärischen Bedrohung für die USA – McCain
    Das Atomabkommen zwischen der Sechsergruppe und dem Iran kann das Land in die mächtigste militärische Großmacht im Nahen Osten verwandeln. Dies stellt eine Bedrohung für die Interessen der USA dar, wie der einflussreiche republikanische US-Senator John McCain am Mittwoch sagte.

  195. The Politics of Betrayal: Obama Backstabs Kurds to Appease Turkey
    “The Kurdish militias (YPG, PKK) have been Washington’s most effective weapon in the fight against ISIS in Iraq and Syria. But the Obama administration has sold out the Kurds in order to strengthen ties with Turkey and gain access to Turkey’s Incirlik Air Base. The agreement to switch sides was made in phone call between President Obama and Turkish President Recep Tayyip Erdogan less than 48 hours after a terrorist incident in the Turkish town of Suruc killed 32 people and wounded more than 100 others. (…)
    Repeat: “Erdogan said the PKK would be the main focus of attacks.”
    For Washington, it’s all a question of priorities. While the Kurds have been good friends and steadfast allies, they don’t have a spanking-new air base for launching attacks on Syria. Turkey, on the other hand, has a great base (Incirlik ) that’s much closer to the frontlines and just perfect for launching multiple sorties, drone attacks or routine surveillance fly-overs. The only glitch, of course, is that Washington will have to bite its tongue while a former ally is beaten to a pulp. That’s a price that Obama is more than willing to pay provided he can use the airfield to prosecute his war. (…)
    The only one who’s changed his mind about anything is Obama who seems to have realized that his takfiri proxy-warriors aren’t ruthless enough to remove Assad, so he’s decided to team up with Sultan Erdogan instead. That means Erdogan gets a green light to butcher as many Kurds as he wants in exchange for boots on the ground to topple Assad. That’s the deal, although, at present, the politicians are denying it. (…)
    The point is, the Big Brass is telling US policymakers that ISIS is not going to win the war, which means that Assad is going to stay in power. That’s why Obama has moved on to Plan B and thrown his lot with Erdogan, because the Pentagon bigshots finally realize they’re going to need boots on the ground if they want regime change in Syria. But “whose boots”, that’s the question?
    Not U.S. boots, that’s for sure. Americans have had it up to here with war and are not likely to support another bloody fiasco in the Middle East. That’s where Erdogan comes into the picture. Washington wants Turkey to do the heavy lifting while the US provides logistical support and air cover. That’s the basic gameplan. (…)
    The bottom line is that Erdogan has three demands. He wants a buffer zone on the Syrian side of the border to protect Turkey from ISIS and Kurdish attacks. He wants a no-fly zone over all or parts of Syria. And he wants Syrian President Bashar al-Assad removed from power. That’s what he wants and that’s what Obama has agreed to (as part of the Incirlik deal ) although the media is refuting the claim. (…)
    Repeat: “Turkey would be willing to put its troops on the ground in Syria”, but Assad’s got to go. That’s the trade-off. Davutoglu has since backed off on this demand, but the basic deal hasn’t changed. Leaders in the US and Turkey have just decided to be more discreet about what they tell the press. But the plan is moving forward. For example, officials from the Obama administration have denied that they will provide a no-fly zone over Syria. According to the New York Times, however, the US has agreed to create an “Islamic State-free zone” or “safe zone… controlled by relatively moderate Syrian insurgents.” (…)
    Okay. Then what the US has created is a no-fly zone, right? And this actually applies to all of Syria as well, now that US warplanes and drones are less than 500 miles from Damascus. The Incirlik deal means that the US will control the skies over Syria. (…)
    By the way, this issue of setting up buffer zones, shouldn’t be taken lightly. As State Department spokesman Mark Toner opined just weeks ago, “We’d essentially be opening the door to the dissolution of the Syrian nation-state.”
    Indeed, isn’t that the point? Aside from the fact, that these “protected areas” will be used as launching grounds for attacks on the central government, they’ll also become autonomous regions consistent with the US strategy to redraw the map of the Middle East by breaking Iraq and Syria into smaller, tribal-governed cantons incapable of challenging regional hegemon, Israel, or global superpower, the US. (…)
    The US is not going to entrust this captured territory to “relatively moderate Syrian insurgents”, because as Gen. Robert Neller already admitted to McCain, the jihadis aren’t winning. In other words, the jihadi plan is a flop. That’s what this whole Turkey-US alliance-thing is all about. It is a major shift in the fundamental policy. There’s going to be a ground invasion, and the Turks are going to supply the troops. It’s only a matter of time.” (…)

  196. Die Konstellationen und Bündnisse ändern sich dauernd, aber eines ist klar: der Krieg geht weiter.

  197. (K)ein kurdischer Staat in Sicht
    Der Durchbruch in den “Atom”-Verhandlungen mit dem Iran änderte die strategische Lage in der Region grundlegend – auch für die Türkei
    “Die Regierung benutzt den Islamischen Staat als Vorwand”
    Über die Offensive der türkischen Regierung gegen die linke Opposition und die kurdische Befreiungsbewegung
    Erdoğan auf Waffeneinkaufstour in China
    Es wäre ein in mehrfacher Hinsicht problematischen Rüstungsdeal, während er die Türkei wieder in den Kurdenkonflikt der 90er Jahre zurückgebombt hat

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