Rund um die Pipeline

NORTH STREAM I UND II
Seit geraumer Zeit gibt es Reibungen aller Art um das Pipeline-Projekt durch die Nordsee – es ist daher angebracht, sich anzuschauen, was da alles für Interessen im Spiel sind.


1. Eine Pipeline aus Rußland gibt Energiesicherheit
Österreich schloß in den 70-er Jahren im Rahmen seiner Sonderstellung gegenüber den sozialistischen Block – als neutraler Staat – Verträge zur Lieferung von Gas. Seither fließt dieses Gas ohne irgendwelche Störungen von Seiten Rußlands und versorgt das ganze Land und teilweise auch die Nachbarländer. Österreich ist inzwischen zu einem Verteiler für russisches Gas geworden. Die Gaslieferungen waren unbeeinträchtigt vom Zerfall der Sowjetunion und den Verteilungskämpfen innerhalb Rußlands um die Kontrolle der Gas und Ölfelder in den 90-er Jahren. Die einzigen Stockungen traten aufgrund der Ereignisse in der Ukraine ein, hatten aber auf die Versorgung in Österreich keine Auswirkungen, da die Energieversorger rechtzeitig ausreichende Lagerbestände angelegt hatten.

Rußland ist also ein verläßlicher Partner, der seine Verträge einhält, die Ukraine hingegen ein unsicherer Kantonist, wo der Gastransit eine wichtige Quelle der Bereicherung der dortigen politischen Klasse ist.
Vom Standpunkt des Kunden ist es also angesagt, die Ukraine zu umgehen und eine direkte Leitung mit Rußland herzustellen.
Das hat Schröder mit Nord Stream I gemacht, das hatten Bulgarien und andere Balkanstaaten mit South Stream vor und das ist auch die Idee bei North Stream II.


2. Nationale Politik hat eine eigene Agenda und ist nicht bloßer Vollstrecker ökonomischer Interessen
Die Wirtschaftstreibenden Deutschlands sind mit North Stream I hochzufrieden. Auch die deutsche Politikermannschaft hätte gerne noch mehr davon. Das russische Gas verschafft nämlich der Energiewirtschaft die Möglichkeit, die erneuerbaren Energien auszubauen und etwaig auftretende Engpässe mit Gas auszugleichen, wenn einmal die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht bläst. Es gibt ihnen auch die Freiheit der Preisgestaltung, weil sie aus dem Vollen schöpfen und beim Ausbau der eigenen Quellen anfallende Verluste durch Aufschlag auf das Importgas kompensieren können.
Auch die Abnehmer haben durch das russische Gas bessere Wahlmöglichkeiten zwischen Energieformen.
Für das alles würde übrigens North Stream I reichen. Aber die deutsche Politik und Energiewirtschaft hat mehr vor.


3. Über Abhängigkeiten, oder: Hahn auf, Hahn zu

Was das kleine Österreich seit Jahren, Jahrzehnten praktiziert, wäre auch in Deutschland vielen Akteuren recht: zu einem Verteiler für russisches Gas zu werden, am besten gleich EU-weit. Deutschland möchte mit North Stream nicht nur die Ukraine als Transitland quasi abschalten und damit eine wichtige Einnahmequelle ihrer eigenen Geschöpfe dort versiegen lassen. Es möchte auch die restlichen EU-Staaten darauf verpflichten, das Gas über Deutschland zu beziehen und nicht über die Ukraine. Deutschland würde gerne mit importiertem Gas zu einer Energie-Großmacht in der EU aufsteigen, das die Energiepreise für andere Länder festlegen kann.
Deswegen hatte es auch etwas gegen South Stream, wo einige Balkanstaaten vielleicht gar nicht so ambitioniert waren wie Deutschland, aber doch gerne sich und die Nachbarländer direkt und günstiger aus Rußland direkt versorgt hätten. Energiekonkurrenz im Hinterhof? – nein danke! Da kam es der deutschen Politik sehr gelegen, daß die USA auch etwas gegen dieses Projekt hatten und mit einer Straßenrevolution die Olescharski-Regierung in Bulgarien stürzte, die die South-Stream-Pipeline unterstützte.

Die USA wiederum wollten jegliche Konkurrenz zur Ukraine unterbinden, weil sie erstens auf diese Einkünfte für die dortige, ihnen genehme Politikermannschaft scharf sind und damit auch die EU ein Stück weit in der Hand haben.
Das Abdrehen und Aufdrehen von Pipeline-Hähnen erweist sich nämlich als ein weitaus geeigneteres Mittel zu zwischenstaatlicher Erpressung als irgendwelche Sanktionen, die zwar mit viel Getöse verkündet werden, aber letztlich relativ wirkungslos bleiben, wie die ärgerlichen Beispiele Kubas, des Iran und Rußlands zeigen.

Die Energie kann nämlich wirklich eine Nationalökonomie stillegen und Regierungen in schwere Bedrängnis bringen, da auf ihr Produktion, Transport und Heizen beruhen. (Serbien konnte z.B. die Zerstörung seiner Raffinerien 1999 nur durchstehen, weil es im Wasserkraftwerk Djerdap am Eisernen Tor und anderen, kleineren Wasserkraftwerken alternative Energiequellen hatte.)


4. Die verschiedenen Energiequellen
Zu Zeiten des Kalten Krieges stand bei Energieträgern die Versorgungsleistung im Vordergrund, die meisten Energie-Unternehmen waren staatlich und das Wichtige war, Unternehmen und Privaten günstige Energie zur Verfügung zu stellen.

Inzwischen ist der Gesichtspunkt, daß die Energieversorgung ein Geschäft für ihre Betreiber sein soll, in den Vordergrund getreten. Da es sich aber um eine Ware anderer Art handelt als Strümpfe, Maschinen oder Autos, kommt es immer wieder zu gröberen Störungen, wie Stromausfällen oder eben die Verwicklungen um North Stream II.

Zusätzlich haben das Kyoto-Protokoll und der Kampf gegen den Klimawandel die Konkurrenz zwischen den Energieträgern und den Nationen angeheizt.
Gas gilt als „sauberer“, also vom Standpunkt der Umweltverschmutzung unbedenklicher Energieträger. Kohle hingegen wird als Dreckschleuder in Acht und Bann getan. Dadurch eröffnet sich eine zunächst ökonomische Front mit Polen. Dieses Land soll, wenn es nach Deutschland geht, auf seinen eigenen Energieträger verzichten, seine Zechen stillegen, seine Kumpel in die Arbeitslosigkeit entlassen und stattdessen über Deutschland russisches Gas beziehen. So das Drehbuch nach Willen der deutschen Politiker.

Man sieht also, wie sich allein in der EU und ohne die weltpolitischen Entwicklungen einzubeziehen, jede Menge nationale Gegensätze auftun: Polen soll seine Energiegewinnung nach Deutschlands Willen ausrichten und dabei seinen Sozialstaat und seine Handelsbilanz belasten, Bulgarien darf Deutschland keine Energie-Konkurrenz machen und damit seine darniederliegende Wirtschaft ein bißl aufmöbeln.
Beiden Regierungen wird damit unter die Nase gerieben, daß sie Hinterhof für Deutschlands Glorie zu sein haben und sonst nix.
Polen ist diesbezüglich in einer besseren Position, weil es Frontstaat an der Grenze Rußlands ist und sich einer gesteigerten Aufmerksamkeit seitens der USA erfreut.


5. Die Pipelines und die imperialistische Konkurrenz. Der Aufstieg des Gases
Die USA haben sich in jüngerer Vergangenheit als Öl- und Gasproduzent sozusagen wiederentdeckt. Aus Geschäfts- und Autarkie-Überlegungen sind sie zu dem Schluß gekommen, daß das eigene Land diesbezüglich neu erschlossen gehört, und deshalb ihre eigenen Vorkommen neu sortiert.
Die Gas- und Ölförderung durch Fracking ist übrigens nichts besonders Neues. Pionier war diesbezüglich Rumänien zur Zeit Ceaucescus, das seine versiegenden Ölvorkommen auf diese Art noch einmal verlängerte. Unter kapitalistischen Bedingungen war das Fracking aber im Verhältnis zum Weltmarktpreis für beide Energieträger lange unrentabel. Auch heute ist es nur aufgrund von Wertpapierspekulationen und Autarkie-Überlegungen gewinnversprechend. Diese Option wurde durch politische Interessen wieder aktuell.

Solange sich Europa aus dem Nahen Osten mit Öl versorgte, und Gas als Energieträger zweitrangig war, war die Welt aus der Sicht der USA in Ordnung. Die großen Ölproduzenten wurden über die USA und die 7 Sisters beaufsichtigt, und die USA hatte damit die Kontrolle über einen Teil der Energieversorgung Westeuropas.

Mit der Wende im Osten änderte sich alles, und Rußland , das gar nicht Mitglied der OPEC ist, trat als großer Spieler auf den Plan. Zunächst in Form von Raubrittern, die sich Öl- und Gas-Förder-Anlagen unter den Nagel rissen, und in alle Richtungen zu Dumpingpreisen verkauften. Es dauerte ca. eineinhalb Jahrzehnte, bis die russische Regierung den Energiesektor wieder unter ihre Kontrolle bekam. Die ganze Show um die Demontage von Jukos und Chodorkowski war ein Teil dieser Wiedererlangung der Souveränität in Energiefragen.

Zwischen diesen beiden Polen sortierte sich auch die EU neu. Gas als Energieträger trat verstärkt auf den Plan. Immerhin gab es ja Gasleitungen aus Rußland in die ganzen sozialistischen Staaten, da war ja einiges an Infrastruktur da. An die schlossen sich vermehrt westliche Staaten an.
Gas kam sozusagen in Mode.
Im Westen wurden Gasheizungen und Herde, man erinnere sich, lange mit Gasflaschen betrieben. Seit Anfang der 90-er Jahre nehmen Gasleitungen verstärkt zu. Südwesteuropa hinkt noch nach, in Ermangelung von Pipelines. Dort böte sich für Deutschlands Energiefirmen, so die geschäftlichen Kalkulationen, noch einiges an Potential an, sollte North Stream II tatsächlich zustandekommen.


6. Wer beherrscht welchen Markt?
Man sieht, es gibt also potente Spieler, und die Karten sind verteilt.
Man vergesse nicht die Ölstaaten in der Golfregion. Für sie ist Rußland ein Konkurrent, den sie mit allen Mitteln bekämpfen wollen. Die ganzen Verwicklungen und Kriege im Nahen Osten sind auch unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, daß Saudi Arabien und Katar den Einfluß Rußlands auf dem Energiemarkt zurückdrängen wollen.

Die EU ist somit ein Brennpunkt der internationalen Interessen auf dem Energiemarkt, Die eigenen Ressourcen sind bescheiden, und haben auch nationale Aufsichtsmächte: Großbritannien und Norwegen können Europas Energiebedarf nicht decken. Deutschland will ihnen mit seinem Energie-Mix und russischem Gas den Rang ablaufen. Die Atomenergie und die Wasserkraft spielen auch eine Rolle in diesem Spiel, und das alles wird unter dem Deckmantel des geeinten Europa mit unvermittelter Härte ausgetragen, was dem p.t. Publikum von den Medien als Kampf der Systeme – Demokratie gegen Diktatur – verkauft wird.

36 Gedanken zu “Rund um die Pipeline

  1. ” Dieses Land soll, wenn es nach Deutschland geht, auf seinen eigenen Energieträger verzichten, seine Zechen stillegen, seine Kumpel in die Arbeitslosigkeit entlassen und stattdessen über Deutschland russisches Gas beziehen. So das Drehbuch nach Willen der deutschen Politiker.”

    Wo hast du das denn her? Von Russland über Weißrussland nach Polen gibt es längst Gaspipelines. Wieso sollte Polen also russisches Gas über die BRD beziehen? Polen bräuchte in dem Fall, dass keine Kohle mehr gefördert wird nicht auf russisch-deutsches Gas zurückgreifen. Zudem baut Polen in Swinemünde ein Flüssiggasterminal, um Flüssiggas aus Amiland zu beziehen. Die wollen also gar kein Russengas. Dass der Verzicht von Kohle von Seiten der BRD verlangt wird, erscheint mir deswegen fragwürdig. Es ist eher so, dass auch Polen weg von den Dreck- bzw. Co2-Schleudern will, und lieber amerikanisches Flüssiggas kauft als den Russen ein Geschäft mit ihnen zu erlauben. Trumps Argument: Da wird der Feind mit Geld versorgt.

  2. Die Pipeline über Weißrussland ist, was ich weiß, recht schwach, und das Gasterminal in Swinemünde wurde eben genau deshalb gebaut, um sich von Pipelines mit russischem Gas unabhängig zu machen.
    Zur Kohle kann man einiges nachlesen, wenn man am Internet sucht, gerade die Kaczynskis haben den Kohleabbau wieder verstärkt gefördert, als eigene Energiequelle.
    Außerdem schrieb ich, was Deutschland gerne hätte, und nicht das, was Polen macht.

  3. Deutschland hätte vieles gerne, so als Wunschvorstellung. Ich hätte auch vieles gerne, aber das heißt nicht, dass ich die Verwirklichung gleich auf die Tagesordnung setze. Wolltest du denn sagen, dass Deutschland Polen unter Druck setzt, deutsch-russisches Gas zu kaufen. Oder wolltest du nur ein deutsches Ideal in Bezug auf Nordstream 2 darstellen. Klar am liebsten wäre es Deutschland der Gasverteiler von Europa zu werden.

  4. Eben.
    Polen hat, das ist mir noch eingefallen, über die Energiefrage hinaus offenbar auch noch den Anspruch, als eine Art Schutzmacht der Ukraine aufzutreten und sich darüber auch noch ein eigenes Süppchen zu kochen. Auch aus diesem Grund haben sie was gegen die deutschen Pläne.
    Natürlich kann Deutschland über Polen nicht so drüberfahren wie über andere Länder wie Bulgarien, das merken die deutschen Politiker mit Mißmut.

  5. Bau von Nord Stream 2 in Deutschland begonnen
    Das Schiff Castoro 10 (C10) hat die Vorbereitungsarbeiten zur Legung von Gasröhren im Rahmen des Projektes Nord Stream 2 begonnen. Dies meldet das Unternehmen Nord Stream 2.
    Der Schattenmann von Nord Stream 2
    Als Friedbert Pflügers CDU-Karriere steckenblieb, zog er sich 2010 zurück, um sich der Wissenschaft zu widmen. Als Gastprofessor an Londons King’s College wirbt er nun für die Pipeline Nord Stream 2 – bezahlt von der Gaslobby.

  6. Der deutsche Außenminister Maas will durchsetzen, dass zukünftig (nach der Europa-Wahl 2019) eine einfache Mehrheit der Stimmen des Europäischen Rates bei außenpolitischen Entscheidungen ausreichend sein soll, und also das Einstimmigkeits- (und damit Veto-) Prinzip abgeschafft werden soll (nicht aber bei der Flüchtlingsproblematik).
    https://www.nrz.de/politik/maas-ueber-eu-aussenpolitik-nicht-mehr-einstimmig-abstimmen-id215231691.html
    Maas stellt sich dabei nicht vor, dass z.B. die kleineren EU-Staaten (die bei den diversen in der EU praktizierten Abstimmungsmodalitäten sowieso schnell überstimmt werden können – nur bei zentralen Abstimmungen bisher aber eben noch nicht…) auch noch freiwillig selbst dazu einwilligen würden, dass sie in Zukunft nichts mehr zu bestellen haben sollen:
    “Eigentlich ist die Unterstützung aller 28 Mitgliedsstaaten notwendig, um „sensible“ Themen, einschließlich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, zu verabschieden. Nur wenige Ausnahmen, wie die Ernennung von Sonderbeauftragten, können über eine qualifizierte Mehrheit im Rat beschlossen werden.
    Die so genannte Passerelle-Klausel, die im Vertrag von Lissabon enthalten ist, erlaubt es jedoch, die qualifizierte Mehrheit auf den gesamten Entscheidungsprozess auszudehnen, sofern sie von einer absoluten Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament (376) und der Einstimmigkeit der Staats- und Regierungschefs der EU (Europäischer Rat) unterstützt wird. Auch die nationalen Parlamente müssen informiert werden.”
    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/eu-rat-bald-keine-einstimmigkeit-bei-aussenpolitischen-entscheidungen-mehr/
    Lustigerweise hilft aber ja auch dieses Verfahren wenig – denn auch hier ist, siehe vorletzter Satz, ja die zu vermeidende Einstimmigkeit im Europäischen Rat notwendig vorausgesetzt …
    … als könnte man mit einem ach so cleveren Verfahrenstrick das Konstruktionsprinzip der EU insgeheim aufkündigen, – und niemand würde es gemerkt haben …
    http://www.fr.de/politik/meinung/leitartikel/eu-europa-ist-voellig-uneins-a-1479581,0#artpager-1479581-1 (5.4.18)

  7. Genauso Schall und Rauch wie andere Äußerungen von Politikern der EU, wie Macron oder Merkel.
    Einer nimmt den Mund voll, nach ein paar Wochen ist es wieder vergessen und ein anderer ist dran.

  8. Deutschland und Frankreich (momentan: eher Frankreich) versuchen, die Ost-EU-Länder ökonomisch zu erpressen (bzw. zu mehr Verantwortlichkeit in ihrem Sinne, also Unterwürfigkeit, zu bewegen)…
    https://www.euractiv.de/section/europakompakt/news/frankreich-will-nicht-mehr-fuer-polen-und-ungarn-zahlen/
    https://www.euractiv.de/section/europakompakt/news/deutschland-will-eu-mittel-fuer-polen-und-ungarn-an-rechtsstaatlichkeit-knuepfen/
    Die Schönheit des Procedere besteht darin, dass, der Einstimmigkeit bzw. Mehrheitsbildung im Rat der Regierungschefs wegen, die betroffenen Staaten genau dazu, dass ihre Mittel gekürzt werden sollen, auch noch selber ihr volles Einverständnis erteilen sollen …
    Derzeit ist wohl ein großer Rüstungauftrag von Polen an Frankreich dadurch wackelig – Gelegenheiten, sich zu wehren, haben die Ostländer nämlich auch ihrerseits allemal.
    https://www.welt.de/politik/ausland/article181433418/Premierminister-Babis-Tschechien-wird-Zwangsverteilung-von-Fluechtlingen-nie-zustimmen.html
    https://www.euractiv.de/section/eu-innenpolitik/interview/migration-die-eu-hat-sich-der-visegrad-meinung-angenaehert/

  9. Diese EU-Unterstützungen an Ungarn und Polen und sonstige mißliebe Länder werden in solchen Artikeln als eine Art Geschenk dargestellt, für die diese Regierung brav und folgsam sein sollten. Und die man ihnen wieder wegnimmt, wenn sie es nicht sind.
    Dabei haben doch diese Zahlungen einen anderen Inhalt. Sie sollen dieseStaaten hinterhofmäßig fit machen, als Markt, Rohstoff- ud Arbeitskräfte-Lieferanten.
    Wenn diese Zahlungen ausbleiben, so sind auch diese Funktionen gefährdet. Sodaß nicht nur die betroffenen Staaten etwas dagegen haben werden, sondern durchaus auch Kapital und Politiker der Nettozahler-Länder.
    Mein Eindruck ist, daß Macron diese Initiative – wie auch andere von ihm mit viel TamTam vorgetragenen Vorschläge – vor allem deshalb einbringt, um sich als wichtige Macht in der EU aufzublasen. Ein Versuch, erste und nicht zweite Geige zu spielen. Durchaus im Einklang mit der etwas angeschlagenen Angie, die für dergleichen Vorstöße dankbar ist.
    Ich verfolge das ja nicht so, aber ist aus irgendeinem seiner Pläne und Vorschläge bisher was geworden?

  10. Das Konkurrenzprojekt „Europa“ in der Krise
    Etwas ausführlicher als nur als Einsortierung vorlauter (Arsch)Geigen ins EU-Konzert wird das europäische (Nicht-) Zusammenstimmen erläutert in der Abschrift des t.i. aus Marburg zur europäischen Einigung (Mai 2018):
    “Sobald man über die EU redet, hat man es mit einem öffentlichen Bewusstsein (von Politikern und Journalisten) zu tun, das von einem weitgehend überzeugt ist: Die EU ist ein wichtiges Einigungsprojekt, eine Sache, um die man sich Sorgen muss, die so zweifelsfrei gut ist -jedenfalls der Idee nach gibt es manchmal die Einschränkung-, dass dieses vereinte Europa auch jedermanns Anteilnahme und Sympathien verdiene. Diese offiziellen und in der Öffentlichkeit verbreiteten Urteile über die EU sind in der Regel so parteilich verzerrt, dass sich ein paar Blicke darauf lohnen…”
    http://www.contradictio.de/blog/wp-content/uploads/2018-05-17-Die-EU-in-Zeiten-von-America-first-Marburg.pdf
    http://www.contradictio.de/blog/archives/7743
    Der Zitate-Zettel der Bremer Veranstaltung war:
    https://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/ankuendigung%28pdf%29/Zitate_EU-TI_hb_0418.pdf
    Die Abschrift hat gegenüber dem Vortrag der Nürnberger Veranstaltung [auf YouTube] oder der Bremer in Audio auf argudiss – zumindestens für mich… – den Vorteil, dass man die Argumente zwischendurch noch mal in aller Ruhe überdenken kann – gleichzeitig profitiert man durchgängig von der leichteren Darstellungsweise, von Akzentuierungen, Zusammenfassungen, Nachfragen, die mündliche Vorträge nun mal naturgemäß [häufiger] so mit sich bringen …

  11. “Wir haben auch Interessen”: Merkel verteidigt russisches Gas und Nord Stream 2
    Deutschland wird in Zukunft mehr auf Klimaschutz setzen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag vor dem Europaparlament. Heute wird Europa sich im Gasbereich jedoch nicht unabhängig machen können und ist auf Lieferungen aus Russland angewiesen.
    Nord Stream 2 untergraben? Gazprom-Chef nimmt Stellung zu US-Drohungen
    Der Chef des russischen Gasgiganten Gazprom, Alexej Miller, hat die jüngsten Drohungen des US-Botschafters bei der EU, Gordon Sondland, kommentiert, wonach die USA über Instrumente verfügen, die die Umsetzung des Gasprojektes Nord Stream 2 verhindern können.
    „Zu weit fortgeschritten“: Experte zu möglichem Stopp von Nord Stream 2 durch USA
    Der Leiter der analytischen Verwaltung des Fonds für nationale Energiesicherheit, Alexander Passetschnik, hat im Gespräch mit RT die Erklärung des US-Botschafters bei der Europäischen Union, Gordon Sondland, dass die USA über Instrumente zum Bremsen der Realisierung von Nord Stream 2 verfügen, kommentiert.
    Mafia-Bote des Tages: Gordon Sondland
    Von Simon Zeise
    Dem Imperium ist jedes Mittel recht: Die US-Regierung drohte am Dienstag mit Strafmaßnahmen, falls der Bau der Gasleitung »Nord Stream 2« von Russland nach Deutschland nicht gestoppt werde. »Wir haben noch nicht alle Instrumente eingesetzt, die das Projekt ernsthaft untergraben oder stoppen könnten«, warnte der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, in Brüssel die aus seiner Sicht offenbar übermütige Gefolgschaft.
    »Europa« dürfe sich nicht einseitig von russischem Gas abhängig machen. Wenn diese Philosophie nicht angenommen und »Nord Stream« weitergebaut werde, dann habe der US-Präsident noch »viele, viele andere Instrumente zur Verfügung«. Er wolle aber »jetzt nicht alle aufzählen«. Die Bundeskanzlerin darf also noch hoffen, nicht unplanmäßig in die Berliner US-Botschaft einbestellt zu werden.
    Selbstverständlich sind Sondlands Absichten ganz im Sinne von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten und völlig frei von Eigennutz, etwa Plänen, den alten Kontinent mit eigenem Flüssiggas zu überschwemmen. Sondland wolle nur »nicht, dass jemandem mitten im Winter das Gas abgedreht wird, wenn eine politische Krise ausbricht«. Wenn Berlin pariert, werde es hingegen mit offenen Armen empfangen: »So stark ist die transatlantische Beziehung: Wir sind wie siamesische Zwillinge«, meinte der Botschafter, der eher wie ein Schuldeneintreiber der Mafia auftrat.
    Und wenn er schon dabei sei, solle die EU mal langsam zu Potte kommen und Zölle abbauen, damit das US-Kapital sich austoben kann. Einige nähmen wohl an, sie könnten das Ende von Trumps Amtszeit abwarten, raunte der US-Botschafter. Diese Taktik werde aber nicht aufgehen. Anders als in der EU diskutiert, müssten Agrarprodukte selbstverständlich Bestandteil eines gemeinsamen Handelsabkommens werden – dann schmeckt das Chlorhuhn. Sondland: »Diese Dinge können so einfach oder so kompliziert sein, wie man das haben will.«
    Feier des Status quo
    »Rohstoff-Konferenz« in Potsdam beschwört deutsch-russische Zusammenarbeit
    Von Reinhard Lauterbach
    Einige hundert Vertreter aus Wirtschaft und Politik haben sich von Dienstag bis Donnerstag dieser Woche in Potsdam zur 11. »Deutsch-russischen Rohstoff-Konferenz« getroffen. Die Podien waren durchaus hochrangig besetzt: Aus Russland war Vizeministerpräsident Alexej Gordejew gekommen, ranghöchste deutsche Teilnehmer waren Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sowie der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke.
    Was Peter Altmaier während seiner Pressekonferenz am Mittwoch sagte, wäre unter anderen Umständen als leere Floskeln behandelt und weitestgehend ignoriert worden: Handel und Wandel, wirtschaftliche Verbindungen als Friedenssicherung, ein Bekenntnis dazu, wie wünschenswert bessere Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Russland doch wären. Indes, die Umstände sind, wie sie sind, und zu Zeiten, in denen Teile der deutschen Politik ein Rohstoffprojekt wie »Nord Stream 2« zur geopolitischen Bedrohung und Gefährdung der europäischen Energiesicherheit umdefinieren, werden selbst Allgemeinplätze zum politischen Signal. Es lautet: Die deutsche Bourgeoisie will sich Russland als Wirtschaftspartner erhalten.
    Das gilt in doppelter Hinsicht: erstens als Quelle natürlicher Rohstoffe. Russland hat, was der BRD weitestgehend fehlt: Öl, Gas, das ganze Periodensystem an Metallen und so weiter. Und zweitens als Absatzmarkt für die eigene Technologie zur Rohstoffgewinnung.
    Das Konferenzprogramm wies darauf hin, dass die Bergbausparte von Unternehmen wie Thyssen zeigen würde, wie sich zeitgenössische Politikziele beispielsweise der »Nachhaltigkeit« und »CO2-Effizienz«, mit der produktiven Nutzung natürlicher Ressourcen verbinden ließen – ein großer Markt lockt.
    Denn Russland gerät allmählich in eine kritische Lage. Die Rohstoffvorkommen, die mit sowjetischer Technologie abgebaut werden können, sind langsam ausgeschöpft. Weitere Reserven sind bereits entdeckt, aber ihre Förderung ist aus geologischen und klimatischen Gründen schwieriger. Sie liegen unter dem Permafrostboden im hohen Norden Sibiriens oder auf dem Grunde des Eismeeres. Ob es Russland gelingt, nicht nur den politischen Anspruch auf diese Ressourcen durchzusetzen, sondern sie auch nutzbar zu machen, davon hängt die Zukunft seines nationalökonomischen Geschäftsmodells ab. Die Sanktionen der USA verbieten nicht zufällig die technologische Zusammenarbeit etwa bei der Erschließung von Öl und Gas unter arktischen Bedingungen. Die russische Volkswirtschaft soll erdrosselt werden – nicht sofort, aber auf lange Sicht –, indem ihr die Wachstumsperspektiven abgeschnitten werden.
    Russland hat dieses Dilemma erkannt. Das Land steckt im Prinzip seit den siebziger Jahren, als die Sowjetunion den Rohstoffexport in großem Stil als Devisenquelle entdeckte, um die technologischen und Versorgungsdefizite zu überbrücken, in der Falle des sogenannten Ressourcenfluchs. Die Restauration des Kapitalismus in den neunziger Jahren folgte der Regel, zu nutzen, was sich schnell zu Geld machen ließ: in erster Linie Rohstoffe. Es war, vom Raubritterstandpunkt der »neuen Russen« aus gesehen, verführerisch: keine langwierigen Entwicklungszyklen, in deren Verlauf es zu Fehlschlägen kommen kann, keine Pflege der heimischen Wissenschaft – was man brauchte, um die Ressourcen zu extrahieren, war auf dem Weltmarkt vorhanden und musste nur gekauft werden.
    Hier wittert die deutsche Industrie – andere natürlich auch – ihren Absatzmarkt, und deshalb veranstaltet sie Konferenzen wie die in Potsdam. Das mag kurzfristig funktionieren; aber das Problem ist, dass eine derartige Modernisierung des russischen Rohstoffsektors mit importierter Technologie das Land in jener Ressourcenfalle hält, aus der es eigentlich heraus will, wenn es mehr sein möchte als eine »Tankstelle mit Atomwaffen« (Barack Obama).
    Das alles ist auch in Moskau bekannt, und in jeder Jahresbotschaft von Wladimir Putin wiederholen sich die Aufrufe, das Land bis 2030 als eine der fünf führenden Volkswirtschaften der Welt zu etablieren. Doch die Notwendigkeit, sich dann auch technologisch von den westlichen Zulieferern zu emanzipieren, kollidiert angesichts der Vorlaufzeiten und -kosten immer wieder mit dem aktuellen Geldbedarf.
    Wirtschaftsforen wie das in Potsdam sind immer auch Feiern des Status quo. Eines Zustands, in dem die einen die Rohstoffe mit niedriger Wertschöpfung anbieten und die anderen die hochveredelten Mittel zu ihrer Gewinnung. Die für Russland ungünstigen »Terms of trade« verändern sie nicht. Und die technologische Abhängigkeit des Landes vom potentiellen Gegner auch nicht. Wenn das der Friede ist, den Handel und Wandel angeblich sichern, dann ist es ein Friede unter Ungleichen. Und entsprechend brüchig.

  12. Protokoll zum Jour Fixe vom 11.03.2019:
    Klimapolitik 2019: Schlecht gemachte Menschheitsrettung oder imperialistische Energiepolitik?
    Zum Thema Klimapolitik liegt ein Papier mit sieben Thesen vor (siehe Anhang). Der Anlass ist die aktuelle Schüler- und Studenten-Protestwelle. Die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg hatte angefangen, freitags nicht mehr in die Schule zu gehen und für eine bessere Klimapolitik zu streiken. Dem haben sich inzwischen Tausende Schüler in vielen Ländern angeschlossen. Anhand der Thesen sollte hier eine Verständigung erfolgen, ob diese die nötige Klarstellung zum Thema erbringen…
    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf190311-jugendprotest_und_klimapolitik.pdf
    Vgl. zum Anhang die entspr. Thesen auch hier:
    https://versus-politik.de/wp-content/uploads/S220319_Klima_A_Thesen.pdf

  13. Zur Klimapolitik – Verantaltung in Dortmund
    Zeit: Montag | 25. März 2019 | 18:00 Uhr
    
Ort: Nordpol | Münsterstr. 99 | 44145 Dortmund

    Veranstalter: Gruppe K

    „3 Denkanstöße für „Fridays for future“

    Liebe Fridays-for-future Aktivist*innen,
hallo Demonstrant*innen und Schulschwänzer*innen,

    gerade bekommt Ihr für Euren „mutigen und engagierten“ Protest ganz viel Lob in den Medien und sogar die Anerkennung von Politiker*innen, gegen die sich Euer Protest ja eigentlich richtet. Nachsichtig wird höchstens einmal angemahnt, dass ihr natürlich auf Dauer nicht die Schulpflicht verletzen dürft und die Politik schon den Profis überlassen müsst, wenngleich Euer Protest als „Lehrstunde der Demokratie“ geradezu wie gerufen erscheint. 
Auch wir, die wir keine Macht und keine Medien unser Eigen nennen, halten den Klimawandel bzw. seine absehbaren Folgen für besorgniserregend und den Kampf gegen die Ursachen für notwendig. Von uns aus könnt ihr übrigens soviel die Schule schwänzen, wie ihr wollt.

    Die folgenden kritischen Nachfragen wollen wir Euch dennoch nicht ersparen:

    a) „Wir streiken, bis ihr handelt!“ 

    Zu Politik und Unternehmen in diesem Land habt ihr offenbar ein widersprüchliches Verhältnis: Ihr macht die Mächtigen und Reichen für die globale Erwärmung ursächlich verantwortlich –­ einerseits.
Andererseits wendet ihr Euch anschließend vertrauens- und hoffnungsvoll an eben jene Verursacher, damit sie über Eure Zukunft entscheiden sollen? 
– Glaubt Ihr im Ernst euren Schulbüchern, die Aufgabe der Politik bestünde in der Zukunftssicherung der Jugend; in der Lösung globaler Menschheitsprobleme oder gar der Rettung des Planeten?
– Passen dazu etwa die Waffen und die Kriege, die diese Politiker*innen exportieren und anzetteln?
– Passt dazu der Umgang mit Flüchtenden?
– Passt dazu die Behandlung der Armen in diesem Land?
– Könnte es vielleicht sein, dass die Politik nicht einfach Probleme löst, sondern zunächst einmal die meisten verursacht?
– Könnte es sein, dass Politiker*innen weltweit doch eher um die Macht in ihrem Staat, für die Macht ihrer Staaten und um die Macht zwischen den Staaten(blöcken) konkurrieren, deren Stärke nun mal auf dem Wachstum von Unternehmen beruht, die immer mehr und immer billigere Energie benötigen, um die (inter)nationale Konkurrenz um Profit weiter anzutreiben und dass sie dafür nicht nur energiepolitisch über Leichen gehen? 

    b) „Zukunft der Menschheit“ und die „Rettung des Planeten“

    Gewiss: Der Klimawandel hat zerstörerische Folgen für sehr viele Menschen und ihre natürlichen Lebensgrundlagen. „Die Menschheit“, auf die ihr euch so oft beruft, ist jedoch weder das kollektive Opfer dieser klimatischen Veränderungen und schon gleich ist sie nicht das verursachende Subjekt. Die Opfer des Klimawandels sind vielmehr jene Menschen, die schon seit langem auf dieser Welt wenig zu lachen hatten, weil ihnen die Mittel genommen werden, um ihr Leben selbständig zu bestreiten. Andere Menschen profitieren sogar von diesem Umstand und beuten ihre Arbeitskraft nach allen Regeln der Kunst aus. Und dann gibt es auch noch Menschen, die den Klimawandel verursachen, weil die Ausbeutung und Verheizung der fossilen Energieträger ihrem Geschäft dient und ihre Macht mehrt.
– Könnt oder wollt ihr zwischen Opfern und Verursachern, zwischen Mächtigen und Ohnmächtigen „auf unserem Planeten“ eigentlich nicht unterscheiden?
– Warum wollt ihr stattdessen geradezu gleichmacherisch „die Menschheit“ zum Opfer verklären oder – noch verkehrter – einen Konflikt zwischen Alt und Jung konstruieren?
– Könnte das vielleicht gerade daran liegen, dass ihr um eure Ohnmacht schon irgendwie wisst, und euch auf die Höchstwerte „unschuldige Jugend; Rettung der Menschheit und des Planeten“ beruft, weil ihr (zu Recht) befürchtet, dass eure persönlichen Anliegen keine Berücksichtigung bei jenen Amtspersonen erfahren, die über euch und eure Zukunft wie selbstverständlich entscheiden?

    c) „System Change not clima change!“

    Finden wir auch!
– Aber was meint ihr eigentlich mit „System Change“?
– Müsste man sich nicht erst mal darüber verständigen, worin das herrschende System von Macht und Mammon überhaupt besteht?
– Wäre es nicht sinnvoll, erst einmal zu untersuchen, wie es funktioniert und warum es ganz offensichtlich soviel Naturzerstörung und die Ruinierung ganzer Weltgegenden samt Bevölkerung in Kauf nimmt? 
Ihr ahnt es schon: Wir finden das wichtig. Wir wollen mit euch in die Diskussion kommen. Wir wollen dazu ein paar Thesen vorlegen über den Grund der Erderwärmung, die internationale Klimapolitik, die Rolle der Ökonomie und ein paar Irrtümer der FFF-Bewegung.

    https://www.facebook.com/events/2621232657892402/
    —-
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/leserbrief-zum-artikel-weltklimagipfel-gescheitert-gs-1-10

  14. Eine Fußnote zum Stichwort KLIMA:
    Mozambik säuft ab – die Weltgemeinschaft leistet „humanitäre Hilfe“. Dieselbe Scheiße wie vor 20 Jahren. Halb Ostafrika ist nach Regenstürmen unbewohnbar. Nach ein paar Tagen oder Wochen kommt es auch in den hiesigen Nachrichten vor. Die zivilisierte Welt schickt Rettungsflugzeuge, Ärzteteams und Carepakete, die hiesige Bevölkerung soll dafür spenden. Dann werden die Überlebenden wieder nach Hause verfrachtet, bis sie der nächste Zyklon ereilt.
    Aufgrund einer Naturkatastrophe wird eine ganze Nation zum Fall auswärtiger humanitärer Hilfe – und keiner will merken, welche Brutalitäten in diesem Befund enthalten sind: Dass ein Hochwasser in Mosambik derart verheerende Schäden anrichtet, ist nämlich keine Laune der Natur, sondern liegt an der ruinösen Zurichtung der Lebensbedingungen im Land für den Weltmarkt. Ein maßgebliches Interesse scheint jedenfalls nicht tangiert, wenn eine ganze afrikanische Nation ersäuft; die Forderung nach Hilfe ist deswegen billig zu erfüllen: Der Imperialismus schickt seine Hubschrauber und verfrachtet die Geretteten zurück in genau das Elend, das sie gerade beinahe umgebracht hat.
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/hochwasserkatastrophe-mosambik
    (aus GSP 2/2000)

  15. Dieser Gasdeal über US-Flüssiggas mit der Ukraine läuft erstens auf kalte Wohnungen für viele Ukrainer hinaus – die Gehälter steigen ja nicht in dem Maße, wie das nötig wäre, – aber könnte zweitens überhaupt eine Umstellung der Energieversorgung der Ukraine in die Wege leiten.
    Der flächendeckende Gasanschluß für die Haushalte war ja ein Vermächtnis der Sowjetunion.
    In ländlichen Gebieten, wo das leichter möglich ist, sind heute schon viele Haushalte auf Holz und Kohle umgestiegen. Das wirft natürlich die Frage auf: Woher kommt das Holz? Welche Bestände werden dafür abgeholzt? und zweitens, woher kommt die Kohle? Aus dem Donbass, legal oder per Schmuggel?
    In städtischen Gebieten könnte der Atomstrom stärker forciert werden. Was beim Alter der AKWS und den allgemeinen wirtschaftlichen Zuständen in der Ukraine sehr bedenklich ist. Kommt Tschernobyl 2.0?

  16. Einige Basics und fundamentale Infos über Energie, Öl, grüne Energien, Kapitalismus – und so auch zum Thema ‘Klimapolitik’ – erläutert

    Peter Schadt im Gespräch bei 99 zu eins  (vor 15 Std. gestern live gestreamt)

    https://www.youtube.com/watch?v=nMuyv-DsOA8

    —–

    Peter Schadt generell über neue Technologien

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1143245.technologie-macht-der-technik.html?fbclid=IwAR2hfsVx9xqu0TvIIGco7fAC2hdz0Yc_e85r2veaCH-qOl-8PNZ72VQ1wdQ

  17. Peter Schadt: Ins Mark treffen        Das Erdölembargo gegen Russland soll gegen Ende 2022 kommen. Eine kurze Chronologie der deutschen Energiepolitik seit Anfang des Jahres.

    https://www.jungewelt.de/artikel/426327.i-ve-got-the-power-ins-mark-treffen.html

    —-

    In einem Kommentar in der jw erläutert Reinhard Lauterbach, dass “(…) Kiew beschlossen hat, den Transit russischen Gases über das eigene Territorium um ein Drittel zu reduzieren. Aufhorchen lässt dabei das Argument: Wegen der Kämpfe in der Region Lugansk sei ein »ordnungsgemäßer Betrieb« einer Pump- und einer Kompressorenstation nicht mehr gewährleistet. Russland hat das bestritten. Tatsächlich spricht die Chronologie der Vorwürfe gegen die ukrainische Version, Moskau habe die Senkung der Transitmenge zu verantworten. Erst hatte Kiew von »höherer Gewalt« in Gestalt der Kämpfe berichtet, welche die Lieferung behindere, Russland hatte dies bestritten und erklärt, die Pumpstation »arbeite ungestört«. Jetzt behauptet die ­Ukraine das glatte Gegenteil: Gasprom habe »den Hahn zugedreht«. Offenbar in der Annahme, dass man heute Moskau für alles verantwortlich machen kann und niemand die eigenen Erklärungen vom Morgen desselben Tages nochmals liest.
    Dabei wird umgekehrt ein Schuh daraus. Die Ukraine will die Wahrheit verbergen, dass sie den Gaskunden vertraglich zugesicherte Ware entzieht. Und zwar aus einem Grund, der den Abnehmerländern so egal sein kann wie die Farbe, mit der die Kompressoren angestrichen sind: ihrer eigenen Souveränität. Kiew macht die Westeuropäer zur Geisel seiner eigenen politischen Ambitionen.(…)”

    https://www.jungewelt.de/artikel/426384.erpressbar-gemacht.html

    —–

    Krieg in der Ukraine: Russland sanktioniert ehemalige Gazprom-Töchter

    Russland hat gegen die Firma Gazprom Germania und andere ehemalige Tochterunternehmen seines staatlichen Gaskonzerns Sanktionen verhängt. Mit insgesamt 31 aufgelisteten Firmen dürften von russischer Seite keine Geschäfte mehr gemacht werden, hieß es. Die russische Regierung veröffentlichte dazu am Mittwochabend eine Verfügung, nach der die Handelsverbote im Auftrag von Kremlchef Putin in Kraft treten.

    Gazprom Germania war Anfang April unter staatliche deutsche Kontrolle gestellt worden. Die Bundesregierung betonte in Berlin, die Versorgungssicherheit sei derzeit gewährleistet. Die ehemalige Gazprom-Tochter ist Eigentümerin weiterer wichtiger Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft. Dazu gehören etwa der Gashändler Wingas, der unter anderem Stadtwerke beliefert und der Gasspeicherbetreiber Astora.   (…)   Nach Angaben der russischen Agentur Interfax ist nach den Sanktionen auch das Anlegen von Vorräten mit russischem Gas in den Speichern Europas künftig verboten. Unklar war zunächst, wie ein solches Verbot durchzusetzen wäre.

    https://www.ndr.de/nachrichten/info/Krieg-in-der-Ukraine-Russland-sanktioniert-ehemalige-Gazprom-Toechter,russlandkrise100.html

    —-

    Mit dem Ausbau der LNG-Terminals in Deutschland soll es nun schnell gehen. Doch das Entscheidende fehlt: das verflüssigte Erdgas. Denn Lieferanten wollen nicht so wie die Bundesregierung.
    https://www.heise.de/tp/features/LNG-Terminals-Deutschland-sucht-haenderingend-Gaslieferanten-7081183.html

    ——-

    und zu allerletzt:

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/polen-will-russland-als-hauptoellieferant-in-mittel-und-osteuropa-abloesen/

  18. Was ist eigentlich mit TurkStream?
    Diese Pipeline wurde mit 1.1. 2021 nach Serbien und Bulgarien verlängert und im Oktober 2021 nach Kroatien und Ungarn weitergeführt. Diese Staaten sind daher vom Ukraine-Transit unabhängig — sollte man meinen.

    Ich blicke bei der Energiepolitik überhaupt nicht mehr durch. Offenbar macht die EU alles, um Rußland zum Lieferstopp zu zwingen, durch Enteignung der Töchter oder Weigerung der Zahlung nach den von Rußland vorgegebenen Modalitäten.

    Aber ohne das russische Gas wird es nicht gehen, und bei den derzeitigen Gaspreisen — Tendenz steigend — ist der wirtschaftliche Kreislauf sowieso bald am Ende.
    Übrigens nicht nur in der EU. Die Ukraine schaut ohne das Gas alt aus, und auch mit Treibstoff gibt es immer größere Schwierigkeiten.
    Kriegführung ohne Diesel, hmmm?

    Lemminge …

  19. In Österreich gibt es einen Speicher bei Salzburg —  Haidach –, der angeblich leer ist. Er gehört Gazprom.
    Der österreichische Kanzler droht Gazprom, die Firma bezüglich des Speichers zu enteigenen, wenn er nicht gefüllt wird.
    ???
    Wieso ist er leer? Liefert Gasprom nicht? Zahlt Österreich nicht?
    Wie soll er duch Einkassieren durch den österreichischen Staat voll werden?

    Man hat irgendwie den Eindruck, die Politiker laufen inzwischen alle auf Koks, Amphetaminen oder Ähnlichem. (Nicht nur Selenskij …)

  20. How America Took Out The Nord Stream Pipeline

    The New York Times called it a “mystery,” but the United States executed a covert sea operation that was kept secret—until now

    Seymour Hersh
    NORD STREAM

    The U.S. Navy’s Diving and Salvage Center can be found in a location as obscure as its name—down what was once a country lane in rural Panama City, a now-booming resort city in the southwestern panhandle of Florida, 70 miles south of the Alabama border. The center’s complex is as nondescript as its location—a drab concrete post-World War II structure that has the look of a vocational high school on the west side of Chicago. A coin-operated laundromat and a dance school are across what is now a four-lane road.

    The center has been training highly skilled deep-water divers for decades who, once assigned to American military units worldwide, are capable of technical diving to do the good—using C4 explosives to clear harbors and beaches of debris and unexploded ordinance—as well as the bad, like blowing up foreign oil rigs, fouling intake valves for undersea power plants, destroying locks on crucial shipping canals. The Panama City center, which boasts the second largest indoor pool in America, was the perfect place to recruit the best, and most taciturn, graduates of the diving school who successfully did last summer what they had been authorized to do 260 feet under the surface of the Baltic Sea.

    Last June, the Navy divers, operating under the cover of a widely publicized mid-summer NATO exercise known as BALTOPS 22, planted the remotely triggered explosives that, three months later, destroyed three of the four Nord Stream pipelines, according to a source with direct knowledge of the operational planning.

    (…)

    https://seymourhersh.substack.com/p/how-america-took-out-the-nord-stream

  21. "Enthüllung von Hersh: Wie Amerika die Nord Stream Pipeline ausschaltete

    Während die Bundesregierung die transatlantische Freundschaft beschwört und den USA kritiklos folgt, hat die US-Regierung für die Sprengung der Nord Stream Pipelines gesorgt, wie der renommierte Journalist Seymour Hersh minutiös recherchiert hat. Wessen Interessen vertritt die Bundesregierung eigentlich? Und warum wird in großen deutschen Medien über diese spektakuläre Enthüllung, die u.a. von den NachDenkSeiten automatisiert ins Deutsche übersetzt wurde, kaum berichtet? Schließlich ist Seymour Hersh nicht irgendwer, sondern zählt zu den renommiertesten Investigativ-Journalisten überhaupt, der u.a. das My Lai Massaker im Vietnamkrieg oder den Folterskandal im irakischen Abu Ghraib ans Licht gebracht und für seine Recherchen den Pulitzer-Preis erhalten hat. Ich finde: Die Ampel kann diesen Anschlag auf unsere Energieinfrastruktur nicht einfach so ignorieren, sondern muss den Vorwürfen nachgehen – immerhin wäre dies ein Akt der Kriegsführung bzw. des Staatsterrorismus. Wer solche Freunde und Verbündeten hat, braucht wirklich keine Feinde mehr." (Newsletter Sahra Wagenknecht)

    Hab jetzt keine Lust das zu recherchieren, aber die letzten anderthalb Sätze meine ich auch so geäußert und hingeschrieben zu haben. Nestor war schneller.

  22. Zur Abwechslung wird die Reportage nicht verschwiegen aber diffamiert.

    Für die knallige Geschichte um die Nord-Stream-Pipelines heißt das nichts Gutes. Sie wird mit dem besten Faktencheck, der hier zugegeben nur in wenigen Ansätzen erfolgt, nicht aus der Welt zu schaffen sein. Wer Hersh glauben will, weil er sich bestätigt sieht in seinen Verschwörungsfantasien, wird jedes Wort für die Wahrheit nehmen; einfach, weil es so schön passt.

    Na immerhin passt es. Während die Theorie, dass die Russen ihre eigene Pipeline sprengen, nicht passt.

  23. NATO-Generalsekretär hat am Montag in Brüssel Folgendes vorgestellt:

    Nach Lecks an Nord Stream-Pipelines: Nato-Koordinierungszelle soll kritische Infrastruktur schützen

    Nach den mutmaßlichen Sabotageaktionen an Gaspipelines in der Ostsee will die Nato künftig besser vorbereitet sein. Schwachstellen sollen gefunden und frühzeitig behoben werden.

    RT hat dazu trocken festgestellt:

    Stoltenberg, who was the Norwegian prime minister before taking over NATO leadership in 2014, did not address Hersh’s story from last Wednesday. Neither did any of the reporters NATO spokeswoman Oana Lungescu called on. 

  24. Es ist schwierig, den Artikel von Hersh ganz zu ignorieren. Erstens ist er ja nicht irgendwer und zweitens hat sich der Artikel sehr schnell um den Erdball verbreitet.

    Frühere unangenehme Artikel hat er noch mühsam in irgendwelchen Medien verbreitet – zu den Giftgas-Angriffen in Ghuta erschien er in der „London Review of Books“ – inzwischen scheint er eine eigene Website aufgesperrt zu haben, um dieses Problem zu lösen.

    Zum Glück für die freie Presse hat sich in Pandemiezeiten endgültig eingebürgert, daß sich alle unangenehmen Theorien als Verschwörungstheorien abtun lassen und so kann man das als Zeitungschmierer leicht in diese Schublade einsortieren, mit Hilfe einiger weiterer fertiger Textbausteine.

  25. Es ist schwierig, den Artikel von Hersh ganz zu ignorieren.

    Nein, das geht doch in den USA und Großbritannien ganz gut. Und selbst die ""Diskussion" in Feutschland ist ja nicht wirklich der Geschichte angemessen.

  26. Dort habe ich zugegebenermaßen die Diskussion nicht so auf dem Schirm.

    Aber eines ist schon zu beobachten: In dem Maße, in dem sich die offiziellen Medien einer bestimmten Propaganda verschreiben, geht halt auf den Social Media einiges los. Man kann jetzt auch nicht sagen, das ist keine Öffentlichkeit.
    Twitter und TikTok und YouTube sind voll mit Sachen, die in den vorgestern noch halbwegs seriösen Medien nicht vorkommen. Ich weiß übrigens auch gar nicht, wer eigentlich die „Zeit“, den „Spiegel“, die „Süddeutsche“ und dergleichen Zeitungen überhaupt noch liest. Mir erscheint ein großer Teil der Menschheit ganz woanders unterwegs zu sein.
    Es ist vor allem unsereins, Zeitungsleser einer bestimmten Altersgruppe, der diesen Medien noch Bedeutung zumißt.

    In den USA bei den Fernsehkanälen weiß ich nur: CNN z.B. schauen heute angeblich schon recht wenige Leute an, die Fox News hingegen schon – und dort hat Tucker Carlson sich die Story natürlich nicht entgehen lassen.

  27. Don’t talk about Nord Stream

    For all the intrigue around who bombed the pipeline, some Western officials are not so eager to find out.

    At gatherings of European and NATO policymakers, officials have settled into a rhythm, said one senior European diplomat: “Don’t talk about Nord Stream.” Leaders see little benefit from digging too deeply and finding an uncomfortable answer, the diplomat said, echoing sentiments of several peers in other countries who said they would rather not have to deal with the possibility that Ukraine or allies were involved.

    Even if there were a clear culprit, it would not likely stop the provision of arms to Ukraine, diminish the level of anger with Russia or alter the strategy of the war, these officials argued. The attack happened months ago and allies have continued to commit more and heavier weapons to the fight, which faces a pivotal period in the next few months.

    Since no country is yet ruled out from having carried out the attack, officials said they were loath to share suspicions that could accidentally anger a friendly government that might have had a hand in bombing Nord Stream.

    In the absence of concrete clues, an awkward silence has prevailed.

    “It’s like a corpse at a family gathering,” the European diplomat said, reaching for a grim analogy. Everyone can see there’s a body lying there, but pretends things are normal. “It’s better not to know.”

    https://www.washingtonpost.com/national-security/2023/04/03/nord-stream-bombing-yacht-andromeda/

    In dem Artikel wird natürlich mit keiner Silbe Seymour Hersh erwähnt, alles andere, nur nicht der.

  28. Der Besuch von Scholz in USA diente vor allem den Zweck, so wird vermutet, sich Instruktionen für das Behandeln dieses Leichnams abzuholen.

    Im Grunde wurde das alles ja schon einmal durchgespielt, bei Abschuß von dem Flugzeug über der Ukraine.
    Beteiligte ausschließen, luftige Verdächtigungen in die Welt setzen, unscharfe Video-„Beweise“ präsentieren und das ganze alle halben Jahre von irgendeiner Behörde und einem Medium wiederholen lassen, mit neuen „Beweisen“, bis Gras über die Sache gewachsen ist und das ganze in den Kanon der antirussischen Propagandasprüche eingegangen ist.

    Die Dimensionen von Nord Stream sind allerdings etwas größer, einmal sehen, ob das gelingt.

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