KRISE ALLERORTEN
Daß die Lockdowns und Quarantänen und Schulschließungen usw. sehr viel an Geschäft und Einkommen vernichtet haben, steht außer Zweifel.
Allerdings stand die Gschaftlmacherei weltweit seit der Finanzkrise 2008 ff. sowieso nicht unter dem besten Stern, vor allem in der EU.
Die CV-Krise verstärkt also nur Stagnation und Abbau von Arbeitsplätzen, die vorher auch schon gelaufen sind, und jetzt teilweise der Corona-Krise zugeschrieben werden, um an staatliche Subventionen zu kommen.
Antikapitalismus/Die Marktwirtschaft und ihre Unkosten/Fremdenverkehr/Geld & Kredit/Imperialismus/öffentliche Schulden (Staaten, Länder, Gemeinden)/Postsozialismus
DIE TRANSPORTINDUSTRIE
Ein Artikel von 2016:
Warum in der spanischen Provinz Milliardenwerte parken
Spanien baut gerne Flughäfen, die keiner braucht. Als Geisterflughäfen gelten die in Castellón oder Ciudad Real. Jetzt gibt es in Teruel einen neuen Airport – ohne Passagierterminal. Aber hier stehen mehr Jumbos rum als im Hauptstadtflughafen Madrid. Was ist da los?
https://www.stern.de/reise/follow-me/teruel-airport–milliardenwerte-parken-in-der-spanischen-provinz-7088486.html
Teruel steigt da ein in ein bereits laufendes Geschäft:
https://de.wikipedia.org/wiki/Flugzeugfriedhof
Flugzeuge müssen fliegen: Wie Lufthansa Maschinen trotz Corona fit hält
Die deutsche Konzernmutter der Austrian Airlines muss einen erheblichen Aufwand betreiben, um ihre Flugzeuge betriebsbereit zu halten. Dabei gibt es drei Alternativen: Fliegen, einmotten oder “fast flugbereit” halten. Flugzeuge müssen fliegen: Wie Lufthansa Maschinen trotz Corona fit hält
Die deutsche Konzernmutter der Austrian Airlines muss einen erheblichen Aufwand betreiben, um ihre Flugzeuge betriebsbereit zu halten. Dabei gibt es drei Alternativen: Fliegen, einmotten oder “fast flugbereit” halten.
…
Auch die deutsche AUA-Muttergesellschaft Lufthansa steht bei nahezu jedem Jet vor den Alternativen: Fliegen, einmotten oder fast flugbereit halten. Am Tiefpunkt der Krise standen 700 der 763 Konzernjets am Boden, im Herbst sollen 380 Flieger und damit etwa die Hälfte der Flotte wieder in der Luft sein, hat Vorstandschef Carsten Spohr angekündigt. Er geht auch davon aus, dass erst im Jahr 2023 ein neues Normalmaß erreicht sein wird mit 100 Fliegern weniger als noch 2019. Da der teilverstaatlichte Konzern in dieser Zeit trotz Krise auch noch 80 fabrikneue Maschinen kaufen will, wird von der aktuellen Flotte fast jedes vierte Flugzeug künftig nicht mehr gebraucht.
https://industriemagazin.at/a/flugzeuge-muessen-fliegen-wie-lufthansa-maschinen-trotz-corona-fit-haelt
Das alles hat natürlich Folgen:
Luftfahrtindustrie
Airbus: Bis zu 15.000 Kündigungen “unumgänglich”
Auf den europäischen Flugzeughersteller kommt ein riesiger Abbau von Arbeitsplätzen zu. Auch betriebsbedingte Kündigungen seien nicht vermeidbar, so Konzernchef Guillaume Faury.
Bisher hatte Airbus nur davon gesprochen, dass betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen seien. Ein Grund für seinen pessimistischeren Ton sei, dass sich die Luftfahrt im Sommer nicht so weit erholt habe wie in der Branche erhofft, schrieb Faury. Die Krise werde wahrscheinlich tiefgreifender sein und länger dauern als gedacht.
https://industriemagazin.at/a/airbus-bis-zu-15000-kuendigungen-unumgaenglich
ÖBB erwarten einen riesigen Verlust wegen der Coronakrise
Die Österreichischen Bundesbahnen erwarten für heuer ein Umsatzminus von rund 800 Millionen Euro, so Konzernchef Andreas Matthä. Der Verlust im Personenverkehr sei deutlich größer als jener im Güterverkehr.
https://industriemagazin.at/a/oebb-erwarten-einen-riesigen-verlust-wegen-der-coronakrise
Exportwahn ohne Ende
Wissenschaftler, Gewerkschafter und Vertreter von Kapitalverband diskutieren über Ausrichtung der deutschen Wirtschaft.
Von Steffen Stierle
Auf Einladung des Vereins »Freiburger Diskurse« diskutierten Anfang Oktober Vertreter von Wissenschaft, IG Metall und dem Kapitalverband Gesamtmetall über das deutsche Wachstumsmodell. »Deutschland ist Exportweltmeister – ist das besonders dumm oder besonders klug?«, so lautete der Titel des Webinars, das mit einem Statement des Politikwissenschaftlers Andreas Nölke (Universität Frankfurt) begann. Dieser stellte der hiesigen Wirtschaftsstrategie ein vernichtendes Zeugnis aus. Die Exportorientierung erfordere ein niedriges Lohnniveau, führe zu einer Spaltung der Arbeiterschaft, befördere Defizite in der öffentlichen Infrastruktur und habe ohnehin keine Zukunft.
Der Exportdrang werde nicht ausschließlich über Luxusautos und anspruchsvolle Maschinen stimuliert, argumentierte Nölke. Vielmehr finde die Weltmarktorientierung auch in preissensiblen Bereichen wie der Fleischindustrie statt. Um hier wettbewerbsfähig zu sein, brauche es ein niedriges Lohnniveau. Auch bei Steuern und Sozialabgaben müsse man zurückhaltend sein, um Produkte exportieren zu können, bei denen es auf zehn Cent Preisunterschied ankommt. Das wiederum belaste die öffentlichen Haushalte und somit auch die Fähigkeit, Dienstleistung und Infrastruktur auf gutem Niveau bereitzustellen.
Doch nicht nur bei Billigprodukten komme die Exportökonomie in »rauhere Fahrwasser«, so Nölke weiter. In der Vergangenheit habe das Modell von einer Phase intensiver Globalisierung profitiert. Dieser Prozess sei jedoch »auf absehbare Zeit vorbei«. Schon vor Ausbruch der Coronapandemie habe der internationale Güterhandel stagniert. Angesichts des globalen Trends zum Protektionismus sei keine Trendwende zu erwarten. Allein der »neue kalte Krieg« zwischen den Vereinigten Staaten und China sei ein enormes Problem für die deutsche Exportwirtschaft. Man müsse sich zwischen den beiden Märkten entscheiden, doch beide seien für das gegenwärtige Modell von herausragender Bedeutung. Auch langfristig erwartet Nölke keine Entspannung: Zuletzt habe »die Zahl der internationalen Konflikte enorm zugenommen«, argumentierte er. Auch der Klimawandel berge ein großes internationales Konfliktpotential. Derartige Unruhen seien schlecht für die Exportbranche. Sie beschädigten Absatzmärkte und unterbrächen Wertschöpfungsketten.
Nötig sei angesichts dieser Probleme eine »Ausbalancierung der Volkswirtschaft«, also ein Abbau der Außenhandelsüberschüsse. Hierzu brauche es höhere Löhne. Zwar sei das Lohnniveau Sache der Tarifparteien, so Nölke. Doch der Staat könne viel tun, etwa indem er Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt, den Mindestlohn erhöht, öffentliche Aufträge konditioniert und atypische Beschäftigungsformen abschafft. Auch eine Steigerung der öffentlichen Nachfrage wäre hilfreich.
Nölkes Breitseite gegen den Exportismus blieb nicht ohne Widerspruch. Die beteiligten Vertreter von Kapital und Arbeit waren sich in der Verteidigung des Modells weitgehend einig. Zunächst rechtfertigte die Ökonomin Beate Scheidt, die beim IG-Metall-Vorstand in Frankfurt tätig ist, die schwache Lohnentwicklung in den frühen 2000er Jahren. Es habe seitens der Gewerkschaften »kein bewusstes Lohndumping« stattgefunden. Vielmehr habe es ernsthafte Probleme mit hoher Arbeitslosigkeit und einen starken Wettbewerbsdruck gegeben. Zudem wies Scheidt darauf hin, dass in den letzten Jahren höhere Tarifabschlüsse erreicht wurden.
»Ich finde das Exportmodell nicht dumm«, verteidigte auch Michael Stahl von Gesamtmetall die deutsche Niedriglohnpolitik. Verantwortlich für die Exportlastigkeit sei die Struktur der deutschen Industrie. Bei vielen Firmen handle es sich um »Hidden champions« (deutsch: heimliche Gewinner), hoch spezialisierte Unternehmen, die in kleinen Nischen führend seien. Für diese sei der deutsche Markt zu klein, sie bräuchten den Weltmarkt. Überhaupt sei zu beachten, dass die hiesigen Industrieunternehmen stark in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden seien. Da würden starke Lohnerhöhungen nur zu Arbeitsplatzverlagerungen führen.
Nölke hielt entgegen, dass gerade bei den »Hidden champions« die Löhne kaum ins Gewicht fielen, da hier die Technologie entscheidend sei. Der Professor für internationale Politik räumte aber ein, dass eine Ausbalancierung in anderen Bereichen dazu führen könne, dass »ein paar Arbeitsplätze wegfallen«. Jedoch entstünden in den binnenmarktorientierten Branchen auch neue. Es gebe hier »einen klaren Verteilungskonflikt«. Dieser müsse benannt, ausgetragen und stärker zugunsten der Binnenökonomie gelöst werden.
Die Debatte drehte sich weitgehend um die Lohnpolitik, wobei insbesondere die vielen Gemeinsamkeiten zwischen IG Metall und Gesamtmetall auffällig waren. Etwa bei der Zurückweisung des Vorschlags, mehr Tarifverträge durch den Wirtschaftsminister für allgemeinverbindlich erklären zu lassen. Wenn man »den ersten Schritt« gehe, führe das »in ein ganz anderes Wirtschaftssystem«, warnte Stahl als Vertreter der Unternehmer vor dem vermeintlichen Ende des Kapitalismus. Auch Scheidt war nicht begeistert. Wenn es um die Löhne geht, »müssen die Tarifparteien zusammenkommen«, plädierte sie für staatliche Zurückhaltung.
Der deutsche Exportweltmeister hat mit Hilfe des Euro ja auch den EU-Binnenmarkt sehr gründlich erobert, was allerdings dazu führt, daß die Abnehmerländer in immer höherem Maße aus diversen Euro-Töpfen und von der EZB kreditiert werden müssen.
Für die Einbindung in die Konkurrenz der Weltwährungen – und damit auch die Stärkung bzw. Stützung des Euro – braucht Deutschland auf jeden Fall Märkte außerhalb der EU.
Fällt daran noch jemand etwas auf. Ich musste mir bei den Zahlen die Augen reiben, ob ich das auch richtig gelesen habe. Inzidenzwert 100 ist ja schon recht hoch. Und bei diesem hohen Infektionsgeschehen sind immer noch Veranstaltungen bis 50 Teilnehmern erlaubt. Geht’s noch? Und Demonstrationen und Gotteskult betrifft das noch nicht mal. Für’s Seelenheil ist es offenbar ok, wenn ein paar über die Klinge springen. Und zu gleicher Zeit werden die Leute als verantwortungslos diffamiert. Da braucht man sich ja nicht mehr zu fragen warum die Zahlen steigen. Immer wenn ich genauer nachgoogle warum in einem Landkreis die Zahlen wieder nach oben gehen, ist das Zusammentreffen von vielen Leuten in geschlossenen Räumen die Ursache. Hochschulveranstaltungen, Klassentreffen, Feiern usw. Es scheint mir als hätte sich unter der Hand der schwedische Weg in der BRD durchgesetzt. Nur kein flächendekender Lockdown, scheint die Devise. Eigentlich gar kein Lockdown. Ich habe den Eindruck, dass die Politikergilde es mittlerweile als Fehler betrachtet, dass im März der Lockdown verhängt wurde. Und keine Sau spricht mehr von der Coronaapp. Die ist offenbar gescheitert.
Ggf. passender Kommentar von Kritische.Politik.de:
(…) Die Absurdität, das Wüten eines Virus zur Frage des verantwortlichen Haltens an verpflichtend gemachte Hygieneregeln zu machen, wird einem darüber bekannt gemacht, wenn nach jüngster Meldung vom 19.10.20 keine eindeutigen lokalen Hotspots für die steigenden Ansteckungszahlen ausgemacht werden könnten, sondern die angeblich nun wieder “flächigere” Ausbreitung lässt den Schluss zu, dass dies der Tatsache geschuldet ist, dass überall dort, wo Zusammenkünfte stattfinden, die der Staat auch im Zuge seiner Lockerungpolitik selber begünstigt hat, Angriffsflächen für einen Schädling geboten werden. Letzterem tragen die Behörden z.B. auf Landesebene durch Teil-Lockdowns oder regionale/örtliche Voll-Lockdowns Rechnung – bis sie meinen, einen Rückgang der Fallzahlen erreicht zu haben, der sodann im widersinnigen “Umkehrschluss” wieder Entschränkungen zuließe, bis die Ansteckungsherde erneut zunehmen – ein bezeichnender Zirkel staatlicher Pandemieeindämmung.
https://tages-politik.de/Innenpolitik/Bundeswehramtshilfe_in_Coronazeiten-Okt._2020.html
Dieser kapitalistische Zirkel wurde im Mai erläutert, passender Weise damals angesicht der öffentlichen Debatte über die von Merkel angemeckerte (aber von ihr, und ihrem gewünschten Nachfolger Laschet, durch ihren kapitalfreundlichen Standpunkt ja durchaus auch erst selbst mit großem Schwung versehene) ‘Öffnungsdiskussionsorgie’:
https://www.heise.de/tp/features/Zwischen-Pest-und-Cholera-4765587.html
@Kehrer
Ja, da stimme ich zu.
Obwohl der „schwedische Weg“ eben nur eine gewisse Wurschtigkeit gegenüber der Letalität des Virus ist, und gar nicht so sehr ein eigener „Weg“. Im Grunde machen die USA ja das selbe.
Daß Schweden bisher so durchgekommen ist, wie es ist, mag an der dünnen Besiedlung des Landes liegen, aber andere Staaten können sich das eigentlich nicht leisten.
Na ja, die setzt einmal einen flächendeckenden Smartphone-Besitz voraus, der nicht gegeben ist, und auch den vorhandenen Smartphone-Besitzern kann man nicht eine App verordnen, höchstens vom Arbeitsplatz aus, aber auch dort ist das grundrechtemäßig heikel.
Die Demokratie lebt eben von der Freiwilligkeit des Mitmachens, und das verträgt sich schlecht mit Corona-Verordnungen aller Art.
Ok, ich sehe, es ist tatsächlich auch anderen aufgefallen:
Momentan sind wir bei 11 000 Infizierten und ich glaube nicht, dass das bei diesen Maßnahmen zurückgeht. Selbst das RKI beschwichtigt: Die Infektionszahlen heute bilden das Infektionsgeschehen vor 10 Tagen ab. Die Maßnahmen müssen erst noch wirken (welche denn, die jetzigen Maßnahmen wirken tatsächlich, aber als Brandbeschleuniger) Und dann hört man solche Sprüche:
Und das ist nur die halbe Wahrheit, weil den Privatleuten der schwarze Peter zugeschoben werden soll. Es ist hinlänglich bekannt, dass der Hauptübertragungsweg Zusammenkünfte vieler Personen in geschlossenen Räumen darstellen. Dem wird aber politisch nicht Rechnung getragen.
Abwiegelei.
Zynische Abwieglei. Unter 50 nur 1,3 % aller Coronatoten. Ist ja klar warum das von Bedeutung ist. Soll heißen: Die Wirtschaft ist nicht dadurch in Gefahr, dass Beschäftigte ausfallen. Und die “Alten über 50” braucht sowieso keiner mehr.
Also Anstieg der Positivrate auf das 5 fache.
Es liegt also nicht daran, dass es mehr Tests gibt.
“Wir wissen nicht, wie es sich weiterentwickelt” Anscheinend hat auch Drosten den Verdacht, dass ein Strategiewechsel bei der Pandemiebekämpfung droht oder schon stattgefunden hat.
@nestor: Wenn ich Stockholm, Malmö und Göteborg zusammennehme sind das ca. 2 Millionen von 10 Millionen Schweden. Die dünne Besiedlung spielt zum Teil eine Rolle. Der “schwedische Weg” soll die Vermeidung eines kompletten Lockdowns heißen. Da wurde sich im Ausland ja öffentlich gewundert und gefragt, wann die Schweden eine Kehrtwende vollziehen, die aber meines Wissens nie eingetreten ist.
Zur App: Ja Söder und Lauterbach sprechen darüber. Söder meint sie bringt nichts, “zahnloser Tiger” und Lauterbach meint, sie leistet einen kleinen Beitrag, aber jeder Beitrag sei wichtig.
BigCaT schrieb am 22.10.2020 12:51:
Wieso tauchen in den ganzen Statistiken keine Fälle auf, wo Ansteckung am Arbeitsplatz stattfindet (Tönies war wohl nicht mehr zu verheimlichen)?
Edit: P.S.: Ich weiß selbst, dass das dumm und naiv gefragt ist – aber deshalb hätte ich ja gerne Antworten.
Wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion im beruflichen Umfeld deutlich höher wäre als im privaten, dann droht die Notwendigkeit einer Einstufung als Arbeitsunfall. Und es würde recht teuer, wenn es mehr als nur vereinzelte Spät- und Folgeschäden gäbe. Im Moment hörst Du aus allen Ecken, dass die Privathaushalte sich zum Treiber der Pandemie entwickeln, Das lässt so manche Funktionäre aufatmen.
@Kehrer
Mir erscheint es auch so, daß manche Länder einen
vollziehen und neidisch nach Schweden oder Braslien blicken, die von Anfang an wenig gemacht haben.
Der Ökonom Rudolf Hickel, einer der Großväter der ‘Alternativen’ Wirtschaftsprognostiziererei, in einem Interview im Neuen Deutschland:
“ich bin ausgesprochen skeptisch, dass es nächstes Jahr schon wieder steil bergauf geht.
Die exportfixierte Wirtschaft Deutschlands importiert die Coronakrise aus dem Ausland. Die Wirtschaft der USA, die unser wichtigstes Exportland ist, stürzt gerade ab. Auch in Europa ist die Lage nicht gerade rosig. Lediglich aus China werden wieder deutliche Wachstumsraten vermeldet. Jene, die jetzt vom V-Verlauf schwärmen, also vom Aufschwung nach dem Abschwung, übersehen: Die Coronakrise erzeugt einen nicht der gewöhnlichen Konjunktur vergleichbaren Abschwung. Für einen normalen Abschwung liegt der Grund in den Gesetzen des Wirtschaftskreislaufes, danach geht es automatisch bergauf. Die Coronakrise erzeugt einen exogenen Schock. Zuvor gesunde Unternehmen werden ohne Eigenverschulden in die Krise gezwungen. Darüber hinaus verändert die Pandemie grundlegend, wie wir arbeiten, konsumieren und leben. Das fängt beim Homeoffice an und hört beim Verzicht auf Inlandsflüge und Kreuzfahrten auf.
(Haben die Konjunkturprogramme der Bundesregierung überhaupt geholfen?)
Sie haben zunächst geholfen. Aber vieles davon sind nur Überbrückungsmaßnahmen, die erfolgreich den sofortigen Absturz verhindert haben. Doch für viele Unternehmen wird es jetzt schwierig. Deswegen hat Wirtschaftsminister Altmaier auch schon angekündigt, noch mal nachlegen zu wollen. Vor allem birgt die Situation noch ein anderes Problem: Die Anzahl der faulen Kredite bei den Banken ist bereits gestiegen.
(Droht also eine neue Finanzkrise infolge der Coronakrise?)
Ja. Wenn es zu Pleiten kommt, müssen auch die Banken die Kredite abschreiben, die sie an die Unternehmen vergeben haben. Für diesen Fall sind die deutschen Banken schlecht aufgestellt. Das trifft für die Großbanken zu, die nach dem Abbau des spekulativen Investmentbankings seit der letzten Finanzkrise ins Geschäft mit der Finanzierung des Mittelstands eingestiegen sind. Auch Sparkassen und Volksbanken sind aufgrund von Krediten, die sie traditionellerweise an viele kleinen und mittlere Unternehmen sowie die lokale Ökonomie vergeben, bereits betroffen.”
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1143508.coronakrise-eine-gnadenlose-fehleinschaetzung.html
„Alternativ“ nennt sich dieser Typ? Der gleiche Schmarrn wie von allen Wirtschaftswissenschaftlern:
Erstens Kreislauf, zweitens Gesetze, und drittens „automatisch“! Ganz abgesehen davon, daß Kapitalismus hier als „Wirtschaft“ besprochen wird, so als gäbe es keine andere.
Das wiederum suggeriert, daß sie für andere Fälle gut aufgestellt wären, ein Optimismus, den der deutsche Banksektor nicht hergibt.
“Wieso tauchen in den ganzen Statistiken keine Fälle auf, wo Ansteckung am Arbeitsplatz stattfindet (Tönies war wohl nicht mehr zu verheimlichen)?” Das wundert mich auch und das kann eigentlich nicht sein.
“dass die Privathaushalte sich zum Treiber der Pandemie entwickeln” und Zusammenkünfte am Arbeitsplatz nicht, muss gelogen sein. Vor allem machen Politiker ja nichts dagegen und wenn sie nichts machen, spätestens dann beginnt die Ansteckung auch bei Zusammenkünften am Arbeitsplatz.
Dass sich das Ziel der Pandemiebekämpfung geändert hat, sagt hier mal ein Landrat aus dem Jerichower Land. Kein “flatten the courve” mehr: “Unser Ziel muss es sein, gravierende Auswirkungen auf Kinderbetreuung, Sport und Wirtschaft wie zu Beginn der Pandemie zu verhindern …”
Da die Kommunalpolitiker alle von einander abschreiben und wahrscheinlich tun, was die Landesregierung empfielt, dürften die “verschärften Coronamaßnahmen alle ähnlich sein. Aus obigem Ziel folgen diese Maßnahmen:
Völlig unverständlich ist es dass geschäftliche Zusammenkünfte, kulturelle Verstaltungen usw. nur auf 100 begrenzt werden. Als wollte man mit Gewalt Normalität aufrechterhalten, wo keine mehr ist. Wer ist denn eine “fachkundige Organisation”? Auch dass eine Ausnahmeregelung für eine Abstandregel eingeführt wird ist schwer nachzuvollziehen. Hier wird ein Schlupfloch mit einer alternativen Rechnungsweise gelassen. Und dann aber Strafen in Höhe von 10 000 und 25 000 € verhängen. Wie heuchlerisch ist das denn?
Dabei ist es die leichteste Übung Zusammenkünfte über 5 oder 10 generell zu verbieten und zieht auch keine riesigen Schäden nach sich. So wie das jetzt gehandhabt wird, sind das keine Eindämmungsmaßnahmen.
Schon vor “Corona” erhielt er das Prädikat “besonders wertvoll”: der Arbeitsplatz. Jetzt erst recht. Aber was taugt er wirklich? Zeit für einen ehrlichen Test. (…) Wir stellen den Arbeitsplatz endlich auf den Prüfstand. Es kann doch nicht sein, dass der Verbraucher im Unwissen gelassen wird! Er muss sich unter Abwägung aller Kriterien mündig und frei entscheiden können. Welcher Arbeitsplatz passt zu mir? Wie sieht das Preis-Leistungs-Verhältnis aus? Wie gut ist der Tragekomfort? Gibt es eine Garantie? Kann ich ihn auch problemlos umtauschen? Was passiert mit ihm, wenn ich ihn nicht mehr brauche? Auf solche Fragen und einige mehr geben wir in diesem Test die ultimativen Antworten…
https://www.heise.de/tp/features/Arbeitsplatz-der-Test-4879357.html
Aha – kein Mensch, weiß was genaues, aber dass sich Polizisten nicht im Dienst anstecken, das weiß man. Auch ein spitzenmäßiger Rat: “Vermeidet Infektion” – Ja genau. Können, vor lachen. Genauso wertvoll wie: Mach keine Fehler. Bloß eines stimmt: “Wenn wir ausfallen geht das Licht aus.” Da dürfte sogar was dran sein.
Bei den heutigen Zahlen, selbst den Serverausfall beim RKI weggerechnet, wird sich die Schätzung der Kanzlerin, dass in Deutschland an Weihnachten 19000 Infektionen am Tag gemeldet werden, schon Ende nächster, Anfang übernächster Woche erfüllen. Oder wie Söder sagte: „Es kann ganz, ganz schnell gehen.“
Kommentare zu Coronavirus-Verlauf und -Bekämpfung bitte in Zukunft hier:
http://nestormachno.blogsport.de/2020/08/28/446/
Bei diesem Thread geht es um die Ökonomie.
Das Gwirxt mit den staatlichen Eingriffen, das schon bei Lufthansa Thema war, hält sich als Dauerdebatte:
Thyssenkrupp: Pro und contra Staatsbeteiligung
Beim deutschen Stahlriesen Thyssenkrupp sei ein Einstieg des Staates “eine Option”, sagt nun Konzernchefin Martina Merz. Der Maschinenbauverband VDMA ist strikt dagegen – weil dies den Wettbewerb verzerren würde.
https://industriemagazin.at/a/thyssenkrupp-pro-und-contra-staatsbeteiligung
Rußland und China haben dieses Problem nicht, die können re-nationalisieren und subventionieren, wie es ihre Regierungen für angebracht halten.
Da sieht man wieder, warum diese beiden Staaten nicht in die westliche Wertegemeinschaft passen.
Auch diese Meldung hat es in sich:
Arcelormittal sperrt Stahlwerk in Krakau zu
Der weltgrößte Stahlkonzern stellt die Produktion in seinem Werk in Polen ein. Eine schnelle Erholung der Stahlnachfrage sei nicht zu erwarten, heißt es dazu bei Arcelormittal.
https://industriemagazin.at/a/arcelormittal-sperrt-stahlwerk-in-krakau-zu
Das Stahlwerk von Nowa Huta bei Krakau war ein Vorzeigeprojekt des sozialistischen Polens, hier wurde das damals (und möglicherweise bis heute) größte Stahlwerk Europas aus dem Boden gestampft:
https://de.wikipedia.org/wiki/Nowa_Huta
Krakaus Umgebung hat zwar nach der Wende auch andere Industrien angesiedelt, aber das Zusperren dieses Stahlwerks wird Polen und die ganze Region um Krakau hart treffen.
Auch die Sache mit den billigen Stahlimporten ist ein Lehrstück darüber, wie die EU allgemeine Interessen – billige Rohstoffe für die EU – über nationale – Produktion vor Ort – setzt und wird weiter zur Desintegration der EU beitragen.
Die weltweiten Kurse an den Börsen steigen. Wegen der Pandemie bzw. ihren diversen ökonomischen und staatlichen Begleiterscheinungen. Diese unerwartete “Erfolgsgeschichte” analysiert Stephan Kaufmann
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1145366.weltwirtschaft-die-kursrakete.html?sstr=Stephan%20Kaufmann
Weil am Anfang von Kaufmanns Artikel steigende Haustierkäufe erwähnt werden, hier eine Rückerinnerung an meinen alten Artikel zur Haustierhaltung:
http://nestormachno.blogsport.de/2015/06/27/off-topic-haustierhaltung-als-wachsender-geschaeftszweig-und-befriedigung-des-modernen-untertanengeistes/
Was den Impfstoff betrifft, so hat er offenbar seine wichtigste Rolle bereits erfüllt und die Börsen beflügelt – noch bevor er seine Wirksamkeit unter Beweis stellen mußte.
Ideologische Folgen der Krise in Italien sind u.a. in dieser Romanrezension von Thomas Steinfeld zum Thema gemacht worden
“Vom Untergang Italiens”
“(…) Amerikanisch ist schließlich auch das Ende des Buches: der Blick von der Terrasse des Schriftstellers auf das Tal von Prato, während die untergehende Sonne die Dächer der Fabrikhallen in einer Weise aufleuchten lässt, dass man sie für die Dächer von Los Angeles halten könnte. Offenbar möchte man sich seine Kolonisatoren aussuchen können. Unentrinnbar scheinen sie in jedem Fall zu sein…”
https://www.sueddeutsche.de/kultur/italien-corona-literatur-1.5149757
—
https://www.heise.de/tp/features/EU-Coronakrise-verstaerkt-das-Auseinanderdriften-von-Nord-und-Sued-4964541.html
—
“Auseinanderdriften” ist ein verkehrtes Bild für die Gegensätze. Daher vom Kopf auf die Füße …
a) Bäuerliche vs industrielle Produktion
Ihr Zusammengehen funktioniert so:
“Mit dem Import ausländischer Arbeitskräfte schaffen sich die Agrarbetriebe das Pendant zu den in der Industrie üblichen Standortverlagerungen in Billiglohnregionen. Das drückt die Arbeitskosten und hält die Preise von Industrie- wie von Agrargütern niedrig. Dies senkt die Lebenshaltungskosten der Menschen im globalen Norden, was an der seit vielen Jahren niedrigen Inflationsrate zu sehen ist – die »Globalisierung« wird von Ökonomen als Preis- und Kostenbremse geschätzt. Die niedrigen Lebenshaltungskosten im globalen Norden wiederum ermöglichen es den dortigen Unternehmen, sich mit Lohnerhöhungen zurückzuhalten. Über diese Wirkungskette leisten die Erntehelfer auf dem Feld ihren Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auch der deutschen Industrie.”
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139885.baeuerliche-produktion-vom-leben-auf-dem-lande.html?sstr=Stephan|Kaufmann|Italien
b) europäische Krisenbewältigungsstrategien
http://NestorMachno.blogsport.de/2020/06/25/imperialismus-heute-fortsetzung-20202/#comment-40383
Die ökonomische Krise in Italien schlägt in Italien periodisch um in Regierungskrisen und Neuwahlen
https://www.sueddeutsche.de/politik/italien-ausgestreckte-hand-zum-erzrivalen-1.5122141
Nicht nur Berlusconi, auch Matteo Renzi scharrt mit den Füßen – allerdings scheinen sie allesamt bei Neuwahlen eher noch weiter abzuschiffen …
Aus der Print-Ausgabe der SZ von heute (Oliver Meiler):
Italien kann 209 Milliarden aus Brüssel ausgeben:
“48,7 Mrd Digitalisierung u.ä., 74,3 Mrd für ‘grüne Revolution’, 27,7 für Infrastruktur, 19,2 Bildung und Forschung, 17,1 Soziales u.ä., 9 Milliardenfür das Gesundheitssystem – letzteres wird innenpolitisch in Italien als viel zu wenig diskutiert.
https://www.sueddeutsche.de/politik/italien-giuseppe-conte-matteo-renzi-coronakrise-1.5151105?reduced=true
GKN: „Die Querfront alternativer Fakten“
Über Corona-Protest, Verschwörungsdenken und deren demokratische Grundlage
Angesichts der „Corona-Proteste“ zeigt sich die deutsche Öffentlichkeit alarmiert: Wo sie bei einem Teil der Demonstrierenden noch „berechtigte Sorgen“ um die persönliche Zukunft oder das demokratische Leben in Zeiten einer Pandemie erkennt, hält sie dystopische Vorstellungen vom Aufbau eines digitalen Überwachungsstaats, eines angeblich geplanten Impfzwanges oder verborgener Nutznießer und Strippenzieher des Corona-Notstands für ziemlich krude – und spätestens die Beteiligung rechter Antisemit*innen oder Reichsbürger*innen für gefährlich. Das Potpourri an Deutungen der „Corona-Krise“ auf den sogenannten „Hygiene-Demos“ – samt der Annahme geheimer Kalküle – gilt der demokratischen Öffentlichkeit größtenteils als abwegig und unvernünftig.
Und merkwürdig ist es ja auch, wenn man bedenkt, dass die Politik stets transparent macht, was sie mit ihren Maßnahmen erreichen will: Sie wirbt bei der Bevölkerung dafür, die Notwendigkeit von Kontaktbeschränkungen, die Maskenpflicht, Auflagen für diverse dienstleistende Gewerbe und so weiter einzusehen. Die Maßnahmen sollen die Ausbreitung des Coronavirus unter Kontrolle bringen. Und sie werden gelockert, sofern die Fallzahlen für Gesundheitsämter und medizinische Versorgungslandschaft handhabbar erscheinen. In aller Öffentlichkeit wägt die Politik ab, wie umfassend und lange die Gesellschaft – in der alles vom wirtschaftlichen Wachstum abhängig gemacht ist – die seuchenpolitische Einschränkung dieses Wirtschaftens verträgt. Durch die Bank betonen die „Verantwortungsträger*innen“, dass sie den verordneten Ausnahmezustand überwinden wollen.
Am Willen der Regierung zum Lockdown, an dessen Auswirkungen und den Debatten darum ließe sich einiges über das Interesse des Staates an der Volksgesundheit lernen, auch über Freiheitsrechte, die Arbeitsteilung in der kapitalistischen Gesellschaft (Stichwort „Systemrelevanz“) oder die Staatsverschuldung.
Doch Verschwörungstheoretiker*innen fragen nach derartigen Sachverhalten gar nicht mit einem ernsthaften Interesse. Sie fragen nicht, wieso die Gesellschaft, in der sie leben – mit oder ohne Pandemie – so ist, wie sie ist. Sie gehen stattdessen einer ganz anderen Frage nach, nämlich der Frage, was eigentlich „hinter“ dem „Corona-Wahnsinn“ steckt. Ausgehend von dem Vorurteil, der kapitalistische Alltag wäre dafür da, dass man gut darin zurecht kommt, stören sie sich nun daran, dass „einiges arg schief läuft“: Die Welt erweist sich gerade noch weniger gut geeignet, das eigene Leben zu bewerkstelligen, als sonst.
Dagegen kann man einmal grundlegend festhalten: der kapitalistische Alltag bringt per se viele Ärgernisse und Schwierigkeiten mit sich, und diese Misere mag sich während der Pandemie für viele auch noch verschärfen. (…) Aber anstatt die schädlichen Prinzipien zu kritisieren, denen man zu genügen hat (z.B. Arbeit bekommen, arbeiten gehen, sparen und verzichten um über die Runden zu kommen), wird die Verschärfung, die durch die Pandemie entsteht, den „Verantwortungsträger*innen“ zur Last gelegt: Dass die politisch Verantwortlichen es zulassen, dass der gewohnte kapitalistische Alltag derart durcheinander gebracht wird, lässt den Argwohn der Skeptiker*innen wachsen.
1. „Freiheit ist die Einzige die fehlt“ – Vom ignoranten Lob der Freiheit
2. „Hey Staat, hey Staat, hey Staat“ – Machtausübung als Selbstzweck?
3. „Kommt heran, ihr feigen Sklaven“ – Zum Selbstbewusstsein freier Bürger*innen
4. „Wer die Banknoten liebt, der mache Politik“ – Skepsis gegenüber Amtsträger*innen
5. „Parlamente erinnern mich stark an Puppentheater“ – Geheime Drahtzieher*innen mit „volksschädlichem“ Willen
6. „Am Ende wird die Wahrheit siegen“ – Durchblicker, Volkswiderstand und Herrschaftswissen
Die falsche Kritik, den Staat bzw. sein Herrschaftspersonal am Ideal guten Regierens zu messen, haben die demonstrierenden Freund*innen von Alu-Bommel und Grundgesetz mit den guten Demokrat*innen von rechts bis links gemein. Sie alle haben gelernt, einiges an der politischen Wirklichkeit getrost zu ignorieren: Schäden und Ungemach werden als persönliche Versäumnisse, Pflichtverletzungen oder gar böser Wille geistig aus dem Normalbetrieb der wenig gemütlichen kapitalistischen Welt ausgelagert – ob mit oder ohne Pandemie.
https://gegen-kapital-und-nation.org/die-querfront-alternativer-fakten/
https://gegen-kapital-und-nation.org/die-querfront-alternativer-fakten/?pdf
—
zur Kritik der politischen Ökonomie der diversen derzeitigen staatlichen (Verschuldungs-)Maßnahmen vgl::
https://gegen-kapital-und-nation.org/media/pdfs/seminarskript_wirtschaftskrise_2008_bis_2020.pdf
http://Neoprene.blogsport.de/2020/11/17/wei-weiter-im-eu-streit-mit-ungarn-und-polen/#comment-129087
—
vgl. dazu auch:
https://de.gegenstandpunkt.com/dossier/chronik-corona-pandemie
Vom Hamstern und Sparen
Die Coronakrise löste elementare Unsicherheiten und den Drang zum Horten aus …
… das jedenfalls meint Stephan Kaufmann
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1146191.coronakrise-vom-hamstern-und-sparen.html?sstr=Stephan%20Kaufmann
Geschäfte mit dem Impfen …
Früh genug blitzten die Dollarzeichen in den Augen der Pharmaunternehmer auf, wenn sie an das Ansteckungspotential der neuen Seuche denken; und alle Nationen, die etwas auf sich halten, mischen längst mit im “Rennen um den Impfstoff”. Sogar an die Armen und Elenden in der 3. Welt haben sie gedacht, wenn sie darum konkurrieren, wer die Welt als Erster mit dem ersehnten Impfstoff beglückt und sich so als Rettungsanker der weltweiten kapitalistischen Normalität von Armut und Wachstum unwiderstehlich macht…
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wettlauf-um-den-corona-impfstoff
… und Werbung fürs Marktwirtschaftliche?
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1145692.corona-impfstoff-impfstoff-made-in-geld.html?sstr=Stephan%20Kaufmann
„Rennen um den Impfstoff“ – Rennen um die Impfstoffe, muß es genaugenommen lauten.
Welcher Impfstoff was leistet, und von wem in welchem Umfang eingesetzt wird, ist ja keineswegs abzusehen.
In China und anderen Staaten Südostasiens sieht man übrigens dem ganzen Treiben relativ gelassen zu, weil bei ihnen das Virus entweder ganz weg ist oder keineswegs beunruhigende Ausmaße angenommen hat.
China kann also seinen Impfstoff ruhig exportieren, weil dort kein solcher Bedarf besteht.
Crisis? – What Crisis?!
Dax klettert auf Rekordhoch
Der Brexit-Deal und die Corona-Impfung dürften Anleger zum Kauf angeregt haben. Einige Branchen profitieren besonders
https://www.derstandard.at/story/2000122798011/dax-klettert-auf-rekordhoch
… und hier die seit langem in diesem Blog von irgendjemandem angekündigte Rezension des kleinen Krisen-Büchleins …
https://www.gew-ansbach.de/data/2020/12/Bernhardt_Rezension_Crash-Kurs-Krise_von_Stephan-Kaufmann.pdf
Von Gurus und Prognosen
Im Kapitalismus kommt es nicht auf das Verstehen an, sondern auf das Vorwegnehmen, meint Stephan Kaufmann …
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1146486.wirtschaft-von-gurus-und-prognosen.html?sstr=Stephan%20Kaufmann
Die Quintessenz des Artikels lautet also,
“… dass es im Kapitalismus nicht auf das Verstehen ankommt, sondern auf das Vorwegnehmen. Wer heute Geld anlegt – in einer Fabrik oder an der Börse – der wird nicht reich durch das überlegene Wissen um die Gegenwart, sondern durch die Annahme von Ereignissen, die eintreten.
Der Kapitalismus ist keine Planwirtschaft, er beruht auf Spekulation, sein Finanzmarkt ebenso wie seine »Realwirtschaft«. Diese Spekulation bezieht sich auf die Anarchie des Marktes und kann daher dessen Ergebnisse nie vorhersagen. Die daraus folgende allgemeine Unsicherheit zu kompensieren, ist Aufgabe der Wirtschaftsgurus. Sie personifizieren den Glauben an eine potenzielle Beherrschbarkeit des Systems. Sie verkaufen Kontrollillusionen.”
Statt einer Prognose – also eine Analyse von Stephan Kaufmann:
“Die Wirtschaft könnte sich 2021 laut Prognosen von den Folgen der Pandemie erholen. Doch Staat und Ökonomie haben sich in einen dauerhaften Ausnahmezustand manövriert.
Das neue Jahr wird gut – wenn man den Vorhersagen der Ökonomen glaubt. Bleiben böse Überraschungen aus, folgt auf den Absturz 2020 der kräftige Aufschwung. Konsum, Investitionen, Welthandel, alles deutet aufwärts. Doch das ist nur das eine, die Oberfläche. Das andere ist, wie dieses Wachstum erreicht werden soll. Die Weltwirtschaft steht auf einer Basis, der man ansieht, dass sie über zehn Jahre Krise hinter sich hat. „Es herrscht ein befremdliches Gleichgewicht“, urteilt die französische Bank Natixis. In der Balance gehalten wird sie weniger durch die Marktkräfte, sondern durch Entscheidungen in Finanzministerien und Zentralbanken….” (Forts.):
https://www.fr.de/wirtschaft/kein-zurueck-zur-normalitaet-90156618.html
Zu den Prognosen fällt mir nur ein, daß die noch eine weitere beabsichtigte Wirkung haben: Sie sind so etwas wie Werbeeinschaltungen.
An mehreren „Prognosen“ ist mir das aufgefallen.
Eines ist der Immobiliensektor. Da wurde man die längste Zeit bombardiert mit Expertenmeinungen, daß im Jahr X fast die ganze Bevölkerung des Landes Y oder gleich der ganzen Welt in Städten wohnen wird, also: Kaufen sie lieber heute als morgen eine Wohnung in der Stadt, weil dann ist sie noch teurer! Günstige Kredite für Wohnungen erhältlich!
Mit dergleichen Expertenmeinungen wurde und wird der Immobilienbranche und den Banken unter die Arme gegriffen, als beide nicht gerade ihren besten Augenblick durchlebten, und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Verödete Landstriche EU-weit, steigende Obdachlosigkeit und Wachstumszahlen, die zu einem guten Teil auf diesen beiden Sphären beruhen.
Das zweite war und ist die Mobiltelefonie: Mit dem Erscheinen der ersten Smartphones erschien ein Schwarm von Unterhaltungseletronik-Gurus, die aus allen Rohren – auch in den Gratis-Postwurf-Zeitungen – davon schwärmten, daß der Computer verschwinden wird und alle nur mehr mit diesen allekönnenden Mäusekinos operieren werden.
Deshalb wurden von den Breitband-Anbietern die Festnetze eine Zeitlang kaum ausgebaut, weil wofür denn? Die schlechtere Anbindung an Standleitungen sollte die Kunden weiter in die Arme der Mobilfunkanbieter treiben.
Bei der österreichischen A1 wurden die Mitarbeiter bedrängt, doch so altmodische Sachen wie eine Standleitung oder gar ein Festnetz-Telefon aufzugeben!
Viele Leute gaben sich gehorsam dem Trend hin, erwarben „gewöhnliche“ Smaphones oder standen Schlange um IPhones, um ja zu den Fortschrittlichen zu gehören.
Manche werden heute von Neid erfüllt, wenn sie einen normalen großen Computer mit großer Tastatur wo stehen sehen, weil auf den Tastbildschirmen kann man ja keine 3 Sätze stressfrei schreiben, geschweige denn einen längeren Text.
Hm. Dass mit der Verstärkung von Trends Geschäfte gemacht werden, glaube ich sofort.
Allerdings ist damit nicht bewiesen, dass solche Trends auch erst aus Prognosen selbst entstammen. Beispielsweise ist die Verstädterung und Verödung der Dörfer eine Tendenz, die auch in anderen Flächenstaaten in früheren Zeiten zu beobachten war, wie man als Tourist schon in den Achtzigern in Dörfern der Provence oder Toskana registrieren konnte. Dafür gibt es Gründe in der Kapitalistischen Produktionsweise selbst. Und nicht im Prognoseunwesen! (Nähe zum Markt, Senkung der Löhne, Entfesselung und Verschärfung der Konkurrenz auf den Warenmärkten, und dementsprechende Mittel der Durchökonomisierung jedes einzelnen Kostenstelle im Betrieb, und bei den Zulieferern. Obendrein: Niedergang der kleinen Landwirtschaft auf den Dörfern wg. Durchkapitalisierung der Agrarökonomie, Niedergang
bestimmter Bereiche des Handwerks, z.B. Schreinereien etc.)
Heutzutage ist das Trend- und Prognose-Unwesen allerdings gigantisch wichtiger, und wird auch mittels Lifestyle und Internet viel massiver allseits kommuniziert. Was früher dieser oder jener Spleen oder eine verschrobene Gruppen-Marotte gewesen sein mag, ist heute von vornherein möglicherweise eine neue interessante und spekulative Geschäftsidee – und wird als innovativ gehyped. – Vielleicht …
Eine andere Frage an den zweiten Kaufmann-Artikel wäre, was es genau bewirkt, wenn kapitalistisches Wachstum durch gigantische Kredite – angeschoben wird? – ersetzt wird? –
Und wer zahlt denn dafür die Kosten? Oder gibt es keine gesellschaftlichen Kosten, weil Kredit auf Kredit auf Kredit aufgetürmt werden kann?
Und wo ist die Scheidelinie, an der das Finanzkapital misstrauisch darüber wird, dass es immerzu nur seine eigenen Zahlungsversprechen neu aufkauft, – und (nur?) so ein Börsenhoch nach dem anderen herstellt??
An Geld fehle es also nicht, meint Lutz Herden:
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/an-geld-fehlt-es-nicht
Sondern? Das viele Geld entwerte es selbst? Das sei die eigentliche Inflation? Auch wenn ansonsten von klassischen Inflationsmerkmalen hinten und vorne eher nichts zu sehen ist – und wir stattdessen eher ‘deflationäre’ Tendenzen haben würden? Aber langfristig? Auf welche Frist soll ich mich da einstellen?
Ist kapitalistisches “Wachstum” nicht auch bisher schon im Regelfall mit Vorwegnahme des dafür notwendigen Geldbedarfs (per Beantragung eines Kredits) hergestellt worden? Nur ist das Kreditieren jetzt allseitig als kapitalistisch erfolgreich beglaubigt worden, und wird vom Staat mittels diversester Kreditierungen als Corona-Hilfen, Kurzarbeitergeld etc ausgezahlt. Obwohl die entsprechende Produktion unterbrochen, also eigentlich eingestellt; wurde.
An Geld ranzukommen – ist also einerseits scheinbar kein Problem. Es ist aber nach wie vor, als Mittel der kapitalistischen Konkurrenz, und dies auch innerhalb der EU, das Hauptmittel. So sortieren sich Verhältnisse für die Zeit nach Corona neu. Und stellen sich neu gegeneinander auf – und dies je nach derzeitig unterschiedlichem Zugang zu Kredit. Also von wegen, der Zugang zu Kredit sei doch generell gar kein Problem…
Wie uch sonst immer – tobt auch jetzt eine Konkurrenz um Kredit.
@Leser
Eine falsche Trennung.
Ich wollte damit darauf hinweisen, wie das Prognosewesen gleich in mehrfacher Hinsicht eine Dienstleistung für das Kapital ist.
Erstens dadurch, daß es Prophezeiungen zur Wissenschaft erhebt und damit eigentliche Wissenschaft diskreditiert. Wofür sich Wissen über die kapitalistische Wirtschaft aneignen, das bringt ja nichts!
Zweitens dadurch, daß es – und damit kommt die Trendsetterei ins Spiel – das Interesse des Kapitals an Geschäft und Verfügbarkeit von Arbeitskräften zum ureigensten Interesse der anvisierten Kundschaft erklärt. Die Landflucht, so die Botschaft, ist im Interesse der solchermaßen in die Städte Gezogenen, dort lebt sichs einfach besser! Das Kapital braucht Arbeitskräfte, und die wollen sich doch nach getaner Arbeit urban vergnügen! Eine Win-Win-Situation!
Drittens dadurch, daß es damit verschiedene Geschäftssphären befördert.
Die Finanzmittel der Städte sind in D an das Gewerbesteueraufkommen gekoppelt – wo kapitalistisches Gewerbe sich breit macht, hat die Kommune mehr Geld, und kann dann dafür Freizeitmöglichkeiten etc. bereit stellen.
So war das zumindestens seit dem letzten Jahrhundert, in der Nachkriegszit wurde das Steueraufkommen der Städte neu festgelegt. Und gleichzeitig sollten Finanzmittel von den relativ ‘reicheren’ Bundesländern (‘Finanzausgleichzahlungen’) abgegeben bzw. verrechnet werden. Änderungen an grundlegenden Strukturen werden so dadurch aber gar nicht vorgenommen.
Wo z.B. niedergehende Hafenindustrien angesiedelt waren, von Bremerhaven bis Duisburg, da war nicht viel mit Freizeitangeboten. Umgekehrt in den Städten der großen Automobil- und Chemiebetriebe.
Und in den Dörfern können sich die kleinen Gemeinden ihre Schwimm- und Hallenbäder, bis hin zu Regionalbahnhöfen, gar nicht mehr leisten. Mit großartigen Prognose-Kunststücken und Trendsetterei von wg. moderner Lifestyle – muss das nicht unbedingt so arg viel zu tun haben…
Es hat niemand behauptet, daß die Prognosen auch wahr werden müssen.
Wichtig ist doch, daß alle Kredite aufnehmen, um Wohnungen in den Ballungszentren zu kaufen – und sei es nur als „Vorsorgewohnungen“, um sie dann an andere zu vermieten, die wirklich dorthin ziehen.
Wenn das alles nicht eintritt, die Wohnung leersteht und die Kreditraten zu zahlen sind, hat der Käufer das Bummerl. Die Immobilienfuzis und die Banken haben ihr Geschäft gemacht.
“Die Immobilienfuzis und die Banken haben ihr Geschäft gemacht.”
Die Fuzzis sicherlich. Die Banken hingegen denken nur, sie hätten ein Geschäft gemacht, denn die Unsummen von Krediten für all die Immobilien, die bei ihnen als Aktiva in den Bilanzen stehen, werden letzten Endes sich wohl nicht als “werthaltig” erweisen.
Allerdings hat die letzte Finanzkrise gezeigt, daß viele dieser „nicht werthaltigen“ Aktiva durch staatliche Hilfe aufgefangen worden sind.
Ich denke hier z.B. an die deutschen Landesbanken, die sich am irischen Immobilienboom beteiligt haben und dann zu Lasten der irischen Bevölkerung „gerettet“ wurden.
Windige Immobilienkredite zu vergeben muß also nicht unbedingt den Bank-Exitus nach sich ziehen.
Es kommt hier offensichtlich auch auf die nationale Heimat der Bank an.
Vor allem: Was ist die Alternative?
Die Geschäftsmöglichkeiten für Banken haben sich seit 2008 ziemlich reduziert.
Ich weiß gar nicht, was in Staaten wie Griechenland, Ungarn oder Zypern überhaupt noch an Banktätigkeit läuft.
Ja, die Staaten, die das konnten, haben ihre Banken und deren Kredite vorerst im Wert gehalten. Bekanntlich bin ich der Auffassung, daß das nicht halten kann. Aber vor allem ist mir die Frage, “Vor allem: Was ist die Alternative?” völlig egal, ich bin ja nicht interessiert daran, daß das Keditwesen floriert, sondern daß es überflüssig wird.
Natürlich halten wir beide vom Kreditwesen nix.
Ich wollte nur darauf hinweisen, daß Banken, wollen sie überhaupt Kredite vergeben, eben auf das angewiesen sind, was der Markt so hergibt.
Ich fand übrigens diesen Streifzüge-Artikel bezüglich der Konsumentenkredite in Österreich sehr lehrreich:
Schulden essen Zukunft auf
Da wird dargelegt, wie die Konsumentenkredite, vor allem im Immobiliensektor, durch die Gesetzgebung systematisch zu einem wichtigen Geschäftssegment der Banken aufgebaut wurden.
Ich erinnere wieder einmal an den alten Artikel:
Die Ostexpansion der österreichischen Banken
1. Der Konsumentenkredit
Corona: China riegelt Millionenmetropole ab
Beijing. Nach dem Nachweis von mehr als hundert Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus haben die Behörden die chinesische Millionenmetropole Shijiazhuang abgeriegelt. Die Hauptzufahrtsstraßen zu der Hauptstadt der Provinz Hebei wurden am Mittwoch blockiert. Neben zehn Autobahnen war auch ein Busbahnhof von den Maßnahmen betroffen. In der Stadt wurden alle Schulen geschlossen. Die Metropole liegt 300 Kilometer südlich der Hauptstadt Beijing. Im Großraum Shijiazhuang leben etwa elf Millionen Menschen. In den vergangenen Tagen hatten die Behörden dort 117 Coronainfektionen festgestellt, davon 63 allein am Mittwoch. In 78 Fällen traten bei den Infizierten keine Symptome auf. Der Stadtbezirk Gaocheng wurde zum Hochrisikogebiet erklärt und abgeriegelt. (AFP/jW)
Weiter Debatte um Impfstoff: Curevac und Bayer kooperieren
Berlin (dpa) – Der Pharmakonzern Bayer und das Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac ziehen bei einem Corona-Impfstoff an einem Strang. Die beiden Unternehmen schlossen einen Kooperations- und Servicevertrag, wie sie am Donnerstag mitteilten. Unterdessen klingt die Kritik am Impfstart nicht ab. Die SPD warf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) abermals vor, zu zögerlich bei der Bestellung gewesen zu sein.
Paris bestreitet Beeinflussung von EU-Impfstoffbeschaffung zugunsten von Sanofi
Paris. Frankreich hat Berichten widersprochen, wonach es die von der EU-Kommission koordinierte Beschaffung des Coronaimpfstoffs zugunsten des heimischen Pharmaunternehmens Sanofi beeinflusst haben soll. Europaminister Clément Beaune nannte die Berichte am Mittwoch »absurd«. Bild und mehrere deutsche Politiker hatten Paris vorgeworfen, bei der EU auf eine geringere Liefermenge des Impfstoffs von Biontech/Pfizer gedrängt zu haben, um den ebenfalls an einem Coronavakzin forschenden Konzern Sanofi zu unterstützen.
Angesichts wachsender Kritik an der französischen Impfkampagne hatte die Regierung in Paris am Dienstag einen Strategiewechsel sowie eine drastische Beschleunigung der Impfungen angekündigt. Am Mittwoch bestätigte Regierungssprecher Gabriel Attal, dass die Unternehmensberatung McKinsey mit der »logistischen und strategischen Beratung« der Regierung in der Impffrage beauftragt worden sei. Die Opposition in Frankreich hatte den langsamen Impfstart zuvor als »Fiasko« bezeichnet. (AFP/jW)
Die Impfstoffknappheit der EU (07.01.2021)
Impfstoffknappheit führt zu neuen Konflikten in der EU und zu Einflussverlusten des Westens in Afrika – gegenüber China.
BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Neuer Streit zwischen EU-Staaten sowie Warnungen vor folgenreichen außenpolitischen Einflussverlusten begleiten die Debatte um die Impfstoffknappheit in der Union. Bereits Ende Dezember war die deutsche Bestellung von 30 Millionen Dosen im nationalen Alleingang an der EU vorbei vor allem in Italien auf Protest gestoßen; nicht zufällig: In der ersten Pandemiewelle im März hatte die Bundesregierung den Export von Schutzausrüstung nach Italien zeitweise untersagt. Deutsche Medien wiederum erheben den Vorwurf, Paris habe den umfangreicheren Kauf von BioNTech/Pfizer-Vakzinen zugunsten einer Bestellung bei Frankreichs Pharmakonzern Sanofi sabotiert. Gleichzeitig warnen Außenpolitikexperten, wenn Berlin und die EU keine überschüssigen Impfstoffe an ärmere Länder insbesondere Afrikas liefern könnten, dann drohe ihnen dort ein empfindlicher Einflussverlust: Russland und vor allem China hätten längst begonnen, Staaten ohne genügende Kaufkraft, die vom Westen im Stich gelassen würden, mit den bitter benötigten Vakzinen zu versorgen. Die EU dürfe das nicht umstandslos akzeptieren.
Im nationalen Alleingang
Die aktuelle Knappheit an Impfstoffen gegen das Covid-19-Virus ruft neuen Streit zwischen den EU-Staaten hervor. Bereits im Dezember hatte die Bundesregierung scharfe Proteste auf sich gezogen, als sie aus dem bisherigen Konsens, die heiß begehrten Vakzine für alle EU-Mitglieder gemeinsam zu beschaffen, ausgebrochen war und in einem nationalen Alleingang 30 Millionen Dosen bei BioNTech/Pfizer bestellt hatte, allein für den deutschen Gebrauch. Das ist zunächst in Italien auf heftigen Unmut gestoßen. Ministerpräsident Giuseppe Conte wies darauf hin, dass gemeinsame Vereinbarungen zur Impfstoffbeschaffung ausdrücklich vorsehen, Einkäufe der EU-Kommission nicht durch parallel geführte nationale Bestellungen zu torpedieren. Berlin will das lediglich für die erste Beschaffungsrunde im Herbst gelten lassen. Italienische Medien haben dennoch mit ungemein bitterer Kritik reagiert.[1] Das erklärt sich auch daraus, dass Deutschland bereits zu Beginn der Covid-19-Pandemie den Export medizinischer Schutzausrüstung in das schwer getroffene Italien verboten und chinesische Hilfslieferungen an Rom scharf angeprangert hatte. Damals hieß es mit Blick auf wütende Reaktionen in der italienischen Bevölkerung in der traditionell EU-freundlichen Tageszeitung La Repubblica: “Das Virus hat die Heucheleien zertrümmert, es bleibt nur die Rhetorik.”[2]
Der nationale Proporz
Für Konflikte sorgen nun auch Vorwürfe deutscher Medien, die EU-Kommission habe auf Druck aus Frankreich zu wenig von den aktuell bereits genehmigten Impfstoffen bestellt. Diese Vorwürfe beziehen sich darauf, dass Brüssel bei BioNTech/Pfizer nur 300 Millionen Dosen geordert hat – dies, obwohl laut Auskunft von BioNTech erheblich größere Mengen verfügbar gewesen wären. Nun heißt es, ein Kauf von mehr Dosen des deutschen Unternehmens, das sein Vakzin gemeinsam mit dem US-Konzern Pfizer produziert, sei daran gescheitert, dass Paris auf dem EU-üblichen nationalen Proporz bestanden habe: Brüssel hat zugleich 300 Millionen Dosen beim französischen Konzern Sanofi in Auftrag gegeben, der ein Vakzin in Kooperation mit der britischen Firma GlaxoSmithKline produziert.[3] Allerdings ist der nationale Proporz ohnehin nicht berücksichtigt worden: Eine dritte Großbestellung der EU (400 Millionen Dosen) ging an CureVac in Tübingen. Von Bedeutung ist die Frage, weil die Vakzine von CureVac und von Sanofi/GlaxoSmithKline längst noch nicht fertig entwickelt sind; Letzteres wird frühestens Ende dieses Jahres erwartet. Die EU-Kommission wie auch Frankreichs Regierung streiten jede Auftragsvergabe nach nationalen Kriterien ab.
Der Westen zuerst
Noch hinzu kommen neue weltpolitische Rivalitäten. Ursache ist, dass vor allem ärmere Länder bisher keinen oder lediglich minimalen Zugang zu Impfstoffen haben, da sich die reiche westliche Welt den in Aussicht stehenden Ausstoß ihrer Pharmakonzerne weitgehend selbst gesichert hat – laut Schätzungen etwa von Citi Research zu rund 85 Prozent.[4] Die EU hat zwar zugesagt, die internationale Plattform Covax finanziell zu unterstützen, die Impfstoffe kaufen sowie sie dann an ärmere Länder verteilen soll. Allerdings wird die Menge der Vakzine, die Covax in Aussicht hat, allenfalls genügen, um höchstens 20 Prozent der Bevölkerung der ärmeren Staaten zu impfen, und schon jetzt zeichnen sich weitere Probleme ab. So hatte ursprünglich das Serum Institute of India, der größte Impfstofffabrikant der Welt, der das Oxford/AstraZeneca-Vakzin in Lizenz produziert, zugesagt, Covax umgehend zu beliefern. Zu Wochenbeginn hat Indiens Regierung nun jedoch den Export des Impfstoffs verboten, um die gesamte Produktion selbst einsetzen zu können; Covax werde frühestens im März oder April die ersten Dosen erhalten, heißt es jetzt.[5] Damit rückt die Zusage der EU erneut in den Blick, nach Impfung der eigenen Bevölkerung überzählige Dosen an ärmere Länder weiterzureichen. Überschüssige Vakzine sind jedoch weniger in Sicht denn je.
Östliche Unterstützer
Dies wiegt schwer, heißt es beim European Council on Foreign Relations (ECFR), weil es – anders als früher – im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie für die ärmeren Länder andere potenzielle Unterstützer gibt als die westlichen Mächte: Russland, vor allem aber China.[6] Tatsächlich hat etwa Russland Ende Dezember die ersten 300.000 Dosen seines Vakzins Sputnik V an Argentinien geliefert; weitere Transporte sollen in Kürze folgen. Darüber hinaus hat es weiteren Ländern Hilfe zugesagt, etwa Venezuela (20 Millionen Dosen) und Ägypten (25 Millionen Dosen). Der Sinovac-Konzern (China) wiederum hat inzwischen die ersten drei Millionen Dosen seines Impfstoffs an zuständige Stellen in Indonesien übergeben, die damit noch im Januar die nationale Impfkampagne starten wollen.[7] Weitere Dosen wird der indonesische Pharmakonzern Bio Farma mit Lizenz von Sinovac produzieren. Die Nutzung eines Vakzins von Sinopharm (China) ist darüber hinaus am Samstag von den ägyptischen Behörden genehmigt worden; diese werden nun in Kürze die zweite Lieferung von 50.000 Dosen erhalten – aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo die Firma Group 42 (G42) das Vakzin in Lizenz herstellt – und die ägyptische Impfkampagne starten. Kairo will 40 Millionen Dosen von Sinopharm beziehen. Den Sinovac-Impfstoff wiederum haben – unter anderem – die Türkei (50 Millionen Dosen) und Brasiliens Bundesstaat São Paulo (46 Millionen Dosen) bestellt.
Einflusskampf um Afrika
Nicht zuletzt hat Beijing den Staaten Afrikas Unterstützung bei der Beschaffung von Impfstoffen zugesagt. Diese Woche bereist Chinas Außenminister Wang Yi mehrere Länder des Kontinents, um die bilaterale Kooperation zu vertiefen; dabei soll auch der Weg für Impfstofflieferungen gebahnt werden.[8] BioNTech/Pfizer haben angeboten, dem gesamten Kontinent 50 Millionen Dosen zu verkaufen; allerdings gilt der hohe Preis ihres Vakzins für Afrikas Staaten als unerschwinglich.[9] Moderna und Oxford/AstraZeneca haben keine Lieferungen an afrikanische Länder eingeplant; Oxford/AstraZeneca verweist auf das Serum Institute of India, das allerdings vorerst nicht liefern darf. Die einzige Chance für den Kontinent besteht zur Zeit im Erwerb von Impfstoffen aus Russland und vor allem aus China. Der ECFR warnt nun in einer aktuellen Stellungnahme, die EU werde, liefere sie tatsächlich nichts, in Afrika gegenüber der Volksrepublik erheblich an Einfluss verlieren. “Europa” solle “die afrikanischen Länder in die Lage versetzen, die Impfstoffe selbst zu produzieren”, heißt es in dem Papier. Kürzlich sei die Forderung Südafrikas und Indiens, für die Produktion von Covid-19-Vakzinen die Patentrechte aufzuheben, auch von der EU abgeschmettert worden – mit dem Argument, dies könne nur auf freiwilliger Basis, also mit Zustimmung der jeweiligen Pharmakonzerne, geschehen.[10] Brüssel solle nun dafür sorgen, urteilt der ECFR, dass Konzerne aus der EU ihre Einwilligung dazu gäben. Andernfalls habe China in Afrika freie Bahn. Anzeichen dafür, dass Berlin und Brüssel sich aufgrund ihres drohenden Einflussverlusts noch umstimmen ließen, liegen bislang allerdings nicht vor.
Wegen 39 Kranken machen die Chinesen für 11 Millionen die Schotten dicht. Wow. – Knallhart und konsequent. Ich frag mich bloß wie das werden soll, wenn die ganze Welt coronaverseucht ist. Immerhin ein glaubwürdiger Grund China von der Welt abzuriegeln und nichts mehr hinein, dafür viele Waren hinaus zu lassen.
In der Ukraine verschiebt sich der Beginn des Impfprogramms gegen das Coronavirus mindestens bis ins Frühjahr. Und auch dann wird zunächst maximal Impfstoff für eine knappe Million Menschen geliefert werden. Dieses Bild kristallisiert sich nach mehrmonatigen hektischen und widersprüchlichen Aktivitäten der Kiewer Regierung heraus.
Bislang können die ukrainischen Behörden einzig einen Vertrag über die Lieferung von insgesamt 1,93 Millionen Dosen für eine Zweifachimpfung des Vakzins der chinesischen Firma Sinovac vorweisen. Das berichtete das Portal strana.ua am vergangenen Mittwoch. Das Präparat soll demnach in zwei Tranchen geliefert werden, von denen die erste 30 Tage nach der Zulassung des Impfstoffs in China erfolgen soll. Ob die Lieferung dann tatsächlich so läuft wie vereinbart, ist nicht klar. Denn der Ende 2020 bekanntgewordene Vertrag zwischen der ukrainischen Agentur für den Import von Medikamenten und dem chinesischen Hersteller sieht vor, dass der Käufer vom Vertrag zurücktreten kann, wenn die für den Kauf vorgesehenen staatlichen Mittel ausbleiben. Diese Klausel war für die chinesische Seite offenbar akzeptabel, weil sie erwarten kann, dass sie ihr Produkt auch anderswo loswerden wird, wenn Kiew nicht zahlen kann. Der Preis, den die Ukraine für das Präparat zahlen soll, liegt dabei mit umgerechnet 18 US-Dollar pro Dosis sogar noch über dem, was die EU für den als teuer geltenden Impfstoff von Biontech und Pfizer gezahlt hat, der umgerechnet 15 US-Dollar kostet.
Das hätte nicht so sein müssen. Russland hatte Kiew noch im Herbst angeboten, das Land parallel zur eigenen Bevölkerung mit dem Impfstoff »Sputnik V« zu versorgen. Sogar eine Lizenzproduktion des Präparats in der Ukraine war angeboten worden. Aber der ukrainische Gesundheitsminister Maxim Stepanow machte im Oktober einen Rückzieher, nachdem ihn die Kiewer US-Botschafterin zu einem »kollegialen Abendessen« eingeladen und offenbar Druck ausgeübt hatte. Es war jedenfalls die Botschaft, die damals auf Twitter mitteilte, die Ukraine werde den russischen Impfstoff nicht kaufen, weil er nicht international anerkannt sei. Inzwischen ist die innerukrainische Diskussion über den russischen Impfstoff so weit hochgekocht, dass er sogar als »in der Ukraine nicht genehmigungsfähig« bezeichnet wird.
Dass »Sputnik V« um die Hälfte günstiger gewesen wäre als das chinesische oder die diversen westlichen Vakzine, kommt hinzu. Interessanterweise scheinen die USA jetzt stillschweigend den ukrainisch-chinesischen Kontrakt zu akzeptieren, obwohl das chinesische Präparat im Moment noch ebensowenig von der WHO zugelassen ist, wie es das russische seinerzeit war.
So muss die Ukraine jetzt hoffen, dass für sie irgendwann in der zweiten Jahreshälfte oder 2022 zwei oder maximal vier Millionen Dosen westlicher Impfstoffe aus dem 2020 zur notdürftigen Versorgung ärmerer Länder gegründeten Covax-Programm abfallen werden. Eine Statistik, die die US-Agentur Bloomberg im Dezember auf Grundlage von Angaben der Weltbank veröffentlichte, besagt, dass in der Ukraine Impfstoff für etwa fünf Prozent der Bevölkerung (zwei Millionen Menschen) zumindest zugesichert sei. Das liegt in der Größenordnung von Ländern wie Uganda oder Simbabwe.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Ukraine die Ärzte und Pflegekräfte buchstäblich weglaufen, solange sie infolge des neoliberalen Umbaus des Gesundheitswesens miserabel bezahlt werden. Das Kürzungsprogramm war im Frühjahr 2020 aus Anlass der Pandemie zwar gestoppt, aber nicht rückgängig gemacht worden. Im Dezember machte ein Screenshot von der Seite des Arbeitsamtes in der Region Winniza Furore. Dort suchte ein Kreiskrankenhaus einen Anästhesisten, für dessen Tätigkeit umgerechnet etwa 170 US-Dollar im Monat geboten wurden. Direkt daneben war die Anzeige für eine Wachmannstelle eines Supermarkts geschaltet, Verdienst: 260 Dollar.
Soviel ich weiß, kommt man nach China nur mit Coronatest hinein, die machen den dort vor Ort. Wenn positiv, so muß man in Quarantäne, und die ersten Tage sowieso, bis der Test ausgewertet ist.
Was die EU-Impfstoff-Komödie angeht, so ist einmal daran zu erinnern, daß in der EU bisher erst 2 Impfstoffe zugelassen sind: Biontech/Pfizer (D/USA) und Moderna (USA). Großbritannien hat jetzt im Schatten des Brexit „seinen“ AstraZeneca-Impfstoff zugelassen, es muß sich da jetzt nicht mehr um Vorgaben aus Brüssel scheren.
Bei den Bestellungen verschafft man ja dem Konzern ein Mords-Geschäft, und wenn die europäischen Firmen eben nicht so schnell sind, so muß man bei den anderen einkaufen, wenn man es so eilig hat.
Es kommen also zwei Prinzipien durcheinander:
1. Möglichst schnell alle impfen, damit die Nationalökonomie und damit die Profitmaschinerie möglichst schnell wieder hochfährt, und wir dabei schneller sind als die anderen, also denen Marktanteile wegnehmen können, und
2. den eigenen Firmen das tolle Geschäft zuschanzen zu wollen.
Dazu kommt noch, daß der bereits seit Wochen zugelassene Biontech-Impfstoff dieses Kühlproblem hat, sodaß zusätzlich zu den Beschaffungs- auch ziemliche Logistik-Kosten hinzukommen. Das macht diesen Impfstoff unattraktiv.
Italiens Beschwerde ist eigenartig: Warum haben sie von dort nicht auch so viel Biontech-Impfstoff bestellt wie Deutschland? Biontech meint, sie hätten weitaus mehr liefern können.
Wer bezahlt eigentlich die Impfstoffe, die über die Brüsseler Zentrale bestellt werden? Die werden offenbar aus einem Corona-Krisentopf bezahlt, der die nationalen Budgets nicht belastet.
So kann man dann wieder Italiens Beschwerde verstehen: Die wollten nicht so tief in die Tasche greifen.
Während die einen meinen, Geld spielt keine Rolle, her mit dem Impfstoff (Heuhaufen kaufen!), haben die Entscheidungsträger offenbar andere Kalkulationen.
Wenn auf den AstraZeneca-Impfstoff gesetzt wird, so verschafft man damit einer britischen Firma ein Mords-Geschäft und belohnt das UK sozusagen für den Brexit.
Die anderen, Sanofi und Curevac und weiß der Teufel wer noch – sind ja noch gar nicht fertig!!
Vor diesem Hintergrund wirken die Überlegungen der Corona-Gutbürger, wie man mit denjenigen verfahren soll, die sich nicht impfen lassen wollen, etwas deplaziert: Die anvisierten Impflinge sind nämlich gar nicht die Subjekte dieses Impfzirkus’.
Daß angesichts dessen China und Rußland in Sachen Impfstoff-Lieferung weltweit die Nase vorn haben, ist nicht verwunderlich.
Aus Deutschland kommt doch das gleiche Gejammer. Er wäre kein Impfstoff bestellt worden, obwohl es von Biontech angeboten worden wäre. Ich möchte mal wissen, wo der ganze Impfstoff geblieben ist, den Deutschland Italien angeblich weggeschnappt hat.
Genau.
Curevac hat anscheinend keinen großen Konzern im Rücken, d.h. nicht die Kapitalmacht ihre Entwicklung in gleicher Weise voranzutreiben wie die Konkurrenten. Anscheinend gibt es deshalb jetzt eine Kooperation mit Bayer.
d.h. Zulassung im April, Mai, wenn es keine Überraschungen gibt.
Im dritten Shutdown
Israel weltweit vorn bei Coronaimpfungen, aber auch bei neuen Infektionen. Stillstand und Warten auf Nachschub
Von Knut Mellenthin
In Israel gelten seit Mitternacht verschärfte Bestimmungen zur »Eindämmung des Coronavirus«. Sie erweitern den nach offizieller Zählung dritten Shutdown, der seit dem Nachmittag des 27. Dezembers in Kraft ist, und verlängern ihn zunächst bis zum 21. Januar.
Wie es danach weitergehen wird, ist realistisch betrachtet völlig ungewiss. Das hält die Regierung nicht davon ab, die Bevölkerung mit der Aussicht zu trösten, es gehe jetzt nur noch um »den letzten Kilometer« der mühsamen Wegstrecke und der gegenwärtige Shutdown werde auch der letzte überhaupt sein. Das Thema wird besonders eindrucksvoll von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bespielt. Schon zu Beginn des dritten Shutdowns versprach er, dass die angeordneten Beschränkungen des gesellschaftlichen und individuellen Lebens, zusammen mit einer verstärkten Impfkampagne, Israel »zu einem der ersten Länder in der Welt machen« würden, »die dem Coronavirus entkommen und die Wirtschaft wieder öffnen« könnten.
Strengere Kontrollen
Die wichtigste seit Mitternacht geltende Maßnahme ist die Schließung aller Schulen und Kindergärten, von der nur sonderpädagogische Einrichtungen ausgenommen sind. Das war schon während der ersten beiden Shutdowns praktiziert worden. Dieses Mal herrschte in der Regierung zuerst die Absicht vor, Schulen und Kindergärten überwiegend offen zu halten. Dem hatte von Anfang an vor allem Gesundheitsminister Juli Edelstein (Likud) widersprochen. Andernfalls werde die Lage bald so schlimm sein wie im Frühjahr 2020 in Italien.
Letztlich hat Edelstein sich nun durchgesetzt. Untersuchungen zeigen allerdings, dass die Unterbrechung des Präsenzunterrichts bei der Mehrheit der Schülerinnen und Schüler zu Lernverlusten führt und die Chancenungleichheit zwischen Kindern mit günstigen und ungünstigen familiären Hintergründen verstärkt.
Weiterhin dürfen sich nur noch fünf Menschen verschiedener Haushalte in geschlossenen Räumen und zehn im Freien – statt bisher zehn bzw. 20 – versammeln. Ausgenommen sind Hochzeiten, Beschneidungen und Begräbnisse, für die die alten Zahlen weiter gelten. Es bleibt bei der im Dezember angeordneten Regelung, dass Menschen sich nur in Ausnahmefällen außerhalb eines Radius von 1.000 Metern um ihre Wohnung bewegen dürfen. Die Einhaltung dieses Gebots, das bisher angeblich nur nachlässig befolgt wurde, soll von jetzt an sehr viel stärker durch die Polizei kontrolliert werden. Im Zuge der neuen Maßnahmen müssen außerdem auch erheblich mehr Läden und Firmen, die nicht als »lebenswichtig« eingestuft sind, geschlossen bleiben.
Seit dem 20. Dezember wurden in Israel in einem weltweit einmaligen Rekordtempo bis Mittwoch 1,6 Millionen Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Gemessen an der Bevölkerungszahl können nur zwei Staaten mithalten, die aufgrund ihres hohen Pro-Kopf-Einkommens sehr viel günstigere Voraussetzungen haben: Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate. Am Mittwoch lag der Anteil der Geimpften an der Bevölkerung in Israel bei 15,83 Prozent, in den USA hingegen nur bei 1,46 Prozent, wie die Times of Israel berichtete. Weltweit lässt sich demnach ein Durchschnitt von lediglich 0,19 Prozent errechnen.
Impfstoff geht aus
Vorrangig geimpft werden Menschen über 60 und Angehörige von gesundheitsbedingten Risikogruppen sowie das Personal von Alten- und Pflegeheimen. Derzeit sind die Vorräte aber weitgehend erschöpft, Nachschub wird erst im Februar erwartet. Die Behörden wollen dennoch sicherstellen, dass alle schon Geimpften die erforderliche zweite Dosis erhalten können, und haben deshalb Neuimpfungen vorläufig eingestellt.
Israels eindrucksvoll organisierter Impfkampagne steht der anhaltend starke Anstieg der registrierten Neuinfektionen gegenüber. Umgerechnet auf die Bevölkerungsgröße ist deren Zahl höher als in den USA. Sie liegt jetzt bei knapp 9.000 pro Tag und hat damit fast wieder die Rekordhöhe von Ende September erreicht, nachdem sie vorübergehend unter 1.000 gefallen war.
In den USA scheint inzwischen die Westküste der Hotspot zu sein:
Corona-Krise in Kalifornien
Keine Chance für die Krankenhäuser
Die Folgen der Festtage
Die jüngste Infektionswelle führen die Gesundheitsbehörden auf das Weihnachtsfest und Silvester zurück. Millionen Menschen hielten sich nicht an die Vorgaben und trafen sich trotz Warnung in größerem Kreis mit Familien und Freunden – trotz Ausgangsbeschränkungen von 22 Uhr abends bis 5 Uhr morgens.
Als Infektionsherde werden mittlerweile zunehmend auch Kaufhäuser und Supermärkte ausgemacht. Allein im Bezirk Los Angeles sind seit dem 30. Dezember nach Behördenangaben mehr als 1300 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion verstorben. Jeder fünfte Covid-Test kommt mittlerweile positiv zurück. Die Ansteckungen haben sich in etwas mehr als einem Monat verdoppelt.
…
https://www.tagesschau.de/ausland/usa-corona-147.html
Die Supermärkte kann man aber nicht schließen, sonst verhungern alle.
Keine guten Perspektiven also.
@Kehrer
Soweit ich die Sache verstehe, geht es hier um etwas anderes. Also nicht darum, daß hier jemandem etwas weggeschnappt wurde, wie seinerzeit mit den Schutzausrüstungen.
Die EU hat angeblich beschlossen, den Impfstoff zentral zu beschaffen. Das heißt, die Kosten werden aus irgendeinem Coronafond bestritten und belasten den Kredit der einzelnen Staaten nicht.
Und da geht es sicher um irre Summen, weil das Zeug ist sicher nicht billig.
Jetzt stellt sich schon von hier die Frage: Welche national domizilierten Unternehmen kriegen dieses Geld?
Deswegen, so nehme ich an, wurde nicht so viel bestellt bei Biontech, wie eigentlich von allen Staaten nachgefragt worden wäre – weil ja andere Staaten auf die Zulassung ihrer nationalen Unternehmen warten und wollen, daß ein Teil von dem Zeug bei denen bestellt wird.
Aus dem neutralen EU-Topf sollen also auch ihre Unternehmen profitieren.
Wenn jetzt die deutsche Regierung sagt: Wir haben genug Geld, bestellen wir zusätzlich auf eigene Kosten, so verschaffen sie sich damit einen doppelten Vorteil: Erstens kriegt ein deutsches Unternehmen das Geld und macht das große Geschäft, und zweitens haben sie dann mehr Impfdosen für ihre Bevölkerung, können also – so die Kalkulation – früher aus dem Lockdown heraus.
Letztere Kalkulation ist sowieso absurd, aber so ticken die Politiker eben.
Und da beschwert sich Italien über diese erneute Rückstufung. Weil, wenn die italienische Regierung – und die französische, und die spanische – jetzt auch auf eigene Kosten bei Biontech Impfstoff bestellen würden, so würden sie damit einem deutschen Unternehmen das Geld hineinschieben.
(Daß ein Teil von dem Profit dann auch bei Pfizer landet, also außerhalb der EU, ist noch ein zusätzlicher Wermutstropfen …)
Iran verbietet Vakzin-Einfuhr aus USA und Großbritannien
Der Rote Halbmond sagte daraufhin umgehend die Bestellungen für 150.000 Impfdosen von Biontech und Pfizer ab. Impfstoffimporte aus „sicheren Orten“ seien dagegen kein Problem, so der Kleriker (Chamenei)
https://orf.at/stories/3196584/
Eigentlich müsste es ja heißen: ” Der Iran dürfe kein Testlabor für unsichere Impfstoffe [aus dem feindlichen Ausland]werden. Ihren eigenen Impfstoff testen sie dagegen ohne Bedenken an der eigenen Bevölkerung.
Na eben. Also wurde gar nichts “weggeschnappt” und der Vorwurf ist haltlos. Das wollte ich damit ausdrücken, wenn ich frage: “Ich möchte mal wissen, wo der ganze Impfstoff geblieben ist, den Deutschland Italien angeblich weggeschnappt hat.” Ich dachte es ist klar, dass es sich um eine rhetorische Frage handelt.
https://ec.europa.eu/info/live-work-travel-eu/coronavirus-response/public-health/coronavirus-vaccines-strategy_de
Auf der Seite der Eu-Kommision steht dazu.
Also die Impfstoffe werden von den Mitgliedsstaaten erworben.
Wer da jetzt zusätzlich durch die Europäische Investitionsbank unterstützt wird ist unklar. PharmaUnternehmen oder Staaten. Vielleicht beide.
Da geht es nicht um irre Summen, vor allem nicht im Vergleich mit den Krediten für die Coronahilfen. Das wurde gestern auch bei Anne Will diskutiert. Die Ministerpräsidentin aus MV sagte, sie würde nicht verstehen, warum nicht von jedem Impfstoffentwickler die vollen 70% (Herdenimmunität) der Einwohner der EU bei j e d e m Unternehmen bestellt worden sind. Das wäre 7 Milliarden und das wäre gegenüber den 2 Billion eine verschwindend geringe Summe, zumal ja die ganze Welt den Impfstoff braucht und wenn welcher übrig ist, könnte man ihn ja weiterverkaufen.
Wenn man aber mal den Text auf der Seite der EU-Kommission liest, wurde nicht zu wenig bestellt. Nimmt man bloß die Dosen die bei Biontech, moderna, astrazeneca (Soll ja auch bald soweit sein) bestellt wurden, dann reicht das erstmal. Das Problem ist dass am Anfang natürlich noch nicht alles sofort zur Verfügung steht.
Warum wurde dann aber gerade von Deutschland bei Biontech eher zögerlich bestellt, jedenfalls nicht soviel wie angeboten wurde, obwohl das doch ein deutsches Unternehmen ist?
Hat sie ja nicht gesagt. Die Merkel hat Spahn persönlich zurückgepfiffen und die Impfstoffversorgung der EU-Kommission übertragen.
1. Kaufen müssen die Staaten dem Impfstoff so oder so, ob über die EU beschafft oder national. 2.Zweitens hat Frankreich auch zwei Impfstoffkandidaten. 3. Drittens kann die Bundesregierung ja nichts dafür, dass die französischen Konzerne noch nicht soweit sind. 4. Auch bei Sanofi wurde ne Menge bestellt. 5. Wenn die Italiener bei Biontech nichts bestellen wollen, sollen sie halt bei Moderna bestellen. Ist doch nicht die Schuld der BRD, dass die italienischen Pharmakonzerne nichts auf die Reihe kriegen.
Auf der Seite der EU Kommission kann man die Zwei Säulen der Impfstoffstrategie nachlesen:
Also Produktion von Impfstoffen “in der EU”. Deshalb wurden da alle aussichtsreichen EU-Impfstoffkandidaten unterstützt. Italien nicht weil es keinen hat.
@Kehrer
Danke für die Info.
Also ich verstehe überhaupt nix mehr.
Wenn das, was du da zusammengetragen hast, stimmt, so verstehe ich tatsächlich weder die zögerliche Bestellung Deutschlands noch die Beschwerde Italiens.
Entweder alle sind total durchgedreht oder es muß noch etwas geben, was wir nicht wissen.
Mit dem Mißverhältnis zwischen Corona-Hilfen und Impfstoff-Kosten verhält es sich vermutlich ähnlich wie mit anderer Ausgaben-Politik bei der EU, wo an der einen Stelle Erbsen gezählt werden und auf der anderen Seite Geld in offene Rachen geschüttet wird.
Ich weiß nicht, ob dieser Artikel hier viel weiterhilft:
Curevac mit Bayer: Neue nationale Allianz gegen das Virus
Das deutsche Startup, an dem einst auch Washington Interesse gezeigt hat, schließt sich bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus mit dem Pharmariesen Bayer zusammen. Die Allianz hat gegenüber jener von Biontech und Pfizer einige Vorteile – aber auch einen großen Nachteil.
https://industriemagazin.at/a/curevac-mit-bayer-neue-nationale-allianz-gegen-das-virus
Bei der Bestellung ist es eben deswegen wichtig, hohe Mengen zu bestellen, weil die Herstellung von einem viralen Impfstoff nicht ruck-zuck geht, das ist zeitaufwendig – auch wenn die Formel gefunden und die Zulassung da ist. Jede Impfdosis muß ja erst wieder aus gezüchteten Viren produziert werden.
Deutschland hatte vielleicht auch die Lagerkapazitäten im Augen, vor allem den Biontech-Impfstoff kann man ja nicht irgendwo lagern.
“Deutschland hatte vielleicht auch die Lagerkapazitäten im Augen, vor allem den Biontech-Impfstoff kann man ja nicht irgendwo lagern.” Irgendwo schon, bloß nicht irgendwie. 🙂 Muss halt kalt genug sein. Aber dafür gibt es spezielle Kühlschränke. Außerdem haben wir Winter und die Notwendigkeit zu kühlen wurde auch etwas übertrieben.
https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/BioNTech-gibt-in-Sachen-Impfstoff-Kuehlung-Entwarnung-415201.html
“Jede Impfdosis muß ja erst wieder aus gezüchteten Viren produziert werden.” Nicht bei mRNA Impfstoffen.
https://www.rnd.de/gesundheit/corona-impfstoffe-darauf-kommt-es-bei-der-produktion-an-B7KW62KEWFCGPA5QMUD6FYQSAU.html
Mit den hohen Mengen die die EU bestellt hat, sollte unter anderem der Preis gedrückt werden. Biontech wollte ursprünglich 4 mal soviel als jetzt vereinbart wurde, sagt zumindest der Präsident der Weltärztekammer, Montgomery bei Anne Will. Der mit dem Schnauzer.
http://nestormachno.blogsport.de/2020/10/18/oekonomie-nach-und-mit-corona/#comment-41280
Aha.
Das Coronavirus wurde sozusagen Bakterien eingepflanzt und die dann vermehrt?
Das Enzym, was dann herauskommt, wie wird das vervielfältigt?
Das ganze Coronavirus wurde nicht eingepflanzt. Das ist ja der Witz an der Sache, dass man zur Herstellung keine kompletten Viren braucht. Man braucht nur Bakterien die Plasmide enthalten, die Teile der VirenDNA enthalten. (Plasmide sind kleine, in der Regel ringförmige, autonom replizierende, doppelsträngige DNA-Moleküle, die in Bakterien und in Archaeen vorkommen können, aber nicht zum Bakterienchromosom (Kernäquivalent) zählen, also extrachromosomal vorliegen (Abb. 1).)
Woher man solche Bakterien nimmt oder wie man sie herstellt weiß ich nicht.
Jedenfalls werden Bakterien vermehrt, die einen Plasmidring enthalten der Teile der CoronaDNA enthält. Dieser Plasmidring wird dann isoliert. Und eine RNA-Polymerase stellt dann die mRNA her die verimpft wird. Der DNAPlasmidring ist sozusagen die Druckplatte. Die Polymerase ist das Papier, das von der Druckplatte das Bild abnimmt und daraus den Druck (mRNA) herstellt.
Überall wird Autoproduktion wegen angeblich fehlendem Chipmangel eingestellt.
Wenn es diese fehlenden Chips nicht gäbe, man müßte sie erfinden.
Es kommt offenbar vielen Autofirmen gelegen, die Produktion möglicherweise dauerhaft zurückzufahren. Erstens werden seit Jahren viel zu viele Autos produziert und Neuwagen-Friefhöfe zieren diverse etwas abgelegene Großparkplätze.
Zweitens hat die Coronapandemie sich natürlich weiter negativ auf die Verkaufszahlen ausgewirkt.
Drittens soll auf Elektroautos umgestellt werden, die Benzin- und Dieselautos werden in ein bis 2 Jahrzehnten bestenfalls eine Minderheit darstellen.
“Wenn es diese fehlenden Chips nicht gäbe, man müßte sie erfinden.”
Woher weißt du das denn schon wieder?? Ich lese z.B. nur, daß ein Autoproduzent wieder auf anaolge Tachos umstellt, weil er sein schönen digitalen nicht mehr bekommmt. Und letztes Jahr die Autokonzerne wegen Corona die Bestellungen bei TMSC, dem wichtigsten Auftragsfertiger der Welt, merklich runtergefahren hatten und sich jetzt ärgern, daß die die Produktionskapazitäten mittlerweile schon anderweitig vergeben haben und praktisch auf die Schnelle wenig machen könne (obwohl die nun wirklich nicht viel brauchen, bei TMSC machen deren Chips malgerade 4 % aller Umsätze aus).
“Der deutsche Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat sich diesen Januar 2021 bei der taiwanischen Regierung für eine Priorisierung von Autochips beim Chipauftragsfertiger TSMC inm Taiwan eingesetzt. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hatte zuvor schon die US-Regierung Ende 2020 mit dem gleichen Anliegen in Taiwan angeklopft.”
https://www.heise.de/news/Chip-Mangel-Automobilindustrie-landet-in-der-harten-Halbleiter-Realitaet-5036373.html
Es ist sicher was dran an dem Chip-Mangel, das wollte ich nicht bestreiten.
Aber es ist verschiedenen Autokonzernen durchaus recht, angesichts der nachlassenden Nachfrage ihre Produktion herunterzufahren und sich sozusagen auf höhere Gewalt zu berufen, da gibts dann keine Aufregung von Seiten der Belegschaft.