Der Streit um die Eurobonds

SCHULDEN IN DER EU – BELASTUNG FÜR DIE EINEN, KONKURRENZMITTEL FÜR DIE ANDEREN
Hier werden einige Statistiken der Schulden der EU-Staaten angeführt und interpretiert. Für die Euroländer wurde diese Quelle verwendet.
Da die Statistik vorige Woche zusammengestellt wurde, sind die Zahlen bereits veraltet, weil sie laufend aktualisiert wird.
Für die Nicht-Euro-Staaten wurde diese Quelle von Ende 2019 verwendet, die natürlich noch mehr veraltet ist und keine Daten zur Pro-Kopf-Verschuldung enthält.
1. Die Verschuldung in absoluten Zahlen
Frankreich 2 409 900 400 000 steigend
Italien 2 395 000 000 000 steigend
Deutschland 2 051,840.750.000 fallend
Spanien 1 273 217 400 000 steigend
Holland 522 736 020 000 steigend
Belgien 506 669 320 000 steigend
Griechenland 362 075 175 000 steigend
Österreich 313 980 830 000 steigend
Portugal 266 576 710 000 steigend
Polen 240 920 000 000
Irland 221 232 355 000 steigend
Finnland 163 485 022 000 steigend
Schweden 163 430 000 000
Dänemark 104 990 000 000
Ungarn 93 000 000 000
Rumänien 75 980 000 000
Tschechien 69 080 000 000
Slowakei 44 985 848 000 steigend
Kroatien 40 050 000 000
Slowenien 29 885 784 150 fallend
Luxemburg 19 566 598 500 steigend
Lettland 17 266 463 000 steigend
Zypern 16 223 047 600 fallend
Litauen 15 880 323 396 stagniert
Bulgarien 12 280 000 000
Malta 6 983 781 700 steigend
Estland 2 447 239 400 steigend
Von den Euroländern gibt es demzufolge nur 3 Staaten, deren Schulden fallen.
Während die Gründe bei Zypern und Slowenien unterschiedlich sein mögen, ist der Grund bei Deutschland der, daß die Bundesanleihe zu einer Referenzanleihe für Bonität geworden ist und sich daher zu Null- und Negativzinsen bedienen kann.
Je mehr Schulden Deutschland daher aufnimmt, um so mehr entschuldet es sich.
Von dieser kommoden Position her kann es natürlich andere Länder belehren, sie möchten doch gefälligst mehr einnehmen und weniger ausgeben, also ihren „Haushalt in Ordnung bringen“.
Es hat dadurch auch die Möglichkeit, die Schulden gegen andere als Druckmittel einzusetzen, weil es selbst über praktisch unbegrenzte Verschuldungsfähigkeit verfügt und aus dieser Position der Stärke anderen ihre Verschuldung begrenzen bzw. verteuern kann. Für diejenigen Staaten nämlich, deren Schulden steigen und die Zinsen zahlen müssen, erhöht sich die Schuld auch noch durch den Schuldendienst, also die zusätzliche Zinslast, die bei jeder neuen Schuldaufnahme hinzukommt.
Es ist daher begreiflich, daß Deutschland von Eurobonds nix wissen will. Es müßte dann auf einmal selbst wieder Zinsen zahlen.
Dieses Spiel mit: Ich kann ausgeben, soviel ich will, ihr hingegen müßt sparen! – läßt sich nur solange fortsetzen, als der Euro besteht und stabil bleibt. Sobald er in die Krise geraten würde, wären auch die Bundesanleihen nicht mehr so gefragt. Deutschland muß also immer genau so viele Zugeständnisse machen, daß dieser Fall nicht eintritt. Das wird dann eben von Treffen zu Treffen ausgetestet.
Am Schlußlicht dieser Liste, Estland, kann man sehen, daß dieses Land offenbar von Verschuldung nichts hält. Seine Politiker sehen Schulden nicht als Mittel der Konjunkturförderung an, und auch nicht als eines der Krisenbewältigung.
Es ist wahrscheinlich, daß die Schulden, die es hat, vor allem aus der Zeit vor der Euro-Einführung stammen und der Währungspflege dienten – Estland gab Anleihen in Euro heraus, um den Wechselkurs der Estnischen Krone gegenüber dem Euro zu halten.
Aber nicht einmal diese Schulden wird es seither los, sondern sie steigen an. Es ist allerdings möglich, daß die estnischen Politiker nicht unangenehm auffallen wollen als praktische Kritiker der Schuldenpolitik und deshalb diese kleine Schuldenlast weiter mit sich herumschieben.
2. Die Verschuldung in Prozent in Bezug auf das BIP
Griechenland 176,9
Italien 132,7
Portugal 128,9
Zypern 109,1
Irland 106,5
Belgien 106
Spanien 103
Frankreich 96
Österreich 86,2
Slowenien 83,2
Kroatien 74,9
Deutschland 71,2
Ungarn 68,2
Holland 65,2
Finnland 63,7
Malta 63,9
Slowakei 52,9
Polen 47,4
Litauen 42,7
Lettland 36,4
Rumänien 35,4
Schweden 35,1
Dänemark 34,1
Tschechien 32
Luxemburg 22,8
Bulgarien 20,6
Estland 10
Unter den ersten 5 Staaten finden sich außer Italien die 4 Rettungsschirm-Opfer. Der „Rettungsschirm“ war nämlich eher ein Hinkelstein, der ihnen in die Arme gelegt wurde. An dieser Statistik sieht man, daß diese Staaten aus der Schuldenfalle nicht mehr herauskommen, welche Jubelmeldungen der Art „X ist zurück an den Märkten!“ auch immer in den Medien verkündet werden. Sogar Portugal, das kurzfristig auch Negativzinsen verlangen konnte, oder Irland, das sich schon seit längerer Zeit zu einem vergleichsweise moderaten Zins verschulden kann, können diese einmal aufgebürdete Last nie mehr abschütteln.
Italien ist zwar, was die absolute Schuld angeht, inzwischen von Frankreich überholt worden, aber die relative Schuldenlast wird sich weiter in Richtung auf den Spitzenreiter zubewegen, weil die Wirtschaftsleistung Italiens immer mehr zurückgeht und dieses Land wahrscheinlich auch in der Coronakrise noch schwerere Einbußen als die anderen EU-Industriestaaten verzeichnen wird.
An der hohen relativen Verschuldung Sloweniens und Kroatiens sieht man, daß diese Staaten offenbar ihre Möglichkeiten überschätzt haben und ihre Wirtschaft sich nicht so entwickelt hat wie ursprünglich erwartet.
Während Slowenien lange als eine Art Ausreißer und Vorzeige-Land galt, das seine sozialistische Ökonomie erfolgreich in die Marktwirtschaft hinübergerettet hat, ist es im Zuge der Finanzkrise 2008 ff. von der Realität eingeholt worden, weil seine Märkte sowohl in den EU-Staaten als in den ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens geschrumpft sind.
Belgien und Spanien sind seinerzeit knapp an einer Zahlungsunfähigkeit und einem Rettungsschirm vorbeigeschrammt. Sie hatten das Glück, daß diese Stützungsfonds-Politik damals aufgegeben wurde, weil sich das Verhältnis von stützenden zu gestützten Staaten nicht noch weiter nachteilig verändern sollte. Damals wurde dann auf das Anleihen-Aufkaufprogramm durch die EZB umgestellt, das diese beiden seither über Wasser hält. Mehr aber auch nicht. Sie sind ständig davor gefährdet, daß ihre Anleihen von den Rating-Agenturen auf Ramsch-Status (BB) heruntergestuft werden.
Vermutlich mit diesen beiden Staaten im Blickfeld hat Christine Lagarde deshalb vor einigen Wochen verkündet, daß die EZB auch solche Anleihen aufkaufen wird, um eine Abwärtsspirale und eine neue Eurokrise schon im Vorfeld abzuwehren. Spanien ist nämlich eine große Nationalökonomie, Belgien ein Gründungsmitglied der EU und ihr Sitz, Schuldenprobleme in diesem Land hätten eine sehr schiefe Optik.
Ungarn betrat das Nach-Wende-Europa mit einem großen Schuldenberg, nachdem es bereits 1982 dem IWF beigetreten war, um seine Verschuldungsfähigkeit zu erhöhen. Nachher kam auch noch einiges dazu, und da sich die Wirtschaftsleistung nicht so entwickelt, wie es sich Viktor Orbán bei seinem Amtsantritt vorgenommen hatte, wird es diese Schuld auch nicht los. Außerdem muß es wie andere Nicht-Euro-Staaten auch eine Euro-Verschuldung zum Zweck der Währungspflege betreiben und Euro-Anleihen auf Euro-Börsen herausgeben, um den Wechselkurs des Forint stabil zu halten.
Genaugenommen handelt es sich um 2 Wechselkurse, da sich das Mißtrauen der Finanzwelt in die ungarische Währung darin ausdrückt, daß ein ziemlicher Unterschied zwischen dem Ankaufs– und dem Verkaufspreis des Forint besteht. Mit dem heutigen Tag muß man 356 Ft für einen Euro hinlegen, für einen Euro erhält man aber nur 328 Ft – wenn überhaupt, weil hohe Wechselgebühren werden auch noch abgezogen. Vor allem der Verkaufspreis des Forint ist seit den Anti-Corona-Maßnahmen Mitte April stark gestiegen.

3. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Euro-Staaten

Irland 43.509
Belgien 38.565
Italien 35.721
Österreich 33.864
Frankreich 31.605
Griechenland 28.805
Deutschland 26.523
Holland 26.133
Finnland 23.895
Spanien 23.088
Zypern 22.390
Portugal 22.299
Luxemburg 19.848
Slowenien 15.546
Malta 13.091
Slowakei 7.619
Litauen 5.437
Lettland 4.467
Estland 1.717
Bei der Pro-Kopf-Verschuldung führt nach wie vor Irland. Die Euphorie über den wirtschaftlichen Aufschwung und die Einführung des Euro, was auch als Unabhängigkeit von GB wahrgenommen wurde, hat dem Land erst eine Immobilienspekulation und dann einen Crash beschert. Die Gewinne aus dem Immobilienboom blieben größtenteils bei deutschen Landes- und Kommunalbanken, die dort groß eingestiegen waren, und die bei der Schuldenübernahme durch den Rettungsfonds mit einem blauen Auge davonkamen. Die Kosten für den ganzen Spaß wurden den künftigen Generationen in Irland aufgebürdet.
Noch ein Wort zu den Niederlanden. Holland liegt bei absoluten Schulden im Spitzenfeld, relativ zu BIP und Bevölkerung im Mittelfeld. Es kann sich also seine hohe Verschuldung leisten, ohne ins Gerede zu kommen. Warum eigentlich? Was kann Holland, was dem benachbarten Belgien nicht gelingt?
Wie sich schon bei der Griechenland-Krise und auch jetzt wieder gezeigt hat, scheint Holland ein Sonderverhältnis zu Deutschland zu pflegen, als eine Art Schildknappe, und das könnte auf einem Kreditstützungs-Deal beruhen. Die Bundesbank kauft holländische Anleihen zu einem sehr niedrigen Zins oder Nullzins, und Holland betätigt sich als Scharfmacher, um die Rolle Deutschlands als Schulden-Champion und Schulden-Diktator nicht allzu deutlich hervortreten zu lassen.
——–
Das ist also das Szenario, auf das die Eurobonds-Vorstellungen Italiens stoßen und vor dem sie zuschanden werden.
Irgendetwas müssen Deutschland und seine Flügeladjutanten Italien aber auch geben. Erstens wäre die Verfahrensweise von 2012-2015 mit Troika und Bedingungen nicht wiederholbar, schon allein deshalb, weil der IWF nicht mehr mitspielen würde. Zweitens ginge das auch mit einem Land von der Bedeutung Italiens nicht.
Es war nur einer besonderen Konstellation der italienischen Innenpolitik zu verdanken, daß Monti und Renzi, die Supersparer, überhaupt ihr Programm durchziehen konnten. Der Schock über das Zerplatzen der Euro-Illusionen und aller darauf aufbauenden Kreditblasen machte die italienischen Eliten diesbezüglich willfährig.
Aber die jetzige Politikermannschaft und der strauchelnde Banksektor Italiens stellen diesbezüglich eine etwas härtere Nuß dar.

78 Gedanken zu “Der Streit um die Eurobonds

  1. “Je mehr Schulden Deutschland daher aufnimmt, um so mehr entschuldet es sich.”

    Natürlich nicht: Wenn Deutschland mehr neue Schulden macht als bisher in den Büchern standen, wenn also eine Nettoneuverschuldung vorliegt, dann entschuldet es sich nicht. Im Augenblick sinken die gesamten Kreditkosten in Form der Zinszahlungen für die ausstehenden Anleihen in dem Maße wie alte “teure” Anleihen durch Revolvierung in neue “billige” Anleihen (jetzt sogar mit Negativzins) umgerubelt werden.
    In den letzten paar Jahren nahm Deutschland nicht mehr sondern weniger Schulden auf, der Gesamtschuldenstand ist von 2.021 Milliarden 2015 auf 1.917 Miliarden also um rund 5% gesunken.
    Diese Zahlen sind natürlich jetzt in der Coronakrisenbewältigung das Papier nicht mehr wert, auf dem sie geschrieben sind, denn auch die BRD plant ja eine enorme Ausweitung der Neuverschuldung, sicherlich mindestens 10 % des BIP, es können auch 15% werden.

  2. Ja gut, es war vielleicht nicht richtig ausgedrückt, sondern es heißt: Die Schuldenneuaufnahme verbilligt den Schuldendienst. Also sie ist schon das Moment der Entschuldung.
    Worauf ich hinauswollte ist, daß daß die Neuverschuldung Entschuldung bedeutet, und Letztere nicht durch besondere Zurückhaltung bei der Verschuldung entsteht.
    Das ist natürlich nur eine Momentaufnahme, bevor die große CV-Verschuldung losgeht, aber aus dieser Position der Stärke werden eben die anderen EU-Partner jetzt behandelt.

  3. Ich finde, du wirfst Verschuldung und deren Entwicklung/Steigerung und Schuldenbedienbarkeit (billiger oder teurer) unzulässigerweise in einen Topf. Solange die Zinsen, die ein Wirtschaftssubjekt, also auch ein Staat, für die aufgenommenen Kredite zahlen muß niedrig sind oder gar sinken, kann es sich eben selbst die schon aufgenommenen enormen Schulden leichter leisten als wenn wie in früheren Jahrzehnten an den Anleihen Zinskoupons von 5 oder 7 % pro Jahr dran hingen (und wir reden hier von den kreditwürdigsten Staaten, andere mußten ja noch erheblich mehr Geld abdrücken). Dadurch kann sich Deutschland eine vergleichsweise enorme Ausweitung seiner Gesamtschulden erlauben, weil es buchstäblich nichts kostet, der Schuldendienst pro Jahr erhöht sich ja gar nicht (bei den aktuellen Negativzinsen).

  4. Daß die Gesamtverschuldung der Bundesrepublik seit einiger Zeit fällt habe ich ja nicht bestritten sondern selber mit Zahlen belegt. Und wie das passieren kann ist ja auch kein Geheimnis: Jedes Jahr werden enorme Beträge an Anleihen “endfällig”. Je nach den Vorgaben der Verschuldungspolitik werden dann entweder neue Anleihen mit einem größeren Gesamtvolumen emittiert oder eben wie dieser Tage in der BRD weniger, was die Geamtverschuldung zurückgehen läßt.
    Für Italien die aktuellen Zahlen gemäß n-tv:
    “Der Schuldenstand Italiens dürfte am Jahresende 2020 etwa 155 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen. Als Neuverschuldung sind 173 Milliarden Euro geplant, hinzukommen Anleihen, die 2020 auslaufen und erneuert werden müssen: weitere 316 Milliarden Euro. Abzüglich des “Cash” in der Staatskasse, derzeit 13 Milliarden Euro, braucht Italien also in diesem Jahr 479 Milliarden Euro frisches Geld. In Rom geht man davon aus, dass die EZB überproportional für 220 Milliarden Euro italienische Anleihen aufkaufen wird.”
    a

  5. “Wann in den nächsten Jahren soll denn eine Situation denkbar sein, wo Deutschland oder meinetwegen auch die Niederlande das Maastricht-Ass aus dem Ärmel ziehen könnten? Das ist doch jetzt zu einer Fußnote der Geschichte geworden aber nichts, was auch nur entfernt die Geschicke der EU-Staaten berühren würde.”
    (Neoprene im Vorgänger-Thread)
    Bei Prognosen in Sachen europäischer Politik empfiehlt sich Vorsicht … Gegebenenfalls wird sich über Schuldverhältnisse gestritten – vor welchem deutschem, europäischem, weltweiten Tribunal zukünftig wo auch immer. Juristen/Diplomaten sind da glaube ich eher pingelig unterwegs. Also prinzipienreiterisch.. Was ja auch heißen kann, dass ein anderes Prinzip dem widersprechen könnte. Dann aber auch als Prinzip, bzw. gesetzmäßig.
    Das gibt es sogar sowohl prinzipiell als auch aktuell als Teil der deutschen Staatsgewalt:
    https://www.deutschlandfunk.de/vor-verfassungsgericht-urteil-das-muessen-sie-ueber-den.2897.de.html?dram:article_id=472136 :
    “Bis dato hatte sich die EZB selbst die Regel auferlegt, nicht mehr als ein Drittel der ausstehenden Anleihen eines Staates zu kaufen. Damit wollte sie dem Vorwurf der Staatsfinanzierung entgegentreten. Die EZB hat aber nun angekündigt, diese Anleihe-Kaufgrenze für das neue Programm zu kippen.
    Die Ein-Drittel-Grenze der Staatsanleihen war aber einer der zentralen Punkte, warum der EuGH zu dem Schluss gekommen ist, dass das Vorgehen der EZB verhältnismäßig sei. Da diese Grenze bei dem neuen Programm fehlt, haben bereits einige Experten juristische Bedenken geäußert. Sollte Karlsruhe der Bundesbank eine Teilnahme an dem älteren Anleihekaufprogramm untersagen, hätte das auch Einfluss auf die Wirksamkeit des neuen Programms.”
    Das ist aus dem obigen Link, den aber insgesamt ich zur Lektüre empfehle. Gegenstand dort ist zwar nur, ob der deutschen Regierung das Mittun erlaubt sei. Bei was denn? – So kommt dann auch alles mögliche andere nach Paragraphen und Prinzipien geritten auf den Richtertisch…

    vgl auch
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/bverfg-zur-eu-integration

  6. Bei Facebook hat jemand eine Marktanalyse von S&P Global gepostet:
    “Eurozone bad bank could help deal with toxic debt, but will be a hard seil
    23 April 2020 10:37 GMT
    By Vanya Damyanova and Mohammad Taqi
    Market Intelligence
    A eurozone bad bank could help Europe manage an uptick in soured loans amid the Coronavirus crisis, but getting consensus will be tough because such a project raises questions about risk-sharing, pricing and the role of the government in the region’s banking Systems, according to analysts.
    As the COVID-19 pandemic is expected to trigger a deep recession in the eurozone and a new wave of nonperforming loans, the European Central Bank has resurrected the idea of putting legacy toxic debt on banks’ balance sheets in a bad bank as a way to help lenders cope with new NPLs.
    According to an April 19 report in the Financial Times, senior EU officials rebuffed the idea, saying there are more suitable ways of handling bad loans.”
    Er hat darauf bezogen gemeint: “Drum wird’s bad banks geben auf die man die Schulden endlagert.!”
    Ich habe ihm entgegenet:
    “Es geht ja nicht um Privatbanken, die leider den falschen Unternehmen oder Staaten Geld geliehen haben, sondern um Staaten, die schon sauviele Schulden haben und jetzt leider noch ne Schippe drauf legen müßen, wenn ihre Wirtschaft nicht abschiffen soll.
    Bei Bad Banks sit wie immer die Frage zu stellen, wer denn den Ausfall der Kredite trägt. Der Verkäufer kann es ja nicht sein, sonst müßte der ja seine Pleite bilanzieren. Also bleibt nur der Käufer, der die wertlosen Sachen zum vollen Preis kauft. Das macht doch aber die EZB eh schon, die mittlerweile auch Ramschanleihen vom Markt nimmt, damit die nicht verfallen.”
    Worauf die Antwort kam:
    “Ja, und dann werden halt Bilanzierungsgesetze geändert (fair value pricing, etc). Die Methode wird halt ausgeweitet. Solange es “oben” hängen bleibt ….”
    Ich dazu: “Mir ging es mehr um den Charakter der EZB. Die ist doch selber schon in die Rolle der Bad Bank gewechselt, indem sie auch Staaten, die mangels hinreichender Kreditwürdigkeit, jedenfalls ohne “Risikoprämie” bei den Zinsen ihrer Anleihen, in ganz großem Umfang die Staatsanleihen (und zudem auch Unternehmensanleihen) aufkauft.”

  7. Und genau wegen dieser Punkte: “about risk-sharing, pricing and the role of the government in the region’s banking Systems” wird das, wenn überhaupt, ein “hard sell”.
    Ich verstehe auch die Logik dahinter nicht. Normalerweise wäscht sich eine Bank dadurch wieder rein, daß sie ihre schlechten Kredite mehr oder weniger direkt an den Staat zum Nominalwert verkauft und damit dieses nonperfoming Zeugs nicht mehr an der Backe hat. Damit ist sie selber natürlich wieder merklich kreditwürdiger geworden, weil sich niemand mehr fragen muß, ob die dünne Eigenkapitaldecke der Bank einen endgültigen weitgehenden Ausfall der “schlechten” Kredite überhaupt aushalten könnte.
    Nur, wie soll das bei der EZB gehen: Natürlich kann die sich zweiteilen in eine “gute” EZB, die nur Anleihen von “guten” Staatsschuldnern im Portofolio haben darf (wer gehörte nochmal zu den guten Schuldnern?), und eine weit größere Bad-EZB, die den ganzen europäischen Rest übernimmt, Staats- wie Unternehmensanleihen. Aber die EZB selber ist doch kein Bankinstitut, daß auf seine Refinanzierung achten müßte. Die sind doch die Herren und Damen des Geldes. Ob der Euro und all die auf ihn ausgestellten Anleihen ihr Geld wirklich weiterhin wert sind, würde doch durch solche Bilanztricks überhaupt nicht verändert. Nun gut, Unternehmen, denen inzwischen keiner mehr auch nur ne Mark geben will, könnten sich dann über Wasser halten, weil die EZB ihre Ramschanleihen aufkauft und damit als werthaltig bestätigt. Das wäre dann wie die Nullzinspolitik ein weiteres Mittel, die berühmt/berüchtigten Zombie-Unternehmen noch eine Weile über Wasser zu halten, die ansonsten schon pleite wären oder demnächst scheitern würden.

  8. Die EZB ist zunächst, wie du schreibst, Herrin des Geldes im Euro-Raum. Sie schreibt also Staaten wie Banken – auch – vor, wie die deren Schulden bewirtschaften sollen. Vgl. diesen Streit mit Italien vom Januar 2019:
    https://www.euractiv.de/section/finanzdienstleistungen/news/streit-zwischen-italien-und-der-ezb/
    Als Herrin des Geldes kauft die EZB auch selber Anleihen und sonstige Papiere auf, sowohl von Banken, Unternehmen als auch von Staaten (Staatsanleihen).
    So werden meines Wissens z.B. letztlich Staaten mit Finanzmitteln ausgestattet, worüber ein Streit deswegen existiert, weil das mit BRD-Recht unverträglich sein soll.
    Die gekauften Papiere werden entweder wieder auf dem Markt neu verkauft – insofern kann es sein, dass die EZB erstaunlicher Weise sogar selber Gewinne macht, obwohl sie gar keine gewinnorientierte Institution ist! – oder aber sie verschwinden sowieso “in den Kellern der EZB”.
    Dafür benötigt diese aber nicht den Titel einer bad bank, und sie müsste eine solche daher auch nicht ‘von sich abtrennen’. Denn: Sie ist Teil der hoheitlichen Gewalt, die den Euro managt. Als solche kann sie mit irgendwelchen aufgekauften Ramschpapieren gar nicht bankrott gehen. Sie steht unter keinem Verkaufszwang betreffend diese Papiere. Insofern ist die Idee, sie solle eine bad bank einrichten für ihre Schrottpapiere, falsch.
    Kompliziert wird es aber dann, wenn der Euro zerbricht…

    Ein aktueller Bericht über die EZB:
    “EZB hält Pulver trocken und legt neue Kredite auf
    Mit Milliarden stemmen sich Europas Währungshüter gegen die Folgen der Corona-Krise. Und sie könnten jederzeit nachlegen. Die Bedingungen für laufende Kreditprogramme werden weiter gelockert.
    Die Währungshüter stecken über ein Notkaufprogramm unverändert 750 Milliarden Euro in Staats- und Unternehmenspapiere. Das Programm Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) soll solange laufen, bis der EZB-Rat die Corona-Krise für bewältigt hält – in jedem Fall mindestens bis zum Ende dieses Jahres.
    Die Käufe helfen Staaten wie Unternehmen: Sie müssen als Anbieter der Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt. Die Mitgliedstaaten im gemeinsamen Währungsraum versuchen, mit milliardenschweren Rettungspaketen in der Corona-Krise das Schlimmste zu verhindern. Die Folge: Die Verschuldung der Staaten steigt, das belastet insbesondere hoch verschuldete Länder. Zur Unterstützung der Kreditvergabe in der Corona-Krise legt die EZB ein zusätzliches Programm mit besonders günstigen Langfristfinanzierungen auf, das in diesem Mai starten soll. (Forts.)
    https://www.dw.com/de/ezb-h%C3%A4lt-pulver-trocken-und-legt-neue-kredite-auf/a-53292008
    —-
    Als die EZB gegründet wurde, sollte sie so etwas werden wie eine europäische Variante der rheinischen Frankfurter ‘Deutschen Bundesbank’. Daher stammt wohl noch ihr angebliches Hauptziel, für Geldwertstabilität zu sorgen und um die Inflationsrate im Euro-Raum besorgt zu sein…
    Da die neueren Aufgaben immer neu oben draufgepropft wurden, begründet die EZB lächerlicherweise auch heute noch ihre Aktivitäten damit, dass sie für 2 Prozent Inflation im Euro-Raum sorgen müsse. Die seien aber nun so richtig schwör zu erreichen, – und genau deswegen müsse sie etcpp…

    Vom Standpunkt der EZB, die den Euro emittiert und verantwortet, lebt alles Geldverdienen von einer anständigen Kreditvergabe. Das ganze Geschäftsleben in einer kapitalistischen Nation fängt mit Kredit an und hört logischerweise, weil Kredit nur verliehenes Geld ist und sich für die Bank rentieren soll, mit der Bedienung des Kredits nicht auf (erste Seite des Zirkels). Denn das Aufhören ist immer nur der Startpunkt für das nächste Ausleihen. Der Kredit ist keine einmalige Verlegenheitslösung, die mit einem erfolgreichen Geschäft beendet wäre. Der Kredit ist Ausgangspunkt und Kreditbedienung die Einlösung dieses Vorschusses durch ein gelungenes Geschäft, damit es neu weitergeht. Das heißt, er ist eine Dauereinrichtung….
    https://www.contradictio.de/blog/wp-content/uploads/Protokoll-Jour-fixe-M%c3%bcnchen_2016-04-04.pdf
    Das ist einem der GSP-Protokolle zum Finanzkapital entnommen – und betont noch einma den Unterschied zwiischen der EZB und den normalen Geschäftsbanken, die sich nicht um europäisches Geschäftsleben überhaupt bekümmern.
    https://www.contradictio.de/blog/archives/7685
    Weiteres über die EZB im Punkt 4 des ersten Protokolls.

  9. @Neoprene

    Anleihen, die 2020 auslaufen und erneuert werden müssen

    Warum müssen die erneuert werden bzw. was heißt das?

    Mir ging es mehr um den Charakter der EZB. Die ist doch selber schon in die Rolle der Bad Bank gewechselt

    Ich glaube, der Unterschied liegt in der Zweiteilung. Einer Bad Bank müssen gute Banken gegenüberstehen. Eine zentrale Bad Bank in Frankfurt könnte versuchen, die Banken der EU reinzuwaschen. Natürlich mit EZB-Geld, aber dem Schein versehen, daß dort alles Schlechte versammelt ist und nicht im Keller – oder auf den Servern – der EZB selbst. (Im Keller der Bad Bank kann man ja dann den Schredder aufstellen.)
    Das sind alles Versuche, dem Euro und der EZB ein seriöses Zaubermäntelchen umzuhängen, um sie krisenresistent und dadurch zu diversen Rettungsaktionen zu befähigen.
    @Leser
    Es würde mich auch interessieren, inwieweit die Bundesbank an dem Aufkaufprogramm der EZB „beteiligt“ ist. Höchstens darin, daß der oberste Notenbankchef jedes Landes im Aufsichtsrat oder Vorstand der EZB sitzt und deren Programme abnicken muß.
    Weidmann und der Österreicher Novotny hatten eine Zeitlang eine Kritik an dem Anleihenaufkauf und sind damit auch in den Medien hausieren gegangen, aber so richtig verweigern konnten oder wollten sie es offenbar nicht.
    @Guurd
    Wobei der Witz mit den 2 % Inflation ist, daß die seinerzeit – und dafür wurden auch die Maastricht-Kriterien geschaffen – die Obergrenze sein sollten. Alles oberhalb von 2% wurde als bedenklich angesehen, und die ganze Verschuldung der Mitgliedsstaaten wurde nur unter dem Gesichtspunkt betrachtet, daß da nicht zu viel Inflation, also Preissteigerungen herauskommen sollte.
    Und heute gibt es seit Jahren eine Rererei, daß man nicht einmal die 2% hinkriegt!

    hört logischerweise (…) mit der Bedienung des Kredits nicht auf (erste Seite des Zirkels). Denn das Aufhören ist immer nur der Startpunkt für das nächste Ausleihen.

    Es ist en Unterschied zwischen Bedienen eines Kredites und Tilgen desselben. Vom Standpunkt der Bank wären ewige Kredite, die immer korrekt bedient, also verzinst werden, der Idealfall. Eine ständig und gleichmäßig sprudelnde Quelle der Geldvermehrung. Deswegen z.B. die langen Laufzeiten der Hypothekarkredite, die in den USA beliebig verlängert werden können, was auch einer der Gründe für die Finanzkrise 2008 ff. war.
    Das Gwirxt ist nämlich bei den Schuldnern. Die können zahlungsunfähig werden und sprudelt gar nix mehr.
    Deswegen gibt es die befristeten Kredite, wo bei den Kreditraten sowohl Zinsen gezahlt werden als auch Tilgung geleistet wird, um vor einem möglichen Zahlungsausfall schon möglichst viel von seinem Geld wieder hereinzukriegen.
    Bei den Anleihen ist es jedoch so – soweit ich das verstanden habe –, daß sie zu einem bestimmten Zeitpunkt „abreifen“ und dann auf einmal abgezahlt werden müssen. Und für diesen Verfallstag muß wieder frischer Kredit her, um den alten abzulösen. Das heißt dann „Umschuldung“. Als die Eurokrise losging, hatte auf einmal Griechenland keinen Kredit für dieses Manöver und damit wäre die Altschuld verfallen – wenn sie nicht vom Rest der Eurostaaten übernommen worden wäre.

  10. “Anleihen, die 2020 auslaufen und erneuert werden müssen.
    Warum müssen die erneuert werden bzw. was heißt das?”
    Alle Staaten nehmen Schulden auf, die sie im Prinzip nie zurückzahlen wollen. Das machen sie aber fast überall in der Form von (daran gemssenen) kurzfristigen Staatsanleihen. Im Fall Deutschlands der Bundesanleihen mit 10jähriger Laufzeit. Wenn die auslaufen und zurückgezahlt werden müßten, denkt die BRD natürlich nicht im Traum daran, in die Steuereinnahmen zu greifen und den Gläubigern ihr geliehenes Geld zurück zu zahlen. Nein, sie verkaufen einfach neue Bundeanleihen und zahlen damit die alten endfälligen Papiere. Das nennt man Revolvierung. Bei rund 2000 Milliarden Gesamtschulden und einer mal pi mal Daumen angenommenen durchschnittlichen Laufzeit von 20 Jahren müssen jedes Jahr also 5 % der Schulden also rund 100 Milliarden umgeschuldet werden. Ich hatte oben zitiert, daß die fälligen Anleihen für Italien mit ähnlich hoher Gesamtverschuldung in diesem Jahr rund 300 Milliarden sind, die haben also mehr kurz laufende Anleihen begeben.
    Da eh immer neue Anleihen auf den Markt kommen müssen, kann ein Staat also durch die Reduzierung des Neuvolumens – wenn er es denn ausnahmsweise mal überhaupt will – seine Gesamtverschuldung etwas reduzieren. Wenn dann zusätzlich das Wirtschaftswachstum brummt, dann kann er wie die BRD seine Verschuldungsquote (Verhältnis der Gesamtschulden zur gesamten Wirtschaftsleistung eines Staates in einem Jahr) merklich senken, die lag in 2018 nur noch bei knapp über 60 % (also wirklich fast auf Maastricht-Niveau, das hat von den größeren EU-Staaten niemand).

  11. Zur Griechenlandkrise – aus Wikipedia:
    Während Griechenland vor dem Jahr 2010 hauptsächlich bei Banken und Versicherungen verschuldet war, wurde es in den Jahren danach immer mehr zum Schuldner der Euroländer.
    Banken und Investoren hatten im Juli 2011 noch zugesagt, “freiwillig auf im Schnitt 21 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten”. Während die griechische Regierung darauf drängte, diesem freiwilligen Verzicht zuzustimmen, sperrte sich die Bundesregierung gegen diese Pläne und forderte einen größeren Schuldenverzicht, der mindestens 50 bis 60 Prozent betragen müsse. Im Endeffekt verzichteten die privaten Gläubiger dann auf 53,5 % ihrer Schulden und stimmten zudem einer geringeren Verzinsung der neu ausgegebenen Anleihen zu, so dass sie “insgesamt mehr als 70 Prozent” ihres Geldes verloren.
    Anders sah die Situation für die staatlichen Gläubiger aus: Im ersten Hilfspaket vom Mai 2010 hatten der IWF 30 Mrd. Euro und die anderen Euro-Länder 77 Mrd. Euro (davon Deutschland 15,17 Mrd. Euro) an Hilfsdarlehen gewährt. Bis Ende 2011 hatte Griechenland für fällige Kredite 380 Millionen Euro Zinsen an Deutschland überwiesen.
    Im zweiten Hilfspaket aus dem Februar/März 2012 wurde Griechenland von der EZB und der EU insgesamt ungefähr 130 Mrd. Euro geliehen.
    Die EZB hielt zum Zeitpunkt Februar 2012 griechische Staatsanleihen im Wert von 56,5 Mrd. Euro. Bei Fälligkeit der Anlagen erhält die EZB neben der Tilgung auch Zinsen. Griechenland zahlt zum Stand Juni 2015 für seine vom IWF und der EZB erhaltenden Kredite die ursprünglich in den Hilfspaketen von 2010 bzw. 2012 vereinbarte Tilgung und Zinsen. Die Zinssätze für die EZB-Kredite liegen zwischen 2,3 und 6,5 %. Für die Tilgungs- und Zinszahlungen ist ein Zeitraum von 2012 bis 2037 vorgesehen. Im März, Mai und August 2012 überwies Griechenland insgesamt rund 11,1 Mrd. Euro zur Schuldtilgung an die EZB. Für das Jahr 2012 wurden in einem Artikel der FTD aus dem März 2012 Zinsen von 2,5 Mrd. Euro erwartet, bis zum Jahr 2037 sollten 12,7 Mrd. Euro Zinsgewinne zusammenkommen. Die Gewinne werden anteilig nach der Größe der EZB-Kapitalgeber an die Euro-Länder ausgeschüttet. Der größte EZB-Kapitalgeber, die Deutsche Bundesbank, erhält dementsprechend auch den größten Anteil der Zinsen von der EZB. Geringe Zinsen und lange Laufzeiten spiegeln das Kreditausfallrisiko nicht marktüblich wider.
    Im Vergleich zu den EZB-Krediten müssen die Nehmerländer für Kredite, welche aus dem EFSF bzw. dem ESM stammen, [noch] geringere Zinsen zahlen. Die Kreditfälligkeit der EFSF-Kredite wurde um mehrere Jahrzehnte erhöht und die Zinsen für 10 Jahre gestundet.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Griechische_Staatsschuldenkrise#Finanzielle_Folgen_f%C3%BCr_die_Gl%C3%A4ubiger
    Die geringe Verzinsung sowie die sehr lange Laufzeit war m.E. das Wesentliche der EZB- und der ESM-Kredite. Das betrifft die Quantitäten.
    Sowie das qualitativ mindestens genau so wuchtige Signal an die Märkte: Schaut her, wir stehen hinter den Griechen als für euch benutzbare Nation, weil die sich uns unterworfen hat, sorry: mit uns ein vor Harmonie strotzendes heiliges Einvernehmen hergestellt hat…

  12. “Der Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) verstößt teilweise gegen das Grundgesetz, weil Bundesregierung und Bundestag die EZB-Beschlüsse nicht geprüft haben. Dieses Urteil hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag verkündet. Der Vorwurf der monetären Staatsfinanzierung wurde aber nicht bestätigt. …
    In der Coronakrise hat die EZB ihre Anleihenkäufe noch einmal deutlich ausgeweitet, größtenteils aber über andere Programme. Diese seien nicht Gegenstand des Urteils, betonte Voßkuhle.”
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/ezb-programm-bundesverfassungsgericht-sieht-anleihenkaeufe-als-teilweise-verfassungwidrig-a-376ab4e4-a8e5-4eab-b563-a9420cdad41b#ref=rss

  13. Ursula Knapp: Anleihekäufe – EZB darf so nicht weitermachen
    (…) Im März 2015 begann die EZB damit, Staatsanleihen im Euroraum aufzukaufen. Wenn beispielsweise Deutschland neue Schuldpapiere in den Handel gibt, kaufen die Deutsche Bundesbank und die EZB ein Drittel dieser Staatsanleihen den Händlern – meist Banken – wieder ab. Dadurch wird Geld in den Markt gepumpt, die Zinsen bleiben sehr niedrig, Konsum und Inflationsrate sollen erhöht werden. Grund war laut EZB, dass 2015 Preisverfall und Deflation drohten. Das Programm wurde mehrfach verlängert und gilt bis heute. Mehr als 2,2 Billionen Euro hat die EZB investiert. Nebenbei: Auch andere Zentralbanken agieren so, zum Beispiel in den USA.
    Kläger in Karlsruhe, darunter der EX-CSU-Politiker Peter Gauweiler und AfD-Gründer Bernd Lucke, kritisierten die Geldpolitik der EZB als Vorwand. In Wahrheit würden durch die niedrigen Zinsen die überschuldeten Staaten in der Eurozone gerettet, vor allem Italien. Haushaltsfinanzierung sei der EZB aber verboten. In Deutschland würden dagegen Sparvermögen entwertet, Immobilien- und Mietpreise in die Höhe getrieben. (…)
    Mit der wichtigsten Rüge hatten die Kläger keinen Erfolg: Dass die EZB in Wahrheit marode Staatshaushalte von Euroländern finanziere, könne (noch) nicht belegt werden, so das Urteil. Insofern hat Voßkuhle mit seiner Eingangsbemerkung Recht: Wenn die EZB ein Prüfprogramm vorlegt, ist ihr das Mittel, weiterhin Staatsanleihen aufzukaufen, nicht aus der Hand geschlagen. Das muss sie nun aber bei allen Verlängerungen der Programme tun. Die Geldhäuser zeigten sich am Dienstag zuversichtlich, dass der EZB-Rat diese Aufgabe erfüllen kann und wird.
    Der große Angriff des Karlsruher Urteils richtet sich weniger gegen die EZB als gegen den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Der ist nämlich zuständig für die Kontrolle der europäischen Institutionen und er hatte das EZB-Kaufprogramm im Dezember 2018 samt und sonders für zulässig erklärt. Diese Entscheidung erklärte das Bundesverfassungsgericht jetzt für „nicht mehr nachvollziehbar“, „willkürlich“ und als nicht bindend. Es ist das erste Mal, dass das Bundesverfassungsgericht offen in Opposition zum EuGH geht.
    Dass es so kommen könnte, war bereits in der mündlichen Verhandlung im Sommer 2019 zu spüren. Eigentlich hat der EuGH das letzte Wort, aber der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verweigert nun die Gefolgschaft. Ob das Karlsruher Gericht künftig nur noch die Außenseiterposition einnimmt oder gestärkt aus diesem Konflikt herauskommt, müssen die kommenden Jahre zeigen.
    https://www.fr.de/wirtschaft/darf-nicht-weitermachen-13751003.html
    Dass das für die Anleihekäufe eine Sprengladung wäre …
    https://www.heise.de/tp/features/Karlsruher-Sprengladung-4714936.html
    … das wird in den hiesigen Kommentaren meist verneint. Hier müssen anscheinend nur einige Legitimations-Papiere neu oder etwas anders formuliert werden. Ud zwar so, dass die Formulierungen als “Begründungen” taugen. Obendrein wird das Parlament dies stärker abnicken sollen. ‘Es gehe um Grundfragen der Demokratie’, so der TV-Kommentar in der ARD.
    Interessant finde ich aber, dass eine Gerichtsentscheidung eines europischen Gerichts nun von einem nationalen Gericht soll gekippt werden können. Bezogen auf Verfahren gegen Polen und Ungarn hat man europäisch immerzu schwer auf die andere Reihenfolge in den Weisungsbefugnissen geachtet …
    Da auch Frankreich an den bisherigen Praktiken der Aufkaufprogramme [eine andere!] Kritik hatte, die z.T. mit der Kritik Italiens übereinstimmte, wird interessant werden, wie damit zukünftig – europäisch – umgegangen wird.

  14. @Leser
    Soweit ich die richtige Bilanz aus dem Wikipedia-Artikel zu Griechenland ziehe, so betraf die Schuldenstreichung nur die privaten Gläubiger, nicht die staatlichen bzw. supranationalen (EZB, IWF).
    Wer waren die Betroffenen?
    1. Die griechischen Banken, die dann nach 2015 für mehr oder weniger symbolische Preise an internationale Banken oder Fonds verkauft wurden und jetzt mehr oder weniger vor sich hindümpeln
    2. Die zypriotischen Banken, die möglicherweise mit irgendwelchen Garantien, die nicht eingehalten wurden, zum Aufkauf griechischer Anleihen bewegt wurden, als Griechenland noch sein 3. Rating-B hatte.
    Aus 2. resultierte dann 2013 der Crash Zyperns, und deshalb wird für alle zukünftigen Kreditstützungsaktionen im Euro-Raum eine Schuldenstreichung ausgeschlossen. Die Folgen waren zu unerfreulich.

    Dadurch wird Geld in den Markt gepumpt, die Zinsen bleiben sehr niedrig, Konsum und Inflationsrate sollen erhöht werden. Grund war laut EZB, dass 2015 Preisverfall und Deflation drohten.

    Das alles sind Zwecklügen. Sie beschreiben Effekte, die die EZB gerne hätte, die aber nicht eintreten.
    Der Grund waren die gesamten Ereignisse um die Staatsschuldenkrise, die gezeigt hatten, daß das bisherige Vorgehen mit Troika und ESM und IWF nur den Bazillus von einem Pleitestaat zum anderen weitertrug und ein anderes Vorgehen notwendig war. Spanien und Italien wären auch mit den bisherigen Mitteln nicht zu bewältigen gewesen.
    Deswegen wird dieses Anleihen-Aufkauf-Programm auch weitergeführt und erweitert, weil sonst wäre sofort eine neue Eurokrise da. Dieses Programm dient also als allererstes der Stützung des Euro. Das bewerkstelligt es, indem es die Finanzierung von Staatshaushalten ermöglicht, die ansonsten fraglich wäre.
    Das wird aber nicht so hingesagt, sondern immer dieser Konsum- und Inflations-Schmarrn hergebetet, der inzwischen praktisch schon längst widerlegt ist.

    Auch andere Zentralbanken agieren so, zum Beispiel in den USA.

    Der grundlegende Unterschied ist, daß die EZB die Anleihen vom Sekundärmarkt kauft, also von Banken, denen sie damit ein Geschäft verschafft.
    Der Umweg über die Banken soll eine Art Beglaubigung des Euro sein, von der privaten Geschäftswelt verliehen, die durch ihre Kalkulationen, Käufe und Verkäufe sozusagen sagt: Dieses Geld ist tatsächlich Geschäftsmittel!
    Umgekehrt ist die Aussage der Frau Knapp auch so typisch: Die USA macht es ja auch, wir sind da nichts Besonderes!
    Das ist noch einmal eine Draufgabe bei diesem intellektuellen Eiertanz, mit dem sich alle möglichen Ökonomen und Banker tagtäglich in die eigene Tasche lügen: Ursprünglich wollte die EU ja ein anderes Verfahren, indem sie diese Vorschrift der indirekten Käufe einführte. Unser Euro ist solider wie dieser windige Dollar! – und jetzt kommt irgendwie schüchtern: Sogar die USA machen es so!
    Gauweiler und Lucke sind da der Wahrheit zwar näher, drücken sich aber – ähnlich wie Marine Le Pen bei ihrem letzten Wahlkampf – um die Frage des Euro herum: Wollen sie ihn oder nicht? Weil wenn ja, so müßten sie auch die EZB-Finanzierung Italiens und der restlichen Pleitestaaten zulassen. Ohne die wäre der Euro Geschichte.
    Diese Gerichtsverfahren und -urteile hängen sich an formalrechtlichen Bestimmungen über Zuständigkeiten auf, aber die ökonomische Grundlage wird anscheinend in den Verfahren nicht zur Sprache gebracht.
    Vielleicht auf Weisung hin. Weil für eine Währung und ihren Kredit ist es fatal, sobald sie ins Gerede kommt – noch dazu vor einem derartig zentralen Gerichtshof.

  15. @Neoprene
    Alles klar, es geht nur um die normale Umschuldung. Ich war mir bei deiner Wortwahl nicht sicher, worauf du dich beziehst.
    Also Deutschland entschuldet sich, indem es weniger an Krediten aufnimmt als es abzahlt, sehe ich deine Aussage da richtig?
    Meine Behauptung ging darin, daß auch bei gleichbleibender oder sogar Mehraufnahme von Neuschuld die Gesamtschuld sinkt, wenn es Negativzinsen gibt. Ich habe aber nicht die Zeitkapazitäten, dem nachzugehen und das auszurechnen.
    Was die Laufzeiten betrifft, so spielen auch die 30-jährigen Anleihen eine große Rolle, nicht nur die 10-jährigen. Die sind nur so eine Art Referenzpapier, aber keineswegs die einzige Form der kreditmäßigen Finanzierung des deutschen Staatshaushaltes:
    https://www.deutsche-finanzagentur.de/de/finanzagentur/veroeffentlichungen/
    Spanien z.B. hat in Notfällen zu kurzfristigen gegriffen und die in großer Zahl emittiert, als der Hut brannte, ebenso Argentinien unter Macri, damit werden akute Brände gelöscht, aber ein Schwelbrand unter dem Teppich verursacht.
    Wenn ein Staat dergleichen nicht notwendig hat, und sogar auf längerfristige Anleihen Null Zinsen zahlt, so läßt sich damit schon Schuld reduzieren, meine ich. Ohne deshalb weniger Geld zur Verfügung zu haben. Es reduziert sich einfach der gesamte Schuldendienst in Form der Zinsen.

  16. “Meine Behauptung ging darin, daß auch bei gleichbleibender oder sogar Mehraufnahme von Neuschuld die Gesamtschuld sinkt, wenn es Negativzinsen gibt.”

    Nein, das sind zwei paar Stiefel: Die Gesamtschulden steigen entweder, weil es eine sogenannte Nettoneuverschuldung gibt, wenn also mehr neue Anleihen verkauft werden als den Banken zurückbezahlt werden. Die Belastung des Haushalts durch die jährlichen Zinsen auf die umlaufenden Anleihen sinkt natürlich, wenn die neu verkauften Anleihen mit weniger Zinsen angeboten werden können (wenn die Gesamtverschuldung konstant bleibt). Wenn die Käufer von neuen Staatsanleihen dem Staat sogar Geld dafür zahlen müssen, daß sie ihr Geld bei ihm parken dürfen statt es in riskante Alternativen stecken zu “müssen”, dann ist der Effekt natürlich noch größer.
    Nochmal, wenn ein Staat der bisher 1000 Milliarden Schulden in Form von umlaufenden Staatsanleihen hatte, nun noch drauf sattelt und seine Gesamtverschuldung um 10 Prozent erhöht, dann hat er eben mehr Schulden, auch wenn er für die Zusatzschulden keinen Cent Zinsen zahlen muß, sondern obendrein noch ein paar Euro Einnahmen erzielt. Schulden sind Schulden egal wie teuer oder billig sie den Schuldner kommen.

  17. “Ohne Aussprache hat der Bundestag am Freitag, 23. November 2018, den Einzelplan 32 des Bundeshaushalts 2019 (19/3400, 19/3402) zur Bundesschuld angenommen. CDU/CSU und SPD stimmten für den Einzelplan, die übrigen Fraktionen votierten dagegen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses (19/4622) zugrunde. Der Einzelplan verzeichnet Ausgaben von 18,38 Milliarden Euro – 1,03 Milliarden Euro weniger als 2018 –, von denen 17,52 Milliarden Euro für den Schuldendienst des Bundes aufgebracht werden (2018: 18,01 Milliarden Euro). Die Bundesregierung beziffert die Einnahmen dieses Einzelplans auf 1,35 Milliarden Euro gegenüber 1,39 Milliarden Euro 2018.
    Kernbereich dieses Einzelplans ist einerseits die Kreditaufnahme und andererseits der Schuldendienst des Bundes. Außerdem sind Einnahmen und Ausgaben aus Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen des Bundes enthalten.
    … Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, den Anteil an langfristigen Schuldtiteln, vor allem den Anteil der 30-jährigen Anleihen, an der Bundesschuld in absehbarer Zeit deutlich zu erhöhen. Zur Begründung heißt es, durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank sei der Bundeshaushalt erheblich entlastet worden, doch bestehe die Gefahr, dass die Belastungen künftig wieder steigen. Um dem entgegenzuwirken, sollte bei der Ausgabe von Bundesanleihen stärker als bisher auf langfristige Schuldverschreibungen gesetzt werden. Die AfD stimmte für ihren Antrag, die FDP enthielt sich, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.”
    Die BRD muß also dieser Tage gerade mal 17,5 Mrd € für Zinsen auf die ausstehenden Anleihen bezahlen.
    Wie hoch die Gesamtschulden sind, ist nicht exakt klar:
    “Die an Eurostat für 2018 gemeldete Verschuldung betrug 2069 Milliarden Euro[2] und damit 61,9 % des Bruttoinlandsprodukts.[3]
    Das Statistische Bundesamt berichtet für 2018 eine Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland von 1917 Milliarden Euro.” wikipedia
    Also rund 2000 Milliarden. Das allermeiste davon sind Schulden mit einer Laufzeit unter 10 Jahren:
    https://www.deutsche-finanzagentur.de/de/institutionelle-investoren/portfoliomanagement/
    “Die staatlichen Zinsausgaben in Relation zum BIP hatten dagegen bereits Mitte der 1990er Jahre einen Höchststand von 3 ½% erreicht. In den Folgejahren kam es zu einem stetigen Rückgang auf 2¾% bis zur Mitte des letzten Jahrzehnts. Nach einer Seitwärtsbewegung setzte sich die rückläufige Entwicklung ab 2010 fort und beschleunigte sich in den vergangenen Jahren. Zuletzt lag die Quote bei 1½%.
    Dass die Zinsausgabenquote seit dem Jahr 1999 trotz trendmäßig zunächst weiter steigender Schuldenquote spürbar sank, lag am deutlichen Rückgang der Durchschnittsverzinsung. Während diese zu Beginn der 1990er Jahre – unter anderem getrieben von höheren Inflations- und Wachstumserwartungen – noch 8% betragen hatte, sank sie danach spürbar. Diese Grundtendenz wurde in konjunkturell günstigen Zeiten wie etwa zur Jahrtausendwende durch höhere Finanzierungskosten vorübergehend abgeschwächt, und ab der Mitte des letzten Jahrzehnts kam es zu einer mehrjährigen Seitwärtsbewegung auf einem Niveau von 4¼%. Ab dem Jahr 2009 setzte aber wieder ein Rückgang ein, und im letzten Jahr lag die Durchschnittsverzinsung der deutschen Maastricht-Schulden nur noch bei 2%.
    Wie umfangreich die rechnerische Haushaltsentlastung aus gesunkenen Zinsen in den letzten Jahren war, wird deutlich, wenn die Auswirkungen der rückläufigen Durchschnittsverzinsung 6) für sich genommen betrachtet werden. Gemessen am Stand des Vorkrisenjahres 2007 7) kam es hierdurch im Jahr 2016 zu einer Halbierung der Zinsausgaben. Die mit dem aktuellen Schuldenstand ermittelte diesbezügliche gesamtstaatliche Ersparnis betrug allein im letzten Jahr 47 Mrd € oder 1½% des BIP. Kumuliert erreichen die Zinsentlastungen ab dem Jahr 2008 eine Größenordnung von 240 Mrd € oder 7 ½% des letztjährigen BIP.”
    (Deutsche Bundesbank Monatsbericht Juli 2017)
    https://www.bundesbank.de/resource/blob/665400/8ab6760c121a26feb297c6d6216768a0/mL/2017-07-zinsausgaben-data.pdf

  18. @Neoprene
    Danke für die erschöpfende (in beide Richtungen! :-)) Auskunft!
    Ich mußte dann noch nachschauen, was diese auf der Seite der Finanzagentur angeführten Wertpapiere eigentlich sind.
    „Bobl“ – Bundesobligationen mit einer Laufzeit von 5 Jahren, die nur an akkreditierte Kreditinstitute verkauft werden, nicht an Private.
    „Bubill – von Bund und Bundesbank geplante kurzlaufende Anleihe mit weniger als einem Jahr Laufzeit. Der Bund versteht die Emission solcher Papier, die beispielsweise in den USA seit jeher zu den populärsten Standardpapieren der US-Fed zählen, als wichtigen Schritt hin zu einem international interessanten und wettbewerbsfähigem Geldmarkt.“
    (aus einem Buch von 2013)
    Derartig kurzfristige Papiere stellen also eine Neuheit der deutschen Staatsverschuldung dar, bei der an den USA Maß genommen wurde.
    „Bundesschatzbriefe“ gibt es nicht mehr. Die Statistik ist vermutlich von Ende 2019 und deshalb sind sie dort noch angeführt.
    „Die Zinssätze der Bundesschatzbriefe stiegen – wie bei einer Stufenzinsanleihe – über die Laufzeit an („Zinstreppe“). Allerdings unterlagen Bundesschatzbriefe keinem Kursrisiko und wurden nicht in den Börsenhandel eingeführt. Damit unterschieden sich Bundesschatzbriefe von börsennotierten Bundesanleihen und Bundesobligationen. (…) Bundesschatzbriefe wurden 1969 zur Vermögensbildung breiter Bevölkerungsschichten geschaffen und von der Bundeswertpapierverwaltung ausgegeben. (…) Der letzte Bundesschatzbrief (Typ B), die Ausgabe 2012/12, wurde am 1. September 2019 fällig und getilgt.
    Sie bot über die gesamte Laufzeit von sieben Jahren eine Rendite von 0,68 %. In der 50-jährigen Bundesschatzbriefhistorie erbrachte Ausgabe 1981/10 mit 10,74 % die höchste Endrendite und schnitten die Bundesschatzbriefe in Renditevergleichen regelmäßig besser ab als ein durchschnittlicher Euro-Rentenfonds.“
    Obwohl die Grundfrage, worauf die sinkende Verschuldung Deutschlands jetzt genau zurückzuführen ist, sich offenbar nicht so einfach klären läßt, so sieht man doch an diesen 3 oben angeführten Papieren, wie sich die Verschuldungspolitik Deutschlands in den letzten Jahren verändert hat. Die Schatzscheine, die offenbar eher gemächliche und sichere Anlage boten, werden von kurzfristigen und sehr spekulativen Papieren abgelöst, die offenbar die Art von Anlegern anziehen sollen, die in Lateinamerika als „Schwalben“ bezeichnet werden, weil sie in der warmen Saison kommen und verschwinden, sobald es kühler wird.

  19. Die Richter des deutschen Bundesverfassungsgerichts folgen, einem Kommentar von Pepe Egger zufolge, “…einer ziemlich eigenwilligen, ja paradoxen Argumentation: Die EZB solle unabhängig sein, sie dürfe sich nicht in Politik und Wirtschaftspolitik einmischen.
    Wie genau sie ihre Unabhängigkeit aber auslegt, das müsse ihr das deutsche Grundgesetz und die Fürsprecher der deutschen Sparer diktieren.
    Das BVerfG wollte auch nicht sehen, dass die ganze aktivistische Geldpolitik der EZB darauf zurückgeht, dass die Euro-Staaten mit der Finanzkrise allein nicht fertig wurden, genau wie sie derzeit dabei versagen, die ökonomischen Folgen der Pandemie zu bekämpfen: Weil sie so tun, als könne man eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Fiskalpolitik haben.
    Idealismus – und deutsche Innenpolitik – sind eine feine Sache. Tatsachen einfach wegzaubern aber, das können sie nicht.” https://www.freitag.de/autoren/pep/geldpolitik-und-idealismus
    Dass die Interessen der deutschen Sparer (an höheren Zinsen) und der deutschen Immobilien-Erwerber (an geringeren Kaufpreisen) Eingang in allerhöchste Verfassungsfragen finden, denn wegen der Europa-Finanzierung müssten die davon betroffenen deutschen Interessenten leiden, – das erzählt der Stammtisch seit Jahr und Tag, dass ein guter Deutscher qua Staatsangehörigkeit ein Recht auf hohe Zinsen auf seinem Sparbuch habe …
    – Als seien Zinsen auf dem Sparbuch eine moralische Belohnung für Patriotismus. ‘Wir hätten als Nation ohne das Ausland von deutscher Natur aus sowieso eine super Währung und von deutschem Blut aus auch super Zinsen’ – als gäbe es die deutsche Nation so in dieser wuchtigen Form quasi als Blutseigenschaft der Staatsangehörigen überhaupt, ohne dass sie dafür das europäische Ausland kräftig benutzt hat. Mit entsprechenden Folgen, nicht nur in der Krankenhausausstattung der Südländer, die unter deutschem Spardiktat noch stärker kaputtgespart worden sind als schon hierzulande. Als wäre die schwarze Null nicht die deutsche euro-imperialistische Kampfparole der letzten Jahre gewesen.

    Den ideologischen Widersinn hatte Stephan Kaufmann schon vor längerer Zeit aufgespießt:
    “In Deutschland herrscht zuweilen ein eigenartiges Verhältnis zum Zins vor. So gelten Schulden als etwas Schlechtes, Zinsen dagegen als etwas Gutes. Geld leihen und dafür Zins zahlen ist in diesem Sinne falsch, Geld verleihen und Zins kassieren aber richtig, obwohl es das eine nicht ohne das andere gibt. Zinsen aber werden nicht nur geschätzt. Sie gelten vielen offensichtlich als eine Art Menschenrecht.
    In der Sache ist der Zins der Preis für die Überlassung einer Geldsumme auf Zeit. Er begründet sich nicht aus einer Leistung des Gläubigers, sondern schlicht aus seinem Eigentum an der Geldsumme, das ihm das Recht gibt, einen Zins zu verlangen dafür, dass er die Verfügung über sein Eigentum vorübergehend an den Schuldner abgibt. Der Schuldner wiederum verpflichtet sich rechtsverbindlich zur Rückzahlung plus Aufschlag. Ob ein Zins vereinbart wird und wie hoch er ist, das allerdings ergibt sich aus den Marktverhältnissen, also aus dem Machtverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner.”
    – Fortsetzung des Artikels:
    https://www.fr.de/wirtschaft/mensch-zins-12968655.html

  20. Wer das Recht spricht (07.05.2020)
    Bundesverfassungsgericht widerspricht EuGH-Urteil und stellt Maßnahmen zur Stabilisierung der EU in Frage.
    KARLSRUHE (Eigener Bericht) – Mit Entsetzen haben Ökonomen und Politiker außerhalb Deutschlands auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Staatsanleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) reagiert. Das Gericht hatte am Dienstag die Anleihekäufe als “teilweise verfassungswidrig” eingestuft und dabei ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für unrechtmäßig erklärt – obwohl dessen Rechtsprechung über nationalem Recht steht. Darüber hinaus hat es die Unabhängigkeit der EZB attackiert, sie deutschen Vorgaben zu unterwerfen versucht sowie ein zentrales Instrument zur finanziellen Stabilisierung der EU, den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB, in Frage gestellt. Während Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire warnt, das Urteil gefährde die “Stabilität” der EU, wird Enrico Letta, ein ehemaliger Ministerpräsident Italiens, mit der Äußerung zitiert, der Gerichtsentscheid bedeute “Die Deutschen zuerst”. Tatsächlich erhöht das Urteil den wirtschaftlichen Druck auf Italien – zu einer Zeit, zu der in dem Land der Unmut über Deutschland rasch wächst.
    “Nicht mehr nachvollziehbar”
    Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von diesem Dienstag hat in zweierlei Hinsicht äußerst weitreichende Bedeutung. Zum einen betrifft es die Rechtsordnung innerhalb der EU. Das Verfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 18. Juli 2017 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Fragen zu Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das war nichts Ungewöhnliches: Zu den Aufgaben des EuGH gehört es unter anderem, die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten bei der Anwendung von EU-Recht zu unterstützen; das Bundesverfassungsgericht war mit deutschen Klagen gegen den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB befasst, die EU-Recht zu befolgen hat. Der EuGH kam der Bitte aus Karlsruhe mit einem Urteil vom 11. Dezember 2018 nach.[1] Darin erklärte er, das von der EZB am 4. März 2015 aufgelegte Public Sector Purchase Programme (PSPP), das den Kauf von Staatsanleihen vorsieht, entspreche in jeder Hinsicht den Normen der EU; es gebe an ihm also nichts zu beanstanden. Das nun wiederum akzeptiert das Bundesverfassungsgericht nicht. In seinem Urteil vom Dienstag widerspricht es dem EuGH-Beschluss vom Dezember 2018 in ungewöhnlich scharfen Worten – “schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar” -, und es verpflichtet darüber hinaus die Bundesbank zu praktischen Konsequenzen, nämlich zur Einstellung der Mitwirkung am PSPP, sollte die EZB seinen Forderungen nicht entsprechen. Damit stellt es – präzedenzlos – seine Entscheidungen gegebenenfalls über diejenigen des EuGH.
    Ein Land ist gleicher
    Das Karlsruher Urteil ist bei der EU-Kommission umgehend auf offenen Widerspruch gestoßen. “Wir bekräftigen den Vorrang des EU-Rechts und die Tatsache, dass die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für alle nationalen Gerichtshöfe bindend sind”, teilte EU-Kommissionssprecher Eric Mamer mit.[2] Dass das Bundesverfassungsgericht nachgeben wird, ist unwahrscheinlich. Klar ist damit, dass sich von nun an Gerichte anderer Mitgliedstaaten ihrerseits auf den deutschen Präzedenzfall berufen können, sollten sie in Widerspruch zum EuGH geraten. Schon jetzt wird damit gerechnet, dass Gerichte aus Polen und aus Ungarn das tun; gegen beide Länder hat die EU, nicht zuletzt auf Betreiben der Bundesregierung, Rechtsstaatsverfahren eröffnet. Freilich läuft es den Vorstellungen Berlins zuwider, dass Warschau und Budapest gleichfalls nationales Recht über EU-Recht stellen könnten. Entsprechend erklärt das Bundesverfassungsgericht, die von ihm praktizierte Aushebelung von EU-Recht sei nur in engen Grenzen zulässig – und zwar dann, wenn ein “ausbrechender Rechtsakt” einer EU-Institution vorliege.[3] Karlsruhe ist offensichtlich der Ansicht, zur Feststellung eines solchen Rechtsakts berechtigt zu sein. Dafür, dass nach deutscher Auffassung auch Polen oder Ungarn dies beanspruchen dürften, liegen keine Hinweise vor.
    EZB-Unabhängigkeit ausgehöhlt
    Weitreichende Bedeutung hat das Urteil auch in ökonomischer Hinsicht. Zwar lehnt das Bundesverfassungsgericht den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB nicht prinzipiell ab; es verlangt aber, solche Käufe müssten “verhältnismäßig” sein – insbesondere im Verhältnis zu ihren Folgen für die Sparer, die Immobilienmärkte und den Bankensektor. Die EZB müsse nun einen Bericht vorlegen, in dem sie die “Verhältnismäßigkeit” ihrer Schritte sorgsam begründe. Damit schwingt sich das Bundesverfassungsgericht zum Befehlsgeber für die offiziell unabhängige EZB auf. Hinzu kommt, dass die Bundesregierung angekündigt hat, bei der EZB auf die umfassende Prüfung der Anleihekäufe zu dringen.[4] Dass ausgerechnet Berlin jetzt die EZB-Unabhängigkeit aushöhlt, die es bislang stets eingefordert hat, ruft in der Finanzwelt außerhalb Deutschlands konsternierte Reaktionen hervor. Druckmittel zur Durchsetzung ist Karlsruhes Beschluss, komme die EZB seinen Forderungen nicht nach, dann müsse sich die Bundesbank von den Käufen von Staatsanleihen zurückziehen. Damit wäre das EZB-Programm kaum aufrechtzuhalten. Das Bundesverfassungsgericht hat der EZB für die Erfüllung seiner Forderungen eine Frist von drei Monaten gesetzt.
    “Schmerzstillende Mittel”
    Darüber hinaus stellt das Bundesverfassungsgericht mit den EZB-Anleihekäufen ein Instrument in Frage, das in den vergangenen Jahren eine zentrale Rolle beim Erhalt der Stabilität der Eurozone gespielt hat. Die Eurozone leidet unverändert strukturell daran, dass der Euro den ökonomisch schwächeren Ländern die Möglichkeit nimmt, ihre unzureichende Schlagkraft vor allem gegenüber der übermächtigen deutschen Exportindustrie durch Abwertung ihrer Währung auszugleichen. Da Berlin jeden anderen Ausgleich – etwa durch ein Eurobudget oder durch Eurobonds – unerbittlich ablehnt, ist die EZB in der Krise mit dem systematischen Kauf von Staatsanleihen eingesprungen: quasi “als Apotheke für schmerzstillende Mittel” für die südlichen Eurostaaten, urteilt der emeritierte Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Wolfgang Streeck – damit “der Schmerz” in jenen Ländern “so weit gelindert werden” kann, “dass ihre politische Klasse ‘proeuropäisch’ bleib[t]”.[5] Karlsruhe stellt dieses Modell nun in Frage. Insbesondere begrenzt das Urteil vom Dienstag “die Spielräume … für den Kauf italienischer Staatsanleihen”, urteilt Clemens Fuest, Präsident des Münchner ifo-Instituts.[6]
    “Die Deutschen zuerst!”
    Während das EZB-Direktorium seit Dienstag Abend Krisenvideokonferenzen abhält, äußern sich zahlreiche Ökonomen und Politiker jenseits der deutschen Grenzen entsetzt. Das Karlsruher Urteil sei eine “Kriegserklärung an den EuGH”, urteilt der Ökonom Guntram Wolff, Leiter des Brüsseler Think-Tanks Bruegel.[7] Die Londoner Financial Times prangert in einer redaktionellen Stellungnahme an, die EZB sei “von fehlgeleitetem, aber unbarmherzigem juristischen Druck aus Deutschland zur Geisel genommen” worden.[8] Das Karlsruher Urteil sei “kein stabilisierendes Element”, erklärt mit höflicher Untertreibung Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire.[9] Scharfe Kritik wird vor allem in Italien laut, dessen ökonomische Stabilität von dem Karlsruher Urteil ernsthaft gefährdet wird. “Es kommt keinem Verfassungsgericht zu, zu entscheiden, was die EZB machen kann oder nicht”, erklärte Ministerpräsident Giuseppe Conte gestern in einem Interview; “auch Deutschland” habe die Unabhängigkeit der Bank anerkannt.[10] In italienischen Finanzkreisen heißt es, das Bundesverfassungsgericht habe “von Conte bis Prodi alle” im Land gegen sich aufgebracht; Italiens ehemaliger Premierminister Enrico Letta wird mit der Feststellung zitiert: “Die Deutschen haben “Die Deutschen zuerst!” gesagt.”[11]
    Als “Feind” eingestuft
    Das Urteil erhöht den ökonomischen Druck auf Italien zu einer Zeit, zu der im Land ohnehin der Unmut über Deutschland rasch wächst. Auslöser waren zuletzt die Weigerung, Italien in der Covid-19-Pandemie zu Hilfe zu kommen, die Schließung der Grenzen sowie die Verhinderung jeder Art von “Coronabonds”, mit denen sich Rom über die Krise retten wollte.[12] Eine Umfrage zeigte vor kurzem, dass knapp die Hälfte der Bevölkerung Deutschland als “Feind” einstuft – mehr als jedes andere Land.[13] Heftiger Unmut über die Bundesrepublik hat dabei auch linksliberale, traditionell Deutschland und der EU gegenüber positiv eingestellte Milieus in den italienischen Eliten erreicht.[14]

  21. Pandemie VII: Kredit und internationale Konkurrenz
    Mit Weltgeld gegen die „Corona-Krise“
    Die Regierung in Berlin begegnet der „Corona-Krise“ nach dem Vorbild von Mario Draghi – „whatever it takes“ – mit erklärtermaßen unbegrenzten Mitteln, fürs Erste mit einem Finanzvolumen von der dreifachen Größe des jährlichen Bundeshaushalts. Die Summe relativiert sich zwar, da sie zum größeren Teil aus Kreditgarantien besteht, die – hoffentlich – nicht voll in Anspruch genommen werden. Dennoch: So etwas muss ein Staat sich leisten können.
    Deutschland kann, wie die Regierung stolz vermeldet:
    Die Disziplin der „Schwarzen Null“
    zahle sich jetzt aus. Dass Schulden, die gestern nicht gemacht wurden, heutige Schulden, volle 1200 Milliarden Euro, verfügbar machen, ist zwar Blödsinn. Der Zusammenhang, den die Regierung da herstellt, ist dennoch aufschlussreich.
    Der Hinweis auf ihre zurückliegende Haushaltsdisziplin erinnert immerhin daran, dass die von ihr bereitgestellte Liquidität Kredit ist; eine staatlich verbürgte Schuld. Und dass, auch wenn der Staat ihren Wert hauptsächlich der EZB, seiner KfW, also letztlich sich selbst gegenüber verbürgt, dieses Geld in einem Verhältnis – der Abhängigkeit oder, andersherum, der Inanspruchnahme – zum Kapital der Nation steht, also zu dem durch Profit vermehrten Reichtum und gerechtfertigten Kredit der heimischen Wirtschaft. Was der Staat sich an Haushaltsdefizit leistet, hat sich dadurch zu rechtfertigen, dass es Wirtschaftswachstum bewirkt und sich durch ein steigendes Steueraufkommen bezahlt macht.
    An diesem im Dogmatismus der „Schwarzen Null“ verbindlich gemachten Maßstab gemessen und auch nach Maßgabe der nach wie vor gültigen Maastricht-Kriterien für eine ökonomisch tragbare Staatsverschuldung geht die Schaffung einer Finanzmasse, die die Staatsverschuldung schlagartig von 60 auf mindestens 80 % des BIP steigen lässt, nicht in Ordnung. Das verbietet sich aus zwei Gründen, nämlich wegen zwei Wirkungen, deren Vermeidung die Regierung ihrer Politik der „Schwarzen Null“ gutschreibt: Schulden in solcher Höhe, die gar nicht auf künftigen Zuwachs an nationalem Geschäft berechnet sind, kosten den Schuldner – im Normalfall – Kreditwürdigkeit und entsprechend hohe Zinsen; und wenn der Staat mit hoheitlicher Geldschöpfung dafür einsteht, kosten sie – normalerweise – eine gehörige Entwertung des staatlichen Wertzeichens. Im aktuellen Fall kommt hinzu: Es unterbleibt so viel Geschäft, dass die Wirtschaft insgesamt schrumpft statt zu wachsen; auch nach der Seite hin verschlechtert sich das Verhältnis zwischen nationalem Gesamtgeschäft und Staatsschuld, das – normalerweise – über die in Zinsforderungen gemessene Kreditwürdigkeit des Staates und den Wert des von ihm verantworteten Zahlungsmittels entscheidet.
    Der Nutzen der „Schwarzen Null“ und sein Grund: Grenzenloser Kredit für die Macher eines Weltgelds
    (…)
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/weltgeld-gegen-corona-krise

    Außerdem hat der Gegenstandpunkt einige weitere Artikel zur Corona-Krise herausgegeben:
    https://de.gegenstandpunkt.com/
    u.a. auch diesen neuen Artikel:
    Der Lockdown zieht sich in die Länge:
    Pandemie VIII: Klassenbewusstsein von rechts
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/klassenbewusstsein-rechts

    Und: Fazit I: Alles Mögliche wird anders, damit es in der Hauptsache so weitergeht wie bisher.
    Fazit II: Wieder mal eine Krise, die nichts und niemanden ändert.
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/corona-chance

  22. Theo Wentzke: Weltgeld gegen Virus
    Im Umgang mit der gegenwärtigen Coronakrise zeigt sich erneut der Widerspruch zwischen den nationalen Haushalten der EU-Staaten und ihrer gemeinsamen Währung (jw, 13.05.2020)
    Die Regierung in Berlin begegnet der Coronakrise nach dem Vorbild von Mario Draghi – es koste, was es wolle – mit erklärtermaßen unbegrenzten Mitteln, fürs erste mit einem Finanzvolumen von der dreifachen Größe des jährlichen Bundeshaushalts. Die Summe relativiert sich zwar, da sie zum größeren Teil aus Kreditgarantien besteht, die (hoffentlich) nicht voll in Anspruch genommen werden. Dennoch: So etwas muss ein Staat sich leisten können. Deutschland kann, wie die Regierung stolz vermeldet: Die Haushaltsdisziplin zahle sich jetzt aus. Dass Schulden, die gestern nicht gemacht wurden, heutige Schulden, volle 1.200 Milliarden Euro, verfügbar machen, ist zwar Blödsinn. Der Zusammenhang, den die Regierung da herstellt, ist dennoch aufschlussreich.
    (…)
    https://www.jungewelt.de/artikel/378253.internationales-finanzsystem-weltgeld-gegen-virus.html

    Zusatzmaterial:
    Die nationalen Finanzminister bzw. letztlich die Regierungschefs behalten sich die Entscheidung über Art und Ausmaß des Corona-EU-Kredits vor. Desungeachtet haben sich – wie zu erwarten – auch andere EU-Institutionen gemeldet…
    https://www.heise.de/tp/features/EU-Parlament-will-zwei-Billionen-Euro-schweren-Wiederaufbau-und-Transformationsfonds-4721349.html
    https://www.euractiv.de/section/eu-innenpolitik/news/eu-wiederaufbauplan-von-der-leyen-enthuellt-details/

  23. “An diesem im Dogmatismus der »schwarzen Null« verbindlich gemachten Maßstab gemessen, und auch nach Maßgabe der nach wie vor gültigen Maastricht-Kriterien für eine ökonomisch tragbare Staatsverschuldung, geht die Schaffung einer Finanzmasse, die die Staatsverschuldung schlagartig von 60 auf mindestens 80 Prozent des BIP steigen lässt, nicht in Ordnung.”

    Diesen Dogmatismus gab und gibt es bei den großen Euro-Staaten übrigens nur in Deutschland, Nur dort war die Nettoneuverschuldung einige Jahre lang tatsächlich Null. Was dann bei weiterhin wachsender wirtschaftsleistung in Deutschland zu der historisch einmaligen Senkung der Staatsschuldenquote geführt hat. Die anderen Staaten streben, wenn überhaupt, nur an, daß ihre Schuldenquote nicht steigt, steigern also ihre Schulden immer nur in dem Maß, wie ihre Wirtschaft auch wächst. All das ist natürlich jetzt angesichts der gigantischen Corona-Rettungsprogramme Schnee von gestern.

  24. Schon seit jeher, also vor Brexit, Trump und Corona, vermengt sich im Europa der EU kapitalistische Geschäftemacherei mit einem “zweiten politischen Inhalt: Jeder Nutzen, der denen zugebilligt wird, kommt in den Blick als mögliche Schwachstelle, an der man sie packen kann; alle kommerziellen Beziehungen werden begutachtet und nach Bedarf genutzt als Hebel der Einflussnahme auf die Willensbildung der Partner.”
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/deutschlands-anteil-an-europas-finanzkrise#section4
    So ist und war auch die deutsche Debatte um die schwarze Null vor allem der Geßler-Hut für die anderen EU-Länder, denen Schäuble deutsch-europäisches Finanzgebaren aufzwingen wollte, ganz im Sinne eines deutschen Durchregieren-Wollens in ganz Europa.
    Aber da der von der BRD unterstützte “Verfassungskonvnt” ja noch nicht mal eine europäische Verfassung, incl. Europa-Finanzminister und Europa-Außenminister, in den Mitgliedsstaaten durchsetzen konnte, musste dasselbe eben mittels Kreditgewährungen und Überwachung des Wohlverhaltens mittels Troika am Beispiel Griechenlands vorexerziert werden. Mit dem kleinen Effekt, dass sogar der französische Partner lieber eigene Wege ging, von den Briten und ihrem Brexit ganz zu schweigen.
    Dass viele Italiener den Eindruck hatten, dass ihnen mittels ESM-Krediten Regierungsbefehle aus Berlin aufgedrückt werden sollten, – ist also, etwas populistisch kostümiert, der reale Gehalt des Beharrens Italiens auf jenen Eurobonds, die genau deswegen aber von den Nordländern aus deswegen nicht kommen sollen – nämlich nicht nur wegen ökonomischer Haftungsfragen. Jetzt ist aber erst einmal dafür zu sorgen, dass das Geschäft weiter geht.
    Was davon nun genau Schnee von gestern sein wird, und wie das wechselseitige Benutzen und Erpressen nun auch offiziell ohne [oder in zeitweiliger Suspendierung wegen Notstands…] die propagandistische schwarze Null in der BRD und ohne offizielle Eurobonds weitergeht, schaunmermal.

  25. Was auch immer aus der EU wirtschafts- und vor allem finanzpolitisch werden wird, das ist in der Tat im Augenblick weitgehend offen. Aber daß die berüchtigten 60% von Maastricht als Obergrenze der Staatsverschuldung (gemessen an der Wirtschaftsleistung) auf einen Schlag hinfällig geworden sind, das ist ja nun unbestreitbar. Denn ohne massive Neuverschuldung werden alle Staaten ihre Rettungsprogramme nicht bezahlen können, nicht mal Deutschland.

  26. @Neoprene

    Die anderen Staaten streben, wenn überhaupt, nur an, daß ihre Schuldenquote nicht steigt, steigern also ihre Schulden immer nur in dem Maß, wie ihre Wirtschaft auch wächst.

    Letzteres konnten sich meisten Staaten sowieso nicht leisten. Deswegen auch die von Guurd erwähnten Rügen aus Deutschland, deren vorläufiges Endergebnis dieses Verfassungsgerichts-Urteil bezüglich der EZB, dessen Folgen noch nicht ausgestritten sind.
    Ich habe Kurtis Beiträge übrigens gekürzt und ersuche, von diesen GSP-Bleiwüsten nur die ersten 2 oder 3 Absätze und den Link zu posten. Es ist wirklich mühselig, wenn man sich ewig durch diese Endlos-Texte scollen muß.

  27. Einheit der Konkurrenten
    Stephan Kaufmann über die EU-Finanzpolitik
    Auf ihrem Treffen am Freitag haben die EU-Finanzminister ihre drei bereits beschlossenen »Sicherheitsnetze« zur Bekämpfung der Coronakrise abgesegnet. Über Kredite des Euro-Rettungsschirms ESM, der Europäischen Investitionsbank und der EU-Kommission sollen zusätzliche 540 Milliarden Euro mobilisiert werden.
    »In Zeiten der Not«, so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, »braucht Europa mehr denn je Einigkeit.« Dass es mit der europäischen Einigkeit nicht so weit her ist, zeigt zum einen, dass sich die EU bislang nicht auf einen »Wiederaufbaufonds« einigen konnte. Zum anderen belegen die neuen Vorgaben der EU-Kommission zu Staatsbeteiligungen an Unternehmen, dass die Standortkonkurrenz in Europa auch in der Pandemie nicht schläft.
    Jeder Mitgliedstaat versucht derzeit, mit Milliarden die heimischen Unternehmen zu stützen, zur Not per Staatsbeteiligungen. Die Kalkulation dahinter ist, möglichst große Teile der eigenen Wirtschaftspotenzen über die Krise zu retten, um vom Aufschwung danach zu profitieren – also die Krisenkosten auf die anderen Standorte abzuwälzen. Dabei kann ein reicher Staat wie Deutschland Summen ausreichen, von denen ein Land wie Italien nur träumt.
    Das weiß auch die EU-Kommission, die daher Staatshilfen schon immer streng regelt. Aufgrund der Krise gewährt sie den Staaten nun einerseits mehr Möglichkeiten zur Stützung ihrer Konzerne, schränkt diese aber gleichzeitig ein: So müssen die Staaten ihre Beteiligungen nach sechs Jahren abbauen. Gerettete Konzerne dürfen vorübergehend keine »aggressive Expansion« betreiben, etwa indem sie große Anteile von Wettbewerbern aufkaufen. Bei aller beschworener Einigkeit bleibt die EU ökonomisch eine Union der Konkurrenten.
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1136771.eu-finanzpolitik-einheit-der-konkurrenten.html?sstr=Stephan%20Kaufmann

  28. Der o.g. Text von Wentzke weist auf einen – “im” – Dogmatismus der schwarzen Null verbindlich gemachten Maßstab hin, nicht auf diese blöde schwarze Null selber – er erläutert diese also erst.
    Obendrein erläutert der Text, wieso der deutsche Staat aktuell eher weniger Probleme mit seiner Verschudung hat.
    Außerdem wird erläutert, wie EURO und US-Dollar ihre Geltung als Weltgelder wechselseitig absichern, und wie die Krise im globalen Süden zuschlägt.
    Auch die Konkurrenz der europäischen Nationen und der geplante aktuelle Ausweg bzw. weitere Verlauf aus/mit ihrem Schuldenstreit mittels ‘Hebeln’ von ‘Garantiemitteln’ wird ein Stückchen näher eläutert.
    Dass das alles nestor wenig interessiert (‘Bleiwüste’, kann man wegkürzen), wird wohl so sein. Interessierte Leser seien daher noch einmal auf den Originaltext verwiesen, nachdem nestor den ursprünglich hier abgedruckten Gesamttext ja zensiert bzw. bis zur bloßen Texteinleitung inhaltlich völlig verkürzt hat.
    https://www.jungewelt.de/artikel/378253.internationales-finanzsystem-weltgeld-gegen-virus.html

  29. Der sogenannte “Dogmatismus der schwarzen Null” gilt schon mal nur für die BRD. Die hat das ins Grundgesetz geschrieben und da gilt es ab 2011. “Verbindlich” ist das also nur für Deutschland. Für alle Staaten in der EU gelten ansonsten “eigentlich” die Maastricht-Kriterien: Danach darf das jährliche öffentliche Defizit (Nettoneuverschuldung) nicht mehr als 3 % des Bruttoinlandsprodukts betragen, zum anderen darf der öffentliche Schuldenstand insgesamt nicht mehr als 60 % des Bruttoinlandsprodukts ausmachen.” Das interessiert aber nicht wirklich:
    “Zusammen standen die Euro-Länder mit knapp 9,7 Billionen Euro in der Kreide. Das entspricht einem Schuldenstand von 86,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. … Allerdings ist der gemeinsame Euro-Zonen-Schuldenstand in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken: 2014 erreichte er noch 91,9 Prozent.”
    Und dieses und sicherlich auch noch nächsten Jahr wird es in den meisten Staaten nochmal einige Prozenpunkte nach oben gehen. In den großen Staaten redet jetzt niemand mehr von 60 % als Ziel der Fiskalpolitik.
    Und, ja, der “der deutsche Staat [hat] aktuell eher weniger Probleme mit seiner Verschuldung” Hier soll zur “Abfederung” der Koronakriese besonders auf den Putz gehauen werden.

  30. Ja, wenn jetzt die schwarze Null über Bord geworfen wird, kommt das auch wieder ins Grundgesetz?
    Was Kurtis Beschwerden über meine Zensur angeht, so finde ich erstens die GSP-Texte nicht so berauschend, daß man hier damit alles vollmüllen muß. Zweitens habe ich selbst oft Texte, von denen ich eine höhere Meinung habe, auch nur in den 1. zwei Absätzen und mit Link hingestellt.
    Es gibt bei den GSP-Anhängern die irrige Meinung, wenn man wo – auch auf sehr unpassende Orte – nur möglichst lange Texte hinstellt, so ist das Dienst am Kunden, weil die Leser warten nur drauf. In Wirklichkeit sagen ja auch andere: OMG, was ist denn das wieder für ein Schmarrn und hören nach ein paar Zeilen auf.
    Also, etwas Zurückhaltung bitte.

  31. Bereits in den Jahren vor dem Ausbruch der Coronakrise waren die Zinsen insbesondere auf Staatsanleihen auf extrem niedrige Niveaus gefallen. Eine Ursache dafür war ein globales Überangebot an Anlagekapital, das nach Rendite suchte. Eine andere Ursache war die Politik der Zentralbanken: Sie senkten ihre Leitzinsen auf Rekordtiefs. Zusätzlich schufen sie neue Euro und Dollar und kauften damit Wertpapiere in Billionenhöhe auf. So kam weiteres Geld in den Markt, das nach Rendite sucht. Ergebnis: 2019 lag die Geldmenge M2 der zwölf größten Volkswirtschaften mit 80 Billionen Dollar doppelt so hoch wie vor der Finanzkrise.
    https://www.fr.de/wirtschaft/ende-rendite-13765030.html
    Auch diese begriffslose Darstellung des Phänomens (hier in Form der Nachhilfe für Anlagestrategiewünsche…) durch Stephan Kaufmann schreit nach einer Erklärung. Aber auch die hat nestor oben wegzensiert. Kann man aber im Originaltext von Wentzke nachlesen …
    https://www.jungewelt.de/artikel/378253.internationales-finanzsystem-weltgeld-gegen-virus.html
    So viel meinerseits, sehr zurück haltend formuliert … – … angesichts des Textes von Stephan Kaufmann.

  32. Ganz so begriffslos ist der Artikel nicht, der Hauptgrund für Niedrigzinsen wird schon genannt:
    „Ziel dieser Geldpolitik war es, angesichts der hohen Verschuldung von Firmen und Staaten die Kreditkosten niedrig zu halten.“
    Aber ansonsten ist deine Beobachtung richtig: Wenn man sich mit Prognosen und „Ausblicken“ befaßt, so kann es mit der Wissenschaft nicht weit her sein.

  33. “der Hauptgrund für Niedrigzinsen wird schon genannt:”
    Das wäre nun wirklich nicht nötig gewesen, von Merkel bis zur BILD-Zeitung hat das ja noch jeder gesagt und letztendlich für gut befunden (na ja, von den Sparbuch-Anhängern natürlich eher weniger).

  34. Na ja, ich erinnere mich, daß Weidmann und der frühere österreichische Nationalbankpräsident Novotny eine Zeitlang dagegengeredet haben. In letzter Zeit habe ich allerdings nichts mehr davon gehört, also auch vor Corona nicht.
    Man erinnere sich, ursprünglich war das Aufkaufprogramm der EZB als eine Übergangslösung gedacht gewesen, „bis der Auschwung wieder einsetzt“, „die Konjunkturlokomotive wieder anspringt“ usw.
    Aber ich finde auch, daß Kaufmann in letzter Zeit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Vielleicht werden von den Redaktionen explizit Schönwetterartikel von ihm verlangt. Im Augenblick sind Gesundbeterdienste für die Wirtschaft gefragt.

  35. Die Frage stand noch im Raum, warum diverse (Nord-) Länder auf “Kredite” bestehen, – während Italien vor allem nicht Kredite, sondern “Hlfe” wg. einer Naturkatastrophe haben will.
    Kredite unterstellen Zurückzahlung. Also soll man diese Rückzahlung nicht nur irgendmann vollziehen, sondern durch seine Politik dies auch garantiert gewährleisten, Rückzahlbarkeit bei sich einrichten, Kredite sind also mit Bedingungen verknüpft, angefangen bereits bei den Daten der Fälligkeit, Rückzahlungsterminen etc. Hinzu kommen weitere Auflagen und Bedingungen.
    (Das negative Beispiel dafür sind die Auflagen der “Troika” an die ‘Krisenstaaten’ bei der Eurokrise, vor allem am Beispiel Griechenlands.)
    Italien hat an bisherigen ESM-Krediten bemängelt, dass daran immerzu Hebel geknüpft gewesen seien, um in die entsprechenden Länder hineinregieren zu können und zu wollen. Dafür steht auch das Beispiel von Griechenland.
    Deutschland und Frankreich fürchten um den Zerfall Europas, wollen also Eurobonds ausnahmsweise erlauben, aber nicht mit diesem Namen, also nennen sie das dann “europäische Schulden”, die die EU-Kommission aufnehmen soll. Oder ähnliche Namen.
    [Das Gerichtsurteil wird von der Merkel-Regierung nur darin zum Thema gemacht, dass sie ihm verbal nachkommt, irgendwelche Begründen nachschiebt, und justiziabel heikle Begriffe zu vermeiden sucht. Also wird das Kind nie und nimmer Eurobond genannt werden. Die Konservativen um Schäuble herum riechen zwar den Braten und sind verstimmt – wollen aber nur ggf. dagegen halten, weil nahezu alle ‘BRD-Wirtschaftsweisen’ pro die europäischen ‘Hilfen’ – zwecks Erhalt des EU-Binnenmarktes für deutsches Kapital – plädiert haben.]
    Nordländer und Österreich wollen ihre eigene nationale Konkurrenzposition verbessern, indem sie Möglichkeiten für sich offen halten wollen, auch weiterhin mitentscheidend für EU-Politik sein zu können, z.B. in die südlichen Konkurrenznationen auf diese Art und Weise hineinregieren zu können. Verlängerungen von Krefiten, Umschuldungen etc. sollen also immer neu mit ihnen abgestimmt werden, dafür haben 27 Staaten ihr nationales Stimmrecht, damit sie alle bei allen wesentlichen Fragen gefragt werden wollen.
    http://NestorMachno.blogsport.de/2020/04/09/die-wirtschaftlichen-folgen-der-corona-krise-ii/#comment-39281
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/europas-krise-2014#section7
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/italien-ende-eines-prekaeren-europaeischen-erfolgswegs#section8
    Dass aktuell der europäische Kredit im Status eines Weltgeldes den EU-Nationen bei der Krisenbewältigung einen enormen Vorteil bietet, das behauptete Stephan Kaufmann Anfang Mai
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1136196.corona-euro-rettung-auf-kredit.html?sstr=Stephan%20Kaufmann
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/weltgeld-gegen-corona-krise

  36. Wen Leser behauptet, “Kredite unterstellen Zurückzahlung” dann ist dem entgegen zu halten, daß das zwar für ihn und mich zutrifft und sicherlich auch für die meisten Firmen, aber für die Creme de la Creme der Finanzjongleure, die ihre Firmen mit “high leverage”, also Schuldenmachen bis unters Dach versuchen noch größer zu machen gilt das schon mal nicht (jedenfalls bis zum nächsten Crash) und für Staaten grundsätzlich nicht. Ich wüßte jedenfalls keinen Staat, der in den letzten 70 Jahren seine Staatsschulden verringert hätte, von Deutschland mal angesehen, die wegen der Sondersituation seit der Rettung der Finanzwelt ausnahmsweise so was mal ein paar Jahre machen.
    Bei Staaten wie bei großen Unternehmen kommt es “nur” darauf an, daß sie die Bedienung der übernommenen Zinsverpflichtungen immer rechtzeitig hinkriegen und daß sie es immer schaffen, auslaufende Kredite, die eigentlich zurückgezahlt werden müßten, durch das Verkaufen von neuen Staatsanleihen zu revolvieren. Wenn ein Staat kreditwürdig ist, dann sind die Bedingungen, die die Kreditgeber, also die Finanzwelt, ihm auferlegen, also kein größeres Problem. Jedenfalls solange seine Wirtschaft wächst und man dem Staat abnimmt, daß er seinen immer größer werdenden Schuldenberg auch weiterhin ordentlich bedienen kann. Wenn er aber als nicht mehr so kreditwürdig angesehen wird, wenn die Banken ihm seine Anleihen nur abkaufen wollen, wenn er dafür “Wucherzinsen” von fünf ode noch mehr Prozent zahlen müßte, dann gerät er natürlich unter Druck. Dann können seine “befreundeten” Staaten, seine EU-Finanzinstitute, ihn schon unter Druck setzen und damit zu erpressen versuchen, daß er, der sich bei den Banken nur den Ruin einhandeln würde, doch so vernünftig sein sollte, sich jetzt in einigen wesentlichen Fragen in seine Politik reinreden zu lassen, wenn er partout die Kredite haben will.
    “Deutschland und Frankreich fürchten um den Zerfall Europas, wollen also Eurobonds ausnahmsweise erlauben, aber nicht mit diesem Namen, also nennen sie das dann „europäische Schulden“, die die EU-Kommission aufnehmen soll. Oder ähnliche Namen.”
    So ist es wohl. Wobei dieses Aufweichen der bisherigen Haltung sowohl von ihren Befürchtungen um die gemeinsame Zukunft geprägt ist, als auch von der Notwendigkeit, auch die kleineren Staaten, die gegen Eurobonds sind, ins Boot zu kriegen, weil es sonst eben keine gemeinsame Rettungsaktion geben kann.
    Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich stimmt oder halten wird, wenn Leser meint,
    “Der Status des Euro als Weltwährung erlaubt es den Ländern der Währungsunion, ohne Abwertungsverlust und zu geringsten Zinsen Mittel gegen die Krise zu mobilisieren, obwohl ihre Schulden zum großen Teil bereits hoch sind.”
    Es können ja gar nicht alle EU-Staaten im gleichen Maße auf Eurokredite zugreifen, um ihre Wirtschaft anzukurbeln. Das ist doch gerade der Streit unter den Staaten, wer da wieviel machen darf und kann. Es ist z.B. noch gar nicht raus, ob die EU-Freunde es der Merkel erlauben, so mir nichts dir nichts die Lufthansa mit Riesenbeträgen zu retten, wo andere Regierungen das bei ihren Schlüsselindustrien (oder auch nur Fluglinien) nicht hinkriegen.

  37. Was Leser und Kaufmann meinen, ist offenbar, daß der Euro als Weltgeld mehr oder weniger unbegrenzte Geldschöpfung zuläßt. Die EZB muß das Geld doch nur drucken, und kann dann überall auf der Welt alles Nötige einkaufen und im Inland Gutes tun.
    Zum Unterschied z.B. von Argentinien, das mit seinem (Neoprene würde schreiben: popeligen) Peso nicht über die Landesgrenze kommt.
    Die 4 Widersacher-Staaten der neuen deutschen Großzügigkeit haben vermutlich Besorgnis, daß aus dem Euro schnell ein Peso werden kann, wenn die Gelddruckpresse zu locker gehandhabt wird. Der Weltgeldstatus fällt ja schließlich nicht vom Baum und ist auch nicht auf ewig festgeschrieben.
    Sie nehmen im Grunde nur die Stellung ein, die Deutschland bis Vorvorgestern auch noch vertreten hat.
    Vielleicht ist das alles nur ein abgekartetes Spiel, damit nicht immer Deutschland als Bösewicht dasteht, der die armen Südeuropäer verhungern lassen will.
    Ich stelle in den Medien und Foren fest, daß derzeit die gleiche Hetze gegen Italien abläuft wie seinerzeit mit Griechenland.
    Die Meute der Nationalisten und Fleißigen und Tüchtigen schießt sich schon ein auf diejenigen, die man möglicherweise einmal für das Scheitern des Euro verantwortlich machen wird.

  38. Stephan Kaufmann: Wie Zentralbanken uns freikaufen – zumindest noch (FR)
    Zentralbanken bewahren die Wirtschaft in Krisen wie der aktuellen Corona-Krise vor dem Absturz. Soll das in Europa bald verboten sein?
    Corona-Pandemie und Lockdown haben die Wirtschaft in eine schwere Krise gestürzt. Dass ein allgemeiner Zusammenbruch vermieden werden konnte, liegt an den Staaten, die die Wirtschaft mit Billionen stützen – auf Kredit. Dass sie das können, verdanken sie ihren Zentralbanken, die den Regierungen Geld zur Verfügung stellen.
    Zwar ist die „monetäre Staatsfinanzierung“ den Zentralbanken verboten. Doch sie tun es trotzdem und gleichzeitig so, als täten sie es nicht. Das ist allgemein akzeptiert, weil so der Zusammenbruch verhindert wird. Doch gibt es einen Währungsraum, in dem dieses delikate Arrangement irgendwann zerstört werden könnte: die Euro-Zone.
    Zentralbanken: So agieren sie in normalen Seiten ohne Corona-Krise
    In normalen Zeiten versorgen Zentralbanken die Geschäftsbanken mit Geld, deren Aufgabe die Kreditvergabe an Unternehmen, Haushalte und Staat ist. Untersagt ist den Zentralbanken die direkte Vergabe von Krediten an die Regierung, ohne Vermittlung über den Finanzsektor – eben die monetäre Staatsfinanzierung.
    Der Grund für dieses Verbot: Da eine Zentralbank potenziell unbegrenzt Geld schöpfen kann, könnte die direkte Kreditvergabe an eine Regierung zur grenzenlosen Aufblähung von Staatsschulden und Geldmenge führen.
    Doch die normalen Zeiten sind lange vorbei. In der globalen Finanzkrise ab 2008 retteten die Staaten ihre Finanzsektoren mit Abermilliarden vor dem Untergang. Die Zentralbanken der USA, Großbritanniens und der Euro-Zone gingen daher dazu über, Schuldscheine ihrer Regierungen aufzukaufen.
    Mehr oder weniger ausgesprochenes Ziel dabei war es, Nachfrage nach Staatsanleihen zu schaffen, darüber die Zinsen zu drücken und so den Regierungen die Finanzierung ihrer Schulden zu ermöglichen. Zwar wurden die Zentralbanken darüber zu Großgläubigern ihrer Staaten. Doch handelte es sich formal nicht um monetäre Staatsfinanzierung, da sie die Anleihen nicht direkt von der Regierung kauften, sondern auf dem Finanzmarkt.
    Mit der Corona-Krise wird dieser Kreislauf auf eine neue Stufe gehoben. Die US-Regierung hat Hilfen und Garantien über 6,5 Billionen Dollar aufgelegt. Japan hat sein Stützungsprogramm vergangene Woche auf umgerechnet 2000 Milliarden Euro verdoppelt. Die Staaten der Euro-Zone werden sich dieses Jahr 2,5 Billionen Euro leihen. Dazu kommen die Kredite, die die EU-Kommission aufnehmen will.
    All dies gilt als problemlos, da die Zinsen niedrig sind. Und sie sind niedrig, weil die Zentralbanken Anleihen in Massen aufkaufen. Die US-Notenbank, die „Fed“, hat wie die Bank of Japan keine Obergrenzen mehr für den Erwerb von Staatsschulden. In Japan hält die Zentralbank bereits fast die Hälfte aller Anleihen Tokios, die Fed wird ihre Bilanzsumme dieses Jahr wohl von vier auf zehn Billionen aufblähen.
    Coronakrise – Die EZB erhöht ihr Kauflimit
    Die Europäische Zentralbank EZB wird an diesem Donnerstag voraussichtlich ihr Anleihen-Kauflimit von bisher 750 Milliarden Euro erhöhen.
    Bis auf die Bank of England, die ihrer Regierung direkt Kredite gibt, weisen alle Zentralbanken den Vorwurf der monetären Staatsfinanzierung von sich. Formal ist dies zutreffend, da sie die Anleihen den Banken abkaufen und nicht den Staaten. Es ist allerdings kein Geheimnis, dass sie mit ihren Anleihekäufen „die Nachfrage zur Verfügung stellen, die benötigt wird, damit die Staaten ihren krisenbedingt hohen Refinanzierungsbedarf sicherstellen können“, so die DZ-Bank. Dies wird stillschweigend akzeptiert. Aber nicht vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
    Die EZB habe ihre Käufe nicht ausreichend begründet
    In seinem jüngsten Urteil zum Anleihe-Kaufprogramm PSPP kritisierte das BVerfG, dass die EZB die „Verhältnismäßigkeit“ ihrer Käufe nicht ausreichend begründet habe. Viel wichtiger aber war etwas anderes: Das Gericht kam zwar zu dem Schluss, es handele sich beim PSPP nicht um monetäre Staatsfinanzierung, die verboten bleibe. Gleichzeitig legte es Grenzen fest, ab denen es einen Verstoß gegen dieses Verbot sieht. Die wichtigste: Die EZB darf Anleihen von Staaten nur bis zu einer gewissen Menge kaufen.
    Die EZB selbst hat sich auferlegt, nicht mehr als ein Drittel aller Anleihen eines Euro-Landes zu erwerben. Mit dieser Grenze, ab der es verbotene Staatsfinanzierung als gegeben sieht, untergräbt das Verfassungsgericht genau den Sicherungsmechanismus, an dem die Wirtschafts- und Finanzwelt in schweren Krisen hängt: die unbedingte Garantie der Zentralbank für die Schulden ihrer Regierungen. Während die Zentralbanken der USA und Japans mit der Zusage eines unbegrenzten Ankaufs von Staatsanleihen Finanzmärkte, Wirtschaft und Staatsfinanzen absichern dürfen, hat das BVerfG klargestellt, dass es Grenzen sieht, die die EZB nicht überschreiten darf.
    Das aktuell laufende Anleihe-Kaufprogramm der EZB mit dem Kürzel Pepp ist von diesem Urteil zunächst nicht betroffen. Noch ist unklar, ob auch gegen das Pepp geklagt wird, und wenn, dann dürfte das Urteil lange nach der Corona-Krise fallen. Doch die nächste Krise kommt bestimmt. Und dann wird sich zeigen, wie vertrauenswürdig aus Sicht der Finanzmärkte die Garantie einer Zentralbank ist, die umso fragwürdiger wird, je schlimmer eine Krise wütet.
    https://www.fr.de/meinung/corona-krise-zentralbanken-wirtschaft-retten-13786038.html

  39. Hmmm, hmmm.
    Sehr zufrieden bin ich mit diesem Artikel nicht.
    „Zwar ist die „monetäre Staatsfinanzierung“ den Zentralbanken verboten. Doch sie tun es trotzdem und gleichzeitig so, als täten sie es nicht.“
    Also was jetzt?
    „Der Grund für dieses Verbot: Da eine Zentralbank potenziell unbegrenzt Geld schöpfen kann, könnte die direkte Kreditvergabe an eine Regierung zur grenzenlosen Aufblähung von Staatsschulden und Geldmenge führen.“
    Das geschieht doch so oder so. Alle „Grenzen“, wie Maastricht-Kriterien, sind einerseits Versuche, so etwas wie objektive Kriterien der Geldschöpfung einzuführen, andererseits auch Beweise dafür, daß die Einbeziehung des Sekundärmarktes in die Geldschöpfung keineswegs eine Begrenzung zum Ergebnis hat.
    Also der Grund für die Einbeziehung des Finanzkapitals war die Unbegrenztheit der Geldmenge nicht. Sie war nicht einmal der Vorwand, weil dann hätte ja argumentiert werden müssen, warum die Beteiligung des Banksektors eine Begrenzung der Geldmenge zum Ergebnis hätte.
    Was unmöglich ist.
    Mit dem Euro und der EZB wurde das System der Geldschöpfung festgelegt, nach dem die Banken den Staaten ihre Anleihen abkaufen und sie dann an die EZB weiterverkaufen.
    Dem Banksektor wurde damit ein großes Geschäftsfeld eröffnet, und auch eine Möglichkeiten, seine Reserven und seine Liquidität mit der Kreditierung der Staaten zu verbinden. Die Anleihen sind nämlich auf dem Bondmarkt immer sofort veräußerbar, damit so gut wie Bargeld, und bringen obendrein Zins.
    Die EZB wurde damit zum Hüter über die Inflation bestellt. Das war nämlich die einzige Gefahr, die sich die Euro-Macher für ihr Super-Geld vorstellen konnten.
    Daß das ganze System des staatlichen Kredites fraglich werden könnte, und die EZB durch eine irre Aufblähung der Geldmenge staatliche Zahlungsunfähigkeit und die Deflation würde bekämpfen müssen, kam 1998 niemandem in den Sinn.
    Es ist also nicht klar, was Kaufmann mit „monetäre Staatsfinanzierung“ meint.
    Ist es das direkte System, Anleihen an die NB zu verkaufen, wie es die USA mit der Fed praktizieren?
    Ist es das Anwerfen der Druckerpresse, das in Zeichen des fortschreitenden Buchgeldes als Technik sowieso obsolet ist?
    Oder ist es überhaupt das Generieren von Geld durch den Staat? Das kann nicht „verboten“ sein, weil dort kommt das Geld heutzutage her.
    Man weiß auch nicht, wer das Subjekt dieses ominösen Verbotes ist. Wer verbietet „den Zentralbanken“ was?
    Mir erscheint der ganze Artikel eine Art von anti-neoliberalistischen Fake News, wo die unbegrenzte Geldschöpfung als Retter aus der Not dargestellt wird, in Hintanstellung des Umstandes, daß sie seit geraumer Zeit gang und gäbe ist.

  40. Ich will buchtsäblich schon früher anfangen:
    “Zentralbanken bewahren die Wirtschaft in Krisen wie der aktuellen Corona-Krise vor dem Absturz.”
    Woher weiß Kaufmann denn, daß sie das überhaupt können und deshalb wohl auch tun werden? Das werden wir erst sehen müssen, was aus diesen “Rettungs”-Aktionen wirklich wird.
    “Dass ein allgemeiner Zusammenbruch vermieden werden konnte, liegt an den Staaten, die die Wirtschaft mit Billionen stützen”
    Ja, gemessen an einen worst case Zusammenbruch gibt es bisher “nur” eine handfeste Krise mit immerhin zum Teil schon zweistelligen BSP-Rückgängen. Ist denn überhaupt schon die “Wirtschaft” mit Billionen “gestützt” worden. Sind das nicht zumeist Programme, die erst anlaufen sollen wie z.B. bei der EU?
    Ja, jeder weiß, daß die direkte Vergabe von Geldmitteln an die Regierung in den meisten Staaten nicht erlaubt ist (in GB übrigens schon). Und jeder weiß auch, daß das die Staaten nicht daran gehindert hat, durch die Begebung von Anleihen an riesenbeträge zu kommen, die jeweils 5 bis 10 Minuten später von den Zentralbanken wieder aus dem Markt genommen werden, so daß im Ergebnis eben die Staaten doch die “Geldpresse” anwerfen konnten und können.
    Und selbstverständlich verbietet der Staat als buchstäblicher Herr der Geldmengenschöpfung sich da gar nichts und betreibt jeweils die Geldpolitik, die er für finanz- oder eben auch wirtschaftspolitisch für angemessen hält.
    Nur im Schluß will ich Kaufmann nicht widersprechen:
    “die nächste Krise kommt bestimmt. Und dann wird sich zeigen, wie vertrauenswürdig aus Sicht der Finanzmärkte die Garantie einer Zentralbank ist, die umso fragwürdiger wird, je schlimmer eine Krise wütet.”
    Paßt nur bicht zu seinem Ausgangssatz in dem Artikel.

  41. @Neoprene

    Ja, jeder weiß, daß die direkte Vergabe von Geldmitteln an die Regierung in den meisten Staaten nicht erlaubt ist

    Also ich weiß davon nichts.
    Wie handhabt das Malaysia, Rußland, China, Kolumbien, Australien?
    Ich wundere mich schon über das breite Wissen, das du da voraussetzt.
    Auch in den USA ist es meiner Ansicht nach nicht „verboten“. Deswegen hatten sie doch unter Obama und auch Trump diese Sperren, wo die Republikaner im Kongreß sich weigerten, der Erhöhung der Schuldengrenze zuzustimmen.
    Eine komische Vorstellung, die EU sei sozusagen der Nabel der Weltgeschichte und alle würden sich nach ihr richten.
    Und sogar in der EU weiß ich gar nicht, wie und wo die Art der Geldschöpfung genau festgelegt ist.
    Vielleicht im Maastricht-Vertrag?
    Hat da irgendwer schon einmal hineingeschaut, was dort wirklich steht?
    Oder wiederholen alle nur ein durch die Praxis „begründetes“ Vorurteil darüber, was in der EU Usus ist?

    Ist denn überhaupt schon die „Wirtschaft“ mit Billionen „gestützt“ worden?

    Dazu nur ein Hinweis auf die Adressaten dieser Stützungsprogramme, die Investoren:
    BÖRSE AKTUELL – DER Wochenausblick für Dax, S&P 500, Gold- & Ölpreis

  42. Nur im Schluß will ich Kaufmann nicht widersprechen:
    „die nächste Krise kommt bestimmt.

    Ich schon.
    Wer die nächste Krise an die Wand malt, der gibt damit kund, daß die vorige vorbei sei.
    Das sehe ich nicht so.
    Das ganze paßt doch zusammen.
    Er betrachtet die Fähigkeit des Staates, Geld aus dem Nichts zu generieren, als ein Mittel gegen alle Krisen.
    Bisher hat es sich doch bewährt, also weiter so!

  43. Als Hintergrund des Kreditkrams füge ich zwei Quellen über SWAPs ein. Denen zufolge funktioniert die Absicherung der Weltwährungen wesentlich durch Vereinbarungen zwischen den großen Notenbanken – hier also mittels der ‘SWAP’-Abkommen:
    Im Zuge der Finanzkrise ab 2007 waren zwischen den Zentralbanken Ende 2007 zunächst befristet Devisen-Swap-Abkommen als Rahmenvertrag abgeschlossen worden. Die Europäische Zentralbank (EZB), die US-amerikanische Federal Reserve, die Bank von Japan, die Bank von England, die Bank von Kanada und die Schweizerische Nationalbank haben im Oktober 2013 angekündigt, diese Swap-Abkommen auf Dauer einzurichten.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Swap_(Wirtschaft)#Swappolitik
    —-
    EZB verlängert Devisen-Tausch-Abkommen mit Chinas Notenbank
    Die beiden Notenbanken führen ein milliardenschweres Abkommen fort. Sie verlängern die gegenseitige Devisenkreditlinie für drei weitere Jahre.
    Die EZB hatte im Oktober 2013 mit Chinas Notenbank PBOC eine Vereinbarung getroffen, die sogenannte Währungs-Swap-Geschäfte mit einem maximalen Volumen von 350 Milliarden Renminbi und 45 Milliarden Euro ermöglichen soll. Damit wollen sie die Versorgung der Banken in den beiden Währungsgebieten mit der jeweiligen Auslandswährung sicherstellen. Die EZB kann damit im Ernstfall auf plötzliche und zeitweise Verwerfungen am Markt für die chinesische Währung reagieren. Hinter dem Abkommen steht laut EZB der wachsende Handel zwischen China und der Euro-Zone. Dazu kommen die gestiegenen Investitionen zwischen beiden Währungsgebieten.
    Die ersten großen Swap-Vereinbarungen zwischen Notenbanken waren in der Finanzkrise zum Dollar eingeführt worden. Die Geldmärkte waren damals im Zuge der Krise ausgetrocknet. Banken hatten Schwierigkeiten, sich die benötigte US-Devise zu beschaffen. (HB, 25.10.2019)
    https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/zentralbank-ezb-verlaengert-devisen-tausch-abkommen-mit-chinas-notenbank/25155490.html

    Die Notenbanken sichern sich so wechselseitig, das entnehme ich dem, bei der Beglaubigung der Schulden ab – und verschaffen sich neue Verschuldungsmöglichkeiten, für die sie dann sich wechselseitig in Beschlag nehmen. (Wollen?). Verschuldung und Verschuldungsmöglichkeit ist also zumindestens nicht nur eine Frage danach, ob die Schulden mal irgendwann “reales” Geschäft zw. “Wachstum” würden hervorbringen können (und an solchem Zweifel arbetet sich m.A. S. Kaufmann ab), sondern ist auch eine imperialistische Affäre zwischen den die Krise beaufsichtigenden staatlichen Instituten der Weltgeld-Mächte.
    Gibt es um solche SWAP-Kreditlinien Auseinandersetzungen zwischen den Staaten? Oder ist es automatisch so, dass solche SWAPS automatisch allseits immerzu nur verlängert werden? Und was hat das für Folgen? – Jeweils?
    Aus Schweizer Sicht:
    “Die Interessen sind dabei gegenseitiger Natur. Die SNB benutzt derzeit laut eigenen Angaben aber nur das Abkommen mit der amerikanischen Notenbank, und auch dieses nur in Einzelfällen. Letztmals griff man Anfang 2012 auf entsprechende US-Dollar-Liquidität zurück. Zuvor hatte man im hektischen Herbst 2008, als die Investmentbank Lehman Brothers kollabiert war, zusätzliche Dollars benötigt, die über ein Swap-Abkommen mit dem Fed bereitgestellt wurden. Die amerikanische Notenbank griff der SNB ferner auch bei der UBS-Rettung un­ter die Arme, als die Schweiz für die Übernahme der illiquiden UBS-Aktiven grosse Mengen an Dollars benötigte.”
    https://www.nzz.ch/wirtschaft/notenbanken-in-der-selbsthilfegruppe-ld.1355877

    Punkt IV des og. GSP-Atikels:
    IV. – Die Kumpanei der maßgeblichen Weltwirtschaftsmächte, realisiert im wechselseitigen Beistand ihrer Notenbanken und in Absprachen über ihre Schuldenpolitik, beendet nicht deren Konkurrenz, sondern sichert den Zusammenhang, in dem diese stattfindet. Die kapitalistischen Unternehmen und „Start-Ups“ unterschiedlicher Nationalität konkurrieren um die Monopolisierung alter und neuer Märkte, um die auf Größe gegründete Macht zur Verdrängung von Rivalen, um die Liquidierung resp. Rettung ganzer Branchen und Geschäftsmodelle.
    Die zuständigen Staaten konkurrieren dementsprechend nicht mehr um überproportionale Teilhabe ihres Standorts an einem allgemeinen Wachstum; sie kämpfen darum, die auf Verdrängung und Zerstörung von Wettbewerbern und Gegnern zielende Krisenkonkurrenz der Unternehmen und die Spekulation der Finanzmärkte auf sich statt auf ihre Partner als Nutznießer zu ziehen: auf die Solidität ihres Geldes und ihrer Schulden, auf sich als Standort der Entwicklung, Gestaltung und Okkupation von Weltmärkten.
    Damit tritt ihre Krisenpolitik zunehmend in Widerspruch zu der unerlässlichen Voraussetzung und praktischen Grundlage ihres Geschäftsverkehrs miteinander: der wechselseitigen Anerkennung und Unterstützung als (Mit-)Urheber und Garanten der Bedingungen ihrer Konkurrenz und namentlich des „Stoffs“, des kapitalistischen Reichtums in seinen nationalen Geldformen, um dessen Produktivkraft sie kämpfen.
    Die Krise resp. ihr Umgang damit machen den Widerspruch virulent, der allemal darin steckt, wenn imperialistische Mächte sich in der ökonomischen (Über-)Lebensfrage ihrer Nation von anderen Souveränen abhängig machen, und der derzeit nicht mehr durch einen dank wechselseitiger Benutzung für alle tendenziell wachsenden Ertrag aushaltbar gemacht wird.
    Da ihre Konkurrenz ums Geld der Welt zum Kampf um die Monopolisierung des Nutzens aus dem Weltgeschäft, also um wechselseitige Bestreitung des Zugriffs darauf gerät, halten die Führungsmächte ihre Angewiesenheit aufeinander, den Widerspruch ihrer Abhängigkeit von den in Anspruch genommenen Konkurrenten, nicht mehr gut aus – vielmehr nur noch so, dass sie alles daran setzen, eben diesen Kampf eindeutiger als zuvor für sich zu entscheiden. Mit ihren ökonomischen Mitteln, mit der Potenz ihrer Geldquellen und ihres Geldes, führen sie einen Machtkampf um die einseitige Funktionalisierung ihrer Kontrahenten.
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/weltkapitalismus-krisenmodus
    [Anmerkung: Dieser GSP-Artikel stammt aus dem Jahre 2016]

  44. Kaufmanns Diagnose ging so (Überschrift seines Artikels):
    “Zentralbanken bewahren die Wirtschaft in Krisen wie der aktuellen Corona-Krise vor dem Absturz. Soll das in Europa bald verboten sein?”
    Kaufmann glaubt, dass das Hauptproblem bei der jetzigen Antikrisenpolitik darin bestünde, dass aufgrund der Streitereien wg. der Kompetenzen oder Nichtkompetenzen der EZB die Finanzmärkte misstrauisch werden könnten, und so dem Euro das Vertrauen, dass er wirkliches Weltgeld ist, entziehen könnten. – Damit überschätzt Kaufmann die Auswirkungen eines Gerichtsurteils eines deutschen Gerichts, ja bläht sie ins Gigantische auf. Als läge unter diesem oder jenem deutschen Richterspruch das Schicksal des europäischen oder deutschen Kapitalismus – mittelfristig, erst bei der nächsten Krise – begraben…
    (Während sogar die Abgesandte der Bundesbank im EZB-Rat nur lakonisch zum Urteil anmerkt, dass die Bundesbank noch nicht mal ein paar Rechtfertigungen nachreichen werde. Die waren im Urteil erbeten worden.)

  45. Diese SWAP-Abkommen sind in der Tat bemerkenswert.
    Sie zeigen zunächst einmal, daß in der Bankenwelt ein Bewußtsein der Fragilität der ganzen Geld- und Schuldenverwaltung besteht. Sie tun in ihrer Eigenschaft als nationale Geldhüter damit auch kund, daß sie es nicht darauf ankommen lassen wollen, eine andere Währung zu ruinieren, weil dann eine Stütze der eigenen abhanden käme.
    Soweit ich das verstehe, ist das eine Absicherung der Wechselkurse für die Zukunft, also ein Versuch der Wechselkursstabilisierung. Die Unterzeichner solcher Abkommen versprechen damit, an einem bestimmten Tag eine andere Währung in der Menge X zu dem vereinbarten Kurs Y zu kaufen.
    Damit soll offenbar auch Währungsspekulationen a la Soros & Co. ein Riegel vorgeschoben werden, also verhindert werden, daß sich Spekulanten mit Währungsgeschäften zum Schaden ganzer Volkswirtschaften bereichern.
    Die SWAP-Vereinbarungen erscheinen mir also als ein Versuch, die ganze Währungspolitik und ausufernde staatliche Verschuldung handhabbar zu machen, indem die großen Weltwährungsmächte einander gegenseitig kreditieren und auf die bereits vorhandenen Schulden weitere aufhäufen.
    Daß Kaufmann sich mit der Beurteilung dieser Praxis schwer tut, glaube ich sofort: Im Grunde geschieht hier doch das, was er und andere Anhänger der Staatsverschuldung ständig einfordern: Jede Menge Geld wird locker gemacht.
    Was aus dem deutschen Verfassungsurteil folgt, ist noch nicht heraußen. Sowohl politisch, als auch ökonomisch.
    Ganz ignorieren kann die Politik es nicht.
    Es weist auf einen Grundwiderspruch des Euro hin.
    Die Euro-Kritiker sagen: Wir haben recht! Der Euro darf kein Subventionsmittel für Loser-Staaten (Untüchtige, Faule, Schmarotzer) sein!
    Die verschuldeten Staaten sagen: Also was jetzt? Sind wir eine Währungsgemeinschaft oder nicht?

  46. “… jede Menge Geld wird locker gemacht…”. Genau.
    Vier Fragen warten auf Beantwortung:
    a) Ist so der Bezug auf Realakkumulation – was immer das sein soll, so blöd konfrontativ formuliert, als wäre der Kredit nicht eh ein supergewichtiger [Haupt-] Teil davon .. – verschwunden? Geld gibts immer, egal was ökonomisch los ist?
    b) Zeigt solcher Bezug auf die Akkumulation ausgerechnet sich nur im Zweifel des Finanzkapitals – bzw. einiger Spekulanten – an der Haltbarkeit seiner eigenen Geschöpfe? – Oder woran denn sonst?
    c) Gibt es bei aller Zusammenarbeit nicht auch eine erbitterte Konkurrenz zwischen den Weltwährungen? Bis zu welchem Ausmaß verhindern SWAP- u.a. -Abkommen Spekulationen auf Aufstieg oder Niedergang von Währungen plus das anschließende Umsichgreifen substantieller Bezweifelungen plus die danach ggf. einsetzende Panik- und Abwärtsspirale?
    d) Verhindern die Weltmächte, z.B. als G7, mittels Absprache und Kooperation, dass das Weltwährungssystem insgesamt in Frage gestellt werden kann? Indem sie sich zur Kooperation verpflichten? Tun sie das denn – heutzutage? Wollten die USA nicht mal den Euro zerstören? Will nicht z.B. Steve Bannon, als Trump-Abgesandter, das nicht sogar mehr oder minder recht offiziell – auch heute noch? Also von wegen Kooperation … ???
    Dass der Angriff der Euro-Staaten kein derart fundamentaler auf den Dollar ist, liegt nicht daran, dass die europäischen Staaten sittlich anders gestrickt wären o.ä. Sondern daran, dass denen klar ist, dass der Dollar als Währung Nr. 1 sehr wesentlich auch die Machtbasis ihres eigenen Euro-Geldes war, ist und bleibt.

  47. Aus dem anderen Thread füge ich noch zwei Punkte an, die nicht auf das Verhältnis des Euros zum Dollar gehen, und auch nicht auf das Kreditsystem insgesamt und weltweit.
    – Sondern auf die Konkurrenz innerhalb der EU.
    e. “Deutschlands großzügige Corona-Staatshilfen sorgen in der EU für Unmut. Sie könnten den EU-Binnenmarkt verzerren, so die Sorge anderer Staaten.
    Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft der EU in eine beispiellose Krise gestürzt. Wie nie zuvor versucht die Bundesregierung, deutsche Unternehmen mit Staatshilfen zu unterstützen. Doch die großzügigen Subventionen aus Berlin sorgen im Rest der EU für Unmut. Denn sie könnten die Wettbewerbsbedingungen in Europa verzerren und Firmen aus Deutschland zu den großen Profiteuren der Krise machen.
    Als eine der ersten Krisenmaßnahmen hatte die EU-Kommission die Regeln für Staatsbeihilfen Mitte März deutlich gelockert. Seitdem haben die sonst so strengen Brüsseler Wettbewerbshüter jeden Hilfsantrag durchgewunken, der als Folge der Pandemie angemeldet wurde – von Direktzahlungen über Kredite bis zu Garantien und sonstigen Liquiditätshilfen für Unternehmen.” (Euractiv)
    Das ist also der inner-europäische Streit darum, welche Nationalökonomie von dem Füllhorn, das mittels des Weltgeld-Charakters des Euros und seiner Verschuldungsfähigkeit über Europas Kapitalismus ausgeschüttet wird, am meisten profitiert. Und wer – genau deswegen – dann also nicht. Also geht ein Hauen und ein Stechen in Europa los.
    f) Negativ formuliert: geht es nicht vor allem darum, wer jetzt durch die Pandemie am schlimmsten betroffen war, und wer deswegen Hilfe benötigt.
    Sondern: Europa als Weltmacht-Projektion soll vor allem vorwärts gebracht werden. Dafür sollen Projekte in den Punkten Digitalisierung und ‘Grünes Wachstum’ taugen. Also werden vorrangig Projekte gefördert, die dieses Weltmachtstreben beinhalten. Ob das in allen EU-Regionen derzeit überhaupt gleiches Thema ist?
    (Und ob damit primär also überhaupt die Krankenhausausstattung in Bergamo gemeint sein kann, das bezweifele ich. Noch wird über die diversen Pakete ja noch intensiv verhandelt.)
    “Hauen und Stechen”, also Konkurrenz um Gelder und Zahlungen, das drückt sich im Politikersprech so aus:
    Lagarde sagte, „angesichts des starken Konjunkturabschwungs im Euro-Währungsgebiet“ bleibe ein „ambitionierter und koordinierter finanzpolitischer Kurs erforderlich“.
    In dieser Hinsicht begrüßte sie den von der Kommission vorgeschlagenen Recovery Fund „zur Einrichtung eines Aufbauplans zur Unterstützung der Regionen und Sektoren, die von der Pandemie am härtesten getroffen sind, zur Stärkung des Binnenmarkts sowie zur Unterstützung einer dauerhaften und erfolgreichen Erholung.“
    https://www.euractiv.de/section/finanzdienstleistungen/news/ezb-verstaerkt-anleihenkaufprogramm-deutlich/

  48. Also der Bezug zur durch ehrliche Arbeit und Ausbeutung erwirtschaftetem Mehrwert, wenn man das als Realakkumulation bezeichnen will, ist schon lang verschwunden.
    Genaugenommen ist er schon durch die Meßweise des BIP, in das jedes G-G’ eingeht, zumindest für unwichtig erklärt worden.
    Aber schließlich geschieht durch die moderne Geldschöpfung als Gemeinschaftswerk von Staaten und Banken das faktische Unabhängigmachen von derjenigen Akkumulation, die auf Einsatz fremder – bezahlter und unbezahlter – Arbeit beruht.
    Ich denke, daß die Politiker und Finanz-Fuzis die Befreiung von der Realakkumulation zumindest teilweise als eine wirkliche Befreiung von Schranken der Finanzierung des Staatshaushaltes begreifen. Also neben den Steuern, die der Gesellschaft entzogen werden, noch über das Mittel des Kredits zu verfügen, das zumindest bis zur Finanzkrise 2008 ff. unerschöpflich schien.
    Für die Banken war der Umstieg von Gold auf Staatsanleihen als Grundlage ihrer Bankschätze ein zusätzliches Geschäft, weil der Gold- und Silberpreis schwanken und fallen kann, die Anleihen hingegen fix verzinst sind.
    Erst die Finanzkrise hat diese Akteure darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Kredit wacklig ist und sich auf den Wert des Geldes auswirkt.
    Angeblich gibt es heute hinter den Kulissen Versuche, wieder zu einer auf realen Werten basierten Geldschöpfung zurückzukehren, es ist aber fraglich, ob das überhaupt möglich ist.
    Was die imperialistische Konkurrenz betrifft, so beteiligen sich die USA auch selber an diesen SWAPs, also das Interesse ist gegenseitig. Die imperialistischen Staaten brauchen einander.
    Bis zum Krieg – man muß jetzt nicht an die EU denken, sondern z.B. an den Nahen Osten oder Venezuela – benützen einander die Rivalen immer oder versuchen das zumindest.

  49. Die Frage taucht bei mir zumindest sofort auf: Warum machen es denn die Deutschland so sehr kritisierenden Staaten nicht genauso? Sie könnten doch auch ihren Staatskredit zur Stützung ihrer Wirtschaft nützen.
    Liegt es daran, daß sie weitaus weniger konkurrenzfähige Betriebe und weitaus mehr marode haben? Also ein guter Teil ihrer Produktion schon durch Importe ersetzt wird?
    Liegt es daran, daß sie mehr für ihre Verschuldung hinlegen müssten?
    Liegt es daran, daß sich auf ihrem Territorium viele Betriebe tummeln, die bereits in ausländischer Hand sind, sie also mit ihrem Staatskredit ausländisches Kapital subventionieren würden?
    Oder aber daran, daß ihre Ökonomie schon so beschaffen ist, daß die Regierungen mit Subventionen gar nicht viel ausrichten können.
    (In Barcelona schließt jetzt Nissan und entläßt ein paar tausend Arbeiter – dagegen kann der spanische Staat wenig tun. Nissan kann die dort produzierten Autos einfach nirgends mehr verkaufen, daran würden auch Subventionen nichts ändern.)

  50. Mir leuchtet das mit der “Gegenseitigkeit” des Ineresses am Fortbestand oder gar Wohlergehen der anderen Währung nur so weit ein, dass dies e i n e der Optionen der USA ist. Weil ihr nationaler Reichtum Basis der Geschäfte der ganzen Welt ist, sind sie daran interessiert, dass neben den weltweiten Geschäften in Dollar auch die daran beteiligten Banken, Staaten etc. so weit florieren, dass sie den Reichtum der USA befördern. Können. Sollen.
    Gleichzeitig ist, Geschäfte mit dem Geld der USA zu machen, aus Sicht der USA auch so etwas wie eine Gunst, für die sie Wohlverhalten erwarten. Dass dies kein bloß verrückter Standpunkt ist, zeigen sie, wenn sie Staaten vom Gebrauch des Dollars ausschließen: Iran und Kuba.
    Weltwährung meint aus Sicht der USA auch totalitäre US-Weltordnung.
    Dazu ist die Sicht der EU einzig: Genau darin wollen wir auch eingemeindet bleiben. Das ist nämlich unsere e i n z i g e Option.
    Dass sie auch keine darüber hinaus gehende entwickeln können, war und ist Inhalt der US-Politik gegenüber der EU.
    (Und wenn das bei den USA beinhaltet, bis vor dem Knall Geschäfte mit jeglichem Gegner zu machen, so liegt das daran, dass die USA sich des Erpressungspotentials ihrer Macht absolut sicher sind. Und bei Trump möglichst ganz ohne das Schießen.)
    Und das sieht – absehbar – auf Seiten der EU so was von ganz anders aus … (Wäre dem nicht so, dann wäre es vermutlich allenthalben eher noch etliche Zacken ungemütlicher.)

  51. “Warum machen es denn die Deutschland so sehr kritisierenden Staaten nicht genauso? Sie könnten doch auch ihren Staatskredit zur Stützung ihrer Wirtschaft nützen.”
    Diese Frage stellen, heißt sie auch schon zu beantworten: Weil sie es eben nicht “können”. Also sich nicht trauen, ihren Staatkredit zu gefährden, indem sie die eigentlich zur Wiederankurbelung nötigen Riesenmengen an Geld in die Wirtschaft pumpen. Um dann von der kreditgebenden Finanzwelt den Daumen nach unten gezeigt zu bekommen.
    Alle Staaten wissen nicht anderes zu tun als Staatsgeld den Ausfall der Nachfrage möglichst zu kompensieren. Und zum Teil tun sie das ja auch in einem historisch noch nie da gewesenen Maße. Aber es ist doch nicht so, daß die alle sagen, “was kostet die Welt?”. Alle haben mehr oder weniger zu recht die Befürchtung, daß sie das Vertrauen der Finanzwelt auch überstrapazieren könnten. Aber sie können halt nichts anderes machen und machen sich halt die Hoffnung, daß es bei den Konkurrenten vielleicht nicht erfolgreich sein wird, aber bei ihnen hoffentlich doch.

  52. @Neoprene

    Um dann von der kreditgebenden Finanzwelt den Daumen nach unten gezeigt zu bekommen.

    Die kreditgebende Finanzwelt besteht für Italien ohnehin schon seit geraumer Zeit aus den eigenen Banken und der EZB.
    Wem gelten denn die Riesengeldmengen, die die EZB verspricht?
    Ich vermute eher, daß es an den geeigneten Adressaten fehlt. Wie soll man die Tourismusindustrie subventionieren, wenn die Touristen ausbleiben?
    Wie soll man die ganzen Geschäfte subventionieren, wenn die Kunden ausbleiben?
    Und Industrie? Das macht offenbar auch dort einen immer geringeren Teil der Nationalökonomie aus.
    @Leser
    Ich weiß nicht, was deine Ausführungen zu dem bisher Gesagten hinzufügen sollen. Oder ihm widersprechen? Oder ergänzen?
    Denn diese SWAPs machen die USA nur mit anderen Weltwährungen und nicht mit denen, die sie aus der Weltordnung ausschließen.

  53. Nestor, meinst du, daß die selbst die (außer in Deutschland) vergleichsweise geringe Milliardenbeträge schon nicht loswerden, und deshalb in einigen Staaten auch gar keine Hilfsprogramme auflegen oder daß sie gemerkt haben, daß Geld jetzt auch gar nichts mehr helfen kann, z.B. bei einer Industrie, die sowieso auf absehbare Zeit “tot” zu sein scheint, weil die Nachfrage nicht nur kurzfristig wegen Corona sondern auch weit darüber hinaus weggebrochen sei?
    Es geht ja schließlich nicht nur um Tourismus, der ist selbst in Italien ja nur rund ein Achtel oder Sechstel der gesamten wirtschaftlichen Leistung

  54. Anmerkungen zum Konjunkturpaket von 130 Mrd. Euro [BRD, 3.6.20] und zum frommen Wunsch der Politik, mit der Mehrwertsteuersenkung von 3 Prozent einen Kaufrausch auslösen zu wollen
    Zunächst kann man daran das Fundamentale des kapitalistischen Systems am Punkt der Loswerdung des ganzen schönen Warenzeugs studieren: die Leute sind einzig als geschäftliche Manövriermasse, als Versilberer des Reichtums der nationalen Geschäftswelt, gefragt und eingeplant.
    Im Übrigen: das Genörgele über bloßes Strohfeuer, das das Paket bereiten würde, teilt den Standpunkt der kommerziellen Ausnutzung der Massen; letztere würde aber nicht nachhaltig genug ausfallen.
    Das Objektive des Ungereimten an dem staatlichen Konjunkturprogramm ergibt folgende Überlegung: Angesichts dessen, dass die Abhängigen wegen ihrer materiellen Misere im Zuge der Pandemie (Einkommensverlust durch Kurzarbeit/Entlassungen) und der unsicheren finanziellen Aussichten im Geldbeutel sich beim Geldausgeben eher zurücknehmen, steht die Berechnung der politischen Geschäftsförderer auf wackeligen Füßen, die Massen würden wegen Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 bzw. von 7 auf 5 Prozent jetzt dem Kaufrausch verfallen. – Mal dahingestellt, inwieweit diese für sich wer weiß wie Kaufreiz auslöst: das kindische Beispiel war das von einer Reporterin (auf NDR-Info), bei einem um die 500 Euro teuren Handy würde jetzt wegen paar Euro mehrwertsteuer-bedingter Einsparung nun auf Unmenge von nach wie vor hochpreisigen Smartphones zugegriffen.
    Noch eine andere Skurrilität geben die Macher des Pakets zum Besten: sie hegen den Verdacht, die Geschäftemacher würden die Steuersenkung gar nicht an die Verbraucher weitergeben, sondern zwecks Preiserhöhungen kassieren. Dies ist der Widersinn, einerseits das vermehrte Geschäftemachen zum vorrangigen Gebot der Zeit zu erklären und andererseits zu monieren, wie Unternehmen auf die oben genannte Weise, eben über Preissteigerung die Steuersenkung auszunutzen, ihr Geschäftsinteresse praktizieren.
    Als ob sie den Unternehmern eine Lehrstunde erteilen müssten, stellen sie auf durchaus übliche Geschäftsstrategie ab: statt einfach die Steuersenkung für die Unternehmenskasse per Preisanhebung sich zunutze zu machen, aber möglicherweise dem Absatz keinen Schub zu verpassen, soll Steuerermäßigung der Hebel sein, darüber mehr Verkaufsmenge und so einiges an gesteigerter Profitmasse zu realisieren.
    http://tages-politik.de/Innenpolitik/Corona-Staatshilfen_versus_Umweltfreunde-Juni_2020.html

    Zusatz von Leser: Dass sie – bei dieser Maßnahme – auf Mehrwertsteuersenkung gekommen sind, anstatt darauf, wie ansonsten eher üblich, den Unternehmern Vergünstigungen für billigeres Produzieren einzuräumen, darin wird hier darauf Bezug genommen, dass die weltweite Nachfrage zusammengecrasht ist, – und das war der Kern der Marke Germany. Der deutsche Verbraucher soll nun schnell einen 3-Prozent-Heiligenschein verpasst kriegen – als erhoffter Retter des hiesigen Unternehmertums vor dem Weltcrash deutscher Exportindustrie … [Edit: Neoprenes drunter formulierter Kommentar hat mich darauf noch einmal zusätzlich aufmerksam gemacht.]
    Schlagzeile heute: Dramatischer Export-Einbruch …
    Man merkt im Übrigen und insgesamt, wie sehr alle Maßnahmen den Wunsch zum Inhalt haben, dass der Kapitalismus komplett so weitergehen soll wie vor Corona – und dafür müsste man nur an dieser oder jener Stellschraube etwas herumdrehen. Als wäre alles andere dann automatisch geregelt – und alle Lieferketten würden wieder anlaufen. Als hätte Corona gar nichts am Kapitalismus zerstört. Als wären wie im Märchen nur die Uhren angehalten worden. Das hat bereits Thomas Steinfeld gut kritisiert http://NestorMachno.blogsport.de/2020/03/18/419/#comment-38846

  55. “die Leute sind einzig als geschäftliche Manövriermasse, als Versilberer des Reichtums der nationalen Geschäftswelt, gefragt und eingeplant.”
    Natürlich nicht: Sie sind vor allem als die Erzeuger des Reichtums eingeplant und nötig, versilbert wird dann notfalls irgendwo auf der Welt, wo das ist, ist den Firmen egal, solange dabei “Silber”, also Weltgeld rüberkommt.
    “das Genörgele über bloßes Strohfeuer, das das Paket bereiten würde, teilt den Standpunkt der kommerziellen Ausnutzung der Massen; letztere würde aber nicht nachhaltig genug ausfallen.”
    Per se erstmal nicht. Es ist ja schließlich wirklich die Frage, ob die Staaten das auf diese Weise wieder hinkriegen. Das kann man auch als Gegner des (wieder) Profite Machens bezweifeln. Wenn die bürgerlichen Medien das benörgeln, dann in der Tat vom Standpunkt, daß der Staat gefälligst in Windeseile wieder “Normalität” herbeizuregieren habe und das auch könnte, wenn er nur richtig wollte.
    “Skurilität” trifft die Sorgen der Regierung meines Erachtens nicht ganz, denn in der Tat sollen ja nicht nur die kapitalistischen Gewinne wachsen, sondern auch das Volumen der kapitlistischen Warenwirtschaft. Es soll ja auch wieder mehr produziert werden.
    Ja, nicht nur den Maßnahmen merkt man den Wunsch an, “dass der Kapitalismus komplett so weitergehen soll wie vor Corona”, das ist leider durchgängig auch der Wunsch der Menschen, die den Kapitalismus bisher am Laufen gehalten haben.

  56. @Leser

    die Leute sind einzig als geschäftliche Manövriermasse, als Versilberer des Reichtums der nationalen Geschäftswelt, gefragt und eingeplant

    Das ist übrigens die Grundlage aller keynesianischen „menschenfreundlichen“ Modelle, die über Stimulierung der Kaufkraft und des Konsums gute Taten tun wollen.
    Der Mensch kommt nur als Konsument vor, Leute ohne Kaufkraft existieren dort nicht.
    @Neoprene
    Ich habe überhaupt so meine Zweifel, ob die angekündigten Konjunkturprogramme so etwas wie eine Konjunktur hervorbringen können.
    Schließlich hat Leser mit seinen Anmerkungen zum Konsum recht: Die gelungenste Ausbeutung nützt dem Unternehmer nichts, wenn der Salto Mortale der Ware mißlingt, sie sich also auf dem Markt nicht bewährt.
    Die ganzen staatlichen Hilfen können nur den fehlenden Absatz für die Zeit kompensieren, bis die Konkurrenten eingegangen, der Markt „bereinigt“ ist und die dann vorhandene geschrumpfte Kaufkraft von den Übriggebliebenen aufgesaugt werden kann.
    Da haben allerdings deutsche Unternehmen die besseren Karten, weil Deutschland mehr Kredit hat.
    Die Maßnahmen der 70-er und 80-er Jahre, eine eigene verstaatlichte Industrie zu betreiben, stehen nicht zu Gebote, weil sie der ganzen Konstruktion der EU und des Euros widersprechen würden.

  57. Wenn Nestor schreibt,

    “Die ganzen staatlichen Hilfen können nur den fehlenden Absatz für die Zeit kompensieren, bis die Konkurrenten eingegangen, der Markt „bereinigt“ ist und die dann vorhandene geschrumpfte Kaufkraft von den Übriggebliebenen aufgesaugt werden kann.
    Da haben allerdings deutsche Unternehmen die besseren Karten, weil Deutschland mehr Kredit hat.”

    dann bezieht sich das offensichtlich gleich auf den Weltmarkt, mindestens auf die EU. Das sind aber jeweils eigenständige Nationalstaaten (selbst in der EU). Und damit kommen natürlich noch erheblich mehr Fragezeichen ins Spiel, als beim klassischen Verlauf einer kapitalistischen Krise in einem einzigen Staat.

  58. Na ja, darauf hinzuweisen, daß die EU auf dem Weltmarkt unterwegs ist, habe ich für überflüssig gehalten! 🙂

  59. Dann hättest du aber auch erwähnen müssen, daß Staaten anders al Einzelkapitale schon was anderes machen können, als der Markt”bereingung” einfach nur zuzusehen. Manchmal bleibt dann nämlich nur der übrig, der den daraufhin angezettelten Krieg gewinnt, sei es “nur” ein Wirtschaftskrieg oder eben der normale mlitärisch ausgefochtene Krieg.

  60. Ich blicke gerade nicht durch, was ihr da am Klarkriegen seid. Stattdessen mal etwas dazu, was zwischendurch auch immer mal wieder unklar war.
    Der Unterschied der Nordländer zur Rest-EU (besonders dabei den Südländern) liegt darin, ob und welche B e d i n g u n g e n mit den EU-Geldern verknüpft werden.
    Die Nordländer (die BRD eigentlich ja auch) wollen Gelder der EU nicht einfach an Staaten zwecks deren freier Verfügung ausschütten lassen – sondern daran Bedingungen knüpfen.
    Diese Bedingungen sind, neben Medizin-Kram wg Corona, vor allem mit den Plänen wg. Fortschritten der EU verknüpft, zielen also auf Projekte von Digitalisierung und grünem Wachstum, um mal diese ideologische Ausdrucksweise zu verwenden. Bedingungen heißen so, weil deren Einhaltung überprüft wird, und sie sowieso von vornherein an genaue Projekte (Medizin/Digitalisierung/Grünwachstum) geknüpft werden.
    Die Südstaaten wollen Gelder ohne Bedingungen. Denen geht es nicht um Europa-Pläne. Sondern darum, dass ihre Staaten wieder besser oder auch überhaupt erst so richtig funktionieren sollen. Werden ihnen Gelder zu Bedingungen gegeben, so entdecken sie darin Unterwerfungsanforderungen und Diktate aus dem Norden.
    Die Nordländer sagen dazu: Ihr wollt euch nur auf unsere Kosten weiter verschulden. Und so ruiniert ihr die Zukunft unseres gemeinsamen Projektrs, des Euro. [So jedenfalls argumentieren die Niederländer.]
    Deutschland will die EU aufrecht erhalten, tritt also für ein Sowohl-als-auch ein. Eigentlich steht es ideologisch auf Seite der Nordländer, a) will aber keinen Bruch mit Frankreich wegen gemeinsamen Führertums in Europa. Und b) keinen Bruch mit der gesamten sonstigen EU, weil die ist das Herzstück der deutschen Exportnation [Dt. Exporteinbruch im Mai: über 30 %!] – und der deutschen Weltmachtgeltung, also auf Augenhöhe mitreden können, was ohne die EU vermutlich nur ein Witz wäre.
    [Mir selber unklar ist übrigens, wie sich hier die Oststaaten einordnen. Vermutlich werden die auf bisherige Geldzahlungen aufmerken, Regionalförderung etc.]
    All dieses wird noch Wochen dauern, ehe darüber beschlussgefasst wird, weswegen die Beteiligten von einer Vorsitzenden gerüffelt werden.
    https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/lagarde-mahnt-recovery-fund-muss-moeglichst-schnell-gebilligt-werden/
    Ansonsten noch mal einige Knackpunkte, anders aufgelistet
    http://nestormachno.blogsport.de/2020/06/04/die-wirtschaftlichen-folgen-der-corona-krise-iii/#comment-39562

  61. Ich blicke auch gerade nicht durch:
    Lagarde soll tatsächlich gesagt haben:

    “Darüber hinaus war sie der Ansicht, dass das Rekordvolumen der EU-Anleiheemissionen auch dazu beitragen werde, die internationale Rolle des Euro zu stärken. Dies sei ohnehin eine der Hauptprioritäten der EU.”

    Und das fällt ihr gerade jetzt ein, darauf ist vorher noch niemand gekommen, der ein Billion oder zwei gut hätte brauchen können? Und da fällt ihr nicht mehr ein, daß das das Ende des “soliden” Euro einläuten würde, so wie das Scharen von Eu-Politikern vor ihr immer wieder betont haben?

  62. A) Die Schweizer NZZ teilt die Einschätzung der EZB, dass der Hilfsfonds der EU eine Stärkung des Euro bewirke:
    “Der Franken hat seit Mitte Mai gegenüber dem Euro an Wert verloren. Der wichtigste Grund ist der geplante Hilfsfonds der EU zur Stützung schwacher Mitgliedstaaten. An der Verletzlichkeit des Euro ändert das aber nur wenig. Von einer Trendwende kann daher keine Rede sein.
    Über mangelnde Aufmerksamkeit kann sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) derzeit nicht beklagen. Freuen wird sich die SNB daran aber kaum. Denn es sind vor allem Begehrlichkeiten, die an die Währungsbehörde herangetragen werden. Ob Schuldenabbau, Arbeitslosenkasse, AHV, zweite Säule oder Klimaschutz – das Geld zur Finanzierung dieser Anliegen orten viele Politiker bei der SNB. Angesichts knapper Kassen und ausufernder Schulden erscheinen die Milliarden der Notenbank als Lösung fast aller Probleme. Dass man den Appellen stets die Beteuerung voranstellt, selbstverständlich werde die Unabhängigkeit der SNB respektiert, verleiht der Sache eine leicht heuchlerische Note.” (NZZ, vor 4 Tagen)
    B) Ob die Stärkung des Euro damit einhergeht, dass so – teilweise – die besonders privilegierte Stellung der BRD und ihrer Bundesbank beim Schuldenmachen futsch geht – das mag sein …
    C) Es war nämlich ein primär deutsches Konkurrenzprojekt, darauf zu achten, dass die BRD bei Staatspapieren besser da steht als der Rest Europas, ja merkwürdigerweise sogar dadurch neuen Reichtum hat abgreifen können, indem sie Schulden aufnehmen. (“Negativzinsen”) Man verschuldet sich, und kriegt dadurch zusätzlich noch mal weiteres Geld als Dreingabe. Kein Wunder, dass in der BRD Eurobonds als Teufelswerk galten.
    D) Die neue Kredite sind nicht mehr primär national gezeichnet. Sondern sind – teilweise – Eurobonds. Sie dürfen aber nicht so genannt werden. Und sie sind auch eine Mischform zwischen den ehemals pur national gezeichneten Papieren. Und solch neuen Papieren, für die die EU-Kommission für ganz Europa einstehen soll. Und das mit dem alten Draghi-Spruch: “Whatever it takes”, der ja bereits eine Form der Vergemeinschaftung beinhaltete.
    E) Nachwort von B.B.:
    “Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?”

  63. “Am 1. Juli übernimmt Deutschland die Ratspräsidentschaft der EU, den rotierenden Vorsitz der Ministertreffen und Gipfel. Dann also wird Angela Merkel die widerstrebenden Wünsche der Südländer und der “Sparsamen Vier” unter einen Hut bringen müssen. Keine leichte Aufgaben, sollte es bei den verhärteten Fronten bleiben.”
    Das nenne ich Euphemismus pur. Z.B. wegen dieses Gegensatzes
    “Die sparsamen Vier wollen das Geld ausschließlich als Kredite vergeben, aber überschuldete Südländer wie Italien lehnen das ab, denn es würde ihren kaum noch tragbaren Schuldenstand weiter in die Höhe treiben. Sie wollen Zuschüsse oder gar nichts.” Daß ein Euro-Staat damit “droht”, nur Geschenke anzunehmen, zeigt wie gegenseitig abhängig die EU-Staaten voneinander sind.

  64. @Neoprene
    Krieg steht gerade nicht an, weil völlig unklar ist, wer gegen wen.
    Das Manöver an der Ostfront dient m.E. eher dazu, die inzwischen auch sehr zerfledderte NATO gegen den gemeinsamen Feind noch einmal auf die Matte zu bringen.
    Wenn ich mir die Performance der EU-Regierungen zur Corona-Krise anschaue, so bin ich zuversichtlich, daß die einen Krieg in nächster Zeit nicht hinkriegen.
    Also zurück zu Geld und Kredit.
    Das ist etwas ausführlicher geraten, weshalb ich jetzt meine Überlegungen als neuen Beitrag formuliere.

  65. “Krieg steht gerade nicht an, weil völlig unklar ist, wer gegen wen.”
    Natürlich ist klar, wer gegen wen. Und diese Kriege laufen ja auch schon. Nämlich USA gegen Rußland und USA gegen China. Um die wichtigsten aufzuzählen. Zwar “nur” als Wirtschaftskriege, aber es ist ja kein Zufall daß erst vor ein paar Tagen in der Öffentlichkeit gestreut wurde, daß das amerikanische Kriegsministerium und sein Generalstab permanent davor warnen, daß es in ein paar Jahren schon zu spät sein könnte einen Krieg gegen China zu gewinnen.
    Und selbst in der EU als dem Vorzeigegarant für die Erhaltung des Friedens ist nicht raus, ob die auch in Zukunft noch so zusammenhält, wenn es doch wirtschafts- und machtpolitisch weiter zu Verschiebungen führt, wegen derer früher Staaten eben doch wieder unfriedliche geworden sind.

  66. Ja ja, Wirtschaftskriege gibt es, aber der USA-Gewaltapparat ist derzeit eher mit sich selbst beschäftigt, so mein Eindruck.
    Und die EU, die nicht einmal genug Desinfektionsmittel gegen Coronavirus-Ansteckungen hatte, scheint mir auch eine Institution zu sein, die zu einem solchen gemeinsamen Vorgehen nicht fähig ist.

  67. Auf dem Weg in die “De-Dollarisierung” (14.09.2020)
    Die deutsche Debatte über einen möglichen Aufstieg des Euro zur Weltleitwährung dauert an.
    BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – In den deutschen Eliten dauert die Debatte über einen möglichen Aufstieg des Euro zur Weltleitwährung an. Die Milliardenkredite zur Finanzierung der Konjunkturprogramme im Kampf gegen die Coronakrise seien ein “großer Schritt in Richtung Euro-Bonds”, urteilt der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU); mit den – wenngleich zunächst einmalig ausgegebenen – EU-Anleihen hätten Notenbanken außerhalb der Eurozone nun erstmals die Chance, Anleihen der Union “als Reserven zu halten”. Dies könne perspektivisch dazu beitragen, die globale Dominanz des US-Dollar zu “brechen”. Oettinger bezeichnet den EU-Gipfel im Juli, auf dem die Staats- und Regierungschefs der Union sich auf die Anleihen einigten, als eine “Art Bretton Woods des 21. Jahrhunderts”. Spezialisten berichten, in Teilen der Weltwirtschaft sei der US-Dollar längst auf dem Rückzug; so würden etwa Russlands Exporte nach China inzwischen zu 51 Prozent in Euro getätigt, nur noch zu 33 Prozent aber in US-Dollar. Der US-Dollar gilt als Schlüsselfaktor für die US-Option, extraterritoriale Sanktionen zu verhängen.
    “Das Bretton Woods des 21. Jahrhunderts”
    In der deutschen Öffentlichkeit werden inzwischen Chancen und Risiken eines möglichen Aufstiegs des Euro zur Weltleitwährung offen diskutiert. In Reaktion auf die Beschlüsse des jüngsten, oft als “historisch” bezeichneten EU-Gipfels, auf dem die Ausgabe von EU-Krisenanleihen in dreistelliger Milliardenhöhe beschlossen wurde, sehen deutsche Politiker die EU-Einheitswährung bereits auf dem besten Weg zu einem “Big Player” der Währungswelt.[1] Die Milliardenkredite zur Finanzierung der Konjunkturprogramme seien ein “großer Schritt in Richtung Euro-Bonds”, die perspektivisch beitragen könnten, die Dominanz des US-Dollar als Weltleitwährung zu “brechen”, erklärt der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident und EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU). Notenbanken außerhalb der Eurozone seien nun erstmals in der Lage, in “nennenswertem Umfang EU-Anleihen als Reserven zu halten”; das werde die EU zu einem wichtigen Anleiheemittenten und den Euro zu einem “Referenzwert auf dem Bondmarkt” machen. Oettinger zog dabei Parallelen zwischen dem EU-Krisengipfel und dem Abkommen von Bretton Woods, bei dem die Grundlagen für die Hegemonie des Dollars gelegt wurden: Der Brüsseler Gipfel habe als eine “Art Bretton Woods des 21. Jahrhunderts” dazu beigetragen, die strategischen Voraussetzungen für eine Neuvermessung der Währungswelt zu schaffen. In einer “gar nicht so fernen Zukunft” werde der US-Dollar nicht mehr die alleinige Weltleitwährung sein, sagt Oettinger voraus. Sowohl die “aufstrebende Weltmacht China” wie auch die “wirtschaftlich starke Europäische Union” seien in der Lage, ihn zu beerben.
    Reflexion der Machtverhältnisse
    Die kreditfinanzierten Milliardensummen, die als Konjunkturstütze für die Eurozone vorgesehen sind, sollen dabei nicht für sozialpolitische Maßnahmen, sondern zur Stärkung der “Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten” im Kampf gegen die Konkurrenz außerhalb der EU verwendet werden, fordert Oettinger, der Leitwährungen als monetäre Reflexion der politischen Machtverhältnisse einstuft. Für gewöhnlich vollzögen sich “tektonische Verschiebungen” auf den Währungsmärkten langsam; Oettinger verwies dabei auf das britische Empire, dessen Pfund drei Jahrzehnte und “zwei Weltkriege” benötigt habe, bis es als Leitwährung abdanken musste.[2] Wenn allerdings die EU das durch die Gipfelbeschlüsse ausgelöste Momentum richtig nutze, könne die “Etablierung des Euros als starke Weltwährung” sehr viel schneller vonstatten gehen. Dazu sei es freilich unerlässlich, die Erweiterung der Eurozone rasch voranzutreiben, erklärt der CDU-Politiker; schließlich stelle die EU insgesamt mit 460 Millionen Einwohnern einen größeren Binnenmarkt dar als die USA mit 330 Millionen Bürgern. Dabei verzeichne man bereits “Bewegung”: Bulgarien und Kroatien seien seit kurzem Teil des europäischen Wechselkursmechanismus II, der nun ihre Währungen eng an den Euro bindet, sodass sie in gut zwei Jahren “Vollmitglieder” der Eurozone werden können. Zudem sollen laut Oettinger auch “Polen, die Tschechische Republik, Ungarn und Rumänien” der EU-Einheitswährung beitreten; sie könnten von der wirtschaftlichen Dynamik des Währungsraums profitieren. Besagte Länder lehnen nach den Erfahrungen der großen Eurokrise die Aufgabe ihrer nationalen Währungen bislang ab.
    Die Vorteile der Weltleitwährung
    Der wichtigste Vorteil, den die USA aus ihrer Weltleitwährung schöpfen, besteht Oettinger zufolge in der Fähigkeit, trotz einer “gigantischen Staatsverschuldung von 27 Billionen Dollar” ständig neue Waren und Dienstleistungen gegen “selbst gedruckte Geldscheine” tauschen zu können; sie sind damit in der Lage, sich ohne Limit in ihrer eigenen Währung zu verschulden.[3] Diese Option wäre auch für die Bundesrepublik von essenziellem Interesse. Oettinger zählt zudem das für US-Konzerne nicht vorhandene Wechselkursrisiko zu den Vorteilen des Dollars “gegenüber ihren europäischen Konkurrenten” – insbesondere gegenüber den Konzernen des Exportweltmeisters Deutschland. Nicht zuletzt könnten die USA dank ihrer Kontrolle über das globale Zahlungssystem Swift auch die internationalen Finanzströme kontrollieren und damit Sanktionen etwa auch gegen den Willen Berlins durchsetzen, beispielsweise die Sanktionen gegenüber Iran. Aus all diesen Gründen sei es “an der Zeit, ein währungspolitisches Gegengewicht zum Dollar zu schaffen”, fordert Oettinger.
    Vom Dollar zum Euro
    Dabei ist die “De-Dollarisierung” der Weltwirtschaft Oettinger zufolge schon ein ganzes Stück weit fortgeschritten; der Anteil der US-Währung an den weltweiten Währungsreserven der Zentralbanken sei von 70 Prozent bei der Einführung des Euro zur Jahrtausendwende auf rund 60 Prozent im vergangenen Jahr geschrumpft. Der Euro bewege sich inzwischen bei rund 20 Prozent; der japanische Yen und Chinas Yuan hätten einen Anteil von jeweils fünf Prozent. Die “Erosion der Vorherrschaft der US-Währung” sei bereits in Gang; man müsse sie nur entschlossen vorantreiben. Tatsächlich hat sich die Erosion des US-Dollar in den vergangenen Jahren beschleunigt, wie US-Wirtschaftsmedien unter Verweis auf die russische Handelsbilanz melden.[4] Neben den Ambitionen EU gebe es langfristige Bestrebungen Chinas und Russlands, den US-Dollar als Weltleitwährung abzulösen; sie fielen aktuell – aktuell noch verstärkt durch die Covid-19-Pandemie – mit einem “Moment der Schwäche” der USA zusammen. So zeigten jüngste Zahlen der russischen Zentralbank, dass ein Großteil der russischen Exporte nach China nicht mehr in Dollar, sondern in Euro abgewickelt werde; dabei sei der Euroanteil von 1,3 Prozent im Jahr 2018 auf 51 Prozent zu Beginn dieses Jahres gestiegen, während nur noch 33 Prozent aller russischen China-Exporte – hauptsächlich Rohstoffe – in Dollar getätigt würden. Ähnlich verhalte es sich mit den russischen Exporten in die EU, bei denen der Euroanteil von 38 Prozent Ende 2019 auf aktuell 43 Prozent gestiegen sei. Die Alarmrufe bezüglich eines Abstiegs des Dollar seien in der Vergangenheit üblicherweise unbegründet gewesen, heißt es; doch könnten sich diesmal aufgrund der gegebenen Konstellation die Dinge anders entfalten.[5]
    Ein zweischneidiges Schwert
    Indes wollen nicht alle Teile der deutschen Funktionseliten die Euphorie bezüglich eines eventuellen Aufstiegs des Euro zu einer Weltleitwährung teilen.[6] Die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um rund sechs Prozent in diesem Jahr, die schon institutionelle Anleger und Spekulanten wie Hedge Funds in Unruhe versetzt hat [7], hat auch die Aussichten der exportabhängigen deutschen Industrie verdüstert. Der starke Euro stelle zwar einen “Vertrauensbeweis” für die Eurozone dar, belaste zugleich aber die deutschen Ausfuhren in Länder jenseits der Eurozone, etwa nach China, heißt es. Deutschland habe lange als “größter Nutznießer des fragilen Euroraums” gegolten, da die krisengebeutelte Einheitswährung gegenüber der Wirtschaftskraft des Exportweltmeisters strukturell unterbewertet gewesen sei; doch nun sei dieser Vorteil aufgrund der Aufwertung gegenüber dem Dollar weitgehend verschwunden. Eine Aufwertung des Euro um zehn Prozent gegenüber der US-Währung gehe im Schnitt mit einem Rückgang des deutschen Bruttoinlandsproduktes um 0,4 Prozent einher, wird ein Ökonom der Vermögensverwaltung der UBS zitiert. Insbesondere die angeschlagene Autoindustrie und der Maschinenbau seinen betroffen. Eine weitere Aufwertung des Euro sei folglich “nicht tragbar”, zumal dem europäischen Währungsraum bei einem ungünstigen Krisenverlauf ein deflationärer Schock drohe, bei dem fallende Preise zu Nachfrageeinbrüchen und zu Rezession führten. Zudem teilten prominente Ökonomen wie Robin Brooks vom Institute of International Finance (IIF) die Ansicht, der Dollar könne bald vom Euro abgelöst werden, nicht.[8] Die USA steckten zwar in Schwierigkeiten; doch wenn es “hart auf hart” komme, dann würden die Anleger weiterhin in Dollar fliehen, da es keine klaren Alternativen gebe, urteilt Brooks. Dies werde sich “so schnell nicht ändern”. Dazu trägt vermutlich auch die beispiellose US-Militärmacht bei, die bei der Aufrechterhaltung des krisenbedingt schwächelnden US-Dollar als Weltleitwährung ein immer größeres Gewicht erhält.

  68. “Spezialisten berichten, in Teilen der Weltwirtschaft sei der US-Dollar längst auf dem Rückzug; so würden etwa Russlands Exporte nach China inzwischen zu 51 Prozent in Euro getätigt, nur noch zu 33 Prozent aber in US-Dollar.”
    Das behauptet dieser von NN zitierte dt. Think Tank.
    Stimmt das überhaupt? Gibt es dafür denn eigentlich auch noch andere Quellen?
    Die Lobhudelei auf den Euro von Günther Oettinger, auf die der Think Tank seine Meinungen stützt, stammt aus dem August, vermutlich in Euphorie über das Corona-Kreditprogramm, welches ja bisher erstmalig als eine Variante der verfemten Eurobonds aufgelegt werden soll.
    https://www.tagesspiegel.de/politik/dominanz-des-us-dollars-brechen-der-euro-hat-das-zeug-zum-weltstar/26108306.html
    Ein Leser-Kommentar hat im Tagesspiegel übrigens diesen Kommentar gepostet:
    “In der Vergangenheit gab es vereinzelte Versuche, den Dollar im Ölhandel durch den Euro zu ersetzen oder zumindest nicht mehr als einzige Währung zu akzeptieren. Den kompletten Umstieg vom Dollar zum Euro haben zwei Länder versucht: der Irak unter Hussein und Libyen unter Ghaddafi. Das Schicksal der beiden Staatschefs ist bekannt.
    Die beiden anderen Versuche der De-Dollarisierung wurden vom Iran und von Syrien unternommen…
    Oettingers Ansatz ist gut durchdacht und richtig, er vernachlässigt aber den Punkt, dass eine De-Dollarisierung die USA wirtschaftlich vernichten würde. Das könnte man natürlich in Kauf nehmen, nur reden wir hier über die stärkste Militärmacht der Welt. Und die nimmt es nicht stillschweigend hin, wenn man ihr die Existenzgrundlage absägt…”

    In eine andere Richtung zielt die EU-Abwehr diverser Versuche, digitales Geld einführen zu wollen, z.B. “Libra” von Facebook
    https://www.euractiv.de/section/finanzdienstleistungen/news/eu-will-neues-gremium-zur-ueberwachung-von-kryptowaehrungen-aufbauen/

    Für mehr Skepsis gegenüber “Alternativen Fakten” plädieren hier drei alternative AutorInnen …
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1141678.alternative-fakten.html?sstr=Stephan%20Kaufmann

  69. Es ist schon beachtlich, wie Öttinger über die erhöhte Schuldenmacherei in der EU ins Schwärmen kommt und einen Höhenflug des Euro kommen sieht. So kann man aus einer Krise Gewinn schagen, denkt er.
    Und dann noch die USA in Problemen mit Demos, Corona und Feuer, das ist diiiiee Chance! Aus Ruinen der Sonne entgegen.
    Ich halte das für einen ziemlichen Unsinn Oettingers. Auch der Umstand des 60:20:5:5 ($:€:Yen:£) ist schon seit einiger Zeit so und zeigt, daß die Perspektiven des Euro begrenzt sind.
    Der Trost: Auch Rußland und China kommen mit ihrer in den Hoch-Zeiten der BRICS angestrebten Umstellung auf bilaterale Verrechnung nicht sehr viel weiter, wenn immer noch „Russlands Exporte nach China inzwischen zu 51 Prozent in Euro und … zu 33 Prozent … in US-Dollar“ getätigt werden.
    Und das trotz Sanktionen der EU & USA gegen Rußland und der Neuen Seidenstraße …

  70. Die EU betreffend und ihre diversen Baustellen:
    Dass sie sich zu einem Ergebnis durchgerungen haben, da ist schon belanglos, welcher Art dieses ist: dass sich in tiefster Krise seit langem jede Nation eher die nächste ist, dass die Modernisierung als konkurrenzlerisches Wirtschaften von EU-Staaten gegeneinander stattfindet, also deren geldlicher Nutzen erst mal rausschaut und von einer gesamteuropäischen Abfärbung v.a. auf das gemeinsame Geld und die darauf lautende Kreditmacht erst mal gar nichts in Sicht ist, was zählt da schon. Wie prekär muss es um diesen EU-Haufen bestellt sein, dass dessen Gerangele um nationalen Gewinn und Schadensverteilung als einvernehmliche formelle Einigung nicht nur von einer Kommissionspräsidentin in höchsten Tönen gelobt wird? Wobei die Chefin durchaus darauf setzen kann: wo da einige Abhängigkeiten von dem Gesamtkunstwerk EU über die Jahrzehnte hinweg eingerissen sind, dürften die Mitglieder ihr Heil darin suchen, so unterschiedlich, gegensätzlich deren Status darin auch ausfällt.
    https://tages-politik.de/Europapolitik/Ideologisches_und_zur_Sache_EU-Streit_Aufbaufonds-Juli_2020.html
    Wobei die Staaten in der Krise ihr Gegeneinander zwecks Abwälzung von Krisenfolgen und sonstigen Kosten auf die anderen Staaten derzeit geradezu exzessiv betonen. Ob da Geschichten um Vergiftungsaffären mehr Einigkeit und Gefolgschaft hinter D herstellen können, wird sich erst noch zeigen.

  71. Als eines der ‘Indizes’ der EZB für ihre Geldpolitik gilt die Inflation. Wird die aktuelle Kredit- und Krisenbewältigungsstrategie der Staaten nun von inflationären oder von deflationären Auswirkungen begleitet?
    Stephan Kaufmann stellt weitere Fragen – nicht nur zur Inflation:
    “Inzwischen warnen Ökonomen vor einer breit angelegten Inflationsgefahr. Bemerkenswert sind die Gründe, die für die kommende Geldentwertung ausgemacht werden.
    Da ist zum einen der Staat. Er macht in der Krise vermehrt Schulden, indem er Schuldscheine verkauft. Diese Schuldscheine werden zum Großteil von den Zentralbanken aufgekauft, die sie mit neuem Geld bezahlen. Dadurch steigt die Geldmenge und damit die potenzielle Nachfrage nach Gütern – das bedeutet Inflationsgefahr..” (Forts.):
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1146742.inflation-gelegenheit-macht-diebe.html?sstr=Stephan%20Kaufmann

  72. Das europäische Verhältnis zur USA
    Europa begrüßt Biden
    Stephan Kaufmanns Kommentar über die neuen strategischen Offensiven der EU endet als Zuspitzung:
    “(…) Die globalen Konflikte der vergangenen Jahre lagen nicht in der Person Trumps begründet, sondern in Interessengegensätzen, die ein kapitalistischer Weltmarkt so mit sich bringt – und die daher mit Trumps Abgang nicht verschwinden werden. Und zweitens ist die EU alles andere als ein zwischen zwei Weltmächten eingeklemmter Juniorpartner, der zur Defensive verdammt ist und eigentlich nur Frieden, Kooperation und Stabilität will.”
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1147354.verhaeltnis-zur-usa-europa-begruesst-biden.html?sstr=Stephan%20Kaufmann

  73. Bei der Inflation ist ja das Lustige, daß die Maastricht-Kriterien – von denen man inzwischen sehr wenig hört – seinerzeit deshalb erlassen wurden, um Inflation zu verhindern.
    Eine der Hauptaufgaben der EZB war die Vermeidung von Inflation.
    Seit der Finanzkrise werden Unsummen in die Ökonomie – zumindest deren oberen Kreislauf, das Finanzkapital – gepumpt, und gleichzeitig jammerten alle, allen voran die EZB unter Draghi, daß man damit keine Inflation zustande bringt!
    Der Schrei nach Inflation: GELDVERMEHRUNG ALS WACHSTUMSHEBEL?

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