ZERFALL?
Die Nachrichten, die aus den Rändern des Vereinigten Königreichs kommen, lassen einen am weiteren Bestand dieser territorialen Einheit zweifeln.
Zwischen Großbritannien und Nordirland müssen inzwischen Zollpapiere ausgefüllt werden, die den Güterverkehr zwischen den beiden Inseln behindern.
Die Loyalisten fühlen sich betrogen und was dabei herauskommt, wird sich erst zeigen. Noch dazu, wo diejenige Partei, die auch die eine Premierministerin stellt (das Amt ist geteilt), die EU sowieso ablehnt.
Es ist möglich, daß dieser Teil des Brexit-Vertrages aufgekündigt wird und die Außengrenze doch wieder zwischen Nordirland und der Republik Irland eingerichtet wird. Das würde wiederum andere Schwierigkeiten nach sich ziehen, weil dann die Sinn Fein-Anhänger wieder zu den Waffen greifen könnten.
Zum ökonomischen Hintergrund ist zu bemerken, daß Nordirland ein Zuschußposten des britischen Budgets ist, und eine Abwanderungsgegend.
Als 2013 der G8-Gipfel in einem Hotel am Lough Erne stattfand, wurden entlang der Route, die die hohen Gäste fuhren, Potemkinsche Dörfer errichtet, wo Auslagen von schon längst geschlossenen Geschäften mit Fototapeten verklebt und die Fassaden an der Hauptstraße aufgemotzt wurden, damit die Durchfahrenden nix vom trostlosen Zustand der Gegend mitkriegten.
Der am 31. Dezember unterzeichnete Zusatzvertrag zum Status von Gibraltar sieht den Abbau des Grenzzauns innerhalb von 4 Jahren vor und die schrittweise Integration von „The Rock“ in den Schengenraum, was vor allem den Hafen und Flugplatz betrifft.
Die spanische Regierung Sanchez sieht sich stolz als diejenige, die endlich dieses Gebiet heim ins Reich holt.
Die schottischen Unabhängigkeitsbestrebungen werden nicht nur von diversen EU-Politikern und Medien unterstützt, sie könnten auch aufgrund der Vorkommnisse in Nordirland und Gibraltar an Fahrt gewinnen.
In Jersey bisher keine besonderen Vorkommnisse:
Jersey fishermen ‘not celebrating’ Brexit deal
https://www.bbc.com/news/world-europe-jersey-55467386
Wirtschaftlich anscheinend außer Spesen nichts gewesen:
Der Brexit wirkt
Unternehmen und Kunden in Großbritannien und der EU bekommen nun zu spüren, was der Brexit bedeutet – selbst mit einem Abkommen. Einiges hätte sich verhindern lassen.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-01/grossbritannien-handel-brexit-folgen-wirtschaft-eu-wirtschaft-abkommen/seite-2
Genußvoll wird ausgemalt, wie schlecht die Briten mit dem Brexit gefahren sind.
Allerdings können die Probleme von Fischern und Käseherstellern nicht die ganze Wahrheit sein, weder hüben noch drüben des Ärmelkanals.
Nach dem Brexit:
Kein Diplomatenstatus mehr für EU-Botschafter in London?
Wo diese Freundschaft aufhört, lässt sich jetzt einem Schreiben entnehmen, das der EU-Chefdiplomat Josep Borrell an den britischen Außenminister Dominic Raab geschickt hat. Laut der BBC, die den Brief eingesehen hat, protestierte Borrell darin gegen die Weigerung der britischen Regierung, dem neuen EU-Botschafter in London, Joao Vale de Almeida, den vollen Diplomatenstatus zuzuerkennen.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kein-diplomatenstatus-mehr-fuer-eu-botschafter-in-london-17158263.html
Corona: Streit um Impfstoff
Abstand zwischen dem UK und der EU vergrößert sich weiter
Imperiale Tektonik – Kriegsdiplomatie zwischen EU und UK
Was gestern noch conditio sine qua non für die Verhandlungsführung der EU beim Brexit war: Karfreitagsabkommen, Status von Nordirland etc. – alles anscheinend Schnee von gestern, wenn es um die Idee geht, die EU könne dort an der Grenze zwischen EU und GB lauter Hoheitsfragen aufmachen und z.B. überprüfen und reglementieren, wem welcher Impfstoff zustehe, und wer den Impfstoff wohin genau exportieren dürfe – etcpp ….
“Die EU-Kommission möchte den Export von Impfstoff nach Großbritannien auch auf der irischen Insel unterbinden können. Dieser Schritt rief Empörung hervor, weil dort Grenzkontrollen befürchtet wurden. Zwar hat die Kommission dies jetzt ausgeschlossen, aber der politische Schaden bleibt, kommentiert Christine Heuer”:
https://www.deutschlandfunk.de/eu-vs-grossbritannien-wenn-s-ums-impfen-geht-endet-die.720.de.html?dram:article_id=491760
– vgl. auch die LINKS hier direkt drüber, u.a. TG
Schwenk nach Osten
Britannien ein Jahr nach dem »Brexit«
Von Jörg Kronauer
Ein Jahr nach dem formellen britischen Austritt aus der EU am 31. Januar 2020 beginnen sich die »Brexit«-Wellen, die seit dem Austrittsreferendum vom 23. Juni 2016 immer wieder schwere Beben verursachten, so langsam zu legen. Zwar gibt es Übergangsschwierigkeiten, insbesondere beim Handel und in einzelnen Branchen wie der Fischerei. Der große Knall aber, den einige prophezeit hatten, ist nach dem Ende der Übergangszeit zum 1. Januar 2021 ausgeblieben. Recht zufriedene Äußerungen hörte man zuletzt vor allem aus der Autoindustrie, die besonders energisch auf ein Handelsabkommen mit London gedrungen hatte, da ihre dortigen Standorte wichtige Glieder in internationalen Lieferketten sind; man könne mit der neuen Situation gut leben, hieß es einhellig etwa bei Audi, BMW und Nissan.
London orientiert jetzt, wie angekündigt, stark auf »Global Britain«. Auf den Abschluss des Freihandelsabkommens mit Japan im Oktober soll nun der Beitritt zum CPTPP folgen, dem Pazifik-Handelsbündnis, dem die USA vor vier Jahren unter Präsident Donald Trump den Rücken kehrten. Das Zentrum der Weltwirtschaft verschiebt sich zunehmend in die Asien-Pazifik-Region; das britische Establishment will davon profitieren, gestützt nicht zuletzt auf seine einstigen, bis heute im Commonwealth kooperierenden Kolonien sowie auf seine global operierende Finanzbranche. Den Blick auf ihr pazifisches Zukunftsgeschäft gerichtet, gibt sich die Londoner City inzwischen recht kühl gegenüber den Versuchen der EU, sie in den immer noch andauernden Verhandlungen über die Post-»Brexit«-Finanzbeziehungen zur Übernahme der Brüsseler Regeln zu nötigen: Lieber unreguliert am boomenden Pazifik Geld verdienen als sich weiterhin an die stagnierende EU binden – so lautet die Devise.
Wie sich das Verhältnis zur EU in Zukunft gestalten wird, das scheint nach dem Impfstoffkonflikt der vergangenen Woche ohnehin nicht mehr so klar wie zuvor. Dass die EU-Kommission, um von ihrem Versagen bei der Covid-19-Impfkampagne abzulenken, wie wild gegen den britisch-schwedischen Konzern Astra-Zeneca agitierte und am Freitag wegen angeblichen Impfstoffschmuggels auch noch Kontrollen an der Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland ankündigte – in den Brexit-Verhandlungen hatte sie das Grenzproblem noch mit Krokodilstränen als Druckmittel gegen London instrumentalisiert –, lässt sogar hartgesottene Remainer zweifeln, ob man sich auf die EU künftig verlassen kann. Auch wenn der Streit am Sonntag gerade noch einmal beigelegt werden konnte: Will sich die Kommission unter Ursula von der Leyen einen weiteren Gegner schaffen, dann hat sie in der vergangenen Woche den richtigen Schritt getan.
Nach Drohungen gegenüber den Hafenbehörden hat die nordirische Regierung die Zollkontrollen zwischen Großbritannien und Nordirland bis auf weiteres ausgesetzt.
(Sinn Fein und DUP waren sich hierin einig.)
Diese Zollkontrollen waren aber die Bedingung, damit die Grenze zur Republik Irland offen bleibt …
Nach der Aufhebung der Zollkontrollen zwischen GB und Nordirland steht eine Neuverhandlung des Grenzregimes zwischen Irland und Nordirland an.
Aber das Problem ist eigentlich unlösbar. Werden dort wieder Grenzkontrollen eingeführt, so werden die Streitigkeiten in Nordirland wieder losgehen, weil damit ein wichtiger Punkt des Karfreitagsabkommens außer Kraft gesetzt wird.
Vermutlich werden die Briten sich weigern, die Zollgrenze in der irischen See wieder einzuführen. Das weckt begehrliche Blicke in Sachen Loslösung von GB und Wiedervereinigung Irlands.
EU-Kommissionsvize zu Nordirland-Gesprächen in London
Im Vorfeld kritisierte Maroš Šefčovič Londons Umgang mit dem Nordirland-Protokoll. Großbritannien fordert eine längere Übergangsfrist
https://www.derstandard.at/story/2000124059624/eu-kommissionsvize-zu-nordirland-gespraechen-in-london
Übergangsfrist hin oder her, die Frage bleibt aufrecht: Grenzkontrollen an der irischen Landgrenze oder in der Irischen See?
Die Grenzfrage in Nordirland bleibt offen und das im Dezember schnellschnell gerade noch abgeschlossene Abkommen wird nicht ratifiziert:
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_89587150/brexit-eu-und-grossbritannien-streiten-sich-erneut-wegen-nordirland.html
Die nordirischen Unionisten, die die Regierung in Belfast stellen, erwägen einen Ausstieg aus dem Karfreitagsabkommen.
Man muß sich hier vor Augen halten, was das Karfreitagsabkommen für Nordirland und Großbritannien bedeutet hat: Es beendete mehr als 30 Jahre Bürgerkrieg, Besatzungsregime und Bombenattentate in Nordirland. Es öffnete die Tür für eine Kooperation der verfeindeten politischen Parteien Nordirlands. Großbritannien ersparte sich einen Haufen Geld durch Abzug seiner Besatzungsarmee. Die Militärführung konnte freier über die vorhandenen Ressourcen disponieren, deshalb auch mehr Auslandseinsätze planen: Afghanistan, Irak usw. Die Waffenbrüderschaft mit den USA wurde aufgeputzt, das Karfreitagsabkommen hatte also auch außenpolitische Folgen.
Schließlich kamen auch wieder privatwirtschaftliche Investitionen in dieses verbrannte Stück Erde, dessen Aufrechterhaltung als Territorium bisher ausschließlich zu Lasten der Staatskasse gegangen war. Die Bauwirtschaft und der Tourismus nahmen einen gewaltigen Aufschwung, und Logistik-Zentren entstanden. Der Agrarsektor profitierte von EU-LW-Subventionen.
All das wird als „Friedensdividende“ geführt, und steht durch den Brexit auf dem Spiel.
Unrest in Northern Ireland: 27 police officers injured as riots occur in Belfast and Derry
Another night of riots and disorder continued in Northern Ireland last night as 27 police officers have been injured.
Eight people were also arrested during the unrest and seven people have since been charged with riot after disturbances in the Sandy Row area of south Belfast on Friday, police said.
Petrol bombs, bricks and fireworks were thrown at police lines with a crowd of up to 200 people involved in the disturbances, which followed a protest advertised on social media earlier in the day.
The unrest comes after some loyalists and unionists are angry about post-Brexit trading arrangements, which they believe has created barriers between the country and the UK.
This tension escalated this week after the Public Prosecution Service (PPS) decided not to prosecute 24 Sinn Féin politicians for attending the large funeral of republican Bobby Storey, which flouted Covid-19 restrictions.
https://www.independent.ie/irish-news/unrest-in-northern-ireland-27police-officers-injured-as-riots-occur-in-belfast-and-derry-40273363.html
Der Gerichtsbeschluß, den Corona-Regelverstoß bei Storeys Begräbnis (im Juni 2020) nicht zu ahnden, wurde offenbar von den Unionisten als gefährlicher Präzedenzfall eingestuft, um Nordirland schrittweise in die Republik Irland einzugemeinden, und deswegen zu dem Aufruhr aufgestachelt.
Der nordirische Bürgerkrieg steht wieder vor der Tür.
Manche trifft der Brexit wirklich hart, sozusagen:
“Chocolate is the U.K.’s second-largest food and drink export, after whiskey, according to the Food and Drink Federation. Chocolate exports to all countries hit $1.1 billion last year, and Europe accounts for about 70 percent of those sales. In January, exports of British chocolate to Europe fell 68 percent compared with the same period the year before.”
https://www.nytimes.com/2021/04/03/business/brexit-easter-chocolate.html?campaign_id=51&emc=edit_mbe_20210405&instance_id=28860&nl=morning-briefing%3A-europe-edition&regi_id=122838908&segment_id=54889&te=1&user_id=37f9d3c1033aa18fac8f550ed6c92dd3
Die Politiker kämpfen in Nordirland um die Oberhand
Die Sorge um den Friedensprozess in der Region breitet sich aus, nachdem die Gewalt in Belfast bereits eine zweite Nacht auf der Straße war
…
Dass der Premierminister über Nordirland möglichst wenig hören will, hat mit einem peinlichen Brexit-Aspekt zu tun. Unter Druck aus Brüssel und Dublin stimmte Johnson im Austrittsvertrag dem sogenannten Nordirland-Protokoll zu. Diese Vereinbarung hält die Landgrenze auf der Insel offen und garantiert dadurch den weitgehend ungestörten Verbleib von ganz Irland im europäischen Binnenmarkt. Dadurch entstand aber die Notwendigkeit begrenzter Zoll- und Warenkontrollen zwischen der einstigen Unruheprovinz und der britischen Hauptinsel, die ja Binnenmarkt und Zollunion verlassen hat.
https://www.derstandard.at/story/2000125698169/die-politiker-kaempfen-in-nordirland-um-die-oberhand
Global Britain und die EU (II) (29.04.2020)
EU erhöht trotz des Post-Brexit-Handelsabkommens den Druck auf Großbritannien. Regierungsberater sehen gemeinsame Außen- und Militärpolitik in Gefahr.
BERLIN/LONDON (Eigener Bericht) – Heftige Attacken deutscher Politiker und Medien gegen Großbritannien begleiten die Ratifizierung des Handels- und Kooperationsabkommens der EU mit dem Vereinigten Königreich. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen droht mit Strafmaßnahmen, sollte London das Abkommen nicht penibel einhalten; in Brüssel sind Strafzölle im Gespräch. Deutsche Leitmedien schüren das überkommene Ressentiment vom „hinterlistigen“ Großbritannien („perfides Albion“). Berliner Regierungsberater warnen, die schwer „belasteten“ Beziehungen setzten der dringend erwünschten außen- und militärpolitischen Kooperation der EU mit dem Vereinigten Königreich „Grenzen“; es gelte daher, „in bi- und minilateralen Formaten“, zum Beispiel im Rahmen der „E3″ (Deutschland, Frankreich, Großbritannien), „Vertrauen“ aufzubauen, um „die Basis für eine langfristige institutionalisierte Kooperation“ zu legen. Dabei wachsen die Spannungen in den Auseinandersetzungen um die Zusammenarbeit auf dem Finanzsektor weiter und drohen die Gräben zwischen beiden Seiten zu vertiefen.
Fristverlängerungen
Klar verspätet hat das Europaparlament am Dienstag dem Handels- und Kooperationsabkommen mit Großbritannien zugestimmt, das den Rahmen für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nach dessen Austritt aus der Union absteckt. Für die Verabschiedung des Vertrags sprachen sich 660 von 697 Abgeordneten aus; er kann nun am 1. Mai in Kraft treten. Ursprünglich war die Ratifizierung des Abkommens bis spätestens Ende Februar vorgesehen. Weil sich das Europaparlament dazu aber nicht in der Lage sah – eine Übersetzung des Vertrags in sämtliche EU-Amtssprachen und seine sorgfältige juristische Prüfung seien bis dahin nicht zu bewältigen, hieß es –, musste Brüssel um eine Verlängerung der Frist bis Ende April bitten; London gewährte dies umstandslos. Im Gegenzug hat die EU die Bitte des Vereinigten Königreichs kühl zurückgewiesen, auch die Frist bis zur Einführung bestimmter Nordirland betreffender Regelungen zu verlängern; die britische Regierung hält das für unumgänglich, um ernste Probleme bei der Versorgung des Landesteils mit Lebensmitteln auszuräumen. Von Brüssel abgewiesen, hat London die Frist kürzlich eigenmächtig verlängert, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und größere Unruhen in Nordirland zu verhindern.
„Perfides Albion“
Die EU nimmt dies nun zum Anlass, politisch und juristisch gegen Großbritannien vorzugehen. Bereits Mitte März hat Brüssel dazu ein Vertragsverletzungsverfahren gegen London angestrengt. Dies ist an sich nichts Außergewöhnliches: Mitte vergangenen Jahres etwa waren insgesamt 81 Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland anhängig (german-foreign-policy.com berichtete [1]), ohne dass das zu größeren Konsequenzen für die Bundesrepublik geführt hätte. Beim Aufbau von Druck auf das Vereinigte Königreich legt die EU nun freilich nach: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen droht, weitere „Instrumente“ einzusetzen, „wenn es notwendig ist“; am Dienstag war beispielsweise von einer etwaigen Verhängung von Strafzöllen gegen London die Rede.[2] Parallel zu den eskalierenden Drohungen heizten deutsche Politiker und Medien die negative Stimmung gegenüber Großbritannien weiter an. Nicola Beer (FDP), Vizepräsidentin des Europaparlaments, warf der britischen Regierung vor, mit „aufgeblasenen Backen“ zu operieren, während der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange ohne nähere Begründung behauptete, London könne der EU „unseriöse Finanzdienstleistungen“ aufnötigen. „Die Europäer“, hieß es etwa im „Handelsblatt“, hätten es mit einem „hinterlistig agierenden Nachbarn“ zu tun.[3]
Schwierige Kooperation
Während Politik und Medien Ressentiments schüren, warnen Berliner Regierungsberater, „die belasteten … Beziehungen“ zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich setzten der außen- und militärpolitischen Kooperation „Grenzen“.[4] Wie eine aktuelle Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) festhält, hatte die Union dem Vereinigten Königreich bereits bei den Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zwar eine außen- und militärpolitische Zusammenarbeit angeboten. Allerdings habe sie London dabei lediglich in Aussicht gestellt, sich „als Unterstützer ohne Mitspracherecht an EU-Entscheidungen zu beteiligen“, was freilich für Großbritannien keine akzeptable Option gewesen sei. Die jüngsten Spannungen verschlechterten die Aussichten weiter, zumal das Vereinigte Königreich nun unzweideutig auf Absprachen mit einzelnen EU-Mitgliedern, vor allem mit Frankreich und Deutschland, anstatt einer Abstimmung mit der Union als ganzer setze. Aus Sicht deutscher Strategen sind die Differenzen schädlich: Eigentlich setzt Berlin darauf, in der Außen- und Militärpolitik eine möglichst enge Kooperation der EU mit London zu erreichen, um dessen diplomatische und insbesondere auch militärische Potenziale für eigene Ziele nutzen zu können (german-foreign-policy.com berichtete [5]).
„Gift im System“
Um darauf hinzuarbeiten, plädiert die SWP dafür, zunächst „in bi- und minilateralen Formaten“ außen- und militärpolitisch mit Großbritannien zu kooperieren, insbesondere im Rahmen der „E3″, eines lockeren Zusammenschlusses der Bundesrepublik mit Frankreich und dem Vereinigten Königreich, der sich aus Sicht der beteiligten Staaten zum Beispiel in den Atomverhandlungen mit Iran bewährt hat.[6] Eine erfolgreiche Zusammenarbeit in Kleinstformaten könne „funktionierende Arbeitszusammenhänge wiederherstellen, Vertrauen aufbauen und positive Ergebnisse zeitigen – und somit die Basis für eine langfristige institutionalisierte Kooperation legen“. Für eine „Normalisierung und Institutionalisierung“ der Beziehungen zwischen Brüssel und London sei freilich nicht bloß „eine veränderte politische Position“ des Vereinigten Königreichs unverzichtbar, konstatiert die SWP, sondern auch „eine größere Offenheit der EU“. Davon ist die Union mit dem Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien und mit den jüngsten Strafzolldrohungen noch weit entfernt: „Die Drohungen der EU“, hieß es gestern in einem Kommentar, seien „nicht die Musik, die man sich für einen Neuanfang wünscht“; es sei „Gift im System“.[7]
Die Zukunft der Londoner City
Dabei dauern die Auseinandersetzungen auf einem Sektor an, der im Post-Brexit-Handels- und Kooperationsabkommen ausgespart worden ist: auf dem Finanzsektor. Zwar haben sich die EU und Großbritannien Ende März auf ein Memorandum of Understanding geeinigt, das die Grundzüge für die künftige Zusammenarbeit bei Finanzdienstleistungen absteckt. Allerdings stehen die zentralen „Äquivalenzentscheidungen“ noch aus: Durch sie würde die EU die Gleichwertigkeit der britischen Finanzmarktregulierung mit ihrer eigenen erklären – und damit die Voraussetzung für den Zugang britischer Finanzdienstleister zu den Märkten der Union schaffen. In den meisten Teilbranchen verweigert Brüssel bislang die „Äquivalenz“, um Druck auszuüben und London eine Unterordnung unter EU-Finanzregularien abzunötigen. In der City verstärkt dies nun allerdings den Widerstand; dort nehmen die Bestrebungen zu, nicht mehr auf eine „Äquivalenz“ mit der stagnierenden EU, sondern vor allem auf Zukunftssektoren wie die Fintech-Branche [8] und den Zugang zu Märkten außerhalb der Union [9] zu setzen, die zum Teil erheblich schneller wachsen. Gelingt dies, dann vertiefen sich die trennenden Gräben zwischen den britischen Inseln und dem europäischen Kontinent bald noch mehr.
Schottland vor Parlamentswahl
Kommt eine neue Grenze in Europa?
Gespannt blickt Großbritannien auf die schottische Parlamentswahl am 6. Mai. Das Ergebnis wird einen Eindruck geben, ob die Schotten unabhängig sein wollen.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/schottland-parlamentswahl-100.html
Mit Artikeln dieser Art (im El País steht gar: „Schottland – der Traum von Unabhängigkeit, der Boris Johnson den Schlaf raubt“) wird versucht, den Separatismus in Schottland medial zu unterstützen, um Großbritannien für seinen Austritt sozusagen zu bestrafen.
Dabei ist zu vermuten, daß sich das Unabhängigkeitsstreben in Schottland schon sehr eingebremst haben wird, angesichts der nicht sehr verlockenden Situation, in der sich die EU befindet.
Selbst die größten Optimisten trauen der Frau Sturgeon nicht die Mehrheit zu, die sie benötigen würde, um überhaupt über das neue Referendum zu verhandeln, das sie groß verspricht.
Auch dann wäre es noch eine Entscheidung der britischen Regierung, ein solches Referendum zu genehmigen, und diese Genehmigung kann man getrost ausschließen.
Am liebsten wären der Friedensmacht EU offenbar gewalttätige Demonstrationen wie in Nordirland, um genüßlich auf die Schädlichkeit der britischen Oberhoheit hinweisen zu können.
Jersey: Streit um Fischerei im Ärmelkanal eskaliert
Die Blockade Jerseys durch französische Fischkutter ist beendet, aber eine Lösung im Streit um die Fangrechte nicht in Sicht. Beobachter sehen mit Sorge, wie schnell nach dem Brexit die Konflikte eskalieren.
https://www.dw.com/de/jersey-streit-um-fischerei-im-%C3%A4rmelkanal-eskaliert/a-57455720
Streit um Brexit-Abkommen zu Nordirland beim G7-Gipfel
Der zwischen der EU und Großbritannien geführte Streit über Brexit-Sonderregeln für Nordirland droht weiter zu eskalieren. EU-Spitzenvertreter drängten den britischen Premier Boris Johnson am Rande des G7-Gipfels mit deutlichen Worten zur Einhaltung von Absprachen, der Regierungschef sieht hingegen die EU in der Pflicht. “Beide Seiten müssen das umsetzen, was wir vereinbart haben”, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Gespräch mit Johnson mit.
https://www.sn.at/politik/weltpolitik/streit-um-brexit-abkommen-zu-nordirland-beim-g7-gipfel-105110401
Irischer Premier hält Lösung im Brexit-Streit um Nordirland für möglich
Micheal Martin legt den Briten nahe, sich den EU-Binnenmarktregeln für pflanzliche und tierische Erzeugnisse wieder anzuschließen
https://www.derstandard.at/story/2000127357860/irischer-premier-haelt-loesung-im-brexit-streit-um-nordirland-fuer
An dergleichen Meldungen muß man sich offenbar in Zukunft gewöhnen. Post-Brexit-Begleitmusik.
London will Brexit-Vertrag neu verhandeln
Im Streit über die Brexit-Regeln für Nordirland hat die britische Regierung ihren Konfrontationskurs gegenüber der EU deutlich verschärft. Brexit-Minister Lord David Frost forderte am Mittwoch "erhebliche Änderungen" am sogenannten Nordirland-Protokoll, das Teil des Austrittsvertrags zwischen London und Brüssel ist. "Wir glauben, dass diese Änderungen in der Situation, in der wir uns gerade befinden, notwendig sind", erklärte Frost im britischen Oberhaus. Die bisherigen Regelungen seien nicht geeignet, den Frieden in der ehemaligen Bürgerkriegsregion zu wahren. Die EU-Kommission erteilte der Forderung aus London umgehend eine Absage. Man sei bereit, "kreative Lösungen im Rahmen des Protokolls zu suchen", hieß es aus Brüssel. Einer Neuverhandlung werde man aber nicht zustimmen.
(…)
https://www.sueddeutsche.de/politik/brexit-nordirland-1.5359298
Es ist das alte Dilemma: Entweder Nordirland gehört ganz und gar zu Großbritannien, dann kann da keine Zollgrenze in der irischen See sein, sagen jedenfalls die nordirischen Protestanten. Dann muß aber eine Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland wieder aufgerichtet werden, sagt die EU zum Schutz ihrer Außengrenzen. Das geht aber weder mit der Republik noch mit den Katholiken. Ich sehe deshalb nicht, wie das Good-Friday-Abkommen, daß immerhin eine Weile für Frieden auf der Insel gesorgt hat, aufrecht erhalten werden kann, weil der Brexit dem den Boden unter den Füßen weggezogen hat.
Ja, der Bürgerkrieg könnte nach Nordirland zurückkehren.
Ich denke darüberhinaus, diese Grenzfrage wirft ihren Schatten auch auf die Zukunft der EU, nämlich wie lange die Grenzen noch offen bleiben. Die Flüchtlingskrise und die Coronakrise haben ja zeitweilig wieder die Grenzkontrollen zurückgebracht, und irgendsowas wird es wieder geben.
Da Grenzen immer auch Ausdruck von Disparitäten sind und die EU-Regeln zu immer mehr Ungleichheiten führen, liegt es nahe, daß es zukünftig eher mehr Grenzregimes geben wird als weniger. Natürlich besonders dann, wenn die EU auch wegen solcher Unterschiede, auseinanderbricht.
Daß die EU nicht ewig halten wird, ist klar.
Aber wie sich ihr Zerfall abspielen wird, weiß niemand, und da könnte die Einrichtung von Grenzen ein erster Schritt sein – natürlich mit Berufung auf ein allgemeines Interesse, wie Volksgesundheit oder Eindämmung der Kriminalität, etc.
Die EU bricht dann auseinander, wenn einer von ihnen alleine in der Liga der sonstigen Weltmächte konkurrierend mitspielen kann (anstatt nur benutzt zu werden).
Insofern ist der Erfolgsweg von GB erfolgweisend für die nächsten, die sich national stark genug gerüstet vorkommen.
Interessant für die USA waren die Staaten des sog. ‘Neuen Europa’ im Osten übrigens als Bestandteile der EU. Ob sich das außerhalb der EU national fortsetzen lässt, auch dafür dürfte GB ein leuchtendes Vorbild abgeben.
Stimmungsmäßig war in GB anscheinend die Hälfte für das Konzept nationaler Stärke ohne, die andere Hälfte für das Konzept nationaler Weltgeltung durch die EU. GB behauptete ja auch, solch eine nationale starke eigene Ökonomie zu haben, um auf gleicher Augenhöhe national mit USA, Russland, China und EU mitkonkurrieren zu können, hoffend auf ihren ‘Commonwealth’-Verbund und den Status als Niedrigsteuerland. Eine (potentiell…) eigene starke Währung scheint auch nützlich oder erforderlich zu sein für erfolgreiche Separation. Und ‘City’ und die britische Börse …
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/amsterdam-nummer-eins-in-europa-101.html
Möglich wäre auch eine Blockbildung innerhalb der EU, mit Spaltungspotential.
Orbán scheint es auf das abgesehen zu haben. Ob daraus was wird, vor allem bei dem absurden Thema, was derzeit Schlagzeilen macht, kann man noch nicht sagen.
Briten wollen Boote zurückschicken
London und Paris streiten schon lange über die Flüchtlinge im Ärmelkanal. Die britische Innenministerin will nun Migrantenboote zurückschicken. Kritiker halten das für nicht umsetzbar.
13.500 Flüchtlinge sind in diesem Jahr über den Ärmelkanal bereits aus Nordfrankreich nach Südengland gekommen. Schon jetzt sind das 5000 mehr als im ganzen Jahr 2020. Das gute Wetter in den vergangenen Tagen dürfte noch einmal für Rekordzahlen bei den Überquerungen sorgen.
Obwohl es zu Wochenbeginn Gerüchte gab, dass der britische Premierminister Boris Johnson plane, seine Innenministerin Priti Patel auszutauschen, stärkte er ihr im Parlament bei der Diskussion um Maßnahmen gegen Migranten noch klar den Rücken: "Meine Innenministerin kämpft dafür, dass sie die französischen Strände erst gar nicht erst verlassen." Dabei sei man von den Franzosen abhängig. "Aber da das Problem weiter besteht, müssen wir nun sicherstellen, dass wir alle Taktiken ergreifen, die uns zur Verfügung stehen."
Dazu gehört nun offenbar auch die Anordnung, dass britische Patrouillen Boote mit Migranten künftig aus den eigenen Gewässern im Ärmelkanal zurückweisen, statt sie – wie bisher üblich – an die englische Küste zu geleiten. Patel habe eine entsprechende Anweisung an die Grenzschutzbehörde gegeben, hieß es aus Regierungskreisen.
Druckmittel: Millionen-Zahlungen an Paris
Ein Treffen zwischen Patel und ihrem französischen Amtskollegen Gérald Darmanin zu dem Thema war Mitte der Woche ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. Zu Wochenbeginn hatte Patel gedroht, bereits versprochene Zahlungen an die Franzosen auszusetzen, wenn sie die Flüchtlinge nicht effektiver stoppten. Ende Juli hatte London Frankreich Zuschüsse in Höhe von 60 Millionen Euro für dieses und das kommende Jahr zugesagt, um eine stärkere Präsenz französischer Sicherheitskräfte an der Küste mitzufinanzieren.
Nun möchte Patel also im Ärmelkanal sogenannte Pushbacks durchsetzen. Diese praktiziert schon die EU-Grenzschutzbehörde Frontex im Mittelmeer, wenn ihre Patrouillen Migrantenboote etwa an die libysche Küstenwache zurückführen, die die Boote dann zurück an Land begleitet. (…)
https://www.tagesschau.de/ausland/migranten-aermelkanal-105.html
Interessante Politik im Sinne der arbeitenden Klasse:
Boris Johnson sieht Versorgungskrise als Übergang hin zu Brexit-Britannien mit höheren Löhnen
Anstatt den Mangel an Fachkräften mit EU-Migranten zu lindern, wollen sich die britischen Konservativen als Partei für höhere Löhne für Einheimische positionieren. Doch die von Johnson ausgerufene «Anpassungsphase» könnte turbulent werden.
https://www.nzz.ch/international/brexit-johnson-sieht-engpaesse-als-phase-hin-zu-hoeheren-loehnen-ld.1648717?reduced=true
Offenbar handelt es sich bei der ganzen "Versorgungskrise" in GB um ein Tauziehen zwischen der Unternehmerschaft und der Regierung, also gar nicht um eine mangelnde Voraussicht. Johnson will den Briten den Brexit schmackhaft machen, indem sich ihre Gehaltssituation bessern soll. Und die Unternehmerschaft ist pikiert.
Interessante Ereignisse:
Supermärkte kämpfen mit der Umleitung von Schiffen aus dem britischen Haupthafen
Supermärkte suchen nach alternativen Wegen, um Lebensmittel ins Land zu bringen, da Schiffe aufgrund von Staus vom britischen Haupthafen umgeleitet werden.
Das British Retail Consortium, die Handelsvertretung der meisten großen Supermärkte, sagte am Dienstag, dass „weitere Störungen“ der Lieferketten „unvermeidlich“ sein könnten.
Die Kommentare kommen, nachdem Maersk, die weltweit größte Containerreederei, sagte, dass sie große Schiffe von Großbritannien weglenken würde, weil der Haupthafen des Landes mit Containern vollgestopft ist.
Die Überlastung im Hafen ist auf fehlende LKW-Fahrer zurückzuführen, die für den Transport der importierten Waren und die Schaffung von Platz zur Verfügung stehen.
Maersk hat angekündigt, größere Schiffe vom Hafen Felixstowe in Suffolk, dem Tor für 36 Prozent der Schiffscontainer des Landes, umzuleiten. Stattdessen werden für Großbritannien bestimmte Waren auf kleine Schiffe umgeladen, was die Ankunftszeit verzögert.
Lars Mikael Hensen, Leiter des globalen Ozeannetzwerks bei Maersk, sagte Die Financial Times am Montag: „Wir mussten den Betrieb auf einem Schiff einstellen, weil die Container nirgendwo entladen werden konnten.
„Felixstowe gehört zu den zwei oder drei am schlimmsten betroffenen Terminals [globally]. Wir müssen einige der größeren Schiffe von Felixstowe entfernen und einige der kleineren Schiffe für die Ladung umlagern.“
Er fügte hinzu: „Wir haben es über den Sommer eine Weile gemacht und jetzt fangen wir wieder damit an.“
Das British Retail Consortium teilte am Dienstag mit, dass der Stau in Felixstowe eine weitere Folge des anhaltenden Lkw-Fahrermangels sei. Andrew Opie, Director Food and Sustainability, erklärt: „Da die Ladung nicht schnell genug abtransportiert werden kann, gibt es in den Häfen einen Containerstau, der das Andocken und Löschen neuer Schiffe verhindert.“
Die Organisation, der die meisten Einzelhändler und Supermärkte zu den Mitgliedern zählen, sagte, dass „Einzelhändler eng mit Lieferanten zusammenarbeiten, um Probleme zu mildern, einschließlich der Suche nach alternativen Routen, um Waren ins Land zu bringen, aber weitere Störungen können unvermeidlich sein“.
Sie forderten die Regierung auf, das vorübergehende Visumsystem zu verlängern, um den Pool der verfügbaren Lkw-Fahrer zu vergrößern.
Die Handelsorganisation der britischen Hafenbetreiber teilte am Dienstag außerdem mit, dass einige Häfen Lagerräume mit „kurzfristigen Einschränkungen“ verwalten.
Tim Morris, Chief Executive der UK Major Ports Group, sagte: „Als Tore Großbritanniens für 95 Prozent des Handels sind Häfen die Klemme im Sandwich zwischen sprunghafter, volatiler Schifffahrt und britischen Lieferketten, die von Faktoren wie dem Lkw-Fahrer stark beeinflusst werden Engpässe.“
Er sagte, dass die Häfen jetzt rund um die Uhr arbeiten und die Kapazität für Lastwagen erhöht haben, um den Druck zu verringern.
Er fügte hinzu: „Häfen müssen daher den Zugriff auf Speicherplatz in Extremsituationen sehr dynamisch verwalten. Dies kann einige sehr begrenzte kurzfristige Einschränkungen bedeuten.“
Handelsmagazin, Der Lebensmittelhändler, berichtete, dass viele Schiffscontainer in Felixstowe jetzt etwa 10 Tage im Hafen verbringen, bevor sie abgeholt werden, gegenüber einem typischen Durchschnitt von viereinhalb Tagen.
Tesco hat bereits angekündigt, den Schienengüterverkehr verstärkt einzusetzen, um die Auswirkungen von Fahrerknappheit auf den Bestand zu reduzieren.
CEO Ken Murphy sagte, der Supermarkt habe sich zum Ziel gesetzt, bis Ende 2021 90.000 40-Fuß-Container mit Gütern pro Jahr per Bahn auszuliefern, gegenüber derzeit etwa 65.000.
https://www.theaktuellenews.com/wirtschaft/supermaerkte-kaempfen-mit-der-umleitung-von-schiffen-aus-dem-britischen-haupthafen/
Die Leier von den fehlenden LKW-Fahrern wegen Verschärfung der Einwanderungsbeschränkungen ist langsam unglaubwürdig: Nachdem irgendwelche Ausnahmevisa erteilt wurden, meldeten sich kaum Leute, weil man um das elende Gehalt derzeit auch auf dem Kontinent unterkommt.
Auch die Umleitung auf die Bahn täte vielen EU-Staaten gut, und ist in GB mit der derzeitigen Situation erst ermöglicht oder vielmehr erzwungen worden.
Während der Tenor in den hiesigen Medien ist, daß in Großbritannien „Chaos“ herrscht und die Regierung "unfähig", "schlecht vorbereitet" usw. ist, so vermute ich hier schon einen Plan dahinter – die Importabhängigkeit GBs zu verringern und die Industrie wieder zurückzubringen.
Weil die ganzen liegengebliebenen Waren schlagen sich irgendwo als Verlust zu Buche, und werden Importströme zumindest verringern.
Ob so ein Plan aufgeht, ist eine andere Frage.
Noch was.
Weil sich jetzt alle aufregen über den wortbrüchigen Johnson, der Verträge nicht einhält, die er unterschrieben hat, huch, hach!, und auch bei Polen und Ungarn mokiert wird, daß sie vertragsbrüchig seien und die EU sozusagen vor den Kopf stoßen —
da fällt mir ein, wie über Griechenland anläßlich der Schuldenkrise und Euro-Rettung drübergefahren worden ist, die griechische Verfassung öfter umgangen wurde, die europäische Sozialcharta still und leise auf den Misthaufen der Geschichte geworfen wurde, und Ähnliches. Auch bei Zypern gings ähnlich zu, die Details sind mir entfallen.
Bei den derzeitigen Import- und Logistik-Problemen darf man nicht vergessen, daß ein Standbein der britischen Ökonomie der zollfreie Import von Waren aus der EU und ihr Weiterverkauf in diverse Staaten des Commonwealth war.
Dieses Geschäft ist vermutlich jetzt vorbei.
Es steht noch aus, ob die Zielstaaten jetzt direkt in der EU einkaufen oder sich neue Handelspartner suchen. Wovon die AUKUS-Gruppe profitieren könnte, die nicht als rein militäriches Bündnis zu betrachten ist. In diesem Fall wären diese Märkte für die EU verloren und der Schaden auf dieser Seite des Ärmelkanals zu Hause.
Welthandelsabkommen auszuhandeln dauert oft einige Jährchen – ist denn AUKUS jetzt bereits ein Gebiet mit "Meistbegünstigungsklausel" und "Zollabbau"? Da Johnson ja angeblich die britischen Löhne höher treiben will, wäre das auch eine neue Methode: Statt Senkung Erhöhung der Lohnstückkosten, um Konkurrenzanteile auf den eigenen Standort zu ziehen? Mhm?
Auch auf dem Kontinent ertönt inzwischen teilweise die Forderung von Politikern, daß die Transportunternehmen mehr zahlen sollten, um dem Engpass an LKW-Fahrern — den es ja nicht nur in England gibt — zu überwinden.
Und bloß mit dem mehr Zahlen ist es ja nicht getan: Immerhin ist das Lenken von einem solchen Ding eine komplizierte Arbeit, für die es Ausbildung braucht, und in die will erst einmal investiert sein.
Es geht also generell darum, den Sektor wieder attraktiv zu machen und Leute dorthin zu ziehen.
Ich denke mir, daß Johnson und seine Mitstreiter schon irgendwie widersprüchliche Vorhaben vor sich herschieben, aber der Tenor scheint zu sein, daß man das ganze Marktgeschehen grundlegend umkrempeln muß, um das Vereinigte Königreich wieder groß zu machen, — weil es mit den bisherigen Gepflogenheiten abgeschifft ist.
Frankreich und Großbritannien drohen mit Handelskriegsmaßnahmen wegen Brexit-Fischereistreit
„Paris und London drohen sich gegenseitig mit umfangreichen Handelskriegsmaßnahmen, die bereits ab der kommenden Woche in Kraft treten könnten. Der Grund ist ein eskalierender Streit über die Frage, wie nach dem Brexit die Fischereirechte im Ärmelkanal vergeben werden sollen.
Am Mittwoch stoppten französische Polizeiboote zwei britische Fischerboote vor der französischen Küste, eines davon wurde im Hafen von Le Havre festgesetzt. Als Erklärung hieß es, das Boot habe über keine Fischereilizenz verfügt, die Großbritannien von den französischen und EU-Behörden ausgestellt wird. Die französische Polizei drohte mit der Beschlagnahme des Fangs und einem Strafverfahren gegen den Kapitän des Fischerboots.
Tatsächlich handelt es sich um eine Vergeltungsmaßnahme gegen die britischen Behörden, die nur 15 von 47 französischen Anträgen auf Fischereilizenzen in britischen Gewässern bewilligt haben. Auch die Insel Jersey, eine britische Kronbesitzung vor der französischen Küste, hat nur 66 von 170 französischen Anträgen auf Fischereilizenzen bewilligt. Britische Regierungsvertreter behaupten, sie hätten etwa für 1.700 EU-Schiffe, was 97 Prozent aller Anträge entspricht, Fischereilizenzen ausgegeben. Doch der französische Fischereiminister Annick Girardin erwiderte, dass nur 90,3 Prozent der Anträge bewilligt wurden und dass nahezu ausschließlich Anträge von französischen Schiffen abgelehnt werden.
Angesichts dieser Angriffe von Paris und London auf die Fischer der jeweils anderen Seite des Ärmelkanals verschlechtern sich die Beziehungen der europäischen Mächte. Die Spannungen wegen des Brexit vermischen sich mit Frankreichs feindseliger Haltung gegen das australisch-britisch-amerikanische Bündnis AUKUS, das sich gegen China richtet und in dessen Rahmen Australien ohne Vorwarnung von einem Vertrag über den Kauf von französischen U-Booten im Wert von 56 Milliarden Euro zurückgetreten war. Der französische und britische Imperialismus schüren zudem jeweils Nationalismus, um von der Pandemie und der europaweit steigenden Zahl von Toten durch Covid-19 abzulenken.
Am Donnerstag drohte Girardin Großbritannien in einem Interview mit RTL mit umfangreichen Vergeltungsmaßnahmen, wenn London französischen Schiffen nicht bis zum 2. November die Fischereilizenzen ausstellt. Dazu gehören u. a. folgende Maßnahmen:
Die französischen Maßnahmen sollen es Großbritannien praktisch unmöglich machen, Waren nach Frankreich zu exportieren oder Schiffe in französischen Gewässern fahren zu lassen. Über die Entscheidung der britischen Regierung im letzten Jahr, bei der sie plötzlich von dem 2019 ausgehandelten Vertrag mit der EU zurücktrat, erklärte Girardin gegenüber RTL: „Französische Fischer können seit neun Monaten nicht mehr arbeiten. Die Briten halten sich nicht an die Verträge, die sie selbst unterzeichnet haben. Uns reicht es.“
Französische Regierungsvertreter haben noch weitere aggressive Drohungen ausgestoßen. Paris brachte etwa einen Stopp der Stromexporte nach Großbritannien und Jersey, das 90 Prozent seines Stroms aus Frankreich bezieht, ins Spiel. Vermutlich würde dieser Schritt dazu führen, dass Schulen und Krankenhäuser auf der Insel den Betrieb einstellen müssten. …“
https://www.wsws.org/de/articles/2021/10/31/efyx-o31.html
Zurück zu Fish & Chips, lautet offenbar die Devise.
Die WSWS ist theoretisch etwas hilflos gegenüber diesen nationalen Standpunkten und beweint sie als rückschrittlich.
„Am Freitagmorgen veröffentlichten Deutschland, Italien, Spanien, die Niederlande, Belgien, Irland, Zypern, Griechenland, Portugal und Schweden eine gemeinsame Erklärung, in der sie Großbritannien aufforderten, auf die französischen Anträge auf Fischereilizenzen in einer Weise zu reagieren, die mit dem Brexit-Abkommen im Einklang stehen. Am Schluss hieß es: »Wir fordern das Vereinigte Königreich auf, schnellstmöglich zu reagieren und die fachliche Arbeit im Einklang mit dem Geist und dem Inhalt des Abkommens fortzusetzen.«
Britische Regierungsvertreter wiederum kündigten Pläne für ein Bündnis mit der so genannten Visegrad-Gruppe (Polen, Tschechische Republik, Slowakei und Ungarn) gegen Frankreich an. Die rechte britische Zeitung Daily Express schrieb, London wolle ein »Bündnis mit ,gleichgesinnten‘ Nationen gegen das antibritische Frankreich« aufbauen und zitierte eine hochrangige Quelle aus dem nahen Umfeld des britischen Außenministers Truss. Diese Person erklärte, Truss spreche »viel mit den baltischen Staaten [Litauen, Estland, Lettland] und der Visegrad-Gruppe«.
Weiter erklärte die Person, »die EU ist praktisch Frankreich«, und tat das Ganze mit der Bemerkung ab, Truss nehme es »ziemlich gelassen, egal was sie denken«. Die Person deutete an, Großbritannien werde Polen und andere Visegrad-Staaten dazu ermutigen, dem Beispiel des Brexit zu folgen: »Vielleicht sollten wir eine Beratungsstelle zum Austritt aus der EU gründen.«
ebd.
Der Spaltpilz ist ja sehr aktiv.
Man erinnere sich: Auch bei der Irak-Invasion 2003 war das UK über seine Botschaften sehr aktiv daran beteiligt, die osteuropäischen Staaten hinter den USA zu versammeln.
Ob das Brexit-UK allerdings als Partner sehr attraktiv ist, wird sich erst zeigen. Immerhin haben sie ja einmal einem Haufen osteuropäischer Immigranten die Tür gewiesen. Aber vielleicht kriegen die dann Sonderkonditionen, wenn ihre Regierungen mitspielen?
In Nordirland brennt es wieder
In Nordirland nehmen die Spannungen zu, zwei Busse wurden in der letzten Woche angezündet. Um das Nordirland-Protokoll gibt es anhaltenden Streit (…)
Kritik am Nordirland-Protokoll
Während des blutigen Bürgerkriegs mit mehr als 3.000 Toten hatten sich Loyalisten in der Terrortruppe UVF zusammengetan. Ein früherer UVF-Kommandeur, Billy Hutchinson, führt jetzt die kleine Partei PUP. Gegenüber der in Dublin erscheinenden "Irish Times" pochte der 66-Jährige auf die "absolute Gewaltfreiheit" seiner Partei, sprach aber davon, das "unerträgliche und schädliche" Protokoll müsse verschwinden.
https://www.derstandard.at/story/2000130995770/in-nordirland-brennt-es-wieder
Der Widerspruch ist unauflösbar: Entweder Nordirland gehört zum UK, dann hat es eine Grenze zu Irland. Oder aber, dort ist keine Grenze, aber dann gehört es eben zu Irland.
"Der Widerspruch ist unauflösbar: Entweder Nordirland gehört zum UK, dann hat es eine Grenze zu Irland. Oder aber, dort ist keine Grenze, aber dann gehört es eben zu Irland."
Das scheint mir von Anfang der Brexit-Verhandlungen an zwar offensichtlich gewesen zu sein aber aus naheliegenden Gründen beiderseits einfach ausgeblendet worden zu sein. Was da noch alles kommen mag, um das "unerträgliche und schädliche" Protokoll zum Verschwinden zu bringen, steht zwar noch nicht fest, unerquicklich bis mörderisch könnte es aber werden, so verfestigt die Nationalismen auf allen Seiten sind.
Ich erinnere mich an eine dieser Talkshows im österreichischen Fernsehen, wo H.W. Sinn noch vor dem Abschluß der Brexit-Verhandlungen darauf hingewiesen hat, daß diese Frage nicht lösbar ist.
Es war eben der Austritt irgendeines Mitglieds aus dem Staatenbündnis überhaupt nicht vorgesehen. Die EU und die Währungsunion waren als Einbahnstraße geplant und eingerichtet.
Ja, der Austritt irgendeines Mitglieds war schon mal nicht vorgesehen. Die Beziehung von Irland, der Republik und Nordirland und Großbritannien ist aber noch obendrein eine besondere: Seit dem Good Friday Agreement von 1998 können eigentlich Irland und GB nur in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum sein. Oder es kracht in Nordirland.
Es wird natürlich auch von den irischen Akteuren auf beiden Seiten der Grenze als eine Art „weiche“ Wiedervereinigung betrachtet. Und damit kehrte Frieden ein, der jetzt natürlich wieder futsch ist.
Und umgekehrt umgekehrt: Die Loyalisten in Nordirland betrachten die Einführung einer Zollgrenze in der irischen See als weitere Vorstufe zum Anschluß an die Republik Irland und damit als Grund, dies mit allen Mitteln zu verhindern. Und die Iren in der Republik und in Nordirland betrachten eine Wiedereinführung einer Wirtschaftsgrenze auf der Insel als Bruch des Abkommens und wollen das auch partout nicht hinnehmen. Ein klassischer gordischer Knoten, sozusagen.
Ich habe mir gerade überlegt, wie die Royalisten seinerzeit das Karfreitagsabkommen aufgenommen haben und mit der offenen Grenze einverstanden war? Schau doch einmal nach … 🙂
Genau das habe ich mich jetzt natürlich auch gefragt!
Einerseits haben auch Unionisten und Loyalisten das Abkommen mitgetragen. Aber eine der größten unionistischen Parteien, die DUP (ihr berühmt/berüchtigster Sprecher war Ian Paisley), ist wegen zu großer Konzessionen an Sinn Fein und die IRA dagegen aufgetreten. Hat sich dann aber doch zu einer Zusammenarbeit drängen lassen und war in den Folgejahren sogar die stärkste Partei im Stormont, dem Parlament Nordirlands.
Ja eben, Paisley hat Kreide gefressen und da muß ja auch für die Royalisten etwas dabei herausgeschaut haben. Also so etwas wie die Sicherheit, daß Nordirland nicht zu Irland kommt und auch die Katholiken sich mit der 2-Staaten-Lösung zufriedengeben.
Nach Kurz bald Johnson?
Johnson blamiert sich mit Rede
Der britische Premierminister hat sich in einer Rede zwischen Comicfiguren und imitierten Autogeräuschen verheddert, und langsam fragen sich einige im Land: Hat Johnson noch alle Sinne beisammen?
Boris Johnson ist für seine hemdsärmeligen Reden bekannt und geht offenbar davon aus, dass sein Publikum ihm am besten folgen kann, wenn er ihm kindlich oder eigentlich besser gesagt: kindisch begegnet.
Im Plenum der Vereinten Nationen staunten im September vor allem internationale Herrschaften mit ungewöhnlichen Kopfbedeckungen ungläubig und schraubten an ihrem Dolmetscherknopf im Ohr, als der britische Premierminister in seiner Rede über Umweltschutz von Kermit, dem grünen Frosch erzählte – der fälschlicherweise behaupten würde, es sei nicht so leicht, grün zu sein.
Von Comicfiguren und Freizeit-Schweinen
Am Montag lief Johnson wieder zu Hochform auf, und die Delegierten des Industrieverbands CBI lachten hörbar verunsichert, als der Premierminister von einer anderen Comicfigur, nämlich vom Besuch im Peppa Wutz Kinderland erzählte – bei den Briten bekannt als Peppa Pig: "Hände hoch, wer von Ihnen war schon da in dem Themenpark? Nicht genügend, wie mir scheint."
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/johnson-rede-105.html
Nicht nur Lukaschenko entdeckt die Migration als Mittel des Grenzschutzes:
Briten und Franzosen streiten über Boote auf dem Ärmelkanal
Die britische Innenministerin Priti Patel hat die Grenzschützer im Ärmelkanal autorisiert, Migrantenboote in französische Gewässer zurückzuleiten, sofern dies das Leben der Migranten nicht gefährde. Während der Vorstoß in Paris auf scharfe Kritik stieß, sprachen britische Fachleute von einem „Rohrkrepierer“, weil die Maßnahme ohne französische Hilfe nicht umgesetzt werden könne. Die Zahl der Migranten ist in den vergangenen Monaten erheblich gestiegen. Allein am Montag sollen 800 bis 1000 Migranten in Booten das südenglische Ufer erreicht haben. Seit Januar sind auf diesem Weg schon mehr als 13.500 Menschen illegal ins Land gekommen – fast doppelt so viele wie im gesamten vergangenen Jahr. Patels Ankündigung folgte offenbar einem unbefriedigenden Gespräch am Vortag mit ihrem französischen Gegenüber Gérald Darmanin in London. (…)
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/england-und-frankreich-streiten-wegen-migration-ueber-aermelkanal-17528972.html
Unabhängigkeit: Schottlands Sturgeon will Referendum bis Ende 2023
Trotz Corona sei der Zeitplan dafür realistisch, meint Regierungschefin Nicola Sturgeon. Ein Ausweg aus der Krise habe aber Priorität.
Edinburgh – Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat ihre Pläne für ein neues Unabhängigkeitsreferendum spätestens Ende 2023 bekräftigt. Dieser Zeitraum sei realistisch, sagte sie am Freitag der BBC. Die Corona-Pandemie erschwere zwar die Umstände, und der Ausweg aus der Krise habe für sie Priorität. Aber der Verbleib im Vereinigten Königreich würde die Corona-Sorgen nicht wegzaubern, sagte Sturgeon vor Beginn des Online-Parteitags ihrer Schottischen Nationalpartei (SNP).
Es wird erwartet, dass die Regierungspartei bei der viertägigen Veranstaltung ihre Pläne für eine neue Volksbefragung vorantreibt. Sturgeon sagte, es müssten wichtige Entscheidungen darüber getroffen werden, was Schottland für ein Land sein wolle und wer über die Werte dafür entscheide. "Soll es (der britische Premierminister) Boris Johnson und seine Regierung sein oder die Regierung, die wir hier in Schottland wählen? Das ist die zentrale Frage", betonte Sturgeon.
Die britische Regierung lehnt ein Referendum eigentlich ab, für das sie ihre Zustimmung geben müsste. Zuletzt hatten aber Kabinettsmitglieder angedeutet, unter bestimmten Umständen einer neuen Befragung zuzustimmen. So sprach Schottland-Minister Alister Jack davon, dass in Umfragen 60 Prozent der Schotten dafür sein müssten, damit die Regierung grünes Licht gibt.
Derzeit halten sich Anhänger und Gegner der Unabhängigkeit in etwa die Waage. Im Parlament in Edinburgh haben die Parteien, die für die Loslösung von London sind, eine deutliche Mehrheit. 2014 hatten sich die Schotten zwar für den Verbleib im Vereinigten Königreich ausgesprochen. Allerdings argumentiert Sturgeon, der Brexit, den die Schotten abgelehnt hatten, habe die Ausgangslage völlig verändert. (dpa)
https://www.tt.com/artikel/30800658/unabhaengigkeit-schottlands-sturgeon-will-referendum-bis-ende-2023
Die Dame hat natürlich alle Unterstützung der EU bei ihrem Vorgehen.
Während in allen kontinentalen Medien Krokodilstränen über die Folgen des Brexit für die armen Briten vergossen werden
„Ein Jahr nach dem Brexit ist der Ärmelkanal breiter und die Insel ärmer“ (Standard)
„Mythos vom „Global Britain“ – So schlecht stehen die Briten wirklich da“ (Welt)
„Brexit: „Ein verdammter Albtraum“ – Auch Trump betroffen“ (Merkur)
„Ein Jahr Brexit-Ernüchterung“ (FAZ)
„Britische Wirtschaft: Der Brexit hat einen hohen Preis“ (Tagesschau)
usw.
entdeckt die dortige Führung das ehemalige Kolonialreich als Ausweg aus dem Schlamassel:
UK-India agree partnership to boost work visas for Indian nationals
UK and India have signed an ambitious new migration partnership, which will see both countries benefit from a new scheme for Indian and British professionals.
https://www.gov.uk/government/news/uk-india-agree-partnership-to-boost-work-visas-for-indian-nationals
Die Klagen der Presse über die Folgen des Brexit für GB sind erstens heuchlerisch, weil wären die Briten in der EU geblieben, so wäre für die gleichen Medien klar gewesen, daß die Briten den Gürtel etwas enger schnallen müssen, wenn sie weiter die Vorteile der EU genießen wollen und mit ihren Extrawürschten aufhören müssen.
Zweitens aber hat der Brexit durchaus auch Folgen für die EU-Wirtschaft, darüber liest man weniger.
Die Angelobung der neuen Premierministerin hat der Queen offenbar den Rest gegeben. Man kann sagen, sie hat rechtzeitig den Löffel abgegeben, um den endgültigen Abstieg ihres Reiches nicht mehr erleben zu müssen.
Die Queen tritt ab, Demokraten drehen durch ….
https://de.gegenstandpunkt.com/dossier/royal-tritt-ab-demokraten-drehen-durch
https://de.gegenstandpunkt.com
Ein Nachruf auf die Queen in El País erinnert daran, daß in ihre Regierungszeit die engültige Auflösung des Empire fällt, das dann durch das Commonwealth abgelöst wurde.
Es ist in Zeiten wie diesen sehr fragwürdig, daß dieses lose Staatenbündnis sie überleben wird. Dabei war das in der Zeit der britischen EU-Mitgliedschaft eine wichtige Karte in britischer Hand, weil der Handel zwischen EU und Commonwealth sehr viel Geld in britischen Händen und sogar der britischen Staatskasse ließ.
Die Queen war, so kann man sagen, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Nach der EU-Mitgliedschaft geht vermutlich jetzt auch das Commonwealth flöten.
Der Autor listet den Zerfall des Imperiums auf:
Krönung Elisabeths 1953 – da war GB bereits aus den Mandatsgebieten im Nahen Osten abgezogen.
Unabhängig wurden:
Ghana und Malaysia: 1957
Nigeria und Zypern: 1960
Sierra Leone und Tansania: 1961
Uganda, Jamaica, Trinida & Tobago: 1962
Kenia und Sansibar: 1963
Malta 1964
Gambia 1965
Botswana, Lesotho und Barbados: 1966
Mauritius 1968
Seychellen: 1976
Hongkong 1997
Der Artikel erwähnt auch, daß sie gegen die Intervention des UK in der Suez-Krise war. Nicht aus pazifistischen Motiven, sondern weil sie dank ihrer Kontakte zu Eisenhower besser informiert war als der damalige Regierungschef Anthony Eden und daher wußte, daß die Sache in die Hose gehen würde.
Mit Margeret Thatcher hatte sie ein gespanntes Verhältnis, weil die Queen als Haupt des Commonwealth hin und wieder etwas über Ungleichgewichte und Ungerechtigkeit verlauten ließ, was Thatcher als sozialistisches Gedankengut verabscheute.
Besonder heiß wurde dieser Gegensatz anläßlich der Apartheid-Regierung in Südafrika. Die Queen unterhielt sogar diskrete Kontakte mit Mandela, als dieser noch im Gefängnis war, und ließ ihm ein Jahrzehnt später bei einem Besuch alle erdenklichen Ehren erweisen.
Zur EU selbst hat sie sich nie geäußert. Als das Brexit-Referendum anstand, setzte sie jedoch einen Hut mit der EU-Fahne auf – was, wie man sieht, nichts geholfen hat.
Schottische Unabhängigkeitsbewegung erlebt nach Tod der Queen Auftrieb
Das Ende der Ära von Elizabeth II könnte die Bestrebungen für eine Abspaltung befördern
Die Anteilnahme der Schottinnen und Schotten am Tod der Queen ist groß: Zehntausende säumten am Sonntag die Straßen, um der Verstorbenen auf ihrer Reise in die schottische Hauptstadt Edinburgh die letzte Ehre zu erweisen. Für Schottland könnte das Ende der Ära von Elizabeth II weitreichende Folgen haben, denn der Tod der Queen hat die Debatte um die Unabhängigkeit von London neu entfacht.
Die Königin war "eines der Fundamente des Vereinigten Königreichs, sie hat dazu beigetragen, die Einheit zu bewahren", sagt Archie Nicol. Der 67-Jährige ist eigens aus dem nordschottischen Kintore zum königlichen Anwesen in Balmoral gereist, wo die Queen am Donnerstag gestorben war.
Politische Kommentatoren bezweifeln, dass der neue, weniger populäre König Charles III ein ebensolcher Garant der Einheit sein wird. "Die Union (zwischen Schottland und dem Rest des Vereinigten Königreichs) ist jetzt, da die Königin weg ist, wahrscheinlich stärker gefährdet", warnt der Journalist Andrew Neil in der "Daily Mail". "König Charles wird Schottland genauso lieben wie die Königin", fügt er hinzu. "Aber er hat einfach nicht ihre Autorität."
"Einige Schotten werden das Ende dieser Ära als einen natürlichen Zeitpunkt für einen Neuanfang betrachten", meint auch der schottische Journalist Alex Massie in einem Kommentar für die "Times". "Der Übergang der Krone ist ein Moment der Schwäche, vielleicht sogar der Zerbrechlichkeit", schreibt Adam Tomkins, Verfassungsrechtler an der Universität Glasgow, in der Zeitung "The Herald".
Die Unabhängigkeitsbewegung in Schottland wächst seit Jahren. Der Brexit, den die Mehrheit der Schotten ablehnte, verschaffte ihr weiteren Zulauf. Seit 2007 regiert die Unabhängigkeitspartei SNP. Bei einem Referendum 2014 hatten sich allerdings 55 Prozent der Schottinnen und Schotten für den Verbleib im Vereinigten Königreich ausgesprochen.
Trotz des Widerstands der britischen Regierung kündigte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon Ende Juni an, im Herbst 2023 ein neues Referendum über die Unabhängigkeit abhalten zu wollen – eine Entscheidung, die der Oberste Gerichtshof Großbritanniens im Oktober prüfen wird.
Entwicklung zu Vorreiter bei erneuerbaren Energien
Die SNP setzt sich zwar für die Unabhängigkeit Schottlands ein, fordert aber nicht unbedingt einen Bruch mit der Monarchie. Sturgeon hatte nach Bekanntwerden des Todes der Königin umgehend ihr "tiefstes Beileid" ausgesprochen und "die Hingabe und den außergewöhnlichen Dienst" der Queen gewürdigt. Der SNP-Gründer und ehemalige schottische Regierungschef Alex Salmond bezog sogar den Ausdruck "Königin der Schotten" (Queen of Scots) auf Elizabeth und knüpfte enge Beziehungen zu Charles, als dieser noch Thronfolger war.
Der neue König hat eine besondere Beziehung zu Schottland: Charles III. liebt nicht nur Schottenröcke, er verbrachte auch einen Teil seiner Jugend in einem strengen schottischen Internat und besitzt mehrere Anwesen in dem Landesteil.
Manche Regionalzeitungen wie der "Daily Record" sehen in Charles' Engagement für den Umweltschutz eine Chance für Schottland und hoffen, dass der König die Entwicklung weg vom Kohlebergbau hin zu einem Vorreiter bei den erneuerbaren Energien unterstützen wird. Dennoch seien die Schotten "wesentlich reservierter gegenüber dem Haus Windsor als die englischen Wähler", sagt der Journalist Alex Massie und fordert Regierungschefin Sturgeon auf, die Schotten in "eine republikanische Zukunft" zu führen.
In einer Umfrage der Denkfabrik British Future vom Juni unterstützten 45 Prozent der Schotten die Monarchie, während sich 36 Prozent für eine Republik aussprachen. Mit dem Tod der Queen könnte das republikanische Lager weiteren Zulauf gewinnen.
https://www.derstandard.at/story/2000139036055/schottische-unabhaengigkeitsbewegung-erlebt-nach-tod-der-queen-einen-auftrieb
Was es nicht alles gibt – sogar eine Börse für Schnittblumen:
Tonnenweise türkische Blumen
Laut Angaben der Rohstoffbörse in Antalya sind Bestellungen für Schnittblumen seit dem Tod der Königin um 90 Prozent gestiegen. Türkische Blumenhändler versuchen der Flut an Bestellungen aus dem Vereinigten Königreich nach dem Tod von Königin Elizabeth II. mit ungewöhnlichen Maßnahmen Herr zu werden: Statt mit Lkw werden die begehrten Blumen mit Frachtflugzeugen auf die Insel transportiert. Die türkischen Blumenhändler könnten allerdings nur etwa 40 Prozent der Nachfrage befriedigen.
Der rasante Anstieg der Nachfrage bedeute, dass die Floristen Flugzeuge anmieten müssten, um die Blumen nach Großbritannien zu liefern. Das dauere etwa einen Tag, während für die Lieferung per Lkw etwa eine Woche benötigt werde. Turkish Cargo, die Tochtergesellschaft von Turkish Airlines , hat nach eigenen Angaben damit begonnen, mehr als 500.000 Blumen mit einem Gewicht von etwa 13 Tonnen für die Beerdigung von Antalya und Isparta im Südwesten der Türkei nach England zu transportieren.
https://www.derstandard.at/story/2000139111018/gigantische-sicherheitsoperation-vor-begraebnis-der-queen-in-london
Ja, suchen Irrsinn kann man weder befehligen, noch herbeiregieren….
Ja, es feiert sich dort in GB auch in den ganzen Prozeduren die Heilige Familie, die Keimzelle des bürgerlichen Staates ….
Völlig bruchlos übrigens aber auch nicht, wie Yanis Varoufakis berichtet:
Ein Bekannter von mir hat mir vor kurzem von einem Vorfall vor dem House of Commons in London, dem Parlament des Vereinigten Königreichs berichtet. Das Parlament befindet sich neben dem Big Ben bzw. unterhalb davon. Dort wurde nun ein Demonstrant verhaftet, der die Dreistigkeit besessen hatte, ein Plakat hochzuhalten. Vielmehr, es war nicht einmal ein Plakat, sondern ein Stück Papier, auf das er "nicht mein König" gekritzelt hatte, als der neue britische König Charles vorbeiging.
Er wurde also verhaftet. Mein Bekannter ging ein paar Tage später an denselben Ort mit einem leeren Blatt Papier und einem Stift. Polizeibeamten kamen vorbei und wollten sich auf ihn stürzen. Er sagte ihnen:
Und sie sagten: "Ja." Sie warteten neben ihm, was er tun würde. Das ist für mich der Tod der Demokratie. Darüber sollten wir uns klar sein."
https://www.heise.de/tp/features/Yanis-Varoufakis-ueber-Fake-Strommaerkte-Ukraine-Krieg-und-bedrohte-Demokratie-7264196.html?seite=all
Als ob dgl. nicht ein Fest der Meinungsfreiheit und der Demokratie wäre: Wir alle feiern uns. Als kapitalistische Subjekte und Würstchen: Wurscht, was dabei für uns im Detail und im Alltagsleben an Scheißarmut herauskommt. Die adelt sich angeblich im Selbstlob, sich dabei irgendwie als Teil des Brit. Empire vorkommen zu wollen….. Ansonsten darf man natürlich auch bei sonstigen Gottesdiensten nicht rülpsen und furzen, sondern muss Andacht vor der Heiligkeit verströmen.
(Übrigens selbst in den Tempeln der Kultur muss man schwer darauf achten, welche kulturelle Betätigung gerade erlaubt ist, und welche verboten. Wer in der Kunsthalle zu laut mit seiner Liebsten über ein gemaltes Bild streitet, stört die andachtsvolle Weihe der anderen und fliegt ggf. raus. Aus einer Talkshow fliegt eher derjenige eingeladene Talk-Gast raus, der demonstrativ angesichts des Geklappers rundherum selber die Klappe hält….. Anstand und bürgerliches Recht sind in solchen Sternstunden der Demokratie nah beieinander, und in der Moralität der Untertanen komplett ununterscheidbar. Daher brauchen Nationalisten in solchen Sternstunden im Regelfall auch gar keine staatlichen Vorschriften. Sie bringen selber die Jubel-Fähnchen [und sonstig Gedöns] auf die Paraden mit. Und gelehrte Patrioten rümpfen die Nase über solch primitiven Hurra-Patriotismus. Hab ich übrigens aktuell nirgends gelesen….)
Es gibt doch auch vereinzelten "Unmut" in GB
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166930.grossbritannien-nicht-mein-koenig.html
Was soll man von Protesten halten, die die eine Staatsform gegen die andere hochhalten, obwohl sich doch auch bisher gezeigt hat, daß sie reibungslos miteinander funktionieren?
Oder von Leuten, die am König keine andere Kritik haben, als daß sie ihn nicht gewählt haben?
Die andere Frage ist, warum die Polizei so happig ist auf Leute, die die Feierstunde stören.
Das wird eben als Majestätsbeleidigung gewertet und ist sehr unerwünscht in Zeiten, wo das Bekenntnis zur Nation gefragt ist wie nie zuvor – das UK ist ja praktisch Kriegspartei – und der Bevölkerung sehr wenig geboten wird, siehe Inflation, Immobilienpreise, usw.
Zwei Millionen Briten sollen sich stundenlang in Kälte und Regen angestellt haben, um anschließend kurz mal am Leichnam vorbeilatschen zu dürfen – man merkt, der eigene Nationalismus wirkt im Ausland oft skurril … Furchtbar vernünftig sei hingegen, wenn hierzulande die deutsche Nation ab Februar 2022 sich innerhalb einer Woche komplett auf einen nationalen Kurs neu einstellt – mit einem dicken Ja zum Krieg.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/mehr-deutsche-macht#section2
Dass es jeweils dafür “Gründe” geben täte, wird wohl so sein. (“Schlange stehen” – das galt hierzulande lange als Merkmal der ehemaligen “Ostzone”, also als so was von widernatürlich. Dabei ging es dort immerhin um Lebensmittel….) Vernünftige Gründe sind es jedenfalls allesamt nicht, mit denen Nationalismus sich hier wie in GB aufrüstet.
Es ist eben haarig, wenn die Person, die die Nation symbolisiert, auf einmal weg ist und einen Nachfolger hat, der dank der Langlebigkeit seiner Mutter selber schon ein Tattergreis ist.
Es gibt berechtigte Bedenken, daß er die Nation so zusammenschweißen kann, wie das seiner Mutter immer wieder gelungen ist.
Und das, obwohl Elisabeth II. die Konkursverwalterin des Empire war, also zaubern konnte sie auch nicht. Wo die imperiale Macht nicht reichte, mußte sich das UK zurückziehen.
Inzwischen erinnern sich verschiedene Separatisten daran, daß die 4 Reiche nur die Krone zusammenhält …
Elisabeth Windsor hat die Nation nicht "zusammengeschweißt". Winston Churchill meinetwegen. Aber die Königin war fast immer "nur" Repräsentant des britischen Imperiums, auch wenn es währenddessen immer kleiner geworden ist.
Und die vier Reiche werden schon noch von erheblich mehr zusammen gehalten als der Krone. Zu Beispiel den riesigen Staatsschulden. Das wird noch prickelnd wie Sturgeon und Truss das auseinanderdividieren wollen. Nordirland wird zudem nicht nur von Großbritannien als dazugehörig beansprucht sonder nvon der EU auch. Auch dieser Streit ist noch lange nicht entschieden.
Natürlich.
Man soll das Symbol nicht über die harten Tatsachen stellen. Aber es bleibt immer noch, daß es mit der inzwischen Verstorbenen weitaus mehr nationale Identifikation gegeben hat als mit anderen Staatsoberhäuptern aller Art, im UK und außerhalb.
Und sie ist eben in einem Augenblick gestorben, wo auch an anderen Grundfesten des verbliebenen britischen Staates gerüttelt wird.
Die ganze nationale Bewegtheit gilt dem, was war und nicht dem, was kommt.
Die derzeitige Besetzung der Downing Street hätte man billiger auch haben können.
Truss hat sich vorher gegen Sunak durchgesetzt, weil sie die Steuersenkungen versprochen hat, die dann zu ihrem Rücktritt führten.
Großbritannien ja, – aber die Türkei explizit nicht, soll an der Militarisierung der EU zukünftig besser teilnehmen können – so jedenfalls die EU-Planungen.
Beteiligung Großbritanniens an Militär-Projekt der EU rückt näher
https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/grossbritannien-rueckt-naeher-an-die-eu-militaermobilitaet-heran/
Angeblich setzt sich GB militärstrategisch als Speerspitze des Westens breit in Szene – im Netz zumindestens wird das nicht nur von Pnyx vermutet ….
https://overton-magazin.de/top-story/russland-kuendigt-getreideabkommen-auf-ukrainischer-drohnenangriff-auf-russische-kriegsschiffe-in-sewastopol/#comment-14277
https://www.n-tv.de/politik/Russische-Invasion-Britische-Armee-macht-sich-fuer-einen-Krieg-in-Europa-bereit-article23409074.html
https://www.wsws.org/de/articles/2022/06/29/sand-j29.html
https://www.jungewelt.de/artikel/430181.london-militärische-ausbildung-für-ukrainer.html
Auch als weltweiter Akteur gegen China bringt GB sich in Stellung:
“Japan hatte schon im letzten Jahr ein Truppenaustauschabkommen mit Australien und Großbritannien geschlossen, die Verbindung zwischen Südkorea und Japan in der Bündniskette fehlt noch und wird momentan gefährdet. In beiden Ländern wurden große amerikanische Armeebasen platziert; außerdem sind sowohl Südkorea als auch Japan Lieferanten wichtiger Schlüsseltechnologien wie Computerchips und Akkus. In Peking beobachtet man die Entwicklung mit großem Interesse…”
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166512.suedkorea-japan-ein-buendnis-von-washingtons-gnaden.html
Eine interessante Kombination von politischen Turbulenzen und militärischer Stärke — steuert GB auf eine Militärdiktatur zu?
“Steuert GB auf eine Militärdiktatur zu?”
– Wieso denn das???
(…) Rishi Sunak verkörpert in seiner Person und Karriere vollkommen die Übereinstimmung von finanziellen und politischen Interessen, die das Fundament des konservativen Selbstverständnisses in der britischen Politik bildet. Anders als viele Politiker mit City-Interessen unterstützte Sunak 2016 den Brexit – sein Werdegang erfüllt und verkörpert die Brexit-Parole vom „Global Britain“: Demnach sei die EU zu eng für die Entfaltung der britischen Interessen. Das sorgte für seinen Aufstieg, als Boris Johnson 2019 Premierminister wurde. (….)
https://taz.de/Rishi-Sunak-in-Grossbritannien/!5887014/
Man fragt sich erstens, warum dann nach Johnsons Rücktritt nicht gleich Sunak gewählt wurde?
Zweitens, daß er so viel Unterstützung hat (angeblich), heißt nicht, daß er zaubern kann.
Die wirtschaftlichen Probleme von GB sind ja real und nicht, wie die Medien einem versuchen weiszumachen, nur ein Ergebnis falscher Politik.
Die EU macht anscheinend den Kniefall der Briten vor der europäischen Auslegung der strittigen Nordirland-Probleme zum Streitpunkt, an dem sie die weiteren Beziehungen zum UK maßgeblich messen will.
https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/grossbritannien-will-zugang-zu-eu-forschungsgeldern-wiederbekommen/
Das hat auch das UK erkannt. https://www.politico.eu/article/rishi-sunak-brexit-trade-tensions-ireland-talks-protocol/
Ganz interessant der Wikipedia-Artikel über die Wiedervereinigung Irlands. Die Bemühungen dafür sind ja älter als der Brexit.
Die EU scheint gerne die irischen Bestrebungen zu verwenden, um eine Art trojanisches Pferd im UK loszulassen.
Lösbar im strengen Sinne ist diese Frage nicht. Nordirland bleibt entweder britisch oder wird irisch.
Vor einigen Tagen war in den Abendnachrichten, daß das UK unter anderem – neben Inflation und wenig wirklicher Produktion, die G-G’ hervorbringt (ich verkürze hier 😉 ) auch mit einem großen Budgetdefizit kämpft.
Alle Kommentatoren führen das auf den Brexit zurück. Das ist bequem, man kann eine gewisse Häme heraushängen lassen – das habt ihr jetzt davon! – und so tun, als wäre das ein rein britisches Problem.
Aber das Budgetdefizit hat noch andere Gründe, bzw. entsteht nicht nur aus dem Mißverhältnis zwischen der wirtschaftlichen Leistung und den Kosten, die Staatsapparat und Gesellschaft verursachen.
Großbrittannien hat jede Menge Waffen an die Ukraine geliefert, vor allem die Javelin-Geschoße, die in großen Mengen verfeuert wurden und von denen man in letzter Zeit wenig hört. Einige davon wurden nach Nahost weiterverkauft, vermutlich an die Hisbollah, und möglicherweise auch an Islamisten verschiedener Gruppierungen in Syrien.
Sie waren aber entweder nicht so gut, oder aber – wahrscheinlicher – der Nachschub ist aus unbekannten Gründen abgerissen.
Wer zahlt alle diese Lieferungen? – fragte ich mich öfter.
Der Schluß liegt nahe, daß der britische Staat sie den Erzeugern abgekauft und an die Ukraine verschenkt hat, was sich jetzt als großes Loch im Budget darstellt.
Aber dieses Verfahren ist auch offensichtlich an sein Ende gekommen. Es kann nicht sein, daß die Rüstungsfirmen so schwache Kapazitäten haben, daß sie gar nichts mehr liefern können.
Es dürfte an der Bezahlung hapern.
Und damit tritt im Westen im Ganzen eine gewisse Kriegsmüdigkeit ein.
Niemand will auf Dauer Geld in das schwarze Loch Ukraine hineinleeren.
Das Problem ist nur: Wie sag ichs meinem Kinde?
Die USA oder das UK können ihr Geschöpf nicht einfach fallen lassen und wollen das auch nicht.
Der Brexit liegt den Briten schwer im Magen
Eine Mehrheit der Bevölkerung sieht den vor drei Jahren vollzogenen EU-Austritt mittlerweile als schweren Fehler
Der dritte Jahrestag eines politischen Ereignisses lockt normalerweise keinen Hund hinterm Ofen hervor. Im Verhältnis des Vereinigten Königreiches zum europäischen Einigungsprojekt aber spielen in diesem Monat mehrere Daten eine signifikante Rolle. Zu Jahresbeginn war es 50 Jahre her, dass Großbritannien sowie Irland und Dänemark der damaligen EWG beitraten – ein schönes Jubiläum, das auf der Insel komplett ignoriert wurde. Das lag natürlich an jenem Jahrestag, der sich am Dienstag zum dritten Mal jährt: dem EU-Austritt in der Nacht vom 31. Jänner auf den 1. Februar 2020.
Und zehn Jahre ist nun bereits die Initialzündung für diesen Isolationsschritt her: Im Jänner 2013 gab der damalige Premier David Cameron den Nationalpopulisten inner- und außerhalb seiner Partei nach und stellte eine Volksabstimmung über die britische EU-Mitgliedschaft in Aussicht. 52 zu 48 Prozent lautete im Juni 2016 das knappe Resultat.
Brexit-Hochburg Boston
Damals fühlten sich vor allem jene als Gewinner, die in den vernachlässigten Regionen der Insel leben. In der ostenglischen Grafschaft Lincolnshire etwa stimmten mehr als 70 Prozent der Wahlberechtigten für den Brexit. Landesweit vorne lagen mit 75,6 Prozent die Bewohner des Marktstädtchens Boston, Namensgeberin der viel berühmteren Metropole auf der anderen Seite des Atlantiks.
Gehörten die rund 35.000 Bostonians damals zur, wenn auch knappen, Mehrheit der Bevölkerung, so stehen sie dieser Tage ganz allein. Einer Befragung des Marktforschers Focaldata zufolge befinden sich außer in Boston auf der Insel inzwischen überall jene in der Mehrheit, die den EU-Austritt für einen Fehler halten. Dazu gehören angrenzende Wahlkreise in Lincolnshire, traditionell konservative Hochburgen, ebenso wie armselige, stets Labour-treue Bezirke in den Metropolen London und Birmingham, wo 2016 immerhin 60 Prozent den Brexit wollten.
Anders als beim Referendum oder der Unterhauswahl 2019 würden zunehmend das Brexit-Votum und die Links-rechts-Ausrichtung der Briten wieder zusammenpassen, analysiert James Kanagasooriam von Focaldata: "Das Austrittsvotum verblasst und unterscheidet sich weniger von der konservativen Wählerschaft."
Viele Nachteile
Das ist, pünktlich zum dritten Jahrestag des EU-Austritts, keine gute Nachricht für die Tory-Regierung des Brexiteers Rishi Sunak, dem fünften konservativen Premierminister seit jenem Junitag, der Großbritanniens Innen- und Außenpolitik stark verändert hat. Denn die Tories liegen in den Umfragen regelmäßig um 20 Punkte hinter der Labour-Opposition von Keir Starmer. Alle Beteuerungen des Regierungschefs und seiner zerstrittenen Partei, der Brexit werde herrlichen Fortschritt in vernachlässigte Regionen bringen, wirken angesichts der Realität immer unglaubwürdiger. Vielmehr treten immer klarer die Nachteile des Isolationsschrittes zutage.
Erst am vergangenen Wochenende erschreckte die Hochschulbehörde HESA den milliardenschweren Uni-Sektor mit neuen Hiobsbotschaften. Seit dem endgültigen Austritt aus Binnenmarkt und Zollunion Ende 2020 ist die Zahl der Studierenden aus der EU um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Konnten junge Österreicher oder Deutsche zuvor zum ohnehin hohen Preis von umgerechnet 10.515 Euro pro Jahr auf der Insel studieren, müssen sie jetzt in Bristol, Nottingham oder Cambridge bis zu 43.190 Euro berappen. Viel zu viel, finden die meisten.
Den Unis kann das nicht recht sein, werden sie dadurch doch umso abhängiger von Studierenden aus Asien. Dabei soll, nicht zuletzt unter dem Druck der Regierung, der hohe Anteil von Studierenden aus China merklich reduziert werden.
Großer Wachstumsverlust
Auch anderswo macht sich der Brexit finanziell schmerzhaft bemerkbar. Die unabhängige Budgetbehörde OBR spricht von einem Wachstumsverlust von vier Prozent, nicht zuletzt durch den "erheblichen Dämpfer" für den britischen Außenhandel. Allein die Exporte in die EU sind zuletzt um 15 Prozent zurückgegangen. Zur Unsicherheit von Industrie und Handel tragen die anhaltenden Streitigkeiten um den Sonderstatus von Nordirland bei.
Manche Signale aus der Brexit-Regierung sprechen für eine vorsichtige Wiederannäherung an den größten Binnenmarkt der Welt. Auch Oppositionsführer Starmer schlägt ein pragmatischeres Vorgehen gegenüber Brüssel vor, wie es sich auch das Wahlvolk mehrheitlich zu wünschen scheint.
Bestärkt werden sie von vielen Prominenten wie Hermann Hauser: Wie viele andere Wissenschafter hadert auch der in Wien geborene Physiker und Unternehmer mit dem Brexit seiner Wahlheimat. "Früher oder später", hat der 74-Jährige kürzlich der BBC erläutert, werde das Königreich "wieder engere Beziehungen zur EU haben".
https://www.derstandard.at/story/2000143064706/der-brexit-liegt-den-briten-schwer-im-magen
Auch wieder einmal ein Artikel, der die ganzen ökonomischen Probleme des Vereinigten Königreiches auf den Brexit schiebt.
Der Brexit dient hier als eine Art Nebelgranate, mit der weitaus ältere Unzulänglichkeiten der britischen Ökonomie und Gesellschaft weggewedelt werden.
Allerdings ist es eben auch für manche seit jeher schlecht funktionierenden Institutionen, wie das NHS, ein weiterer schwerer Schlag gewesen.
Einigung zu Nordirland-Protokoll zwischen London und der EU steht
Nach wochenlangem Zögern wagt der britische Premier Sunak den Konflikt mit den Brexit-Hardlinern in der eigenen Partei. Ob er dabei siegen wird, ist aber offen
Nach monatelangen intensiven Verhandlungen haben sich Großbritannien und die EU auf eine neue Vereinbarung über den Status von Nordirland geeinigt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premier Rishi Sunak unterzeichneten das mehr als 100-seitige Dokument nach einem kurzen Abschlussgespräch am Montag in Windsor westlich von London. Er habe einen "entscheidenden Durchbruch" erzielt, sagte der konservative Regierungschef später im Unterhaus. Unklar bleibt einstweilen, ob das auch die Brexit-Hardliner in der konservativen Regierungspartei so sehen – oder ob sie ihn ablehnen werden. (…)
Geduldig hat EU-Chefverhandler Maroš Šefčovič die Betonköpfe auf der eigenen Seite beiseitegeschoben und mit den Briten einen tragfähigen Kompromiss ausgehandelt. Zukünftig soll es für die Wareneinfuhr aus Großbritannien nach Nordirland zwei Wege geben: Was für den Verbrauch im britischen Nordosten Irlands gedacht ist, wird nur noch in Sonderfällen kontrolliert. Hingegen bleibt es bei den Kontrollen für Waren, die in die Irische Republik und damit den EU-Binnenmarkt weitergeleitet werden. Die Briten haben europäischen Kontrolleuren den automatischen Datenaustausch zugestanden. Zudem wird die sogenannte Trusted-Traders-Regelung bewährten und als integer eingestuften Firmen das Leben erleichtern.
Nicht dumm
So weit, so gut. Besonders genau werden DUP-Chef Jeffrey Donaldson und seine Leute sowie die konservativen Brexit-Ultras jene Passagen des offenbar mehr als hundertseitigen Dokuments lesen, die von der Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs EuGH handeln. Dessen Wächteramt über die Binnenmarktregeln soll dem Vernehmen nach pragmatisch gehandhabt werden: Bei Streitfragen wären zunächst nordirische Gerichte zuständig. Diese könnten dann entscheiden, ob sie die Meinung des EuGH einholen wollen.
Im Unterhaus lobte Donaldson den Premier für dessen Einsatz, sprach aber von "verbleibenden Problemzonen". Andere scheinen an Details weniger interessiert zu sein. Für die Brexit-Betonköpfe auf den Tory-Fraktionshinterbänken, die sich Europäische Reformgruppe (ERG) nennen, darf EU-Recht "ebenso wenig in Nordirland eine Rolle spielen wie in England, Schottland und Wales", glaubt ERG-Chef Mark Francois: "Wir sind ja nicht dumm." (…)
Jenseits des leidigen Nordirland-Problems soll die neue Vereinbarung eine Entspannung zwischen London und Brüssel befördern, die durch das gemeinsame Eintreten für die Ukraine bereits begonnen hat. Die Rede ist von Reiseerleichterungen für die hochpopulären britischen Rock- und Popbands, deren Weg zu Tourneen auf dem Kontinent jetzt durch ein dichtes bürokratisches Gestrüpp führt. Auch könnten sich die Briten wieder – ein Herzensanliegen vieler Wissenschafter – am milliardenschweren Horizon-Programm beteiligen. Die österreichischen Reaktionen auf die neue Übereinkunft fallen durchwegs positiv auf. Sowohl die Delegation der SPÖ als auch die der ÖVP im Europaparlament und die Wirtschaftskammer Österreich begrüßen die Einigung. (…)
(Standard, 27.2.)
Angesichts des Getöses um die Einigung beschleicht mich der Verdacht, daß da nur etwas „vereinbart“ wurde, was bereits gängige Praxis ist.
Immerhin hört man schon seit einiger Zeit nix mehr von unzufriedenen Nordiren.
Also hat offenbar ein modus vivendi herausgebildet, der einfach allen Handel irgendwie zu- und die Formulare in der Schublade beläßt.
Ergänzung zur Nordirland-„Einigung“: Überall wird darauf hingewiesen, daß man eine Lösung für die aus dem UK auf die irische Insel kommenden Waren gefunden habe.
Aber nirgends liest man etwas für die andere Richtung, womit sich hier ein Schmuggelparadies eröffnet für alle diejenigen, die etwas zollfrei – womöglich auch kontrollfrei? – ins UK einführen wollen.
„Armut in Großbritannien: Wo eine Ex-Ladendiebin Geschäfte berät
Immer mehr Briten leben in Armut, in Lebensmittelläden werden Babynahrung und Brot gestohlen. Farah McNutt hat als Teenagerin geklaut – nun berät sie Ladeninhaber, die sich gegen Diebstahl wappnen wollen.
Den Briten geht es finanziell so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht. Die jahrelange harte Sparpolitik der verschiedenen Tory-Regierungen in Kombination mit dem Brexit und hoher Inflation treiben immer mehr Briten in Armut. In ihrer jüngsten Studie kommt die renommierte Joseph Rowntree-Stiftung zu dem Ergebnis, dass 3,8 Millionen Briten in "destitution", also dauerhafter Armut ohne jede Perspektive leben, davon eine Million Kinder. Zahlen, die sich seit 2017 mehr als verdoppelt haben.
Es trifft aber auch die Mittelschicht. Das reale Haushaltseinkommen der Briten ist im Durchschnitt seit 2019 um 3,5 Prozent gesunken – der dramatischste Fall des allgemeinen nationalen Lebensstandards seit Beginn der Berechnungen in den 1950er-Jahren.
Ein Symptom der derzeitigen britischen Polykrise: Die erschreckende Zunahme an Ladendiebstählen, die seit vergangenem Jahr Rekordniveau erreicht hat. Das geht aus der jüngst veröffentlichten Kriminalstatistik des vereinigten Königreichs hervor. Demnach wurden in den zwölf Monaten bis September 2023 mehr als 400.000 Fälle von Ladendiebstahl in England und Wales registriert. Der höchste Stand seit Beginn der Zählungen. (…)“
(Tagesschau, 17.3.)
Nottingham und Birmingham haben Insolvenz angemeldet. Viele britische Städte sind pleite.
(ZdF, 4.3.)
Der Labour-Führer Starmer macht Werbung für sich mit dem Vorschlag, die Antiterror-Gesetze gegen Schlepper anzuwenden, sollte er Premierminister werden.
Sehr schöpferische Anwendung des Rechts!
Er sagt damit eigentlich, daß nur deshalb so viele Flüchtlinge nach GB kommen, weil die Schlepper nicht hart genug bestraft werden. Die Schlepperei und die Flüchtlinge betrachtet er offenbar als eine Art Anschlag auf die nationale Sicherheit.
Ein richtiger Kotzbrocken.
Wenn hierzulande rechte Parteien ähnliche Ansichten äußern, so wird das als als extrem rechts, sogar faschistisch gebrandmarkt.
Gegen Sunaks Ruanda-Projekt meint er, das sei eine „Beleidigung der Intelligenz“ und „Politik der Gesten“ und würde in Sachen Flüchtlingsabwehr gar nix bringen.
Man kann sich schon freuen, wenn dieser Mann an die Macht kommt.
Man erinnere sich, innerhalb der Labour-Partei hat er seinen Aufstieg hingekriegt, indem er Corbyn demontierte.
„Großbritanniens neuer Premier Starmer sichert Biden »unerschütterliche« Unterstützung für Ukraine zu
Großbritanniens neuer Premierminister Keir Starmer hat in seinem ersten Telefonat mit US-Präsident Joe Biden Großbritanniens »uneingeschränkte« Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland zugesichert. Die beiden Staatenlenker hätten »ihr unerschütterliches Engagement für die Ukraine« bekräftigt und der Premier habe betont, »dass das Vereinigte Königreich die Ukraine uneingeschränkt unterstützt«, hieß es in einer Erklärung von Starmers Büro.
Starmer und Biden hätten auch ihre gemeinsame Verpflichtung mit Blick auf die »besonderen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA« sowie ihren »gemeinsamen Einsatz für ein größeres Wirtschaftswachstum« erläutert, hieß es in der Erklärung weiter. Der US-Präsident und Großbritanniens neuer Premier werden bereits nächste Woche beim Nato-Gipfel in Washington aufeinandertreffen.
Biden hatte Starmer zuvor zum haushohen Sieg seiner Labour-Partei bei der britischen Parlamentswahl gratuliert. Er freue sich auf die gemeinsame Arbeit für »Freiheit und Demokratie weltweit«, erklärte Biden im Onlinedienst X.“
(Standard, 6.7.)
Interessant, was der frischgebackene Sieger gleich von Anfang an klarstellen will: Ich bin euer treuer Verbündeter!
Wie ein Dackel, der um sein Herrchen herumscharwenzelt und treue Blicke hinaufschickt: Vergiß mich nicht! Laß mich nicht vor der Tür stehen!
Im Wahlkampf dominierten innenpolitische Themen, die Außenpolitik wurde von allen Kandidaten bewußt ausgespart, um nicht Unruhe in die Bude zu bringen. Nicht einmal Farage wollte sich hier positionieren.
Und kaum haben die dummen Kälber in GB gewählt, schon präsentiert sich der Sieger dem großen Bruder und schleckt ihm die Stiefel.
„Ruanda-Plan »tot und begraben«
Der britische Ruanda-Plan hat europaweit für Debatten gesorgt – nun wird er ad acta gelegt. Das kündigte der neue britische Premierminister Keir Starmer am Samstag nach der ersten Kabinettssitzung der Labour-Regierung an. »Das Ruanda-Programm war tot und begraben, bevor es begonnen hat«, so Starmer. (…)“
(ORF, 6.7.)
Der Plan war im Grunde nie praktikabel, weil zu kostspielig und auch von der Ziel-Regierung her zu unsicher.
Es war ein Versuch, sich als Bekämpfer der Immigration darzustellen und kam nicht einmal in den eigenen Reihen der Tories gut an.
Sunaks Schnapsidee ist also inzwischen Geschichte.
„Großbritanniens Geschwür ist aufgeplatzt: Gewalt und Chaos füllen die Straßen
Elon Musk kündigte nach Protesten die Unvermeidlichkeit eines Bürgerkriegs in Großbritannien an
Das Problem der unkontrollierten Migration, das im Vereinigten Königreich seit vielen Jahren schwelte – mit unzähligen Tausenden illegalen Gästen, die auf Booten über den Ärmelkanal reisen, mit der Entstehung riesiger »Scharia-Viertel« in Städten, in denen die Polizei sogar tagsüber Angst hat, ihre Nase hineinzustecken, mit florierender ethnischer Kriminalität, hat sich schließlich in ein riesiges öffentliches Geschwür verwandelt. Und jetzt sieht es aus, als wäre es geplatzt!“
Die KP ist hier etwas tendenziös, wenn es die sozialen Probleme des UK auf die Immigration reduziert.
Die Immigration findet schließlich in ein Land statt, wo seit Thatchers Zeiten ein großer Teil der einheimischen Bevölkerung – mit oder ohne Migrationshintergrund – für überflüssig erklärt wurde und sich seither zwischen Sozialhilfe, Drogenhandel und -konsum und ähnlichen Tätigkeiten die Zeit verbringt. Nicht nur „Scharia“-Vierteil, sondern auch einst schmucke Kleinstädte und Vororte sind No-Go-Areas für die Polizei, aber vor allem andere Bewohner geworden.
Die Verwahrlosung der durchaus auch einheimischen Jugend ist vor allem bei den Unruhen 2011 manifest geworden.
Auch der Gewaltapparat ist verstärkt ins Visier geraten, nachdem ein Polizist eine Frau vergewaltigt und ermordet hatte.
„Letzte Woche griff ein unbekannter Mann mit einem Messer eine Gruppe von Menschen in Southport an. Drei junge Mädchen, Schülerinnen einer Tanzschule, kamen ums Leben, acht weitere wurden verletzt. Fotos ihrer bezaubernden Gesichter erschienen auf den Titelseiten aller Zeitungen des Landes.
Es stellte sich heraus, dass der Angreifer aus einer ruandischen Familie stammte und in Großbritannien geboren wurde.
Doch in den sozialen Netzwerken verbreitete sich die Welle, dass es sich bei dem Angreifer um einen illegalen Einwanderer handele, der in Albion Asyl beantragt habe. Tausende wütende Briten mit Fahnen und Parolen: »Aliens, raus aus England!« strömte auf die Straßen von Städten von London bis Liverpool, Bristol, Belfast, Leeds und Manchester.“
Das Wort „Alien“, „Fremder“ ist pikant in einem Land, wo der vorige Regierungschef indischstämmig war und der kürzlich abgelöste Regierungschef von Schottland und der Bürgermeister von London aus pakistanischen Familien stammen.
Dank der kolonialen Vergangenheit ist England heute voller Menschen mit Migrationahintergrund, die ebenso wie der Täter aus Ruanda im UK geboren wurden, oft schon in 2. oder 3. Generation dort leben.
Diese Rassen-Unruhen könnten bald auch die vergleichsweise begrenzten Angriffe auf Asylantenunterkünfte überschreiten.
„Der Kern der Demonstranten waren Mitglieder der rechtsextremen und eher aggressiven Organisation »English Defence League« sowie Fußballfans. Sie wurden von Polizeiabsperrungen empfangen. Es kam zu heftigen Kämpfen: Es wurden Steine und Flaschen auf Polizeibeamte geworfen und Feuerwerkskörper gezündet. Mehr als 50 Polizisten wurden schwer verletzt und mehrere hundert Demonstranten festgenommen. (…)“
– Auch die Angegriffenen bewaffneten sich, örtliche Antifa-Gruppen schlossen sich ihnen an –
„Den Behörden gelang es, weitere 4.000 Sicherheitskräfte zu mobilisieren, um direkte Zusammenstöße zu verhindern. Rund 2.000 Beamte sind aus dem Urlaub in ganz England zurückgekehrt und werden weiteren 130 Polizeiunterstützungseinheiten zugeteilt. Die Leiterin des Innenministeriums des Königreichs, Yvette Cooper, sagte, die Polizei habe das Recht, »die schärfsten Maßnahmen« gegen Demonstranten zu ergreifen.
Der Volkszorn nimmt extreme Formen an. Demonstranten schlagen Schaufenster ein, plündern und zünden Autos und Polizeistationen an. Es gab Angriffsversuche auf Moscheen.
Es gibt nur eine Forderung: Die Migration in geordnete Bahnen zu bringen.“
Hier ist guter Rat teuer. Die illegale Immigration bestand bereits vor dem Brexit, damals verbargen sich die Migranten in den Transportfahrzeugen oder stiegen in die Züge ein.
Seit dem brexit und den Grenzkontrollen hat sich die Migration auf den Ärmelkanal verlegt und ist zu einem dauernden zankapfel zwischen Frankreich und dem UK geworden.
Das alles in einem Land, in dem es keine Meldepflicht gibt und wo die Behörden nicht einmal einen Überblick haben, wieviele Menschen im Land leben und wie viele davon illegal. Die, die in den Asylantenheimen leben, sind die Minderheit der neueren Ankömmlinge – die meisten sind irgendwo bei Verwandten untergetaucht.
„Die Zeitung Daily Mail zitierte einen Bewohner von Southport, wo der Mord stattfand, mit den Worten: »Wir sagen: genug ist genug.« Warum stoppen sie nicht die Ankunft von Migranten?“
Wie denn? Man könnte sie nur sogleich bei Ankunft erschießen, aber das wäre mit den Gesetzen des UK nicht vereinbar.
„Wie viele Kinder werden noch sterben, weil sie sie alle hereinlassen?“
Unter „sie“ läßt sich dann jeder angreifen, der einem nicht zusagt. Die gesamte politische Klasse, aber auch Leute, die diese Ankömmlinge bei sich aufnehmen oder ihnen Hilfe leisten bei der Ankunft, Mitarbeiter des Roten Kreuzes oder diverser Sozialeinrichtungen, usw usf.
Einem guten Teil seiner Landsleute sagt dieser Mann den Kampf an:
„Sie müssen an der Grenze stehen und sie aufhalten.“
Emigrantenjagd bei den weißen Felsen Dovers?
„Die Unruhen haben eine solche Wendung genommen, dass … Elon Musk in einem Beitrag in sozialen Netzwerken andeutete, dass ein »Bürgerkrieg in Großbritannien unvermeidlich« sei.“
(KP, 5.8.)
„Starmer kündigt eine harte Linie gegen „rechtsextreme Schlägerei“ bei Unruhen in Großbritannien an“
Das Problem ist, daß die Unruhen zwar durch die Hetze der extremen Rechten losgetreten wurden, aber sich inzwischen weit über deren Spektrum verbreitet haben.
„Die Unruhen in verschiedenen Teilen des Vereinigten Königreichs infolge von Protesten, die von rechtsextremen Plattformen aufgerufen wurden, stellen die neue Labour-Regierung auf die Probe, die mit dieser Gewalt und dem Vandalismus auf den Straßen ihre erste Krise erlebt.
Das Innenministerium hat zwar angekündigt, hart auf gewalttätige Demonstranten zu reagieren, schloss jedoch eine Beteiligung der Armee an der Kontrolle der Lage aus.“
Da muß der Hut schon sehr brennen, wenn so etwas überhaupt erwogen wird.
In den meisten Staaten Europas ist der Einsatz der Armee im Inland verboten und dieses Verbot hat Verfassungsrang. Es wäre verwunderlich, wenn es im UK anders wäre.
Nach Angaben des National Council of Police Chiefs wurden am Wochenende mindestens 150 Personen festgenommen und Dutzende Beamte verletzt. (…)
Aus diesem Grund hielt die Regierung am Samstagabend ein Treffen mit den Justizbehörden ab, um eine integrierte Reaktion zu koordinieren, die unter anderem die Öffnung der Gerichte praktisch rund um die Uhr ermöglichen würde, um eine Überlastung der Gerichte zu verhindern.“
Wo kommen denn auf einmal so viel Richter und andere Gerichtsbedienstete her, die rund um die Uhr Dienst machen?
Da werden dem Gerichtspersonal Überstunden noch und nöcher aufgebrummt, und wie lange diese „Überlastung“ geht, ist noch gar nicht heraußen.
„Dabei handelt es sich um eine ähnliche Entscheidung wie im Sommer 2011 zur Bekämpfung der Unruhen in London nach dem Tod eines Schwarzen durch einen Polizisten. Zu dieser Zeit war Keir Starmer … Leiter der Staatsanwaltschaft. (…)“
Oh.
Da machte er durch harte Hand einen Karrieresprung, der ihn dann so richtig für das hohe Amt qualifizierte, das er jetzt innehat.
„Das Innenministerium hat bereits zusätzlichen Schutz für Moscheen zur Verfügung gestellt, deren Leitern ein schneller Reaktiondurch die Sicherheitskräfte garantiert ist.“
(El País, 4.8.)
Nun, das dürfte schwierig werden:
„There are an estimated 1,500 mosques in Britain. They range enormously in design and scale, and illustrate the diversity of Britain's Muslim population. Fewer than twenty per cent of Britain's mosques are purpose-built – the majority are converted houses or other adapted buildings.“
(The British Mosque)
„An diesem Sonntag ereignete sich einer der schwerwiegendsten Vorfälle in der Stadt Rotherham (im Nordosten Englands), wo eines der Hotels der Holiday Inn Express-Kette Migranten in einer irregulären Situation beherbergt. Dieses Gebäude zog die Feindseligkeit mehrerer hundert Demonstranten auf sich.
Einigen gelang es sogar, in die Räumlichkeiten einzudringen und ein Container wurde in Brand gesteckt, so dass der Sicherheitseinsatz verstärkt werden musste, bis das Gebäude von Einsatzkräften umstellt wurde.
Bolton (in der Grafschaft Greater Manchester) war eine weitere Quelle der größten Spannungen des Tages, da die Gefahr eines Zusammenstoßes zwischen zwei Fraktionen bestand: eine Gruppe von Muslimen, die »Allahu Akbar« … skandierten und eine Gruppe mit englischen Flaggen. Diese Fahne wird normalerweise von ultranationalistischen Plattformen verwendet.
Der Polizei gelang es mit größter Not, sie durch eine Absperrung voneinander zu trennen. Diese konnte jedoch die von beiden Seiten geworfenen Flaschen, Steine und Böller nicht verhindern.
Die Unruhen ähnelten denen, die am Samstag an etwa einem Dutzend Orten, hauptsächlich in England, registriert wurden, trotz der zuvor von der Regierung als Reaktion auf die vom Wochenende ausgehenden Bedrohung organisierten Maßnahmen.
In Liverpool, einer Stadt etwas mehr als 30 Kilometer von Southport entfernt, brannten die Ultras sogar das Innere einer Bibliothek nieder, die erst letztes Jahr wiedereröffnet worden war. Demonstranten versuchten, die Feuerwehr daran zu hindern, das Feuer zu löschen, und nach Angaben der Bezirkspolizei wurde der Boden der Bibliothek schwer beschädigt.
Die Auseinandersetzungen fanden angesichts der 30 öffentlich angekündigten Proteste in voller Alarmbereitschaft der Polizei statt, mit Maßnahmen wie einer besonderen Kontrolle von Zugreisen, um potenzielle Gewaltansammlungen zu überwachen, sowie der Überprüfung der Online-Inhalte rechtsextremer Kanäle, wo die meisten Aufrufe zur Teilnahme publiziert werden. (…)
Die Staatssekretärin für Sicherheit, Diana Johnson, bekräftigte an diesem Sonntag das Ziel, die Kontrolle von Unruhen durch verstärkte Festnahmen und Verurteilungen mit abschreckender Wirkung zu beschleunigen. Die zusätzliche Belastung, die Auseinandersetzungen für verschiedene Polizeidienststellen im ganzen Land mit sich bringen, hat außerdem den Spielraum, auf andere Straftaten zu reagieren, drastisch verringert, wie die Polizeiföderation bereits gewarnt hat.“
(El País, ebd.)
„Keir Starmer im Regen, weil überall in Großbritannien das Geld fehlt
Das Dilemma des Premierministers inmitten immer zahlreicherer umstrittener Entscheidungen der neuen britischen Regierung
Die Ehrenrunde des Siegers liegt lange zurück. Dieser Tage begegnet Keir Starmer die immergleiche Geste: Wo sich der britische Premierminister auch blicken lässt, überall halten die Gesprächspartner die Hand auf. Bei Visiten in Nordirland und Wales gehört das zum Besuchsprogramm eines Londoner Regierungschefs: Die beiden strukturschwachen Regionen fühlen sich generell benachteiligt. Und diese Woche meldete sich der Leiter der englischen Staatsanwaltschaft zu Wort: Die Justiz brauche mehr Geld. Dass die Gefängnisse vollkommen überfüllt sind, weshalb nun Strafgefangene vorzeitig entlassen werden, wussten die Briten schon zuvor.
Mit der Ankündigung neuer Energiepreiserhöhungen nahm am Freitag auch das Grummeln der mächtigen Alterslobby zu. Wohlhabenden Pensionisten hat Finanzministerin Rachel Reeves vergangenen Monat den jährlichen Heizzuschuss von umgerechnet 354 Euro gestrichen; erhalten sollen die Subvention nur noch jene, denen der Staat ohnehin unter die Arme greift. Schon beschwören die Medien im warmen Spätsommer die künftig frierenden Pensionistinnen und Pensionisten.
Überall Klagen und Forderungen
Noch genießt Großbritannien die Sommerruhe, das Unterhaus geht erst im September wieder an den Start. Erspart bleiben dem Labour-Vorsitzenden deshalb die Forderungen der Populisten von rechts und links. Die Klagen seiner eigenen Parteilinken über das fehlende Geld im Sozialhaushalt kann Starmer wahrscheinlich längst mitbeten.
Den geplanten Familienurlaub mit seiner Frau und den zwei halbwüchsigen Kindern musste der 61-Jährige wegen der jüngsten rassistischen Krawalle ausfallen lassen. Wie von einem früheren Chefstaatsanwalt nicht anders zu erwarten, hat Starmer diese Krise gut gemeistert: Der Staat zeigte unerbittliche Härte, die Briten klatschten Beifall, die Lage beruhigte sich.
Den Streit ums liebe Geld aber wird der Bewohner der Downing Street immer aufs Neue ausfechten müssen. Für einen Labour-Chef gilt es dabei, nicht allzu sehr als Wohltäter der Gewerkschaften zu gelten, aus denen die Partei einst hervorging.
Poker ums Geld
Man müsse die unter der Tory-Regierung von Premier Rishi Sunak teilweise seit Jahren schwelenden Arbeitskämpfe im Gesundheitsdienst, in den Schulen und bei der Eisenbahn endlich beenden, lautete die Parole nach dem Wahlsieg Anfang Juli. Gesagt, getan: Krankenhausärzte und Lehrer erhalten ebenso saftige, deutlich über der Inflationsrate von 3,1 Prozent liegende Gehaltserhöhungen wie die Angehörigen der Lokführergewerkschaft Aslef. Kaum hatte Verkehrsministerin Louise Haigh erleichtert die letztgenannte Einigung verkündet, die an keinerlei Zugeständnisse der Arbeitnehmer geknüpft ist, kündigte Aslef-Chef Mick Whelan schon den nächsten Ausstand an. Haigh und ihr Chef Starmer standen da wie Naivlinge.
Dem öffentlichen Dienst habe selbst die später als Gewerkschaftsfresserin berüchtigte "eiserne Lady" Maggie Thatcher zunächst üppige Zuschläge gewährt, beschwichtigen Regierungsleute. Doch fürchten unabhängige Ökonomen einen Dominoeffekt. Schon fordert die zweite Eisenbahnerlobby RMT "den genau gleichen" Lohnabschluss, bereiten sich Allgemeinärzte und Grenzschützer auf Warnstreiks vor.
Zudem verstoßen die von Finanzministerin Reeves abgesegneten Tarifabschlüsse gegen deren lautstark verkündete Sparpolitik. Dieser sind nicht nur umstrittene Straßenbauprojekte zum Opfer gefallen, das Schatzkanzleramt blockiert auch wichtige Investitionen in die Hightechzukunft des Landes.
Wegen einer Subventionskürzung droht Pharmagigant Astra Zeneca mit der Verlegung einer geplanten neuen Impfstofffabrik von Liverpool nach Frankreich oder Philadelphia (USA). Grundlagenforscher empören sich über die Streichung des in Edinburgh geplanten Supercomputers, der Großbritannien bei der Einführung und Kontrolle von Künstlicher Intelligenz (KI) unterstützen soll. Die ungeliebte, weil immens teure Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen London und Birmingham will Reeves nicht im zentralen Bahnhof Euston, sondern im westlichen Vorort Old Oak Common enden lassen, was die erreichte Zeitersparnis zwischen den Innenstädten zunichtemacht.
Der Regierungschef und seine Finanzministerin sollten den angekündigten sonnigen Spätsommer genießen. Der Herbst droht hart zu werden.“
(Standard, 25.8.)
Dergleichen kritische und das Elend der Briten beschwörende Artikel liest man seit dem Brexit öfter über GB.
Es gäbe zwar einen Haufen EU-Staaten, über die man ein ähnliches Lamento anheben könnte, aber die bleiben hinter dem Vorhang.
Starmer kündigt an, ein Budgetloch von 26 Milliarden Euros entdeckt zu haben. Er kündigt Sparpakete an.
Das Problem ist eine immer weniger Gewinn und Steuereinnahmen produzierende City of London, der der Brexit nicht gut getan hat, im Verein mit einer produzierenden Industrie, die schon vorher den Bach hinunter gegangen ist – sie hat den Wettbewerb gegen Deutschland und sogar Frankreich verloren, bevor noch China groß ins Spiel kam.
Bleibt noch der Welthandel, der auch durch den Brexit und das langsame Zerbröseln des Commonwealth sehr geschrumpft ist.
Starmer meint, es müßte schlechter werden, um besser zu werden, aber eine Perspektive, wie es wieder zu einem Aufschwung kommen könnte, fehlt.
Die Vorstellung, sich über Rüstungs-Aufträge einen Aufschwung zu verschaffen, ist bereits unter seinen Vorgängern in die Hose gegangen, weil alle Aufträge kreditfinanziert waren und die Waffen hergeschenkt wurden, was das britische Budget und auch die Kreditwürdigkeit des Pfunds beeinträchtigt hat.
Der Leitzins liegt deshalb knapp unter dem des $ und war auch schon höher, was das Budget zusätzlich belastet.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/starmer-scholz-104.html
https://www.agenzianova.com/de/news/Die-Einigung-zwischen-Scholz-und-Starmer-stellt-die-Verteidigung-in-den-Mittelpunkt-der-neuen-Beziehungen-zwischen-Berlin-und-London/
Die Ankündigungen von Starmer und Scholz, dass sowohl die wirtschaftliche als auch die militärische Zusammenarbeit zwischen D und GB bilateral verbessert werden solle, einen Grundlagenvertrag darüber strebe man an – wird vermutlich auf Skepsis bis Widerstand sowohl bei der EU-Zentrale als auch bei großen EU-Ländern (z.B. Frankreich) stoßen. Nach Ansicht Brüssels solle GB sich gefälligst mit den von ihm erstrebten Resultaten des Brexit abfinden, obendrein gibts noch unklare Fragen wegen Nordirland etcpp. – Und militär-strategisch hofft Frankreich nach wie vor selber auf bessere Beziehungen zu Berlin – und das nicht nur aber eben doch auch bei gemeinsamen Rüstungsprojekten.
(Interessant auch, dass ausgerechnet die Ampel-Regierung in Berlin nach dem Brexit den Wünschen der Briten, mit aller Welt neue Grundlagenverträge und Meistbegünstigungsklauseln aushandeln zu wollen https://www.boell.de/de/2021/01/20/nach-dem-brexit-ist-vor-dem-handelsabkommen-wie-steht-es-um-einen-neuen-us-uk. “Die Biden-Regierung hatte nach dem Brexit die Aussichten auf ein schnelles Freihandelsabkommen zwischen den beiden langjährigen Verbündeten zunichtegemacht.” (Der Spiegel 2023) [ – wobei die Tories m.W. in ihrer weltpolitischen Emanzipation noch nicht übermäßig weit gekommen sind, der breit angekündigte Grundlagenvertrag mit den USA lässt ja wohl auch 2024 immer noch auf sich warten – stattdessen kamen diverse Mahnungen von den USA, die Briten sollten sich an den Brexit halten und ihre Finanzen sanieren, was die brit. Währung in den Keller schickte …] nun anscheinend von deutscher Seite entgegen kommt. – Mal schauen, was Ursula von der Leyen und die EU-Kommission noch dazu sagen werden….)
https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/vereinigtes-koenigreich-und-deutschland-streben-neue-sicherheitspartnerschaft-an/
Innenpolitisch setzt Starmer auf andere Schlagzeilen in der britischen Presse als all die selbstbewussten bis exzentrischen Skandale und Skandälchen der Tories: “Starmer streicht Helikopter-Flugbereitschaft der Regierung. Großbritanniens Premier Starmer hat einen neuen Haushalt mit »schmerzhaften Einschnitten« angekündigt. Er selbst verzichtet auf ein teures Privileg seines konservativen Amtsvorgängers.”
Dafür ist genug Geld da:
„Großbritannien liefert der Ukraine mehrere hundert Luftabwehr-Raketen
Großbritannien liefert der Ukraine 650 Raketen zur Luftabwehr. Das teilte das Verteidigungsministerium in London vor einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein im deutschen Rheinland-Pfalz mit. Verteidigungsminister John Healey werde das Luftabwehr-Paket im Wert von 162 Millionen Pfund (192 Millionen Euro) bei dem Treffen verkünden, hieß es in einer Mitteilung am Donnerstagabend.
Finanziert werde es vornehmlich aus der drei Milliarden Pfund (3,5 Milliarden Euro) schweren jährlichen Unterstützung Großbritanniens für die Ukraine. »Diese neue Zusage wird der Luftabwehr der Ukraine einen wichtigen Schub verleihen und die Entschlossenheit unserer neuen Regierung zeigen, die Unterstützung für die Ukraine zu erhöhen«, sagte der Labour-Politiker laut der Mitteilung.“
(Standard, 6.9.)
Es fragt sich allerdings, um welche Systeme es geht.
Der Schrei der Ukraine nach Patriot-Raketen war ja dadurch bedingt, daß die meisten anderen wenig effizient sind, daß sie elektronisch von Rußland geknackt wurden.