KONKURRENZ DER WÄHRUNGEN UM DAS VERTRAUEN DES FINANZKAPITALS
1. Die Schuldenkrise kommt wieder
Die EZB hat nach langem Hin und her und einer jahrzehntelangen Nullzinspolitik die Leitzinsen von 0% auf 0,25% erhöht. Eine minimale Erhöhung, im Vergleich zu den Leitzinsen der Vor-Finanzkrisenzeit. Und dennoch, die Reaktionen waren sofort da und geben Anlaß zu Bedenken.
„Die Entscheidung der EZB, Schuld von Staaten in Schwierigkeiten zu kaufen, hat nicht die nötige Entschlossenheit, um die Spekulation zu verhindern.“ (El País, 16.6., Leitartikel)
Die EZB hat die letzten 10 Jahre Staatsschuld von Staaten sowie Anleihen von Banken und Unternehmen aufgekauft, um diese zu stützen. Kaum erhöht sie die Zinsen, schon sind die weiterhin gefährdet. Das weist darauf hin, daß die Krise nie weg war, sondern nur durch die Stützungskäufe eingefroren wurde.
„Die an diesem Mittwoch von der Europäischen Zentralbank (EZB) angekündigte Maßnahme will die „Fragmentierung“ des Euroraums vermeiden und damit eine Rückkehr zu hohen Risikoprämien, also zu unterschiedlichen Kosten verhindern, die die Finanzmärkte von den Ländern des Südens für ihre Kreditierung verlangen – zum Unterschied von dem, was sie von Deutschland verlangen.“ (ebd.)
Die Eurokrise ist nämlich sonst wieder da und es stellt sich heraus, daß der Euro nicht von den stärksten Wirtschaften gestützt, sondern von den schwächsten Nationalökonomien gefährdet wird.
„Die Entscheidung will die Glaubwürdigkeit ihrer Absicht untermauern, bei Fälligkeit so viele italienische, spanische, griechische und portugiesische Anleihen wie nötig zu kaufen, obwohl die Erklärung dies nur implizit sagt.“ (ebd.)
Sie nennt also die Wackelkandidaten nicht, obwohl sich an den Risikoprämien genau ablesen läßt, um wen es sich handelt.
Das ist aber nur ein Teil des Problems, der durch diese mickrige Zinserhöhung hervorgerufen wurde.
2. Wettlauf der imperialistischen Blöcke: Wer bietet mehr?
„Die Fed genehmigt die größte Zinserhöhung seit 1994, um die Inflation zu bekämpfen. Die Zentralbank erhöht den Preis des Geldes um 0,75 Punkte auf 1,75 %.“ (El País, 15.6.)
Daß das gegen die Inflation irgendetwas helfen wird, glauben nur Menschen, die auch an den Weihnachtsmann glauben. Diese Schimäre der Inflationsbekämpfung durch Zinserhöhungen dient nur mehr als ziemlich verbrauchtes Feigenblatt für die Konkurrenz der Währungen um das weltweit herumschwappende Finanzkapital, das nur zwei Momente vor Augen hat: Risiko und Zinshöhe.
Japan hat 0,1% Minuszinsen, das Land ist mit 270% seines BIP verschuldet und erhält Kredit nur mehr im Inland. Wenn z.B. die Fed japanische Staatsschuld aufkauft – wie das in der Vergangenheit öfter vorgekommen ist –, so sind das politische Stützungskäufe, um Japan als Verbündeten zu erhalten und an einer Annäherung an China zu hindern.
Aber vom Standpunkt der internationalen Finanzmärkte ist Japan abgemeldet, der Yen ist als Reserve- und auch als Handelswährung unattraktiv geworden. Deswegen gab es auch Verhandlungen mit China über Bartergeschäfte, und deswegen auch die Stützung durch die Fed, um das zu verhindern.
Jetzt hat also die Fed als Reaktion auf die Zinserhöhung der EZB gleich einen Schritt im Sinne von „Nicht Kleckern, Klotzen!“ gesetzt. Sie hat damit eigentlich der Eurozone den Fehdehandschuh hingeworfen und damit einen Wettlauf eingeleitet, wer sich das eigentlich leisten kann: Die Neue oder die Alte Welt?
Seit ca. einem Jahr sinkt der Euro gegenüber dem Dollar und nähert sich der Parität an. Derzeit notiert 1 Dollar mit 0,95 €, das kann sich aber bald ändern, wenn die Eurokrise wieder kommt und für die Finanzanleger der Dollar sowohl nach Risiko als auch nach Zinshöhe wesentlich attraktiver wird.
Dazu kommt noch die drohende Rezession hüben und drüben des großen Teiches und die immer weiter fortschreitende Inflation aufgrund des Höhenfluges der Energiepreise, den die westlichen Nationen aufgrund ihrer Sanktionspolitik selber hervorgerufen haben und weiter hervorrufen.
An dieser Bewegung nach oben ändern die Zinsänderungen der Notenbanken nichts.
Aber auch damit sind die Folgen der 0,25%-Erhöhung nicht alle erfaßt.
3. Börsenflaute
Die meisten wichtigen Börsen der Welt gingen nämlich zunächst abwärts.
Aus mehreren Gründen.
Erstens stehen unter den Wertpapieren die festverzinslichen, also Anleihen, in einem Konkurrenzverhältnis zu den Aktien. Wenn man mit Anleihen hohe Zinsen erzielen kann, so hat die Aktienspekulation weniger Akteure, weil viele den sicheren Hafen der garantierten Gewinne vorziehen. Umgekehrt-umgekehrt: Die Finanzkrise hat das Vertrauen in den sicheren Hafen erschüttert und die Zinsen sind ins Bodenlose gefallen, was die Aktienspekulation beflügelt hat.
Inzwischen haben die Notenbanken ihre Anleihen garantiert, also haben diese ihre sichere-Hafen-Funktion zurückerlangt. Wenn jetzt noch die Zinsen steigen, so zieht ein guter Teil derjenigen Meute, die zu viel Geld hat, von den Share- in die Bond-Märkte und die Aktienspekulation verliert an Treibstoff.
Viel von den Gewinnen der letzten Jahre beruhte auf Schwindel, der von allen Akteuren mitgetragen wurde: Gewinne wurden künstlich aufgeblasen, Verluste in Bilanzen versteckt, und wenn gar kein Gewinn da war, so wurden Schulden aufgenommen, um dennoch Dividenden zahlen und ein Plus vorweisen zu können. Dieses ganze Treiben konnte dann noch in Hochglanzbroschüren durch Börsenexperten-Hofdichter weiter beschönigt werden. Gut erkennbar war das z.B. am Fall Wirecard u.a.
Wenn jetzt ein guter Teil des Finanzkapitals die Aktienmärkte verläßt, so ist zu befürchten, daß in der darauffolgenden Ebbe viel von diesem Schwindel, sozusagen finanzielle Wasserleichen, ans Tageslicht kommt.
Schließlich stehen der westlichen Welt aufgrund des Ukraine-Krieges und der gestiegenen – und weiter steigenden – Energiepreise magere Jahre bevor, die überhaupt die Börsen alt ausschauen lassen könnten …
Dann kann noch dazu eine Fluchtbewegung aus Währungen entstehen, die schlecht ausschauen, wie dem Euro und dem Yen, die weitere Folgen auf das Börsengeschehen haben könnten.
„Die USA und die EU stehen vor der Aufgabe, die Preise zu senken, ohne in eine Rezession zu verfallen“ (El País, 17.6.)
Daraus wird nix, das läßt sich bereits jetzt sagen.
Um die Energiepreise zu senken und damit den Rest der Waren, müßten sich diese beiden Blöcke mit Rußland einigen, was sie um keinen Preis wollen.
Die Rezession hingegen steht bereits vor der Tür und wird durch Maßnahmen wie Zinserhöhungen nur verstärkt.
Zusatz – der Bitcoin-Markt crasht, – Denn:
"Krypto-Anlagen sind kein Billionen-Geschäft mehr. Der Wert aller digitalen Währungen, mittlerweile sind es rund 20 000, ist nach dem jüngsten Kurseinbruch kumuliert nicht mehr 1000 Milliarden Dollar wert. Im November 2021 waren es noch mehr als das Dreifache gewesen. Der Bitcoin hat in den vergangenen drei Tagen über 20 Prozent eingebüsst und notierte nun unter 23 000 Dollar. Bei anderen bekannten Kryptowährungen wie Ether und Solana sind die jüngsten Wertverluste noch gravierender. Viel Kritiker sehen das von ihnen schon lange beschworene Ende des «Schneeballsystems Krypto» nahen.
https://www.nzz.ch/finanzen/investoren-trennen-sich-von-risikobehafteten-anlagen-der-bitcoin-faellt-und-faellt-und-notiert-bereits-auf-unter-23-000-dollar-ld.1688736
Dass man irgendwas zu Geld machen kann, ist allerdings keine Besonderheit dieses Marktes, denn dass Preissteigerungen.B. bei Kunstobjekten irgendwas mit deren Botschaft oder kunstfertiger Technik zu tun habe, das glaubt doch auch keine Sau….
https://www.nzz.ch/finanzen/devisen/bitcoin-hat-keinen-wert-und-keine-zukunft-ld.1653625
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/alles-gutes-geld
Der Verweis auf den Kunstmarkt ist passend, weil der wird ja auch als Investitions-Sphäre gesehen, wo man ähnlich wie bei Tulpenzwiebeln aus einem relativ einfach herzustellenden Objekt (moderne Kunst) eine Riesen-Sache machen, oder ein bereits hergestelltes Objekt (alte Bilder) preismäßig in die Höhe treiben kann.
1. "Irgendwas" kann man nicht zu Geld machen, sonst könnte das jeder. Es muss schon etwas sein, das nicht beliebig vermehrbar ist und das eine zahlungsfähige Nachfrage auf sich zieht.
2. Na dann ist es ja ein Glück, dass außer dir auch keiner behauptet, der Preis hätte was mit der Botschaft zu tun.
Bei Marx gibt es die Kategorie des Monopolpreises, in welche die Kunstprodukte gehören. Dafür gibt es drei Bedingungen.
1. Die Sphäre muss in der Lage sein, sich der Reduktion der Profit auf den Durchschnittsprofit zu entziehen. Dies trifft zu, wenn ein Produkt nicht beliebig vermehrbar ist, der Eigentümer also ein Monopol hat. Es ist also nicht die Botschaft oder Virtuosität des Handwerks, die das Monopol begründet, sondern schlicht, dass die Werke eines Künstlers nicht beliebig vermehrbar sind. Deshalb spielt es auch eine große Rolle, ob es sich um ein Original handelt.
2. Bedingung ist eine existierende zahlungskräftige Nachfrage. Und natürlich kann ein Monopolpreis der sich vom allgemeinen Produktionspreis losgelöst hat und nur durch die Kauflust der potenten Geldbesitzer bestimmt wird, eh nur durch den Mehrwert bezahlt werden den Kapitalisten einstreichen.
Die 3. Bedingung wäre also die Existenz einer Klasse, deren Reproduktion nicht durch v beschränkt ist, die also nicht auf ihre Arbeitskraft als Einkommensquelle verwiesen ist, sondern die ihr Einkommen aus der Ausbeutung von Arbeitskraft bezieht. Nur eine solche Klientel kann sich eine Preisschlacht um die einmaligen, originalen Gemmen der kapitalistischen Produktion überhaupt leisten.
Mir ist nicht ganz klar, wie man diese Ausführungen zum Monopolpreis – die den Kunstmarkt treffen – auf die Kryptowährungen umlegen kann?
"Vom Bitcoin bis zur Industriebeteiligung wird alles unter ein und dasselbe Urteil subsumiert und nach den Kriterien erwarteter Sicherheit und Rendite als Anlageobjekt in Augenschein genommen. Zur Vermehrung ihres und des von ihnen verwalteten Geldreichtums der Gesellschaft schichten die Finanzmarktakteure ihre Vermögen beständig um, vergleichen die Kapitalqualität verschiedenster Investments, spekulieren auf deren Zukunft, ziehen das Geld bei Bedarf auch wieder ab, um es gleich in das nächste Anlageobjekt zu stecken, und stellen damit beständig das maßgebliche Urteil über den ökonomischen Nutzen und die Zukunftsaussichten eines jeden Vehikels ihrer Spekulation her. Die überwiegende Mehrheit, die sich daran aus Mangel an Vermögen nicht beteiligt, geht all das nichts an – einerseits. Andererseits ist sie in ihrer Eigenschaft als Mieter, Häuslebauer, lohnabhängige Dienstkraft, Konsument, Sparer usw. als nützliches Anhängsel verplant für die Haltbarkeit der unzähligen Renditeerwartungen von Finanzinvestoren und daher praktisch immerzu von deren Anlageentscheidungen betroffen."
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/alles-gutes-geld
"Geldanlage" -als Thema – das betrifft in der Tat nicht jedermann. Erkleckliche Massen der Leute haben im Todesfall gar nichts zu vererben. Sondern massig Schulden aufgehäuft. Solch erbärmliche Armut zeigt sich derzeit, wenn angesichts der derzeitiger Preissteigerungen manch notwendiges Zubehör proletarischen Konsums gecancelt oder verschoben wird (vom Urlaub bis zur Sofagarnitur…)
Aber umständehalber kommen auch die einen oder anderen aus solchen Kreisen, die früher mal "Mittelschicht" genannt wurden, mal in den Besitz von 10.000 EUR; auch zum Erwerb mancher Güter schätzt so jemand zwischendurch sein Kleingeld mal auf. Und will es zwischendurch anlegen, als Variation seiner eigenen Lebensplanung. Gerade Bitcoins scheinen gerade bei Youngstern dafür enorm beliebt gewesen zu sein, und dass die spätere Rente hinten wie vorne nicht reiche, das wird ja überall verlautbart. Sowohl das Hergeben seiner Ersparnisse für Bitcoins als auch das derzeitige Resultat: die Knete ist weitgehend futsch, führt im Regelfall jedoch nicht zur Einsicht, dass man die gesellschaftlichen Verhältnisse selber in die Hand nehmen müsse, und sie umstürzen müsse, Obendrein, wie oben erläutert, wird man selbst als Mieter davon betroffen gemacht, wenn die Millionen-Bitcoin-Geldanlage des Wohnungsinvestors in die Binsen gegangen ist…
[Ich wollte deine Ausführungen also nur darin ergänzen, dass es sich hier nicht um ein "Luxus-Problem" des Geldadels handelt. – Ja, das hast du auch nicht behauptet.]
Dass die verschiedenen Geldanlage-Möglichkeiten aktuell anders begutachtet (bzw. ‘geschlecht’achtet) werden, also aktuell kritisch(er) beäugt werden, das liegt daran, dass Festgeldanlage wieder interessanter wird. Und obendrein wird insgesamt eine Rezession im kapitalistischen Konjunkturverlauf erwartet, weil in die Gewinnerwartungen der höhere Zins und eine zukünftig striktere staatliche Schuldenpolitik eingepreist sein muss, was schon dadurch manche kapitalistische Gewinnerwartung auf noch weiteren Kredit verweist, was …. ….
Den Verweis auf den Kunstmarkt bzw. Lesers Ansicht man müsse einer vorgestellten Behauptung widersprechen, dass Kunstwerke wegen ihrer Botschaft oder ihrer Kunstfertigkeit hohe Preise erzielen, fand ich ein wenig zu locker vom Hocker. Deshalb die Aufklärung wie die Preise auf diesem Markt bestimmt sind. Wenn ihr da jetzt Differenzen zum Bitcoin entdeckt, dann war das durchaus beabsichtigt.
Tulpenzwiebeln waren Spekulationsobjekte. Meines Wissens hat man auf das Auftreten seltener Farben und Kreuzungen spekuliert. Wie so eine Tulpe später aussieht, kann man an der Zwiebel nicht erkennen. Es wird auf einen zukünftigen Gewinn spekuliert, den die Tulpe einbringen kann und soll.
Beim Wein ist das normalerweise nicht so, denn der soll ja getrunken werden und er verdirbt auch mit der Zeit. Einige Sorten schneller als andere. Ein Bild bringt auch keinen Gewinn hervor. Das bleibt ein Bild. Der Preis ergibt sich aus der Konkurrenz der zahlungsfähigen Nachfrager. Natürlich kann man darauf wetten, dass diese Konkurrenz die Preise in die Höhe treibt.
Da hat jetzt Leser ein gutes Zitat gebracht. Denn unter dem Gesichtspunkt Anlageobjekt zu sein, wird alles gleich. Welchen ökonomischen Grund das Plus oder Minus hat interessiert nicht die Bohne. Es interessiert alleine die Differenz, die positiv ausfallen soll, das aber nur gelegentlich tut. Diesen Betrachtungsweise sollte man nicht theoretisch einnehmen, indem man alles was als Spekulationsobjekt benutzt werden kann in einen Topf packt.
Das wäre auch ein Unterschied zum Kunstmarkt. Denn Bitcoins sind ausschließlich als Geldanlage bzw. als Spekulationsobjekt beliebt. Die sind so immateriell, dass man sie noch nicht mal betrachten kann. Die sind noch nicht mal ne Währung hinter der der Staat steht, sondern quasi die Idee des Spekulationsobjekts bei dem Beteiligten auf die Nachfragebewegung wetten, die sie selbst herstellen.
Aber die Ausführungen von Marx und auch die Kunstobjekte und sogar die Tulpenzwiebel beziehen sich auf eine Ware, die aus verschiedenen Gründen zu einem Spekulationsobjekt wird und deshalb Preise erzielt, die mit ihren Herstellungskosten nichts zu tun haben.
Ich hatte
@Kehrers Bemerkung
so verstanden, daß er damit den Vergleich von Bitcoin und Kunst zurückweisen wollte, weil beim Kunstgegenstand eben eine reale Sache gehandelt wird.
Jetzt schreibt der selbe:
Das denke ich, war ja auch
@Lesers Gedanke, als er schrieb:
was ja Kehrer nicht gefiel!
Mir haben auch junge Leute Bitcoin als die Währung der Zukunft charakterisiert, aber nicht wegen der Rente.
Einer meinte, die Kriminalität werde zunehmen, weil normale Jobs rar werden, und für die Kriminellen ist das Darknet und die Kryptowährungen unverzichtbar.
Der andere meinte, die Fähigkeit der Staaten, die auf Schulden beruhende Währung ewig zu garantieren, würde einmal kippen und dann blieben nur virtuelle Währungen übrig.
Meine Stellung in der Frage ist, daß Geld eine Gewalt braucht, die die Leute auf dieses allgemeine Äquivalent und Zahlungsmittel verpflichtet. Angebot und Nachfrage genügen hier nicht. Die Kryptowährungen können deshalb nur im Schatten der vorhandenen Staatspapiergelder florieren und können sie nicht ersetzen.
Ralf Streck: EZB rudert wegen Angst vor neuer Schuldenkrise zurück. Notenbank verkündete erst Stopp der Anleihekäuf, beschließt aber auf Krisensitzung wegen steigender Staatsanleihen-Zinsen wieder Anleihen zu kaufen; FED legt Vollbremsung hin.
"Erst kürzlich hatte die Europäische Zentralbank (EZB) nach viel zu langem Zögern eine leichte Abkehr von der Null- und Negativzinspolitik sowie der Geldschwemme angekündigt, die seit 14 Jahren die EZB-Geldpolitik bestimmen. Damit wollte die EZB, angesichts der Rekordinflation von offiziell 8,1 Prozent, eine zaghafte geldpolitische Wende einleiten. (…) Klar war, dass real die Anleihekäufe nicht einmal eingestellt werden sollten. Denn fällig werdende Anleihen sollten noch mindestens bis 2024 reinvestiert wissen. [… refinanziert werden? Leser] Es sollten also weiter Anleihen gekauft werden. Da aber mit den Ankündigungen der Zentralbank die Zinsen für Staatsanleihen von Schuldenländern wie Italien seither wieder deutlich angestiegen sind, rudert die EZB aus Angst vor dem Aufflammen einer neuen Schuldenkrise auch in dieser Frage längst wieder zurück. (…)"
https://www.heise.de/tp/features/EZB-rudert-wegen-Angst-vor-neuer-Schuldenkrise-zurueck-7144997.html?seite=all
Das schaut nach einem stärkeren Gegensatz – nicht mehr innerhalb Europas aus. Sondern nach einem Zinsgefälle zwischen USA und Europa, – und einer Delle für den Euro insgesamt in seiner Stellung auf dem Weltkapitalmarkt.
"(…) Zudem wurde (am Mittwoch im EZB-Rat) über neue Instrumente diskutiert, um die Fragmentierung der Eurozone, sprich ein Auseinanderdriften der Anleiherenditen zu verhindern. Die Medien sprechen von einem "Geheimplan für Europa". Die Währungshüter wollen vorerst möglichst keine Details verraten. Sie befürchten, dass die Marktteilnehmer dann die Notenbank auf die Probe stellen würden." https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/euro-schuldenkrise-ezb-italien-anleihenmarkt-zinsen-zinswende-101.html
Ulrike Herrmann: EZB-Hilfen für Italien und Griechenland: Vermeidbare Panik. An der Fast-Eurokrise hat die EZB Schuld. Sie hatte Zweifel an Staatsanleihen aus Ländern wie Italien oder Griechenland gesät. https://taz.de/EZB-Hilfen-fuer-Italien-und-Griechenland/!5858376/
https://taz.de/EZB-unterstuetzt-Suedeuropa/!5861638/
Die gegensätzlichen Interessen im Euro-Raum müssten durch die EZB nur besser miteinander “kommuniziert” werden – und dann ginge alles schiedlich-friedlich und harmonisch auf, was da so an gegensätzlichen Gewinnerwartungen europaweit bzw. weltweit kapitalistisch unterwegs ist?
Rußland will die nächte Tranche seiner Staatsschuld in Rubeln auszahlen, mit einem Mechanismus ähnlich dem der Energiezahlungen.
Eine Frage ist, ob die Gläubiger das annehmen, und wenn nicht, was ein Zahlungsausfall für das internationale Finanzsystem bedeuten würde, vor allem für den Euro.
@Leser
Gemeint ist offenbar, daß die Schuldensumme nicht reduziert werden soll, sondern die Gläubiger (= die EZB) von dem Geld wieder Anleihen kaufen werden.
Diese Ausdrucksweise ist einerseits der Beweis, daß die obersten Währungshüter zwischen Investment und Schulden gar nicht mehr unterscheiden können und zweitens das Eingeständnis, daß die EZB bisher die Wackelstaaten kreditmäßig am Leben erhalten hat.
Hier wollte ich nicht auf den Unterschied real oder ideell raus, sondern darauf, dass es eben nicht "irgendwas" beliebiges ist, das man zu Geld machen kann. Es muss schon eine zahlungsfähige Nachfrage danach geben und im Fall des Monoplopreise, darf dieses etwas auch nicht durch allgemein menschliche Arbeit beliebig vermehrbar sein. Also nicht irgendwas, sondern etwas auf das diese zwei Bestimmungen zutreffen.
Mein Plädoyer ging dahin Kunst, Wein und Bitcoin nicht gleich zu machen, weil man mit Geld darum eine Konkurrenz austragen kann. Denn beim Wein ist der Grund der Nachfrage der Genuss den die betuchten Weintrinker haben. Ein Erwerber von Bitcoin will kein materielles Bedürfnis befriedigen, für ihn ist der Kauf von Bitcoin bloß eine Wette um das Steigen seines Kurses. Die Gemeinsamkeit ist bloß, dass mit Geld darum konkurriert wird.
@Kehrer
Es sollten ja auch diese Dinge nicht gleichgesetzt, sondern nur Gemeinsamkeiten zwischen ihnen festgehalten werden. Das schließt natürlich ein, daß es Unterschiede auch gibt. Das Gemeinsame ist, daß sie Objekte der Spekulation sind, also nicht einfach „etwas zu Geld gemacht“ wird, sondern der Preis sich von allen materiellen Werten, Erzeugungskosten emanzipiert.
Was die Attraktivität von Bitcoin angeht, so ist es unrichtig, die auf das Spekulationsinteresse zu reduzieren. Wenn die Türkei oder El Salvador es als Zahlungsmittel oder Devisenersatz zulassen, so haben sie gerade nicht das Moment der Spekulation im Auge, sondern das Bitcoin soll sich als werthaltiger als die eigene Währung erweisen, bzw. Devisenmangel und Kapitalflucht bekämpfen.
Dazu kommt die Unterwelt, das Darknet usw., für die ist es ein Zahlungsmittel, das sich der Kontrolle durch eine ausgebende Nationalbank entzieht.
Fed-Chef will Zinserhöhung um einen Prozentpunkt nicht ausschließen
Jerome Powell, der Vorsitzende der US-Notenbank, will die hochgeschossene Inflation rasch senken. Er stellt weitere zügige Zinsanhebungen in Aussicht
Die US-Notenbank wird sich laut ihrem Chef Jerome Powell mit entschlossenem Handeln dafür einsetzen, die hochgeschossene Inflation zu senken. Die Währungshüter gingen zügig vor, um dies zu erreichen, erklärte Powell am Mittwoch in seiner halbjährlichen Anhörung im US-Kongress. "Es ist wichtig, dass wir die Inflation herunterbringen, wenn wir eine anhaltende Phase starker Arbeitsmarktbedingungen haben wollen, die allen zugutekommt", sagte er im Bankenausschuss des Senats.
Das Ziel sei, die Inflation auf zwei Prozent zu drücken, während der Arbeitsmarkt stark bleibe. Die Notenbank wolle die Inflation senken, ohne eine Rezession auszulösen. "Wir tun, was wir können", sagte Powell.
https://www.derstandard.at/story/2000136801037/fed-chef-will-zinserhoehung-um-einen-prozentpunkt-nicht-ausschliessen
Viel können sie ja nicht, aber für eine Währungskonkurrenz reicht es allemal.
Also der Bitcoinkurs reduziert sich nicht auf das Spekulationsinteresse, weil El Salvador drauf spekuliert, dass sein Kurs weniger sinkt als die eigene Währung? Ich würde da umgekehrt auf die erbärmliche Güte der Währung von El Salvador schließen, als auf die Werthaltigkeit von Bitcoin.
Wert hat der Bitcoin sowieso nicht, weil er kein Arbeitsprodukt ist.
Allerdings. Die EZB wird dem nicht folgen, weil das hierzulande Pleiten auslöst. Dann gäbe es wieder eine Finanzkrise. Das heißt Kapital fließt in die USA. Der Dollar steigt. Und in der EU geht die Inflation weiter, weil die dummen Deutschen und die EU weiterhin von russischer Energie unabhängig sein wollen und dabei ihre Konkurrenzfähigkeit einbüßen. Na immerhin fällt dann der Euro und dadurch werden die Waren aus der EU wieder billiger. Allerdings reduziert das auch den gesamte Reichtum der sich in Euro darstellt.
Anlässlich von G7-Gerüchten, Russland solle der Goldexport verunmöglicht werden: Welche Funktion hat heutzutage denn weltweit das Gold überhaupt?
Ein (anderer) Leser bezweifelt: „dass bloß, weil es keine Goldwährung, Golddeckungs- oder Goldkernwährung mehr gibt, die sog. reelle Geldware abgedankt habe. Der Staat alleine könne seinen Wertzeichen keinen Wert verleihen.“ Die GSP-Redaktion antwortete in 3/2001: Die „politökonomische Substanz“, von der du weißt, dass sie im Geld „vergegenständlicht“ vorliegt, ist nichts anderes als das Gewaltverhältnis, das die kapitalistische Gesellschaft beherrscht. (Diesen Text hat der GSP wohl noch mal überarbeitet, jedenfalls ist er online nicht aufrufbar.) Sondern: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wert
https://wissenundkritik.de/wp-content/uploads/2021/02/Zum-Wert-I-Jour-fixe-12.4.2010.pdf
https://wissenundkritik.de/wp-content/uploads/2021/02/Zum-Wert-II-Jour-fixe-26.4.2010.pdf
Oder, andere Frage: Russland soll vom weltweiten Kapitalverkehr abgeschnitten werden, und für Kapitalimport benutzt es anscheinend auch Goldvorräte. Außer durch Gelder, die es über den Verkauf von Rohstoffen erhält, scheint es sonstige internationale Geldmittel ja kaum zu erhalten. https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/kapitalisierung-russlands-marktwirtschaft-vom-feinsten#section15
Russischen Zugriff auf weltweite Waren zu verunmöglichen, die Russland für seine industrielle Entwicklung benötigt – ist das der Zweck des G7-Goldkriegs?
Dass der westliche Imperialismus geschwächt sei, und solchen Goldkrieg verlieren müsse, – das meint die jw. https://www.jungewelt.de/artikel/429213.alles-auf-risiko.html?sstr=Gold. Ob das so stimmt?
@Kehrer
Es geht nicht um die Güte oder den Wert, sondern um den Zweck, zu dem das Bitcoin gekauft wird. Es soll Tausch- und Zahlungsmittel sein, und natürlich war gedacht, daß es im Wert steigt, aber das ist zweitrangig.
@Leser
Gold soll offenbar für Rußland Devisen im internationalen Zahlungsverkehr ersetzen. Was das angestrebte Verbot angeht, so kann „der Westen“ mit seinen Sanktionen auch nur so viel erreichen wie mit den bisherigen: Indien oder China, auch andere fernöstliche Staaten werden sich nicht an Embargos halten, und letztlich schießt sich der Westen auch hier wieder ins Knie, weil sich bei solchen Aktionen zeigt, wie begrenzt seine Macht ist.
Was auch noch interessant wird, ist die Rolle von Gold überhaupt, wenn es wieder zu einer Euro-Währungskrise kommen sollte.
Angeblich haben die Sanktionen des Westens sogar den Wert des Rubel ansteigen lassen. Warum das denn? https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/rubel-russland-sanktionen-101.html
Russland habe aufgrund der gestiegenen Preise sogar mehr Erlöse erzielt, obwohl es weniger abgesetzt habe. (Gerüchteweise verdiene Russland auch deswegen mehr, weil es die fürs offizielle Westgeschäft gedrosselten Exporte nun auf dem Spot-Markt zu erhöhten Preisen – übrigens an denselben Westen – verkauft habe….) Außer Spekulationen habe ich darüber aber nichts gefunden. Sondern dies:
“Die ungewöhnlich aggressiven Maßnahmen Russlands, die verhindern sollten, dass Geld das Land verlässt, in Kombination mit einem dramatischen Anstieg der Preise für Brennstoffe auf dem Weltmarkt, haben eine höhere Nachfrage nach Rubel geschaffen. Zu den Maßnahmen der russischen Regierung zählt unter anderem die Verpflichtung von Käufern ihre Rohstoffe wie Öl und Gas in russischer Währung zu bezahlen – aber auch der zeitweise Zwang, dass russische Unternehmen große Teile ihrer Deviseneinnahmen in Rubel umzutauschen hatten. Aber aktuell treiben wohl vor allem die hohen Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt den russischen Rubel weiter an. (…). Ein zweiter Effekt hilft dabei den russischen Rubel zu stärken. Der Westen stellt so viel wie möglich Technologietransfer Richtung Russland ein seit dem Ausbruch des Angriffskriegs gegen die Ukraine. Das bedeutet deutlich weniger westliche Warenexporte nach Russland. Folglich müssen russische Importeure weniger Geld ins Ausland überweisen. Sie müssen also weniger Rubel in Fremdwährungen tauschen, was den Rubel stärkt. In den ersten vier Monaten des Jahres stieg der russische Handelsbilanzüberschuss – also die Differenz zwischen Exporten und Importen – auf einen Rekordwert von 96 Milliarden Dollar!”
https://finanzmarktwelt.de/russischer-rubel-staerkste-waehrung-2022-gruende-238049/
“(…) Zu Beginn des Krieges wertete der Rubel vorhersehbar stark ab. Neben der großen Unsicherheit eilten viele Russen zu den Banken, um Devisen zu kaufen oder vorhandene Ersparnisse umzutauschen, was den Wechselkurs weiter ansteigen ließ. Die Panik war einer der Hauptgründe für den Anstieg der Warenpreise.
Heute ist der Rubel gegenüber dem Dollar so stark wie seit 2015 nicht mehr. Dies ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: die weltweit hohen Öl- und Gaspreise und die Kapitalverkehrskontrollen. (…)”. https://www.cicero.de/wirtschaft/russische-rubel-waehrung-im-hoehenflug-sanktionen-paradoxon
—–
Aus dem neuen GSP: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wirtschaftskrieg
Gold ist einerseits eine zu verkaufende Ware, bzw. ein Rohstoff, der in die Produktion eingeht, und für den man Weltgeld hinlegt, weil man diesen Stoff im eigenen Produktionsprozess braucht. Und andererseits ist Gold die Ware, mit der andere Geschäfte bezahlt werden können. In Verlängerung dieser Funktion gilt es als die absolute Ware, die weltweiten Zugriff auf alles ermöglichen soll. Als solche Ware hatte das Gold früher eine viel wichtigere Funktion, weil heute braucht man für diesen Zweck Weltgeld. Und normalerweise – heutzutage – fast nie Gold.
Die bisherigen Verbote des Westens hat Russland mit der Pflicht gekontert, sein Öl nicht in Dollars, sondern in Rubel bezahlen lassen zu müssen. Das hat einerseits den Rubel aufgewertet, ihm andererseits nicht den Status eines wirklichen Weltgeldes verliehen. Er ist immer noch vor allem in Russland gültig. Zwecks Bezahlung industrieller Güter, Hi-Tec, Computerkrams etc. braucht Russland aber Weltgeld, denn selbst die Chinesen oder Inder dürften mit dem Aufschatzen russischer Rubel in ihren Nationalbanken (falls die Geschäfte insgesamt mit Russland ausgeweitet werden, dann fallen auch mehr russische Gelder in diesen Ländern an, denn es geht ja nicht nur ums Verkaufen von russischem Gas, sondern auch um das Einkaufen von Russland in diesen Ländern….) nur sehr eingeschränkt zufrieden sein, weil ihnen das zwar weiteres Geschäft mit Russland ermöglicht. Aber eben auch nur mit Russland, weil der Rubel eben trotzdem kein Weltgeld ist.
Rubel für den inneren Verkehr, um Geschäfte innerhalb Russlands besser zu ermöglichen, kann die russische Nationalbank bekanntlich schlicht selber mehr drucken. Den “Wert” des Rubels (die Höhe des Rubelpreises international) hat Russland aber auch der Wertschätzung durch die weltweiten Geldmärkte überantwortet: freie Konvertibilität aller Währungen. (was einschließt, dass bei Panikzuständen u.ä. dgl. auch mal für ein paar Tage zwecks Marktberuhigung außer Kraft gesetzt werden kann. Dauert das länger, dann beruhigt es gar niemanden mehr…) Die international bilanzierenden Geldmärkte konnte bisher überzeugen, dass die Nachfrage nach Rubel gestiegen ist, weil Russland für den Export von Öl und Gas nun neuerdings, als Gegenschlag, ausschließlich Rubel verlangt hat. Da der Preis von Öl und Gas enorm gestiegen ist, sind dadurch sehr viele Rubel nachgefragt worden, das hat das russische Gelddrucken also ein Stück weit “kompensiert” in seinen Auswirkungen auf den Kurs des Rubel. Da der Westen eine längerfristige Schädigung Russlands vorhat, ist er nun auf das Verbot des russischen Goldexports gekommen. (Ein Land, das internationale Geschäfte vor allem mit dem Export von Rohstoffen erzielt, bewerkstelligt damit nicht, dass sein nationales Geld international als Weltgeld gilt.)
"(…) Ein hochrangiger US-Regierungsmitarbeiter sagte am Sonntag in einer Telefonschalte mit Journalisten, die G7-Staaten würden den Importstopp offiziell am Dienstag verkünden, dem letzten Tag des Gipfels auf Schloss Elmau. „Damit wird Russland weiter von der Weltwirtschaft isoliert.“ Gold sei für Russland nach Energie das zweitwichtigste Exportgut. (…) Künftig seien weitere Schritte zu erwarten, „die den Druck auf Putin und Russland kontinuierlich erhöhen sollen“, sagte der Regierungsvertreter.”
https://www.focus.de/finanzen/boerse/f100/biden-kuendigt-verbot-von-gold-importern-aus-russland-an_id_107991614.html
Die Goldkäufe auf der Welt sind angeblich zu 60% von der Schmuckindustrie, und dann noch von anderen Industrien, für Legierungen, Zahnersatz usw. Als Reserve und Zahlungsmittel hat Gold ziemlich ausgedient.
Die Haupt-Käufer sind Indien und China, und da wird der Westen vermutlich seine nächste Niederlage einfahren, weil die lassen sich sicher nix dreinreden.
Vermutlich ist das ganze ein von den USA lancierte Aktion, von Australien gestützt, weil auf diese 2 Staaten 25% der Goldexporte weltweit entfallen. Und wenn der Goldpreis steigt, so profitieren die beiden enorm.
Bei den ganzen Sanktionen geht es, so scheint es mir langsam, nur vordergründig um Rußland, aber in Wirklichkeit ist das alles ein probates Mittel zur Rohstoffspekulation, zu Lasten der EU.
Russland wird erstmals seit 1918 zahlungsunfähig – was bedeutet das?
Die russische Zentralbank hat in der Nacht auf Montag eine Frist für Zinszahlungen von 100 Millionen Dollar verstreichen lassen. Moskau sieht sich allerdings nicht als zahlungsunfähig. Was heisst das?
In der Nacht auf Montag hat Russland eine Schonfrist von 30 Tagen verstreichen lassen, innerhalb deren das Land fällige Zinsen hätte begleichen müssen. Konkret hätte Moskau Zinsen von 100 Millionen Dollar für zwei Fremdwährungsanleihen zahlen müssen – 29 Millionen für eine auf Euro lautende Staatsanleihe (Laufzeit bis 2036) und 71 Millionen Dollar für ein bis 2026 laufendes Papier in Dollar.
Die Anleger haben bis Montag vergeblich auf ihr Geld gewartet. Laut der Nachrichtenagentur Reuters gaben mehrere Investoren in Taiwan bekannt, dass sie die vereinbarten Zinszahlungen für ihre russischen Staatsanleihen nicht erhalten hätten. Es gibt auch keinerlei Anzeichen, dass die Zinszahlungen verspätet noch eintreffen könnten.
Damit ist das Land im Prinzip «zahlungsunfähig». Es ist der erste Zahlungsausfall Russlands für Staatsschulden in Fremdwährungen seit 1918. Der Fall ist kompliziert, und die Folgen sind nicht ganz klar. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
(…)
Russland ist aufgrund seiner Finanzlage eigentlich kein Fall für einen Staatsbankrott. Gemessen an der Finanzkraft Russlands sind die geschuldeten Zinsen unbedeutend. Das Land verfügt über genug finanzielle Mittel im In- und Ausland. Die russische Zentralbank ist laut eigenen Angaben im Besitz von Devisenreserven von knapp 600 Milliarden Dollar. Allerdings sind diese durch die Sanktionen mindestens zur Hälfte blockiert. Insgesamt rund 40 Milliarden Dollar der russischen Schulden lauten auf Dollar oder Euro; davon wird etwa die Hälfte ausserhalb des Landes gehalten.
Haupteinnahmequelle für den Staat sind die grossen Mengen an Rohstoffen, die Russland ins Ausland verkauft hat. Dazu kommt, dass das Land im internationalen Vergleich nicht hoch verschuldet ist: Mit etwa 20 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt die Schuldenquote deutlich niedriger als in vielen westlichen Industrieländern.
(…)
Es ist nicht auszuschliessen, dass Russland noch über mehrere Jahre von westlichen Finanzierungsquellen ausgeschlossen bleibt, sogar im Falle eines Waffenstillstandes. Ohne ausländische Investitionen lassen sich die Bestrebungen des Landes, von der vollständigen Abhängigkeit von Öl und Gas wegzukommen, kaum realisieren. Zumal der Wiederaufbau der angeschlagenen Armee bereits erhebliche Ressourcen benötigen dürfte.
https://www.nzz.ch/finanzen/russland-ist-erstmals-seit-1918-zahlungsunfaehig-was-bedeutet-das-ld.1690820
Der Schlußabsatz ist ein deutliches und grummeliges Eingeständnis, daß eigentlich der Schaden für Rußland nicht sehr groß ist und die Folgen für das westliche Finanzsystem noch nicht absehbar sind.
Der Vorsitzende des russischen Parlaments Volodin weist darauf hin, daß der Euro bald wieder wackeln könnte und erinnert an die dort aufgehäuften Schuldenberge:
Griechenland: 185% des BIP
Italien: 150%
Portugal: 121%
Spanien: 116%
Frankreich: 112%
Das ist in der Tat ein Schmierentheater und nichts sonst. Wenn der Westen alle Zahlungskanäle dicht macht, ist das in der Tat sein Problem. Der Westen schießt sich ins Knie und sagt: Russland wars.
Das seh ich auch so. Wenn der Konflikt so weitergeht (und das ist zu befürchten, z.B. angesichts der Gelder, die die USA langfristig für die Ukraine bereitstellt, die nur zu einem kleinen Teil tatsächlich an die Ukraine gehen.) dann richtet das die europäische Wirtschaft zugrunde. Ich sagte auch schon, dass ich das für dumm halte. Europa und Russland schädigen sich gegenseitig. China und Indien sind die Gewinner. Auch die USA tut sich keinen Gefallen, wenn die europäischen Verbündeten ihre Ökonomien ruinieren.
Im Kampf gegen Geldwäsche mit Kryptowährungen wie Bitcoin haben EU-Länder und Europäisches Parlament sich in der Nacht zu Donnerstag auf ein Gesetz geeinigt, mit dem Kryptoüberweisungen nachverfolgt werden können. Kryptoplattformen sollen künftig Informationen über Sender und Empfänger ermitteln, wenn sie Transaktionen abwickeln. Die Höhe des Betrags spielt dabei keine Rolle. Für Transaktionen zwischen Kryptoplattformen und unabhängigen Wallets soll die Informationspflicht ab Beträgen von 1.000 Euro gelten. EU-Parlament und -Länder müssen das Gesetz noch bestätigen. (dpa/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/429526.eu-neue-regeln-für-kryptowährungen.html?sstr=Bitcoin
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163727.bitcoin-das-ende-einer-aera.html?sstr=bitcoin
Bitcoin unter 20.000 Dollar
(…) Investoren werfen Bitcoin auf der Suche nach sicheren Anlagehäfen aus den Depots. Die Cyberdevise verbilligt sich um 4,4 Prozent auf ein Elf-Tages-Tief von 19.293 Dollar. “Die Furcht vor raschen Zinserhöhungen im Kampf gegen die galoppierende Inflation und die damit im Zusammenhang stehenden Rezessionsängste bleiben die bestimmende Thematik am Markt”, sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. Dazu gesellten sich die Sorgen rund um den Krypto-Verleiher Celsius Network. “Sollte sich die Talfahrt beschleunigen, droht ein Rutsch bis auf 14.000 Dollar.”
https://www.manager-magazin.de/finanzen/boerse/boerse-dax-talfahrt-geht-weiter-bitcoin-unter-20-000-dollar-a-b5643e49-3188-43d8-b9df-afb0a2a90342
„Das Platzen der Kryptoblase wird noch richtig hässlich werden“
Amy Castor kennt sich mit dem Kryptosektor aus wie wenige andere. Sie ist überzeugt: Bitcoin wird noch viel tiefer fallen
https://www.freitag.de/autoren/pep/interview-ueber-den-krypto-crash-es-wird-noch-richtig-haesslich
Wirklich witzig:
Also wenn der Preis "steigt und steigt" ist es eine Blase? Außerdem frage ich mich was denn ausgerechnet bei Bitcoins "dahinter" sein soll.
Also im Prinzip ganz normales Bankgeschäft. Denn wenn man für jeden Tether einen Dollar auf ein Konto legt, kann man ja auch gleich Dollar verwenden. So werden eben wie bei den Banken auch so viele Dollars in den Tresor gelegt, wie es braucht um die Umtauschwünsche zu befriedigen. Das funktioniert so lange, wie der Thether nicht massenhaft in Dollar zurückgetauscht wird. Wenn das dann doch passiert bricht die ganze Konstruktion zusammen.
Super Artikel, sehr erhellend.
Also alles, was hier über das Bitcoin gesagt wird, kann man auf jedes „normale“, in Weltwährungen abgewickelte Spekulationsgeschäft auch sagen.
Die Ankündigung der Kontrolle von Bitcoin-Zahlungen durch die EU-Behörden ist auch erhellend: Offenbar war das bisher kein Thema – warum eigentlich?
Man kann nur vermuten, daß die Finanzkapital-Größen das bisher nicht wollten, weil sie selber das Bitcoin oder andere Kryptowährungen benutzt haben.
Georg Schuster: Die Inflation ist da
Ein kurzer Durchgang durch aktuelle Verlautbarungen zu einem wiederkehrenden Vorgang, der für Normalverbraucher eine Misere mit System ist.
https://www.heise.de/tp/features/Die-Inflation-ist-da-7161955.html?seite=all
Fortsetzung des o.g. Aufsatzes von Georg Schuster:
Die EZB entwickelt ein "neues Instrument"? Kurzer Durchgang durch die Verlautbarungen zum aktuellen Preisauftrieb, (Teil 2 und Schluss).
Mit diversen Maßnahmen versucht die EZB, auf die schon zitierte "Bremse" zu treten, die laut Lehrmeinung, "die Geldflut beendet". "Wegen der hohen Unsicherheit über die Zukunft sei es aber nicht möglich, einen präzisen Pfad für die Zinsentwicklung zu nennen"…. (Forts.):
https://www.heise.de/tp/features/Wie-der-Geldflut-begegnet-wird-7162452.html?seite=all
Der Dollar nähert sich der Parität mit dem Euro, weil die Verschuldungsfähigkeit der USA vom Finanzkapital höher eingeschätzt wird als die der EU. Der Wechselkurs erhöht die Attraktivität des Dollar zusätzlich.
Was die höheren Gehälter angeht, so kann man den Teufelskreis hierzulande im Tourismus schön beobachten: Alle Wirtshäuser haben Ruhetage eingelegt, die Hotels können nicht alle Zimmer belegen – weil es zuwenig Personal gibt.
Bedient werden die lieben Gäste inzwischen verstärkt – nach den Gastarbeitern vom Balkan und aus Osteuropa – von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Ohne die wäre die Lage noch prekärer.
Gleichzeitig ist alles ordentlich teuer geworden und man ist einmal mehr froh über die arabischen Touristen, weil die sich das immer noch leisten können. Der europäische Tourismus ist schon merklich zurückgegangen, und die, die da sind, drehen oftmals den Cent um.
Die EZB hat ihre Zinserhöhung von einem halben Prozentpunkt mit einer Maßnahme kombiniert, die eine erneute Schuldenkrise abwehren soll: dem TPI (Transmission Protection Instrument).
EZB: Auf die dicke Bertha folgt das TPI
Besser spät als nie – die Europäische Zentralbank läutet die Zinswende gleich mit einem Doppelsprung ein. Ebenfalls zieht sie einen neuen Verteidigungswall hoch. Schweizer Banken reagieren.
Nun sind es mehr als die erwarteten 0,25 Prozent geworden. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat an der regulären Sitzung vom (gestrigen) Donnerstag Abend die Leitzinsen um 0,5 Prozent angehoben. Damit folgte die Notenbank des Euroraums auch dem Beispiel der Schweizerischen Nationalbank, die im vergangenen Juni die Zinsen in einem «Doppelsprung» von 50 Basispunkten erhöht hatte.
Die Massnahme kommt nach Ansicht vieler Beobachter spät. Die Teuerung breitet sich in Europa in immer mehr Segmenten aus.
Unbegrenzte Anleihenkäufe
EZB-Präsidentin Christine Lagarde wies am Donnerstag darauf hin, dass in den kommenden Monaten anlässlich jeder weiteren Sitzung Zinserhöhungen zu erwarten seien. In einer Einschätzung zum Entscheid rechneten die Experten des deutschen Fondshauses DWS damit, dass die Währungshüterin mittelfristig einen neutralen Zins bei 1,5 bis 2 Prozent anstrebt.
Beim lang erwarteten Zinsschritt hat es Lagarde nicht belassen. Ebenfalls brachte die EZB das neue Anti-Fragmentierungsinstrument TPI (Transmission Protection Instrument) offiziell in Stellung, auch wenn sie von einem Einsatz noch absieht. Das TPI soll den geldpolitischen Normalisierungskurs unterstützen und kann bei Bedarf aktiviert werden. Es ermöglicht gezielte und unbegrenzte Käufe der Anleihen einzelner Länder und soll damit Verwerfungen am Obligationenmarkt begegnen, die in den vergangenen Wochen die Angst vor einer «Schuldenkrise 2.0» nährten.
PEPP, APP und Bertha
Im Gegensatz zu den Anleihekäufen im Rahmen des PEPP oder APP kommt beim TPI eine Konditionalität ins Spiel, die sich an fiskalischen Bedingungen der Euroländer orientiert. Ultimativ soll dass Instrument eine Fragmentierung oder gar ein Auseinanderbrechen der Eurozone verhindern.
Das TPI steht in einer Tradition von EZB-Instrumenten, mit denen die Notenbank ihre «Feuerkraft» gegenüber den Finanzmärkten demonstriert. In Erinnerung ist Ex-Präsident Mario Draghi, der im Jahr 2012 nach eigenen Worten die «Dicke Bertha» aufgefahren und notleidenden Banken eine Geldspritze von mehr als 500 Milliarden Euro verpasst hatte. Die «Dicke Bertha» war eine Kanone, die im Ersten Weltkrieg zum Einsatz kam.
Julius Bär verzichtet auf Strafzinsen
Auf das deutliche Zeichen aus Frankfurt hat die Schweizer Privatbank Julius Bär bereits reagiert. Wie das Institut am Freitag mitteilte, belastet es ab 1. August auf Kundeneinlagen in Euro, Schweizer Franken und Dänischen Kronen keine Negativzinsen mehr. Im anhaltenden Negativzins-Umfeld hatte Julius Bär Negativzinsen auf Bargeldbeständen von Kunden in diesen Währungen erhoben.
https://www.finews.ch/news/banken/52510-ezb-zinsentscheid-tpi-julius-baer
Man erinnere sich: Das Anleihenaufkauf-Programm Draghis bezog sich nicht nur auf Staatsanleihen, sondern auch auf Anleihen von Banken oder Firmen.
Von diesen ist bei dem TPI nicht die Rede.
Weiters wird hier von einer „Konditionalität“ berichtet, die Anleihenkäufe sollen zum Unterschied von den bisherigen Käufen an Bedingungen geknüpft sein. Deren Inhalt bleibt im Dunkeln. Vielleicht ist es nur eine Beruhigung für alle Beteiligten, daß jetzt das Geld – anscheinend im Unterschied zu früher – nicht ganz so leicht zur Verfügung gestellt wird.
(Bisher war offenbar: Anruf genügt?)
Schließlich soll diese Zinserhöhung die Preissteigerungen bremsen. Angesichts der Tatsache, daß die Gründe für die Preissteigerungen ganz woanders liegen als beim Zinsniveau, ist zu erwarten, daß bald das Rätselraten losgehen wird, warum die Zinserhöhung keinen inflationsdämpfenden Effekt hat.
Der Wettlauf ist eingeläutet:
Weiterer Zinssprung von Fed gegen ausufernde Inflation möglich
In den USA wird eine erneute Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte erwartet
(…)
https://www.derstandard.at/story/2000137719914/weiterer-zinssprung-von-fed-gegen-ausufernde-inflation-moeglich
"Weiters wird hier von einer „Konditionalität“ berichtet, die Anleihenkäufe sollen zum Unterschied von den bisherigen Käufen an Bedingungen geknüpft sein."
Kann aber nicht sein: Entweder die EZB kauft alle Anleihen von Schwachstaaten auf, ohne Mengenbegrenzungen, um das Auseinanderdriften der Renditen der Anleihen der Mitgliedsstaaten zu verhindern. Oder sie sagt, das geht jetzt nicht mehr weiter, denn die „Konditionalität“ läßt das nicht mehr zu. Dann laufen die Renditen auseinander, dann gibt es eben "Fragmentierung".
Eben.
Auf was das ganze hinausläuft, ist: Das Gleiche wie bisher, nur mit höheren Zinsen, was heißt, daß vor allem die EZB mehr zahlen muß für die Anleihen-Aufkäufe und möglicherweise die Banken beim Weiterverkaufen der Anleihen an die EZB andere Gewinnmargen haben.
Die Zinswende der Notenbanken
Schuldenberge in Bewegung
Die wunderbare Welt der Anleihemärkte – derzeit weitaus spannender, als es vielen Funktionsträgern in Staat und Finanzwirtschaft lieb sein dürfte.
(…)
Der Zinsunterschied, der sogenannte Spread zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen ist stark in den vergangenen Wochen angestiegen. Rom muss höhere Zinsen für seine Staatspapiere zahlen als Berlin, was die enorme Schuldenlast Italiens, das mit rund 150 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in der Kreide steht, untragbar zu machen droht – und die gesamte Eurozone sprengen könnte. Die EZB sieht sich aufgrund galoppierender Inflation und untragbarer Schuldenlast in der südlichen Peripherie der Eurozone in einer Sackgasse, da sie eigentlich die Zinsen zwecks Inflationsbekämpfung erhöhen und zugleich absenken müsste, um die Schuldenlast in dem Währungsraum erträglich zu halten.
In den USA mussten Beobachter noch weiter zurückschauen, um Parallelen zu den massiven Verschiebungen auf dem Markt für Staatsschulden zu finden. Auf dem Markt für amerikanische Staatsanleihen, für die sogenannten Treasuries, kann eine seltene, als inverse Zinskurve bezeichnete Konstellation beobachtet werden, die als ein sicherer Rezessionsindikator dient. Die Renditen langfristiger Bonds, wie der 10-jährigen Staatsanleihe, sind unter die Renditen kurzfristiger T-Bonds gefallen, wie der Treasuries mit zweijähriger oder sogar dreimonatiger Laufzeit. Für gewöhnlich werden langfristige Anleihen höher verzinst als Schuldscheine mit einer kurzen Laufzeit, um das grössere Risiko zu kompensieren.
Wenn nun Anleihen mit kurzer Laufzeit als genauso risikoreich gelten wie T-Bonds mit Laufzeiten von zehn Jahren, dann deutet dies auf eine kommende, grosse Erschütterung, auf einen nahenden Krisenschub hin. In den vergangenen 50 Jahren ist diese Marktkonstellation immer einer Rezession vorausgegangen. Laut der Financial Times (FT) ist diese inverse Zinskurve auf den US-Anleihemärkten so stark ausgeprägt wie zuletzt im Jahr 2000, als die globale Dot-Com-Blase mit Internet- und Hightech-Aktien platzte. Somit scheinen gerade die US-Anleihemärkte ein sicheres Rezessionssignal auszusenden.
(…)
Zudem führen die fallenden Kurse der US-Anleihen dazu, dass sich auch ausländische Anleger sehr genau überlegen, ob es sich bei den Treasuries Washingtons noch um eine bombensichere Anlage handelt. Japan ist inzwischen – noch vor China – der grösste Auslandsgläubiger der Vereinigten Staaten, japanische Investoren halten US-Bonds im Wert von 1,2 Billionen US-Dollar. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete, finden angesichts der fallenden Kurse seit sieben Monaten Nettoverkäufe von US-Anleihen in Japan statt, was einen neuen Rekordwert seit Beginn der Aufzeichnungen darstellt. Der grösste Auslandsgläubiger der USA soll allein im Mai Treasuries im Wert von 2,4 Milliarden Dollar abgestossen haben, im April belief sich das Volumen der Verkäufe gar auf 17 Milliarden Dollar. Sollten sich diese Abflüsse beschleunigen und weitere Auslandsgläubiger Washingtons ähnlich verfahren, dann könnte sich die Fed mit einer regelrechten Schuldenkrise konfrontiert sehen.
(…)
https://www.untergrund-blättle.ch/wirtschaft/theorie/schuldenberge-in-bewegung-6895.html
Das mit den kurzfristigen und langfristigen Anleihen – war das nicht ein Auslöser der Finanzkrise 2008?
Was Japan angeht, so ist hier eine interessante Entwicklung angesprochen: Die USA und Japan begannen anscheinend schon vor einiger Zeit, gegenseitig Staatsanleihen aufzukaufen, um ihre Währungen damit gegen China zu stützen. Das dürfte auch ein Versuch gewesen zu sein, Japan aus dem von den BRICS angestrebten und auch anderen Staaten angebotetenen bilateralen Abrechnungen, ohne über den $ zu gehen, herauszuhalten und weiter auf den Dollar zu verpflichten.
Besonders nach Fukushima war diese Stützung für Japan wichtig, und offenbar an die Bedingung geknüpft, sich durch Anleihenkäufe von US-Anleihen zu bedanken.
Schweizer Inflation verharrte im Juli bei 3,4 Prozent
Im internationalen Vergleich ist die Teuerung damit verhältnismäßig niedrig
Die Inflation in der Schweiz ist im Juli vorerst nicht weiter gestiegen. Mit 3,4 Prozent verharrte die Jahresteuerung aber auf dem hohen Wert des Vormonats Juni. Teurer sind weiterhin vor allem die Importgüter, die im Berichtsmonat um 8,4 Prozent mehr kosteten als vor Jahresfrist, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Mittwoch mitteilte. Bei den Inlandsgütern betrug die Jahresteuerung lediglich 1,8 Prozent.
(…)
https://www.derstandard.at/story/2000137991529/schweizer-inflation-verharrte-im-juli-bei-3-4-prozent
Spekulationen um sehr große Zinserhöhung durch EZB nehmen zu
Am Geldmarkt sind die Spekulationen auf eine sehr große Zinserhöhung nach den jüngsten Äußerungen von EZB-Währungshütern auf einem Notenbank-Symposium zu Wochenbeginn ins Kraut geschossen.
Aus den Kursen ging dort am Montag hervor, dass Händler inzwischen 0,67 Prozentpunkte an Zinserhöhungen für die kommende Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am 8. September in den Kursen eingerechnet haben. Dies bedeutet, dass eine Anhebung um 0,50 Prozentpunkte bei Investoren als bereits ausgemachte Sache gilt und die Wahrscheinlichkeit einer noch stärkeren Anhebung um 0,75 Prozentpunkte mit etwa 67 Prozent taxiert wird. Vor den Auftritten der Notenbanker am Wochenende war am Geldmarkt am Freitag die Wahrscheinlichkeit für einen solchen noch kräftigeren Zinsschritt nur mit 24 Prozent taxiert worden.
Auf dem von der US-Notenbank organisierten Geldpolitik-Symposium in Jackson Hole in Wyoming hatten am Samstag sowohl EZB-Direktorin Isabel Schnabel als auch die Notenbank-Chefs von Frankreich und Lettland, Francois Villeroy de Galhau und Martins Kazaks, für kraftvolle oder deutliche Zinserhöhungen argumentiert, um die ausufernde Inflation zu bekämpfen. "Wir sollten offen dafür sein, sowohl 50 als auch 75 Basispunkte als mögliche Schritte zu diskutieren", merkte beispielsweise Kazaks an. EZB-Direktorin Schnabel zufolge müsse die Notenbank "starke Entschlossenheit" signalisieren, die Inflation schnell zur Zielmarke zu bewegen. Frankreichs Notenbankchef sprach sich für einen "signifikanten" Zinsschritt im September aus.
Die Inflation im Euro-Raum war im Juli auf einen neuen Rekordwert von 8,9 Prozent geklettert. Damit ist die Teuerung inzwischen mehr als vier mal so hoch wie das Ziel der EZB, die zwei Prozent für die Wirtschaft als Optimalwert anstrebt. Ein Ende des Inflationsschubs ist zudem nicht absehbar. Zudem nahm zuletzt die Gefahr zu, dass sich die langfristigen Inflationserwartungen vom Ziel der EZB entfernen könnten.
https://www.finanzen.net/nachricht/zinsen/geldmarkt-spekulationen-um-sehr-grosse-zinserhoehung-durch-ezb-nehmen-zu-11666796
Bisher haben die Zinserhöhungen keine Auswirkungen auf die Inflation gehabt. Die betreffenden Notenbakchefs scheinen zu meinen, mehr vom Gleichen wäre wohl das Beste …
Die Konkurrenz der Währungen geht also weiter. Der Kurs des Euro war kurzfristig bereits unter dem des $ …
Die Weltwoche ist ja sehr pessimistisch für den Euro, aber es mag sein, aufgrund der Stellung der Schweiz durchaus realistisch:
Der Euro stirbt langsam und stetig. Was bedeutet der Zerfall für die Schweiz?
Die Inflation im Euroraum liegt bei 9,1 Prozent und der Euro fällt weiter gegenüber dem Dollar.
Da die US-amerikanische Zentralbank Fed die Zinsen entschlossen erhöht und der Europäischen Zentralbank durch die hohe Verschuldung der Euro-Südländer bei Zinserhöhungen die Hände gebunden sind, dürfte sich dieser Trend fortsetzen.
Was heisst das für den Schweizer Franken?
Hält die Schweizer Nationalbank den Franken gegenüber dem Euro stabil, dann importiert sie die hohe Inflation aus dem Euroraum. Lässt sie hingegen den Franken gegenüber dem Euro aufwerten, dann dämpft das die Inflation.
Eine Aufwertung des Franken macht die Exporte der Schweiz im Euroraum teurer. Industrie und Tourismus müssen um ihre Kunden bangen.
Aber die Importe werden gerechnet in Franken billiger. Das gilt insbesondere für Rohstoffe und Rohöl, deren Preise auf den Weltmärkten zuletzt stark gestiegen sind.
Auch der Druck die Löhne zu erhöhen fällt geringer aus.
Von den Kapitalzuflüssen, die der stabile Franken anzieht, profitieren die Schweizer Banken. Gleichzeitig müssen die exportorientierten Industrieunternehmen und der Tourismus die Kosten niedrig und die Produkte attraktiv halten. Die Schweizer Wirtschaft lernt mit dem starken Franken leben und bleibt fit.
Fazit: Da die Schweiz eng mit dem Euroraum verwoben ist, wird der Druck der importierten Inflation steigen.
Eine kontinuierliche Aufwertung des Franken könnte helfen, die Schweiz zu einer Insel der Stabilität in einem instabilen Europa zu machen.
https://weltwoche.ch/daily/der-euro-stirbt-langsam-und-stetig-was-bedeutet-der-zerfall-fuer-die-schweiz/
Interessant, daß die Rohölpreise in der Schweiz offenbar in Euro gehandelt werden.
Auch hier ein entsprechendes Bild, zur Ergänzung:
Die Zinserhöhungen könnten zu einem Immobiliencrash führen, da die Hypothekarkredite in vielen, wenn nicht allen Euro-Ländern an den Euribor gebunden sind. Und der steigt inzwischen, so auch die Verbindlichkeiten der Hypothekarnehmer.
Bankenstützungspakete, wie in und nach der Finanzkrise 2088 ff. dürften auch schwierig werden, wenn der Euro weiter fällt.
Anhebung um 0,75 Prozentpunkte: EZB wagt den großen Zinsschritt
Die Währungshüter erhöhen zum zweiten Mal heuer die Zinsen. Mit einem Zinsschritt um einen Dreiviertelprozentpunkt stemmt sich die Notenbank gegen die Inflation
Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt angesichts des zunehmenden Inflationsdrucks am Donnerstag zum zweiten Mal in diesem Jahr die Zinsen an. Ihre Schlüsselzinssätze werden um jeweils einen Dreiviertelprozentpunkt erhöht. Das ist die stärkste Anhebung der EZB seit 22 Jahren. Zudem kündigte die Notenbank weitere Zinsanhebungen bei ihren nächsten Sitzungen an.
Damit beträgt der Leitzins nun 1,25 Prozent und der Zinssatz für Bankeinlagen bei der Notenbank 0,75 Prozent. Somit ist zwar der Weg geebnet für höhere Sparzinsen, allerdings werden auch Kreditnehmer mit variablen Zinssätzen und bei neuen Ausleihungen tiefer in die Tasche greifen müssen.
"Der Preisdruck hat sich weiter verstärkt und an Breite gewonnen", sagte EZB-Chefin Christine Lagarde im Anschluss an die Zinsentscheidung. Die Inflation sei "viel zu hoch" und werden auch eine Zeit auf erhöhtem Niveau bleiben. Gleichzeitig werde die Wirtschaft der Eurozone in der zweiten Jahreshälfte an Schwung verlieren und rund um den Jahreswechsel stagnieren. Eine Rezession erwartet Lagarde nur, wenn die Gasversorgung aus Russland komplett zum Erliegen kommt.
Diskussionen in EZB-Spitze
Im Vorfeld hatten sich mehrere Währungshüter, darunter der niederländische Notenbankchef Klaas Knot, für einen großen Zinsschritt um einen Dreiviertelprozentpunkt starkgemacht. Der italienische EZB-Direktor Fabio Panetta und Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras hatten Argumente für ein nicht so starkes Vorgehen vorgebracht. "Wir hatten unterschiedliche Ansichten am Tisch, eine gründliche Diskussion, aber das Ergebnis unserer Diskussionen war eine einstimmige Entscheidung", sagte Lagarde dazu.
"Jetzt kommt es darauf an, dass sie ihre Leitzinsen in den kommenden Monaten trotz steigender Rezessionsrisiken auch tatsächlich weiter kräftig anhebt", sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Andere Finanzprofis hatten sich schon im Vorfeld mehrheitlich für eine kräftige Erhöhung ausgesprochen, darunter Gilles Moëc, Chefökonom bei AXA Investment Managers. Er plädiert für eine rasche Anhebung der Zinssätze, selbst wenn die Eurozone dadurch in eine Rezession rutschen sollte: "Es ist klar, dass eine Rezession nicht als bloßer Nebeneffekt der notwendigen geldpolitischen Straffung gesehen werden darf, sondern als die einzige Lösung, um das Ziel zu erreichen."
Inflation auf Rekordwert
Die Notenbank ist in den vergangenen Wochen immer stärker unter Handlungsdruck geraten, weil die Inflation im Euroraum mit 9,1 Prozent im August einen neuen Rekordwert erreicht hat. Bis eine Änderung der Zinssätze ihre dämpfende Wirkung auf den Preisauftrieb entfaltet, wird es bis ins nächste Jahr dauern. Kurzfristig kann die EZB dadurch nur die sogenannte importierte Inflation dämpfen. Denn höhere Zinsen ziehen Kapital wie ein Magnet an, bereits im Vorfeld des Zinsschritts hat sich der Euro gegenüber dem US-Dollar von einem 20-Jahres-Tief erholt und wieder im Bereich der Parität stabilisiert. Waren aus dem Dollarraum und vor allem auch viele Rohstoffe werden bei einem schwachen Euro hierzulande teurer.
Weil die US-Notenbank Fed bisher wesentlich hemdsärmeliger gegen die Inflation vorgegangen ist und den Leitzins wegen der hohen Teuerung auf 2,5 Prozent hochgetrieben hat, hat die Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar stark an Wert verloren. Wie stark der Effekt der importierten Inflation sein kann, zeigt sich am Beispiel Erdöl: Das in US-Dollar abgerechnete Nordseeöl Brent hat sich heuer um etwa elf Prozent verteuert, während der Preisanstieg in Euro mehr als 25 Prozent beträgt. Da Erdöl die Grundlage der Treibstoffpreise darstellt, hat dies auch einen entsprechend großen Einfluss auf die Inflationsrate. (…)
https://www.derstandard.at/story/2000138926419/ezb-erhoeht-zinsen-wagt-notenbankchefin-lagarde-den-grossen-schritt
Ein unglaublich dümmlicher Artikel. Alles soll gegen die Inflation gemacht werden, obwohl das eine gar nichts mit dem anderen zu tun hat. Da die bisherigen Zinserhöhungen keine Wirkung auf die Inflation hatten, so schließen die Analysten messerscharf: Zuwenig davon!
Dabei zeigen die Graphiken gut, wie der Hase läuft und daß der Euro einfach zusehends unattraktiv wird für Investoren, was sich in seiner Talfahrt gegenüber dem $ ausdrückt.
Die EZB vermutet in einem Bericht, daß das Ansteigen der Zinsen einen Fall der Kosten für Wohnungen zur Folge haben könnte. Sie rechnet mit bis zu 9% Fall von Immobilienpreisen pro 1% Anstieg Zinsen.
(El País, 20.9.)
Der besondere Anstieg im Baltikum dürfte durch Übersiedlung von Leuten aus Rußland erfolgt sein.
Lagarde: EZB wird kein dauerhaftes Inflationsproblem zulassen
Für EZB-Chefin Lagarde zeigt die Anhebung der Leitzinsen die Entschlossenheit der Zentralbank, die Inflation auf ein mittelfristiges Ziel von zwei Prozent zurückzuführen
Sie verwies darauf, dass die Anhebung der Leitzinsen um insgesamt 125 Basispunkte auf den vergangenen beiden Sitzungen "die schnellste Zinsänderung in der Geschichte der EZB" gewesen sei. Dies zeige deutlich, dass die Zentralbank fest entschlossen sei, die Inflation zeitnah auf das mittelfristige Ziel der EZB von 2,0 Prozent zurückzuführen.
Das angemessene Tempo künftiger Erhöhungen werde "von Sitzung zu Sitzung" beschlossen werden. Eine entscheidende Frage werde sein, wie hartnäckig die aus Corona- und Energiekrise resultierenden Schocks die Inflationserwartungen und das Produktionspotenzial belasteten.
Die EZB-Chefin signalisierte, dass der Leitzins auch auf ein Niveau steigen könne, das die Wirtschaft bremst. Dies gelte für den Fall, dass es Hinweise geben sollte, dass letztlich das Vertrauen der Bürger in das Erreichen des mittelfristigen Inflationsziels verloren zu gehen drohe: "Bei Hinweisen darauf, dass die hohe Inflation zu einer Entankerung der Inflationserwartungen führen könnte, läge der mit unserem Zielwert kompatible Leitzins im restriktiven Bereich."
Die EZB hat im Juli die Zinswende eingeläutet und Anfang des Monats mit einer deutlichen Straffung ihrer Geldpolitik nachgelegt. Sie reagiert damit auf die hohe Inflation, die im August 9,1 Prozent erreichte. Der Leitzins liegt nach der jüngsten Anhebung um 0,75 Prozentpunkte inzwischen bei 1,25 Prozent. An den Börsen wird damit gerechnet, dass er bis zum nächsten Frühjahr auf über 2,5 Prozent steigen wird.
https://www.derstandard.at/story/2000139267432/lagarde-ezb-wird-kein-dauerhaftes-inflationsproblem-zulassen
Seltsam, bisher haben die Zinserhöhungen keine Auswirkung auf die Inflation gehabt. Aber die Chefin der EZB meint „Weiter so!“ – weil sie von der FED dazu getrieben wird, was sie aber nicht zugeben kann.
Euro pendelte am Dienstagmorgen um Parität zum Dollar
Aufgrund des starken Preisauftriebs hatten sich unlängst zahlreiche EZB-Vertreter für eine weitere deutliche Zinsanhebung ausgesprochen
(…)
https://www.derstandard.at/story/2000138653086/euro-pendelte-am-dienstagmorgen-um-paritaet-zum-dollar
Es wird schon als Meldung gebracht, daß der Euro die Parität hält.
Noch.
Der Zinskrieg geht weiter, und der Euro fällt.
DRITTE ZINSERHÖHUNG IN FOLGE:
Jerome Powell hat den Falken in sich befreit
er Präsident der Federal Reserve, Jerome Powell, hat den Falken in sich befreit. Er wird die Geldpolitik solange straffen, bis die Inflation deutlich nach unten geht, kündigte er an. Die jüngsten Teuerungszahlen vom August hatten einen leichten Schock ausgelöst, weil mit ihrer Veröffentlichung alle Hoffnungen in Luft aufgingen, das Schlimmste könnte vorbei sein.
Schon im Kurort Jackson Hole hatte Powell klar gemacht, dass von nun an der ausschließliche Kampf der Fed der Inflation gilt und dass er dafür eine schmerzhafte Therapie als nötig erachtet. Was genau zu dieser Kehrtwende beigetragen hat, ist schwer zu sagen.
(…)
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/us-notenbank-fed-hat-der-inflation-den-kampf-angesagt-18333942.html
Wie gut, daß es die Inflation gibt, da kann man das alles als Maßnahme für das p.t. Publikum verkaufen.
Britisches Pfund sinkt auf 37-Jahres-Tief
Vor den Ergebnissen der zinspolitischen Sitzung der Fed ist der Dollar-Index am Mittwoch auf ein 20-Jahres-Hoch gestiegen. Die US-Währung wurde von der Teilmobilmachung Russlands getrieben.
Die US-Währung hat am Mittwoch vor der Bekanntgabe der Ergebnisse der zinspolitischen Sitzung der Fed den höchsten Stand seit 20 Jahren erreicht. Der Dollar-Index, der den Wert des Greenback zu sechs anderen Industrieländerwährungen abbildet, stieg bis auf 111,06 Punkte und lag am frühen Abend mit einem Plus von 0,7 % bei 110,97 Zählern. Getrieben wurde der Dollar von der Teilmobilmachung Russlands. Darunter litten insbesondere europäische Währungen. Der Euro sank bis auf 0,9867 Dollar und streifte damit sein am 6. September 2022 erreichtes 20-Jahres-Tief von 0,9865 Dollar.
https://www.boersen-zeitung.de/kapitalmaerkte/britisches-pfund-sinkt-auf-37-jahres-tief-081f5602-39ad-11ed-b314-79642049aebe
Pfund Sterling nach BoE-Zinsentscheid unter Druck
Enttäuscht reagieren Devisenanleger auf die Zinsentscheidung der Bank von England (BoE). Das Pfund Sterling fiel am Donnerstagmittag auf 1,1288 von 1,1355 Dollar.
Die britische Notenbank hob den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 2,25 Prozent an. Zahlreiche Börsianer hatten wegen der anhaltend hohen Inflation mit einem Schritt von 0,75 Prozentpunkten gerechnet. Da aber immer mehr Mitglieder des Führungsgremiums für kräftigere Zinsschritte plädierten, bleibe unklar, ob sich die BoE im November zu einer deutlicheren Anhebung durchringen könne, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Mehrheitlich erwarten Investoren einen erneuten Anstieg um einen halben Prozentpunkt.
https://fundscene.com/pfund-sterling-nach-boe-zinsentscheid-unter-druck/
Stephan Kaufmann: Unter Kontrolle der Finanzmärkte
Eine Euro-kritische Regierung in Italien wäre eine Bedrohung für die Stabilität – noch wetten die Märkte nicht gegen das Land. Doch das könnte sich nach der Wahl ändern
In Italien wird am Sonntag voraussichtlich ein rechtes Parteienbündnis an die Macht gewählt. Die EU wie auch Anleger und Anlegerinnen an den Finanzmärkten sind beunruhigt. Denn eine EU- oder Euro-kritische Staatsführung in Europas viertgrößter Ökonomie wäre eine Bedrohung der Stabilität mitten in einer kommenden Wirtschaftskrise. Bislang allerdings wetten die Märkte nicht gegen Italien. Denn angesichts der etablierten Abhängigkeiten bleibt einer neuen Regierung in Rom kaum Spielraum für abweichende Politik. (…). Forts.:
https://www.fr.de/wirtschaft/unter-kontrolle-der-finanzmaerkte-91804671.html
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Anna Maldini: Meloni und die »Brüder«
Die rechtsextreme Partei Fratelli d’Italia wittert den Wahlsieg, aber viele Italiener sind noch unentschlossen
(….) Die Wahlprognosen sehen Fratelli d’Italia als Partei vorn und als Koalition deren Bündnis mit der Lega und Berlusconis Forza Italia. Ein einheitlicher Block ist das allerdings nicht. Die Positionen zu fast allen Fragen sind unterschiedlich, vor allem in der Wirtschafts- und Außenpolitik. Der 86-jährige Berlusconi präsentiert sich gerne als Garant der atlantischen Blockzugehörigkeit, während seine jungen Freunde Salvini und Meloni in der nahen Vergangenheit enge, auch finanzielle Bindungen zu extremistischen Gruppen in Russland hatten. Salvini setzt auf höhere Staatsverschuldung, was die beiden anderen strikt ablehnen. Und alle machen Versprechungen – von höheren Renten bis zu niedrigeren Steuern –, die sie nicht einhalten können, da das Geld fehlt.(…)
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167117.wahlen-in-italien-meloni-und-die-brueder.html
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(…) Europa, so Meloni, hat schlicht gar nichts zu befürchten, angefangen bei der ordnungsgemäßen Verwendung der 190 Milliarden Euro, die gerade im Rahmen des Coronawiederaufbauprogramms nach Italien fließen. Ein „absurdes Narrativ“ sei es, wenn jetzt behauptet werde, eine Rechtsregierung werde die Next-generation-EU in Gefahr bringen. (…)
https://taz.de/Italienische-Politikerin-Giorgia-Meloni/!5870739/
Ich denke auch, daß das ganze Geschrei der rechten Gefahr für EU und Euro sich ebenso geben wird wie bei Le Pen, den Jobbik und anderen.
Die Gefahren für die EU und den Euro kommen derzeit eher von außen als von innen.
Da bin ich mir nicht so sicher: Die jetzt mit Macht auf die EU-Staaten zurollende Energie-Inflation mit ihren ganz unterschiedlichen Verwerfungen in der jeweiligen Wirtschaftsstruktur, mit den ganz unterschiedlichen Möglichkeiten, das "abzufedern", die sich daraufhin sicher ergebenden unterschiedlichen Risikoeinschätzungen der "Finanzmärkte" für die unterschiedlichen EU-Staaten, könnte sehr wohl wieder mal für richtigen Ärger sorgen.
Ich denke mir, daß diese EU-Gegner stets klein beigeben, wenn die eigenen Wirtschaftstreibenden zu ihnen laufen und die Hände ringen und sagen: Nur das nicht!
Ob EU- oder Euro-Austritt.
So war es doch auch mit Le Pen und dem Euro.
Aber abgesehen davon ist die Erhöhung der Energiepreise, die Energieknappheit und die daraus resultierende Inflation eben erst einmal eine Bedrohung von außen. Zumindest meinte ich das mit äußeren Bedrohungen.
Lassen wir uns überraschen. Vielleicht macht diese italienische Mannschaft ja mit Ungarn und der FPÖ eine Anti-Sanktions-Politik und dann gibts Zoff.
Das Pfund sinkt weiter:
Folge der Steuersenkungspläne
Pfund stürzt auf niedrigsten Stand seit 37 Jahren
Die neue britische Regierungschefin Liz Truss will mit mehr Schulden und niedrigeren Steuern die Wirtschaft stützen. Die Opposition kritisiert, dass vor allem Reiche profitieren. Auch Anleger reagieren schockiert.
(…)
https://www.spiegel.de/wirtschaft/grossbritannien-plaene-zur-steuersenkung-lassen-pfund-auf-niedrigsten-stand-seit-37-jahren-stuerzen-a-3015effb-a524-4d2d-a062-057a5cf21b68
Analysten vermuten, daß das die britische Nationalbank bis November die Leitzinsen auf bis zu 6% erhöhen könnte, um den Fall des Pfundes zu bremsen.
(El País, 27.9.)
Rechtsruck kommt Italiens Steuerzahler teuer zu stehen
Die Zinsen für italienische Staatsschulden springen nach der Parlamentswahl auf den höchsten Stand seit neun Jahren. Der Euro rutscht auf ein 20-Jahrestief
Hohe Wellen hat der Wahlsieg von Giorgia Melonis Fratelli d’Italia an den Finanzmärkten geschlagen. Sorgen über die Auswirkungen des Rechtsrucks in Italien trieben den Euro auf ein 20-Jahrestief gegenüber dem US-Dollar. "Auch wenn sich das Rechtsbündnis offiziell zur EU bekennt – der politische Gegenwind aus Italien wird größer werden", warnte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Neben politischen Unsicherheiten trug auch die Zinsentwicklung zu den Kursverlusten bei, die den Euro im Tief unter 0,96 Dollar drückten.
Da die US-Notenbank in der Vorwoche mit einem weiteren großen Schritt den Leitzins auf nunmehr 3,25 Prozent hievte, ist der Unterschied zum Euroraum deutlich angewachsen. Das sorgt für Kapitalabflüsse aus der Gemeinschaftswährung in den höher verzinsten US-Dollar. Zum Vergleich: Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt derzeit bei 1,25 Prozent.
Zinsen auf Neunjahreshoch
Deutliche Auswirkungen hat der Urnengang in Italien auch auf die Anleihenmärkte. Das hoch verschuldete Land muss künftig für neue Schulden noch tiefer in die Tasche greifen, die Rendite für zehnjährige Schulden stieg auf fast 4,5 Prozent – höchster Stand seit neun Jahren. Das ist mehr als der doppelte Zinssatz von jenem, den Deutschland mit 2,1 Prozent für zehnjährige Anleihen berappen muss. Allerdings sind dessen Staatsschulden mit 69 Prozent der Wirtschaftsleistung auch wesentlich geringer als die italienischen mit 151 Prozent.
Dadurch ist die EZB in die Kritik geraten, konkret ihr neues Krisenprogramm TPI. Mit diesem will die Notenbank die Anleihenrenditen ohne Auflagen für einzelne Eurostaaten wie Italien gezielt drücken, sobald sie es für geboten hält. "Die EZB hat Europas Populisten einen Blankoscheck ausgestellt", kritisiert das deutsche Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) das TPI-Programm. Eigentlich müsse die EZB diesen Scheck nun wieder einkassieren, meint ZEW-Volkswirt Friedrich Heinemann. Dies würde sie allerdings zu einem "politischen Wächter über Wahlergebnisse" machen. Daraus folgert der Ökonom: "Es zeigt sich immer deutlicher, dass die EZB mit ihren massiven Käufen von Staatsanleihen mehr und mehr eine Rolle übernommen hat, für die sie keinen Auftrag und keine Legitimation hat."
Denn das Mandat der EZB lautet nicht auf günstige Finanzierungsbedingungen für Mitgliedsstaaten, sondern auf Währungsstabilität. Darunter versteht sie eine Inflation von zwei Prozent. Im August erreichte die Teuerung in der Eurozone den Rekordwert von 9,1 Prozent.
https://www.derstandard.at/story/2000139433520/rechtsruck-kommt-italiens-steuerzahler-teuer-zu-stehen
Na, was würden die schlauen Ökonomen empfehlen? Das TPI zu streichen und Italien aus dem Euro zu werfen?
Das wohl auch wieder nicht …
Operation Yenrettung
Die Bank of Japan war gezwungen, eine erste Intervention am Devisenmarkt vorzunehmen, um die Abwertung ihrer Währung zu stoppen. Aber es kann sein, daß das nicht reicht.
Die japanische Regierung hat widerwillig, fast zwangsläufig, auf den Zinserhöhungszyklus der Fed reagiert, um den schwächelnden Yen zu stützen, die erste Intervention dieser Art seit 1998. Die „entschlossene Aktion“, wie der stellvertretende Finanzminister für internationale Angelegenheiten sagte, Masato Kanda, erhöhte die Währung auf 140 Yen pro Dollar. Aber die wirtschaftlichen Aussichten des Landes machen es unwahrscheinlich, dass die Intervention funktionieren wird.
Es gibt keinen Grund, die Zinssätze in Japan zu erhöhen: Die Inflation liegt leicht über ihrem Ziel von 2 %, aber aus den falschen Gründen, nämlich dem Krieg in Europa und zu vielen Anreizen aus den USA. Das japanische Wachstum von 2,2 % im letzten Quartal ist wenig inspirierend. Die Bank of Japan zieht es vor, das Ergebnis der jährlichen Unternehmenslohnverhandlungen im nächsten Jahr abzuwarten, bevor sie Schlussfolgerungen für ihre Geldpolitik zieht.
Und doch hat die grassierende Inflation in den USA die US-Notenbank überrascht und ihren Vorsitzenden Jerome Powell gezwungen, die Zinsen aggressiv anzuheben, selbst als Kuroda am Donnerstag die ultralockere Geldpolitik von Japan verlängerte.
Das vergrößert die Kluft zwischen den Benchmark-Anleiherenditen der USA und Japans weiter, die bereits weit über drei Prozentpunkte liegt, und schadet dem Yen weiter. Die japanische Währung hat seit dem im Dezember 2020 erreichten Maximum 29% verloren, das meiste seit letztem März. (…)
Aus diesem Grund hat Tokio beschlossen, einen Teil seiner Reserven in Höhe von 1,3 Billionen US-Dollar zu verwenden, um den Niedergang einzudämmen. Die wirtschaftliche Abweichung Japans von seinen westlichen Konkurrenten bedeutet jedoch, dass die Regierung höchstens darauf hoffen kann, den Abwärtstrend des Yen zu mildern.
Es gibt jedoch ein noch schlimmeres Szenario. Anleihenkäufer haben bereits Skepsis gegenüber der Zusage der Bank of Japan geäußert, die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen unter 0,25 % zu halten. Im Juni und erneut in dieser Woche haben sie die Rentabilität … über diese Schwelle hinausgetrieben.
Die Tokioter Finanzwelt ist voll von Gerüchten, dass ausländische Hedgefonds den Yen während der Handelszeiten in New York und London zügig verkauft haben. Das könnte die Entscheidung der Regierung erklären, einzugreifen.
Aber wenn es nicht funktioniert und da die Bilanz einseitiger Interventionen nicht sehr gut ist, könnte die Glaubwürdigkeit der japanischen Behörden einen schweren Schlag erleiden. Das würde die Arbeit der Bank of Japan noch schwieriger machen.
(El Pais, 29.9.)
Auf europäischer Ebene ist der BRD-Finanzminister kritisiert worden, weil solch massive Eingriffe in den europäischen Wettbewerb, wie sie das deutsche 'Doppel-Wumms'-Schuldenpaket vorsieht, eigentlich verboten sind.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/lindner-eu-entlastungspaket-101.html
https://www.euractiv.de/section/energie/news/deutschland-bleibt-wegen-milliardenschwerem-abwehrschirm-in-der-kritik/
Die Merkel hatte dafür in der Finanzkrise 2008 die Parole parat, die BRD wolle gestärkt aus der Krise hervorgehen. Resteuropa sieht sich mit deutscher Finanzmacht konfrontiert, und begehrt um so eindrücklicher, dass Europa für alle Nationalismen ein Erfolgsprojekt zu sein habe – bei Strafe seines Niedergangs …. Lindner wollte noch vor einem Monat striktere europäische Schuldenregelungen durchsetzen. – Aber eben anscheinend vor allem bei den anderen Ländern….
https://www.sueddeutsche.de/politik/eu-lindner-noch-viel-arbeit-bei-reform-von-eu-schuldenregeln-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220910-99-705675
Deutsch-Finnische Streitigkeiten entzünden sich an der deutschen Verstaatlichung von Uniper. Dort würden u.a. Grundsätze des Investitionsschutzes für finnische Großanleger bei Uniper missachtet …
https://www.euractiv.de/section/energie/news/energieriese-uniper-finnische-opposition-mobilisiert-gegen-deutschland/
Nationale Regierungen und EU-Kommission schieben sich wechselseitig die Schuld für die Krisenlage – bzw. ‘die schlechte Krisenbewältigung’ – zu ….
https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/eu-mitgliedsstaaten-kritisieren-das-binnenmarkt-notfallinstrument/
Auch die Abwälzung europäischer Krisenkosten mittels Kürzungen der Projekte mit Afrika findet erwartungsgemäß dort keinen Beifall. https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/streit-um-gaspipelines-offenbart-kluft-zwischen-eu-und-afrika/
[Lindners sture Entgegnung auf die europäische Kritik lautet übrigens: Das deutsche Finanzpaket sei keine Konjunkturhilfe und heize doch die Inflation in Europa gar nicht zusätzlich an…. – Und das heißt:
“Lindner hält von einer Neuauflage der Gemeinschaftsschulden nicht viel: ‘Andere Instrumente gemeinsam in Europa, als die, die wir gegenwärtig haben, sehen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht als erforderlich an.’ Lindner ist in der Zwickmühle. Einerseits muss er die 200 Milliarden Euro für Deutschland verteidigen. Andererseits will er verhindern, dass die Partner mit den gleichen guten Argumenten einen ähnlichen Geldsegen für ganz Europa verlangen – dann allerdings finanziert aus der Gemeinschaftskasse, also mit einem großen deutschen Beitrag.” (Tagesschau, s.o.) ]
Die Fragestellung "Was tun gegen die Energiekrise" verharmlost den Wirtschaftskrieg gegen Russland (für den ganz Europa diesem Zweck untergeordnet werden soll) in so was quasi Natur-Katastrophales wie einen Vulkanausbruch, der quasi von selbst, quasi als Schicksal, hinterrücks und unerwartbar ganz Europa getroffen habe. Den Wirtschaftskrieg gegen Russland einzustellen, kommt jedenfalls als heilendes Mittel gegen solche Wirtschaftseinschläge garantiert gar nicht in die Tüte. Eher schon überlegt man, welche zukünftigen Wirtschaftsschäden vermutlich eintreten werden, wenn schwerere Waffen an die Ukraine geliefert werden, – und die Eskalationsspirale sich dann also noch weiter dreht. Der Übergang zur Kriegswirtschaft wird mittels Ankurbeln der Geld-Druckerpresse bewerkstelligt. Zunächst deutsch-national: – Und Resteuropa wird schon sehen, zu welchen dem Kriegskurs zustimmenden Bedingungen die BRD die Folgsamkeit Resteuropas gegen deutsch ermöglichte Krediterleichterungen wird erpressen können. Ein europäisch durch die EU-Kommission durchregulierter Gesamt-EU-Energiemarkt steht schon zur Debatte.
Generell sollen Rohstoffversorgungsketten europäisch gemanagt werden:
https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/frankreich-und-deutschland-legen-ihre-prioritaeten-fuer-das-kommende-eu-rohstoffgesetz-fest/
…. die eigene europäische Abhängigkeit von außer-europäischen (Rohstoff-) Lieferanten solle verringert werden…. [Zitat aus der letzten Quelle von Euractiv] – Und wieso kommen die Europapolitiker dabei zielstrebig und ratzfatz auf Russland und China … (und nicht etwa auf außer-europäische Kakao- oder Kaffeeproduzenten, denn solche Pflanzen wachsen bekanntlich doch in hiesigen Breiten auch nicht)? Fragt sich nur, wer sich hier auf kommende Kriege und auf Wirtschaftskriege – und warum – vorbereiten will.
Thomas Pany: Entlastungspaket Energiepreise: EU-Mitglieder gegen deutschen Alleingang
Reaktionen auf den Scholz-Wumms: Das 200-Milliarden-Paket mit der Gaspreisbremse wird für gut befunden, wenn es zu einer EU-weiten Ausweitung “mit der Zulassung gemeinsamer Schulden” kommt. Der deutsche 200-Milliarden-Abwehrschirm, der vergangene Woche von Kanzler Scholz und seinen Vizes Habeck und Lindner angekündigt wurde, beunruhigt EU-Mitgliedsstaaten. Man will kein deutsches Solo, sondern Solidarität.
https://www.heise.de/tp/features/Entlastungspaket-Energiepreise-EU-Mitglieder-gegen-deutschen-Alleingang-7283790.html?seite=all
Pokern für mehr Armut
Für selbstverschuldete Krise zahlen Bund und Länder nur Peanuts. NRW-Regierungschef Wüst setzt dafür auf »Pakt für nationale Einheit«
Von Arnold Schölzel
https://www.jungewelt.de/artikel/435962.bund-l%C3%A4nder-treffen-pokern-f%C3%BCr-mehr-armut.html
Berliner Dilemma
Streit um deutsche Entlastungspakete
Von Jörg Kronauer
https://www.jungewelt.de/artikel/435999.berliner-dilemma.html
Der Euro ohne deutsche Industrie
Sanktionen gegen Russland führen die EU in die wirtschaftliche Depression. Sabotage von Nord-Stream-Pipelines legt Berlin auf US- und NATO-Kurs fest
Von Michael Hudson
https://www.jungewelt.de/artikel/435973.us-imperialismus-der-euro-ohne-deutsche-industrie.html
Russland liefert kein Gas mehr nach Italien
https://www.jungewelt.de/artikel/435851.russland-liefert-kein-gas-mehr-nach-italien.html?sstr=Russland
[In diesen Zusammenhang stelle ich noch einmal ein:]
Florian Rötzer: Washington setzt Europa unter Druck, der Ukraine mehr und regelmäßig Finanzhilfe zu leisten
Washington richtet sich auf einen langen Krieg ein, hat wieder ein Hilfspaket von 12 Milliarden verabschiedet und will angeblich monatlich 1,5 Milliarden an Finanzhilfe an die Ukraine leisten. Es wird Druck auf die EU ausgeübt, damit mitzuziehen. In Deutschland soll ein neues US-Kommando zur Koordinierung der militärischen Unterstützung der Ukraine eingerichtet werden.
https://overton-magazin.de/krass-konkret/washington-setzt-europa-unter-druck-der-ukraine-mehr-und-regelmaessig-finanzhilfe-zu-leisten/
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Suitbert Cechura: Die Berichterstattung über „Putins Krieg“ ist irre
Die gepflegte moralische Aufrüstung der Berichterstattung erschlägt jede sachliche Beurteilung mit dem Zwang zur Parteinahme. (…) Es braucht eben moralisch gefestigte Bürger mit der entsprechenden Sicht auf die Dinge, damit sie nicht nur die Kriegsfolgen an der Heimatfront hinnehmen, sondern gegebenenfalls auch auf wildfremde Bürger anderer Staaten schießen, wenn das Kommando von oben kommt.
https://overton-magazin.de/allgemein/die-berichterstattung-ueber-putins-krieg-ist-irre/
Eine Zwischenbemerkung zu den beabsichtigten bzw. erwartbaren Folgen von sogenannten Wirtschaftssanktionen:
https://gegen-kapital-und-nation.org/media/pdfs/de/deutschland-im-kriegstaumel-eine-zwischenbemerkung.pdf
Wie der Staat die Energiemärkte derzeit "reguliert,” – man beachte auch den Namen des neu benamsten Konzerns "Securing Energy for Europe" – dazu Florian Rötzer:
"(…) Vor einigen Tagen berichtete Bloomberg, dass die frühere Gazprom Germania, die von der Bundesnetzagentur treuhänderisch übernommen wurde und jetzt SEFE (Securing Energy for Europe) heißt, ihren Auftrag, die Gasversorgung für Deutschland und Europa zu sichern, zum Schaden anderer zu erfüllen scheint. So würden gegen eine relativ kleine Strafsumme aufgrund langfristiger Verträge vom indischen staatlichen Gaskonzern bestellte LNG-Lieferungen umgeleitet, um sie auf den lukrativeren Spot-Markt zu gegenwärtigen Höchstpreisen zu verkaufen.
Als Vertragsstrafe wird von der Singapur-Niederlassung von SEFE Marketing & Trading Ltd., frühert Gazprom Marketing & Trading Ltd., 20 Prozent der Vertragssumme bezahlt, was sich auf 4 Prozent des Preises am Spot-Markt beläuft. Das habe ein indisches Regierungsmitglied Bloomberg berichtet. Weniger verwunderlich ist dies Verhalten auf einem kapitalistischen Markt, auch wenn es sich um ein Staatsunternehmen handelt und man auch in Deutschland gerne Russland vorwirft, Verträge nicht einzuhalten. (…)"
https://overton-magazin.de/krass-konkret/der-winter-und-ein-globaler-kampf-um-fluessiggas-kommt/
… Und was bei einem selber Bauernschläue ist, das ist beim Gegner selbstredend abgrundtiefe systemisch begründete Bösartigkeit ….
Lieferketten aus China könnten im nächsten Wirtschaftskrieg stören. Also:
https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/eu-will-mit-rohstoffgesetz-abhaengigkeit-von-china-verringern/
Die Kalkulation scheint zu sein, dass europäische Regulierung bzw. größere Kompetenzen für EU-Wirtschaftspolitik auch den kleineren europäischen Staaten größere Schlagkraft im globalen Wettbewerb verschaffe. (Vermutlich sollen dafür die einzelnen Staaten davon dann aber nicht mehr ausscheren dürfen – und so, mit diesem “Pferdefuß”, wächst, als Vorstellung erst einmal, Europa mit größeren Befugnissen und größeren Souveränitätsrechten heran.) Ob es dazu wirklich kommt? Als Überredungsmittel, um den Abbau von Souveränität als Stärkung nationaler Souveränität zu verdrehen, dürften vermutlich neue europäische Kreditversprechen tauglich sein. Dass der deutsche Finanzminister dies so vehement ausgeschlossen hat, dürfte also das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gewesen sein. Einstweilen gelten Frankreich und BRD in der EU angeblich als extreme Energie-Egoisten. https://www.focus.de/politik/analyse-von-hans-juergen-moritz-deutschland-und-frankreich-als-energie-egoisten-unter-verdacht_id_156597566.html. (Dieser Focus-Artikel verdeutlicht die Gemengelage der unterschiedlichen nationalen Energie-Konstellationen rund um Europa.)
Heutiges Gründungstreffen der “Europäischen Politischen Gemeinschaft”
…. dann gründ’ ich einen Arbeitskreis ….
…. oder – ein neues sonstiges europäisches bzw. europa-zentristisches Gremium …
“(…) Allerdings sind noch viele Fragen offen, sagt Janis Emmanouilidis vom EPC, einer Denkfabrik für europäische Politik in Brüssel. Zum Beispiel, was am Ende das Ergebnis sein könnte – oder womit sich die Runde überhaupt beschäftigen soll. (…). Bundeskanzler Olaf Scholz wird sich auf eine Reihe kritischer Fragen gefasst machen müssen. Denn viele seiner EU-Kolleginnen und Kollegen halten das 200-Milliarden-Euro schwere Hilfspaket der Bundesregierung für einen ziemlich unsolidarischen Alleingang.”
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/prag-gipfel-101.html
(Die Idee scheint zu sein, dass die bloße Masse von Staaten die darunter befindlichen Skeptiker zu den Russland-Sanktionen würde zur Teilnahme an der Kriegspolitik gegen Russland überreden können. (Das könnte aber leicht zu einem ‘Rohrkrepierer’ und einer öffentlichen ‘Blamage’ der Kriegsfront-Hetzer sich entwickeln. Immerhin ist z.B. auch die Türkei dabei… Schaunmermal.)
Ob es gemeinschaftliche europäische Kriegskredite (sorry: Energiehilfen) geben soll, – das ist in der EU ähnlich umstritten, wie früher anlässlich von z.B. Corona anfangs auch
https://www.euractiv.de/section/finanzdienstleistungen/news/oesterreich-stellt-sich-gegen-gemeinsame-kreditaufnahme-auf-eu-ebene/
https://www.euractiv.de/section/binnenmarkt-und-wettbewerb/news/hofreiter-schliesst-sich-eu-kritik-an-deutschem-hilfspaket-an/
Also das Gas nach Italien fließt wieder:
Gazprom nimmt Gaslieferungen nach Italien über Österreich wieder auf
Nach Regeländerungen in Österreich wurde mit dem russischen Gaslieferanten eine Lösung gefunden. Seit Samstag floss kein russisches Gas nach Italien
https://www.derstandard.at/story/2000139693259/gazprom-nimmt-gaslieferungen-nach-italien-ueber-oesterreich-wieder-auf
Ein zukünftiger digitaler Euro – soll einerseits auf weltweite Digitalisierungstendenzen anderer Weltwährungen reagieren – bzw. Europa will mit denen mithalten – andererseits aber dem bereits etablierten europäischen Geschäft der privaten (oder halbstaatlichen…) Geschäftsbanken in Europa nicht zusätzliche Gewinnambitionen durch unmittelbare Verfügbarkeit von Zentralbankgeld abschneiden – so erläutert es Stephan Kaufmann ….
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167647.digitaler-euro-ein-neues-feld-in-der-weltwaehrungskonkurrenz.html
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Vgl. auch diesen Artikel – bereits aus dem letzten Jahr
https://www.euractiv.de/section/eu-innenpolitik/opinion/europas-kampf-gegen-die-dominanz-digitaler-plattformen/
und aus 6/2022: https://www.euractiv.de/section/digitale-agenda/opinion/frankreich-steuert-in-richtung-digitalen-nationalismus/
Irgendwie scheint die Strategie derjenigen Staaten, die noch Kredit haben, darauf hinauszulaufen, ihre Wirtschaft zu subventionieren, damit dort einige Geschäfte machen können:
"Kampf gegen die Inflation: Spendable Staaten werden zum großen Risiko für die Weltwirtschaft
Die Inflation dürfte länger hoch bleiben als gedacht. Dafür sorgen die Energiekrise, Strukturprobleme am Jobmarkt sowie die Spätfolgen der Pandemie. Und spendable Staaten unterlaufen die Strategie der Notenbanken in der Inflationsbekämpfung
Larry Fink, Chef der Fondsgesellschaft Blackrock, versteht nicht, dass sich noch jemand wundert. Neun Billionen US-Dollar (9,2 Billionen Euro) habe die US-Regierung allein in den vergangenen vier Jahren für Wirtschaftshilfen ausgegeben. Es gab Schecks für alle, um die Konjunktur in der Pandemie am Laufen zu halten. Ex-Präsident Donald Trump hat Steuergeschenke für Reiche draufgepackt. Sein Nachfolger gibt Geld an verschuldete Studierende. Die USA könnten nicht aufhören, "Helikoptergeld" zu verteilen, sagt Fink, der mit Blackrock den größten Vermögensverwalter der Welt führt, in Richtung Publikum. "Und dann rätseln alle, wieso wir eine so hohe Inflation haben." Die Lacher sind auf seiner Seite.
Es ist später Nachmittag in Washington D.C. Fink spricht bei der Jahrestagung des Internationalen Bankenverbandes IIF vor einer Gruppe von Bankern und Investoren über die Zukunft der Weltwirtschaft. Es geht um die USA, Europa, China, um den Krieg in der Ukraine und die Demografie in Amerika, aber in Wahrheit nur um ein Thema, das alle diese Stränge zu verbinden scheint: die Rekordinflation.
Fink zeichnet für die kommenden Monate ein düsteres Bild. Nachdem die USA ihre Schecks verteilt haben und nun diese Rechnung in Form höherer Inflation präsentiert bekommen – die Teuerung liegt bei 8,2 Prozent im Land –, nehmen aktuell europäische Regierungen hunderte Milliarden Euro in die Hand, um ihren Bürgerinnen und Bürgern zu helfen. "Ich will nicht urteilen", sagt Fink. Aber es sei bemerkenswert, dass mitten in einer Krise so viel Geld ausgegeben werde, obwohl es sein könne, dass genau das die Inflation antreibe und die Probleme verschlimmere. Da lacht keiner.
Nachdenkliche Banker
Ein Investmentbanker, den hohe Staatsausgaben nachdenklich stimmen. Das allein ist vielleicht noch keine Geschichte. Diese Woche kamen in Washington hunderte Zentralbankerinnen und Zentralbanker, Finanzministerinnen und Finanzminister sowie Ökonominnen und Ökonomen zur Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank zusammen, um zu vermessen, wie sich die Weltwirtschaft entwickeln wird. Viele treibt dieselbe Sorge um wie Fink.
Die Weltwirtschaft ist dabei, in eine neue Phase einzutreten. Auf die rasante Erholung nach der Pandemie folgt Stagnation, ein Nullwachstum also, ein Zustand, bei dem es keine Wohlstandsgewinne zu verteilen gibt, was Konflikte zwischen Arbeit und Kapital verschärft.
Ein Drittel der Weltwirtschaft soll in eine Rezession stürzen, prognostiziert der IWF. Die Wirtschaftskraft wird in vielen Ländern, darunter auch Österreichs Nachbarn Italien und Deutschland, schrumpfen. Das bedeutet, dass die Arbeitslosigkeit steigen wird. Und die Hinweise verdichten sich, dass parallel dazu die Periode der hohen Inflation nicht vorüberzieht, sondern die Krise erst am Anfang steht.
In der Eurozone zogen die Preise im Jahresabstand um zehn Prozent an. Schon gibt es Prognosen, dass in Deutschland die Teuerung 2023 noch einmal um sieben, in Österreich um 6,5 Prozent zulegen wird. Butter ist binnen zwölf Monaten um ein Drittel teurer geworden, Milch um ein Fünftel, Hotelübernachtungen um ein Zehntel. Und jetzt soll es noch weiter raufgehen?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Als Folge des Krieges sind Energiepreise weltweit gestiegen, vor allem aber in Europa. Das Erdölkartell Opec will seine Förderung drosseln, um die Ölpreise hoch zu halten. Ab 5. Dezember greift ein Ölembargo gegen Russland, das neue Verwerfungen auslösen könnte. Auch abseits solcher Schocks deute alles darauf hin, dass Energie mittelfristig, also im Laufe von zehn Jahren, teurer bleiben wird, sagt der Ökonom Daron Acemoğlu vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die Zeiten von billigem Gas sind für Europa vorbei. Und bis erneuerbare Quellen, die in Europa etwa 20 Prozent des Energiekonsums abdecken, Gas voll ersetzen könnten, werde es dauern.
(…)
https://www.derstandard.at/story/2000139999601/kampf-gegen-die-inflation-zu-viel-geld-vom-staat-gehoert
Digitalisierung ist einerseits anscheinend ein Schlachtruf, der kapitalistische Fortschritte in der Konkurrenz ankündigt (vor allem in Bezug auf den Vergleich mit China, das hier bereits um Längen voraus ist). Johannes Schillo interviewt zum Thema Peter Schadt https://overton-magazin.de/krass-konkret/noch-ein-wirtschaftskrieg-deutschland-in-der-digitalisierungs-offensive/
Vgl. auch diesen etwas älteren Artikel von Schadt. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1143245.technologie-macht-der-technik.html?fbclid=IwAR2hfsVx9xqu0TvIIGco7fAC2hdz0Yc_e85r2veaCH-qOl-8PNZ72VQ1wdQ
Zusätzliches und Nachdenkliches über Künstliche Intelligenz (und wie das Zuarbeiten zu Systemen der KI die Ausbeutungsmethoden der Fabrikarbeit 'modernisiert') u.a. ist einer Reportage auf arte zu entnehmen.
https://www.arte.tv/de/videos/099618-000-A/ki-im-test-mensch-vs-maschine/
A Humiliating End to Trussonomics
The British government’s dramatic U-turn shows how policy mistakes can be rapidly punished in times of global economic uncertainty.
On Monday morning, Britain’s new finance minister, Jeremy Hunt, delivered a funeral oration for Trussonomics — the regressive and ill-advised tax-cutting scheme of Britain’s new Conservative Prime Minister, Liz Truss. In a televised address that lasted about five minutes, Hunt said that he was eliminating virtually all of the tax cuts that Truss’s government proposed last month, which sent the financial markets into a conniption, and he also promised to rein in an expensive cap on energy bills, which the government recently introduced to counter soaring fuel prices. “A central responsibility for any government is to do what is necessary for economic stability,” Hunt said.
(…)
The less reassuring interpretation of the British crisis is that, in a world where many central banks are raising interest rates and withdrawing money from the economy, it demonstrated the potential fragility of the global financial system, including the U.S. system. When the pound began to plummet late last month, it affected other markets, such as the markets for German and U.S. bonds. Seeing what was happening, officials at the Treasury Department urged the I.M.F. to put pressure on the British government to reverse course, Bloomberg reported. (The report wasn’t denied.)
(…)
https://www.newyorker.com/news/our-columnists/a-humiliating-end-to-trussonomics
Die ganze Finanzwelt hat offenbar kalte Füße gekriegt wegen diesem wirtschaftlichen Harakiri der britischen Schreckschraube und ihres Ökonomie-Wunderkinds.
Das ist schon witzig, wie das Urteil der Finanzkapitals wie ein Gottesurteil hingenommen wird. Ja wenn das Finanzkapital aus dem Pfund geht, dann hat die Regierung einen politischen Fehler gemacht. Wieso das jetzt falsch war, muss man gar nicht mehr erläutern. Scholz und andere europäische Regierungen machen zwar genau das gleiche, aber dort ist es kein Fehler weil die Finanzmärkte nicht direkt reagieren.
“US-Präsident Joe Biden hat die inzwischen verworfenen Steuerpläne der britischen Premierministerin Liz Truss kritisiert. Biden sagte am Samstagabend (Ortszeit) bei einem Besuch im US-Bundesstaat Oregon, er sei nicht einverstanden gewesen mit dem Ansatz, in Zeiten wie diesen Steuererleichterungen für Superreiche auf den Weg zu bringen. «Ich war nicht der einzige, der dies für einen Fehler hielt.» Es sei aber nicht an ihm, sondern an Grossbritannien, darüber zu urteilen.
Biden äusserte sich in Portland bei einem Stopp in einem Eiscafé vor Reportern. Dass ein US-Präsident eine innenpolitische Entscheidung eines engen Verbündeten derart deutlich kritisiert, ist ungewöhnlich.
Truss ringt nach nur wenigen Wochen als Regierungschefin um ihr Amt. Sie hatte sich in einer parteiinternen Wahl als Nachfolgerin des britischen Premiers Boris Johnson durchgesetzt – in erster Linie, weil sie massive Steuererleichterungen versprach. Diese Vorhaben sind jedoch dabei, krachend zu scheitern, weil Pläne zur Gegenfinanzierung fehlen. Die Finanzmärkte reagierten mit heftigen Turbulenzen.” (Sonntag, 16.10.)
https://www.bluewin.ch/de/news/international/us-praesident-biden-truss-steuerplaene-waren-ein-fehler-1421358.html
Also – die Finanzmärkte ihrerseits haben wiederum anscheinend auch auf Bidens Einschätzung reagiert. Zumindestens hat der das bestärkt – anstatt die Märkte zu beruhigen (was ich erwartet hätte…) . (Und dass das ebenfalls nur eine reine Ungeschicklichkeit oder ein Formfehler von Biden gewesen wäre, einer europäischen Regierungschefin “Fehler” vorzuhalten, das leuchtet mir dabei eher nicht ein. Umgekehrt ist es mir aber auch nicht klar, was Biden sich davon versprechen könnte, dass GB ins Regierungschaos trudelt. Außer natürlich der Demo, dass der Herr in Washington mit einer Nebenbemerkung ganze Staatenordnungen durcheinander verwirbeln kann: – Damit anschließend wieder Ordnung – und Abstimmung mit den USA – dort einkehren solle?)
Es gab auch vorher schon Konflikte mit den USA, scheint ‘sich aufgeschaukelt’ zu haben:
https://www.n-tv.de/politik/Nordirland-Streit-USA-drohen-Liz-Truss-gleich-zum-Dienstantritt-als-britische-Premierministerin-article23574687.html
https://www.derstandard.de/story/2000139240923/truss-raeumt-ein-vorerst-keine-verhandlungen-mit-usa-zu-handelspakt
Botschaften an die Verbündeten der USA???
Stephan Kaufmann: Ein neues Regime
Die derzeitigen weltweiten staatlichen Kreditprogramme bei gleichzeitiger Inflation unterminieren “…. die Kreditwürdigkeit zahlreicher Länder, und an den Finanzmärkten hat die Suche nach den schwächsten Gliedern begonnen. Zahlreiche Schwellen- und Entwicklungsländer sind bereits nahe am Zahlungsausfall, mahnt der Internationale Währungsfonds (IWF).
In dieser globalen Konkurrenz um Kredit, also um das „Vertrauen“ der Finanzmärkte, hat Großbritannien einen heftigen Rückschlag erlebt. Erklärt wird er zwar mit Fehlern der Regierung. „Aber was ist, wenn Großbritannien gar keine Ausnahme ist“, schreibt Marcus Ashworth vom Finanzdienst Bloomberg, „sondern bloß ein Beispiel dafür, was anderen Ländern in der neuen Inflationswelt noch bevorsteht?“
Die Phase der „Fiscal Dominance“ ist vorüber, zurück ist die „Financial Dominance“ und damit die Macht der Finanzmärkte, von Regierungen über Zinsanstiege und Währungsabstürze eine marktkonforme Politik zu erzwingen. Dass die konservative Brexit-Partei mit ihren Steuersenkungen für Reiche nicht durchgekommen ist, ist daher kein Anlass für Schadenfreude. Denn dass hier ein mächtiger G7-Staat vor den Märkten einknickt, bedeutet nicht nur, dass die britischen Arbeitnehmer vor zwei Jahrzehnten sinkender Lebensstandards stehen, sondern verweist zudem auf den prekären Zustand des Weltfinanzsystems, in dem die nächste Krise nur eine Frage der Zeit ist.”
https://www.fr.de/meinung/kommentare/ein-neues-regime-91863523.html
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https://taz.de/Liz-Truss-tritt-zurueck/!5889641/
@Leser
Na ja, dieses Chaos war offenbar voraussehbar und der US-Führung ist es natürlich nicht recht, wenn einer ihrer engsten Verbündeten abschifft.
Daß Biden mit seiner Bemerkung die Sache verschärft hat, dürfte nicht seine Absicht gewesen sein, aber der Mann ist eben erstens kein besonderer Diplomat und zweitens ist in dieser Lage sowieso guter Rat teuer. Also bei angespannten Finanzmärkten und größenwahnsinnigen Regierungschefs kann leicht ein Land und seine Kreditwürdigkeit kippen.
Die Probleme des Pfunds sind übrigens nur ein Vorspiel dessen, was auf den Euro zukommt.
Stephan Kaufmann: Marktkonforme Demokratie
Großbritanniens Krise zeigt: Die Finanzmärkte regieren wieder, die Politik muss sich ihrem Urteil beugen.
(…) Um Wachstum zu retten, legen Regierungen Milliardenprogramme auf. Dazu kommen weitere staatliche Programme für Aufrüstung und Energieautonomie, für Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung und weitere strategische Zukunftsfelder, auf denen das künftige Wachstum erwartet wird. »Angesichts der vergangenen Schocks sind Regierungsinterventionen nötig, wie es sie, würde ich sagen, seit dem Kalten Krieg nicht gegeben hat«, so Jacob Kirkegaard vom Washingtoner Peterson Institute. Die Finanzierung dieser Programme treibt nicht nur die ohnehin hohen Schulden weiter nach oben. Die dadurch zusätzlich generierte Nachfrage nährt darüber hinaus die Erwartung anhaltend hoher Inflation. Um sie zu bekämpfen und Kapitalabfluss zu stoppen, erhöhen alle Länder daher massiv die Zinsen, was ihre Wirtschaften schädigt. Dieser Kreislauf unterminiert die Kreditwürdigkeit zahlreicher Länder, und an den Finanzmärkten hat die Suche nach den schwächsten Gliedern begonnen. Einige wurden schon ausfindig gemacht: Sri Lanka, Pakistan, Ägypten und andere mussten beim IWF Hilfskredite beantragen. Weitere werden folgen: Mehr als ein Viertel aller Schwellenländer steht laut IWF am Rande des Zahlungsausfalles oder hat ihn schon hinter sich.
In dieser globalen Konkurrenz um Kredit, also um das »Vertrauen« der Finanzanleger, hat auch Großbritannien einen heftigen Rückschlag erlebt. Erklärt wird er zwar mit Fehlern der Regierung. »Aber was, wenn Großbritannien gar keine Ausnahme ist«, schreibt Marcus Ashworth auf Bloomberg, »sondern bloß ein Beispiel dafür, was weiteren Ländern in der neuen beängstigenden neuen Inflationswelt noch bevorsteht?«. (…). Der Vorwurf an Truss und ihren Ex-Finanzminister Kwarteng, sie hätten Großbritannien »uninvestable« (Economist) gemacht, zeigt, worin die angestrebte Finanzstabilität von Staaten besteht: dass sie profitable Anlagesphären für das globale Kapital sind. Zu diesem Zweck müssen nun die Zinsen steigen und die Schulden sinken, ebenso wie die Reallöhne. (…) »Wir sind wirtschaftlich stark und wir mobilisieren diese Stärke, wenn es nötig ist«, erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner, der sich darauf verlassen kann, dass die Märkte der Bundesregierung den Kredit geben, den sie für nötig hält. »Während die meisten Länder sich nach Jahren des Schuldenaufbaus überlegen müssen, was sie sich leisten können, hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass solche Schranken für Deutschland nicht gelten«, so der Economist. Mit den zusätzlichen Milliarden werden Haushalte und damit der Konsum gestützt, und Unternehmen über die Krise gerettet, kurz: die eigene Krise abgefedert und die Krisenfolgen auf andere Länder abgewälzt. »Man muss nur lange genug warten«, schreibt der Economist, »und Europas einzige erfolgreiche Unternehmen finden sich in jenen Ländern, deren Regierung es sich leisten können, sie zu unterstützen.«.
[sic…! – So viel zum “Wachstum” sowie zur Abwälzung der Krisenfolgen auf andere Länder, – wovon das EU-Hickhack bereits einen Vorgeschmack gibt. Und ach ja – die BRD zumindestens will wieder mal als Nation gestärkt aus der Krise herauskommen. Gestärkt meint dabei vor allem: mit mehr Vertrauen der Finanzmärkte ausgestattet, dass zukünftig Wachstum stattfinden würden täte…]
(S.K. – ND-Neufassung des oben verlinkten gestrigen FR-Artikels)
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167897.schulden-marktkonforme-demokratie.html
Konflikte zwischen Deutschland und Frankreich häufen sich – im Hintergrund schwelt ein Streit, ob Schulden wegen Kriegslage und Energiefragen zu vergemeinschaften sein sollen ….
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9062
Auch sonstige Kosten des Ukraine-Krieges werden “dem Westen” in Rechnung gestellt
https://www.jungewelt.de/artikel/437448.wer-bestellt-zahlt.html
Ob solch Triumvirat Europas (BRD, Frankreich, Italien) wie im Juni – https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/scholz-selenskyj-macron-draghi-ukraine-besuch-video-100.html – auch zukünftig so gemeinsam werden “europäische Außenpolitik” repräsentieren wollen, das wird neu zu verhandeln sein.
Und gleichzeitig nehmen europaweit ökonomische Konkurse und Pleiten zu.
https://www.euractiv.de/section/unternehmen-und-arbeit/news/europaeer-schliessen-ihre-geschaefte-angesichts-drohender-konjunkturschwaeche/
Grüne aus dem Europa-Parlament denken über einen grünen europäischen “Doppel-Wumms” nach ( – GrünTech – das wäre vermutlich der ideologische Titel für solcherlei neu zu beschließenden Euro-Kredit – bzw. gäbe es alternativ eine Ausweitung/Aufstockung des alten EU-Recovery-Programms …. -)
https://www.fr.de/meinung/gastbeitraege/europa-braucht-einen-doppel-wumms-91851294.html
Auch in gemeinsamen Rüstungs- und Militärfragen, in Wirtschaftsfragen, sowie in Fragen politischen gemeinsamen weltweiten Auftretens habe Bonn Paris in letzter Zeit permanent brüskiert, – so werden französische Beschwerden kolportiert ….
https://www.heise.de/tp/features/Scholz-und-Macron-Harte-Nuesse-zum-Arbeitsessen-7321242.html
Zur Rüstungskooperation: “(…) Dassault (Frankreich) sieht sich durch die Integration des spanischen Airbus-Ablegers in das Projekt benachteiligt und verlangt jetzt eine klare Führungsrolle, die Airbus Defence and Space (Deutschland) dem Unternehmen bisher nicht zugestehen will. ”
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9008
https://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland-und-frankreich-beziehungsstatus-kompliziert-8800342.html
Auch Richtung Ukraine setzt Macron andere nationale Maßstäbe in die Welt
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/frankreich-nuklearmacht-101.html
Sowie ebd.: “Gerade Macron hatte zu Beginn seiner ersten Amtszeit große Hoffnungen auf den Ausbau der europäischen Verteidigungsstrukturen inklusive gemeinsamer Rüstungsprojekte gesetzt. Aus Pariser Sicht verlässt sich Deutschland aber vor allem auf die USA, wenn es um atomare Abschreckung geht – als habe Deutschland bei dem Thema regelrechte Berührungsängste gegenüber seinem Nachbarn, die Frankreich nicht nachvollziehbar findet. Zumal sich auch die politische Lage in den USA – etwa mit einer erneuten Präsidentschaft von Donald Trump – schnell wieder ändern könne. Aus französischer Sicht müssen sich die Europäer auf ein Szenario vorbereiten, in dem sie für ihre eigene Sicherheit sorgen müssen – auch im Hinblick auf eine gemeinsame nukleare Abschreckungsstrategie.” (s.o.)
Die Frage ist, was die Erhöhung der Leitzinsen für die Immobilienspekultion bedeutet?
Zinsen steigen immer weiter: Bleiben Wohnkredite noch leistbar?
Die EZB wird das Zinsniveau in der Eurozone weiter anheben, was Kredite teurer macht. Variable Finanzierungen führen zu enormer Mehrbelastung für Haushalte
(…)
https://www.derstandard.at/story/2000140293877/zinsen-steigen-immer-weiter-bleiben-wohnkredite-noch-leistbar
Der Artikel macht sich vor allem Sorgen um das Geschäft der Banken — wie sieht es aus, wenn variable Kredite aufgrund der erhöhten Zinslast nicht mehr bedient werden können?
Stephan Kaufmann: Auch in der Krise Weltmacht Nr. 1
Die Wachstumsschwäche trifft auch die USA – die Ursachen sind aber andere als im Rest der Welt. Washington bekämpft sie nach eigenem Ermessen. Alle anderen Staaten müssen folgen.
Der US-Bundesstaat Kalifornien gilt als „Golden State“ – zurecht. Seine Wirtschaftsleistung übertraf bereits 2015 die von Frankreich, 2017 wurde Großbritannien überholt und dieses Jahr dürfte Deutschland an der Reihe sein. Kalifornien ist ein Symbol für die ökonomische Stärke der USA, die sich selbst in der aktuellen Krise zeigt. Zwar schrumpfte auch das amerikanische Bruttoinlandsprodukt und die Inflationsrate ist sehr hoch. Die Ursachen dafür sind jedoch größtenteils hausgemacht und die Strategien gegen die Krise setzt Washington nach eigenem Ermessen – der Rest der Welt muss folgen. Zentrales ökonomisches Thema im Vorfeld der Midterm-Wahlen in den USA ist die hohe Inflationsrate, die zuletzt bei 8,2 Prozent lag. Im Gegensatz zu Europa sind daran allerdings weniger die Energiepreise schuld – die USA produzieren mehr Gas und Öl, als sie selbst brauchen, im Land liegen die Preise deutlich niedriger als in Europa. Ursache der hohen Inflationsrate ist vielmehr eine außerordentliche Stärke der US-Wirtschaft, die die Regierung in Washington in den vergangenen Jahren massiv angefeuert hat. (…)
Gleichzeitig jedoch gab dieser Boom den Unternehmen die Gelegenheit, ihre Preise zu erhöhen. Laut einer Fed-Schätzung ließen die Staatshilfen allein bis Ende 2021 die Inflationsrate um zusätzliche drei Prozentpunkte steigen. Die US-Zentralbank hat daher reagiert: Sie erhöhte die Leitzinsen drastisch und wird nächste Woche einen weiteren Zinsschritt tun. Damit verteuert sie Kredite und lässt das Wirtschaftswachstum sinken – das ist der für Zentralbanken übliche Weg, als überschüssig bewertete Nachfrage zu senken, um die Inflation zu drücken. Das führt kurzfristig zwar zu Wachstumseinbußen. Diese dürften aber zum einen milde ausfallen und zum anderen die Basis für den Aufschwung legen: (…)
Damit ist der Rest der Welt in eine neue Phase des globalen „Dollar-Zyklus“ geraten: Zinserhöhungen in den USA ziehen Kapital in die Vereinigten Staaten, deren Dollar ohnehin als sicherer Hafen geschätzt wird und der stark aufgewertet hat. Um Kapitalabfluss und Währungsabwertungen – wie jüngst in Großbritannien – zu verhindern oder abzumildern, müssen alle anderen Währungsräume mit deutlichen Zinserhöhungen nachziehen. Das schädigt zwar ihre Ökonomien und Konjunkturen. Aber die Konkurrenz zum starken Dollar lässt ihnen keine Wahl. „Er ist unsere Währung – aber euer Problem“, sagte bereits 1971 der damalige US-Finanzminister John Conally. [Pleiten für arme Länder – sowie….] (…) In der Eurozone wiederum wird die Zentralbank am Donnerstag die Zinsen deutlich erhöhen, obwohl die Wirkungen der Zinserhöhungen gefürchtet werden. Denn zum einen fressen die hohen Energiepreise die Kaufkraft der Konsumenten, was die Wirtschaft schrumpfen lässt: „Es gibt kaum noch Zweifel“, meldete die Commerzbank diese Woche. „Der Euroraum befindet sich in der Rezession“ – die durch die Zinserhöhung vertieft werden wird. Zum anderen ist kaum ersichtlich, wie steigende Zinsen Europas Problem hoher Energiekosten lösen könnte – ein Problem, das die USA schlicht nicht haben.
https://www.fr.de/wirtschaft/wirtschaft-usa-biden-handel-industrie-export-import-washington-in-der-krise-weltmacht-nr-91876338.html
Auch diesen Artikel über die USA, Krisengewinnler Nr. 1, hat Stephan Kaufmann noch mal theoretisch verschärft und neu im ND veröffentlicht:
Souverän in die Krise
Der aktuelle Abschwung belegt die ökonomische Dominanz der USA
"(…) Allerdings sind die Vereinigten Staaten weniger passiv von der Krise betroffen. Vielmehr gestalten sie die Krise aktiv, treiben sie voran und demonstrieren damit ihre globale Stärke." (….)
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1168101.inflation-souveraen-in-die-krise.html
Nicht jeder Staat kann sich übrigens nämlich vornehmen, "gestärkt aus der Krise herauszukommen". Die diesbezügliche Äußerungen der griechischen Regierung in der Eurokrise lauteten daher auch a bisserl anders: nämlich dass man die Diktate von IWF und EU möglichst abwehren wolle….
Kaufmann argumentiert, dass die aktuelle Wirtschaftspolitik der USA (incl. die Maßnahmen der FED) "…. die Basis für den nächsten Aufschwung legen: In einer Umfrage der Finanzagentur Bloomberg unter Großinvestoren waren knapp 70 Prozent davon überzeugt, die USA würden die aktuelle Krise am besten überstehen – auch weil Washington weitere Hilfsprogramme bereits beschlossen hat. Dabei werde es trotz der steigenden Zinsen »keine Probleme haben, den Staatshaushalt zu finanzieren«, so Stefan Grothaus von der DZ Bank. »Dies ist auch auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.« Denn ihr Status als Weltmacht und Weltwirtschaftsmacht garantiert den USA schier grenzenlose Kreditwürdigkeit, die sie zur Förderung ihrer Wirtschaft nutzen." (s.o.)
– Und das kann sich kein anderer Staat so leisten – und daher auch gar nicht für die Zukunft in ähnlicher Weise vornehmen. (Womit übrigens ja bekanntlich auch nicht ausgeschlossen ist, dass auch in den USA das Kürzen von Sozialgeldern, das Kürzen von Beihilfen und das von Krankenhausgeldern nicht auch zu den Mitteln des Staates gehören – und nicht nur in Griechenland wurde derart ‘kleinkrämerisch’ und erpresserisch verfahren….)
Der Euro nähert sich derzeit wieder der Parität mit dem $ — was ist wohl der Grund dafür?
Zinserhöhung der EZB
@Leser: Doch. Vornehmen kann sich jeder Staat gestärkt aus der Krise hervorzugehen, es gelingt bloß nicht jedem.
Der Unterschied der Usa besteht nicht nur in ihrer Verschuldungsfähigkeit, sondern auch darin, dass sie kein Gasproblem haben. Die Gaspreise sind niedrig, folglich sind auch die Strompreise nicht gestiegen. Im Gegenteil verdienen sich die Amis im Moment dumm und dämlich an dem Gas, das sie nach Europa verkaufen. Ebenso verdienen sich die Erdölfirmen dumm und dämlich. Zusätzlich verdienen sie an den hohen Lebensmittelpreisen und an der Spekulation auf Energie und Lebensmittel. Bei denen steigen die Preise, weil im Moment das Kapital wie bekloppt nach Amerika fließt, was nicht gerade dadurch gebremst wird, dass der Dollar immer teurer wird, und die Zinsen erhöht werden. Zusätzlich pumpen die Corona Konjunkturprogramme noch Geld in die Wirtschaft.
Deshalb weiß ich auch gar nicht wie Kaufmann darauf kommt: "Die USA führen damit souverän ihren Abschwung herbei." Nach Abschwung sieht mir das gar nicht aus in den USA. Das einzig negative Datum ist eigentlich die Inflation.
Dass 'das Stocken’ einzelner Elemente vom oder 'die Schwäche' des kompletten kapitalistischen Wachstums in eine Rezession führt, liegt letztens ironischer Weise gerade an der (vorherigen) Stärke des Wachstums, welches deswegen nicht zur Verwertung des vorgeschossenen Kapitals führt, weil seine Ausdehnung quasi "schrankenlos" – auch mittels Kredit! – bewerkstelligt wurde, und da auch die US-Ökonomie vom Wachstum z.B. bei sich, z.B. auswärts (China, Europa etc ) abhängt, reicht es, dass die Kette von Verwertungsbedingungen an wichtigen Stellen und sei es zeitweilig unterbrochen oder abgerissen wird. Dann stehen nicht nur Autos oder Fernseher auf Halde, wiewohl danach massig Bedürfnisse bestehen, auch die Kreditanträge entsprechender Firmen werden kritischer beschlechtachtet, etc. Plus die Stimmung im Lande lässt weiteres erwarten, was dann wieder Weiteres. etc.pp. Sprich: der vorherige Aufschwung ist der "Grund" für den Abschwung. (Nur mal kurz aufgeschrieben, was man manchmal vergisst…)
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Arbeit unterbleibt, wenn sie nicht rentabel ist, wenn sie dem Unternehmen, in dem und für das sie stattfindet, nicht genügend Geldertrag einbringt. Wenn das so ist, dann findet Arbeit aber auch nur deswegen statt, weil und damit sie einem Unternehmen Gelderträge verschafft. Aus keinem anderen Grund unterbleibt sie dann eben auch, wenn sie nämlich nicht genügend Geld bringt.
https://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/anhang%28pdf%29/A%26R2022HB-ankündigung.pdf
https://wissenundkritik.de/wp-content/uploads/2021/04/14-Thesen-zu-Arbeit-und-Reichtum.pdf
Deiner Rede entnehme ich, dass es gerade Aufschwung gibt. Weil Aufschwung führt zum Abschwung. Sonst hättest du ja nicht auf diese Logik verweisen müssen. Kann ja auch sein, dass die Welt in eine Rezession gerät, die Firmen dort pleite gehen und die Nachfrage dann aus Amerika gestillt wird. Dann eröffnen sich für Amerika neue Märkte. Statt Rezession verwertet sich amerikanisches Kapital dann doch – auf Kosten des nichtamerikanischen.
Vor allem: “Die USA führen damit souverän ihren Abschwung herbei.” Das klingt ja so, als würden die absichtlich einen Abschwung herbeiregieren. Souverän und unbewusst, würde ich für einen Widerspruch halten.
Übrigens verdient auch der deutsche Staat an der Inflation kräftig mit. (Vor)Gestern ging durch die Presse, dass nach Steuerschätzungen über 120 Milliarden Mehreinnahmen zu erwarten sind. Am Abend hat Lindner dann die Erwartungen wieder gedämpft, indem er sagte das sei alles noch unsicher und außerdem seien die jüngsten Entlastungspakete noch nicht mit eingerechnet.
Laut Stephan Kaufmann: "Das führt kurzfristig zwar zu Wachstumseinbußen. Diese dürften aber zum einen milde ausfallen und zum anderen die Basis für den nächsten Aufschwung legen: In einer Umfrage der Finanzagentur Bloomberg unter Großinvestoren waren knapp 70 Prozent davon überzeugt, die USA würden die aktuelle Krise am besten überstehen (…) Denn ihr Status als Weltmacht und Weltwirtschaftsmacht garantiert den USA schier grenzenlose Kreditwürdigkeit, die sie zur Förderung ihrer Wirtschaft nutzen." (s.o.)
Wachstumseinbußen sind keine Krise. Inflation bringt auch Wachstumseinbußen. Die Amis machen einfach, was am wenigsten Verlust bringt. Sie steuern nicht bewusst, souverän in die Krise. Sie gehen souverän mit der von ihnen selbst durch die enormen Kredite verursachten Inflation um. Aber angesichts der Rekordgewinne und dem Kapital das in die USA fließt, kann man ja eigentlich nicht von Krise sprechen.
In Europa dagegen, handelt es sich ja nur zum Teil um eine echte Geldentwertung, sondern die Preise steigen, weil der Kostpreis bzw. Produktionspreis, wegen Energieverteuerung, steigt. Das ist ein völlig andere Situation.
Die Inflation in der Eurozone beträgt inzwischen 10,7%. Im letzten Trimester betrug das Wachstum nur 0,2%.
Dabei muß man berücksichtigen, daß die Statistiker immer alles tun, um zu beschönigen, weil diese Zahlen ja auch Daten für Investoren sind und ihre Publikation Folgen hat.
Das heißt, wenn die magische Zahl von 10% bei der Inflationsrate bei der offiziellen Verlautbarung deutlich überschritten wird, so heißt das, daß sie in Wirklichkeit deutlich darüber liegt.
Was das Wachstum betrifft, so gibt es keines mehr. Die 0,2% sind der schwache Versuch, diesen Umstand zu verbergen.
Washington hat die Handelspolitik gegenüber Europa unter US-Präsident Joe Biden kaum gelockert und gegenüber China sogar deutlich verschärft.
In den USA läuft der „Kampf um die Seele Amerikas“, so US-Präsident Joe Biden. In den anstehenden Kongresswahlen stehen sich Demokraten und Republikaner scheinbar unversöhnlich gegenüber. Ihre radikalen Flügel bezeichnen einander als Gefahr für die Demokratie. Wenig weit auseinander liegen die Parteien aber in wirtschaftspolitischen Fragen – insbesondere bei der so bedeutenden US-Handelspolitik. Gegenüber China hat Biden den Kurs seines Vorgängers Donald Trump sogar deutlich verschärft. Gegenüber Europa ist Washington zwar etwas kompromissbereiter geworden, „America First“ gilt aber weiterhin.
https://www.fr.de/wirtschaft/america-first-gilt-weiterhin-91888149.html
Matthias Lindner: Nur noch fast beste Freunde: USA und Europa steuern auf Handelskrieg zu
(…) In Europa argwöhnt man bereits, dass die Vereinigten Staaten schon nach den Zwischenwahlen im November kein dauerhaft verlässlicher Partner mehr sein könnte. So hatte es zumindest Martin Schulz, der gescheiterte SPD-Kanzlerkandidat, gesagt. ‘Selbst ausgewiesene Transatlantiker räumen ein: Präsident Joe Biden ist der letzte seiner Art, ein Relikt der atlantischen Blütezeit. Der bündnispolitischen Entschlossenheit der US-Regierung stehen die physische Fragilität und die mentalen Aussetzer des Präsidenten gegenüber.’ (Handelsblatt, 28.10.2022)
Spitzenpolitiker in Europa loben die USA in höchsten Tönen, doch immer stärker zeigt sich: "America first!" ist auch die politische Leitlinie von Joe Biden. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der französische Präsident Emmanuel Macron seien zunehmend besorgt über den unlauteren Wettbewerb aus den USA, heißt es im US-Magazin Politico.
Als sich die beiden europäischen Staatschefs am Mittwoch trafen, stimmten sie in einem Punkt ein: Sie bewerteten die jüngsten staatlichen Subventionspläne der USA als marktverzerrende Maßnahmen. Diese zielten darauf auf, Unternehmen zu überzeugen, ihre Produktion in die USA zu verlagern.(…)
https://www.heise.de/tp/features/Nur-noch-fast-beste-Freunde-USA-und-Europa-steuern-auf-Handelskrieg-zu-7323642.html
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Einige der inneren Widersprüche dieser Position schrieb der GSP zu Zeiten von Trump auf: “Der Gebrauch der Dollar-basierten Geschäftsordnung des globalen Kapitalismus als Waffe, die sich nicht bloß gegen einzelne Ausnahmestaaten, sondern in der Folge notwendigerweise gegen alle, insbesondere gegen die gewichtigen Teilhaber der Weltwirtschaft richtet und deren souveräne Handlungsfreiheit in Frage stellt, verstößt gegen das Prinzip, auf dem diese Ordnung beruht, nämlich gegen ihre allgemeine Gültigkeit, ihren Charakter als akzeptierte Prämisse des globalen kapitalistischen Geschäftslebens und als Voraussetzung, von der her alle Nationen als Weltmarktteilnehmer in freier und souveräner Berechnung ihre ökonomische Staatsräson festlegen und praktizieren. Dass diese Geschäftsordnung und damit der institutionalisierte Weltkapitalismus, den die USA mit ihrem Kreditgeld begründet haben und aus dem sie die grenzenlose Geltung ihres Kredits und ihre ökonomische Macht über andere Nationen beziehen, durch den polemischen Gebrauch dieser Macht untergraben werden, macht sich praktisch in der Weise geltend, dass die betroffenen und vor allem die mächtigen Staaten sich herausgefordert, ja genötigt sehen, auf eine Alternative, auf einen nationalen und internationalen Kapitalismus jenseits des Dollar-basierten Weltmarkts und des US-Weltgelds hinzuwirken, so gut sie es eben vermögen. Dass sie da nicht viel vermögen, macht diese Herausforderung, sich von der Vorherrschaft des US-Kredits zu emanzipieren, nicht ungeschehen und nicht geringer. Auf jeden Fall provoziert die US-Regierung das Interesse und tatkräftige Bemühungen gerade derjenigen Mächte, die sie für den Erfolg ihrer Sanktionspolitik braucht, unter Berufung auf die formell noch nicht gekündigte Allgemeingültigkeit der etablierten Weltwirtschaftsverhältnisse – die sie weiterhin nach Kräften ausnutzen – amerikanische Vorschriften erpresserischer Art zu umgehen, zu boykottieren, ins Leere laufen zu lassen. Und daraus wird immerhin so viel deutlich: In dem Maß, in dem die Sanktionspolitik der USA die Souveränität der dafür benötigten Partner und Rivalen angreift, geht sie über das hinaus, was die zivile Weltordnung des globalen Dollar-Kapitalismus überhaupt an Erpressungsmacht her- und den USA an die Hand gibt.
Wo diese Schranke liegt, das testet die US-Regierung – absehbarerweise zunächst exemplarisch am „Fall“ Iran – praktisch aus. Vom Ergebnis, der erzwungenen Kooperationsbereitschaft der anderen großen Weltwirtschaftsmächte, macht sie die Ziele ihrer Sanktionspolitik aber nicht abhängig, weder den Iran betreffend noch erst recht generell. Schließlich verfügt sie über andere Instrumente, hantiert mit denen auch längst diplomatisch und im Bedarfsfall praktisch. Sanktionen sind für sie nur eine Option, und durchaus nicht die beste, wenn es um die Zerstörung einer störenden Souveränität geht. Dieses Mittel wird zwar bis zum Letzten ausgereizt – laut Trump mit dem wundervollsten Sanktionsregime, das die Welt je gesehen hat –; doch wenn Amerika dafür Partner braucht und die zum Mitmachen erst noch nötigen muss, dann ist dieser Weg letztlich einfach schlecht: eine kontraproduktive Konzession an den Zustand, den die Welt „Frieden“ nennt, der aber eigentlich – wiederum laut Trump – nichts anderes ist als die Preisgabe amerikanischer Machtinteressen; eine Konzession an Mächte, die sich auf Kosten Amerikas diesen unhaltbaren Zustand zunutze machen und mit ihren wohlmeinenden Warnungen vor schädlichen Rückwirkungen einer allzu weit getriebenen Sanktionspolitik nur Amerikas Schwächung betreiben.”
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/sanktionen#section4
Renate Dillmann: Drei Länder, eine Krise, verschiedene Reaktionen
Die Berichte zur Lage sehen in Deutschland, Großbritannien und Frankreich ziemlich gleich aus: Steigende Energiepreise, eine bereits ziemlich heftig „trabende“ Inflation, massive Zunahme der Staatsschulden, sinkende Wechselkurse der Landeswährung. Überall stehen die Regierungen nach eigener Darstellung angesichts des Kriegs gegen Russland, den sie mitveranstalten und eskalieren, vor „harten Herausforderungen“. Ausgetragen wird das auf dem Rücken der Lohnabhängigen, denen die Regierungen deshalb allesamt „schwere Zeiten“ ansagen. Die deutsche Bevölkerung lässt sich das gefallen. In Frankreich wird gestreikt. Im Vereinigten Königreich kommt der Widerstand von der anderen Klasse. Ein Lehrstück über kleine Unterschiede. (…)
https://www.nachdenkseiten.de/?p=89898
Protokoll zum Jour fixe vom 24.10.22: Fortsetzung
„Der Wirtschaftskrieg wird global und prinzipiell“ (GSP 3-22)
Die Durchsetzung extrem gestiegener Preise für Energieträger weltweit, daran anknüpfend die Weitergabe gestiegener Produktionskosten mit dem Resultat einer allgemeinen Teuerungswelle. Das alles unterstellt, dass es Staaten gibt, die über ein leistungsfähiges Kreditwesen und ein gutes Geld verfügen. Und dass diese Staaten darauf aufbauend für die nötigen Kredite und die nötige Liquidität sorgen und sorgen können, die es erlauben, derart erhöhte Preise durchzusetzen.
Die aktuelle Lage sortiert nicht nur die Staaten in solche, die über ein leistungsfähiges Kreditwesen verfügen, und solche, die in die Not geraten, sich in immer weiteren Maße Weltgelder wie Dollar und Euro besorgen zu müssen. Auch für kapitalistisch potente Länder gibt es Rückwirkungen auf deren Ökonomie: Die von ihnen geschaffene und über das Kreditwesen zur Verfügung gestellte Zahlungsfähigkeit führt nämlich zu dem, was als Inflationsrate gemessen und als Entwertung des Geldes diskutiert wird. Warum wird das zu einem Problem? (…)
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf221024-Wirschaftskrieg%20global%202.pdf
https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wirtschaftskrieg-wird-global-prinzipiell
https://www.jungewelt.de/artikel/print.php?id=434806
Meine Rede. Ohne die Gasversorger praktisch mit unendlichem Kredit auszustatten, wäre der Gaspreis erstens nicht in solche Höhen geklettert und hätte sich auch nicht so lange halten können. Die mit Staatskredit ausgestatteten Versorger befeuern die Spekulation. Auch in dieser Hinsicht ist der Gaspreis und in der Folge die Inflation nicht Putin anzulasten. Das ist alles selbstgemacht. Und die Amerikaner profitieren. Deutschland , Frankreich und GB zu vergleichen ist eine gute Idee. Insgesamt ein guter Artikel von Renate Dillmann. Am neue Jour fixe Protokoll hab ich auch nichts auszusetzen.
Zu Beginn des Krieges meinten einige Linke auf Facebook, es werde Kriegsgewinnler geben und die Börsen würden boomen …
Also das kann man wirklich nicht behaupten.
Aber es ist interessant, sich einmal die großen Weltbörsen anzuschauen. Hier meinte z.B. Kehrer, für die USA liefe derzeit wirtschaftlich alles gut.
Zumindest im Dow Jones schlägt sich das nicht nieder, der dümpelt irgendwie mit starken Schwankungen vor sich hin.
Ähnlich perspektivlos präsentiert sich der japanische Nikkei.
Die europäischen Börsen schauen noch schlechter aus, besonders die italienische:
https://www.finanzen.ch/index/dax
https://www.finanzen.ch/aktien/london_stock_exchange-aktie
https://www.finanzen.ch/index/ftse_mib
https://www.finanzen.ch/index/ibex_35
Einzig und allein die brasilianische Börse schaut etwas besser aus. Die Wahl Lulas und anlagewilliges Kapital scheinen dort einen Aufschwung zu verursachen, der aber sehr schnell wieder vorbei sein kann.
Kriegsgewinnler gibt es ohne Zweifel. Das ist ja offensichtlich und das haben wir ja in den letzten Monaten rauf und runter diskutiert und belegt.
Die Börsen halte ich nicht für den letztendlichen Beweis, ob Wachstum stattfindet. Da schlagen sich ja auch Stimmungen und Perspektiven nieder. Das ist höchstens ein Ausweis der Erwartungen, der Spekulation auf Gewinn. Daher wundert es mich gar nicht, wenn der Dow Jones dümpelt.
Dass die europäischen Börsen und die japanische Börse schlecht dastehen wundert mich nicht.
Wundersame Welt der Marktwirtschaft und der Finanzmärkte:
Die Inflationsrate in den USA sinkt im Oktober gegenüber dem Vormonat – von 8,2 auf 7,7%, was ja eigentlich immer noch total hoch ist – und die Börsen schießen in die Höhe.
Man merkt, jede Menge anlagewilliges Kapital scharrt unruhig in den Startlöchern und prescht beim geringsten Signal los, so mickrig es auch sein möge.
Man hat aus den verschiedenen Artikeln den Eindruck, daß es die Journalisten und „Experten“ selber wundert, was da abgeht.
Ja. Hab ich auch schon gehört. Im Deutschlandfunk gibt es immer so "schöne" Stimmungsberichte von der deutschen Börse. Gestern (oder Vorgestern) die Quartalszahlen bei RWE, das wegen der "Zufallsgewinne", wie es inzwischen heißt (obwohl die gar nicht zufällig entstehen, sondern wegen des Merit-Order-Systems) Milliardengewinne macht. Telekom, weil die in den USA 80% mehr Gewinn gemacht hat. Außerdem noch Allianz als Gewinner. Heute sind die Börsianer völlig aus dem Häuschen wegen der gesunkenen Inflation in den USA.
"Man hat aus den verschiedenen Artikeln den Eindruck, daß es die Journalisten und „Experten“ selber wundert, was da abgeht." Genau. Dass die Inflation immer noch total hoch ist, ist auch der Journalistin im Deutschlandfunk aufgefallen. Die Begründung für die gute Stimmung war, dass die gesunkene Inflation bedeuten würde, dass der nächste Zinsschritt der FED nach oben wahrscheinlich nicht so hoch ausfallen würde. Statt 0,75 Prozentpunkte "nur" 0,5. Und weil die FED weniger vorlegt, muss die EZB auch nicht so stark nachziehen. Die sind heuer wirklich mit kleinen Dingen zufrieden. Also nicht so schlecht wie erwartet ist ein gute Nachricht.
Auf die Frage, ob das Auswirkungen auf die hiesige Inflation hat, meinte der Gefragte: Nö. In der Langfassung: Energie als Preistreiber käme so langsam an sein Ende, weil das schon eingepreist ist. Aber die Basisinflation würde weiter steigen. Basisinflation ist die Auswirkung der Inflation auf alle anderen Produkte, also die Verallgemeinerung des Preisanstiegs würde weitergehen.
Der Deutschlandfunk war übrigens auch meiner Meinung, dass es den USA im Moment wirtschaftlich eigentlich gut geht, mit Ausnahme der Inflation, die jetzt wieder Anstalten macht zu sinken.
Ich sehe das inzwischen auch so, daß die USA sich mit dem Ukraine-Krieg inzwischen recht gründlich saniert haben, was auch einer der Gründe für das relativ gute Abschneiden der Demokraten bei den Wahlen ist.
Durch die unsichere Lage und das Abschiffen der EU ist der $ wieder zu einem sicheren Hafen geworden und alle, die zu viel Geld haben, stürmen dort hin.
Die Kommentatoren zu dem Inflations- und Zinsen-Zeug wollen diesen Umstand allerdings nicht zur Kenntnis nehmen und beharren auf ihrem Irrglauben, daß man durch Zinserhöhungen die Inflation wegkriegt.
Deswegen sind diese US-Inflationszahlen so wichtig, sie dienen als Beleg für diese fixe Idee. Gestern bei uns in den Abendnachrichten hieß es: In den USA „greifen“ die Zinserhöhungen bereits, man sieht doch, daß es ein probates Mittel ist!
Zur Abwechslung wollte ich einmal schauen, was die Kryptowährungen so treiben, und deren Performance ist eher schwach.
Hier der Kurs von Bitcoin gegenüber dem $, das innerhalb eines Jahres von über 60.000 auf derzeit 17.000 gefallen ist:
Der Vorsitzende der russischen Delegation beim APEC-Gipfel in Bangkok, Bjelousov, gibt ein Interview, wo er seine Sicht der Probleme der Weltwirtschaft darlegt:
Die Hauptprobleme der Weltwirtschaft
1. Die Zunahme des Protektionismus im Welthandel und die Blockierung der Regeln, die mit der WTO verbunden waren.
„Die Streitbeilegungsstelle hat praktisch aufgehört zu arbeiten“, sagte Belousov.
2. Eine riesige Menge an Schulden.
Diese Schuldenlast blockiert die Möglichkeit einer signifikanten Erhöhung der Zinssätze und einer Straffung der Geldpolitik, die Standardinstrumente zur Unterdrückung der Inflation sind, sagte Belousov. Er stellte fest, dass die Erhöhung der Zinssätze zu einem starken Anstieg der Kosten für den Schuldendienst führen werde und dies zu einer Kette von Insolvenzen der größten Banken führen könne.
Der IWF hat bereits berechnet, dass sich etwa 30 % des globalen Bankensystems in einer Krise befinden könnten. Allerdings ist das das Worst-Case-Szenario.
3. Steigende Preise.
Zuerst stiegen die Preise für Metalle, dann für Gas. Dann ging die Produktion von Mineraldünger zurück und auch deren Preise stiegen sprunghaft an. Infolgedessen sind die Getreidepreise gestiegen.
Andrei Belousov stellte fest, daß der Preisanstieg langfristiger Natur sei.
All diese Turbulenzen, die in Kombination dieser Faktoren auftreten, haben dazu geführt, dass die Märkte in eine sehr starke Bewegung geraten sind. Und diese Bewegung ist jetzt chaotisch und unbestimmt. Infolgedessen verlieren die Anleger die Orientierung. (…)
Laut Belousov gab es beim APEC-Gipfel Vorschläge, die Spezialoperation in der Ukraine schnell zu beenden. Dies sollte nach Ansicht der Initiatoren die Preise auf ihre Plätze zurückbringen.
Der zweite Vorschlag ist, die Zinssätze der Banken zu erhöhen, um die Inflation einzudämmen. Und dies verringert die Möglichkeit, mittels Investitionen aus der aktuellen Situation herauszukommen, sagte Belousov.
Er stellte fest, dass die derzeit vorgeschlagenen Instrumente zur Überwindung der Krise eindeutig unzureichend und dem Ausmaß der aufgetretenen Probleme nicht angemessen seien. (…)
(KP, 19.11.)
Heiliger Strohsack! Orientierungsbedürftige Investoren, die uns helfen sollen, aus der Krise herauszukommen, und das gleiche Blabla über Zinssätze wie von den Experten hier.
Viel haben die russischen Ökonomen nicht im Köcher.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS, mit Sitz in Basel) macht auf eine verborgene Schuld von ca. 80 Milliarden $ (76 Milliarden Euro) aufmerksam, die in den Bankbilanzen nicht aufscheint. Es handelt sich um SWAPs, die deshalb in keine internationalen Schuldenstatistiken eingehen.
(El País, 7.12.)
Es wird nicht die einzige Schuld sein, die nicht in Bilanzen und Statistiken aufscheint.
Diese BIS will offenbar nur wieder einmal ein Lebenszeichen geben und suggerieren, daß sie die Situationim Auge hat.
Joe Biden hat das US-Schuldenlimit erreicht. Was heisst das für den Dollar? Und was bedeutet das für den Franken und andere Währungen?
Am 17. Januar 2023 stellten sich die Staatsschulden der USA auf 31.416 Milliarden US-Dollar. Davon gehen rund 72 Milliarden in die nicht für das Schuldenlimit massgebende Schuldenberechnung. Es verblieben 31.381 Milliarden, womit die derzeit zulässige Verschuldung der USA von 31.381 Milliarden praktisch erreicht ist.
Wenn man bedenkt, dass die Regierung Biden seit der Amtsübernahme pro Monat Defizite von über 100 Milliarden produzierte, dann wird der Ernst der Lage offensichtlich. Für das Fiskaljahr 2023 sieht der Präsident ein Defizit von 1300 Milliarden vor. Davon wurden in den ersten drei Monaten des Budgetjahres bereits 421 Milliarden realisiert.
Das US-Finanzdepartement hat deshalb Notfallmassnahmen beschlossen, um den Tag der Wahrheit hinauszuzögern. Aber die Hoffnung, dass damit die Zahlungsfähigkeit der USA um weitere fünf Monate gesichert sei, erscheint angesichts der Finanzbedürfnisse und der Defizite der Biden-Regierung unrealistisch.
Gekürzt werden sollen vor allem Investitionen, und die Einzahlungen in die staatlichen Pensionsfonds werden vorderhand nicht geleistet.
Die Zinszahlungen und Rückzahlungen von Staatsschulden müssen in jedem Falle erfolgen, weil die Rating-Agenturen die Vereinigten Staaten sonst als «in Zahlungsverzug» einstufen müssten. Eine solche Abstufung würde wiederum viele Grossanleger zwingen, ihre Staatspapiere abzustossen, weil viele Banken, Pensionskassen, Anlagefonds oder Versicherungen nur solche in ihren Portfolios halten dürfen oder wollen, deren Schuldnerbonität als erstklassig (investment grade) beurteilt wird. Die Regierung will gleichermassen die Sozialleistungen aufrechterhalten. Dies wohl deshalb, um nicht Unruhen in der Bevölkerung aufkommen zu lassen.
Dass wohl auch das Schatzamt verunsichert ist, zeigt ein Brief der Finanzministerin Janet Yellen, die von einer grossen Unsicherheit spricht, ob die getroffenen Massnahmen tatsächlich ausreichen würden, die Zahlungsfähigkeit der USA zu sichern. Sie bittet deshalb den Kongress, rasch zu handeln.
Man muss sich bewusst sein, dass von den amerikanischen Staatsschulden rund 17 Prozent beim US Fed (12. Januar 2023) liegen, aber fast ein Viertel im Ausland (November 2022), davon 1082 Milliarden in Japan und 870 Milliarden in China.
Die Schweiz, vorab die SNB, hält 267 Milliarden. Allein schon das Gezänke um die Schuldenlimite und Zwangsschliessungen von Staatsstellen könnten den US-Dollar schwächen. Eine Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise die Unwilligkeit der US-Regierung, ihre Schulden zu bedienen, würde die Bondmärkte erschüttern. Panikverkäufe würden die Zinsen in den USA in die Höhe treiben und der ohnehin schon serbelnden Wirtschaft wohl noch den Rest geben.
https://weltwoche.ch/daily/joe-biden-hat-das-us-schuldenlimit-erreicht-was-heisst-das-fuer-den-dollar-und-was-bedeutet-das-fuer-den-franken-und-andere-waehrungen/
Auf der einen Seite sieht es so aus – von auswärts – als ob die Verschuldungsfähigkeit der USA unbegrenzt sei, da der Dollar als Weltwährung – zumindest gegenüber den anderen Weltgeldern wie Euro, Yen, Pfund, kanadischen und australischen Dollars und dem Franken – unangefochten ist. Alle diese Währungen klammern sich an den Dollar und aneinander. Ihr Wert bemißt sich in erster Linie am Verhältnis zum Dollar.
Das gilt dann natürlich auch für die nachgeordneten nationalen Währungen der EU.
Aber auch hier gibt es Wolken am Horizont, weil andere Kontinente unter Führung Rußlands und Chinas und der chinesischen Entwicklungsbank versuchen, ein alternatives Währungssystem jenseits des $ aufzubauen.
Das zweite ist aber die interne Parteienkonkurrenz in der Schuldenfrage. Die Republikaner sehen die Schuldenmacherei skeptisch und auch die Finanzierung des Ukraine-Krieges erscheint ihnen bedenklich.
FED UND EZB
Notenbanken heben Zinsen auf Niveau von vor der Finanzkrise
Die Fed und die EZB werden die Leitzinsen diese Woche weiter erhöhen. Damit werden Kredite noch teurer – die Sparzinsen hingegen wieder leicht steigen
Wien – Die kommende Woche steht auch im Zeichen der Zinsen. Am Mittwoch tagt die Fed in den USA, und am Donnerstag treffen die Experten der EZB zusammen. In beiden Fällen wird erwartet, dass die Leitzinsen weiter angehoben werden. Doch das Tempo könnte gedrosselt werden.
In den USA hat der Inflationsdruck zuletzt abgenommen, damit ist auch die Rezessionsgefahr gesunken. Die US-Fed wird – so erwarten es Analysten – am Mittwoch daher die Zinsen nur noch um 0,25 Prozentpunkte anheben. Nach einer Leitzinserhöhung auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent dürfte es nach Ansicht von Beobachtern damit nicht mehr lange dauern, bis die Fed eine Zinspause einlegt. In ihrem Ausblick vor dem Jahreswechsel hatte die Fed-Führungsriege für Ende 2023 im Mittel ein Leitzinsniveau von 5,1 Prozent veranschlagt.
Mehr Spielraum
Die US-Inflationsrate sank im Dezember auf 6,5 Prozent. Im November war sie noch bei 7,1 Prozent gelesen. Der sechste Rückgang in Folge bietet der US-Zentralbank Spielraum für einen weniger aggressiven geldpolitischen Kurs. Die US-Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell haben bereits im Dezember das Tempo etwas verringert und den Schlüsselsatz nur noch um einem halben Punkt angehoben. Zuvor hatten sie ihn viermal in Folge um jeweils 0,75 Prozentpunkte nach oben getrieben, um der ausufernden Inflation Paroli zu bieten.
Die Bayern-LB-Experten Gebhard Stadler und Roland Gnan erwarten, dass die Fed nun erstmals im aktuellen Zinszyklus behutsamer agieren wird als die Europäische Zentralbank (EZB), die am Donnerstag eine weitere Erhöhung um einen halben Prozentpunkt beschließen dürfte. Sie verweisen darauf, dass in den USA die Inflation im vierten Quartal auch abseits der Energiepreise einen Abwärtstrend einschlug, während die Kernteuerung im Euroraum ein neues Hoch von 5,2 Prozent erreichte.
Niveau von 2008
Für Europa wird erwartet, dass kommenden Donnerstag sowohl die EZB als auch die Bank of England (BoE) ihre Zinssätze um jeweils einen halben Punkt (0,5 Prozent) nach oben schrauben werden. Damit würde der Leitzins in der Eurozone auf drei Prozent steigen. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 war der Leitzins nicht mehr so hoch.
Zur Erinnerung: Im Zuge der Finanzkrise wurden die Zinsen Schritt für Schritt auf null Prozent gesenkt, das Nullzinsumfeld wurde 2016 eingeleitet. Die aufgrund der gestiegenen Energiepreise anziehende Inflation hatten die Währungshüter im Euroraum anfangs ignoriert. Erst im Juli 2022, Monate nachdem die Fed die Zinsen bereits erhöht hatte, zog die EZB nach. Seither wurden die Leitzinsen in vier Schritten auf aktuell 2,5 Prozent angehoben.
Ob es für die EZB auch bereits einen Spielraum gibt, wird sich am Mittwoch zeigen, wenn die Vorabschätzungen für die Inflation im Jänner publik werden. In Österreich wird die Statistik Austria die Schnellschätzung vorlegen. Zwar schwächte sich der Anstieg der Teuerung zuletzt bereits ab. Mit einer Teuerungsrate von 9,2 Prozent im Dezember lag die Inflation im Euroraum aber immer noch mehr als viermal so hoch wie das Inflationsziel der EZB, das bei zwei Prozent liegt.
Freud und Leid
Steigen die Zinsen weiter, erfreut das vor allem Sparer, weil dann auch der Zins für Einlagen weiter steigt. Bis sich Sparen aber wieder lohnt, wird es dauern. Die Zinsen für ein täglich fälliges Sparbuch sind noch immer niedrig. Das attraktivste Angebot hat laut dem Bankenrechner der Arbeiterkammer aktuell die VKB-Bank mit einem Zinssatz von 0,5 Prozent, gefolgt von der Bank Burgenland mit 0,375 Prozent. Alle weiteren täglich fälligen Produkte stehen noch immer bei 0,050 Prozent und weniger.
Den Zinsanstieg spüren hingegen jene Kreditnehmer bereits deutlich, die einen variabel verzinsten Kredit haben. Auch die Neuaufnahme von Geld ist bedeutend teurer geworden. Für einen Kredit in der Höhe von 10.000 Euro fällt laut dem Kreditrechner der Arbeiterkammer bei der Oberbank ein effektiver Jahreszins von 8,950 Prozent an. Im Ranking der Arbeiterkammer ist die Oberbank damit die teuerste Bank. Das günstigste Angebot mit einem Jahreszins von 3,49 Prozent bietet die Austrian Anadi Bank. Zu beachten sind im Kreditsektor vor allem auch die teils beträchtlichen Bearbeitungsgebühren.
Erwartungshaltung: Inflation bleibt hoch
Verbraucher und Unternehmen in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften gehen aktuell aber davon aus, dass die Inflation trotz jüngster Rückgänge mittelfristig höher bleiben wird als die Zielvorgaben der Zentralbanken. Das berichtet die "Financial Times" und stützt sich dabei auf Umfragen.
Das kann aber auch gefährlich sein: "Inflationserwartungen können eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein, da höhere Erwartungen die angestrebten inflationären Bedingungen auslösen", sagte Nathan Sheets, Chefökonom der US-Bank Citigroup, zur "Financial Times". Wenn die Zentralbanken die Zinsen über einen längeren Zeitraum hoch halten oder sie stärker als von den Anlegern erwartet anheben, könnte zudem die Anleihemarktrallye ins Stocken geraten.
https://www.derstandard.at/story/2000143041579/notenbanken-heben-zinsen-auf-niveau-von-vor-der-finanzkrise
Die EZB hat ihre Zinserhöhungen – vom Standpunkt der Vermeidung neuer Staatsfinanzierungskrisen – dadurch abgesichert, daß sie weiter Anleihen aller Art (also auch von Unternehmen) aufkauft.
Wer in diesem Modell nicht vorkommt, ist der Privatkredit. Steigende Kreditraten und hohe Inflation werden dem bisherigen Modell des Lebens auf Pump, vor allem in der Wohnungsfrage, vermutlich einen deutlichen Dämpfer aufsetzen.
Das heißt für die Banken: schrumpfendes Konsumentenkredit-Geschäft. Dieses wird vermutlich durch verstärkten Wertpapierhandel ausgeglichen, und da ist die nächste Blase im Entstehen.
Die Bauindustrie und der Immobilienmarkt dürften auch durch die steigenden Zinsen und die erhöhten Kosten in Mitleidenschaft gezogen werden.
Wie es die USA mit der Stützung von Unternehmen halten, weiß man nicht, es wird jedenfalls nicht öffentlich gemacht.
Die Fed steht auf 4,5% Zinsen, die EZB auf 2,5% – die Konkurrenz der Währungen ist lebhaft, und die USA sind im Vorteil.
Stephan Kaufmann hat vier neue Artikel über weltweite Zins- bzw. Wachstums- bzw. Kredittprobleme veröffentlicht
a) Auf Entzug
Weltweit haben Zentralbanken das Finanzsystem jahrelang mit Billionen gefüttert. Nun ziehen sie sich als Gläubiger aus den Schuldenmärkten zurück….
https://www.fr.de/wirtschaft/auf-entzug-geldpolitik-anleihen-92006605.html
b) Im Wettlauf mit der Inflation
Erdoğans Politik verarmt die türkische Bevölkerung und verschreckt internationale Investoren
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170495.tuerkei-im-wettlauf-mit-der-inflation.html
c) Die Schwellenländer schwächeln
Die Schwellenländer legen kaum noch stärker zu als die Industrienationen. Der ökonomische Aufholprozess ist offenbar vorüber. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der globale Süden in Zukunftsbranchen kaum eine tragende Rolle spielt.
https://www.fr.de/wirtschaft/ende-eines-wunders-wachstum-wirtschaft-92037559.html
d) Kleinstaaten sind Spielbälle auf dem Weltmarkt
Malediven, Bahamas, Fiji und Namibia – sie zählen zu den kleinen Staaten des Globus und leiden besonders unter der Pandemie, steigenden Zinsen und teuren Rohstoffen.
https://www.fr.de/wirtschaft/kleine-staaten-als-spielbaelle-des-weltmarkts-92053942.html
Es fragt sich, wie weit die Ära des Wachstums im herkömmlichen Sinne vorbei ist.
Japan hupft ja schon seit geraumer Zeit vor, wie eine staatlich subventionierte Marktwirtschaft aussieht.
Dieses Verfahren ist aber nur Staaten möglich, deren Währung auf dem Weltmarkt zählt – oder die sich einem alternativen Abrechnungssystem anschließen.
El País errechnet aufgrund der Erhöhung des Euribor-Zinssatzes steigende Hypotheken-Kosten von rund 3000 € jährlich für durchschnittliche variable Hypothekarkredite.
Es ist nicht ganz klar, inwieweit sich diese Kostensteigerung nur auf Spanien bezieht. Das wird auch davon abhängen, wie viele Hypothekarkredite in der EU variabel, also mit Anpassung an die jeweils gültigen Zinssätze vergeben wurden.
Es ist jedoch anzunehmen, daß in den letzten Jahren nur solche Kredite vergeben wurden, da die Banken das Zinsrisiko von sich auf die Kunden abwälzen wollten. Es war klar, daß die Nullzinspolitik der EZB nicht ewig währen konnte, schon allein wegen der Konkurrenz aus Übersee.
Die Folgen auf dem Wohnungsmarkt, bei den Banken und in der Bauindustrie werden sich bald zeigen.
Es sei daran erinnert, daß die Finanzkrise 2008 ff. durch „faule“ (= unbediente) Hypothekarkredite ausgelöst wurde.
Einzelheiten dazu kann man hier am Blog oder in diesem Buch nachlesen. Die Bewerbung desselben findet sich hier.
Die Zinsenrally geht weiter. Wer bietet mehr?
USA: 4,75 %
UK: 4 %
EU: 3 %
Japan hat nach wie vor Negativzinsen.
Eine Übersicht über die Zinssätze gibt es hier.
„London – Die Bank of England (BoE) treibt den Leitzins weiter kräftig in die Höhe. Sie hob ihn am Donnerstag um einen halben Punkt auf vier Prozent an. Die Währungshüter stehen angesichts der anhaltend hohen Inflation von zuletzt 10,5 Prozent unter Zugzwang. Die Anhebung um einen halben Punkt war an den Finanzmärkten erwartet worden, die Entscheidung war jedoch intern umstritten und fiel mit sieben zu zwei Stimmen.
Es war bereits der zehnte Zinsschritt in Serie. Doch signalisierten die Währungshüter, dass der Zinsgipfel naht. Zugleich geht die Notenbank davon aus, dass die Inflation wahrscheinlich ihren Höhepunkt erreicht hat.“
(Der Standard, 2.2.)
Wunschdenken …
Anläßlich eines langen Artikels im New Yorker und den Prozessen in Sachen Wirecard und Cum Ex Geschäfte einmal eine Rückerinnerung an das, was so im europäischen Finanzsektor los war bzw. immer noch ist:
Der europäische Banksektor in der Pandemiestarre – Teil 1
„WENN DIE FLUT ZURÜCKGEHT, WERDEN DIE LEICHEN AM STRAND SICHTBAR“
Der europäische Banksektor in der Pandemiestarre – Teil 2
BANKENSUBVENTIONIERUNG DURCH STEUERGELD
Alles, nicht zu vergessen, mit dem derzeitigen deutschen Kanzler als Finanzminister …
Wie sich herausstellt, ist der EU-Leitzins doch noch nicht bei 3% angelangt, sondern diese Erhöhung war erst für diese Woche geplant. Alles unter der Devise: Inflation bekämpfen! Aber mit einer Bankenkrise im Kommen sind alles etwas unruhig:
„Ein erstes Stimmungsbarometer wird die Sitzung der EZB diesen Donnerstag sein. Die Prognosen besagen, dass der Zinsanstieg 50 Basispunkte betragen wird, um die Zinsen auf 3 % zu erhöhen. Alles andere wäre eine Überraschung, und das könnte schlecht ausgehen, da es ein implizites Eingeständnis der Besorgnis über Folgen des Crashes in Übersee impliziert. …
Die EU-Finanzminister versichern, dass europäische Finanzinstitute kein direktes Engagement bei der SVB haben, und erinnern daran, dass sich ihr Geschäftsmodell stark von dem des nordamerikanischen Unternehmens unterscheidet, das darauf basiert, Tausende von Technologieunternehmen zu bedienen. Außerdem haben die europäischen Banken keinen so hohen Anteil an Staatsanleihen. »Das Gewicht von Anleihen gegenüber Aktien ist unendlich geringer«, sagt Leopoldo Torralba, Ökonom bei Arcano.“
(El País, 15.3.)
Wenn dem so ist, so ist das deshalb, weil schnell alle Anleihen an die EZB verkauft wurden … Man erinnere sich, mit den Zinserhöhungen wurde auch das Aufkaufprogramm bekräftigt bzw. sogar noch ausgeweitet.
Die Credit Suisse ist gerettet – Bankenwelt nicht wirklich beruhigt, Experten erwarten Klagen
Für drei Milliarden Euro übernimmt die UBS die strauchelnde Credit Suisse. Lob für den Deal kommt von der EZB, der Fed und der Bank of England. Der politische Druck für diesen Deal war groß, die Schweizer Politik fordert Aufklärung
(…)
Frage: Wie teuer ist die Übernahme?
Antwort: Die UBS zahlt drei Milliarden Franken (drei Milliarden Euro) für die Credit Suisse. Dieser Kaufpreis wird in eigenen Aktien bezahlt. Zudem hat die UBS zugestimmt, Verluste in der Höhe von fünf Milliarden Franken zu übernehmen. Um die Risiken für die UBS zu reduzieren, spricht der Schweizer Staat der UBS eine Garantie im Umfang von neun Milliarden Franken zur Übernahme von potenziellen Verlusten aus. Die Schweizer Regierung hatte die UBS zu der Übernahme gedrängt, um weitere Turbulenzen im Bankensektor zu vermeiden.
Frage: Welche Rolle spielt die Schweizer Nationalbank bei der Übernahme?
Antwort: Eine große. Die SNB stellte der strauchelnden Credit Suisse zunächst Kredite bis zu 50 Milliarden Franken (51 Milliarden Euro) zur Verfügung. Sie unterstützt die Übernahme nun mit einer Liquiditätshilfe von 100 Milliarden Franken an beide Banken.
Frage: Welche finanzielle Unterstützung begleitet diese Zwangsfusion in Summe?
Antwort: In Summe geht es um 109 Milliarden Schweizer Franken.
(Standard, 20. 3.)
Diese Bankenfusion unter großem Druck (die UBS wollte lange nicht) belastet 1. den Schweizer Staatskredit enorm. Es ist nicht sicher, ob die Schweiz das so stemmen kann.
2. weckt dieser Deal unangenehme Erinnerungen an die österreichische Bodenkreditanstalt 1929, die auf großen politischen Druck von der CA übernommen wurde, was zum Crash der CA 1931 führte.
Ein privates Institut vorzuschicken, um den Staat draußen zu halten – der das Ganze jedoch mit seinem Kredit bezahlt und diesen dafür strapaziert –, hat etwas Defensives an sich. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.
Daß die großen Noten/Nationalbanken des Westens Beifall klatschen, könnte verfrüht sein. Möglicherweise kommen sie auch noch dran.
Die Rettungsaktion der Credit Suisse stoppt die Nervosität der Banken nicht und löst Empörung in der Schweiz aus
(…)
Zu den größten Opfern am Aktienmarkt gehörte die UBS selbst, die nach einem katastrophalen Start mit einem Einbruch von mehr als 16 % jetzt positiv und sogar stark gestiegen ist. Der für die CS gezahlte Preis von 3.000 Millionen Euro mag billig erscheinen, wenn man bedenkt, dass sie nur zwei Tage zuvor mit 7.500 Millionen bewertet wurde, – aber die fusionierte UBS, der jetzt die Vorherrschaft über den Banksektor der Schweiz zugefallen ist, und die jetzt zu den Giganten Europas zählt, muß zeigen, dass sie in der Lage ist, die Übernahme zu verdauen.
Mißtrauen aufgrund des abrupten Endes einer der europäischen Vorzeigebanken, zusammen mit der Tatsache, dass die Probleme regionaler Einheiten in den USA nicht überwunden zu sein scheinen – die First Republic Bank brach bei der Öffnung des US-Marktes erneut zweistellig ein, nachdem sie am Freitag 32 % verloren hatte –, beendet die Unsicherheit nicht.
Der Stoxx Europe 600 Banks Index, der 600 Banken zusammenfasst, fiel um mehr als 3 %, aber der Rückschlag ließ allmählich nach. Die Deutsche Bank und Commerzbank, die niederländische ING und die französische Société Générale gehörten zu den am stärksten betroffenen Geldhäusern, aber wie die anderen erholten auch sie sich wieder.
Am Finanzmarkt kam es auch nicht gut an, dass die Eigentümer von 16 Milliarden Euro an hochriskanten Krediten der Credit Suisse alles verlieren werden, während die Aktionäre 3 Milliarden erhalten werden. Der Aktienkurs der Credit Suisse, obwohl bereits belanglos, weil die Integration in die UBS abgeschlossen ist, enthielt heute den Abschlag, mit dem sie verkauft wurde: Er fiel um mehr als 50% auf 0,86 Franken, ein deutlicher Schlag für diejenigen, die noch Aktien hielten, aber weniger als die der Anleihegläubiger, eine Prioritätenordnung, die derjenigen in der Eurozone entgegengesetzt war, wie die EZB in einer Erklärung erinnerte, die zur Beruhigung der Anleger beitrug.
Die Art und Weise, wie die Schweiz diese Anleihen behandelt, die in der Branche als CoCos“ (scherzhaft Kokosnüsse, eine Wandelanleihe) „bekannt sind, hat die Wahrnehmung des Risikos dieser Art von Produkten erhöht, was die Emissionskosten und damit die Finanzierung der Banken verteuern wird.“
Diese Wandelanleihen könnten sich als eine Art Zeitbomben erweisen, weil sie vor allem von anderen Finanzinstituten gekauft wurden und ihre Entwertung dort Liquiditätsprobleme verursachen wird.
„Nur wenige Stunden nach der historischen Rettungsaktion reichten die Reaktionen von Erleichterung darüber, einem Lehman-Moment ausgewichen zu sein – eher im Ausland, bis zu einer Mischung aus Scham und Empörung – in der Schweiz.
Das Land hat gesehen, wie ein Wahrzeichen der Bankenwelt mit 167 Lebensjahren in einer hektischen Woche verschwunden ist. Obwohl sie sich in jüngster Zeit durch eine Reihe von Skandalen von der Bevölkerung entfernt hatte, trug die Bank immer noch das Wort Swiss in ihrem Namen und wurde von Alfred Escher, einer der großen historischen Persönlichkeiten des Landes, Förderer der Eisenbahn und Gründer des Eidgenössischen Polytechnischen Instituts, gegründet. Aus diesem Grund sind viele der Ansicht, dass die beispiellose Gier der Führungskräfte der Credit Suisse dieses Erbe verraten, den Namen der Schweiz befleckt und eine Bank versenkt hat, die Kriege und Pandemien überstanden hat.
Da sich die Schweiz im Wahljahr befindet, wird der Fall weiter für hochgespannte Debatten und Vorwürfe sorgen. Die Sozialisten, die zweite Kraft in der Schweiz, fordern eine Untersuchung, und die Liberalen, die dritte, haben das Gefühl des verletzten Stolzes, das das Land durchzieht, lautstark zum Ausdruck gebracht. »Was mit der Credit Suisse passiert ist, ist eine Schande für die Schweiz«, resümieren sie.
Die nationalistische Rechte der SVP, der Partei mit den meisten Stimmen im Land, hat Anklage gegen die fahrlässige Führung von Führungskräften erhoben. »Die Schweizer müssen sich für die Fehler des Managements der Credit Suisse mit Milliarden Franken Staatsvermögen verantworten«, sagen sie und beziehen sich auf die Liquiditätslinie von 100 Milliarden, die die Schweizerische Nationalbank der UBS zur Verfügung gestellt hat, und die 9 Milliarden in erhaltene Garantien zur Deckung potenzieller Verluste aus ihrer Anlage in die Credit Suisse.
Die Rettung in Extremis mit Hilfe der Behörden hat die öffentliche Meinung nicht überzeugt, und es wird kritisiert, dass man nicht aufmerksamer darauf geachtet habe, ein so unwürdiges Ende einer 1856 gegründeten und jetzt zum Schnäppchenpreis verkauften Bank zu vermeiden.“
Nun ja. Im Grunde war es die Entscheidung der Schweiz, ihre Neutralität aufzugeben und sich den Sanktionen und vor allem dem Einfrieren russischer Vermögenswerte anzuschließen, die die CS ins Wanken gebracht hat, weil ihre chinesischen Kunden daraufhin das Weite gesucht haben.
„»Es ist eine soziale und wirtschaftliche Verschwendung und eine politische Schande für die Führer, die zu lange nicht gehandelt haben«, ist in La Tribune de Genève zu lesen. Verschiedene Zeitungen der deutschsprachigen Presse bezeichnen es als »historischen Skandal«.
Unter den Mitarbeitenden der Credit Suisse macht sich derweil Unruhe breit. UBS hat nicht detailliert angegeben, wie viele Entlassungen es geben oder wer betroffen sein wird. Alles deutet jedoch darauf hin, dass die Überschneidungen und die Notwendigkeit, Kosten zu senken und Synergien in einer Bank zu suchen, die plötzlich so stark gewachsen ist, dazu führen wird, dass sie auf Tausende von Mitarbeitern verzichten wird. Das wird sich mit den 9.000 Entlassungen bis 2025 summieren, die im vergangenen Oktober angekündigt wurden.
»Die Schweiz hat statt einer Zombiebank eine Monsterbank erhalten«, ironisiert die Neue Zürcher Zeitung.
Marc Chesney, Finanzprofessor an der Universität Zürich, sieht Risiken in der Konzentration des Schweizer Bankensektors. »Die enorme Macht, die die UBS übernehmen wird, ist gefährlich. Was passiert, wenn er wieder Probleme hat wie 2008? Es ist ein Tritt nach vorne. (…)«“
Die Bank wird dann sehr schwierig zu retten sein, meint der Professor.
Jetzt wissen es alle besser, daß die CS schon seit geraumer Zeit Probleme hatte und als Wackelkandidat gehandelt worden ist:
„Auch ausserhalb der Schweizer Grenzen war man sich bewusst, daß dies das schwächste Glied im europäischen Bankwesen ist. Dies äußerte François Villeroy de Galhau, Gouverneur Französischen Nationalbank, am Montag in einem Interview mit France Inter. »Wir wissen seit Jahren, dass die Credit Suisse eine angeschlagene Bank war, Geld verlor und eine Reihe von Risiken einging. Es war eine Bank, die sogar in eine Reihe von Skandalen und Reputationsproblemen verwickelt war.«
Sowohl er als auch Finanzminister Bruno Le Maire haben die Solidität des französischen Bankensystems verteidigt.“
Ähnlich beruhigende Töne erklingen von woanders auch:
„»Das deutsche Finanzsystem ist stabil«, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums aus Berlin am Montag, dieselbe Meldung, die auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin übermittelt hat.“
(El País, 20.3.)
Die BaFin, nur zur Erinnerung, ist die Behörde, die Wirecard gepusht und geschützt hat, bis es gar nicht mehr ging.
Droht ein neuer Bankensturm?
Die Silicon Valley Bank als das schwächste Glied
Die aktuellen Verwerfungen in der Finanzsphäre bilden nur das jüngste Kapitel der spätkapitalistischen Systemkrise. (…)
US-Präsident Joe Biden und Finanzministerin Janet Yellen gaben sich in ersten öffentlichen Reaktionen alle Mühe, die derzeitigen Krisenmassnahmen von der Herangehensweise Washingtons nach dem Platzen der Immobilienblase 2008 klar abzugrenzen. Yellen schloss eine staatliche Rettung der betroffenen Banken, ähnlich den berüchtigten Bailouts während der Finanzkrise 2008, in einem Fernsehinterview kategorisch aus. Das Bankensystem sei wirklich sicher und widerstandsfähig, erklärte die Finanzministerin unter Verweis auf die Finanzmarktreformen und zusätzlichen Regelungen, die in Reaktion auf die Finanzkrise 2008 implementiert worden sind – obwohl die Trump-Administration einen Teil dieser Regelungen wieder ausgesetzt hat.
Präsident Biden versicherte in einer Ansprache, dass die US-Bürger sich auf ihr Finanzsystem verlassen könnten, da alle Bankkunden Zugang zu ihren Ersparnissen erhalten würden. In den Vereinigten Staaten sichert die FDIC Einlagen bis zu 250.000 US-Dollar ab, doch Biden kündigte an, alle Bankguthaben in unbegrenzter Höhe abzusichern und deren Auszahlung zu garantieren. Hierdurch will Washington offensichtlich einen Bankensturm verhindern.
Der US-Präsident versprach, dass dem Steuerzahler infolge dieser Krisenmassnahmen keinerlei Kosten entstehen würden, da der Einlagensicherungsfonds, in den die Finanzinstitute einzahlen, hierfür verantwortlich sei. Die Investoren hingegen, die in die betroffenen Finanzinstitute Kapital investiert hätten, seien ein Risiko angegangen und müssten nun ihre Verluste tragen. Das Management der in Abwicklung übergehenden Banken solle zudem entlassen werden, so der US-Präsident.
Die konkreten Krisenmassnahmen Washingtons fallen indes bei Weitem nicht so populistisch aus, wie es der US-Präsident bei seiner Ansprache versprach. Washington muss dem strauchelnden Bankensektor irgendeine Art von Rettungsanker zuwerfen, um eine unkontrollierbare Eskalation zu vermeiden, wie sie nach der Pleite der Grossbank Lehman Brothers 2008 in Form des “Einfrierens” der Finanzsphäre sich entfaltete (Die Kreditvergabe im Interbankenhandel kam damals nahezu zum Erliegen, da die Finanzmarktakteure sich untereinander nicht mehr trauten).
Die Rettungsschnur, die von der Krisenpolitik diesmal dem zerrütteten spätkapitalistischen Finanzsektor zugeworfen wird, trägt den klangvollen Namen Bank Term Funding Program (BTFP). Im Kern handelt es sich hierbei um ein Kreditprogramm der US-Notenbank, im Rahmen dessen Banken auch bei manifesten Marktturbulenzen gegen Sicherheiten schnell mit Notkrediten versorgt werden sollen, um Zahlungsausfälle und Liquiditätsengpässe im Finanzsektor zu verhindern. Als Sicherheiten sollen von den Banken vor allem Staatsanleihen, aber auch hypothekenbesicherte Wertpapiere hinterlegt werden können.
Der Clou an der ganzen Sache: die Papiere sollen zu ihrem Nennwert, nicht zu ihrem derzeitigen Marktwert als Sicherheiten fungieren. Für gewöhnlich müssen Banken ihre Wertpapiere zum Marktwert als Sicherheit hinterlegen, wenn sie von der Notenbank zusätzliche Liquidität erhalten wollen. Die Notenbank setzt somit faktisch den Marktmechanismus ausser Kraft, um den zerrütteten Finanzsektor zu stabilisieren. Überdies können Banken das als Diskontfenster bezeichnete Krisenprogramm der Notenbank nutzen, bei dem Anleihen ohne die üblichen Abschläge als Sicherheiten für Kredite hinterlegt werden können. (…)
Damit scheint sich ein wichtiger Unterschied zwischen den gegenwärtigen Verwerfungen und dem Krisenschub von 2007-09 abzuzeichnen. Die grosse transatlantische Immobilienspekulation ging ja mit der massenhaften Emittierung zwielichtiger Subprime-Hypothekenverbriefungen einher, die nach dem Platzen der Blase ab 2007 sich als toxisch erwiesen und das Weltfinanzsystem gefährdeten. Diesmal sind es biedere, als risikolos geltende Staatsanleihen, die den betroffenen Banken zum Verhängnis zu werden drohen. Diese Papiere werden nicht zwecks Spekulation gekauft, wie es bei den zu “Wertpapieren” gebündelten Hypotheken während der Immobilienblase der Fall war, sondern als Sicherheiten – gerade in unsicheren Zeiten. (…)
https://www.untergrund-blättle.ch/wirtschaft/unternehmen/silicon-valley-bank-bankensturm-geldpolitik-7604.html
Man kann sagen, daß die derzeitige Krise nicht von den kommerziellen Banken und ihren „Produkten“ ausgeht, sondern vom Bondmarkt und den Notenbanken selbst.
Dort wurden seit 2008 die toxischen Papiere emittiert und gehandelt, an denen jetzt die ganze Angelegenheit kracht.
Rußland, das durch die ganzen Sanktionen vom internationalen Kreditsystem abgeschottet wurde, ist vielleicht eine der wenigen Inseln, die von diesem Sturm verschont bleiben könnten.
Den italienischen Zeitungen war auch zu entnehmen, daß bei dem UBS-CS-Bankdeal erstmals die Reihenfolge der Wertpapierbesitzer, die bei der Aktion zur Kasse gebeten wurden, geändert wurde.
Normal heißt es: erst die Aktionäre, dann erst die Anleihenhalter. Damit sollen u.a. auch die Anleihen als Investitionsform attraktiv gemacht werden.
Durch diese Wandelanleihen wurden allerdings die Anleihenhalter den Aktionären gleichgesetzt und auch fest gerupft.
Zu den Aktionären der CS gehörten bekanntermaßen die Saudis. Die haben da jetzt auch Geld verloren und werden deshalb ihre Investitionen in Europa überdenken und gegebenenfalls ihr Geld abziehen …
Die Saudis (genau die Bank SNB) haben bei dem UBS-CS-Deal 1 Milliarde Euro verloren. Sie kauften die 9,88% an der Schweizer Traditionsbank im Oktober des Vorjahres.
Die CS hatte eine Kapitalaufstockung vorgenommen, um ihre finanziellen Probleme in den Griff zu kriegen und die Saudis meinten, ein Schnäppchen gemacht zu haben. Die Aktie kostete damals 3,82 Franken (2007 noch 80 Franken).
Weiter hielten an dem Aktienkapital 7% der Nationalfond von Katar und ein saudischer Privatinvestor mit 3%, die ähnlich schlecht ausgestiegen sind.
Es ist anzunehmen, daß die Ölstaaten jetzt ihre Petrodollars aus der Schweiz und generell aus Europa abziehen werden. Und das wird das Gscher verursachen. Nach Russen und Chinesen …
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Die FED wird vermutlich ihre Zinspolitik fortsetzen. Sie wird die Zinsen auf 5% erhöhen, meinen Analysten.
Der Hintergrund ist, daß inzwischen auf dem Anleihenmarkt die US-Anleihen nicht mehr so weggehen wie die warmen Semmeln, weil der Zinssatz immer noch unter der Inflationsrate liegt und außerdem durch die Zinserhöhungen die vorigen Anleihen entwertet sind, was die Anleihe nicht mehr als sichere Anlage erscheinen läßt.
Wenn die FED die Leitzinsen erhöht, wird dieser Schritt jedenfalls weiter Kapital aus Europa abziehen, weil hier die Zinsen noch viel deutlicher unter der in Europa weitaus höheren Inflationsrate liegen.
Neben den Credit Default Swaps sollen neue Formen der kommerziellen Einlagensicherung für die Unternehmen populär werden. Also weitere Geschäfte sollen ermöglicht werden, nicht nur Kursschwankungen abzusichern – sondern sich daran als ein Extra-Geschäft wiederum zu bereichern. Wird das dann zu teuer, kann man ja dagegen wieder noch eine Versicherung abschließen, und dagegen dann noch eine …. –
Der Bundesverband des dt. Bankensystems selber hat sich nämlich ab 2023 mit seinem eigenen Versicherungssystem aus eigenen Versicherungen für die interessanten höheren Summen herausgezogen: “Eingeschränkt wird der Einlagenschutz für Unternehmen. Für sie gilt von 2023 an eine Obergrenze von 50 Millionen Euro, diese sinkt 2025 auf 30 Millionen Euro und wird 2030 noch bei maximal zehn Millionen Euro pro Bank liegen.” https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/banken-einlagensicherung-101.html
Dass nun mit der UBS eine noch größere Bank die Credit Suisse geschluckt hat, ruft neue Besorgnisse hervor. https://www.telepolis.de/features/Bankenrettungen-2-0-Dominostein-Credit-Suisse-gefallen-7551601.html?seite=all
https://www.nachdenkseiten.de/?p=95102
Zur Zinserhöhung: https://www.jungewelt.de/artikel/447689.usa-fed-erhöht-den-leitzins-erneut.html
“(…) Die Auswirkungen der Turbulenzen im Bankensektor seien allerdings noch unklar, betonte Powell [gestern nach der FED-Zinserhöhung]. Er machte aber auch deutlich, dass der Leitzins im laufenden Zyklus gegebenenfalls noch stärker angehoben werden könne als dies derzeit erwartet wird. Die Fed-Mitglieder rechneten erst im kommenden Jahr wieder mit sinkenden Zinsen, wobei der Leitzins 2024 nicht so stark sinken dürfte wie bisher erwartet worden war.”
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/fed-leitzins-us-101.html
– Und wahrlich wunderbar, dass allenthalben die Rentensysteme großflächig auf Aktien und Anleihen als deren finanzielle Standbeine “marktwirtschaftlich fortentwickelt” werden sollen ….
Das Problem scheint mir zu sein, wie die immer weiter anwachsenden Schulden – sowohl private, als kommerzielle als auch staatliche –, denen kein wie immer gearteter stofflicher Reichtum gegenübersteht, weiter gegenseitig beglaubigt werden können.
Bisher war es so, daß immer, wenn die Banken in Schwierigkeiten waren, die Staaten ihre Autorität in die Waagschale geworfen haben und mit Bürgschaften und sonstigen Stützungskrediten für Liquidität gesorgt haben.
Die Notenbanken FED und EZB haben jede Menge Geld in das Finanzsystem gepumpt, um die Banken zu stützen und damit auch ihre Währungen stabil zu halten.
Im Gegenzug haben die Banken alle Staatsanleihen aufgekauft, die emittiert wurden, und damit den Staaten die Mittel in die Hand gegeben, um sich diese spendable Haltung leisten zu können.
Aber mit dem Werteverfall der Staatsanleihen durch die Zinserhöhungen und dem Umstand, daß die Zinsen dennoch unter der Inflationsgrenze liegen, hat sich diese Bereitschaft der Banken, die Staatsschuld zu beglaubigen, eingeschränkt, und das System ist damit an sein Ende gekommen.
Es ist logisch, daß jetzt nach neuen Wertpapieren gesucht wird, damit die Banken und Versicherer ihr Geld profitabel anlegen können. Aber das löst das Problem nicht, daß der „Lender of last resort“ jetzt in Schwierigkeiten gerät, sich selbst zu finanzieren.
Das Problem scheint bisher bei der EZB geringer als bei der FED zu sein, da die dezentrale Struktur des Euro das Problem verteilt. Aber es erscheint mir nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sich auch hier etwas tut.
Die kürzlich groß verkündeten Gewinne der Deutschen Bank, des jahrzehntelangen Sorgenkindes der deutschen Bankenwelt, scheinen mir zu schön, um wahr zu sein.
Entweder die Meldung ist überhaupt getürkt, um in turbulenten Zeiten gute Neuigkeiten in die Welt zu setzen. Oder aber, die Gewinne sind auf eine Weise zustande gekommen, daß da ein Pferdefuß dabei ist, der bald zum Vorschein kommen wird, in Gestalt irgendwelcher toxischer Aktiva.
Scheint schon so weit zu sein:
DAX unter 14.900
Deutsche Bank lässt Anleger zittern
Die Furcht vor einer unkontrollierbaren Fortsetzung der Bankenkrise schickt den DAX auf Talfahrt. Die Titel der Deutschen Bank geraten unter die Räder, auch andere Banken fallen tief ins Minus.
Der DAX fällt um mehr als zwei Prozent und notiert derzeit bei rund 14.860 Punkten. Die hohen Verluste zum Wochenende hin sind ein ein sicheres Indiz dafür, dass die Investoren keineswegs der Ansicht sind, die Bankenkrise sei ausgestanden. Vor dem Wochenende mit möglicherweise weiteren unangenehmen Nachrichten ziehen es die Investoren deshalb vor, die Risiken im Depot zu minimieren.
"Märkte nicht so stabil wie erhofft"
"Bis sich der Schaden aus dem Bankenbeben abschätzen lässt, werden noch Wochen ins Land gehen. Und es bleibt das dumpfe Gefühl der Anleger, dass die daraus entstehenden Nachrichten keine sonderlich guten sein werden", analysiert Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets die Marktlage.
Die Märkte seien längst nicht so stabil, wie alle das erhofft haben, kommentiert Mathias Beil, Leiter Private Banking der Hamburger Sutor Bank. "In dieser Situation zeigt sich, dass die Investoren ganz extrem auf Sicherheit gehen", so Beil. Der Fachmann weist ferner darauf hin, dass die als sicherer Hafen gegen Marktturbulenzen geltenden zehnjährigen Bundesanleihen von den Anlegern zuletzt gesucht worden seien.
Sind Europas Banken gegen mögliche Krisen gewappnet?
An optimistischen Stimmen zum Thema Bankensektor hat es zuletzt nicht gefehlt: Angesichts der jüngsten Bankenkrise hält Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe die europäischen Banken für gut gewappnet. "Ich habe Vertrauen in die Liquidität und die Widerstandsfähigkeit, die das Banksystem aufgebaut hat", sagte Donohoe zum Auftakt des Euro-Gipfels in Brüssel. "Dank der politischen Entscheidungen, die wir getroffen haben, haben wir die nötigen Reserven, die Stabilität unseres Banksystems zu garantieren", sagte er. Zuvor hatten sich bereits eine Vielzahl anderer Politiker und Ökonomen in ähnlicher Weise geäußert.
(Aktien der) Deutsche(n) Bank stürzen ab
Offenbar finden die beschwichtigenden Worte bei den Marktteilnehmern kein Gehör. Die Sorgen um die Stabilität des europäischen Bankensektors halten an. Aktien der Deutschen Bank sacken zweistellig ins Minus. Gestern waren bereits die die Preise für die Versicherungen gegen Zahlungsausfälle, sogenannte CDS, bei Anleihen der Deutschen Bank stark gestiegen, der Anstieg setzt sich heute bis auf ein Vierjahreshoch fort.
Das bedeutet, dass die Investoren eine Pleite der Bank für wahrscheinlicher halten und sich dagegen absichern wollen. Ansteigende CDS-Prämien gelten am Markt als ein Alarmsignal. Im Gegenzug sanken die Kurse von einigen Deutsche-Bank-Anleihen, weil sich mancher Investor lieber von ihnen trennen wollte.
"Die Deutsche Bank steht seit einiger Zeit im Rampenlicht, ähnlich wie die Credit Suisse", sagte Stuart Cole, Chef-Makroökonom bei Equiti Capital. "Es hat verschiedene Umstrukturierungen und Führungswechsel gegeben, um sie wieder auf eine solide Basis zu stellen, aber bisher scheint keine dieser Bemühungen wirklich funktioniert zu haben."
Europäischer Bankenindex auf Talfahrt
Auch die Titel der Commerzbank geben im DAX kräftig nach. Andere europäische Aktien verloren ebenfalls überdurchschnittlich. Der Bankenindex Stoxx Europe 600 fiel um mehr als fünf Prozent. Die Aktien der UBS, die sich auf Druck von Notenbanken, Regulierer und Regierung auf eine Not-Übernahme der schwer angeschlagenen Credit Suisse eingelassen hat, verloren mehr als sieben Prozent.
Über den negativen Schlagzeilen aus dem europäischen Bankensektor sollte allerdings nicht vergessen werden, dass auch aus den USA jederzeit weitere Risiken gemeldet werden können: Es drohten beispielsweise weitere Hiobsbotschaften vonseiten regionaler US-Banken, die für Verunsicherung und Kursverluste an den weltweiten Aktienmärkten sorgen könnten, so die Experten der DZ Bank – sie sind allerdings wie viele andere Experten der Meinung, dass sich eine echte Finanzkrise, wie sie vor rund 15 Jahren zu beobachten war, nicht abzeichne.
Wall Street zeigt Schwäche
Die US-Futures signalisieren derzeit einen schwachen Start der US-Börsen, sodass von der Wall Street kaum Unterstützung zu erwarten ist. Dabei hatte sich US-Finanzministerin Janet Yellen erneut beruhigend zur Bankensituation geäußert. Sie versicherte, dass das Bankensystem solide sei. Die US-Bankenaufsicht und das Finanzministerium seien bereit, umfassende Einlagensicherungen für andere Banken zu übernehmen, wie sie es bei der gescheiterten Silicon Valley Bank und der Signature Bank getan hätten.
Sichere Häfen gesucht
Angesichts der Ängste um den Finanzsektor griffen viele Anleger beim Dollar zu, der gern in Krisenzeiten als "sicherer Hafen" angesteuert wird. Auch Gold notierte mit 1997 Dollar je Feinunze im Plus. Der Euro, der am Donnerstag noch ordentlich zugelegt hatte, gab zeitweise ein Prozent auf 1,0720 Dollar nach.
Ebenfalls gefragt waren, wie bereits angemerkt, Staatsanleihen. Die Kurse der zehnjährigen deutschen Bonds stiegen, im Gegenzug fiel die Rendite bis auf 1,994 Prozent – nach 2,186 Prozent am Donnerstag. Die Ölpreise geben dagegen nach. (…)
US-Behörden überprüfen Credit Suisse und UBS zu Russland-Sanktionen
Die US-Behörden überprüfen einem Medienbericht zufolge unter anderem die Credit Suisse und UBS im Zusammenhang mit etwaigen Hilfen für russische Oligarchen bei der Umgehung von Sanktionen. Das Justizministerium befasse sich neben den beiden Großbanken auch mit Mitarbeitern einiger US-Finanzinstitute, meldete die Agentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Die entsprechenden Schreiben mit Bitten um Auskunft seien dabei vor der Übernahme der Credit Suisse versandt worden.
(tagesschau, 24.3.)
Möglicherweise hat die DB in diese ominösen Wandelanleihen (Cocos) der CS investiert, daher ihr Gewinn des Vorjahres.
„Die Vertrauensprobleme kehren zu den Banken zurück, während die europäischen Staats- und Regierungschefs einen Gipfel abhielten, der eine beruhigende Botschaft an die Finanzmärkte senden soll.
Aber in einer ungewöhnlichen Entscheidung, für die noch keine Erklärungen bekannt gegeben wurden, haben die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, beschlossen, am Ende des Treffens keine wie sonst übliche Pressekonferenz abzuhalten.“
Wahrscheinlich von dem Verdacht getragen, daß ratloses Gestammel vor dem Mikrofon die Sache verschlimmern würde.
„Vor diesem Treffen gab es Erklärungen des Präsidenten der Eurogruppe, des Iren Paschal Donohoe. Darin bestand er darauf, daß die Staats- und Regierungschefs der EU die Bankenunion vorantreiben sollten, und daß die Europäische Kommission die Gesetzesvorschläge zur Anpassung der Verfahren zur Lösung von Bankenkrisen vorlegt.“
Vorschlag zur Anpassung von Verfahren zur Lösung – uhh, uhh, das klingt nicht so, als ob sich hier das Ei des Kolumbus findet.
„Donohoe forderte zudem die Ratifizierung der anstehenden, von Italien blockierten Reform des Euro-Rettungsschirms.
Der anwesende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist dem Thema nicht ausgewichen: »Die Deutsche Bank hat sich modernisiert. Es ist eine profitable Bank. Es gibt keinen Grund zur Sorge«, versuchte er zu beruhigen.“
Diese nichtssagende Beruhigungspille hat – surprise, surprise! – keinen positiven Effekt gehabt.
„Unterdessen sinkt die Kapitalisierung der DB weiter. Jetzt sind es rund 16.500 Millionen Euro, und an der Börse hat sie in diesem Jahr bislang ein Viertel ihres Wertes eingebüßt. An diesem Freitag gab sie ihre Absicht bekannt, 1.500 Millionen Dollar (1.379 Millionen Euro) an nachrangigen Verbindlichkeiten vorzeitig zurückzuzahlen. Nach der Rettung der Credit Suisse war die Deutsche Bank der erste Kandidat, um im Rampenlicht zu stehen, wenn die Unsicherheit auf den Markt zurückkehrt. Und genau das ist geschehen.
Es gibt Ähnlichkeiten zwischen den beiden: Sie sind Finanzsymbole ihrer jeweiligen Länder, obwohl sie ziemlich heruntergekommen sind, sie standen wegen ihrer schlechten Praktiken im Fadenkreuz der Aufsichtsbehörden, sie wandten sich an Investoren am Persischen Golf, um sich zu rekapitalisieren, und ihre Aktien dümpelten seit dem Höhepunkt im Jahr 2007 – vor der großen Rezession.
Die DB ist jedoch größer als die CS, und daher ist ihr potenzieller Einfluss auf das Finanzsystem größer: Ende 2022 verfügte sie über 1,3 Billionen Euro an Vermögenswerten, mehr als doppelt so viel wie die 570.000 Millionen der Schweizer Bank zu diesem Zeitpunkt. Diese Zahlen machen sie zur achtgrößten europäischen Bank – die Credit Suisse war die siebzehnte.“
Dabei ist aber zu bedenken, daß zwei der größeren europäischen Banken – HBSC und Barclays – britisch sind, die DB ist also die 6-größte Bank der EU und der Eurozone.
„Vergleicht man die Belegschaft, hat die Deutsche Bank ebenfalls die Nase vorn: 85.000 Mitarbeitern stehen 50.000 bei der Zürcher Bank gegenüber, die im Gegensatz zu den Gewinnen ihrer deutschen Konkurrentin 2022 herbe Verluste hinnehmen musste.“
Der Verfasser fragt sich, ob es eine bewußte Attacke auf die DB gibt und betont noch einmal die vermeintliche Solidität der DB gegenüber der CS.
Nun ja.
Sich auf böse Spekulanten herauszureden, ist ein durchschaubares Manöver zum Gesundbeten der Bank. Die bösen Spekulanten waren bis vor einigen Wochen ehrenwerte „Investoren“.
(El País, 24.3.)
Am 21.3. hast du einen Text von Tomasz Konicz als wichtig präsentiert, der m.E. einige fundamentale Voraussetzungen beinhaltet, die ich mal zu systematisieren versuche. https://www.untergrund-blättle.ch/wirtschaft/unternehmen/silicon-valley-bank-bankensturm-geldpolitik-7604.html. Konicz bemüht an mehreren Stellen sein zentrales Argument, der Spätkapitalismus habe vor allem das Problem der "innere Schranke des an seiner Produktivität erstickenden Kapitalverhältnisses" (Schlussabsatz), und genau das habe bereits Robert Kurz diagnostiziert. Das Problem sei durch immer mehr Schulden zugedeckt worden – und da befinde sich das System anscheinend an einem Endpunkt. Das Kapitalverhältnis habe zunehmend "(…) durch immer weitere Konkurrenz vermittelst Rationalisierung sich seiner eigenen Substanz, der wertbildenden Arbeit in der Warenproduktion, entledigt. Die fehlende Nachfrage wird hierbei gewissermassen auf Pump generiert, was immer grössere Instabilitäten und die an Intensität zunehmenden Krisen mit sich bringt." (T.K.)
Hier wird meines Erachtens ein richtiges Argument, zentraler Grund kapitalistischer Krisen sei letztlich die Armut der Massen, als falscher Grund für das Entstehen des Finanzkapitals bemüht. Darin zeige sich eine Hyperproduktivität des Kapitalismus, die zu dessen Totengräber würde. Darin scheint mir die Grundlage für das Finanzkapital verkehrt bestimmt zu sein. Z.B. der kommerzielle Kredit, den die Kapitalisten sich untereinander gewähren, oder den die Banken ihnen gewähren, liegt stattdessen darin begründet, dass die jeweils anstehenden Modernisierungsoffensiven und neue Maschinerie etc. [aktuell z.B. die Umstellung der Produktionsverfahren auf Grünkapitalismus] vorfinanziert werden müssen, und das herrschen in der Konkurrenz die Kapitalisten [und die div. Staatsvertreter] sich wechselseitig als Notwendigkeiten auf. So entsteht der Kredit als Grundlage aller Geschäfte und Unternehmungen – und nicht deswegen, weil der Kapitalismus so super-hyper-produktiv sei, dass damit dann der Konsum der Massen nicht mitkäme.
Die Währung und ihr Wert..
Geld ist materialisierte, quantifizierte Kommandomacht über Produkte und Arbeit: die irrationale dingliche Gestalt des Ausschluss- und Gewaltverhältnisses, auf dem die politische Ökonomie des Kapitalismus beruht. Diese dem Geld kraft staatlicher Verfügung innewohnende Zugriffs- und Kommandomacht ist ihrerseits nicht unabhängig davon, was die Nation, die damit wirtschaftet, als Geldquelle zustande bringt:
Umgekehrt manifestiert sich die kapitalistische Leistungsfähigkeit einer Nation, ihr Stand in der Konkurrenz der Kapitalstandorte, in der Macht ihres Geldes. Die Ermittlung und praktische Herstellung dieses Konkurrenzergebnisses am Geld ist Sache einer besonderen Geschäftssphäre, in der es nicht ums Kaufen und Verkaufen von Waren geht, auch nicht ums Investieren und Ausbeuten von Arbeit; da wird vielmehr mit dem prüfenden Vergleichen der nationalen Gelder Geld verdient. Mit ihrem alltäglichen Geschäftsgang vollstreckt diese Branche die entscheidende politökonomische Sortierung der Staatenwelt.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/weltmarkt-weltmacht#section9
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https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/untergang-kapitalismus#section3
Dass die staatlichen Zentralbanken mit ihrer Zins- bzw. Geldpolitik sich aktuell in einer Zwickmühle (‘Dilemma der Geldpolitik’) befänden, wird allenthalben gemutmaßt. Wenn sie vom angekündigten Kurs der Zinserhöhungen abweichen, werde das als Signal gewertet, dass die Geldprobleme noch riesiger seien als jetzt schon bekannt. Das schürt das Misstrauen des Finanzkapitals! Wenn sie den Kurs stattdessen fortsetzen, wird das als Signal an das Finanzkapital gewertet, dass den Zentralbanken die Stabilität der Geschäftsbanken wurschtegal sei. Auch das schürt das Misstrauen des Finanzkapitals!
Und zwar das Misstrauen des Finanzkapitals dagegen, dass der Preis der eigenen Produkte weiterhin ansteigt, weswegen man aktuell besser nicht aus ihnen aussteigen solle. Das sieht der Markt aktuell eben – des Misstrauens an sich selber wegen – gerade nicht mehr so. Mit dem Konsum der Massen oder einer Hyperproduktivität des Kapitalismus hat das erst einmal nichts zu tun. Hier geht es um das Misstrauen des Finanzkapitals gegen zukünftiges Wachstum seiner eigenen Produkte. Also Misstrauen gegen sich selbst.
https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/credit-suisse-und-co-notenbanken-halten-kurs-auf-die-naechste-bankenkrise-zinswende-zentralbanken-nehmen-kollateralschaden-in-kauf-li.330497
@Leser
Also Konicz behauptet ja viel, dem ich nicht unbedingt zustimme, aber er hat wirklich nicht die „Entstehen des Finanzkapitals“ thematisiert. Sondern eine Bestandsaufnahme versucht, wo es heute steht.
Etwas umständlich ausgedrückt ist bei ihm doch die These, daß die nötige Nachfrage für die Veräußerung der „ungeheuren Warensammlung“, die die Marktwirtschaft hervorbringt, zusehends durch Kredit geschaffen wird. Daß also das Wachstum immer mehr durch Schulden hervorgebracht wird.
Und das kann man doch nicht bestreiten, oder?
Du bringst hier den kommerziellen Kredit ins Spiel, aber der macht doch wirklich nur einen kleinen Teil der heutigen Schuldenberge aus, die sich dann als Bankschätze im In- und Ausland aufhäufen und gegebenenfalls in Krisen entwerten, wenn sie nicht durch immer neue Schulden beglaubigt werden.
Für die heutige Kreditlandschaft ist eben nicht der kommerzielle Kredit, sondern die Verschuldung der öffentlichen Hand und der Konsumentenkredit bezeichnend.
In der Unternehmenslandschaft sind eher diejenigen Kredite charakteristisch, mit denen Unternehmen vor dem Bakrott gerettet werden, wodurch sogenannte „Zombie-Firmen“ auch weiter zum BIP beitragen.
So kommt der „Salto Mortale“ der Ware ins Spiel, der auch irgendwie gelingen muß, und da wird die Armut der Arbeiterklasse auch durch Kredit ein Stück weit in die Zukunft verschoben. Genaugenommen nicht die Armut, die bleibt bestehen, aber die mangelnde Zahlungsfähigkeit wird durch Kredite überbrückt.
Inzwischen ist in verschiedenen Ländern der EU durchaus üblich, sich für einen Urlaub zu verschulden, wie mir ein Gastwirt gerade etwas verwundert, aber doch erleichtert erzählt hat. Immerhin kommen die Gäste weiter und der Rubel rollt.
Diese Schulden kommen zu den inzwischen „gewöhnlichen“ für diverse Konsumakte, Kreditkartenschulden, Ratenzahlungen für irgendwelche Geräte und Immo-Kredite dazu.
Gerade ist dieses Kartenhaus wieder einmal am Wackeln, und da ist die Bemerkung, daß sich das Kapital seit geraumer Zeit in einer Verwertungskrise befindet, nicht ganz von der Hand zu weisen.
Das „Mißtrauen“ des Finanzkapitals ist sowieso schon groß, weil die wissen ja, mit welcher heißen Ware sie handeln.
Aber bisher war der Staat immer eine fixe Größe, wenn der Hut gebrannt hat, hat er seine Macht ins Spiel gebracht und über die Macht seiner Nationalbanken und Bürgschaften jede Menge Schuldtitel beglaubigt.
Diese Fähigkeit scheint inzwischen in Frage gestellt. Letztlich sind es die Sanktionen und die veränderte Weltlage, die das Geld verschiedener weltweiter Geldbesitzer aus den „alten“ Vaterländern des Kapitals verschwinden lassen. Die Russen wurden hinausgeworfen, Chinesen und Saudis legen ihr Geld lieber in anderen BRICS-Staaten oder bei sich zu Hause an. Auch der Wegfall Rußlands als Markt fällt sicher ins Gewicht.
In den Medien werden inzwischen Nebelgranaten in Sachen Energiefrage geworfen und ein Getöse um die erneuerbare Energie als Zukunftsmarkt gemacht, aber das kann keinen wirklich geldträchtigen Investor anlocken. Auch das muß wieder größtenteils von der öffentlichen Hand finanziert werden.
Eine von Konica so betitelte "Hyperproduktivität" des ("Spät"-) Kapitalismus mag ja dazu führen, dass der Konkurrenzkampf zwischen den Kapitalen immer schärfer wird, die neuen Mittel der Rationalisierung gebieten den zunehmenden Einsatz von immer mehr Kredit und gleichzeitig werden so die älteren Produktionsverfahren bei den Konkurrenten entwertet, die ggf. nicht solchen Zugang zu Kredit erhalten haben. Der Staat seinerseits stattet aber über das Bankensystems die Verlierer der Konkurrenz möglicherweise trotzdem noch mit Kredit aus (so lange die Niedrigzinspolitik gültig ist) und verlängert so zumindestens erst einmal den Zeitraum der Entwertung niederkonkurrierter Kapitale. (So war es in der Corona-Phase, und nun werden die Zinsen hochgesetzt, was den Kredit verteuert, und was sich etliche Kapitale so nun nicht mehr leisten wollen bzw. können). So weit die “Dilemmata” des produktiven Kapitals.
Das Finanzkapital bemerkt, dass der Staat sowohl das kapitalistische Wachstum des eigenen Standortes im Auge hat, aber auch, dass ihm dadurch nicht viele eigene Geschäftsgrundlagen flöten gehen sollen. So schwanken die Staaten dazwischen, den Kredit zu verteuern – und ihn zu verbilligen. In diesem Schwanken sieht das Finanzkapital sich in seinen eigenen Grundlagen auch ein Stück weit in Frage gestellt: kann es darauf bauen, dass das angelegte Finanzkapital zukünftig weiter wächst, oder nicht. Ob daraus ein generelles Misstrauen in die Werthaltigkeit all seiner Produkte entstehen kann, sei dahingestellt. Erst einmal scheint das Misstrauen auf Banken zu zielen, die viele ältere Staatsanleihen gebunkert haben, und diese nun aktuell nicht profitabel versilbern können, wenn sie Geld brauchen.
Stephan Kaufmann: “Eine Vertrauenskrise lässt die US-Regierung nicht zu, da Vertrauen die Basis der Spekulation ist und diese Spekulation wiederum die Basis für die Prosperität der sogenannten Realwirtschaft, insbesondere im wichtigen Technologiesektor. Schließlich hat die US-Regierung die »globale Technologieführerschaft« der USA zu einem ihrer Ziele erklärt. Dafür braucht sie den Zuspruch der Kapitalgeber. Deren Spekulation ist systemrelevant.”
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171780.bankenpleite-die-spekulation-ist-systemrelevant.html
Das Vertrauen des Finanzkapitals in die Wachstumfähigkeit der eigenen Währung und der eigenen Banken braucht der US-Staat aber nicht nur, weil er den speziellen Start-Up-Technologiebereich fördern will. Sondern wegen seines Kapitalismus insgesamt.
Es gibt einen ganz netten ungarischen Film, da tritt ein Geheimdienstler auf und immer, wenns brenzlig wird, wirft er die Bemerkung „Die internationale Lage verschärft sich zusehends“ in die Schlacht.
Ich bin ja deiner Meinung, daß diese Beifügungenen „Spät-”, „Hyper-“, „Über-“, „schärfer“ usw. der Analyse von irgendwas nicht dienlich sind.
Aber es geht ja nicht darum, sondern um die Rolle, die die Schulden bzw. der Kredit im Verhältnis zur sonstigen Wirtschaft stehen.
Ich würde das nicht als „Verschärfung“ der Konkurrenz sehen, sondern als eine andere Dimension derselben. Hat der Unternehmer Zugang zu Kredit, kann er die Konkurrenz auch durchstehen, wenn der Geschäftsgang eher mau ist.
Wer weiß, wie viel von den Gewinnmeldungen großer Firmen stimmt. Möglicherweise sind das nur Werbe-Einschaltungen, damit ihre Aktien und Anleihen gekauft werden, sie also zu frischem Kredit kommen.
Wenn das nicht reicht, ist immer noch die EZB da mit ihrem Anleihen-Aufkauf-Programm …
Tages-Politik – Analyse und Kritik vom 22.03.23
– Galerie Karstadt-Kaufhof – Düstere Wolken übern Finanzgewerbe :
Es kracht mal wieder im marktwirtschaftlichen Gebälk
Galerie Karstadt-Kaufhof
In Sachen Einstampfung von bis zu ein Drittel noch bestehender Warenhäuser, nachdem bereits einige Sanierungen auf Kosten der Belegschaften über Lohnverzicht und Entlassungen und schon gelaufene etliche Schließungen zu besichtigen waren, wird man erneut damit bekannt gemacht, wie das ökonomische Hauen und Stechen um profitable Marktanteile, die Inbeschlagnahme der notorisch beschränkten Zahlungskraft der armen Käufermassen regelmäßig Zerstörerisches in Bezug auf erarbeiteten und auf letzter Stufe der Wertschöpfungskette zum Verkauf anstehenden Warenreichtums und die materielle Existenz größeren Umfangs zeitigt. Was dann als zum marktwirtschaftlichen Gang gehörige Normalität unter Titeln wie Bereinigung des Wettbewerbs oder wirtschaftliche Gesundschrumpfung eingereiht wird. Rasant gestiegene Energiepreise, Kaufzurückhaltung, Immobilienpreise bzw. abzuführende Mieten an Immobilienhaie verhageln dann die Rentabilitätsrechnungen einer letzten Spezies von Warenläden derart massiv, dass der irgendwann der gänzliche Untergang prophezeit wird. Als Absurdität einer Wirtschaftsweise gilt es im öffentlichen Bewusstsein gerade nicht, wenn der Reichtum nur als einer zählt, die Existenz der daran hängenden Arbeitsleute dann und nur dann ein sowieso allenfalls bescheidenes Auskommen sich ausrechnen kann (insofern es auf deren Dienstbarkeit an Kapitaleigentum ankommt), wenn sich dies als Geldwertes bewährt, genauer in dauerhaft konkurrenzfähigen Geldüberschüssen über eingesetztes Kapital resultiert.
Die Schlaumeier von der Diagnosefront schließen dagegen dumm zirkulär daraus, dass sich eine ganze Kaufhauskette nicht mehr am Markt bewährt, dass Warenhäuser ein Auslaufmodell seien. Also sollen sie doch Maß nehmen an ihnen jetzt überlegenen Konkurrenten – als ob nicht der Überakkumulation, der Nicht-Verwertbarkeit geschaffenen Reichtums nicht genauso darüber Vorschub geleistet wird, wenn sich Kaufhauskönige jetzt in den Gefilden der Konkurrenten tummeln, die ihrer Kaufhauskette gerade den Garaus bereitet haben.
Bankencrash, Einbrüche im Kreditgewerbe
Auch das gehört zu den Schönheiten des kapitalistischen Gewerbes: die Zentralbanken sagen Phase der Zinsanhebungen zur Bekämpfung der Inflation an. Just wird das Dilemma Inflationsbekämpfung versus Finanzmarktstabilisierung ausgerufen.
Im großen Stil führt die aktuelle Zinspolitik u.a. zur Entwertung oder geringeren Bewertung von Wertpapieren, die Banken auch als Grundlage ihrer Kreditgeschäfte halten. Schon ist von einer Liquiditätskrise bei einer Schweizer Großbank von für dieser existentieller Bedeutung die Rede. Die Bank darf aber nicht einfach so crashen, weil davon gleich das ganze Bankensystem angesichts der wechselseitigen Verflechtung der Geldhäuser in ruinöser Weise tangiert werden könnte. Also wird fusioniert mit dem größten Konkurrenten auf Schweizer Boden (UBS) – und die Notenbank schießt mal eben 100 Mrd. zu diesem Rettungsmodell zu. Schon werden die finanzkapitalistischen Sorgen weitergesponnen: ist nicht auch die neue Superbank to big to fail, sodass es ein Fass ohne Boden zu werden droht, wenn noch einige 100 Mrd. draufgezahlt werden müssen, um auch dieser Bank aus ihren Liquiditätsnöten rauszuhelfen. – Eines fällt dabei auf: per finanziellem Machtwort soll der eigentlich fällige Crash unbedingt vermieden werden, weil kapitalistische Gemeinwesen nichts aufs Geld als ökonomisches Verkehrsmittel kommen lassen; unbedingt in Kraft bleiben muss ein bankenmäßiger Überbau, der als verselbständigte Bereicherungssphäre gegen die sog. Realwirtschaft zugleich das Vehikel für letztere ist, ihre Konkurrenzaffären mit einem Geld, dass sie nicht haben, das deshalb Kredit heißt, umso schlagkräftiger auszutragen, also schlicht das System der Ausbeutung aus Lohnarbeit am Laufen zu halten.
Die finanzpolitisch Zuständigen geben damit an, wie gut man gerüstet sei gegen neue Finanzkollapse: eine amtliche Dummheit, weil und insofern das Nichtaufgehen des ganzen Spekulationsunwesens gar nicht verhindert wird, in diesem Fall sogar begünstigt wird durch die Geldanstalten und ihre Zinspolitik, aber die Geldhüter sind zur Stelle, dass das Weiterwirtschaften mit der Geldmaschinerie seine unbedingte Gültigkeit bescheinigt kriegt, sodass das Auf und Ab des Kreditgeschäfts, also das absurde Wechselbad von spekulativen (Neu-)Aufbau und Vernichtung von Finanzgeschäften inklusive der zerstörerischen Wirkungen auf die produktive Reichtumsschaffung bei den Industriellen und Handwerksgewerben wieder seinen Lauf nehmen kann.
Nachdem eine Wiederholung der Finanzkrise wie 2008 vehement ausgeschlossen wird, weil die gegenwärtige "Finanzmarktinstabilität" weniger wie damals die ineinander verschachtelten Finanzprodukte betreffe, erfährt man, dass sich vermehrt das Phänomen ausbreitet, dass nicht nur Privatleute, sondern Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen können – oder die Kreditausreichung stockt wegen deren Verteuerung. Letzteres ist durchaus beabsichtigt von höherer Stelle der Zentralbanken, wie es heißt zum Eindämmen der allgemeinen Preissteigerungen. Und das soll nicht schon wieder eine marktwirtschaftliche Absurdität sein: zum Erhalt des Werts des Euros, der über die allgemeine Teuerung, ohne das wirklicher Kapitalreichtum hinzugekommen wäre, unterminiert zu werden droht, nehmen die Zentralbänker eine allgemeine Wirtschaftsflaute einschließlich Bankenkrise offenbar regelrecht in Kauf, wenn im großen Stil Einbrüche beim Kreditgebaren drohen, ausgerechnet dem entscheidenden Mittel kapitalistischer Konkurrenzgeierei, nämlich zur finanzstarken Unterfütterung von Produktivitätsvorsprüngen vor der Konkurrenz. Dann machen sich die Geldaufseher an dem Widerspruch zu schaffen, dass einerseits die Preisexplosionen durch Zurückfahren der Kreditschöpfung, Eindämmung der Geldmengenausweitung eingegrenzt werden sollen, zugleich gegenläufig dazu mehr Liquidität seitens der Notenbanken zur Finanzmarktstabilisierung ins Bankensystem zu pumpen wäre.
https://www.tages-politik.de/Wirtschaftspolitik/Karstadt_Kaufhof-Bankenkrise-2023.html
Der Niedergang der Karstadt-Kaufhäuser demonstriere bzw. zeitige "….regelmäßig Zerstörerisches in Bezug auf erarbeiteten und auf letzter Stufe der Wertschöpfungskette zum Verkauf anstehenden Warenreichtums und die materielle Existenz größeren Umfangs”.. Und das soll man nicht verständlicher ausdrücken können? Zerstörerisches werde gezeitigt? Ach ja? Die materielle Existenz größeren Umfangs werde tangiert? Und das Argument mit der letzten Stufe der Wertschöpfungskette besteht genau worin? Dass Wert und Preis nicht identisch seien? Oder doch? Oder dass das Verkaufen als Teil der “Wertschöpfung” anzusehen sei?
Möglichst kompliziert etwas auszudrücken fördert gerade n i c h t. das Verstehen. Sondern eher das Missverstehen. (Dass das schon 1000 mal an Artikeln dieser Seite kritisiert wurde, lässt – leider – nicht hoffen, dass die Schreiberlinge diesen geschwollenen Unfug beim Formulieren mal korrigieren würden.)
„Tages-Politik“ hat vom GSP übernommen, daß unverständliche Ausdrucksweise erstens über inhaltliche Schwächen hinwegtäuschen soll und zweitens hochtheoretisch klingt.
Drittens braucht man dann auch gar nichts aussagen, weil in dem Gehabe, daß die anderen alle nix mitkriegen über den Lauf der Welt, hat man dann auch schon sein Genügen gefunden.
Na ja. Deine Kritik trifft zu 100 % zu – auf den von dir geschätzten Autor Tomasz Konicz (Autor nicht nur im Blättle, sondern insgesamt bei Linken anscheinend geschätzt) [den mir der Fehlerteufel immer wieder zu Konica verunstalten will]. Krim hatte übrigens letztens hier auf diesem Blog abgelehnt, dessen Zeugs auseinanderzunehmen, weil sich dort Fehler auf Fehler nur so anhäufen würden.
Was den GSP betrifft: Eine ziemlich vernichtende Selbstkritik an früheren Anmerkungen zur Krisentheorie von Keynes lässt sich übrigens in der Bezahl-Version des neuen Gegenstandpunkts studieren. Da bleibt kein Stein auf dem anderen ….
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/einwaende-zu-konkurrenz-kapitalisten-ss24-abschnitt-krise-sicht-vwl
@Leser
Ach, du Schelm!
Daß jemand, von dem ich etwas poste, deswegen von mir ein „geschätzten Autor“ sei, ist wirklich eine infame Unterstellung.
Ich schüttle immer wieder über diverse „Theoretiker“ den Kopf, wie sie sich im heutigen Weltgeschehen versuchen einzubringen, indem sie mit marxistischen Versatzstücken um sich werfen und dadurch theoretische Kompetenz vortäuschen wollen. Das gilt für Konicz genauso wie für den GSP, aber es gibt auch noch ein paar andere.
Bei der Sache mit dem Kredit finde ich allerdings, daß er mehr geschnallt hat als der GSP. Daß das dann verklausuliert daher kommt, als Kassandra-Ruf und mit allen möglichem Begriffs-Ballast behaftet, das läßt sich bei so selbsternannten großen Glühbirnen wohl nicht vermeiden.
Aber ich plädiere dafür, von der Person und ihren sonstigen Hervorbringungen abzusehen und sich auf die Sache zu konzentrieren. Es ist ja bei meinen letzten Posts inhaltlich einiges dazu gefallen.
Jack Rasmus: Die faulen Eier der Fed
Die US-Zentralbank befindet sich in einer Zwickmühle: Inflationsbekämpfung oder Finanzmarktstabilität. Zur aktuellen Bankenkrise
(…) Der Tech-Boom wurde zu einem großen Teil von den beträchtlichen Liquiditätsspritzen der Federal Reserve (Fed) in das US-Bankensystem seit 2009 angeheizt, die von September 2019 bis Februar 2022 weiter erhöht wurden. Diese exzessiven Geldzuschüsse der Fed seit Herbst 2019 haben die Kreditzinsen für Unternehmen auf Null (und real unter Null) gedrückt – und damit für eine Investitionsblase im Technologiesektor gesorgt. (…)
https://www.jungewelt.de/artikel/447555.geldsorgen-die-faulen-eier-der-fed.html
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Ralf Streck: Folgen der Bankenkrise: Energiepreise sinken
https://www.telepolis.de/features/Folgen-der-Bankenkrise-Energiepreise-sinken-wieder-8013913.html
Daß die Finazkrise zum Sinken der Preise von Gas und Öl führt, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Die „Angst vor stärkerer Konjunkturflaute“ halte ich für eine Psychologisierung, und daß die „Energiepreise fallen“, mag sein oder auch nicht, hat jedenfalls nicht unbedingt damit zu tun. Die Argumentation des Telepolis-Autors ist jedenfalls schwach.
"Die viel größere Zeitbombe"
Immobilienblase lässt US-Banken zittern
Der Bankensektor in den USA kommt nicht zur Ruhe. Nach der Pleite von mehreren Regionalbanken warnen Experten nun vor Turbulenzen auf dem Immobilienmarkt. Auch hier spielen ausgerechnet die kleineren Banken eine Schlüsselrolle.
Die Rettung strauchelnder US-Regionalbanken ist noch nicht in trockenen Tüchern, da kündigt sich bereits neues Ungemach für das US-Finanzsystem an: Neben der Schieflage wegen sinkender Renditen bei Geschäften mit langfristigen Staatsanleihen gibt es laut einer Analyse auch ernstzunehmende Probleme mit gewerblichen Immobilienkrediten. Offenbar sind davon wieder vor allem die kleineren Geldinstitute in den USA betroffen.
Konkreten Anlass zur Sorge geben Daten des renommierten Kobeissi Briefes, eines wöchentlichen Kapitalmarkt-Kommentars, der alarmierende Zahlen anführt. Laut der Analyse werden in den nächsten fünf Jahren mehr als 2,5 Billionen US-Dollar an gewerblichen Immobilienschulden fällig – so viel wie noch nie in einem Fünfjahreszeitraum.
Zum Problem wird das durch die Leitzinserhöhungen der Notenbanken: Die Zinssätze für Immobilienfinanzierungen hätten sich mehr als verdoppelt, schreiben die Autoren. Zudem seien die Gewerbeimmobilien nur noch zu 60 bis 70 Prozent belegt. "Die Refinanzierung dieser Kredite wird unglaublich teuer werden und wahrscheinlich zur nächsten großen Krise führen", so ihre Schlussfolgerung. Das "Schlimmste" daran sei, dass "70 Prozent der gewerblichen Immobilienkredite im Besitz kleinerer Banken sind".
Laut dem Datenanbieter Trepp liegen die meisten Kredite für Gewerbeimmobilien bei Banken mit weniger als 250 Milliarden Dollar an Vermögenswerten. Fallen viele Kreditnehmer aus, dürfte es vor allem für diese kleineren Geldinstitute finanziell eng werden. Ein Szenario, das zumindest Erinnerungen an die Häuserkrise 2008 weckt, als in den USA die größte Immobilienblase, die es jemals gab, platzte und zuerst Amerika und dann die ganze Welt erschütterte. Weltweit mussten Institute mit Steuermilliarden gerettet werden. Eine Erfahrung, die Kritiker heute zu Recht fragen lässt, ob Regulierer und Banken nichts aus der Finanzkrise gelernt hätten.
Milliardär und Multiunternehmer Elon Musk, der die Leitzinserhöhungen bereits im Zusammenhang mit teureren Autokrediten kritisiert hatte, kommentierte den Hinweis von Kobeissi auf die Risiken bei Immobilienkrediten mit den Worten: "Dies ist bei weitem das schwerwiegendste drohende Problem". Fallende Preise für gewerbliche Hypothekenanleihen seien ein wachsendes Problem für kleinere Banken, weil sie bereits unter der sinkenden Nachfrage nach Gewerbeimmobilien und der Flucht der Kunden mit ihren Einlagen leiden. Musk ergänzte seine Warnung dazu noch um den Hinweis, dass dieselben Risiken auch in Hypotheken für Wohnimmobilien schlummerten. Richtig ist: Die sind angesichts steigender Zinsen ebenfalls ausfallgefährdet.
Silicon Valley Bank war "nur ein Ausreißer"
Auch andere Branchenkenner schlagen wegen dieser Ballung von Risiken bei kleineren Banken Alarm. Die unabhängige Analystin Genevieve Roch-Decter wird in einem Kommentar besonders deutlich: Die Anfang des Monats kollabierte Silicon Valley Bank (SVB) sei "nur ein Ausreißer" gewesen, schreibt sie bei Twitter. Es gäbe eine "viel größere Zeitbombe" in Form der gewerblichen Immobilien-Darlehen (CRE-Exposures) in den Bankbilanzen. Die Kreditausfälle aufgrund höherer Kreditkosten könnten steigen und die Immobilienpreise wegen der schwächeren Nachfrage fallen. Die CRE-Portfolios der Banken würden dadurch an Wert verlieren und die Kreditgeber unter Druck setzen, frisches Kapital aufzunehmen, um ihre Finanzen zu stützen, beschrieb sie die Abwärtsspirale.
Der Ansturm auf die SVB hatte vor zwei Wochen die US-Regierung dazu veranlasst, die Kontrolle zu übernehmen und zu versichern, alles zu tun, um einen Kollaps des Systems zu verhindern. Alle Einlagen wurden garantiert, sogar die über 250.000 Dollar. Bis zu dieser Grenze waren sie zuvor durch den US-Einlagensicherungsfonds abgesichert. Die Finanzmärkte beruhigten sich zwischenzeitlich wieder.
Ob ein Flächenbrand im Bankensektor damit abgewendet werden kann, ist jedoch offen. Wie groß die Risiken eines anhaltenden Vertrauensverlustes sind, hatte jüngst eine gemeinsame Studie von Ökonomen verschiedener US-Universitäten gezeigt. Die Autoren kommen nach dem Zusammenbruch der SVB zu dem Ergebnis, dass noch weitere 186 Banken vom Konkurs bedroht sind, selbst wenn nur die Hälfte ihrer Kunden beschließen sollte, ihre Einlagen abzuheben.
Der aktuelle Marktwert der Aktiva des US-Bankensystems – also die den Einlagen und anderen Verbindlichkeiten gegenüberstehenden Vermögenswerte – sei um zwei Billionen Dollar niedriger als deren Buchwert, so die Rechnung der Autoren. "Die zu Marktwerten bewerteten Bankaktiva sind im Durchschnitt aller Banken um 10 Prozent gesunken." Die fünf Prozent der kleinsten Banken hätten sogar einen Rückgang von 20 Prozent zu verzeichnen.
Die US-Regionalbanken stehen mit ihren Kreditfinanzierungen bei Gewerbeimmobilien und ihrem Geschäftsmodell, in langfristige Staatsanleihen investiert zu haben, doppelt im Feuer. Der Wert der Aktiva der in Santa Clara ansässigen SVB sank, als die US-Notenbank Fed im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen erhöhte. Hintergrund ist, dass die meisten Anleihen einen festen Zinssatz zahlen, der attraktiv ist, solange die Zinsen niedrig sind. Es treibt die Nachfrage und den Preis der Anleihe in die Höhe. Umgekehrt ist die niedrigere Festverzinsung einer Anleihe bei steigenden Leitzinsen für Anleger nicht mehr attraktiv.
Andere US-Regionalbanken sind ähnliche Wetten eingegangen. Der Vertrauensverlust und die Panik nach der Pleite der SVB mündete in einen Bank Run und damit einen Schwund der Einlagen. Bankkunden zogen aus vermeintlich risikoreichen Regionalbanken mit weniger diversifizierten Vermögenswerten im großen Stil ihr Geld ab und brachten es zu "too-big-to-fail"-Banken wie JPMorgan Chase und Bank of America, die über breitere Geschäftsmodelle verfügen und besser gerüstet sind, um mit Turbulenzen an den Finanzmärkten fertig zu werden. Inzwischen haben sich diese Geldtransfers beruhigt, meldet CNBC. Das bedeute aber nicht, dass der Bankensektor aus dem Gröbsten heraus sei. Eine weitere Krise könnte die Einlagen blitzschnell wieder in Bewegung bringen.
(ntv, 28.3.)
Suitbert Cechura: Schon wieder eine Bankenkrise...
Haben die Banken denn gar nichts gelernt? Regieren nur Nieten in Nadelstreifen die Geldwirtschaft? Oder Kriminelle? Hier einige Klarstellungen zu den (mehr oder weniger) dummen Fragen.
(…) Was ist da los in der Finanzwelt? Nach der Finanzkrise von 2007 sollten doch in allen Ländern Lehren gezogen werden, nachdem etwa hierzulande „die Banken mit mehr als 70 Milliarden Euro Steuergeld gerettet wurden“ (FAZ, 1.4.23) und in der Nachfolge neue Regelungen für mehr Sicherheit usw. – in Deutschland wie auf europäischer Ebenen – in Kraft traten.
Und jetzt das!? Und dann wird nach der raschen Rettung in der Schweiz auch noch die Staatsanwaltschaft aktiv: „Ermittlungen wegen Credit Suisse“ (FAZ, 3.4.23)! Also schon wieder Straftäter unterwegs, die den Hals nicht vollbekommen konnten?
Eine andere Nachfrage wäre dabei interessanter. Angesichts der Milliardensummen, die jetzt schon wieder innerhalb weniger Tage einfach so „verschwunden“ sind, während in jedem Supermarkt noch der kleinste Diebstahl hart geahndet wird und viele Menschen an der Kasse nach dem letzten Cent kramen, könnte man doch ins Grübeln kommen. Vielleicht sollte man einmal fragen, was „Reichtum“ in dieser Gesellschaft eigentlich ist?
Das Geschäftsgeheimnis: Aus Schulden Vermögen machen
Die Schuldner der Banken: per se unsichere Kantonisten
Der wirtschaftliche Sachverstand: sucht Schuldige
Dass Staaten Unmengen Geld in Banken statt in Schulen oder Infrastruktur stecken, ist eben ein Hinweis darauf, was in dieser Gesellschaft Priorität hat. Das Geldgeschäft mit dem Geschäft, das auf Geldvermehrung setzt, muss laufen, davon ist alles in dieser Gesellschaft abhängig gemacht und deshalb werden im Zweifelsfall auch alle Mittel dafür mobilisiert.
Banken sind in diesem Sinn tatsächlich so nötig für diese Gesellschaft wie der Blutkreislauf für den Menschen. Schulen können auch später renoviert werden; es braucht sie zwar für den Nachwuchs der Nation, aber dessen Brauchbarkeit ist nicht unmittelbar gefährdet, wenn die Fenster zugig sind oder der Putz bröckelt.
(…) Gelernt haben Politiker und Banken nach der letzten Finanzkrise durchaus. Die Politik hat die Banken zu einer höheren Eigenkapitalquote verpflichtet und so das Kredit- und Anlagengeschäft beschränkt, wobei streng darauf geachtet wurde, dass dies nicht zu sehr die Kreditvergabe der Banken an die Wirtschaft behindert. (…)
Die Banken haben ihrerseits alles dafür getan, damit ihr Geschäft auch unter diesen Bedingungen nicht leidet und sie diese Regelungen für sich nutzen können.
Der Rest der Welt wurde dabei nicht gefragt. Und was sollten die kleinen Sparer auch lernen? Ihre Zinsen wurden gekürzt und die Gebühren erhöht, so dass nicht nur ihre Einkommen in den letzten Jahren geschrumpft sind, sondern auch ihre Rücklagen, sofern sie denn welche haben. So geht sie eben, die schöne Marktwirtschaft. (…)
https://www.telepolis.de/features/Schon-wieder-eine-Bankenkrise-8693041.html?seite=all
Man muß hier allerdings hinzufügen, daß es in der Natur der Sache – Handel mit abstraktem Reichtum – liegt, daß auch das schiefgehen kann, weshalb viele große Banken seit der Finanzkrise staatliche Zuschußbetriebe sind.
Vom IWF kommen vermischte Meldungen:
„So »haben sich die Signale von Anfang 2023, daß der Weltwirtschaft eine sanfte Landung winken könnte – mit sinkender Inflation und stabilem Wachstum – angesichts der hartnäckig hohen Inflation und der jüngsten Turbulenzen im Finanzsektor verflüchtigt«, heißt es in dem Bericht des von Kristalina Georgieva geleiteten Gremiums.“
Schon die Sprache dieser Art von Verlautbarungen: Konjunktiv, „Signale“ und „Landung“ – wer landet da wo? – verspricht ein sehr unseriöses intellektuelles Produkt aus dem Computer der wichtigsten Märchentanten und -onkels der Weltwirtschaft.
Die „jüngsten Turbulenzen im Finanzsektor“ wiederum werden präsentiert als eine Art Unwetter, das unerwartet aufgezogen ist, obwohl sie doch die direkte Folge von Zinserhöhungen, Sanktionen und Kapitalflucht sind – also von den Akteuren der Politik und Weltwirtschaft verursacht wurden.
„»Die Aussichten sind stark nach unten gerichtet und die Wahrscheinlichkeit einer harten Landung ist stark gestiegen«, fügt er“ (= der Analyse-Direktor des IWF, Gourinchas) „hinzu.“
Dieses komische Geschwätz von „Landung“ hält offenbar auch einen möglichen Crash in der Hinterhand. Da kann man sich dann als Analytiker abputzen …
„Nach dem Wachstum von 3,4 % im Jahr 2022 wird sich die Weltwirtschaft in diesem Jahr aufgrund der fortgeschrittenen Länder, insbesondere der europäischen, verlangsamen.“
Auch lustig. Die „fortgeschrittenen Länder“, – also die, bei denen die Wirtschaft mehr oder weniger so läuft, wie sich es alle wünschen, – sind schlecht drauf und bremsen dadurch den Rest.
Was könnte man daraus über unser Wirtschaftssystem lernen, bzw. welche Fragen tauchen da auf?
Was ist eigentlich „Fortschritt“?
Was ist eigentlich „Wachstum“?
„Das Wachstum in der Eurozone wird nach Berechnungen des IWF von 3,5 % im Jahr 2022 auf 0,8 % in diesem Jahr sinken. Der IWF rechnet in Deutschland sogar mit einem Rückgang um 0,1 %.“
Oh, oh, Rezession in Deutschland.
Was heißt das für die Eurozone, den Euro und das europäische Finanzkapital? Bisher war doch Deutschland die „Konjunkturlokomotive“, die die restlichen Lahmärsche mitgeschleppt hat – so das Bild, das uns in den Medien vermittelt wurde.
„Spanien, das bei der Erholung von der Pandemie am weitesten zurückliegt, wird in diesem Jahr um 1,5% wachsen, doppelt so viel wie Italien und Frankreich, aber weit entfernt von den 5,5% im Jahr 2022.“
Die „Erholung von der Pandemie“ hat Spanien offenbar schon hinter sich.
Da gab es Rekordzahlen im Tourismus. Die restliche Performance der spanischen Wirtschaft war eher bescheiden. Und offensichtlich wird darauf gesetzt, daß der Tourismus im laufenden Jahr nicht mehr so eine kompensierende Rolle spielen wird.
„Das UK wird von 4% Wachstum im vergangenen Jahr auf 0,3% im Jahr 2023 abstürzen.“
Damit ist das von den Medien seit Jahren schlechtgeredete Brexit-UK ungefähr so drauf wie das bisher leuchtende Vorbild Deutschland.
„Die USA halten besser stand und steigen von 2,1 % im Jahr 2022 auf 1,6 % in diesem Jahr und 1,1 % im nächsten Jahr.“
Der Gipfel der Unseriosität bei diesen IWF-Prognosen ist, daß bereits für 2024 Prognosen erstellt werden, obwohl sich herausstellt, daß für dieses laufende Jahr die Perspektiven düster sind und im Grunde aufgrund der hoch bleibenden Inflation alles Wachstum sowieso fragwürdig ist, – weil in was für einer Einheit wird es denn gemessen?
(Zitate aus El País, 11.4.)
Stephan Kaufmann: IWF sieht Risiken im Finanzsystem….
Die Rivalität der Großmächte bestimmt zunehmend die globalen Kapitalflüsse. Das ist gefährlich, glaubt der Internationale Währungsfonds.
Die globalen Finanzmärkte durchleben schwere Zeiten: Hohe Inflation, steigende Zinsen, Ukrainekrieg und nachlassendes Wirtschaftswachstum lassen die Risiken wachsen, dazu kommt eine schwelende Schuldenkrise im globalen Süden. Der Untergang einiger mittelgroßer Banken in den USA hat kürzlich gezeigt, wie nah eine große Krise sein kann. Dazu kommt nun ein Problem grundsätzlicherer Art: Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor einer „Fragmentierung“ des Weltfinanzmarktes im Zuge geopolitischer Rivalitäten….. (Forts.):
https://www.fr.de/wirtschaft/iwf-sieht-risiken-im-finanzsystem-92205987.html
[Ob Stephan Kaufmann übermorgen (zum nächsten Wochenende im ‘Neuen Deutschland’) dieselbe Materie sich wohl noch einmal grundlegender vorknöpfen wird?]
Unter dem modernen Stichwort "Fragmentieren der Finanzmärkte" wird Unterschiedliches versammelt: Einerseits die Sorge der Zinsanhebe-Befürworter, dass so, durch Zinsanstieg, ganze Regionen drohen, vom Zugang zu Kredit abgeschnitten zu werden, und damit kapitalistisch weniger interessant (bis hin zu unbrauchbar) werden. würden – das ist eher eine Befürchtung von Apologeten des Euro-Raumes …. – und die Befürchtung, es könne sich neben der Haupt-Leitwährung Dollar (bzw. der Einordnung der Euro-Staaten in diesen) ein Markt für Finanzen entwickeln, der den BRIC-Staaten nahe stehe. Drittens wird immer mal wieder zum Thema, dass diese gigantischen Staatsschulden-Berge vom Versprechen auf Wachstum leben, bzw. davon, dass dieses Versprechen nicht durch fallende Kurse konterkariert werden darf, denn dann gäbe es absehbar einen Run darauf, sich selber möglichst am wenigsten mit eigenem Schaden aus der Scheiße rechtzeitig herausziehen zu wollen, also das Misstrauen in die Haltbarkeit des kompletten Kartenhauses begänne sich zu verallgemeinern. Und so greife von einem der fragmentierten Märkte das Misstrauen auf das ganze Geldsystem über. (Das scheint aktuell das Besorgnis um z.B. den nicht staatlich geregelten Digital-Geldwesen-Markt, Bitcoin und Co., zu sein.). Deswegen darf niemand Rezession prognostizieren, und deswegen wird jedes minimalste ‘Anzeichen von Wachstum’ möglichst ins Gigantische hochgejubelt. (und der Rest kommt in der ‘Bericht’erstattung bbzw. Geldpropaganda eher nicht vor …. )
Cechuras Aufsatz sei noch mal empfohlen. https://www.untergrund-blättle.ch/wirtschaft/credit-suisse-bankenkrise-schulden-7637.html
vgl. auch. https://www.contradictio.de/blog/archives/8502
… Und ein vierter Aspekt: die US-Kriegspolitik ruiniere das weltweite Finanzsystem der USA (denn das beinhalte neben z.B. auch chinesischen und russischen angelegten Geldern – auch z.B. schweizerische Banken, die damit wiederum ja auch ihre Geschäfte machen ….)
https://overton-magazin.de/top-story/usa-setzen-die-schweiz-wegen-zu-lascher-sanktionspolitik-unter-druck/
…. der. Umgang von Tunesien mit den IWF-Vorgaben:
https://www.jungewelt.de/artikel/448810.internationale-kreditpolitik-wuchernde-bananenpreise.html
Der Druck der USA auf die Schweiz ist ganz interessant im Lichte dessen, daß auch in den USA diese Enteignungen nicht unumstritten sind und im Widerspruch zur US-Verfassung stehen:
Seizing Russian Assets Is a Bad Idea
The U.S. Constitution does not allow the government to do as it pleases, even with foreigners’ assets. (…)
The administration offered a plan to combat sanctions evasion and “streamline the process for seizure of oligarch assets, expand the assets subject to seizure, and enable the proceeds to flow to Ukraine.” This included creating “a new criminal offense, making it unlawful for any person to knowingly or intentionally possess proceeds directly obtained from corrupt dealings with the Russian government.”
The president requested expanded authority from Congress and is pushing on an open door. Senate Majority Leader Chuck Schumer backed the proposal: “There’s no reason that Putin’s viciousness and these ill-gotten gains should just stay the way they are when Ukraine desperately needs the money.”
Moreover, the House approved legislation urging the administration to act. H.R. 6930 incorporated “the sense of Congress” that “the President should take all constitutional steps to seize and confiscate assets under the jurisdiction of the United States of foreign persons whose wealth is derived in part through corruption linked to or political support for the regime of Russian President Vladimir Putin and with respect to which the President has imposed sanctions.”
(…)
https://www.theamericanconservative.com/seizing-russian-assets-is-a-bad-idea/
Im Grunde versuchen die USA die Schweiz zur Verletzung ihrer eigenen Rechtsstaatlichkeit zu zwingen, in Fragen, die nicht einmal in den USA im Sinne der derzeitigen Regierungspolitik geregelt sind.
Tunesien ist in einer blöden Situation, weil sogar die Einkommensquelle, die das Land zur Zeit des Arabischen Frühlings noch hatte, der Tourismus, auch weggebrochen ist.
Ja, Pech auf der ganzen Linie.
Die Vorstellung, mit dem Verschwinden das bösen Diktators stünde der Weg frei für allgemeine Prosperität, wurde damals sicher durch soziale Netzwerke genährt und verbreitet.
Es ist zweifelhaft, daß sich dergleichen wiederholen läßt …
Der IWF fordert neue Zinserhöhungen von der EZB
Der IWF besteht trotz der niedrigen Wachstumsprognosen darauf, von den Regierungen Haushaltsanpassungen zu fordern
Der IWF spricht Klartext: »In der Eurozone sind neue Leitzinserhöhungen notwendig«, sagt Alfred Kammer, Leiter der Europaabteilung des IWF. Das Gremium, das Christine Lagarde vor einigen Jahren leitete, stellt Hausaufgaben an dasjenigen, das sie jetzt leitet. Kammer hat an diesem Freitag die Presse zusammengerufen, um seine Diagnose zu vertiefen, was die europäische Wirtschaft erwartet.
Das sind keine guten Nachrichten. (…) Angesichts der dreifachen Herausforderung, den Aufschwung zu festigen, die Preise einzudämmen und die Finanzstabilität zu sichern, macht die Wirtschaftspolitik keine Freude, sondern der IWF empfiehlt eine monetäre und fiskalische Anpassung, also Zinserhöhungen und mehr Sparprogramme, obwohl man auch die »Armutsgefährdeten« nicht vergessen soll.“
(El País, 15.4.)
Eine Quadratur des Kreises, begleitet von frommen Wünschen.
Das Blabla des Europaabteilungsleiters geht weiter, daß man auf jeden Fall die Inflation in den Griff bekommen soll, koste es, was es wolle.
Es wird als selbstverständlich vorausgesetzt, daß die Leitzinsen die Inflation reduzieren wird. Dieses Mantra wird vom „Experten“ bei der Pressekonferenz vorgebetet.
Die Frage ist jetzt, wie die EZB reagieren wird.
Sagt sie: Nein, wir warten lieber noch etwas zu, so wird das als Zeichen von Schwäche, Zögerlichkeit usw. gedeutet werden.
Erhöht sie die Zinsen, könnte die Bankenkrise wieder losgehen.
SCHWEIZ
Stürmische Zeiten für die Schweiz zwischen Bankenkrise und Ukrainekrieg
Jahrzehntelang galt die Eidgenossenschaft als Hort politischer und finanzieller Sicherheiten. Doch plötzlich werden alte Gewissheiten durch neuartige Probleme infrage gestellt
(…)
"Too big to fail"
Massiver Druck aus dem Ausland – namentlich aus den USA und aus Großbritannien – hat dazu geführt, dass die Schweiz, Hort finanzieller Sicherheit, die taumelnde Credit Suisse nicht einfach in Konkurs gehen lassen konnte. Die eidgenössische Gesetzeslage hätte das eigentlich so vorgesehen.
Stattdessen musste nach dem Motto "too big to fail" eine staatliche Rettung organisiert werden: Die Schweizer Großbank UBS, die zu den weltweit größten Vermögensverwaltern zählt, übernimmt die Credit Suisse, der Staat sichert Liquidität und Bürgschaften für mehr als 200 Milliarden Franken (rund 203 Milliarden Euro) zu.
Das auf Wirtschaftsberichterstattung spezialisierte US-Medienunternehmen Bloomberg und die britische "Financial Times" setzten die Schweizer Banker und Behörden mit immer neuen Insider-Informationen unter Zugzwang; Finanzministerin Karin Keller-Sutter wurde offensichtlich von ihren amerikanischen und britischen und Counterparts Janet Yellen und Jeremy Hunt bekniet, die CS rasch und um jeden Preis zu retten – im Interesse der internationalen Finanzstabilität.“
Die Vorstellung, die Schweiz hätte die CS einfach pleite gehen lassen können, ist relativ abwegig. Das hätte den Banksektor der Schweiz weitaus mehr beschädigt als die Übernahme.
Dennoch ist die Information, daß die USA und das UK auch irgendwie in Panik waren, wenngleich nicht überraschend, so doch erwähnenswert.
„Zugleich klein und größenwahnsinnig
Ob der riskante Deal auch im Interesse der Schweiz ist, wird sich erst weisen müssen; die Fusion könnte 30.000 Arbeitsplätze kosten und lässt einen neuen Bankgiganten entstehen – ein "Monster", wie die "Neue Zürcher Zeitung" schrieb, dessen Bilanzsumme doppelt so hoch ist wie die gesamte jährliche Schweizer Wirtschaftsleistung. Dieses Monster ist nun erst recht "very much too big to fail".
Das sieht auch das Schweizer Parlament so, das die Notfall-Milliardenkredite ablehnte. Ein folgenloser Protest: Die Regierung hatte sie bereits rechtskräftig beschlossen.
Die schiere Größe dieses Finanzgiganten im Verhältnis zu seinem doch überschaubaren Heimatstaat ist sinnbildlich: Die in ihrer Selbstwahrnehmung so kleine, bescheidene und harmlose Schweiz spielt auf vielen Gebieten eine ausgesprochen große und wichtige Rolle. Die Zürcher Investmentbanker der Credit Suisse wollten in größenwahnsinniger Manier mit der Konkurrenz von der Wall Street wetteifern – bis zum bitteren Ende.
Schweizer Neutralitätsdenken
Der Schweizer Finanzplatz spielt aber auch in Sachen Ukrainekrieg eine Rolle: Er gilt als weltweit größter Standort für die Offshore-Vermögensverwaltung. Auf Schweizer Konten sollen sich bis zu 200 Milliarden Dollar (rund 183 Milliarden Euro) an russischen Vermögenswerten befunden haben, bevor Moskau den Angriffskrieg gegen die Ukraine anzettelte.
Viele der in Genf und Zug ansässigen Rohstoffhändler wie Vitol oder Gunvor waren zu diesem Zeitpunkt weltweit führend beim Handel mit Erdöl, Erdgas, Gold und anderen Rohstoffen – natürlich auch aus Russland.
Das alles scheint sich jetzt zu rächen, die Geschäftsgrundlage bricht weg: selbstverschuldet bei der Credit Suisse, die ihr Risikomanagement nicht im Griff hatte und Milliarden abschreiben musste; aber auch aus äußerem Anlass, wie im Fall Russlands, denn auch die Schweiz musste die strengen Finanz- und Handelssanktionen der EU übernehmen.
Umgesetzt werden die Strafmaßnahmen aber nur halbherzig: Die Schweizer Behörden wissen weder, welche Rohstoffgeschäfte wie genau ablaufen, weil der Rohstoffplatz intransparent und kaum reguliert ist; noch wissen sie, welcher russische Oligarch seine Vermögenswerte in welchem Firmenkonstrukt versteckt hat: Ein Register der wirtschaftlich Berechtigten fehlt immer noch.“
Es ist auch nicht einfach „Neutralitätsdenken“, das die Schweizer Wirtschaftstreibenden und Politiker bewegt: Die Neutralität ist praktisch seit ihrer Verkündung 1815 eine wichtige Geschäftsgrundlage der Schweiz, neben dem Banksektor und dem Transitverkehr.
Wenn die jetzt beschädigt ist, so ist die Schweiz insgesamt ziemlich in Nöten:
„Neutral im Abseits
Deutlich mehr als ein Jahr nach Kriegsbeginn hat es die Schweizer Politik noch immer nicht geschafft, eine Taskforce aufzustellen, welche diesen Fragen nachgeht. »Sanktionen sind nur so stark wie der politische Wille dahinter«, analysierte der US-amerikanische Botschafter in Bern, Scott Miller, unlängst in der "Neuen Zürcher Zeitung".
Die Schweiz habe zwar 7,75 Milliarden Franken an russischen Vermögenswerten blockiert – tatsächlich aber könnte sie 50 bis 100 Milliarden Franken zusätzlich einfrieren. Und dann müsse der Weg aber auch freigemacht werden, um diese Gelder tatsächlich auch zu konfiszieren und sie für den Wiederaufbau in der Ukraine einzusetzen. Eine internationale Taskforce sucht schon längst nach Wegen, um dies möglich zu machen. Die Schweizer Regierung in Bern solle hier mitmachen, forderte der US-Botschafter explizit.
Undiplomatisch deutlich richtete auch Michael Flügger, der deutsche Botschafter in Bern, den Eidgenossen und Eidgenossinnen aus: »Wir erwarten von der Schweiz, dass sie über ihren neutralistischen Schatten springt.« Die Regierung müsse einwilligen zu indirekten Waffenlieferungen an die Ukraine und etwa Kampfpanzer nach Deutschland schicken, um die Bundeswehr zu unterstützen, die ihrerseits die Ukraine mit Leopard-Kampfpanzern ausrüstet.
Wer sich auf die Neutralität berufe und verhindere, dass der Angegriffene Waffen und Munition bekomme, der verhalte sich nicht neutral, sondern helfe dem Angreifer. »Die Russen greifen die europäische Sicherheitsordnung an, die internationale Ordnung und das humanitäre Recht. All dies ist doch auch für die Schweiz von Bedeutung«, so der deutsche Botschafter.“ (…)
(Standard, 18.4.)
Man merkt daran, wie sehr die Neutralität eines Staates nur so lange gültig ist, als sie von den ihn umgebenden Kriegsparteien respektiert wird.
Die Neutralität der Schweiz war im Kalten Krieg erwünscht ud auch vorher, inzwischen ist es ein lästiger Konkurrenzvorteil in einer sich in Kriegsphantasien und Größenwahn selbstzerfleischenden EU.
Die Redaktion des ‘Sperling’ https://dersperling.noblogs.org/files/2023/02/DerSperlingEditorial.pdf
hat neue Texte vorgelegt:
A) Die Pleite der SVB: Die Finanzkrise geht weiter
https://dersperling.noblogs.org/post/2023/03/21/die-pleite-der-svb-die-finanzkrise-geht-weiter/
B) einen Text zur Erklärung der Inflation 2021ff. Der Text ist relativ voraussetzungsreich geraten, aber die Redaktion steht gerne zur Verfügung, wenn ein Workshop zum Thema gewünscht ist, um sich bei der Lektüre ergebende Fragen zu klären. Der Text beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis, sodass man schnell einen Überblick hat, was drin steht.
https://dersperling.noblogs.org/post/2023/04/23/die-inflation-2021-ff/
C) Text des ‘Sperling’: “Das Finanzkapital”. (Thesenpapier)
https://dersperling.noblogs.org/post/2023/02/04/thesenpapier-das-finanzkapital/
——–
Erschienen sind auch zwei neue Texte von Stephan Kaufmann:
D) Wettlauf zwischen Preisen und Löhnen in Europa
Zwar geht die Inflationsrate zurück, insbesondere Lebensmittel verteuern sich aber rasant. Woran liegt das – und wann sinkt endlich der Preisdruck?
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172634.inflation-wettlauf-zwischen-preisen-und-loehnen-in-europa.html
E) Inflation: Unternehmensprofite treiben die Preise
Für die Unternehmen lohnt sich die Inflation bisher. Das ist kein Wunder, sie machen sie ja auch
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172150.teuerung-inflation-unternehmensprofite-treiben-die-preise.html
Daß die Unternehmen mit der Inflation gut fahren, habe ich woanders auch schon in einem Post dargelegt.
Daß sie allerdings die ausschließlichen Subjekte derselben wären, – „sie machen sie ja auch“ – halte ich für einen Irrtum.
Zuletzt bin ich auf diese – praktisch gemachte – Fehleinschätzung bei der Finanzpolitik Brasiliens gestoßen.
Da dachten die Währungspolitiker, man müsse nur den Unternehmen und Privatsubjekten aller Art verbieten, die Preise zu erhöhen und schon käme alles ins Lot.
Übersehen wurde dabei, daß diese ja die erhöhten Energiepreise verarbeiten müssen und deshalb nicht zum alten Preis weiterverkaufen konnten.
Genau so etwas ist heute auch der Haupt-Grund für Inflation, neben anderen Umständen, die sich aus den Sanktionen ergeben. Die werden dann von den Unternehmen ausgenützt, um noch etwas mehr draufzuschlagen.
Wenn man jedoch die Ausgangslage wegstreicht, so muß sich auch die Inflation falsch darstellen.
"Getrieben werden die Preise nicht länger von Energieprodukten, die sich gegenüber März 2022 sogar etwas verbilligt haben. Preistreiber ist mittlerweile die Güterkategorie »Lebensmittel, Alkohol und Tabak«, die sich um 15,5 Prozent verteuerte, das »war der höchste Wert seit Beginn der Währungsunion«, kommentierte die Commerzbank. Das bekommen die Haushalte schmerzlich zu spüren, schließlich sind in einem durchschnittlichen Haushaltsbudget Lebensmittel mit einem Anteil von 17 Prozent der zweitgrößte Posten nach den Ausgaben für Wohnen und Energie, die knapp ein Drittel ausmachen.
Von der Gesamtinflationsrate von 6,9 Prozent gehen daher über drei Prozentpunkte auf das Konto der Lebensmittel. Das ist zunächst erklärungsbedürftig. Als Ursache steigender Lebensmittelpreise galt lange der russische Angriff auf die Ukraine und die infolgedessen erwartete Verknappung des globalen Angebots an Weizen und anderen Agrarrohstoffen. Tatsächlich waren die Nahrungsmittelpreis-Indizes der Welternährungsorganisation FAO in den Monaten nach der Invasion stark gestiegen. Inzwischen aber sind sie regelrecht abgestürzt. Der Gesamtindex der Agrarrohstoffe verzeichnete im März seinen zwölften Rückgang in Folge. Heute liegt er 20 Prozent unter seinem Wert vom März 2022 und damit wieder auf dem Stand vom Sommer 2021 – lange vor der Invasion der Ukraine. Stark verbilligt haben sich auch Weizen und andere Getreide. Angesichts des großen Angebots auf dem Weltmarkt liegt ihr Preisindex inzwischen wieder auf dem durchschnittlichen Stand von 2021.
Dennoch kostet der Einkauf im Supermarkt immer mehr. Allianz Research erklärt dies zum einen damit, dass die Agrarrohstoffpreise zwar gesunken sind, verteuert haben sich aber die Produktionsmittel: Erdöl, Elektrizität, Verpackungsmaterialien wie Glas, Papier und Plastik sowie die Lohnkosten. Zum anderen erhöhen die Händler wieder ihre Profite. In den Monaten nach der Invasion hätten sie nur einen Teil der gestiegenen Kosten an die Kunden weitergegeben – so erhöhten in der EU die Nahrungsmittelproduzenten im vergangenen Jahr ihre Preise um 17 Prozent, die Händler aber nur um zwölf Prozent, was ihnen Einbußen bei den Gewinnen bescherte. Inzwischen steigen die Produzentenpreise nicht mehr stark und der Handel holt sich seine Profite durch Preiserhöhungen zurück. An der Börse wird das honoriert. So hat der Aktienindex der Nahrungsmittelhändler in Großbritannien gerade ein Rekordhoch erreicht." Stephan Kaufmann, s.o.)
“Wer aber im Supermarkt vor den Regalen steht, dürfte von nachlassendem Preisdruck nicht allzu viel spüren. Im Gegenteil: Der Anstieg der Nahrungsmittelpreise hatte zuletzt sogar einen Höchststand erreicht, Nahrungsmittel waren im März um 22,3 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Der Anstieg der Lebensmittelpreise liegt damit mittlerweile dreimal so hoch wie die Gesamtteuerung. Während die gesunkenen Energiepreise aktuell sogar dämpfend auf die Inflation wirken, sind die Nahrungsmittelpreise ein großer Treiber der Verbraucherpreise. (…) Derzeit sei unklar, wie sich Lebensmittelpreise bilden und wo Gewinne zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher mitgenommen werden. “Deshalb ist ein kritischer Blick der Politik und des Kartellamtes auf Handel und Lebensmittelhersteller notwendig, um zu prüfen, ob Unternehmen die Lage nutzen, um die eigenen Erträge zu verbessern”, mahnen die Verbraucherschützer.”
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/teure-lebensmittel-preise-inflation-100.html
Hmmm.
Irgendwie erscheint mir diese Erklärung der Inflation aus der Willkür der Produzenten und des Handels etwas zu billig.
Viele von den Waren, die jetzt verkauft werden, sind ja noch unter den hohen Energie- und Rohstoffpreisen erzeugt worden.
Dazu kommen noch die gestiegenen Zinsen, die den Schuldendienst verteuern.
Ich bin selber unschlüssig, was der Grund für die derzeitige Inflation ist.
Stephan Kaufmann: Die ausgefallene Krise
Trotz Energieknappheit, Inflation und Lohnverlusten: Deutschland erlebt weder Rezession noch steigende Arbeitslosigkeit oder Schuldenlast. Wie kann das sein?
(…) Inzwischen hat sich Energie wieder deutlich verbilligt, was zeigt, dass ein großer Teil des Preishochs vom Sommer 2022 der Börsenspekulation geschuldet war. Profiteure waren die Energieproduzenten und -händler, die zum Teil extreme Extraprofite einfahren konnten. Trotz des Preisrückgangs sind Gas und Strom allerdings weiterhin deutlich teurer als zuvor. (…)
Fazit: Die Unternehmen sind im Durchschnitt gut durch die drohende Krise gekommen. Die hohe Nachfrage und Lieferengpässe ermöglichten ihnen Preissteigerungen, die die Gewinnspannen ausweiteten, gleichzeitig gingen die Lohnkosten real zurück. Dies führte auch dazu, dass die Arbeitslosigkeit nicht anstieg. »Die relativ niedrigen Lohnkosten haben für sich genommen die Nachfrage nach Arbeitskräften im zuletzt schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld gestützt«, so die Gemeinschaftsdiagnose. Im vergangenen März stieg laut Statistischem Bundesamt die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland weiter an und liegt ein Prozent höher als vor einem Jahr.
Die Arbeitnehmer*innen wiederum erlitten Verluste ihrer Kaufkraft, die sie mit sinkenden Ersparnissen ausglichen – diese Entwicklung kommt allerdings inzwischen an ein Ende. Ein Teil der Kosten entfällt auf die öffentliche Hand: Die Abwendung der Krise ließ die staatlichen Defizite stark steigen, die Schulden nahmen zu. (….) Die gestiegenen Güterpreise blähte das Wachstum des nominalen Bruttoinlandsproduktes 2022 auf über sieben Prozent auf, was die Steuereinnahmen um acht Prozent steigen ließ. Auch die öffentlichen Finanzen profitierten damit von der hohen Inflation.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172828.konjunktur-die-ausgefallene-krise.html
[Der Artikel hangelt sich von Statistik zu Statistik, das macht ihn nicht unbedingt lesbarer. Also möglich, dass weitere Hauptargumente grad in den weggelassenen Teilen stecken. Im Fernsehen wurde zwischendurch mal berichtet, dass die Trockenheit der letzten Jahre plus Wassermängel bzw. steigende Wasserkosten inzwischen regional sich auch auswirken. Das betrifft nicht nur Unterschiede Nord/Süd bei Kartoffelpreisen in der BRD, sondern z.B. die Po-Ebene in Italien und die Gemüseanbaugebiete in Andalusien…. – Hm. Die Überschrift mutet ja auch etwas seltsam an. Alles mögliche hat irgendwelche Auswirkungen. Solche Meldungen, dass alles mögliche möglich sei, befriedigen das Bedürfnis nach Erklärungen in Hinsicht auf Notwendigkeiten grad nicht.]
Was mir auffällt, ist, daß die Treibstoffpreise weiter hoch sind. Und das liegt m.E. nicht an Spekulation, sondern daran, daß die Raffineriekapazitäten kaum ausreichen.
Das schlägt sich aber notwendig auf den Preis der Lebensmittel, weil ja inzwischen fast alles von weither nach weithin gekarrt werden muß.
Außerdem kommt mir das plötzlich in der Medienwelt ausgebrochene „Krise? Was für eine Krise?“ komisch vor. Es ist ja nicht nur Kaufmann, der plötzlich auf Schönwetter macht.
„EZB erhöht Leitzins um Viertelprozentpunkt, Kredite werden noch teurer
Die Notenbank setzt wegen der hohen Inflation den Leitzinssatz auf 3,75 Prozent nach oben. Damit dürfte der Zinsgipfel in der Eurozone aber noch nicht erreicht sein
Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt die geldpolitische Straffung etwas abgeschwächt fort und erhöht ihre Zinssätze jeweils um einen Viertelprozentpunkt. Die Teuerung habe zwar in den vergangenen Monaten tendenziell abgenommen, der zugrundeliegende Preisdruck sei aber nach wie vor zu stark, begründete EZB-Chefin Christine Lagarde die Erhöhung. "Der Inflationsausblick ist zu hoch für zu lange Zeit", ergänzte sie.“
Man weiß nicht ganz, ob alle wirklich blindlings den Blödsinn glauben, daß höhere Zinsen geringere Inflation bedeuten.
Dieser Ideologie hängen aber alle Ökonomen und auch Politiker an, weil sie der Selbstbespiegelung Vorschub leistet, daß es die Notenbanken in der Hand hätten, über ihre Zinspolitik die Wirtschaft zu steuern.
In der modernen säkulären Wirtschaftslehre ersetzt die EZB bzw. die Fed und ähnlich geartete Insitute die Invisible Hand bzw. den lieben Gott. Ihren Äußerungen wird Gehör geschenkt, als seien sie ein Orakel.
Die EZB muß etwas machen, alle schauen auf sie und erwarten ein Wunder.
„Nach der nunmehr siebenten Erhöhung in Folge seit dem Ende der Nullzinsphase im vergangenen Juli wird der Leitzins künftig 3,75 Prozent betragen. Der Zinssatz für Bankeinlagen bei der Notenbank steigt im selben Ausmaß auf den neuen Wert von 3,25 Prozent.“
Vielleicht fragt sich wer, warum überhaupt Bankeinlagen bei der EZB getätigt werden? Das Ansteigen von dergleichen Einlagen ist ein Zeichen von Krise: Erstens wollen die Banken das Geld nicht bei sich in der Schublade oder im Safe herumliegen lassen.
Zweitens jedoch brauchen sie Liquidität für den Fall eines plötzlichen Abzugs von Einlagen und parken dieselbe deshalb bei der EZB, von wo sie sofort abrufbar ist.
„Die Zinssätze werden Lagarde zufolge bis in einen ausreichend restriktiven Bereich angehoben, um das zweiprozentige Inflationsziel zu erreichen.“
Heilige Einfalt!
In einem fort wird gebetsmühlenmäßig hergebetet, daß man mit Zinssteigerungen „Inflationsziele“ erreichen, also die Inflation steuern könne – gegen jegliche Erfahrung.
„Hilfen rasch zurückfahren
Die EZB-Chefin mahnte unter Verweis auf die bereits erfolgten Lohnsteigerungen bei den Regierungen der Eurozone das rasche Zurückfahren ihrer Hilfszahlungen ein. Anderenfalls würde dies den Inflationsdruck weiter erhöhen,“
Auch ein Märchen. Inflation gibts, weil zu viel Geld im Umlauf ist. Dabei wurde all die Jahre bis zu Pandemie immer beklagt, daß man so viel Geld in den Umlauf leeren könne, wie sie wolle – die Inflation kam nicht in die Gänge.
„was zu einer umso stärkeren geldpolitischen Reaktion führen könnte – also zu zusätzlichen Zinserhöhungen.“
Siehe oben.
„Allerdings hatte der überraschend starke Anstieg der Verbraucherpreise im April,“
Warum überraschend?
Durch steigende Energiepreise und andere Folgen des Ukrainekrieges und der Sanktionen ist die Inflation ja losgetreten worden, und solange das weitergeht, wird sie vermutlich hoch bleiben.
„die in der Eurozone um 7 Prozent über dem Vorjahr lagen, den Handlungsdruck auf die EZB im Vorfeld weiter erhöht. Gleichzeitig ist zwar die von Notenbankern vielbeachtete Kernrate der Teuerung, in der die schwankungsfreudigen Preise für Energie und Nahrung ausgeklammert werden, leicht auf 5,6 Prozent gesunken.“
So kann man natürlich auch Inflationskosmetik machen, indem man Essen und Heizung aus den Berechnungen ausklammert.
„Dennoch hatten einige Marktteilnehmer auch mit einer Anhebung um einen halben Prozentpunkt gerechnet.“
Das war der EZB doch zu heiß, weil eine neue Bankenkrise steht in den Startlöchern, solbald die Zinsen weiter steigen.
Was übrigens auch ein wichtiger Preistreib-Faktor ist.
„Wann kommt der Gipfel?
Aber wie weit muss die EZB bei den Zinsen noch gehen, um die Inflation wieder auf den angestrebten Zielwert von zwei Prozent zu drücken?“
Da kann sie bis Timbuktu gehen, – solange die Ursachen der derzeitigen Inflation weiter bestehen, kann sich die EZB zinsentechnisch auf den Kopf stellen.
„»Die EZB wird mit Zinserhöhungen noch nicht aufhören, weil die Kerninflation noch immer sehr hoch ist«, kündigt Ökonom Hanno Lorenz von der wirtschaftsliberalen Agenda Austria an. "Ein bis zwei Schritte werden noch kommen müssen." Zumindest vier bis 4,25 Prozent dürften beim Leitzins folglich also noch erreicht werden.
Was ebenfalls für weitere Zinsanhebungen spricht: »Die Bankturbulenzen im ersten Quartal 2023 haben sich nur begrenzt auf die Kreditbedingungen ausgewirkt, wie eine Umfrage der EZB zur Kreditvergabe zeigt«, erklärt Roxane Spitznagel, Ökonomin bei der US-Investmentgesellschaft Vanguard. Die Kreditvergabe hat sich also nicht von selbst entsprechend eingetrübt, sodass die EZB die Zinszügel noch enger ziehen muss. Spitznagel erwartet daher, dass die Notenbank den Leitzins bis Jahresmitte auf einen Höchststand von 4,25 bis 4,5 Prozent hieven wird. »Mit Zinssenkungen rechnen wir dieses Jahr nicht«, ergänzt sie.“
Aha. Die Banken vergeben zu viele Kredite, deswegen gibt es Inflation.
Das Sammelsurium der schwachsinnigen Theorien zur Inflation wird in diesem Artikel recht vollständig ausgeschöpft.
Wenn dann eine Pleitewelle und Bankenkrisen anrollen, werden diese ganzen Schlaumeier sich die Haare raufen, sagen, das war nicht vorhersehbar und wie konnte es nur dazu kommen?!
„Unterschiedliche Teuerung
Erschwert für die EZB wird die geldpolitische Feinabstimmung wegen großen regionalen Unterschieden in der Inflationsentwicklung im Euroraum. Die Teuerung liegt im Baltikum bei etwa 15 %“
– auch in Polen, wie der gestrige Izvestija-Artikel berichtet. In Ungarn soll sie übrigens noch höher sein.
„in Spanien, Belgien oder Luxemburg aber unter 4 % – es gibt also Unterschiede von mehr als zehn Prozentpunkten. Litauen, Estland und Lettland waren bis zum Ukrainekrieg stark von Energielieferungen aus Russland abhängig, die durch wesentlich teurere Alternativen ersetzt werden mussten.“
Alles auch wieder Propaganda, mit der die Wirtschaftsexperten uns bombardieren.
Spanien ist derjenige Staat, der im vergangenen Jahr am meisten Gas aus Rußland gekauft hat. Es handelte sich allerdings um Flüssiggas, während Polen oder das Baltikum ihr Gas vorher weitaus günstiger über Pipelines aus Rußland bezogen hatten und jetzt wesentlich teureres norwegisches oder aber Flüssiggas aus den USA einkaufen. Man muß ja bedenken, daß das Flüssiggas nicht nur vom Einkaufspreis her teurer ist, sondern auch von der Aufbereitung bis hin zum Verbraucher.
In Spanien ist die Inflation geringer, weil die spanische Regierung den Energiefirmen Geld hinüberschiebt, damit sie die gesteigerten Preise nicht an die Wirtschaft weitergeben. Das ist der „iberische Sonderweg“, der auch dadurch möglich ist, daß die dortigen Energiefirmen – Iberdrola, Repsol, Galp – nationales Kapital sind und daher einfach mit den Stützungszahlungen subventioniert werden.
Es findet also kein Abfluß von Staatsknete ins Ausland statt. Eine Art Wirtschaftsförderung, mit denen sie auch als Energie-Exporteure auf- und ausgebaut werden sollen.
„»Das ist natürlich nicht ganz einfach für die EZB«, sagt Agenda-Austria-Experte Lorenz. Die unterschiedlichen Inflationsraten würden aber nicht gegen weiter steigende Zinssätze sprechen, da die Teuerung allerorts noch über dem zweiprozentigen Zielwert der EZB liege.
Dazu kommt, dass Länder wie Spanien, die auf Preisdeckel gesetzt haben, nach dem Abbau dieser Markteingriffe mit künftig steigenden Inflationsraten rechnen müssten.“
Oder auch nicht. Kommt ganz drauf an, wie sich das internationale Umfeld entwickelt.
Oder aber, Spanien und Portugal machen weiter „Markteingriffe“.
Jetzt ist die Katze aus dem Sack, warum die EZB was machen mußte:
„Zehnte Erhöhung der Fed
Die US-Notenbank Fed hat am Mittwochabend zum zehnten Mal in Folge den Leitzins angehoben, nämlich um 0,25 Prozentpunkte auf die Spanne von fünf bis 5,25 Prozent. Gleichzeitig signalisierte sie die Möglichkeit einer Pause bei den Zinserhöhungen, da die Inflation im März um einen ganzen Prozentpunkt auf fünf Prozent gesunken ist. „In den USA dürfte der Leitzinsgipfel erreicht sein«, sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.“
Aber sie sind immer noch höher als in der EU, also ist der Dollar – auch deshalb – attraktiver als der Euro.
„So weit ist die EZB freilich noch nicht. Für ihre nächste Sitzung am 15. Juni stehen die Zeichen auf weiter steigende Zinsen. Das bedeutet aber auch, dass variable sowie neu zu vergebende Kredite noch teurer werden. Bereits bisher ist der für variable Kredite meist maßgebliche Referenzzinssatz, der Sechsmonats-Euribor, binnen eines Jahres von minus 0,2 Prozent auf mehr als 3,6 Prozent hochgeschnellt, Tendenz weiter steigend.“
Na, warten wir ab, was bis Juni los ist.
Der Immobiliensektor ist jetzt schon in Aufruhr, hüben und drüben des Großen Teichs, wegen der Zinssteigerungen.
(Standard, 4.5.)
In den USA wackeln die Regionalbanken
Pac West sucht mit Investoren nach Optionen – Regionalbanken-Index rutscht ab – Kredite für Gewerbeimmobilien und hohe Zinsen belasten die Branche (…)
Kredite und Anleihen
Die Regionalbanken haben gleich zwei Probleme: Sie sitzen auf enormen Volumina von Gewerbeimmobilienkrediten. Laut Bank of America halten US-Regionalbanken fast 70 Prozent dieser Kredite in ihren Büchern. Neben Büroimmobilien zählen Kredite für Einzelhändler, Shoppingcenter und Wohngebäude dazu. Heuer werden Kredite für Gewerbeimmos von rund 450 Milliarden Dollar fällig. Diese müssen im aktuellen Zinsumfeld mit einem Leitzins, der plötzlich zwischen fünf und 5,25 Prozent liegt, refinanziert werden. Zudem ist die Leerstandsquote bei Gewerbeimmos derzeit so hoch wie zuletzt in den 1980er-Jahren.
Zweites Problem der Banken sind deren hohe Bestände von Staats- und Hypothekenanleihen, deren Kurse aufgrund der Zinsanstiege gefallen sind. Für die Banken werden die Papiere damit weniger wert. (…)
(Standard, 4.5.)
Warum eigentlich nur die Regionalbanken?
Welche Kredite haben denn die Großbanken in ihren Portfolios, die solider wären?
Stephan Kaufmann: Die USA kämpfen mit der Schuldenobergrenze – Sturm oder laues Lüftchen….
Was geschehen würde, wenn die USA ihre Schulden nicht mehr bedienen können, ist völlig offen. Die Finanzmärkte zeigen sich noch optimistisch – doch ein Zahlungsausfall könnte sie in arge Bedrängnis bringen.
Die Zeitbombe tickt – und niemand weiß, was geschieht, wenn die Zeit um ist. In den USA läuft der Streit zwischen Regierung und Opposition um die Anhebung der gesetzlichen Obergrenze für Staatsschulden. Ein Krisentreffen zwischen Präsident Joe Biden und Oppositionsführer Kevin McCarthy am Dienstag blieb ergebnislos. An den Finanzmärkten wird ein Zahlungsausfall der USA auf ihre Schulden als Horrorszenario gehandelt. Ob in diesem Fall allerdings die Welt in eine Krise stürzt oder gar nichts geschieht, ist nicht ausgemacht. Denn was wäre das für eine merkwürdige Pleite, die nicht von den Gläubigern herbeigeführt wird, sondern vom Schuldner selbst? (…). (Forts.):
https://www.fr.de/wirtschaft/sturm-oder-laues-lueftchen-92268946.html
Der Artikel schließt übrigens mit diesen Worten: “Das unabhängige Congressional Budget Office prognostiziert: Setzt sich der bisherige Trend fort, verdoppelt sich die Schuldenquote der USA von aktuell 117 Prozent der Wirtschaftsleistung bis Mitte des Jahrhunderts auf 250 Prozent. Weitere Streits über die Schuldenobergrenze sind damit programmiert.” (s.o.)
[…. – F a l l s – die US-amerikanische Staatsgewalt sich einigen wird, wie zu erwarten ist…. Wie die weltweiten Finanzmärkte sich langfristig dann dazu stellen, das ist mit einem staatlichen US-Beschluss aber noch nicht ausgemacht. Stabilität der (Gewalt)Herrschaft der USA – die definiert sich selber ja auch militärisch und – eine Stufe niedriger – global ordnend und ‘regelsetzerisch’: Und all das kostet ja gehörige Massen von Dollars, an denen sich auf verschiedensten Ebenen weltweit wiederum prächtig verdienen lässt, was wiederum dann auch wieder viel erforderlich Gewalt bedeutet, – an der sich ….]
—–
Lesetipp: https://de.gegenstandpunkt.com/kapitel/imperialismus-1/emanzipation-politischen-gewalt-vom-geschaeft-sie-sichert-militaer
Soweit ich die Kontroverse bis jetzt mitbekommen habe, gibt es in ihr auch ein Hin- und Her zwischen den beiden Flügeln der Republikaner. Der Trump-Flügel würde die Neuverschuldung gerne platzen lassen, komme was da wolle.
Der McCarthy-Flügel möchte sich die Zustimmung teuer abkaufen lassen, um sich gegenüber der Trump-Partie als "vernünftige" Alternative zu präsentieren, bereits mit Blick auf die Wahlen.
Die Sache bleibt spannend.
Der GRUND für die vielen Ausgaben, also die einzelnen Budgetposten, kommen kaum vor in der Debatte, soweit ich das mitkriege.
Stephan Kaufmann: Risse im Fundament….
Die globalen Schulden wachsen – und angesichts steigender Zinsen auch die Risiken. Das trifft vor allem ärmere Länder und kleinere Unternehmen.
Der erbitterte Streit über die Schuldenobergrenze zwischen Regierung und Opposition hat die USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Europa debattiert über eine Reform seiner Verschuldungsregeln und die Bundesregierung über ihre Haushaltsdefizite. Der Bedarf an neuen Krediten ist offensichtlich weltweit groß. Industriepolitik, Aufrüstung und Klimaschutz kosten zusätzliches Geld. Wachsende Schulden per se sind zwar keine Gefahr. Gleichzeitig zeigten sich im globalen Schuldengebäude aber zunehmend „Risse im Fundament“, warnt das internationale Bankeninstitut IIF. Angesichts steigender Zinsen geraten arme Länder wie auch kleine Unternehmen in Bedrängnis. (….) (Forts.):
https://www.fr.de/wirtschaft/risse-im-fundament-92309177.html
Die letzten Zusammenbrüche von US-Regionalbanken würden unterstreichen, "(…) 'wie wichtig es ist, das öffentliche Vertrauen zu stärken, um die Finanzstabilität zu erhalten“, mahnt das Bankeninstitut. Die Episode zeigt allerdings auch, was für ein flüchtiges Gut das Investorenvertrauen ist.” – so der letzte Absatz in Kaufmanns Artikel.
Wobei das mit dem Vertrauen-Stiften so und so eine wacklige Kiste bleibt. Die Politik soll das Finanzkapital mit Vertrauen ausstatten – nämlich Vertrauen in die selbst favrizierten Produkte des Finanzkapitals selber. Garantiemacht soll das Vertrauen der Politik sein. Und das ist es nicht (nur), indem auf G7-Gipfeln Zusammenarbeit mit der ganzen Welt und weltweites Vertrauen darin hinausposaunt wird. Sondern indem die kapitalistische weltweite “Stabilität” in der Gewalt der Waffen und in der Kriegführungskompetenz der USA ihre Grundlage behält. Also war schnell klar, dass der Kompromiss in den USA zwischen Demokraten und Republikanern um die Schuldenobergrenze der US-Regierung zumindestens Budget-Kürzungen bei Krieg und Militär von vornherein ausgeschlossen hat. US-Militär nur schafft Vertrauen in das Finanzkapital und seine Produkte.
Daß beim Militär in Kriegszeiten – und im Falle der USA auch in Friedenszeiten nicht gespart werden darf, ist klar und eigentlich fast keiner Erwähnung wert. Eine Platitüde sozusagen.
Eine andere Sache ist allerdings, wenn dieses ganze Arsenal nicht die Performance darbietet, die erwartet wird. Und das könnte sich auch auf das Vertrauen schlagen.
EZB erhöht Zinsen neuerlich: Zu viel für 200.000 verschuldete Haushalte in Österreich?
Die Notenbank schraubt den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt auf vier Prozent nach oben. Immer mehr Menschen befürchten, ihre variablen Kredite bald nicht mehr bedienen zu können
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag die Zinsen um einen Viertelprozentpunkt erhöht. Der Leitzins beträgt somit künftig vier Prozent, für Einlagen bei der Notenbank werden Finanzinstitute dann 3,5 Prozent Verzinsung erhalten. Das ist bereits die achte Zinserhöhung in Folge, seit die EZB vergangenen Juli nach sechs Jahren die Nullzinsphase in der Eurozone beendet hat. Damit versuchen die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde, die aus dem Ruder gelaufene Inflation wieder zu bändigen.
Die bisherigen Zinserhöhungen entfalten Lagarde zufolge nach und nach ihre bremsende Wirkung auf die Wirtschaft. "Die Kreditkosten sind bereits steil angestiegen", sagte Lagarde im Anschluss an die Zinserhöhung. Die EZB werde den Leitzins auf ein ausreichend restriktives Niveau bringen, um eine möglichst zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen zweiprozentigen Zielwert zu erreichen. Dieses Niveau wird der Notenbankchefin zufolge so lange aufrechterhalten wie erforderlich.
(…)
(Standard, 16.6.)
Wie ein Mantra wird hergebetet, daß die Zinserhöhungen die Inflation bremsen werden und bereits Daten das bestätigen.
In der gleichen Zeitung:
Inflation sinkt im Mai auf 9,0 Prozent und wird weiter abflauen
Der Preisauftrieb lässt zwar nach, wird aber länger auf deutlich erhöhtem Niveau bleiben. Bis Jahresende dürfte die Teuerung auf fünf Prozent oder sogar darunter sinken
(…)
(Standard, 16.6.)
Dazu muß man bemerken, daß die Inflation für April mit 8,9% angegeben wurde, also „gesunken“ ist da gar nichts.
Die Zinserhöhungen sind aufgrund der Kreditfinanzierung nicht nur der privaten Hypotheken, sondern auch der kommerziellen Immobilien ein Inflations-Anheizer.
Oder auch nicht. Sie könnten zu einem merklichen Rückgang des Immobilientransaktionsvolumens führen und zu Preissenkungen, weil die Preise, die aktuell aufgerufen werden, eben kaum noch kreditfinaniert werden können, je mehr die Zinsen für solche Projekte steigen. Denn sowas kauft ja niemand mit eigenem Geld, was er schon hat, sondern fast ausschließlich mit Krediten. Private genauso wie Firmen.
Also mit einem Wort, die Spekulation soll zurückgehen.
Andererseits kann sie auch angeheizt werden, weil immer noch nach Sphären gesucht wird, wo Gewinne oberhalb der Inflationsrate liegen, und da bietet sich eben der Immobiliensektor an.
Aber abgesehen davon, die Inflation ist von Energieimport und Krieg angetrieben, die Immobilienspekulation trägt da wenig bei.
Das Zinsenkarussell dreht sich weiter:
EZB erhöht Leitzins auf 4 Prozent: Gründe und Folgen
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 15. Juni 2023 die Leitzinsen erneut erhöht, um 0,25 Prozentpunkte.
Der Hauptrefinanzierungssatz (oberster Kreditzins) liegt damit künftig bei 4 %.
Der Einlagenzins, der die Sparzinsen für Verbraucher maßgeblich bestimmt, bei 3,5 %. (…)
Das erste Mal hatte die EZB am 21. Juli 2022 die Leitzinsen angehoben und markierte damit die Zinswende. Und es folgten mehrere Zinsschritte. Grund war die Rekordinflation von 10,4 Prozent im Oktober 2022, die mit 10 Prozent im November weiterhin auf hohem Niveau verharrte. In den folgenden Monaten sank die Inflation, allerdings spielten die staatlichen Entlastungen bei Gas und Fernwärme eine Rolle.
Im April 2023 lag die Inflationsrate bei noch 7,2 Prozent. Grund zum Aufatmen ist dies aber noch nicht. Denn die Notenbank muss vor allem die Inflationserwartungen der Wirtschaftsteilnehmer und die sog. Kerninflation senken. Es geht dabei auch um die Glaubhaftigkeit der EZB. Und hier gibt es noch etwas zu tun. Lies dazu mehr im Kapitel weiter unten im Text: „Wie sieht die aktuelle Zinsprognose aus“.
Was hinter der Leitzinserhöhung steckt
Die Theorie besagt: Solange (Leit-)Zinsen (wie in den vergangenen Jahren) niedrig sind, animiert dies uns Menschen, Geld auszugeben. Mit dem Konsum steigt die Nachfrage nach Gütern und damit steigen die Preise.
Das kann das zu einer Inflation führen, zur sog. nachfrageinduzierte Inflation. Normalerweise erhöht die Notenbank dann die (Leit-)Zinsen, Sparen wird wieder attraktiver, die Leute konsumieren weniger und die Preise gehen zurück.
Im Moment steigen die Preise jedoch, weil Energie und andere Wirtschaftsgüter knapp sind. Man sagt, die Inflation ist angebotsinduziert. In dem Fall funktioniert der oben beschriebene Mechanismus nicht.“
Immerhin ein Einblick.
„Die Notenbanken der Welt heben die Zinsen aktuell trotzdem an, weil sie verhindern wollen, dass Wirtschaftsteilnehmer die hohen Inflationsraten als neue Normalität ansehen und sie einpreisen, also fest mit einkalkulieren.“
Es ist unklar, wie dieses Vorgehen durch Zinserhöhungen verhindert werden soll?
„Die Notenbanken müssen reagieren, um Glaubwürdigkeit zu bewahren, für stabile Preise sorgen zu können, mit denen Wirtschaft und Verbraucher planen können. Mittelfristig kann diese Strategie aufgehen.“
„Kann“. Die Autorin ist vorsichtig.
„Welche kurzfristigen Folgen die Leitzinserhöhung hat
Kurzfristig animieren höheren (Leit-)Zinsen allerdings zum Sparen. Bzw. wir Menschen geben das Geld, das wir haben, für die teure Energie aus, und können kaum noch etwas anderes konsumieren. Obwohl wir also de facto auf Konsum verzichten, sinkt die Inflation trotzdem erstmal nicht. Knappe Güter bleiben knapp (und teuer).
Folgen für die Wirtschaft:
Schleppender Konsum und ggf. Produktionsausfälle können die Wirtschaft vorübergehend in eine Rezession führen. Eine Rezession gibt es dann, wenn die Wirtschaft eines Landes zwei Quartalen hintereinander schrumpft. Dann gehen ggf. Jobs verloren, Steuereinnahmen brechen ein etc.“
Vorübergehend.
Wir sind inzwischen bereits in einer Rezession, aber die Autorin versichert, sie sei „vorübergehend“. Weil „mittelfristig … kann“ – es ist beachtlich, mit was für gedanklichem Müll der Leser zugeschüttet wird.
(Forbes, 15.6.)
Nachdem die EZB mit den Zinsen hinaufgegangen ist, um ihre „Glaubwürdigkeit“ auf den internationalen Finanzmärkten zu bewahren und einen Vertrauensverlust gegenüber dem Euro zu verhindern, sind im UK auch entsprechende Schritte notwendig:
„Bank of England hebt Leitzins kräftig an
Die britische Notenbank setzt ihren Kampf gegen die hohe Inflation mit einer deutlichen Zinsanhebung fort. Der Leitzins steigt in Großbritannien deutlich um 0,5 Prozentpunkte auf insgesamt 5 Prozent.
Die Bank of England treibt den Leitzins im Kampf gegen die Inflation in immer luftigere Höhen.“
5% – eine luftige Höhe …
„Er steigt um einen halben Punkt auf 5,0 Prozent, wie die Notenbank nach ihrer Sitzung in London mitteilte. Analysten hatten eine Straffung erwartet, allerdings überwiegend mit einem kleineren Schritt von 0,25 Punkte gerechnet. Es ist bereits die dreizehnte Zinserhöhung seit Ende 2021.
In Großbritannien kämpfen die Währungshütern derzeit mit einer überraschend hartnäckig hohen Inflation.“
Überraschend ist da gar nichts an der „Hartnäckigkeit“ dieser Inflation. Wie im obigen Forbes-Artikel erwähnt, ist sie „angebotsindiziert“ und dadurch kann das alles mit den Leitzinsen nicht im erwarteten Sinn funktionieren.
„Wie schon im April stiegen die Verbraucherpreise auch im Mai um 8,7 Prozent – dies ist der höchste Wert unter den westlichen Industrienationen.
Kerninflationsrate steigt an
Die Steigerung kam auch für Expertinnen und Experten überraschend, hatten Bankökonomen doch im Vorfeld mit einem Rückgang der Inflationsrate auf 8,4 Prozent gerechnet.“
Was heißt „auch“? Gerade für diese „Experten“ ist es überraschend, wenn die Inflation steigt, obwohl sie sie nach unten wunschprognostiziert hatten.
„Entgegen der Prognosen für den Euroraum gehen Experten darum nicht davon aus, dass der Höhepunkt der Inflation in Großbritannien schon überschritten ist.“ (…)
Hier soll über die Hintertür das Sinken der Inflation in Europa als gesicherte Erkenntnis vorgestellt werden. Obwohl das Wahrscheinliche ist, daß sie auf hohem Niveau bleibt, weil sich ja die Ursache – hohe Energiepreise – nicht verflüchtigt hat.
„Entsprechend rechneten Experten bereits nach der Veröffentlichung der Inflationsdaten mit deutlich steigenden Zinsen (…)“
(Tagesschau, 22.6.)
Die Pfund-Zinsen liegen nur mehr knapp unter den US-Zinsen, mit 5,25%, die Eurozone bei 4%.
Da die Attraktivität des Pfundes weit unter der des Dollars liegt, so ist zu erwarten, daß es sie auch schon einmal überholen wird müssen, um das internationale Finanzkapital in die City zu ziehen.
Da in der Londoner City eine der größten Rohstoffbörsen der Welt beheimatet ist, ist es durchaus möglich, daß diese Zinserhöhungen sich in den Rohstoffpreisen niederschlagen.
„Nationalbank rechnet heuer mit 2,5 bis 3,3 Milliarden Euro Verlust
Das Problem: Die OeNB kaufte viele niedrig bis gar nicht verzinste Staatsanleihen, um eine Rezession zu verhindern. Bis 2030 wird keine Dividende ausgeschüttet
Die Österreichische Nationalbank (OeNB) geht aus heutiger Sicht für das laufende Jahr von einem Verlust zwischen 2,5 und 3,3 Milliarden Euro aus, berichtete der "Kurier" in der Samstag-Ausgabe. Auch in den nächsten Jahren werden Verluste anfallen, wenn auch nicht mehr in diesem Ausmaß, so Notenbank-Direktor Thomas Steiner im Interview. Bis 2030 werde die OeNB keine Dividende ausschütten, so Steiner weiter. In früheren Jahren schüttete die OeNB zwischen 100 und 200 Millionen Euro aus.
Die OeNB stünde vor dem gleichen Problem wie andere Notenbanken: Sie kauften riesige Bestände an extrem niedrig bis gar nicht verzinsten Staatsanleihen auf, um eine Rezession zu verhindern. Während Wirtschaft und Staatsbudgets davon profitierten, zählen die Notenbanken zu den Verlierern.
"Bei unseren Anleihen handelt es sich um langfristige Papiere, die derzeit eine Verzinsung von 0,3 Prozent aufweisen", so Steiner. Allerdings seien die Zinsen schnell gestiegen. Geschäftsbanken erhalten für Einlagen bei der OeNB 3,5 Prozent.“
Nur um zu verstehen, was da geschieht: Die normalen Banken verkaufen ihre im letzten Jahrzehnt angefallenen niedrigverzinslichen Anleihen massenhaft an die NB.
Da wir wissen, daß diese Anleihen sich über das Prinzip der Kapitalisierung durch die gestiegenen Zinsen massiv entwerten, versuchen die Banken diese Anleihen so schnell wie möglich abzustoßen.
Es ist wahrscheinlich, daß die NB – und auch andere Nationalbanken – ihnen einen höheren Preis als den auf den Bondmärkten üblichen zahlen, um einen Crash dieser Banken zu vermeiden, da sich durch die Zinserhöhungen ihre Bankschätze sehr schnell entwerten. Die Nationalbanken subventionieren also – wieder einmal – ihren nationalen Banksektor, um einen Zusammenbruch des Finanzsystems zu vermeiden.
„Ausgleich von Minus im Vorjahr
«Mit diesen höheren Zinsen wird Liquidität aus dem Markt genommen und die Inflation bekämpft«, zitierte der Kurier den Notenbank-Direktor. Alle Notenbanken »erzielten 2022 Verluste und werden dies auch in den Folgejahren«.“
Der Grund für diese Käufe wird hier ganz offensichtlich in Marktpflege umgelogen. Es wird ja nicht „Liquidität vom Markt genommen“, sondern genaugenommen welche geschaffen.
Mit der Inflation hat dieses seltsame Geschäft überhaupt nichts zu tun. Aber die „Inflation“ hat sich inzwischen als das passende Erklärungsschema etabliert, mit dem die Krisenfeuerwehr alle ihre Schritte rechtfertigt, um nicht in Erklärungsnotstand zu geraten, warum wieder einmal dem Finanzsektor enorme Summen hinübergeschoben werden müssen. Das würde nämlich der Kreditwürdigkeit des Euro und der jeweiligen Nationalkredite nicht gut tun.
Dann muß man nur noch so tun, als fiele die Inflation vom Himmel, und aller Bezug zu Marktwirtschaft und Krieg ist getilgt.
„Bei den Veranlagungen laufe es heuer besser: Im ersten Halbjahr erzielte die OeNB bei den Anleihen ein Minus von 0,1 Prozent ein, wies jedoch bei den Aktien ein Plus von 11,4 Prozent aus.“
Während der Anleihenmarkt in den Miesen ist, was sich bei weiteren Zinserhöhungen noch verstärken dürfte, gibt es bei Aktien noch die Möglichkeit, die Gewinne zu erzielen. Der Aktienmarkt wird wiederum von den Geschäftsbanken befeuert, die den Unternehmen großzügig Kredite geben, damit diese in Hochglanzbroschüren Gewinne ausweisen und Dividendenausschüttungen vornehmen können, was die Aktienkurse nach oben treibt.
„Insgesamt erzielte die OeNB im Halbjahr einen Veranlagungsgewinn von 400 Millionen Euro. Allerdings werde dies nicht ausreichen, um das Minus aus der Geldpolitik auszugleichen. Da die Rücklagen verwendet wurden, um das Minus von 1,9 Milliarden Euro im Vorjahr auszugleichen, werde heuer der Verlust auf die Bilanz voll durchschlagen.“
Man stellt sich also auf ein Defizit bei der Nationalbank ein. Ein weiterer Ort, wo sich die Verschuldung der Eurozone bei ihren eigenen Ökonomien niederschlägt.
„Allerdings habe sich der Bund durch die expansive Geldpolitik der EZB in den Jahren 2012 bis 2022 bei den Zinsen rund 35 Milliarden Euro erspart.“
Der „Bund“ ist der österreichische Staat, der letztlich für die Verluste der NB haftet, – also im Grunde die gesamt Bevölkerung Österreichs.
Die hier erwähnte „Ersparnis“ kommt so zustande, daß man die heute gültigen Zinsen von 4% als Norm rechnet und frohlockt, daß das letzte Jahrzehnt fast Nullzinsen herrschten. Damit schaut die Verschuldung, die ja enorm gewachsen ist, irgendwie gut aus …
Die von der NB aufgekauften Anleihen des Bundes müssen übrigens bei Fälligwerdung zu ihrem Nominalwert ausgezahlt werden, also da fallen weitere Schulden an. Die werden vielleicht in einer anderen Kassa verbucht und sind dann Schulden des „Bundes“ und nicht der NB, aber das interessiert nur den Rechnungshof und ähnliche Körperschaften.
„Prüfung des Rechnungshofes
Die OeNB hat im Oktober 2021 die Veranlagungsstrategie geändert – und sich damit den Vorwurf der SPÖ eingehandelt, mit Aktien Steuergelder zu verspekulieren.“
Natürlich. Sie kauft jetzt mehr Aktien, weil die noch etwas bringen, während Anleihen nur Verluste einfahren.
Wenn aber Aktien krachen, kann sich das schnell ändern.
„Die SPÖ forderte eine Prüfung durch den Rechnungshof. Ende August sei mit den Prüfern des Rechnungshofes zu rechnen, der Bericht sollte Anfang nächsten Jahres vorliegen. »Wir haben mit der Sachlichkeit des Rechnungshofes immer gute Erfahrung gemacht«, sagte Steiner. Der Zeithorizont bei den Veranlagungen wurde auf fünf bis zehn Jahre verlängert, zudem setze die OeNB auf mehrere Veranlagungsklassen.“
Also ist Bilanzkosmetik angesagt und man hofft, daß die Prüfung in schweren Zeiten nicht allzu streng ausfallen wird.
(Standard, 1.7.)
„Eine Gefahr für das Wachstum in der Eurozone
EZB: Portugals Finanzminister warnt vor weiteren Zinserhöhungen
Die Eurozone hat ein Problem – es verdichten sich immer mehr die Anzeichen einer Rezession. Sowohl Deutschland, die größte Volkswirtschaft im Euroraum, als auch die Eurozone sind bereits im ersten Quartal in eine technische Rezession gerutscht.“
Eine seltsame Ausdrucksweise. Die Rezession ist da – surprise, surprise! – aber sie ist nur „technisch“, – zum Unterschied offenbar von „wirklich“.
„Die Wirtschaftsleistung war zu Jahresbeginn überraschend gesunken.“
Überrascht hat das offenbar nur die „Experten“, die gerne Schönwetter vorhersagen. Dafür werden sie nämlich bezahlt.
„Im ersten Quartal gab das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zum Vorquartal um 0,1 Prozent nach, nachdem die Euro-Wirtschaft schon zuvor im vierten Quartal 2022 geschrumpft war. Einer der Gründe für den Wirtschaftsabschwung ist die restriktive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Der portugiesische Finanzminister, Fernando Medina, warnt nun davor, dass weitere Zinserhöhungen durch die EZB, die Gefahren für die Wirtschaft der Eurozone noch vergrößern.
Risiken der EZB-Zinspolitik
Fernando Medina verwies in einem Interview darauf, dass die Inflation nach einer beispiellosen Straffung der Geldpolitik durch die EZB bereits rückläufig sei,“
– das ist jetzt die Sprachregelung dafür, daß die Preise hoch bleiben, aber nicht mehr so stark steigen –
„so berichtet Bloomberg. Die Auswirkungen der bisherigen Zinserhöhungen sind bereits zu spüren, aber wurden noch nicht vollständig von den Haushalten und Unternehmen absorbiert.“
Oh doch. Alle jammern über den Kaufkraftverlust.
„Weitere Leitzinserhöhungen bergen die Gefahr, die Konjunktur zu stark auszubremsen und so eine Wirtschaftsflaute zu begünstigen.
»Die Risiken, dass weitere Zinserhöhungen zu einer schwierigeren Situation für das Wachstum auf europäischer Ebene führen könnten, sind jetzt größer und sollten sehr sorgfältig geprüft werden«, sagte Medina diese Woche in Lissabon.“
Was will man da groß „prüfen“? Die Zinsen verteuern heißt, alles, was kreditfinanziert ist, zu verteuern. Das liegt auf der Hand, ganz ohne Prüfung.
Da der Konsum bei den Endverbrauchern auch immer mehr kreditfinanziert ist, wird der auch weiter zurückgehen.
„Die Warnungen vor den Folgen einer weiteren Verschärfung der Geldpolitik werden immer lauter, da sich die EZB dem Ende einer Kampagne nähert, die vor einem Jahr begann und ihren Einlagensatz von unter Null auf 3,5 % gebracht hat.
Der portugiesische Premierminister Antonio Costa sagte letzten Monat, dass die Währungshüter der EZB in Frankfurt die Art der Inflation, mit der die Eurozone konfrontiert ist, nicht richtig verstanden haben.“
Das ist verharmlosend ausgedrückt. Daß die Konfrontation mit Rußland der Auslöser der derzeitigen Inflation ist, wollen die Währungshüter ja gerade nicht wissen.
„Währenddessen sagte seine italienische Amtskollegin Giorgia Meloni, dass »eine ständige Erhöhung der Zinssätze« zu einem »Heilmittel werden könnte, das mehr schadet als nützt«.“
Das Problem ist, daß die Zinsen von den USA diktiert werden, gegen die der Euro immer mehr ins Hintertreffen gerät. Das „Heilmittel“-Geschwätz ist für das p.t. Publikum gedacht.
„Eurozone: Strukturwandel in Portugal
Zwischen Oktober und März schrumpfte die Produktion in der 20-Nationen-Gemeinschaft, nachdem die Preise in die Höhe geschossen waren und die geldpolitischen Entscheidungsträger aggressiv auf deren Eindämmung hinarbeiteten.
In Portugal, wo die Inflation von ihrem Rekordwert Ende letzten Jahres auf 4,7 % zurückgegangen ist, werden die Verbraucher durch die ständig steigenden variablen Zinssätze für Hypotheken und Kredite unter Druck gesetzt.“
Das klingt ja so, als wären dort die gestiegenen Lebensmittelpreise kein Problem?
„Trotzdem übertrifft die portugiesische Wirtschaft nach der Pandemie einen Großteil Europas, und die Beschäftigung bleibt sehr stark, so Medina. Die diesjährige Wachstumsprognose von 1,8 %, die im April veröffentlicht wurde, könnte übertroffen werden, sagte er. Die portugiesische Zentralbank sagt für 2023 ein Wachstum von 2,7 % voraus, das vom Tourismus getragen wird.
Das könnte dem Murren einiger Leute über niedrige Löhne und dem Umstand, dass Portugal von osteuropäischen EU-Mitgliedern wie der Tschechischen Republik und Slowenien in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf überholt wird, entgegenwirken.
»Wir nähern uns an, wir verbessern unsere Position innerhalb der Eurozone«, sagte Medina. »Wir stehen vor einem Strukturwandel in der portugiesischen Wirtschaft, der in die richtige Richtung geht.«“
Seltsam. Der Tourismus war ja auch bisher eine der wichtigsten Einnahmequellen Portugals. Was ändert sich jetzt?
Gehen am Ende andere Wirtschaftszweige endgültig den Bach hinunter?
Schuldenlast verringern
Zu diesem Wandel gehört auch die Senkung der derzeit dritthöchsten Schuldenquote des Euroraums nach Griechenland und Italien. Die hohe Schuldenquote ist ein Problem, dass durch weitere Zinserhöhungen der EZB verschärft wird.
In diesem Jahr wird der Wert unter 107 % liegen und damit das im April gesetzte Ziel von 107,5 % übertreffen, so Medina.“
Während der „lockeren Geldpolitik“ der EZB konnte Portugal Negativzinsen auf seine Anleihen verlangen und die Schuldenlast verringern. Das hat sich jetzt aufgehört und deshalb kommt Portugal wieder ins Gerede.
„»Wir werden Ende 2023 höchstwahrscheinlich eine Schuldenlast im Verhältnis zum BIP haben, die niedriger ist als die Spaniens, Frankreichs und wahrscheinlich Belgiens«, sagte er.“
Wie denn, bitte?!
„Die Rendite 10-jähriger portugiesischer Anleihen lag am Mittwoch bei 3,4 %, gegenüber 3,1 % vor sechs Monaten, aber immer noch unter dem Satz für Italien oder Spanien. Sie erreichte 2012 auf dem Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise einen Höchststand von 18 %.“
(FMW/Bloomberg, 12.7.)
„Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte
US-Notenbank hebt Leitzins auf höchstes Niveau seit 2001
Die US-Notenbank Federal Reserve greift im Kampf gegen die Inflation zu einer weiteren Zinserhöhung. Wie erwartet hob sie den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte an. Es war die elfte Erhöhung in Folge.
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) treibt den Leitzins nach einer Pause nochmals in die Höhe. Sie hob ihn am Abend um einen viertel Prozentpunkt an – auf die neue Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Befragte Experten hatten unisono damit gerechnet. Nur eine Minderheit von ihnen erwartet jedoch, dass die Fed im September noch nachlegt.
Die US-Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell hatten im Juni die Füße still gehalten. Zugleich signalisierten sie damals, dass sie zur Bekämpfung der hohen Inflation noch bis zu zwei Anhebungen für dieses Jahr ins Auge fassen würden. Sinkende Energiepreise sorgten zuletzt allerdings dafür, dass die Teuerungsrate in den USA im Juni um einen vollen Punkt auf 3,0 Prozent zurückging – der niedrigste Wert seit mehr als zwei Jahren.
2,0-Prozent-Marke in Sicht
Deshalb erwarten die meisten Experten nicht, dass die Fed einen weiteren Schritt gehen wird. Allerdings dürfte sie auf Sicht fahren. Die Zentralbank strebt eine Teuerungsrate von 2,0 Prozent an, die nun allmählich in Sichtweite kommt. Zuletzt war die Inflationsrate in den USA auf 3,0 Prozent gesunken. Die von der Fed besonders beobachtete Kerninflation, ohne die volatilen Lebensmittel- und Energiepreise, liegt mit 4,7 Prozent allerdings derzeit noch deutlich darüber.
"Für die nächste Sitzung im September hält sich die Fed alle Optionen offen, wobei unseres Erachtens der jüngste unerwartet deutliche Inflationsrückgang für eine erneute Zinspause spricht", kommentiert Analyst Elmar Völker von LBBW Research. "Im Grundsatz fahren die Notenbanker jetzt auf Sicht: Wir gehen derzeit davon aus, dass der heutige elfte Zinsschritt seit März 2022 der letzte gewesen ist. Dies deshalb, da die US-Wirtschaft bis zum Herbst so deutlich zur Schwäche neigen sollte, dass Letzteres die Inflationsgefahren aus Sicht der Fed aufwiegt", so der Experte weiter.
KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib verweist darauf, dass der Preisdruck zuletzt auf breiter Front nachgelassen habe. Falls sich diese gute Entwicklung bis zur Fed-Sitzung im September fortsetze, werde die US-Notenbank voraussichtlich von weiteren Zinsschritten absehen: "Die letzten Datenpunkte haben die Hoffnung genährt, die Inflation unter Kontrolle zu bekommen, ohne die Konjunktur zu sehr abzuwürgen", so die Expertin.
Powell lässt sich weiteren Weg offen
Notenbankchef Powell betonte in seiner Pressekonferenz, dass es noch ein langer Weg sei, das Ziel von 2,0 Prozent bei der Inflationsrate zu erreichen. Die Entscheidung über die weitere Geldpolitik im September hänge von den Daten ab. Er bestätigte damit die bisherige Lesart der Fed und lässt sich nach altbekannter Notenbankermanier alle Handlungsoptionen bei seinem Zinskurs offen.“
(Tagesschau, 26.7.)
Für die USA war es wichtig, die Zinsen deutlich über die Inflationsrate zu bekommen, um die Attraktivität ihrer Staatsanleihen zu erhöhen, weil sie damit als sicherer Hafen gegen Geldentwertung angesehen werden.
Es ist deshalb durchaus möglich, daß die Zinserhöhungen jetzt eine Zeitlang aufhören, wenn die Beobachtungen über die Entwicklung der Anleihen-Käufe positiv sind.
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Da muß die EZB natürlich nachziehen:
„EZB erhöht Leitzins auf 4,25 Prozent – Kredite werden jetzt noch teurer
Die Währungshüter der EZB haben die Zinsen erneut angehoben. Damit steigen auch die Kosten für Finanzierungen weiter an. Wohneigentum wird immer weniger leistbar
Die EZB hat zum neunten Mal in Folge die Zinsen angehoben. Der Leitzins beträgt damit 4,25 Prozent. So hoch war der Leitzins zuletzt zu Beginn der weltweiten Finanzkrise Anfang Oktober 2008. Die aktuelle Erhöhung war erwartet worden. Die Inflation im Euroraum wird für Juni auf 5,5 Prozent geschätzt. Im Mai betrug sie noch 6,1 Prozent. Damit ist die Teuerung noch immer weit weg vom Ziel der EZB, die eine Inflation von zwei Prozent als Ziel hat.“
Vor allem ist sie, im Umterschied zu den USA, noch weit über den Leitzinsen.
D.h., der Hauptaufkäufer der Staatsanleihen ist immer noch die EZB. Die USA können jedoch mit privaten Finziers im In- und Ausland rechnen.
„Durch die erneute Zinserhöhung verteuern sich viele laufende Finanzierungen, neue werden teurer. Die Inhaber von variabel verzinsten Krediten müssen also noch mehr für ihren Kredit bezahlen. Durch die gestiegenen Zinsen wird auch die Vergabe von Neukrediten zu höheren Tarifen erfolgen. Die Sparzinsen werden hingegen von den Banken nur mickrig erhöht. Ein Umstand, der von Konsumentenschützern laufend kritisiert wird. Denn mittlerweile erhalten Banken für Einlagen, die sie bei der EZB parken, selbst 3,75 Prozent.
Enorme Belastung für Haushalte
Die steigenden Zinsen werden immer mehr zur Belastung für die Haushalte.“
Nicht nur für die Haushalte, sondern auch für die Unternehmen, vor allem die immer wieder als wirtschaftliche Problemkinder auftauchenden KMUs.
„Denn hier kommen mehrere Themen zusammen. Wir erleben gerade den schnellsten Anstieg der Notenbankzinsen in der österreichischen Nachkriegsgeschichte, zudem bleiben die Immobilienpreise in Österreich weiter hoch bei rapide sinkenden Realeinkommen, fasst das Vergleichsportal durchblicker.at die Lage zusammen.
Die Immobilienexperten des Portals haben errechnet, dass die relativen Kosten für einen Wohnungsneukauf in Österreich seit dem Vorjahr regelrecht explodiert sind. Musste ein durchschnittlicher Doppelverdienerhaushalt zur Tilgung eines Kredits für eine 90-m²-Neubauwohnung in Wien jahrzehntelang um die 40 Prozent des Monatseinkommens aufwenden, wären es jetzt bereits fast 70 Prozent, wie eine aktuelle Analyse des Tarifvergleichsportals zeigt.
Ein neues Eigenheim in Österreich ist damit innerhalb eines Jahres de facto unfinanzierbar geworden. Das gilt mittlerweile selbst für Besserverdiener. Immer mehr Haushalte, die in den vergangenen Jahren ein Eigenheim mit einem variabel verzinsten Kredit erworben haben, geraten jetzt ins Schleudern.
90 Quadratmeter unleistbar
Für die Untersuchung hat sich Durchblicker die Preise für eine 90-m2-Wohnung in Wien-Landstraße und die damit verbundenen Kreditfinanzierungsraten von 1997 bis heute angesehen und dem monatlichen Nettoeinkommen eines durchschnittlichen Doppelverdienerhaushalts gegenübergestellt. Ein Wiener Durchschnittshaushalt müsste demnach mittlerweile theoretisch 69 Prozent seines monatlichen Nettomonatseinkommens aufwenden, um sich eine solche Neubauwohnung auf Kredit zu leisten.
Selbst in der oberen Einkommenshälfte wären es im Mittel bereits 53 Prozent des Monatseinkommens. Weil die strengen Kreditvergaberichtlinien aktuell maximal eine Schuldentilgungsquote von 40 Prozent zulassen, erhält damit derzeit in Österreich fast niemand mehr einen neuen Wohnungskredit.
Hat man dieselbe Wohnung bereits 2021 erworben, zahlte man damals für einen variabel verzinsten Kredit im ersten Monat 1.740 Euro zurück. Inzwischen beträgt die Rückzahlungsrate monatlich knapp 3.000 Euro und damit rund 1.200 Euro oder 70 Prozent mehr als zum Abschluss des Kredits.
Kreditänderung andenken
Wer sich die Wette auf baldige sinkende Zinsen nicht mehr allzu lange leisten kann, sollte prüfen, ob sich der Umstieg auf einen Fixzinskredit lohnt. Denn: "Fixzinskredite kosten aktuell sogar weniger als der variable Kredit. Das bedeutet für die betroffenen Haushalte eine unmittelbare Entlastung", sagt Durchblicker-Immobilienexperte Andreas Ederer. Vor allem, wenn es sich um die eigene Wohnung handelt, sollte man jetzt kein Risiko mehr eingehen. Wenn die Zinsen im zweiten Halbjahr noch stärker steigen, könnte für viele ein Umstieg auf einen Fixzinskredit immer schwieriger werden. Im schlimmsten Fall droht dann der Verlust des Eigenheims, warnt Ederer.
Ökonom: Job der EZB vorerst getan
Erste Reaktionen von Volkswirten fielen positiv aus. "Mit dieser Zinserhöhung ist der Job der EZB erst einmal getan", sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank. Ab jetzt schließe sich das Fenster für weitere Leitzinserhöhungen, denn die Inflation werde im Herbst deutlich sinken.“
Wodurch?
Ein typisches Beispiel für Wunschdenken, das sich als „Expertentum“ und „Analyse“ verkauft.
Was der Typ eigentlich sagt, ist, daß die EU weitere Zinserhöhungen nicht mehr aushält.
"Trotzdem sind wir jetzt in einem geldpolitischen Unschärfebereich, in dem man eine ganze Zeit abwarten muss, ob die bisherige Dosis an Zinserhöhungen ausreicht, um die Inflation auch langfristig auszutreiben", sagt Kater. Eine Lockerung der Geldpolitik sei daher bis weit ins nächste Jahr hinein nicht in Sicht.
Auch Moritz Schularick, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IFW), sieht die EZB auf gutem Weg. "Die EZB hat im Kampf gegen die Inflation wirkungsvoll Zähne gezeigt, die Inflationsrate hat sich gegenüber ihrem Höchststand etwa halbiert", sagt der Experte.“
Der Grund dafür ist die Rezession, die verschiedene Preise sinken läßt. Man kann das natürlich als gelungene Inflationsbekämpfung feiern. Die Folgen werden sich allerdings auch bald zeigen.
„Aus Risikomanagementperspektive spreche nach so starken Zinsanhebungen vieles dafür, jetzt zunächst die realwirtschaftlichen Effekte abzuwarten und eine Pause einzulegen, um die Auswirkungen der Zinserhöhungen valide bewerten zu können. "Die Effekte der Zinserhöhungen sind inzwischen deutlich sichtbar: Der Immobilienmarkt ist eingebrochen, und die Firmenkreditvergabe ist deutlich gefallen", sagt Schularick. Die Wolken am Konjunkturhimmel verdunkeln sich, insbesondere die Wachstumsschwäche in Deutschland tritt durch die hohen Zinsen nun deutlich zutage.
EZB legt sich nicht fest
Die EZB wird laut ihrer Chefin Christine Lagarde im Kampf gegen die Inflation einen flexiblen Zinskurs steuern. Im September könne es eine Erhöhung geben oder auch eine Pause, sagte Lagarde am Donnerstag in der Pressekonferenz nach der Zinssitzung in Frankfurt. Eine Senkung sei jedoch ausgeschlossen. Ansonsten sei nichts "definitiv", vielmehr werde sich der EZB-Rat von der Datenlage leiten lassen. Die gesamte Führungsriege der EZB sei fest entschlossen, die Inflation in den Griff zu bekommen.
Die kurzfristigen Konjunkturaussichten im Euroraum haben sich laut Lagarde eingetrübt. Ursächlich dafür sei insbesondere die schwächere Binnennachfrage. Schärfere Finanzierungsbedingungen drückten auf die Ausgaben. Dies sei an der Industrieproduktion abzulesen, die auch unter dem schwachen weltwirtschaftlichen Umfeld leide. Der Dienstleistungssektor erweise sich als widerstandsfähiger, habe jedoch an Schwung verloren. "Es ist zu erwarten, dass die Wirtschaft kurzfristig schwach bleiben wird", so das Fazit der EZB-Chefin. Mit der Zeit würden fallende Inflationsraten und steigende Einkommen jedoch eine Konjunkturerholung stützen.“ (…)
(Standard, 27.7.)
Stephan Kaufmann: Wirtschaftswachstum – Stillstand bedeutet Untergang...
Wie die Politik das Wirtschaftswachstum einerseits problematisiert und gleichzeitig heiligt
Deutschland steht vor einem großen Problem: Seine Wirtschaftsleistung nimmt nicht mehr zu, im zweiten Halbjahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sogar wieder schrumpfen. Die Politik sucht nach Gegenmaßnahmen, um die Konjunktur anzutreiben, von Steuersenkungen bis zu Subventionen. Parallel zu den Negativmeldungen läuft die Debatte, ob dauerhaftes Wirtschaftswachstum überhaupt mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit vereinbar ist – alles deutet zunehmend darauf hin, dass dies nicht der Fall ist. In diese Debatte schaltet sich die Politik ein, indem sie den Wachstumskritiker*innen einerseits Recht gibt und gleichzeitig klarstellt, dass am Wachstum nicht gerüttelt werden wird. (…). [Forts.:]
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1175111.klimawandel-wirtschaftswachstum-stillstand-bedeutet-untergang.html
Der deutschen und in ihrem Schlepptau europäischen Wirtschaft sind auch sehr viele Märkte weggebrochen.
Es ist bezeichnend, daß sich die Wachstumsfrage jetzt auf den Klimaschutz und grüne Energien und den ganzen Schmarrn konzentriert, um dieses Loch erstens zu verbergen und zweitens mit irgendwelchen Zukunftsindustrien zu füllen – was wahrscheinlich nicht hinhauen wird.
Fitch entzieht den USA das Top-Rating für Kreditwürdigkeit
Die Ratingagentur Fitch hat den USA überraschend die Spitzenbonität entzogen und damit heftige Reaktionen in Washington ausgelöst. Die Note für die Kreditwürdigkeit werde angesichts der steigenden öffentlichen Defizite und des wiederkehrenden Streits um eine Anhebung der Schuldenobergrenze um eine Stufe von »AAA« auf »AA+« gesenkt, kündigten die Bonitätswächter in der Nacht auf Mittwoch an.
Trotzdem werden Investitionen in US-Staatsanleihen damit immer noch als sichere Anlage bewertet, mit einem so gut wie vernachlässigbaren Ausfallrisiko. Dennoch könnte es künftig für die Regierung teurer werden, am Finanzmarkt neue Schulden aufzunehmen.
US-Finanzministerin Janet Yellen kritisierte die Entscheidung als »willkürlich«. »Ich stimme mit der Entscheidung von Fitch Ratings absolut nicht überein", sagte die Demokratin. »Die Arbeitslosenquote liegt nahe einem historischen Tiefstand, die Inflation ist seit vergangenem Sommer deutlich zurückgegangen, und die Konjunkturdaten von voriger Woche zeigen, dass die US-Wirtschaft weiter wächst.« Der Wahlkampfsprecher von Präsident Joe Biden, Kevin Munoz, machte dessen Vorgänger Donald Trump verantwortlich. »Diese Herabstufung ist eine direkte Folge einer extremen Agenda der Republikaner, die von Chaos, Gefühllosigkeit und Rücksichtslosigkeit geprägt ist und die die Amerikaner weiterhin ablehnen«, sagte Munoz.“
Böse Zungen hingegen meinen, die Entscheidung sei überfällig, weil die Staatsschulden so sehr ausufern. Fitch habe den Vorstoß gemacht, den sich die anderen Rating-Agenturen nicht trauen. Immerhin erhöhte sich die Staatsschuld der USA seit 2000 (5,5 Billionen $) um das beinahe 6-fache auf 32,5 Bill. $, während das BIP sich lediglich verdoppelte.
„Trump habe die Republikaner im Kongress angestachelt, beim Streit um die Schuldenobergrenze auf eine Zahlungsunfähigkeit hinzuarbeiten.“
Die Schönredner bezichtigen also Fitch der Panikmache: In Wirklichkeit sei alles in bester Ordnung.
„Schuldendeal gefährdet Volkswirtschaft
Seit vielen Jahren ringen die jeweiligen Regierungen und die Opposition regelmäßig über einen Schuldendeal, was die weltgrößte Volkswirtschaft immer wieder an den Rang einer Staatspleite treibt. Zuletzt wurde Anfang Juni nach zähem Ringen ein Kompromiss zur Aussetzung der Schuldenobergrenze von derzeit 31,4 Billionen Dollar (28,6 Billionen Euro) vereinbart – wenige Tage später hätte den USA sonst die Zahlungsunfähigkeit gedroht. Unter diesem wiederkehrenden Problem leide das Vertrauen in die Finanzpolitik, ein mittelfristiger Finanzrahmen fehle, begründete Fitch die Herabstufung. Zudem wird auf eine steigende Neuverschuldung verwiesen, die heuer bei 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen soll – nach 3,7 Prozent 2022. Zudem erwarten die Bonitätswächter, dass die US-Wirtschaft um den Jahreswechsel 2023/24 in eine Rezession abrutschen wird.
Fitch ist bereits die zweite führende Ratingagentur, die den USA die Spitzennote entzogen hat. Standard & Poor's stufte die Bonität schon 2011 herab auf »AA+«. Auch damals wurde auf die zunehmende politische Polarisierung im Land verwiesen, die eine solide Haushaltsführung erschwere.“
Es sind also nicht nur die Schulden, das BIP usw., die diesen Schritt von Fitch verursacht haben, sondern vor allem die politische Ungewißheit, wie es in der führenden Weltmacht weitergeht, zwischen einem senilen Idioten und einem von mehreren Gerichten verfolgten Wahnsinnigen.
„Globale Vorsicht
Die Herabstufung ließ Anleger rund um den Globus vorsichtiger werden. An der japanischen Börse in Tokio schloss der 225 Werte umfassende Nikkei-Index. In China lag die Börse Schanghai 1,1 Prozent im Minus. »Die Herabstufung zeigt uns, dass die Regierung der größten Volkswirtschaft der Welt ein Problem mit ihren Ausgaben hat«, erklärte Chefökonom Steven Ricchiuto von der Investmentbank Mizuho Securities die Börsenentwicklung.
Kurzfristig dürfte die Herabstufung kaum Auswirkungen auf die US-Staatsfinanzen haben, schrieben die Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz in einer Analyse. US-Staatsanleihen blieben wegen ihrer hohen Liquidität »unschlagbar«. Zudem würden sie in der Weltleitwährung Dollar ausgestellt. »Dies ändert allerdings nichts daran, dass sich die US-Staatsverschuldung auf einem nicht tragfähigen Kurs befindet«, so die beiden Volkswirte.“
(Standard, 2.8.)
Britische Notenbank hebt Leitzins erneut an
Im Kampf gegen die anhaltend hohe Inflation erhöht die Bank of England den Leitzins erneut um 0,25 Prozentpunkte auf 5,25 Prozent. Das ist die bereits vierzehnte Zinserhöhung seit Ende 2021.
Die Bank of England setzt ihren Kampf gegen die anhaltend hohe Inflation mit einer weiteren Zinsanhebung fort. Wie die britische Notenbank heute nach ihrer Sitzung in London bekannt gab, steigt der Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 5,25 Prozent. Ökonomen hatten diesen Schritt erwartet. Weitere Zinserhöhungen schloss die Notenbank nicht aus.
Es ist bereits die vierzehnte Zinserhöhung seit Ende 2021, als der Zins noch knapp über der Nulllinie lag. Aktuell befindet sich der Leitzins damit auf dem höchsten Stand seit der Finanzkrise im Jahr 2008.
Inflation mit 7,9 Prozent deutlich höher als in Eurozone
Die Inflation im Vereinigten Königreich war zwar im Juli zurückgegangen. Die Jahresinflationsrate lag jedoch mit 7,9 Prozent weiter merklich über den Niveaus der Eurozone und den USA. Daher hatte auch eine Minderheit von Ökonomen eine noch stärkere Zinserhöhung – um 0,50 Prozentpunkte – für gerechtfertigt gehalten.
Die Entscheidung im geldpolitischen Ausschuss der Bank of England fiel nicht einstimmig. Sechs Mitglieder stimmten für eine moderate Anhebung um 0,25 Prozentpunkte, während zwei Mitglieder einen größeren Zinsschritt von 0,50 Prozentpunkten befürworteten. Ein Mitglied plädierte für einen unveränderten Leitzins.
Die Notenbank ließ dabei die Tür für weitere Erhöhungen offen. "Sollte es Anzeichen für einen anhaltenden Aufwärtsdruck geben, so wäre eine weitere Straffung der Geldpolitik erforderlich", heißt es in einer Mitteilung der Notenbank. Man werde sicherstellen, dass der Leitzins lange genug restriktiv bleibt. Man wolle die Inflation mittelfristig und nachhaltig auf den Zielwert von zwei Prozent zurückführen.
Experteneinschätzung und Reaktionen der Finanzmärkte
Zum Jahresende erwartet die Notenbank eine Inflationsrate von 4,9 Prozent. Unter die Marke von zwei Prozent sollte sie erst im zweiten Quartal 2025 sinken.
"Da sich die Inflation jedoch in die richtige Richtung bewegt und auch die langfristigen Inflationserwartungen wieder unter Kontrolle sind, haben sich die Londoner Währungshüter offenbar gescheut, ihren Leitzins abermals um einen halben Prozentpunkt anzuheben", kommentierte Dirk Chlench, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg. Das anziehende Lohnwachstum bereite den Ratsmitgliedern indes Sorgen. "Aus diesem Grund erwarten wir, dass die Bank of England ihren Leitzins auf der Sitzung im September abermals nach oben hieven wird."
Die Reaktionen an den Finanzmärkten hielten sich in Grenzen. Das Pfund geriet zunächst zu Euro und Dollar etwas unter Druck, machte die Verluste jedoch rasch wieder wett. Auch am britischen Anleihemarkt kam es nur zu kurzzeitigen Ausschlägen.
(Tagesschau, 3.8.)
Man fragt sich, mit welchem Leitzins die britische Nationalbank das Jahresende erreichen will? 10%? – und immer mit der Begründung, huch, die Inflation?!!
Zum öffentlichen Gerede über nationalen und internationalen Wirtschaftsabschwung:
An der eingetreten nationalen und globalen Krisenlage interessiert die öffentlichen und politischen Macher einzig, wie es wieder aufwärts geht mit der Geschäftemacherei
https://www.tages-politik.de/Wirtschaftspolitik/Krise-2023.html
Das mag sein, gibt aber noch keine Handlungs-Richtlinien vor.
Ratlosigkeit auf höchster Ebene:
„Alle Augen auf Jackson Hole
In einem kleinen Tal im ehedem Wilden Westen der USA, in den Rocky Mountains, liegt Jackson Hole – bekannt für seine Nationalparks und Wintersport. Doch einmal im Jahr wird die Einöde im US-Bundesstaat Wyoming zum wohl wichtigsten Ort der Finanzbranche.
"Da kommen alle großen und die wichtigsten Notenbanken der Welt zusammen, um über geldpolitische Strategien, geldpolitische Ausrichtungen zu diskutieren", erklärt Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel. Börsianer hätten hohe Erwartungen an das, was dort in den nächsten drei Tagen besprochen werde.
Unterschiede zwischen USA und Eurozone
Das große Thema des Treffens ist die Inflation. In den vergangenen Monaten haben die Notenbanken ihre Leitzinsen erhöht, um die Teuerung zu bekämpfen. Der Preisdruck hat deutlich nachgelassen. Doch die Folgen der schnellen Zinserhöhungen machen sich jetzt bemerkbar – wenn auch sehr unterschiedlich.
Während sich in Europa die Wirtschaft deutlich abschwächt und Deutschland in eine Rezession rutschen könnte, sind die Bremsspuren in den USA weniger stark. Zuletzt lag die Inflationsrate dort sogar bei 3,2 Prozent – also nahe des Zwei-Prozent-Ziels.“
Für die USA läuft es also scheints gut.
„»All der Gegenwind ist noch da«
Geht also der Plan der US-Notenbank Fed auf, und eine Rezession bleibt in den Vereinigten Staaten aus? Das sei die Billionen-Dollar-Frage, sagt der US-Volkswirt Brett Ryan von Deutsche Bank Research: »Was uns überrascht hat, ist die heutige Stärke der Wirtschaft«, sagt er. »All der Gegenwind, auf den wir seit Monaten hingewiesen haben, ist immer noch da. Aber die bisherige Dynamik erhöht sicherlich die Wahrscheinlichkeit einer sanften Landung.«
Im Mittelpunkt der Notenbanker-Konferenz steht Fed-Chef Jerome Powell. Bereits im vergangenen Jahr gab sich Powell in Jackson Hole entschlossen und betonte einen langen Atem. Umfragen unter Ökonomen sehen den Höhepunkt der Zinserhöhungen erreicht. Powell selbst hat bislang offen gelassen, ob eine weitere Straffung ansteht oder die US-Notenbank im September eine Pause einlegen wird.
Zinspause auch in Europa?
Angesichts zuletzt schlechter Konjunkturdaten aus der Eurozone könnte auch die Europäische Zentralbank im September eine Zinspause machen, vermutet Volkswirt Mumm: »Ich denke, dass die Notenbanken von sich aus alles dafür tun, ihre Entschlossenheit zu untermauern. Das liegt daran, dass die Inflationserwartungen der wesentliche und wichtige Faktor sind, den die Notenbanken bekämpfen.«“
Die Inflation ist in der EU immer noch da, also von daher wären weitere Zinserhöhungen angesagt – wenn das der Grund für selbige wäre.
„Es geht also um Glaubwürdigkeit – und die Frage, ob Investoren den Notenbanken zutrauen, für Preisstabilität zu sorgen. Ob auch von der Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, klare Aussagen zu deren weiterem Kurs kommen, sei fraglich, meint Edgar Walk, Chefvolkswirt vom Bankhaus Metzler. »Meine Erwartung ist eigentlich, dass sowohl Powell als auch Lagarde sich alle Optionen offen halten werden«, mutmaßt er.“ (…)
Die Frage bleibt, wie es mit der Verschuldungsfähigkeit der Eurozone aussieht, angesichts höherer Leitzinsen in den USA.
(Tagesschau, 24.8.)
„European stocks started the week on a positive note, tracking Friday’s gains on Wall Street following cautious comments from central bankers at Jackson Hole. China’s support measures for its equities market helped lift sentiment.
The rate-sensitive technology sector led the advance in Europe after Federal Reserve Chair Jerome Powell and European Central Bank President Christine Lagarde at Jackson Hole on Friday failed to shake the outlook for interest rates. Trading volumes may be subdued throughout the day with UK markets closed for a bank holiday.
US stocks rose and Treasury yields jumped on Friday after Powell stuck to the script in his Jackson Hole speech, saying that the Fed is “prepared to raise rates further if appropriate,” even as he stressed that the central bank would “proceed carefully,” guided by economic data. Lagarde, likewise, said the ECB would set borrowing costs as high as needed to keep inflation in check but stopped short of signaling an increase at the next meeting.
»Not much was said that changed our outlook for US equities« at Jackson Hole, RBC Capital Markets strategist Lori Calvasina wrote in a note. »Equity investors have already been wrapping their heads around the idea that rates may be higher for longer, that it’s possible the Fed’s job may not be done just yet, and that they are data dependent. That message seemed reinforced Friday.«
US equity futures edged higher, while Treasury yields dipped and the dollar was steady. Among individual premarket movers, 3M Co. gained more than 4% after agreeing to pay more than $5.5 billion to resolve lawsuits related to military earplugs.
Asian benchmarks rose after Beijing reduced the levy charged on stock trades, among other measures. Chinese stocks pared most of their early gains, however, showing once again that efforts to boost its markets are falling flat in the face of economic worries. Foreign funds accelerated their selling through the day, poised to take this month’s outflows to the biggest on record.“
(Bloomberg, 28.8.)
Alles in Butter?
Nun ja: Die WSWS meint zu Recht, die Häupter des Finanzgeschehens seien nach wie vor ratlos:
„Federal Reserve Chairman Jerome Powell, delivering a keynote address on Friday morning, said central bankers were »navigating by the stars under cloudy skies.«
He did not elaborate further but speaking later in the day European Central Bank President Christine Lagarde pointed to the growing uncertainties confronting policymakers.
Giving expression to the sense of bewilderment, she said that »in this age of shifts and breaks, where we do not yet know whether we are returning to the old world or entering a new one, how can we ensure policymaking remains robust?«
She did not provide any answers in her address and concluded: »There is no pre-existing playbook for the situation we are facing today – and so our task is to draw up a new one.« (…)
International Monetary Fund chief economist Pierre-Gourinchas told the Financial Times he was concerned whether governments had the capacity to provide increased fiscal support in the event of another shock to the global economy.
»I don’t think they can do it again,« he said. »We don’t have an insurance policy anymore. We are at the edge.«“
Also die Top-Banker fahren im Blindflug auf der Suche nach einer neuen Gebrauchsanweisung, und ohne Absicherung.
Dazu kommt noch die Schuldenlast der Habenichtse:
„Economist Carmen Reinhard, who has worked at both the IMF and the World Bank, told the FT that around 60 percent of the poorest countries were at or close to debt distress in a »shock-prone, fragmented environment.
It can become self-perpetuating. With weaker financial conditions, if you get hit by a shock, you don’t have the ability to respond very much and therefore you have a weaker recovery.«“
Noch ein paar Zahlungsausfälle wie Sri Lanka und Libanon, und dann steht auch noch Argentinien auf der Schwelle, ein G-20-Land …
EZB erhöht Leitzins auf 4,5 Prozent
Zum zehnten Mal in Folge hat die Europäische Zentralbank den Leitzins erhöht. Aktuell steigt er um 0,25 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent
In der Hoffnung, die nach wie vor hohe Inflation in den Griff zu bekommen, hat die EZB den Leitzins erneut erhöht. Zum zehnten Mal in Folge steigen damit die Zinsen. Aktuell wurde der Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent angehoben. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, klettert damit von 3,75 auf 4 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.
Im Vorfeld der EZB-Sitzung gingen die Erwartungen weit auseinander. Die Wirtschaft im Euroraum schwächelt, eine weitere Zinserhöhung erhöht den Druck. Finanzierungen werden erneut teurer, das hemmt die Investitionsfreude. Die Konjunktursorgen werden mit höheren Zinsen nun verstärkt. Die EU hatte in den vergangenen Tagen ihre Aussichten für die Wirtschaft in Europa und der Eurozone bereits nach unten angepasst und rechnet heuer nur noch mit einem Wachstum von 0,8 Prozent. Andererseits gilt es, die Inflation zu drosseln.“
Soweit die offizielle Erklärung für diesen nächsten Schuß ins Knie. Der US-Zins ist um 1% höher, und deshalb muß die EZB nachziehen.
„Im Eurozonenschnitt liegt die Inflation noch bei über fünf Prozent und damit weit weg vom EZB-Ziel von zwei Prozent.
Analysten loben Anhebung
»Zum Glück hat sich die EZB heute zu einer weiteren Zinserhöhung durchgerungen. Dafür verdient sie Lob«, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank. Aber es sei fraglich, ob die Leitzinsen bereits hoch genug sind, um das tiefsitzende Inflationsproblem zu lösen. »Vermutlich sind weitere Zinsschritte notwendig“, sagt Krämer. Aber die EZB-Ratsmitglieder dürften wegen der fallenden konjunkturellen Frühindikatoren bald kalte Füße bekommen und die Zinsen in den kommenden Monaten nicht weiter erhöhen. Die Inflation wird im Durchschnitt der kommenden Jahre wohl deutlich über dem Ziel von zwei Prozent liegen.“
Obwohl es nix hilft und nur schadet: Weiter so! – sagt der Experte.
Man merkt dabei, wie trostlos die Wirtschaftswirtschaften drauf sind.
„Mittlerweile gehen viele Volkswirte davon aus, dass die Euro-Wächter auf ihrem im Sommer 2022 eingeleiteten Straffungskurs nun den Zinshöhepunkt erreicht haben. Sie erwarten, dass die EZB den Schlüsselsatz für längere Zeit auf diesem Niveau halten wird, um die Inflation weiter einzudämmen.
Blick in die USA
In den USA steht die nächste Zinsentscheidung am 20. September an. Dort hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinsen seit Anfang 2022 aggressiv von nahe null auf eine Spanne von inzwischen 5,25 bis 5,5 Prozent nach oben gesetzt, um die Inflation zu dämpfen und den heißgelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen. Experten zufolge liefern die zuletzt gestiegene Arbeitslosenquote und der abebbende Boom am Jobmarkt den US-Währungshütern um Fed-Chef Jerome Powell Argumente für eine Zinspause.“
Wie Zinserhöhungen einen „heißgelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen“ sollen, ist und bleibt ein Rätsel.
Man merkt aber die Hoffnung, daß in den USA einmal Schluß sein möge mit den Leitzinserhöhungen, damit die EZB nicht mehr so unter Zugzwang ist.
(Standard, 14.9.)
Neben dieser Zinserhöhung geben die EZB-Analysten munter Prognosen von sich, die auf nichts gegründet sind, und sagen voraus, daß sich die Inflation 2005 auf 2%, dem angestrebten Wert, einpendeln wird.
Wieso beim Anstieg (!) von Arbeitslosenzahlen der Arbeitsmarkt 'heißgelaufen' sein soll, muss entweder wohl ein Tippfehler sein, – oder es zeigt sich so komplette Ahnungslosigkeit?
Stephan Kaufmann erläutert hingegen, welche prinzipiellen 'Anreize' die Politik im Regelfall für das Investitionsverhalten von Unternehmern bereit hält. Und wie sie dazu gegensätzlich mehr Reichtum aus der Arbeiterklasse für Staat und Kapital 'herauswirtschaften' will….
Was »Arbeitsanreize« von »Investitionsanreizen« unterscheidet..
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1175976.wirtschaftswachstum-was-arbeitsanreize-von-investitionsanreizen-unterscheidet.html
Die verrückte Logik des Autors des Standard-Artikels bezüglich des Arbeitsmarktes sieht so aus: Wenn Arbeitskräftemangel, so steigen die Löhne, und das ist nicht gut, weil das dämpft die Gewinne der Unternehmer. Das nennt man dann „heißgelaufen“ – der Arbeitsmarkt sorgt nicht für die nötige Zufuhr an Personal und die Unternehmer kriegen offenbar Schweißausbrüche.
Das ist gar nicht in Widerspruch dazu, daß es einen Haufen Arbeitslose gibt – die befinden sich entweder geographisch am falschen Ort oder sie haben nicht die entsprechenden Fähigkeiten.
Dennoch sieht der Autor es so, daß es doch jetzt mehr Arbeitslose gibt, da könnten die doch in den USA endlich mit den Zinserhöhungen aufhören, die die EU unter Zugzwang setzen! – obwohl das eine gar nix mit dem anderen zu tun hat.
Die Zinserhöhungen werden gemacht, um die Verschuldungsfähigkeit zu erhöhen und möglichst viel Bummbumm in die Ukraine schicken zu können.
Auch andernorts mutieren Institute des Finanzsystems zu Instituten der Kriegsfinanzierung
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/episoden-dementierten-russland-nato-kriegs-kw-12#sectionidm116
Auch der zweite Verwendungszweck des Kredites ist wichtig – die Ukraine soll ihre Gläubiger bedienen können – Schulden müssen gültig bleiben.
Die Ukraine wurde ja seit dem Maidan 2014 fest mit Krediten versehen, um eine gewisse Blase von urban professionals aufzubauen und sich für den Krieg zu rüsten.
Die Zinsenrally scheint jetzt einmal gestoppt zu sein.
Auch in den USA zeigt sich, daß die Wirtschaft die hohen Zinsen nur mühsam verkraftet. Da von dort derzeit keine Zinserhöhungen vorgeben, was hier zu geschehen hat, kann die EZB verschnaufen.
Die Rezession ist ohnehin schon da, sie noch mehr zu verschärfen, ist nicht angeraten.
Stephan Kaufmann meint, in den USA sei mit Subventionen aller Art eine Konjunktur erzeugt worden, die die hohen Zinsen auch stemmen kann.
Und die USA hätten weiterhin kein Verschuldungsproblem, sondern saugen den Kredit der ganzen Welt auf.
Diesem die USA als sozusagen unberührt von Weltenläuften darstellendem Bild steht entgegen,
1. daß es jedes Jahr zu Debatten und Schließungen um die Schuldenobergrenze kommt,
2. daß heuer schon das ganze Jahr über die Problematik der Neuverschuldung in den Medien zu erfahren war; oder
3. daß die US-Finanzministerin unlängst in China einen anderen Umgang mit Kredit und Schulden nahegelegt hat, weil Chinas Schuldenpolitik sich nachteilig auf den Absatz der US-Anleihen auswirkt.
Die USA hatten also auch Gründe, die Zinserhöhungen zu stoppen, über die man vielleicht in naher Zukunft auch einiges erfahren wird.
Um so mehr die EZB:
„SCHWACHE KONJUNKTUR
Die EZB spielt nicht nur bei den Zinsen auf Zeit
Die Notenbank lässt den Leitzins unverändert, rührt aber auch den Bilanzabbau und die Mindestreserve der Banken nicht an
Erstmals seit Beginn des Zinsanhebungszyklus im Juli 2022 hat die EZB von einer weiteren Erhöhung abgesehen. Vorerst will die Zentralbank unter Chefin Christine Lagarde die Auswirkungen des im Rekordtempo von 0 auf 4,5 Prozent erhöhten Leitzinses abwarten, wobei der volle Effekt erst für 2024 erwartet wird.“
… oder befürchtet wird …
„Nicht angefasst haben die Währungshüter auch andere Stellschrauben zur Verschärfung der Finanzierungsbedingungen in der Eurozone, nämlich die Mindestreserve der Banken und den Abbau der im Zuge des Corona-Notprogramms Pepp gekauften Anleihen.
Lagarde sagte nach dem Zinsbeschluss, das Thema Pepp sei bei dem Treffen am Donnerstag gar nicht diskutiert worden. Worum geht es dabei? Zur Abfederung der Auswirkungen der Corona-Pandemie erwarb die EZB ab März 2020 zusätzliche Staatsanleihen im Wert von 1,7 Billionen Euro. Bisher werden getilgte Schuldpapiere umgehend wieder investiert, sodass dem Finanzmarkt kein Kapital – nämlich die Nachfrage der EZB, die die Anleihenrenditen bisher tief hält – entzogen wird.“
Mit einem Wort, Staats- (und womöglich auch Firmen-?)anleihen werden weiterhin unbeschränkt aufgekauft, um eine Wiederkehr der Eurokrise zu verhindern.
„Unpassende Anleihenkäufe
Gemäß ursprünglichen Plänen sollte dies bis Ende 2024 so weitergeführt werden. Einige Währungshüter, darunter auch Nationalbankchef Robert Holzmann, forderten jedoch eine Diskussion über ein vorzeitiges Ende der Käufe.“
Genauso wie sein Vorgänger Novotny und der frühere deutsche NB-Chef Weidmann. Aber ihre Forderungen verhallen ungehört, weil das Risiko einfach zu groß ist.
(…)
(Standard, 27.10.)
Außerdem ist der Verschuldungsbedarf auch Deutschlands höher denn je – Energie, Ukraine –, weshalb auch von dort jetzt keine Kritik mehr an der Aufkaufpolitik der EZB kommt.
„Papierkrise: Amerikas größte Banken sind erneut in Gefahr
Die angesammelten, aber nicht abgeschriebenen Verluste belaufen sich aufgrund der »schlechten« US-Staatsverschuldung auf 650 Milliarden US-Dollar
Moody's schätzt die nicht realisierten Verluste der größten US-Banken auf 650 Milliarden US-Dollar. Der gesamte Betrag errechnet sich aus dem Anstieg der Renditen der US-Staatsanleihen im vergangenen Jahr.
Zuvor hatte eine Aufwertung amerikanischer Anleihen bereits zum Zusammenbruch einiger recht großer US-Kreditinstitute geführt, die Vermögenswerte im Wert von Billionen Dollar verwalteten. Warum ein solches Problem entstand, ob Papierverluste zu echten Verlusten werden können und wie dies mit der Herabstufung der Prognose für die US-Kreditwürdigkeit durch Moody's zusammenhängt – im folgenden Artikel.
In den Fußstapfen des Silicon Valley
Im März 2022 veröffentlichte das US-Notenbanksystem (FRS) Statistiken, denen zufolge die unrealisierten Verluste bei Schuldtiteln der 25 größten US-Banken nahe an den Werten vor der Krise von 2008 lagen.
Bald nach Beginn des Zyklus der Erhöhung des Refinanzierungssatzes durch die Federal Reserve (von 0–0,25 % auf 5,25–5,5 % in nur 16 Monaten) wurden die entsprechenden Daten nicht mehr veröffentlicht.
Ein Jahr später, im März 2023, brach die größte US-Bankenkrise seit anderthalb Jahrzehnten aus. Innerhalb einer Woche gingen drei Kreditinstitute, die auf die eine oder andere Weise mit der IT-Branche verbunden waren, bankrott: Signature, Silvergate und Silicon Valley Bank. Letzteres belegte in Amerika gemessen am Vermögen den 16. Platz.
Ihre Probleme (insbesondere die der SVB) verschlimmerten sich nach der Zinserhöhung dramatisch.
Tatsache ist, dass diese Banken bereits vor Beginn des Anstiegs mit Staatsanleihen und hypothekenbesicherten Wertpapieren vollgestopft waren. Alle diese Wertpapiere hatten eine niedrige Kuponrendite und wurden in der Zeit steigender Zinsen durch Anleihen mit einem höheren Kupon ersetzt. Infolgedessen sanken die Nachfrage und die Preise.
Als es an der Zeit war, Verpflichtungen (einschließlich Einlagen) abzubezahlen, stellte sich heraus, dass sich aufgrund des Rückgangs des Marktwerts der Anleihen ein Loch in der Bilanz gebildet hatte. Was letztendlich zu einem Ansturm der Einlagenbesitzer und zur Notschließung der Bank durch die Federal Deposit Insurance Company (FDIC) führte.
Generell haben die größten Banken die Märzkrise überstanden. Acht Monate später stellt sich jedoch heraus, dass die Situation im amerikanischen Kreditsektor immer noch Fragen aufwirft. Nach Schätzungen von Moody's beliefen sich die unrealisierten Verluste aus Anleihen von US-Banken Ende September auf 650 Milliarden US-Dollar. Das sind 15 % weniger als Ende Juni.“
Man fragt sich, was zwischen Juni und September geschehen ist, um diese Verluste aus Wertpapieren zu verringern? Wurden sie abgestoßen und die Verluste dadurch manifest? Dann tauchen nämlich diese Verluste an anderer Stelle in der Bilanz auf.
„Darüber hinaus berücksichtigen diese Zahlen nicht den Oktober, als die US-Schuldtitel noch stärker sanken (die Renditen 10-jähriger Anleihen erreichten mit 5 % ein 15-Jahres-Hoch).
Die Bank of America erlitt mit potenziellen Verlusten von über 130 Milliarden US-Dollar am meisten Verluste. Auch die übrigen vier großen amerikanischen Banken – Citigroup, JP Morgan Chase und Wells Fargo – erlitten Verluste in Höhe von mehreren 10 Mrd. US-Dollar.
Beachten wir, dass einige kleinere Kreditinstitute bereits im Sommer potenzielle Verluste entdeckten, die ein Vielfaches ihres Eigenkapitals ausmachten. Natürlich ist die Situation in den aufgeführten Bankenorganisationen noch nicht so schlimm, aber es gibt allen Grund zur Sorge. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Banken nun höhere Zinsen für Einlagen zahlen müssen, während die Kuponeinnahmen aus den ihnen zur Verfügung stehenden Anleihen gleich bleiben.
Warum sind Papierverluste so gefährlich?
Wie gefährlich ist ein Rückgang der Anleihekurse für Banken? Nach den geltenden Regeln haben Kreditinstitute das Recht, ihre Wertpapiere nach dem Endwert und nicht nach dem aktuellen Marktpreis zu bewerten.“
Das heißt, in den Bilanzen selbst, also bankintern, sind sie nach ihrem Nominalwert ausgewiesen, zu dem sie am Ablauftag zurückgezahlt werden.
„Aus diesem Grund gelten Verluste als nicht realisierte oder »Papierverluste«. Sie werden in einer Situation real, in der es notwendig ist, diese Wertpapiere auf den Markt zu bringen, beispielsweise im Falle eines Liquiditätsmangels.“
Die Izvestija ist in ihrer Wortwahl einen Schritt zurück – sie meint, daß diese Verluste nur auf dem Papier bestünden, – zum Unterschied von anderen, die bereits als solche ausgewiesen sind.
Aber inzwischen ist hier kein Papier mehr im Spiel, es geht um hypothetische Verluste – man läßt die betreffenden fix verzinslichen Wertpapiere in den Bilanzen, in der Hoffnung auf bessere Zeiten, wenn die Leitzinsen wieder gegen 0 sinken und diese Wertpapiere wieder an Wert gewinnen. Oder bis zum Rückzahltag, der in 5, aber auch in 20 Jahren sein kann.
Nach den letzten Zinsmeldungen der großen Notenbanken werden die Zinsen zwar derzeit nicht erhöht – das erscheint niemandem mehr ratsam –, sondern sollen auf der derzeitigen Höhe stabil bleiben.
Zinssenkungen haben sowohl die Fed als auch die EZB ausgeschlossen, also diese entwerteten Papiere werden lange herumliegen und vermutlich kleinweise, in geringen Mengen abgeschrieben werden.
Zumindest scheint das der derzeitige Plan zu sein.
„Theoretisch könnte eine solche Situation zu einem Ansturm auf die Bank und einer massiven Rückzahlung der Einlagen führen. Bisher ist dies nicht der Fall: Im letzten Quartal ist ihr Volumen im Gegenteil durch die Eröffnung von 200.000 neuen Einlagen gestiegen. Die Kehrseite des Prozesses ist jedoch die Erhöhung der Einlagenzinsen, die angesichts der bisherigen Kapitalrendite schwieriger zurückzuzahlen sein werden.
Der Bankensektor hofft nun vor allem darauf, dass der Zinserhöhungszyklus vorbei ist. Das bedeutet, dass die Kurse amerikanischer Anleihen steigen dürften und die »Papierverluste« nach und nach verschwinden werden.“
Das mag zwar eine Hoffnung sein, aber sie steht auf schwachen Füßen. Die Schuldenprobleme der USA, die Uneinigkeit über das weitere Schuldenmachen könnten auch die Kurse der US-Anleihen sinken lassen – immerhin werden die alten Anleihen aus dem Erlös der neuen abgezahlt. Abgesehen vom Schuldendienst steigt der Kreditbedarf der USA weiter an, wenn sie weiter in den weltweiten Konflikten mitmischen wollen.
Ziehen sie sich jedoch aus diesen zurück – z.B. aus der Ukraine – so könnte auch das zu einem Kursverlust der treasuries führen.
„Doch selbst wenn dieser Optimismus berechtigt ist, stehen die Banken immer noch vor ernsthaften Schwierigkeiten. Erstens äußern sich diese in einem Rückgang ihrer Aktienkurse – der Bankensektor gehört zu den Sparten, die in diesem und im letzten Jahr am stärksten von der Abschwächung des US-Aktienmarktes betroffen waren. Beispielsweise fiel der Kurswert der Bank of America im vergangenen Jahr um 24 % und im Jahr 2023 um weitere 14 %.
Selbst wenn die Situation eskaliert, haben Banken eine Organisation wie die Fed an ihrer Seite, die sich bei großen Finanzinstituten seit langem am „Too big to fail“-Prinzip orientiert. Mittlerweile geht man davon aus, dass der Zusammenbruch von Lehman Brothers, gegen den von den Aufsichtsbehörden nicht eingeschritten wurde, zum Auslöser der akuten Phase der Finanzkrise wurde – wenn die Behörden anders entschieden hätten, hätten einige der schwerwiegendsten Folgen vermieden werden können.“
Abgesehen davon, daß die Krise und deren Ausmaße 2008 die US-Behörden überraschten, hielt sich lange hartnäckig das Gerücht, daß eine Bereinigung des US-Bankensektors angestrebt wurde und und einigen Akteuren der Sturz eines solchen Giganten gelegen kam.
Die Folgen konnten sie allerdings nicht voraussehen.
„Diesbezüglich sind die Banker auch nach dem Zusammenbruch der SVB und anderer kleinerer Banken deutlich zuversichtlicher – schließlich waren sie nicht systemrelevant.“
Das stellt sich allerdings erst im Nachhinein heraus …
„Das Budget ist gefährdet
Ein neues Jahr 2008 wird die amerikanischen Banken höchstwahrscheinlich nicht bedrohen. Dies beseitigt jedoch nicht alle Probleme, die mit Anleihenotierungen verbunden sind.
So gehört die Bank of America wie andere Vertreter der Big Four zu den Primärhändlern, also Kreditinstituten, die neue Emissionen amerikanischer Staatsanleihen kaufen. Angesichts ihrer Belastung stellen sich große Fragen zu ihrer Bereitschaft, neue Anleihen am Markt zu kaufen. Und davon wird es in naher Zukunft viele geben – allein in den nächsten sechs Monaten wird das US-Finanzministerium, das seine Kreditaufnahme weiterhin rasch erhöht, mehr als 1,5 Billionen US-Dollar an Verbindlichkeiten begeben. Der sehr angespannte Inlandsmarkt ist möglicherweise nicht in der Lage, diese Mengen zu aufzunehmen.
In dieser Situation lohnt es sich kaum, auf ausländische Akteure zu zählen: China, der Hauptabnehmer amerikanischer Staatsschulden,“
– das war einmal –
„versucht nun, seine Schuldenaufnahme zumindest nicht zu erhöhen. Auch andere mit großen Geldbeuteln werden angesichts des Trends, dass der US-Dollar zur Waffe wird, vorsichtig sein. Daher könnte die aktuelle »Papier«-Finanzkrise in naher Zukunft durchaus greifbare Folgen haben.
Es überrascht nicht, dass Moody's als letzte der drei großen Ratingagenturen mit der höchsten Bonitätseinstufung für die USA, den Ratingausblick für die USA von stabil auf negativ herabgestuft hat.“
(Izvestija, 14.11.)
Apple: Die Börse regiert
Stephan Kaufmann zu Apples Mega-Aktienrückkaufprogramm
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1181945.kommentar-apple-die-boerse-regiert.html
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Montag, 13.05.2024, 18:30 Uhr, Frankfurt
Café Koz. Mertonstraße 26-28
GKN-Workshop: Eine Einführung in „Das Kapital“ von Karl Marx
https://gegen-kapital-und-nation.org/events/eine-einführung-in-das-kapital-von-karl-marx/
Sehr passend zu den Musk-Problemen, die Apple nicht haben will.
Apples Rückkauf von Aktien dient natürlich auch neuer Kapitalaufnahme, weil diese rückgekauften Aktien werden ihnen in nächster Zeit sicher aus den Händen gerissen, oder ihre Nachfolger, falls die alten vernichtet werden.
D.h., sie brauchen nur temporär investieren in diese Käufe, bald können sie auch dafür die Ernte einfahren, – sofern sie überhaupt frisches Kapital brauchen und nicht sowieso in ihrem Fett ersticken!
Aktuelle Gewerkschaftspositionen zu Krieg und Frieden:
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/deutschland/gewerkschaftspolitik-in-der-ruestungsindustrie-eine-kontroverse-in-der-ig-metall-008510.html
https://www.spd-wirtschaftsforum.de/wp-content/uploads/2024/02/20240208_Positionspapier_SVI.pdf
https://www.jungewelt.de/artikel/481829.demo-gegen-rechts-klare-kante-in-eisenach.html
@Leser
Na ja, von der Gewerkschaftsseite nichts Neues. Diese Papiere sind so verklausuliert, daß man da alles hinein- und herauslesen kann.
Die wackeren Demonstranten sind dagegen, daß „Faschisten erstarken, die den Mindestlohn abschaffen, das Rollback in der Umweltpolitik vollenden und den deutschen Imperialismus mit Aufrüstung nach vorne bringen wollen“ – wen meinen sie denn da?
Ich kenne die deutsche Innenpolitik nicht so, aber sind das Forderungen der AfD?