Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 9.7.: russische Rekordexporte

„DER UMSATZ RUSSISCHER AGRARPRODUKTE IM AUSLAND KÖNNTE 45 MILLIARDEN US-DOLLAR ÜBERSTEIGEN

Die Klimaerwärmung beeinflusst den Erfolg der Landwirtschaft

Wieder einmal bestätigt Russland seine Stellung als Welt-Agrarmacht. Die Analytische Kredit-Ratingagentur AKRA prognostiziert, dass der Export russischer Agrarprodukte erneut ein Rekordhoch erreichen und 45 Milliarden US-Dollar überschreiten könnte.
Solche analytischen Schlussfolgerungen wurden unter Berücksichtigung der Ergebnisse des ersten Halbjahres gezogen, die laut der Daten des Landwirtschaftsministeriums die Zahlen des Vorjahreszeitraums um 16 % übertrafen.

Erinnern wir uns daran, daß sich die russischen Agrarexporte im Jahr 2023 auf 43,5 Milliarden US-Dollar beliefen, 2022 waren es 41,3 Mrd. $.,“

– das russische LW-Ministerium nimmt also nach wie vor den US-$ als Referenzwährung –

„wobei das wichtigste Produkt Getreide ist. »Wir haben unsere Partner im vergangenen Jahr mit 66 Millionen Tonnen Getreide beliefert, darunter 51 Millionen Tonnen Weizen«, sagte Landwirtschaftsministerin Oksana Lut.
Das Potential für Getreidelieferungen an ausländische Märkte wird heuer auf etwa 70 Millionen Tonnen geschätzt.“

Rußland strebt also eine weitere Exportsteigerung an und meint, bis zu 70% wären drin.
In jedem Fall schädigt dieser russische Export sicher andere Getreideexporteure, wie die USA oder die Ukraine, und nimmt ihnen Marktanteile weg.

„Hauptimporteure sind die Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion, Nordafrika, der Nahe Osten und Südostasien.

Die Exporte übersteigen die Importe

Natalja Schagaida, Direktorin des Zentrums für Agrarpolitik der Russischen Akademie für Volkswirtschaft (RANEPA), Doktorin der Wirtschaftswissenschaften, sagte, daß Russland seit 2020 zu einem Nettoexporteur von Lebensmitteln geworden sei (d. h. zu einem Land, dessen Exporte entweder im Ganzen oder für einzelne Produktkategorien oder Dienstleistungen die Importe übersteigen).“

Das ist der von Rußland seit 2014 angestrebte Erfolg. Dazu kommt die Diversifizierung der Importe, weg von der EU und hin zu den BRICS.
Der Ukraine-Krieg hat diesen Vorgang vermutlich beschleunigt.

„»Zuvor überstiegen lange Zeit die Lebensmittelimporte die Exporte«, erklärt die Expertin Schagaida. »Die wichtigsten Exportprodukte sind Getreide, Pflanzenöl und Fisch. Diese Produkte werden im Land in großen Überschüssen produziert, sodaß der Export notwendig ist, um die Landwirtschaft des Landes am Laufen zu halten. So wird beispielsweise die Binnennachfrage bei Getreide um mehr als 90 % übertroffen; auch bei Öl und Fisch entstehen im Verhältnis zur Binnennachfrage enorme Überschüsse.«

Was die zukünftige Ernte betrifft, gibt es laut Natalja Schagaida derzeit keine Gefahr von Ausfällen. Daher besteht Potential für ein Exportwachstum in physischer Hinsicht, also in Tonnen. »Aber es gibt Fragen zu den Exportkosten«, gibt sie zu bedenken, »da die Preise auf dem Auslandsmarkt im allgemeinen von ihren Höchstständen im Jahr 2022 zurückgehen.«“

Langsam übersteigt offenbar auf dem Weltmarkt das Angebot die zahlungsfähige Nachfrage.
Dazu ist zu bemerken, daß die tatsächliche Nachfrage sicher höher ist, weil Hunger wird ja in bestimmten Weltgegenden nach wie vor gelitten.
Zweitens ist der Haupt-Aufkäufer von Getreide nach wie vor die UNO. Die Preise, die sie zahlt, sind ausschlaggebend für die Preisentwicklung am Weltmarkt. Kaufen darf sie eigentlich nur mehr in den USA bzw. bei ihren Verbündeten, und dort scheinen die Preise für Getreide gesunken zu sein, u.a., weil China verstärkt in Rußland einkauft.

„Im Jahr 2024 werden die Hauptexportgüter weiterhin Getreide, Pflanzenöl und Fisch sein. Allerdings nehmen die Mengen an Fleisch, Milchprodukten und Süßwaren zu.

Wir exportieren nur die Überschüsse

»Es ist wichtig zu beachten, daß die Exporte nicht deshalb wachsen, weil die Verfügbarkeit auf dem Inlandsmarkt abnehmen würde«, betont Natalja Schagaida.
»Es gibt genug Lebensmittel auf dem heimischen Markt; laut Rosstat ist klar, dass es seit Dezember 2023 einen Anstieg der Einkäufe gibt. Angesichts der aktuellen effektiven Nachfrage besteht ein Überangebot an Nahrungsmitteln.
Im Durchschnitt ist der Fleischkonsum in Russland bereits höher die Norm vorgibt.“

Man fragt sich, um welche Norm es sich handelt?
Anscheinend werden von den russischen Behörden Ernährungs-Tabellen erstellt, wo der angestrebte Konsum der Lebensmittel angeführt wird.

„Gleichzeitig gibt es immer noch Familien, die sich den Kauf von Fleischprodukten nicht einmal im Rahmen einer rationalen Norm leisten können. Aber deren Versorgung ist eine andere Sache. Dabei handelt es sich nicht um Nahrungsmittelknappheit.“

Damit gibt die Expertin zu verstehen, daß es in Rußland eine Klassengesellschaft und Armut gibt, und daß es nicht Aufgabe des Agrarsektors ist, daran etwas zu ändern.

„Nach Angaben des Experten werden russische Produkte praktisch nicht in den Westen verkauft. Sie gehen hauptsächlich in arme Länder. Marmoriertes Rindfleisch zum Beispiel gefällt den Reichen, aber sein Export ist für den durchschnittlichen russischen Bürger ohne Bedeutung: Nur wenige Menschen können sich ein so teures Produkt in ihrer Ernährung leisten.“

Aus diesen leicht kryptischen Bemerkungen geht nicht hervor, ob Rußland diese Ware tatsächlich herstellt und z.B. nach Osten exportiert – nach Japan und China.
Der ganze Passus mutet seltsam an.
Die Agrarexpertin möchte sich offenbar gegen den Vorwurf bzw. Verdacht wehren, daß die Rekordexporte auf Kosten der inländischen Versorgung gehen. Solches war ja aus sowjetischen Zeiten nicht ganz unbekannt.

„Die globale Erwärmung ist von Vorteil“

Sieh da, sieh da.
Alle anderen stöhnen leicht heuchlerisch über die Erderwärmung, der russische Agrarsektor profitiert davon und die Zuständigen können dem durchaus etwas abgewinnen.

„»Eine offensichtliche Tatsache: Die Landwirtschaft, insbesondere der Anbau von Obst und Gemüse, ist stark von den Wetterbedingungen abhängig. Jedes Jahr besteht die Gefahr von Dürre, Frost und Überschwemmungen. Dieser Mai war in einigen Regionen von Nachttemperaturen unter Null geprägt. Aber unser Land ist riesig, die Landwirtschaft ist über ein großes Gebiet verteilt«, erklärt Natalja Schagaida.
»Und das ermöglicht eine echte Diversifizierung der Risiken. In einem Gebiet wird es Verluste an Winterfrüchten geben, andere Gebiete werden das kompensieren. Wenn an einem Ort die Obsternte ausfällt, wird es sie an einem anderen geben; die Importe aus der Eurasischen Wirtschaftsunion – also Ländern, die sich zu diesem Zweck zusammengeschlossen haben, – werden zunehmen, um einen einheitlichen Wirtschaftsraum für den freien Warenverkehr zu schaffen.“

Melonen aus Kasachstan, Äpfel aus Belarus …

„Zweifellos wirkt sich die Klimaerwärmung auf die Landwirtschaft aus – die Zahl der Regionen, in denen Winterfrüchte angebaut werden, nimmt zu.“ (Hier handelt es sich um Wintergetreide, Wintergemüse, überwinternden Raps und Mohn.) „Verschiedene Technologien ermöglichen es, die negativen Auswirkungen des Klimas, sogar der Dürre, zu neutralisieren.
Die Hauptsache ist, die eigene nationale Wissenschaft zu unterstützen, damit sie Technologien der Anpassung an den Klimawandel schafft, – was derzeit geschieht –, aber auch den Zugang zu bestehenden importierten Technologien nicht gewaltsam einzuschränken. Die Landwirtschaft muss alle Errungenschaften der Welt nutzen, um unter modernen Bedingungen sicher zu funktionieren.“

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