Die multipolare Welt

EINE UNERFREULICHE PERSPEKTIVE

Über Staatsgewalt, Landesgrenzen und Krieg

Eine Landesgrenze ist ein völliges Kunstprodukt. Nichts ist dümmer als das Geschwätz von „natürlichen“ Grenzen.
Eine Landesgrenze sagt aus, wie weit die Gewalt des einen und des anderen Staates reicht, die sich auf den beiden Seiten befinden. Die Staaten haben sich gegeneinander konstituiert und im Laufe ihres Bestehens und einiger kriegerischer Auseinandersetzungen auf diese Grenze geeinigt – eine Einigung, die jederzeit widerrufen werden kann, wenn ein Staat sich mächtig genug fühlt, ein Stück eines Nachbarstaates zu beanspruchen und diesen Anspruch auch durchzusetzen.
Die Welt ist voller strittiger Grenzen. Auch in Europa gibt es genug Grenzen, über die zwischen den Nachbarstaaten keine Einigkeit herrscht, die nicht international anerkannt sind, usw.
Im Laufe der Zeit haben viele Staaten versucht – mit oder ohne Erfolg – ihre Grenzen zu erweitern und sich Territorium der Nachbarstaaten einzuverleiben.

Auch dann, wenn die Grenze nicht berührt wird, gibt es den Anspruch der Staaten, seinen Einfluß und seine Gewalt auch außerhalb seiner Grenzen zur Geltung zu bringen. Sei es mit kriegerischen, sei es mit „friedlichen“ Mitteln, die auch immer recht gewaltträchtig sind. Dazu später.

Zu Zeiten des Kalten Krieges – als die Welt in Anlehnung an den heutigen Sprachgebrach „bipolar“ war –, wachte auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges eine Macht darüber, daß Grenzstreitigkeiten verbündeter Staaten nicht in Kriegen mündeten. Im sowjetischen Einflußbereich war Revanchismus aller Art verboten. Nur die Hauptmacht selber nahm sich Grenzveränderungen heraus, vor allem im Gefolge von Weltkrieg II.
Auch im Westen gab es Grenzkriege, wie den Falkland-Krieg 1982, oder von der NATO im Keim erstickte Auseinandersetzungen wie diejenigen zwischen Griechenland und der Türkei.
Generell aber galt, daß keiner der Blöcke Grenzkriege wollte, weil das die Allianz gegen den Hauptfeind geschwächt hätte.

Diese einigende Klammer fiel mit dem Zerfall der SU weg. Seither ist das Rennen wieder eröffnet. In den Nachfolgestaaten der SU, auf dem Balkan, im Nahen Osten, in Nordafrika, im Fernen Osten – überall melden sich „eingefrorene“ Konflikte und Grenzstreitigkeiten, es wird aufgerüstet wie wild und nix ist mehr fix.

Das gehört zu einer multipolaren Welt dazu, und zeugt davon, daß diese bereits fortschreitet. Die verschiedenen „Pole“ wollen eben ihre Grenzen und ihren Einfluß auf Kosten anderer erweitern.

Internationale Spielregeln

Wer sich auf Regeln beruft, vergißt meist, daß es jemanden gibt, der die Regeln setzt, und andere, die sie befolgen.
Bereits beim nationalen Recht gibt es das Mißverständnis, daß das Recht selbst sozusagen natürlich, göttlich oder ähnliches sei und die tatsächliche Staatsgewalt es nur vollstreckt. Man macht sich gerne etwas darüber vor bzw. täucht sich darüber hinweg, daß diese Gewalt es auch setzt, also das Recht überhaupt erst durch Gewalt in die Welt kommt.
Anhänger des Rechts, der Menschenrechte und der internationalen Spielregeln sind daher immer Parteigänger der Gewalt, auch wenn sie sich als das Gegenteil präsentieren und gegen – einzelne, partikulare – Gewalt wettern.

Zu diesen „internationalen Spielregeln“ gehören auch die diversen supranationalen Gerichtshöfe in Den Haag, Luxemburg, Straßburg, die dadurch, daß sie keinem besonderen Staat angehören, dem Trugbild Leben verleihen, daß das Recht über der Gewalt stünde.
Man merkt aber an ihren Rechtssprüchen, daß sie die Interessen bestimmter Staaten bevorzugen und sich auch nicht daran stoßen, daß die USA sich ihrer Jurisdiktion nicht unterwirft. Darin erkennt man ein Bewußtsein dessen, daß die Hegemonialmacht nicht in gleichem Maße zur Rechenschaft gezogen werden kann wie die restlichen Staaten, die sich an die von dieser Macht gesetzten Regeln halten müssen und das meistens auch wollen.

Rußland beklagt die „Privatisierung“ der internationalen Regeln durch EU und USA und möchte gerne seine Rechtssprechung über seine Grenzen ausdehnen. Deshalb erhebt es Anklage gegen ausländische Bürger (der Ukraine), wo eine angebliche Gesetzesübertretung nach internationalem Recht dingfest macht. Damit will sich die russische Regierung als der bessere Vollstrecker des internationalen Rechts präsentieren, das es damit auch anerkennt.
Rußland leistet sich damit den Widerspruch, der Hegemonialmacht ihre Sonderstellung zu bestreiten, aber das von ihr aufrechterhaltene Regelwerk anzuerkennen.

Dieses Regelwerk bezieht sich auch auf die restlichen Interessen, die neben der Machtvollkommenheit der Staaten existieren bzw. die Grundlage ihrer Ambitionen bilden.

Der Weltmarkt

Es müssen einmal klare Verhältnisse geschaffen werden, damit ein US-Unternehmen in Ägypten investieren oder eine deutsche Firma Lieferverträge mit einem Unternehmen in Indonesien abschließen kann. Das fremde Eigentum muß geschützt sein, die Zahlungsmodalitäten gehören abgesichert und die Rechtssprechung muß irgendwie zwischen Herkunfts- und Zielland koordiniert sein. Das ist notwendig, damit sich ein Staat an den Reichtumsquellen eines anderen bedienen kann, unter dem Motto „friedlicher Handel und Wandel“.

Die entsprechende Weltordnung wurde von den USA nach 1945 durchgesetzt, bei dem auch die Kolonialmächte ihre Kolonien aufgeben und damit auf exklusive Handelsbeziehungen verzichten mußten. Unter dem Titel der Souveränität und des „Selbstbestimmungsrechts der Völker“ wurden diese Staaten mit eigenen Regierungen ausgestattet und mit Hilfe von Krediten und Handelsabkommen in den Weltmarkt integriert, was sich bei vielen heute vor allem in Schuldenbergen ausdrückt.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurden die Staaten aus dem Orbit der Sowjetunion Schritt für Schritt in den Weltmarkt einbezogen, durch Einrichtung eines Bankennetzes, Zahlungsmodalitäten, nicht zu vergessen die Einrichtung einer Eigentumsordnung, die in vielen Gegenden mit Hilfe von Schußwaffen stattgefunden hat.

Heute wird das ein Stück weit rückgängig gemacht. Durch Sanktionen und Embargos werden verschiedene Staaten teilweise oder ganz vom Weltmarkt ausgeschlossen. Es bildet sich ein zweiter Weltmarkt. Die „alten“ Nutznießer desselben – die USA, die EU, anglosächsische Staaten, die Schweiz – drängen sich um die Hegemonialmacht USA, während andere eine „Schattenwelt“, einen Weltmarkt der Ausgeschlossenen mit China als Referenzmacht bilden. Dazwischen bilden sich ambitionierte Regionalmächte, die versuchen, sich in beiden Hemisphären zu betätigen.

Sehr kriegsträchtig, das Ganze: Bereits jetzt laufen mehrere Konflikte um die Aufteilung der Welt, ihre Rohstoffe, ihre strategisch wichtigen Positionen, und es ist anzunehmen, daß deren eher mehr werden als weniger.

66 Gedanken zu “Die multipolare Welt

  1. Das SPD-Papier 2023 skizziert  auch die  
    “VI. Beziehungen zu China und der Indo-Pazifik-Region

    Der Aufstieg der Volksrepublik China ist eine der größten globalen Veränderungen der letzten Jahrzehnte. Die wachsende Bedeutung Chinas birgt eine Vielzahl an Herausforderungen, aber auch einige Chancen für Deutschland und die Europäische Union. Deutschland wird sich mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten China-Strategie in die europäische Debatte einbringen.
    Diese Positionsbestimmung sollte sowohl die Veränderungen in China als auch die Verschiebungen im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten, Russland und anderen europäischen Nachbarn berücksichtigen. Ziel sollte eine Reduzierung starker Abhängigkeiten sein und damit die Stärkung unserer Souveränität.

    Darüber hinaus sollen Position hinarbeiten, die fest in der Wertegemeinschaft des Westens verortet ist und die Sicherheitsinteressen unserer demokratischen Partner im indopazifischen Raum berücksichtigt, die die europäische Souveränität in einer regelbasierten multilateralen Ordnung stärkt und konstruktive, offene und transparente Beziehungen zu den zentralen Akteuren von morgen vertieft.
    Für uns Sozialdemokratinnen ist die Politik gegenüber China weiterhin durch einen kontinuierlichen politischen Dialog geprägt. Es gilt der Grundsatz, nicht nur über, sondern auch mit China zu reden und dabei konstruktiv-kritische Fragen der Kooperation, des Wettbewerbs und der Menschenrechte zu behandeln. Ohne den Dialog mit China ist die Gestaltung der ökonomischen, ökologischen, sozialen und politischen Herausforderungen unserer Zeit kaum vorstellbar.
    Die Beziehungen mit China müssen entlang der auch auf europäischer Ebene definierten drei Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität gestaltet werden. Gemeinsame Interessen wie beispielsweise bei einer regelbasierten internationalen Ordnung, beim Klimaschutz oder bei Abrüstung und Rüstungskontrolle gilt es weiter auszuloten.
    Gleichzeitig sehen wir, dass Aspekte des Wettbewerbs und der systemischen Rivalität zunehmen. Damit einher geht die Notwendigkeit, Abhängigkeiten bei Schlüsseltechnologien und Wertschöpfungsketten sowie bei Rohstoffen und Energieträgern zu reduzieren.
    Wir konstatieren: China ist nicht nur ein Kooperationspartner, sondern zugleich ein wirtschaftlicher Konkurrent und ein systemischer Rivale. Dies wird auch in Chinas ambivalenter Haltung zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine deutlich.
    Wir müssen feststellen, dass China unter Präsident Xi immer selbstbewusster und teilweise aggressiver nach außen auftritt. Diese Entwicklung geht einher mit einer Verschlechterung der Menschenrechtslage, insbesondere in der Provinz Xinjiang, und der Einschränkung politischer Freiheiten, wie zum Beispiel in Hongkong.
    Es stehen zwei verschiedene Modelle im Wettbewerb: das Modell eines demokratischen Rechtsstaats, der die universellen Menschenrechte schützt in einer freien und sozialen Marktwirtschaft und das chinesische Modell eines autoritären Staatskapitalismus, der die universellen Menschenrechte relativiert. Auch wenn unsere Beziehung zu China durch alle drei genannten Dimensionen bestimmt wird, können diese nicht einfach unreflektiert nebeneinanderstehen.

    Die Systemkonkurrenz ist maßgeblich dafür, wie die Partnerschaft mit China konkret ausgestaltet werden kann und beeinflusst auch die Art und Weise des wirtschaftlichen Wettbewerbs mit China. Teil der Antwort auf die Systemkonkurrenz muss sein, dass wir den von China umworbenen Ländern und Regionen alternative und attraktivere Kooperationsangebote machen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Global Gateway Initiative der EU.
    Im Rahmen der Systemkonkurrenz gilt es, weiterhin die Zusammenarbeit in Gebieten mit beiderseitigem Interesse zu suchen. Die Kooperation mit China bei Fragen einer regelbasierten internationalen Ordnung, Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie bei der Klimapolitik und der nachhaltigen Energiegewinnung ist hier von großer Bedeutung.
    Unser Blick auf den Indopazifischen Raum beschränkt sich nicht auf China. Im Indopazifik werden die Regeln der internationalen Ordnung durch einzelne Akteure zunehmend herausgefordert. Die Aufrüstung in der Region hat sich beschleunigt, geopolitische Spannungen verschärfen territoriale Konflikte, die Gefahr einer Eskalation nimmt zu.
    Wir werden auch künftig gemeinsam mit unseren Partnern daran arbeiten, die regelbasierte internationale Ordnung zu bewahren, das Völkerrecht und multilaterale Strukturen zu stärken und Konflikten vorzubeugen. Dabei treten wir einer Blockbildung im Indopazifik klar entgegen. Wir sind bereit, mit allen Partnern der Region zu kooperieren, die sich zu den Prinzipien der regelbasierten Ordnung bekennen.
    Der Indopazifik ist für Deutschland und die Europäische Union von herausgehobener Bedeutung. Gleichzeitig bestehen starke wirtschaftliche Abhängigkeiten von einzelnen Märkten.
    Wir treten dafür ein, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass in Schlüsselbereichen Lieferketten diversifiziert und die Chancen der Indopazifik-Region besser und breiter genutzt werden. Bestehende Partnerschaften, insbesondere zu Indien, Japan und der Republik Korea, aber auch den Asean-Mitgliedstaaten werden wir weiter intensivieren und ausbauen.”

    https://www.telepolis.de/features/Exklusiv-SPD-sieht-Verschiebungen-im-Verhaeltnis-zu-USA-Russland-und-Europa-7458324.html?seite=4

  2. An diesen Überlegungen sieht man, daß die SPD offenbar keineswegs in der Waffenbrüderschaft mit der NATO das einzige Ziel und die einzige Zukunft – für Deutschland und die EU – sieht …

  3. Man könnte auch anmerken, dass Frau Högl von der SPD weiß, warum sie die Souveränität der BRD dadurch gestärkt sehen will, dass das 100-Mrd-Aufrüstungspaket auf die dreifache Summe ausgeweitet werden müsse – nicht um den nächsten Krieg anleiern zu wollen,   'sondern' um der Stimme Deutschlands international ‘mehr Gewicht’ verschaffen zu können, bzw. “mehr Verantwortung” für die westlichen und deutschen div. Werthaftigkeiten….

  4. Irgendwie erscheint es so, daß alle das militärische Zeug massenhaft haben, aber nicht unbedingt einsetzen wollen. (Neoprenes Hinweis auf die „in den Depots“ herumstehende Ausrüstung scheint mir mit diesen großen Ankündigungen zusammenzupassen.)

  5. Dass die BRD massenhaft militärisches Zeux nutzlos herumstehen lassen wolle, sehe ich nicht. Stattdessen beschaffen sie sich erst massenhaft solches Zeux,  planen also große Aufrüstungsschritte. Der Zweck des zukünftigen Militärs besteht auch eher darin, als veritable Abschreckungsmacht, und also militärische Weltordnungsmacht,  zukünftig mal in Position treten zu wollen. (Die hat allerdings den riesigen Haken, dass eine BRD-eigene Atommacht aktuell nicht auf dem Zettel steht….  Und daran dürfte auch eine Verdreifachung der Aufrüstungssumme rein gar nichts ändern…)

    Auch hier sind die Grünen wieder als Pro-Kriegspartei unterwegs, denn Frau Baerbock hat bereits vor einem halben Jahr mehr nukleare Teilhabe für die BRD verlangt. (Als würde ein anderer konkurrierender imperialistischer Staat die BRD an solcherlei Waffentypus ernsthaft ‘teilhaben’ lassen wollen…..). https://regionalheute.de/baerbock-verteidigt-nukleare-teilhabe-1667397306/

    Eine Welt ohne Atomwaffen – offenbar vorerst nicht mit der deutschen Bundesregierung. Während in Wien derzeit zahlreiche Länder bei einer Konferenz über die sicherheitspolitischen und humanitären Auswirkungen der nuklearen Sprengköpfe debattiert, schließt Deutschland einen Beitritt zum sogenannten Atomwaffenverbotsvertrag aus. Begründet wird diese Entscheidung mit den Verpflichtungen gegenüber der Nato. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor. Die Regierung wird also weiter an dem Prinzip der nuklearen Abschreckung festhalten – erklärt aber auch, dass sie das Ziel einer atomwaffenfreien Welt teile. (…) Zwar gehört Deutschland nicht zu den neun Atomnationen der Welt, allerdings sind nach unbestätigten Berichten weiterhin US-Atomsprengköpfe in Deutschland im Rahmen der nuklearen Teilhabe stationiert. Die US-Atomwaffen befinden sich angeblich beim Fliegerhorst Büchel und sollen im Ernstfall von der deutschen Luftwaffe eingesetzt werden.

    https://www.kreiszeitung.de/politik/deutschland-beharrt-auf-nukleare-teilhabe-atomwaffen-sollen-vorerst-bleiben-91624541.html

  6. @Leser

    Ich denke mir, daß man

    @Neoprenes

    Behauptungen zu den in Depots herumstehenden Panzern etc. pp. mit deinen Ausführungen zusammenbringen kann über die Interpretation des Wortes „nutzlos“.
    Nutzlos sind diese Dinger offenbar nicht, weil sie enorme Abschreckungswirkung entfalten (sollen!). Je mehr, desto besser.

    Da kann man sie nicht einfach an die Ukraine herschenken.

  7. (Die hat allerdings den riesigen Haken, dass eine BRD-eigene Atommacht aktuell nicht auf dem Zettel steht…)

    Auch hier sind die Grünen wieder als Pro-Kriegspartei unterwegs, denn Frau Baerbock hat bereits vor einem halben Jahr mehr nukleare Teilhabe für die BRD verlangt. (Als würde ein anderer konkurrierender imperialistischer Staat die BRD an solcherlei Waffentypus ernsthaft ‘teilhaben’ lassen wollen…..

    Und vor allem, als würden die Grünen sich mit T e i l habe begnügen. Die wollen natürlich souverän verfügen. So ist das halt. Wer mehr weltpolitische Verantwortung will, der muss eben aufrüsten. Und wer aufrüstet, der will auch über Atomwaffen verfügen. Schließlich darf es nicht sein, dass die Existenz der eigenen Gewalt von ein paar Panzern abhängt. Die Garantie der eigenen Staatsgewalt ist erst mit der souveränen Verfügung über Atomwaffen komplett und setzt im übrigen auch die konventionellen Kriegsgeräte so richtig frei. Das eine folgt aus dem anderen.

  8. Der Präsident von Venezuela, Nicolás Maduro, schlug der Nationalversammlung vor, eine politische Achse mit den Verbündeten Russlands und Chinas in Lateinamerika zu bilden.

    Der bolivarianische Präsident erwähnte bei der Präsentation des jährlichen Berichts über seine Regierungstätigkeit vor den Abgeordneten, darüber mit den Regierungschefs Brasiliens, Luiz Inácio Lula da Silva, Kolumbiens, Gustavo Petro und Argentiniens, Alberto Fernández, gesprochen zu haben.

    https://espanol.almayadeen.net/news/politics/1665079/maduro-propone-formar-alianza-con-rusia-y-china-en-am%C3%A9rica-l

  9. Kuba übernimmt die Präsidentschaft der G77+China

    New York/Havanna. Die sozialistische Republik Kuba hat erstmals den Pro-Tempora-Vorsitz der Gruppe der 77 + China, einem Zusammenschluss von 134 Ländern des Globalen Südens, inne. Die Übergabe erfolgte in einer virtuellen Zeremonie, an der Kubas Präsident Miguel Diaz-Canel, der Generalekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, der Präsident der UN-Generalversammlung Csaba Korosi und der pakistanische Außenminister Bilawal Bhutto Zardari teilnahmen.

    Diaz-Canel rief in seiner Ansprache dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um "die Hindernisse für den wirklichen Fortschritt der Völker" zu überwinden: "Die Einheit ist ein Gebot und die größte aller Notlagen".

    In diesem Sinne betonte auch der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez, dass die Bündnisse innerhalb der Organisation in schwierigen Zeiten gestärkt werden müssten. Er wies darauf hin, dass sein Land im Rahmen der G77-Präsidentschaft die internationale Zusammenarbeit fördern werde, um die wirtschaftliche Erholung der Entwicklungsländer nach der Pandemie zu beschleunigen. Die Präsidentschaft Kubas werde auch darauf abzielen, die Süd-Süd-Zusammenarbeit effektiver zu gestalten und die Nord-Süd-Zusammenarbeit zu fördern, damit die Industrieländer ihrer historischen Verantwortung gerecht werden. Innerhalb der G77 werde Kuba die Konsolidierung gemeinsamer Positionen, die Stärkung der Einheit der Gruppe und die Teilnahme an den wichtigsten laufenden multilateralen Prozessen fördern.

    Sein Ministerium, so versprach Rodríguez, werde sich auch für die Konsolidierung eines "auf Regeln basierenden, transparenten, nicht diskriminierenden, offenen und integrativen multilateralen Handelssystems" einsetzen. Ebenfalls auf der kubanischen Agenda stehe die Verteidigung des allgemeinen Zugangs zu hochwertiger Bildung und Gesundheit.

    (…)

    https://amerika21.de/2023/01/262187/kuba-erhaelt-die-praesidentschaft-der-g77

  10. Stephan Kaufmann:  Die Schwellenländer schwächeln

    Die Schwellenländer legen kaum noch stärker zu als die Industrienationen. Der ökonomische Aufholprozess ist offenbar vorüber. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der globale Süden in Zukunftsbranchen kaum eine tragende Rolle spielt.   (…). Ein Blick in die fernere Vergangenheit zeigt: Die ökonomische Konvergenz zwischen Nord und Süd war eher die Ausnahme als die Regel. So wuchs zwischen 1945 bis 1995 weniger als ein Drittel der Entwicklungsländer schneller als die Industriestaaten, (…). Auf Phasen starker Konjunktur folgten häufig Krisen, zum Beispiel in den 1980er Jahren, als die Wirtschaftsleistung von 42 Prozent der Länder mit niedrigem Einkommen im Durchschnitt schrumpfte. (…). Die Zinsen in den Industrieländern steigen, Kredit wird teurer, die Schwellenländer haben mit Kapitalabfluss und schwächeren Währungen zu kämpfen. Chinas exorbitantes Wachstum lässt nach und muss mit immer neuen Kreditprogrammen gestützt werden. (…). Und schließlich spielen die Entwicklungsländer absehbar kaum eine tragende Rolle in jenen Sektoren, die als Zukunftsbranchen gehandelt werden: künstliche Intelligenz, Digitalisierung, Elektrifizierung, Greentech, Automatisierung, Biotechnologie.
    In den nächsten zwei Jahren, so die Weltbank in ihrem jüngsten Weltwirtschaftsausblick, dürfte das Pro-Kopf-Einkommen der Entwicklungs- und Schwellenländer nur durchschnittlich 2,8 Prozent zulegen, das wäre ein Prozentpunkt weniger als der Durchschnitt 2010 bis 2019. Der Wert für Subsahara-Afrika wird bei 1,2 Prozent erwartet – „eine Rate, die die Armut steigen lassen würde“. (…)

    https://www.fr.de/wirtschaft/ende-eines-wunders-wachstum-wirtschaft-92037559.html

  11. Neue Afrika-Strategie der Bundesregierung:
    Die energie-imperialistische Zurichtung Akfrikas im Zeichen der Erneuerbaren Energien wird  lügenhaft als Wohlstandsförderung für den schwarzen Kontinent verkauft
    https://www.tages-politik.de/Energie-Umwelt/Deutsche_Akrikastrategie-2023.html
    https://www.tages-politik.de/Energie-Umwelt/Energieparterschaft_mit_Afrika-2022.html

    —-

    Jörg Kronauer:     Jeweils einzigartig.
    China: Grundsatzrede von Xi Jinping zu Modernisierung ohne Verwestlichung in Volksrepublik. Auch Option für globalen Süden
    https://www.jungewelt.de/artikel/444675.entwicklungswege-jeweils-einzigartig.html

    —–

    Stephan Kaufmann:  Kleinstaaten sind Spielbälle auf dem Weltmarkt.
    https://www.fr.de/wirtschaft/kleine-staaten-als-spielbaelle-des-weltmarkts-92053942.html

    —–

    Christian Bunke: Die Achsenmacher
    Geopolitik und Infrastrukturkapitalismus: Die Drei-Meere-Initiative in Zentral- und Osteuropa
    (…) Die Kriege von heute wurden seit Jahren vorbereitet – mit dem Bau von Eisenbahnstrecken, Autobahnen, Flughäfen. Gerade Zentral- und Osteuropa sind Schauplatz zahlreicher ineinandergreifender Großprojekte, die allesamt sowohl wirtschaftliche als auch militärische Aspekte miteinander vereinigen. (…)
    https://www.jungewelt.de/artikel/444408.raum-und-wirtschaft-die-achsenmacher.html

  12. Gab es da nicht mal eine Theorie von Zbigniew Brzeziński, die besagt, dass die USA dafür sorgen muss, dass Westeuropa sich nicht Russland zusammentut und dass es dafür einen Riegel von Staaten braucht um die beiden zu trennen. – So kommt mir die Drei-Meere-Initiative (3SI) vor. Danke dafür – war mir vollkommen neu.

  13. Das Herumschießen von Ballons scheint keine Spezialität Chinas zu sein:

    Peking wirft Washington illegale Ballonflüge vor

    Nach dem Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons wirft Peking nun den USA vor, in ihren Luftraum eingedrungen zu sein. Derweil hat Washington in drei Tagen drei weitere Flugobjekte abgeschossen.

    (…)

    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/china-wirft-usa-illegale-ballonfluege-vor-vierter-abschuss-in-amerika-18675627.html

  14. @Kehrer

    Zu Brzesiński kann ich nichts sagen – wenn er die Theorie vertreten hat, hat er sie jedenfalls nicht erfunden. Es ist nur die Neuauflage der Heartland-Theorie Mackinders.

    De-facto haben die USA das mit dem Riegel jedenfalls seit mehr als einem Jahrzehnt betrieben. Vor allem unter Obama, dem vermeintlichen Messias – change! – wurde da sehr viel weitergebracht.

    Wenn ich mich richtig erinnere, war der Ausgangspunkt der 2. Irak-Krieg von Bush Junior 2003.
    Da gab es einen offenen Brief 3-er ehemaliger osteuropäischer Dissidenten (Michnik, Havel, Konrád) in einer deutschen Zeitung, daß das alte Europa die USA zu wenig gegen ihre Feinde unterstütze. Damals war gerade die Dämonisierung Saddam Husseins angesagt.
    In dieser Zeit startete auch das britische Außenministerium über seine Botschaften in Osteuropa eine Initiative, wo vor allem Deutschland und Frankreich als zu zögerlich beim Schulterschluß mit den USA seien, obwohl sie ihnen doch so viel verdanken.

    Das alles entfachte einen gewissen Sturm im Blätterwald, ist aber heute ziemlich vergessen.

  15. Diese Ballone scheinen eine Mischung von Propaganda und UFO zu sein und werden immer mehr:

    „Rumänien und Moldau rätseln über "ballonartiges Flugobjekt"

    Die rumänischen und moldauischen Behörden rätseln über ein "ballonartiges" unbekanntes Flugobjekt, das am Dienstag im Luftraum der beiden Nachbarländer aufgetaucht war. Beide Länder gaben an, ein Objekt geortet zu haben, dessen Eigenschaften denen eines Wetterballons ähnlich seien. Wie die Behörden in Chisinau am Abend meldeten, war dies der Grund für eine mehrstündige Luftraumsperre über Moldau am Nachmittag.

    Das rumänische Verteidigungsministerium gab am frühen Nachmittag in einer Aussendung bekannt, dass die Luftraumüberwachungssysteme gegen 12.30 Uhr Ortszeit im Südosten des Landes ein "ballonartiges unbekanntes Flugobjekt in etwa 11.000 Meter Höhe" angezeigt haben. Die Merkmale des Objekts hätten weitgehend jenen eines Wetterballons entsprochen. Man habe zwei Kampfjets vom Typ MiG21 Lancer aufsteigen lassen, die das unidentifizierte Flugobjekt jedoch weder sichten noch auf ihren Radaren orten konnten und daher nach dreißig Minuten wieder zum Luftwaffenstützpunkt Festesti zurückkehrten.

    Fast zeitgleich ließen die Behörden in Chisinau den Luftraum über Moldau für mehrere Stunden sperren. Am Abend stellte sich heraus, dass die Ursache für die Sperre ein ähnlicher Vorfall war.“

    (Standard, 14.1.)

  16. DE: „Ja, und genau diese UFOs, also Ballons, gibt es tatsächlich, obwohl ich denke, dass die Anzahl der abgeschossenen Ballons bereits viel höher ist als die Anzahl der gestarteten. Und diese Ballons gab schon immer, einige von ihnen waren aus China, andere – aus anderen Ländern, zum Beispiel Nordkorea. Die politische Führung der Vereinigten Staaten sowohl unter Obama als auch unter Trump wusste davon. Aber unter anderen Präsidenten war das ein eher unbedeutender Faktor, der innenpolitisch nicht genutzt werden konnte.

    KP: Das heißt, dieses Problem mit den »chinesischen Ballons« richtet sich eher an das heimische Publikum?

    DE: Genau. Wie man sieht, wird derzeit das Thema Luftballons und Bidens angebliche Ohnmacht gegenüber dieser Bedrohung eher innenpolitisch vorangetrieben.
    Übrigens, ich sehe keine besondere Besorgnis der Amerikaner in Bezug auf die Situation mit der Sprengung der Nord Stream Pipelines.
    Im Gegenteil, ich sehe, dass sie in den USA praktisch damit prahlen, dass sie es getan haben, und niemand kann etwas gegen sie sagen. Darauf scheinen mir die Amerikaner stolz zu sein, obwohl sie nicht direkt damit werben.
    Man muß verstehen, dass Seymour Hersh nicht alle Enthüllungen alleine gemacht hat. Er hat Quellen innerhalb der amerikanischen Machtstrukturen, und diese Quellen haben unterschiedliche Verhaltenslogiken, aber sie sind alle mit der Innen-, und nicht mit der Außenpolitik verbunden.“

    (Aus einem Interview der KP mit dem Politologen Dmitrij Jewstafjew, 14.2.)

  17. Auch über Kiew und Dnjepropetrowsk sollen schon Ballons gesichtet worden sein … Natürlich aus Rußland kommend!

  18. Das ist wirklich ne Farce. Jetzt wissen wir also, dass der Himmel voller Ballons ist, die zu dem einen oder anderen Zweck in den Himmel geschickt werden und einige verirren sich, andere sinken auf die Erde zurück bevor sie staatsfremden Luftraum erreichen. Und das war schon immer so. Bloß jetzt wird von den Supermächten gegenseitig eine böse Absicht unterstellt und die Völker damit gegeneinander gehetzt. Und seit dem das durch die Presse geht, werden natürlich überall weitere unbekannte Flugobjekte gesichtet und was der eigentliche Witz ist, sie schaffen es in die Nachrichten. UFO gab es schon früher, bloß jetzt sind sie auf einmal nachrichtenwürdig geworden.

    "Es ist nur die Neuauflage der Heartland-Theorie Mackinders." Ja. Ich hatte nur dunkel eine Theorie in Erinnerung ohne sie genau zuordnen zu können. Jedenfalls hat mich die Drei Meere Initiative sehr stark daran erinnert und es hat mich gewundert, dass es sowas tatsächlich gibt und dass sowas quasi unter dem Radar (jedenfalls meinem Radar) Gestalt angenommen hat.

  19. Die Entschlossenheit beider Seiten, keinen Millimeter zurückzuweichen, zeigt sich auch außerhalb des Schlachtfeldes.

    In den russisch besetzten/verwalteten Gebieten der Ukraine wird das Moskauer Zeit-System eingeführt. (D.h., bei Zügen und Bussen wird immer die Moskauer Zeit angegeben, die örtliche Zeit steht entweder in Klammern dahinter – oder auch nicht.

    Der Bürgermeister von Charkow muß eine Geldstrafe zahlen, weil er auf seiner Website (auch) Russisch verwendet, was dem Gesetz über die „Sicherung des Funktionierens der ukrainischen Sprache als Staatssprache“ widerspricht.

  20. An seinen Formulierungen muß der Oberdiplomat noch feilen:

    Russischer Außenminister Lawrow auf Konferenz in Indien von Publikum ausgelacht

    Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat bei einer Konferenz im indischen Neu-Delhi erneut versucht, den Westen für den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu machen – und dafür Gelächter geerntet. Auf die Frage nach der Energiepolitik seines Landes sagte Lawrow am Freitag: "Wissen Sie, der Krieg, den wir versuchen zu beenden und der gegen uns ausgelöst wurde, in dem die Ukraine benutzt wurde…".

    Nach einer kurzen, durch das Lachen aus dem Auditorium verursachten Pause fügte er dann zunächst stockend hinzu, (der Krieg) habe die Politik Russlands beeinflusst, auch die Energiepolitik. Russland werde sich niemals mehr auf Partner im Westen verlassen. Vielmehr wolle man in der Energiepolitik zuverlässige Partner, Indien und China zählten sicher dazu. Bemerkenswert war, dass Lawrow den Krieg als solchen bezeichnete. Bisher vermeidet das der Kreml und spricht von einer "militärischen Spezialoperation".

    In den sozialen Netzwerken löste das Gelächter auf Lawrows Auftritt ein großes Echo aus. Lawrow werde zu einer Witzfigur, die Weltmacht werde einfach ausgelacht, das müsse peinlich sein, lauteten verschiedene Reaktionen.

    Die multilaterale, von einem Think Tank und dem indischen Außenministerium veranstaltete Konferenz für Geopolitik und -wirtschaft findet jährlich in Neu-Delhi statt.

    (Standard, 4.3.)

    Die Sprachregelungen, die im Inland verordnet werden, ziehen im Ausland nicht.

    Während der Westen vom „Angriffskrieg“ Rußlands spricht, so will Rußland ihn nur als Krieg zur Verteidigung seiner legitimen Interessen verstanden wissen.
    Aber was sind die legitimen Interessen Rußlands für Indien?

  21. Der Westen habe die RF vor dem Waffengang nicht bedroht, sondern ihr die Anerkennung ihrer exterritorialen Interessen bestritten – also ("nur") – von mir hinzugesetzt  –  ihre Geltung als Weltmacht.
    https://overton-magazin.de/top-story/das-friedensmanifest-ein-appell-ausgerechnet-an-die-kriegstreiber/#comment-26830. (Dieser Kommentar von TG von 12.33 Uhr ist wohl ein Unterkommentar und wird wohl deswegen nicht als Link angezeigt.)

    Putin hat sich 1999 den vorherigen Zerfall der Sowjetunion – und anschließend den Russlands – anscheinend so erklärt, dass der passiert sei, weil es keine Weltmacht mehr sei, und er, Putin,  wolle das daher nun wieder ändern. https://www.swr.de/swr2/wissen/archivradio/putin-wird-1999-ministerpraesident-russland-ist-eine-grossmacht-100.html.   Damit begann er nicht nur in Tschetschenien. – Insofern tue ich mich schwer, die beiden Seiten auseinander zu klamüsern, weil Weltmacht zu bleiben, ein Programmpunkt Putins war. (Und nicht ein bloß ideologischer Zusatz zu seinem Programm.)

    (Es handelt sich wohl um einen Unterkommentar unter diesen hier: https://overton-magazin.de/top-story/das-friedensmanifest-ein-appell-ausgerechnet-an-die-kriegstreiber/#comment-26716) – also die 5. der 11 dort gelisteten Antworten

  22. Über die Begriffe „Weltmacht“ und „Großmacht“ gibt es offenbar unterschiedliche Auffassungen.

    Bei der von China und Rußland angestrebten „multipolaren“ Weltordnung soll es ja keine Weltmächte im Sinne von Hegemonialmächten geben. Das ist zunächst einmal ein Angriff auf die Weltordnungsansprüche der USA und der sich in ihrem Schlepptau wichtig machenden EU und sonstiger USA-Verbündeter.

    Was die Großmächte angeht, so genügt ein Blick auf die Landkarte, um zu sehen, daß Rußland Großmacht IST.

    Obama meinte, Rußland sei nur „Regionalmacht“, hat dem Land also seinen Großmacht-Status absprechen wollen.

    Was in einer zukünftigen Weltordnung solche dicken Brummer wie Rußland oder China wären, bleibt dahingestellt. Sehr groß sind sie ja auf jeden Fall, und ihre Regierungen leiten daraus Ansprüche ab …

  23. Wenn Dir ein Blick auf die Landkarte genügt, Nestor, was soll dann der Unterschied, wohlmöglich gar Gegensatz, zwischen einer "Großmacht" und einer "Regionalmacht" sein?

    Obamas Diagnose hast Du übrigens ein "nur" hinzu erfunden. Der nach eigenen Worten "glühende" Verfechter des "american exceptionalism" wollte keine anderen, als "Regionalmächte" kennen, was eine Anerkennung von Regionalmachtinteressen nicht aus-, sondern einschließt. Es erscheint paradox, ist aber so, daß dies ein opportunistischer Standpunkt ist. Er schloss ein, mit der Delegierung der "Ukrainefrage" an das "Normandie-Format" und der Anerkennung von MinskII, eine praktische Anerkennung der Annexion der Krim PLUS die Anerkennung der "Volksrepubliken" als russisches Interessensgebiet gegen die eigenen Leute zu befehlen, in der Ansicht, die russischen Ansprüche seien sowas wie Turbulenzen auf dem Siegeszug des Reiches der Freiheit und der Demokratie.

    Nur mal hinschreiben wollte, damit ich es bei nächster Gelegenheit nicht vergesse.

  24. Na ja, ganz so opportunistisch war Obama nicht. Er delegierte teilweise die Außenpolitik an H. Clinton – „arabischer Frühling“ und Biden – Ukraine – und konzentrierte sich auf seine „Schwerpunkt Asien“-Politik gegen China.

    Die Aufrüstung Polens zum Frontstaat geht jedenfalls auf die Obama-Regierung zurück. Er hatte nicht vor, den Russen die Krim zu überlassen, vererbte die Frage jedoch seinen Nachfolgern.

  25. Aus Sicht von Putin war die Selbstbehauptung der RF nur dadurch möglich, dass diese sich den zerstörerischen Benutzungsinteressen des Westens entgegen gestemmt hat, womit Russland sich grad nicht als bloße Regionalmacht aufgestellt hat, sondern als Hegemonialmacht mit Ordnung- und Regelungsinteressen über seine nationalen russischen Grenzen hinaus: das 'nahe Ausland' habe russlandfreundlich zu sein, was blutig an Tschetschenien vorexerziert wurde, das war so was wie die Eintrittskarte von Putin in den russischen Staatsapparat.

    Dass Obama unter "Regionalmacht" auch so was wie eine Hegemonialmacht über die nähere Umgebung verstanden habe, kommt mir erst einmal widersinnig vor. Es kann vermutlich allenfalls am Respekt vor russischen Atomwaffen gelegen haben. Weltöffentlich kommuniziert wurde von Obama bei irgendwelchen G8-Treffen nämlich eher die “Herabstufung” der Position der Russen von einer Weltmacht hin zu einer Regionalmacht. (Dass darin trotzdem eine  Anerkennung als Hegemonialmacht verbunden war, ist also so was wie Realpolitik angesichts der russischen Atommacht. Dass die Russen es mit ihrer Weltmacht-Geltung nämlich blutig ernst meinen, haben sie zuletzt auch an der Unterstützung Assads gegen die Politik des Westens demonstriert.)

  26. @Leser

    Dass Obama unter "Regionalmacht" auch so was wie eine Hegemonialmacht über die nähere Umgebung verstanden habe …

    Laß doch bitte die bescheuerte Fälschung meiner Aussagen zwecks Strohmannargumenten. Die Übersetzung in "Realpolitik" ist eine Folgefälschung, weil "Realpolitik" sich an den zugrunde gelegten Idealen mißt, erst sekundär an den Widerständen.

    @Nestor: Laß JCPOA nicht unter den Tisch fallen. Damit gewährte Obama gegen furiosen Widerstand aus DoS und DoD und Nukleardrohungen Israels zum Trotz dem Iran einen Regionalmachtstatus – ohne Regime Change.
    PS.: Mit Russland als zeichnender Regional- und Garantiemacht, falls Du das vergessen haben solltest …

  27. Obama wollte sowohl beim Thema Kuba als auch beim Thema Iran deswegen Variationen der bisherigen Politik versuchen, weil die bisherigen Touren rein nichts eingebracht habe an Regime Change. Also versuchte er, im Gestus einer teilweisen staatlichen Anerkennung das gar nicht aufgegebene  Ziel des Regime Change auf anderen als den bisherigen Wegen zu erreichen. Regime Change als Zweck ist dadurch aber nicht aufgegeben,   nur einige Wege wurden variiert durch Versuche der Gesten minimalster staatlicher Anerkennung.

  28. Wenn es um Abweichungen von TomGard geht, dann nehmt doch dies hier (zu Henles Kommentierung der nordischen NATO-Beitritte):

    Die kürzeste Entfernung zwischen Moskau und der lettischen Staatsgrenze beträgt knapp 600 km. Lettland ist seit 2004 NATO-Mitglied. In keinem osteuropäischen Land gibt es eine dauerhafte und befestigte NATO-Basis, geschweige Nuklearwaffen. Auch der Kreml behauptet nicht, es seien heimlich Nuklearwaffen in Osteuropa stationiert worden. Die dislozierten Streitkräfte sind sogenannte „Battle-Groups“, die im Rotationsverfahren stationiert werden.

    Die strategische Hauptaufgabe der „Battle-Groups“ ist eine Psy-Op gegen die russische Föderationsregierung mittels der potentiellen Drohungen gegen Kaliningrad und die in Transnistrien stationierte russische Truppe, abgeschwächt auch bestehend in potentieller Bedrohung des weißrussischen Staatsgebietes, die den Kreml zu weiteren militärischen Aufwänden zum Schutze des EEU-Partners nötigt.

    Die Inflation der Modalformen „könnte“, „würde“, „wäre“ verrät Henle: Hier wird heiße Luft produziert!
    Ich setze einfach einen Konjunktiv dagegen:
    Stunden, vielleicht Minuten, nachdem im Kreml in streng abgeschotteter Sitzung eine virulente nukleare Bedrohung der Föderation fest gestellt wäre, gäbe es kein Ramstein mehr. Vielleicht entschiede man auch, gleich Mons / Brüssel vom Planeten zu nehmen, die Finger auf den Knöpfen, falls sich danach irgendwas in den USA oder in den Weltmeeren „rege“. Es ist eine zuverlässige, unhintergehbare Versicherung.

    Was allerdings hinter der heißen Luft steckt:
    Die territoriale Einkreisung der RF mit NATO-Mitgliedern und NATO-Freunden nötigt die RF zu hohen Aufwänden für Abwehr- und Unterbindungsmaßnahmen gegen konventionelle Übergriffe eines Typus, an deren nuklearer Eskalation beide Seiten kein Interesse haben. Den NATO-Streitkräften müssen nach dieser taktischen Logik stets genügend, und genügend kampfstarke russische Verbände gegenüber stehen, damit ein Scharmützel nicht einseitig mit russischen Verlusten enden kann.

    In Summe wird der RF auf diesem Wege die Viabilität des Herrschaftskonzeptes der Föderation langsam, aber mit zunehmendem Effekt, fraglich gestellt. Es ist dieselbe Strategie des „Totrüstens“, der sich die Sowjetunion schließlich ergeben hat. Das ist dem Kreml sehr bewußt, und eben deshalb droht auch abseits direkter nuklearer Drohungen ein WHAMMMM an den genannten Orten – irgendwann.

    Doch abseits davon ist die NATO-Strategie vor allem eines: teuer. Zu Lasten der täglich anwachsenden Flut einer Armutsbevölkerung, die sich nicht einmal mehr tauglich ernähren kann, und Arbeitsvolk, aus dem beträchtliche Teile systematisch krank und / oder zu Tode gehetzt werden.

    (Der Splitter, den "Leser" zitiert hat, war eine Einleitung zu folgendem Argument:)

    Tatsächlich hast Du in dem Verfahren insgesamt einen Vorgang zur „Rechtsfrage“ stilisiert, nachdem die Beteiligten befunden haben, daß eine Gewaltfrage vorliegt.

    Natürlich weiß ich, woher dieser Gedankenknoten kommt. Der „Gegenstandpunkt“ betont bei jeder passenden Gelegenheit völlig richtig, daß Rechtsfragen Gewaltfragen sind, die herrschaftlich auf „höhere“ Ebene verschoben werden.
    Die Konsequenz ist: Bei sowas ergreift man als ein Kommunist gefälligst nicht Partei! Richtig ist vielmehr, wenn ein Untertan sich gegen die Ansprüche der Herrschaft über ihn stellt, die ihn schädigen.
    Doch das ist bis nahe der Unmöglichkeit schwierig, wenn die veröffentlichten Meinungen und die darauf fußenden Diskurse praktisch ausschließlich Rechtsfragen ventilieren. Dann bleiben einem Teilnehmer nur noch wenige, furchtbar schmale Wege, sich dem verpflichtenden „Pro und Kontra“ der vorherrschenden Parteinahmen zu entziehen, nämlich fast ausschließlich solche, die bei einem „Pro“ oder „Kontra“ ansetzen, um es hernach zu demontieren.
    Cechura hat das in dem Artikel, den wir kommentieren, versucht zu tun, mündend in das Fazit:

    Im Blick darauf sollten sich die Friedensaktivisten einmal fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, sich an diejenigen zu wenden, die den definitiven Schaden durch die deutsche Kriegsbeteiligung haben, statt an die zu appellieren, die den Krieg durch Geld und Waffen am Laufen halten.
    Wenn Arbeitnehmer nicht mehr hinnehmen, dass sie die Folgen des Krieges als Entwertung ihres Lohns oder Gehalts und damit als Absenkung ihres Lebensstandards zu tragen haben, wäre die Stimmung im Lande eine andere.

    Das Ergebnis ist eine Katastrophe. Es lautet im Wesentlichen „kannste haken“.
    Deine Intervention, Krim, ich wiederhole sie nochmal:

    Die [Kriegsziele] sollte man nämlich mal auf Tapet bringen … Der Westen will die Ukraine zur waffenstarrenden Basis der Nato machen, damit Russland nichts mehr machen kann, ohne dass sie Angst haben muss, dass Raketen fliegen. Russland soll machtmäßig neutralisiert und ausgeschaltet werden“

    … tappt mitten hinein in das öffentliche Zwangsregime über die Untertanen zur Parteinahme für oder gegen die eigene Herrschaft in der KRIEGSFRAGE. Beides ist eine Abstandnahme von eigenen Interessen, von Lebensbedürfnissen und -notwendigkeiten ganz zu schweigen!

  29. @TomGard

    Ja, das waren Obamas zwei Friedensinitiativen neben den ganzen Zerstörungen, du unter seiner Präsidentschaft stattgefunden haben: Der mit dem Iran und der mit Kuba. Beide wurden von seinem Nachfolger sofort aufgekündigt.

    Was den mit dem Iran angeht: Ich vermute, er wollte einmal mit dem Iran seinen Frieden machen und versuchen, den Iran auf die Seite des Westens zu ziehen, nachdem alle US-Regierungen vor ihm an der Aufgabe gescheitert sind, die Mullahs kleinzumachen oder zu stürzen. Er versuchte es einmal mit dem Zuckerbrot, nachdem alle Peitschen nichts geholfen hatten.

    Ich denke nicht, daß damit eine große Anerkennung Rußlands einherging – eher schon war es genau umgekehrt ein Versuch, den Iran ins westliche Lager zu locken, nachdem ihn die westliche Sanktionspolitik schon sehr in die geöffneten Arme Rußlands getrieben hatte.

    Man darf auch nicht vergessen, daß das Bündnis Rußland-Iran auch – mit Billigung der russischen Führung – durch die muslimische Gemeinde Rußlands vorangetrieben wurde und bereits zu Obamas Zeiten weit gediehen war.
    – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

    TomGard ist recht zu geben, daß man sich nicht auf den Standpunkt des Staates stellen und dann Rechtsfragen gegeneinander aufmachen sollte.
    Das ist ja auch die Crux der diversen Friedensinitiativen: Daß sie das Verhältnis der Bürger zu ihrer Obrigkeit unterstellen und letzterer alle Ideale nachtragen, die sie auch sonst über sie in die Welt setzen.

    Sarah Wagenknecht fällt hier ihre ganze frühere Politik auf den Kopf. Was soll man denn von so Buchtiteln halten wie „Freiheit statt Kapitalismus“ oder „Reichtum ohne Gier“? – man kann sich denken, daß dann zwischen den Buchdeckeln nix Gscheites kommt.
    Man könnte auch böse sagen, sie hat dafür gesorgt, ihre sozialismusnostalgischen Anhänger/Wähler auf den Kapitalismus und die Demokratie als schlechte Verwirklichung schöner Möglichkeiten einzuschwören.

  30. Reinhard Lauterbach:     Grenzen der Solidarität

    Diplomatie im Ukraine-Krieg

    https://www.jungewelt.de/artikel/446129.grenzen-der-solidarität.html

    ——

    Reinhard Lauterbach:  Die Lage heiß halten

    Ukraine besteht auf Rückeroberung der Krim. Damit einhergehendes Eskalationsrisiko wird in Kauf genommen

    https://www.jungewelt.de/artikel/446179.krieg-in-der-ukraine-die-lage-heiß-halten.html

    —–

    Der SPD-Vertreter Kevin Kühnert gestern bei bei Anne Will unterstrich als Gegensatz zu dem Linken-Vertreter Jan van Aiken, der für mehr Verhandlungen warb, dass inzwischen beide Staaten die Krim und Teile der ‘umstrittenen Gebiete’ als Bestandteile ihrer Staatsverfassung definiert hätten, und da sei die Vorstellung eines direkten Verhandeln zwischen diesen Staatsvertretern schwierig, weil Vorbedingung wäre dadurch, dass sie ihr eigenes Rechtssystem müssten ja für rechtlos erklären. Und das gelte gleichfalls eben für Russland. (Dessen Rechtsposition hier zumindestens erwähnt wurde.). Anfang Januar, vor der Panzer-Entscheidung, regierte die Ukraine laut FR-Express auf ein damaliges SPD-Positionspapier (für mehr Verhandlungen….). wie folgt: “Die ukrainische Regierung reagiert entsetzt auf das Positionspapier der SPD: Der ukrainische Vizeaußenminister und ehemalige Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, widersprach der Einschätzung, dass Kriege in der Regel nicht auf dem Schlachtfeld entschieden würden: „Kriege werden fast immer auf dem Schlachtfeld entschieden. Deutschland sollte das besser wissen“, schrieb er auf Twitter.”

    – Die SPD als Regierungspartei sieht anscheinend Darstellungsbedarf – und schickt aktuell neben Lars Klingbeil auch jenen Rolf Mützenich nach Kiew, der ja in der Vergangenheit für ukrainische Politiker eher als Watschenmann herhalten musste ….

    Die Unterstützung der Ukraine gehe uneingeschränkt weiter. Die SPD wird wissen, warum sie diese Position derart stark in die Öffentlichkeit stellen will …. https://www.spiegel.de/politik/spd-lars-klingbeil-und-rolf-muetzenich-in-kiew-eingetroffen-a-0b85467c-b60a-4553-884d-0f50795de4d2

    Die Tonart bisher gegenüber Mützenich war eher schrill “Verstimmungen hatte es in der Vergangenheit dagegen etwa zwischen Fraktionschef Mützenich und dem früheren ukrainischen Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, gegeben. So hatte Mützenich der ukrainischen Regierung etwa im vergangenen November vorgeworfen, ihn auf einer »Terrorliste« zu führen, weil ihm vorgeworfen werde, russische Narrative verbreitet zu haben. Kiew hatte das dementiert. Ex-Botschafter Melnyk forderte von dem SPD-Mann daraufhin, er solle aufhören »sich als ›unschuldiges Opfer‹ darzustellen«.” (laut Spiegel s.o.)

  31. „Mit der Waffe an der Schläfe lässt sich nicht verhandeln“, sagte Olaf Scholz, um zu erklären, warum die Ukraine Friedensverhandlungen ablehnt. „Wenn Russland heute die Waffen schweigen lässt, dann ist morgen der Krieg zu Ende“, sind sich die Kriegsparteien SPD, Grüne, FDP und CDU/CSU einig. Aber warum führt Russland Krieg? Weil Russland kein Messer am Hals haben will. Von Oskar Lafontaine.
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=94656

    —–

    Die öffentliche Meinung in der BRD wird aber von anderer Sichtweise beherrscht, wie Björn Hendrig bereits vor einem Jahr feststellte

    https://www.telepolis.de/features/Jetzt-kennen-wir-keine-Parteien-mehr-6546837.html?seite=all

    Und inzwischen ist auch dieser Standpunkt in der BRD weit vorangeschritten

    “(…) Derzeit stehen Waffenstillstand und Verhandlungen auch hierzulande nicht zur Diskussion, jedenfalls nicht für die politische und geistige Elite. Vielmehr arbeitet sie am nötigen Mentalitätswandel. Also wie es zu einer breiten Bereitschaft kommt, im Spannungsfall in den Krieg zu ziehen. (…).
    https://www.telepolis.de/features/Gute-Zeiten-fuer-Wehrwillige-7534589.html?seite=all

    Die Grünen zumindestens sind und waren mehrheitlich in ihrer Kriegsbereitschaft reichlich prinzipiell: Russland solle ruiniert werden. https://www.merkur.de/politik/ukraine-krieg-russland-baerbock-putin-sanktionen-wladimir-aussenminister-sergej-lawrow-eu-nato-zr-91374034.html. – Und dafür werden wohl noch weitere Schritte im ‘Innenleben’ und der Mentalitätsverfassung der BRD fällig werden. Spätestens dann, wenn der nächste eskalierende Beteiligungsschritt der BRD-Regierung am Krieg erfolgt. (Schließlich scheint das auch für die Rangfolge innerhalb der EU-Staaten bzw. deren Wertschätzung durch die USA zu einem zentralen Gesichtspunkt zu werden.):
    ” (…). Nach Debatten über deutsche Zögerlichkeit in den vergangenen Monaten holte sich Scholz dabei ein öffentliches Lob des US-Präsidenten ab für das, was Deutschland für die Ukraine geleistet habe. Der Großteil der knappen Visite war nicht-öffentlich. In dem CNN-Interview sagte Scholz, der russische Präsident Wladimir Putin habe die Einigkeit des Westens unterschätzt. „Wir sind jetzt der stärkste Unterstützer der Ukraine in Kontinentaleuropa, und das werden wir auch weiterhin sein“, bekräftigte er. Bei den Waffen werde man sich eng mit den USA und anderen Partnern abstimmen.”
    https://www.ksta.de/politik/ukraine-krieg/ukraine-scholz-und-biden-wollen-unterstuetzung-fortsetzen-498540

    —-

    TG hatte bereits 2014 gepostet: (…) “Der Bürger setzt seinen Maßstab vom „Eingemachten“ und „Überleben“ in die politische Lage ein, er bleibt selbst dann noch politisiert, wenn er am Horizont als ein „homo politicus“ in Frage steht, und genau so wird er zur Manövriermasse einer Herrschaft, die den Maßstab des „Eingemachten“, des „Überlebens“ auf der Ebene der Eliten, wo es um Erhalt oder Untergang der Institute der Macht geht, dem erklärten Feind aufmacht. Ein Volk, das „nur keinen Krieg“ will, wird auf diese Weise zur Waffe seiner Herren, es räumt ihnen einen beträchtlichen Teil der Freiheit ein, dem erklärten Feind – statt der eigenen Klasse und dem eignen Stand – die Entscheidung aufzubürden, ob und wann es „um’s Ganze“ gehen wird.
    Natürlich ist meine Darstellung eine verdrehte Weise, zu sagen: Hey, ihr, wir müssten mal den Krieg wollen. Den Klassenkampf nämlich, und wenn die Herren darauf den Krieg antragen, ja, dann auch den Klassenkrieg. Aber abseits einer winzigen Klientel ist das halt nicht mehr auf unverdrehte Weise zu sagen. Zum ’sagen‘ gehören ein paar mehr, als Zweie.”
    https://overton-magazin.de/top-story/hart-aber-unfair-der-ard-faktenchecker-liefert-halbwahrheiten-und-verzerrtes/#comment-27032

    …. und Töne von Klassenkampf bzw. Generalstreik hört man auch nicht von der Linken. Sondern stattdessen allenthalben öffentliches Raisonnieren über die nächsten fälligen nationalen Kriegs- (wie Verhandlungs-) Schritte….

  32. Wieder einmal, aber mit interessanten Details zu Öl und $:

    „China und Brasilien zweifeln US-Dollar als Leitwährung an

    Der US-Dollar ist für den internationalen Handel die Leitwährung. Die Geschichte dahinter wurzelt im Handel mit Öl. Diese Macht in den Händen der Amerikaner stört aber immer mehr Länder.

    Während in Europa vergangene Woche vor allem der Peking-Besuch der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock die Medien dominierte, achtete man in China selbst mehr auf einen anderen hochrangigen Staatsbesuch: Der brasilianische Präsident Lula traf in Peking auf seinen Amtskollegen Xi Jinping und hielt dort eine Rede, die, anders als Baerbocks Mahnungen zur Menschenrechtslage, Wasser auf die Mühlen der chinesischen Propaganda-Maschinerie war. Lula nämlich erzählte hoch emotional davon, dass er sich "jede Nacht selbst fragt, warum alle Länder ihren Handel in Dollar abwickeln". "Warum können wir nicht in unseren eigenen Währungen handeln?", fragte er in seiner Rede bei der New Development Bank in Schanghai.

    Gemäß dem Motto "Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten" lohnt es sich, dem Phänomen der Leitwährung nachzugehen. Denn den Status des US-Dollars, der dieses "exorbitante Privileg", wie es der französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing einmal nannte, innehat, zu beenden, ist erklärtes Ziel Chinas. Zwischen 80 und 90 Prozent aller Devisen-Transaktionen sind in Dollar nominiert, und über 60 Prozent aller Devisen-Reserven weltweit sind US-Dollar. Dabei werden nur knapp 18 Prozent der globalen Güter in den USA produziert. Woher also dieses Missverhältnis? Und warum profitieren davon am allermeisten die USA?

    Petro statt Gold

    Als US-Präsident Richard Nixon 1971 die Goldbindung des US-Dollars aufhob, drohte der nun an nichts mehr gekoppelte Wert der amerikanischen Währung drastisch einzubrechen.

    1973 trat an die Stelle des GoldStandards der sogenannte Petrodollar, der den Aufstieg des US-Dollars zur internationalen Leitwährung begründete. Die USA schlossen einen Deal mit dem damaligen größten Ölproduzenten Saudi-Arabien. Gegen Waffenhilfe verpflichtete sich das Königreich, Erdöl von nun an nur noch gegen US-Dollar zu verkaufen (die die Scheichs dann wieder in amerikanische Staatsanleihen reinvestierten). Bald übernahmen andere erdölexportierende Länder das System. Wenn Japan Kuwait-Öl kaufte, brauchte es dafür US-Dollar. Aus der Gewohnheit wurde Zweckmäßigkeit: Wenn Deutschland Autos nach Mexiko verkaufte, wurden diese ebenfalls mit US-Dollar bezahlt.

    Für die USA hat dieses gewachsene Konstrukt enorme Vorteile: Da alle Staaten US-Dollar benötigen, um Handel zu treiben, herrscht eine konstant hohe Nachfrage nach der Währung. Selbst bei einer hohen Staatsverschuldung bleibt der US-Dollar relativ stabil. In Zeiten geopolitischer Unsicherheit steigt er im Wert sogar an, da viele Investoren und Staaten darin einen sicheren Hafen sehen. Zudem sind die USA das einzige Land der Welt, das ihre Schulden bei internationalen Anlegern einfach "wegdrucken" kann. Nicht zuletzt können die USA Länder, die ihnen politisch unliebsam sind, vom US-Dollar abschneiden.

    Viele Spekulationen

    Es ist dies allerdings ein Schwert, das bei zu häufigem Gebrauch stumpf wird. Als Washington nach der russischen Invasion in der Ukraine das Land vom internationalen Zahlungsverkehr abschnitt, begannen auch andere Staaten sich nach Alternativen umzusehen. Die Brics-Staaten, allen voran China, wollen den US-Dollar durch ein "multipolares Währungssystem" ersetzen. Darüber wird viel spekuliert, konkrete Formen aber hat dies bisher nicht.“

    (Standard, 19.4.)

  33. Die EU und die USA können sich über die nächsten Sanktionen gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine nicht einigen

    (…)

    Die Union hat einen EU-Sonderbeauftragten für die Umsetzung von Sanktionen ernannt, David O’Sullivan, der versucht, die Lage zu erforschen.
    Letzte Woche reiste O’Sullivan nach Kasachstan, um mit den Behörden zu sprechen und das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass sie sich bemühen, zu verhindern, dass das Land als Plattform für Umgehungen missbraucht wird.“

    Na, auf dieses Bewußtsein werden sie in Kasachstan höchst neugierig sein. Mehr als gut zureden kann Mr. O’Sullivan den Kasachen nämlich nicht:

    „Die EU verfügt nicht über Mechanismen zur Sanktionierung von Drittländern, die Russland indirekt beim Import westlicher Produkte helfen. (…)

    Der Westen bewegt sich in einem immer enger werdenden Raum, um Maßnahmen durchzusetzen, die darauf abzielen, die russische Wirtschaft einzudämmen und zu verhindern, dass sie den Krieg in der Ukraine weiter anheizt. Das Tempo für historische Entscheidungen hat sich verlangsamt und die Herangehensweise der westlichen Partner Kiews an die nächsten Schritte ist unterschiedlich. …

    Washington, frustriert über die Schlupflöcher, die es Moskau ermöglichen, westliche Technologie mit möglicherweise doppeltem Nutzen zu erhalten, befürwortet, dass die G7 – die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und Kanada – zusätzlich dazu die EU – ein totales Exportverbot nach Russland erlassen, mit Ausnahmen im Agrar- und Pharmasektor. Das meldet die Agentur Bloomberg und EU-Quellen bestätigen das. (…)

    Aber obwohl das Totalverbot vielleicht einige Hauptstädte als starkes und symbolträchtiges Signal an Moskau befriedigt, würde es nicht nur kein grünes Licht von den 27 EU-Mitgliedstaaten erhalten, es wäre auch nicht »nachhaltig«, sagen Brüsseler Quellen, die in die Verhandlungen im Vorfeld des für Mitte Mai in Hiroshima (Japan) geplanten Treffens der Staats- und Regierungschefs der G7 eingebunden sind.“

    Das Problem ist, daß es sehr blamabel wäre, wenn diese Sanktionen offen abgelehnt werden, und das würde auf die Einigkeit des Westens ein schlechtes Licht werfen.
    Keine Sanktionen mehr zu verabschieden, wäre jedoch ein offenes Eingeständnis, daß der Westen mit seinem Latein am Ende ist.
    Ansonsten gibt es folgenloses Gejammer über Komplizen-Staaten Rußlands

    „Sowohl Washington als auch die G7 sind misstrauisch gegenüber Staaten wie der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und zentralasiatischen Ländern, die ihren Handel mit Moskau verstärkt haben, seit die ersten westlichen Sanktionen wegen der Invasion der Ukraine verhängt wurden.“

    Surprise, surprise.

    „Der Verdacht auf weit verbreitete Verstöße in Asien im ersten Quartal des Jahres im Zusammenhang mit der von der G7 auferlegten Ölpreisobergrenze wächst. Im Dezember wurde eine Obergrenze von 60 $ pro Barrel für den Preis von russischem Rohöl vereinbart, die es Unternehmen aus den Mitgliedsländern untersagt, eine breite Palette von Dienstleistungen anzubieten, insbesondere Versicherungen und Versand, wenn Frachten über diesem Preis gekauft wurden.
    Aber im ersten Quartal dieses Jahres wurde fast das gesamte Öl aus dem russischen Pazifikhafen Kozmino für 73,14 Dollar pro Barrel verkauft … und mehr als die Hälfte der Lieferungen wurden laut einer Studie über Firmen aus den G7-Staaten abgewickelt, wie das KSE Institut, eine Tochtergesellschaft der Kiev School of Economics, behauptet. Es drängt auf stärkere Durchsetzung der Sanktionen.“

    Aha.
    Ein Mickey-Maus-Institut aus Kiew stellt fest, daß die Sanktionen nicht durchgesetzt werden und das ist die Entschiedungsgrundlage für eine G7-Konferenz.
    Nun ja.

    „Während die Debatte über die Bekämpfung der Umgehung anhält, scheinen die G7-Mitglieder dazu überzugehen, russische Diamanten mit einem „Rückverfolgbarkeitsmechanismus“ zu verbieten und zu verfolgen.
    Es handelt sich dabei um einen Schritt, der kein großes Stück des russischen Wirtschaftskuchens betrifft, aber er wurde schon lange erwartet und hat hohe Symbolkraft.“

    Irgendetwas muß man ja verkünden, wenn sich die Kiewer Regierung so laut beschwert. Die Sache mit den Diamanten wurde so lange hinausgezögert, weil der europäische Diamantenhandel dagegen protestierte.
    Inzwischen haben die Händler in Antwerpen vermutlich auch Löcher gefunden, um diese Sanktionen zu umgehen. Und das Institut in Kiew wird sich weiter bei den Paten der Ukraine beschweren.

    (El País, 1.5.)

  34. Hier ein Kommentar zu dem von

    @Leser

    geposteten Overton-Artikel:

    Wenn der Autor meint, der „Westen“ hätte „verloren“, so muß man als erstes einmal fragen: Was eigentlich?

    Die Weltherrschaft?
    Die militärische Überlegenheit?
    Den Kampf um Werte? Um die universale Justiz?
    Die ökonomische Vorherrschaft?

    Weil einige dieser Besitztümer hat der Westen schon länger verloren.

    Was die Herrschaft über den Globus angeht, so ist diese sowohl militärisch-gewaltmäßig als auch ökonomisch schon seit einiger Zeit angeknackst. China hat die Alten wie die Neue Welt wirtschaftlich bereits teilweise überholt. Nur zusammen können sie sich noch stärker fühlen.
    Aber „zusammen“? Was heißt „zusammen“ in der imperialistischen Welt? Dort sind sie zumindest wirtschaftlich Konkurrenten, auch wenn sie militärisch zusammenarbeiten.

    Verloren oder gewonnen hat „der Westen“ viel oder gar nichts. Die USA sind nicht mehr Weltmacht, soviel ist bereits klar. In Zukunft wird sich weisen, welchen Teil der Welt sie noch hinter sich versammeln kann. Der Kampf hierum geht jeden Tag weiter.

    Gleichzeitig gibt es innerhalb der USA eine nicht zu unterschätzende isolationistische Bewegung, bei den Republikanern, den Milizen und einer unbekannten Masse von enttäuschten Veteranen und Normalbürgern.
    Sie sagen: Was bringt uns dieses Weltpolizistentum eigentlich? Hunderttausende Obdachlose und Drogentote, ein kaputtes Bildungs- und Gesundheitssystem, zusammenbrechende Infrastruktur, verrückte Waffennarren, usw. usf.
    Und das sind nicht nur ein paar Spinner. Sie haben einen Präsidenten gestellt, das Kapitol gestürmt und bauen sich immer mehr zu einer unberechenbaren außerparlamentarischen Opposition auf. Waco läßt grüßen – die Erstürmung dieser Sekten-Hochburg wurde an ihrem 30 Jubiläum von vielen sehr gefeiert, als ein Zeichen für die Infamie der Staatsgewalt.

    Die Regierung, die Justiz, der Pentagon und die anderen Teile des Gewaltapparates, CIA und FBI werden immer mehr zu einer äußeren Klammer, die ein bröselndes Inneres zusammenhält.

    Angesichts dessen ist das Gerede von dem „Westen“ eine trügerische Selbstbespiegelung, in dem sich dessen Vertreter in einer eingebildeten Überlegenheit gefallen, der bereits ihre Grundlage flöten gegangen ist.

  35. Die multipolare Welt gibt es bereits auf dem Weltmarkt:

    Russlands Raketen gegen die Ukraine haben westliche Teile

    Wie sich im weiteren herausstellt, ist Japan auch „westlich“.

    „Die meisten Granaten, Drohnen, Fahrzeuge und Artilleriewaffen Moskaus basieren auf elektronischen Komponenten ausländischer Unternehmen. Die Einbindung von Zwischenhändlern und die fehlende Exportkontrolle ermöglichen diesen Handel“

    Wie sich herausstellt, ist die „fehlende Exportkontrolle“ nichts anderes als die Unfähigkeit der NATO, den Export der ganzen Welt zu kontrollieren.
    so haben die iranischen Shahed-Drohnen japanische Komponenten eingebaut.

    „Von einer Stichprobe von 58 Waffen stammten 67 % der gefundenen ausländischen Komponenten von amerikanischen Unternehmen, 7 % von japanischen und ebenso viele von deutschen Unternehmen.
    Dies bedeutet nicht zwangsläufig, (…) daß der Hersteller den endgültigen Verwendungszweck seines Materials kennt. Vom Ursprungsort bis zum Bestimmungsort wurden bis zur Montage in Russland möglicherweise Dutzende Zwischenhändler eingesetzt. (…)

    »Das kommt aus Italien, das ist chinesisch, das ist amerikanisch, dieser Mikrochip wurde in der Schweiz hergestellt …«, listet der Kriminaltechniker mit dem Controller einer iranischen Drohne in der Hand auf einem der Tische im Labor auf. Die erbeuteten Gegenstände werden an der Einschlagstelle zerschnitten. »Es ist einfach, diese Komponenten überall zu kaufen und in Russland zusammenzubauen«, sagt er. (…)

    Kuzmenko zeigt nun eine Kalibr-Marschflugrakete, eine von denen, die Russland von der Schwarzmeerflotte aus abfeuert. »Die gesamte Elektronik hier ist westlich«, sagt er. Diese Kalibr sind neben anderen Raketen wie der KH-59, der Iskander und der KH-101 auch Teil der vom KSE (Kiew School of Economics) analysierten Stichprobe russischer Militärausrüstung. Laut der Studie dieses Instituts handelt es sich bei der überwiegenden Mehrheit der im Westen hergestellten Komponenten um Mikrochips. Die elektronischen Teile (Halbleiter, Mikroprozessoren, Mikrotransistoren) dieser Waffen stammen im Allgemeinen aus Ländern westlich der Karpaten. Russland hat nicht die Kapazitäten, sie zu produzieren.

    »Wir müssen zwei Dinge unterscheiden«, sagt Olena Bilousova, 30, eine der Autoren des KSE-Berichts, »zuerst gibt es das Land, in dem das produzierende Unternehmen seinen Sitz hat, das können die Vereinigten Staaten sein, und dann den Endproduzenten.« Dies kann in China, Malaysia oder den Philippinen der Fall sein. Das Produkt muss nicht in die USA eingeführt werden und unterliegt nicht der dortigen Exportkontrolle.

    Die KSE hat die kommerzielle Spur von Teilen dieser 58 russischen Militärausrüstungsgegenstände verfolgt. In dieser Analyse wurden 1.057 Komponenten gefunden, die von 155 Unternehmen mit Sitz in 19 Ländern hergestellt wurden. Hier haben die USA die Nase vorn, dann Japan und Deutschland, gefolgt von der Schweiz, Taiwan, den Niederlanden und China. Der asiatische Riese fungiert jedoch neben Hongkong und der Türkei als Zwischenland, von wo aus diese Komponenten schließlich zum russischen Handelspartner gelangen.“

    Surprise, surprise, kann man nur sagen.
    Es war wohl naiv, oder größenwahnsinnig, man könne mit den Sanktionen die ganze Welt kontrollieren, vor allem China.

    Der Artikel schließt mit philosophischen Betrachtungen: Besser diese Sanktionen als gar keine, obwohl Rußland sie, wie man sieht, relativ problemlos umgehen kann.
    Und Gejammer darüber, daß sich der Welthandel nicht besser kontrollieren läßt.

    (El País, 12.8.)

  36. Auf dem Militärgelände „Patriot“ südwestlich von Moskau findet derzeit eine Art Militärmesse statt, wo ausländische Gäste russische Waffentechnologie betrachten können.

    Gleichzeitig ergehen Aufrufe Putins und Schiogus, doch Militärkooperationen mit Rußland einzugehen, um die eigenen nationalen Sicherheitsbedürfnisse besser wahrnehmen zu können.

    Die russische Führung hat hierbei vor allem Staaten Afrikas und Lateinamerikas sowie den Nahen Osten im Visier. Mit dem Iran und Weißrußland bestehen solche Kooperationen bereits, mit Nordkorea sollen sie ausgebaut werden, und jetzt sind weitere Staaten eingeladen, die mit ihrer Rolle in der Staatengemeinschaft unzufrieden sind …

  37. „Putin beklagt Verschwörung des Westens

    „Beklagt“ ist nicht der ganz richtige Ausdruck, wenn jemand die Dinge beim Namen nennt. Von einer „Verschwörung“ hat er auch nicht geredet. Diese Wortwahl soll sozusagen seine Aussagen entwerten.

    „Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine Sicherheitskonferenz in Moskau erneut zu Angriffen auf den Westen genutzt. Konflikte in vielen Weltregionen seien einzig durch die "geopolitischen Abenteuer und das egoistische, neokoloniale Verhalten des Westens" entstanden, sagte der Kremlchef am Dienstag in einer Videobotschaft zur XI. Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit.

    Daran nehmen vor allem Militärs teil, laut russischen Staatsmedien mehr als 800 Vertreter aus 76 Nationen. Auch Chinas neuer Verteidigungsminister Li Shangfu war zu Gast.

    Putin sagte, es gebe anonyme Hintermänner, die Völker gegeneinander ausspielten und Staaten zum Vasallengehorsam zwängen, um "im Rahmen eines neokolonialen Systems ihre Ressourcen gnadenlos auszubeuten".

    Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu gab bei der Veranstaltung … an, sein Land wolle die Zusammenarbeit mit asiatischen Ländern wie Indien, Vietnam, Myanmar, der Mongolei, Laos, Indonesien und Bangladesch verstärken.“

    (Standard, 15.8.)

  38. Hier kommt Moskau möglicherweise ein alter Verbündeter abhanden:

    Sorge vor Eskalation: US-Truppen üben neben russischen Soldaten

    Das kleine Kaukasus-Land Armenien lässt sich bislang von Russland beschützen. Doch jetzt trainieren die USA dort, während ein Krieg mit dem Nachbarn Aserbaidschan bevorstehen könnte.

    Ein Land wechselt seinen Beschützer: Armenien, das lange Zeit auf Russlands Unterstützung setzte, will ab Montag eine mehrtägige Militärübung mit den USA abhalten. Aus Protest gegen die Übung bestellte Moskau am Freitag den armenischen Botschafter ein.

    Armenien distanzierte sich in jüngster Zeit zusehends von Moskau. Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan hatte zuletzt die Sicherheitspartnerschaft mit Russland als strategischen Fehler bezeichnet.

    Russland habe es versäumt, Armenien vor der anhaltenden Aggression Aserbaidschans zu schützen. Paschinjan fordert nun ein schnelles Handeln der UNO und der Internationalen Gemeinschaft, um den Ausbruch eines neuen Kriegs zu verhindern.

    Dieser Krieg droht zwischen Armenien und seinem Nachbarland Aserbaidschan. Denn in Aserbaidschan lebt eine armenische Minderheit, die derzeit von der Regierung ausgehungert wird.

    (Handelsblatt, 8.9.)

    Ob Armenien mit dem Westen viel besser bedient ist, wird sich weisen.

    Aserbaidschan ist ein wichtiger Verbündeter der Türkei, hat jede Menge Geld durch Ölvorkommen, seine Armee ist hochgerüstet und es wird sich sicher von der „Internationalen Gemeinschaft“ nicht beeindrucken lassen – falls die überhaupt irgendetwas vorhat zum Schutz Armeniens.

    Denn die Annexion von Berg-Karabach durch Armenien wurde nie international anerkannt.

  39. Vom G 20-Gipfel in Delhi:

    1. Lulas Beitrag:

    „Am 19. September findet die UN-Generalversammlung statt. Es gibt Raum, über den Krieg zu diskutieren. Es gibt einen Ort, an dem man über Frieden diskutieren kann. Es gibt einen Ort, an dem Putin und Selenskyj an den Verhandlungstisch gebracht werden können. Jeder ist gegen Konflikte.“

    Lavrov merkte zwar an, daß der letzte Satz nicht ganz stimmt, denn der Kriegswille der ukrainischen Führung und des Westens sei ungebrochen, aber würdigte den Friedenswillen des Brasilianers.

    2. Modis Ankündigung:

    „Der indische Premierminister Modi schloß die letzte Sitzung des Gipfels mit den Worten, daß er bis Ende dieses Jahres einen weiteren G20-Gipfel online einberufen werde.
    Höchstwahrscheinlich wird es Ende November sein. Es besteht also die Gelegenheit zu sehen, wie die heute verabschiedeten Vereinbarungen nun umgesetzt werden.“

    (KP, 10.9.)

    Da sind wir gespannt, ob der Online-Gipfel stattfinden und wie der verlaufen wird.

  40. „Der Überlebenskampf der G20

    Die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer konnten sich in Indien nur mit Mühe auf eine Abschlusserklärung einigen. Diese sorgt für Kritik aus der Ukraine

    Viele Themen standen auf der Agenda des G20-Treffens am Wochenende in Indien. Klimaschutz etwa, Welternährung oder die internationale Finanzordnung. Und gleich zu Beginn der Zusammenkunft der führenden Industrie- und Schwellenländer verkündete Indiens Premier und Gastgeber Narendra Modi, dass die Afrikanische Union als neues Mitglied aufgenommen wird.

    Es ist ein großer Erfolg, einerseits für Modi, der sich gerne als Anführer des Globalen Südens sieht, andererseits für den Kontinent Afrika, der bislang nur durch Südafrika bei der G20 vertreten war. Doch das alles wurde rasch überschattet von den ausführlichen Debatten über den Ukrainekrieg und die Art und Weise, wie er in der Abschlusserklärung festgehalten werden sollte.

    Pekings Druck auf Moskau

    Im letzten Jahr hatte die G20 bei ihrem Treffen auf Bali den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine noch beim Namen genannt und kritisiert. Moskau stimmte der Abschlusserklärung auf Druck Pekings zu. Diesmal aber ließen sich Russland und China nicht mehr darauf ein. Und so einigte man sich auf einen sogenannten Formelkompromiss – also eine Formulierung, bei der jede Seite behaupten kann, sich durchgesetzt zu haben, während der eigentliche Konflikt ungelöst bleibt.“

    Hier wird die Zwischenüberschrift im Text widerlegt: Es gibt keinen Druck Pekings auf Moskau.

    „Im aktuellen Fall wird in Sachen Ukrainekrieg nur noch auf entsprechende Resolutionen der UNO verwiesen – und allgemein auf die territoriale Integrität von Staaten, also die Unverletzlichkeit von Grenzen. Nicht überraschend also, dass Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der statt Wladimir Putin am Gipfel teilnahm, das Treffen als »diplomatischen Erfolg« bezeichnete. Die Ukraine kritisierte die Abschlusserklärung. »Die G20 hat nichts, worauf sie stolz sein kann«, schrieb der Sprecher des Außenministeriums in Kiew, Oleh Nikolenko auf X (vormals Twitter).

    Lob aus dem Westen

    Westliche Länder wie die USA und Deutschland versuchten den Gipfel als Erfolg zu verkaufen. Die Abschlusserklärung sei »ein großer Schritt nach vorn« – etwa mit Blick auf die Souveränität und territoriale Integrität von Staaten, sagte der stellvertretende nationale Sicherheitsberater der USA, Jon Finer. Und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte, es habe ein »klares Bekenntnis« dazu gegeben, dass die territoriale Integrität von Staaten wie der Ukraine außer Frage stehe.

    Tatsächlich aber ist der Westen vor Russland und China eingeknickt, und es stellt sich die Frage nach dem Warum. Der offensichtlichste Grund ist, dass man Moskau dazu bewegen möchte, wieder zum Getreidedeal zurückzukehren. Dieser hatte trotz des Krieges den Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer ermöglicht.

    Doch kein Todesstoß

    Der zweite Grund ist eher existenzieller Natur. Hätte es keine Abschlusserklärung gegeben und wäre der Gipfel damit gescheitert, dann, so ein westlicher Verhandlungsteilnehmer zur Deutschen Presseagentur, hätte er schon folgende Schlagzeilen vor sich gesehen: »Das Ende der G20« oder »Todesstoß für die G20«. Und das in Zeiten, in denen andere Bündnisse wie die G7 oder BRICS immer bedeutender werden. Man habe also dem Kompromiss zugestimmt, um die G20 am Leben zu halten.

    Für US-Präsident Joe Biden war mit dem Ende des G20-Gipfels noch nicht Schluss mit den Auslandsbesuchen. Im Anschluss flog er nach Vietnam weiter, um die Zusammenarbeit mit Hanoi zu intensivieren und so auf Chinas wachsenden Einfluss im Indopazifik zu reagieren.

    Gleichzeitig begann am Sonntag im russischen Wladiwostok das viertägige Östliche Wirtschaftsforum. Dort soll US-Berichten zufolge Putin mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un zusammentreffen. Am ersten Tag gab es dafür aber keine Anzeichen.“

    (Standard, 10.9.)

    Dann vielleicht am 2. Tag.

  41. Aserbaidschan hat anscheind vor, Berg-Karabach platt zu machen:

    „Aserbaidschan startet eigenen Angaben zufolge "Antiterroreinsätze" in Bergkarabach

    Laut dem Verteidigungsministerium in Baku richten sich die Einsätze gegen armenische Kräfte. Armenien hat den UN-Sicherheitsrat und Russland zu Hilfe gerufen“

    Wie praktisch, daß solche Begriffe rechtzeitig eingeführt wurden, von Staaten, die Krieg führen, aber ihn nicht erklären wollen: So ähnlich nannte die ukrainische Regierung den 8 Jahre dauernden Krieg im Donbass.

    „Die Ex-Sowjetrepublik Armenien hat den UN-Sicherheitsrat und Russland zu Maßnahmen zur Beendigung des von Aserbaidschan am Dienstag begonnenen Militäreinsatzes in der Konfliktregion Bergkarabach aufgefordert. Es seien "klare und eindeutige Schritte zur Beendigung der aserbaidschanischen Aggression" nötig, heißt es in einer von armenischen Medien verbreiteten Mitteilung des Außenministeriums in Eriwan. Regierungschef Nikol Paschinjan berief den nationalen Sicherheitsrat ein.“

    (Standard, 19.9.)

    Irgendwie erinnert das irgendwie an Milošević und seine Aufgabe der Krajina – er wollte sich damit bei der internationalen Staatengemeinschaft einschmeicheln – seht, ich bin ja gar kein solcher Nationalist und Menschenfresser, wie ihr tut.

    Und jetzt versucht Paschinjan, die Schuld für den Verlust bzw. die Aufgabe Arzachs/Karabachs Rußland in die Schuhe zu schieben.

  42. Die KP sieht es auch so, daß Paschinjan versucht, sich den Klotz „Berg-Karabach“ vom Bein zu schaffen, um in Richtung NATO zu segeln und fragt sich, ob die armenische Bevölkerung da mitspielen wird?

    Die armenische Armee macht nämlich derzeit Manöver mit der NATO (vor allem USA) und hat für Berg-Karabach keine Zeit.

    Außerdem ist für Aserbaidschan der derzeitige Kriegszug nur Teil I des Vorhabens. Erst wollen sie ihr Stammterritorium zurückerobern und befrieden.

    Als nächstes geht es dann los, sich einen Korridor durch Armenien Richtung Nachitschewan zu bahnen.

  43. Die Behörden von Berg-Karabach haben ihrer vollständigen Entwaffnung zugestimmt. Bisher gab es ca. 200 Tote bei den Armeniern und auch einige beim russischen Kontingent, obwohl dieses gar nicht eingegriffen hat.

    Über 10.000 Zivilisten wurden evakuiert, vermutlich nach Armenien. Andere sind zum Flughafen von Stepanakert geflüchtet, wo ein russisches Kontingent stationiert ist. Der Flughafen ist jedoch nicht funktionsfähig.

    Paschinjan gab in Eriwan vor laufenden Kameras eine Erklärung ab, in der er meint, Armenien habe mit der »Tragödie« nichts zu tun, schuld seien die Russen. Die hätten die Sicherheit der Bewohner von Artsach gegen „Aggressionen“ garantieren müssen.

    (El País, 21.9.)

  44. Rede des russischen Aussenministers Lawrow im UN-Sicherheitsrat

    Als Sergei Lawrow vor der UNO-Vollversammlung den Standpunkt Russlands vertrat, verliess Ukraines Präsident Selensky den Saal.

    „Herr Präsident! Herr Generalsekretär, liebe Kollegen

    Die bestehende internationale Ordnung wurde auf den Trümmern und den Ergebnissen der kolossalen Tragödie des Zweiten Weltkriegs errichtet. Ihr Fundament war die UN-Charta, das Schlüsselelement des modernen Völkerrechts. Es ist vor allem der UNO zu verdanken, dass ein neuer Weltkrieg mit einer nuklearen Katastrophe abgewendet werden konnte.

    Leider hat sich der «kollektive Westen», angeführt von den USA, nach dem Ende des Kalten Krieges willkürlich zum obersten Richter über die Geschicke der Menschheit aufgeschwungen und getrieben von einem Exzeptionalismuskomplex das Vermächtnis der UN-Gründerväter immer häufiger ignoriert.

    «Der Westen beruft sich selektiv auf die UNO-Charta»

    Heute beruft sich der Westen selektiv auf die Normen und Grundsätze der Charta, von Fall zu Fall, ausschliesslich nach seinen egoistischen geopolitischen Bedürfnissen. Das führt unweigerlich dazu, dass die globale Stabilität untergraben wird, bestehende Spannungsherde verschärft und neue angeheizt werden. Auch die Risiken eines globalen Konflikts nehmen zu. Gerade um sie einzudämmen und die Ereignisse in eine friedliche Richtung zu lenken, hat Russland darauf bestanden und besteht darauf, dass alle Bestimmungen der UN-Charta nicht selektiv, sondern in ihrer Gesamtheit und in ihrer Wechselbeziehung beachtet und angewandt werden, einschliesslich der Grundsätze der souveränen Gleichheit der Staaten, der Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten, der Achtung der territorialen Integrität und des Rechts der Völker auf Selbstbestimmung. Das Vorgehen der USA und ihrer Verbündeten stellt eine systematische Verletzung des in der Charta verankerten Gleichgewichts der Anforderungen dar.

    Seit dem Zusammenbruch der UdSSR und der Gründung unabhängiger Staaten an ihrer Stelle haben sich die USA und ihre Verbündeten unverhohlen und unverfroren in die inneren Angelegenheiten der Ukraine eingemischt. Wie die stellvertretende US-Aussenministerin Victoria Nuland Ende 2013 öffentlich und sogar stolz zugab, hat Washington fünf Milliarden Dollar ausgegeben, um in Kiew Politiker zu fördern, die dem Westen gegenüber gehorsam sind.

    Alle Fakten des «Engineerings» der Ukraine-Krise sind seit langem bekannt, aber man versucht, sie auf jede erdenkliche Weise zu vertuschen, um die ganze Geschichte vor 2014 zu «canceln». Aus diesem Grund könnte das Thema des heutigen Treffens, das vom albanischen Vorsitz vorgeschlagen wurde, nicht passender sein und ermöglicht es uns, die chronologische Kette der Ereignisse zu rekonstruieren, gerade im Zusammenhang mit der Haltung der Hauptakteure zur Umsetzung der Grundsätze und zu den Zielen der Charta der Vereinten Nationen.

    «Das Selbstbestimmungsrecht verletzt»

    In den Jahren 2004 und 2005 hat der Westen, um einen pro-amerikanischen Kandidaten an die Macht zu bringen, den ersten Staatsstreich in Kiew genehmigt und das ukrainische Verfassungsgericht zur rechtswidrigen Entscheidung gezwungen, einen dritten Wahlgang abzuhalten, der in der Verfassung des Landes nicht vorgesehen war. Während des zweiten Maidan in den Jahren 2013 und 2014 wurde die Einmischung in die inneren Angelegenheiten noch deutlicher. Damals ermutigten eine ganze Reihe von westlichen «Reisenden» die Teilnehmer an den regierungsfeindlichen Demonstrationen direkt zu gewalttätigen Aktionen. Dieselbe Victoria Nuland sprach mit dem US-Botschafter in Kiew über die Zusammensetzung der künftigen Regierung, die von den Putschisten gebildet werden sollte. Gleichzeitig wies sie die EU auf ihren tatsächlichen Platz, den sie in der Weltpolitik aus der Sicht Washingtons hat. Wir alle erinnern uns an ihren anzüglichen Drei-Worte-Satz. Es ist bezeichnend, dass die EU ihn «geschluckt» hat.

    Im Februar 2014 wurden von den USA ausgewählte Personen zu Hauptakteuren der blutigen Machtergreifung, die einen Tag nach der – unter den Garantien Deutschlands, Polens und Frankreichs – erzielten Einigung zwischen dem rechtmässig gewählten Präsidenten der Ukraine, Viktor Janukowitsch, und den Führern der Opposition organisiert wurde. 

    Der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten wurde immer wieder mit Füssen getreten.

    Unmittelbar nach dem Staatsstreich erklärten die Putschisten, die Rechte der russischsprachigen Bürger der Ukraine zu beschneiden habe unbedingte Priorität. Die Bewohner der Krim und des Südostens des Landes, die sich weigerten, die verfassungswidrige Machtergreifung zu akzeptieren, wurden zu Terroristen erklärt und es wurden «Strafaktionen» gegen sie eingeleitet. Als Reaktion darauf wurden auf der Krim und im Donbas Referenden abgehalten, die in vollem Einklang mit dem in Artikel 1 Absatz 2 der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker stehen.

    Westliche Diplomaten und Politiker verschliessen in Bezug auf die Ukraine die Augen vor dieser wichtigsten Norm des Völkerrechts und versuchen, den gesamten Hintergrund und die nachfolgenden Vorgänge auf eine unzulässige Verletzung der territorialen Integrität zu reduzieren. In diesem Zusammenhang möchte ich an die 1970 einstimmig angenommene Erklärung der Vereinten Nationen über die Grundsätze des Völkerrechts, die freundschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen erinnern. Diese Erklärung hält fest, dass der Grundsatz der Achtung der territorialen Integrität «für Staaten gilt, die in ihrem Handeln den Grundsatz der Gleichberechtigung und der Selbstbestimmung der Völker beachten […] und infolgedessen Regierungen haben, die […] alle in ihrem Hoheitsgebiet lebenden Völker vertreten».

    (…)

    (infosperber, 23.9.)

  45. Der Chef der Arabischen Liga fliegt auf Einladung Lawrows nach Moskau
    Die Gesprächspartner werden die aktuelle Eskalation im Gazastreifen diskutieren

    Der Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten (LAS), Ahmed Aboul Gheit, flog am 8. Oktober auf Einladung des russischen Außenministers Sergej Lawrow nach Moskau. Dies teilte der Pressedienst der Arabischen Liga mit.
    In Moskau wird Ahmed Aboul Gheit längere Verhandlungen mit Lawrow führen. Auf der Tagesordnung stehen regionale und internationale Themen, insbesondere die aktuelle Eskalation des palästinensisch-israelischen Konflikts im Gazastreifen.

    (KP, 8.10.)

    Es sieht nicht besonders gut aus für Israel.
    Die USA sind mit anderen Problemen beschäftigt, und die arabischen Staaten und der Iran stehen in den Startlöchern, um Israel einen Kopf kleiner zu machen.
    Auch die Türkei frohlockt.
    Angeblich hat sich die israelische Regierung an Ägypten gewandt und um Vermittlung gebeten.

  46. Schwierig, schwierig, eine neue Verrechnung jenseits des Dollar einzuführen.

    „Zahlungsstreit um Rohöl eskaliert: Russland will Yuan, Indien sagt „Nein“

    Die Regierung in Neu-Delhi lässt staatliche Raffinerien russisches Öl nicht in der chinesischen Währung Yuan bezahlen. Russland kann mit der Rupie nichts anfangen.

    Die Spannungen zwischen Indien und Russland nehmen zu. Immer mehr russische Öllieferanten fordern Zahlungen in der chinesischen Währung Yuan, berichtet das Nachrichtenportal Bloomberg unter Berufung auf einen hochrangigen indischen Beamten und einen hochrangigen Mitarbeiter einer staatlichen Ölraffinerie. Diese Forderungen der Ölhändler wurden von Indiens Regierung bisher zurückgewiesen.

    Jetzt droht der Streit zu eskalieren, weil noch kein Kompromiss gefunden wurde. Die Regierung von Premierminister Narendra Modi wird den Forderungen der Lieferanten auch weiterhin nicht zustimmen, bestätigten die zwei Quellen und zwei weitere hochrangige indische Beamte gegenüber dem Nachrichtenportal.

    (Berliner Zeitung, 20.10.)

  47. „Nigerias Armee tötet mit Drohnenangriff versehentlich 85 Zivilisten

    Beim Kampf gegen Banditenmilizen hat die nigerianische Armee unbeabsichtigt mindestens 85 Menschen getötet. Sie hatten in einem Dorf ein muslimisches Fest gefeiert. (…)

    (Zeit, 5.12.)

    So erfährt man quasi nebenbei, daß Nigeria seit Jahren einen Drohnenkrieg gegen die eigene Bevölkerung führt, vergleichbar demjenigen, den die USA seinerzeit in Afghanistan geführt haben.
    Der nigerianische Präsident Tinubu, der immerhin diesen Krieg autorisiert und führen läßt, wollte vor nicht allzu langer Zeit an der Spitze einer Koalition in Niger einmarschieren und dort „Ordnung schaffen“, nachdem die Putschisten die EU hinauskomplimentiert hatten …
    Davon ist er abgekommen und will seine Ordnungs-Träume jetzt offenbar im Inland verwirklichen.

  48. „Medienberichte: Russische Version von Wikipedia startet am Montag

    Russischen Medienberichten zufolge wird Ruwiki, eine russische Version der beliebten Internet-Enzyklopädie Wikipedia, am Montag in vollem Umfang an den Start gehen.

    Betatests – ein begrenzter Publikumstest der Website – begannen Mitte 2023, berichtete die Tageszeitung Kommersant, und es gibt angeblich bereits mehr Artikel in Ruwiki als im russischsprachigen Teil von Wikipedia.

    Russland hat erklärt, es plane noch nicht, Wikipedia zu sperren – eine der wenigen überlebenden unabhängigen Informationsquellen in Russland, seit der Staat nach Moskaus Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 verstärkt gegen Online-Inhalte vorgeht.“

    Man muß dazu sagen, daß Wikipedia ja nicht nur aus politischen Inhalten besteht, sondern auch über Biologie, Chemie und anderes wirklich wertvolle Informationen liefert.
    Der Grund für RuWiki dürften sicher die politischen Inhalte sein, aber es ist z.B. zu verschiedenen, auch historischen Themen zu bemerken, daß die russische Wikipedia sehr gediegen ist.

    „Allerdings haben russische Gerichte die Online-Enzyklopädie seither mehrfach zu Geldstrafen wegen ukrainerelevanter Inhalte verurteilt.

    Russlands Präsident Putin hat laut russischen Medien im Mai 2022 seine Zustimmung zu neuen alternativen Plattformen zu Wikipedia gegeben.

    Die Zeitung Izvestija berichtete letzte Woche unter Berufung auf den Pressedienst von Ruwiki, dass zu den meistgelesenen Artikeln während der Beta-Testphase eine Liste der Todesfälle im Jahr 2023, die Eskalation des arabisch-israelischen Konflikts, Russlands Militäroperation in der Ukraine und die umsatzstärksten Filme in Russland gehörten.“

    (Standard, 15.1.)

  49. Die Izvestija gibt kund, daß Rußland inzwischen Haushaltsgeräte vor allem aus „befreundeten“ Staaten importiert.
    So erfährt man 1, daß die EU auf Kredit schwimmt, und alle Kriegsspiele nur aus Schulden finanziert werden.

    So erfährt man 2, daß die vermeintlich italienische Marke Indesit inzwischen mehrheitlich in türkischer, und Candy, auch ursprünglich italienisch, in chinesischer Hand ist. Auch Gorenje aus Slowenien gehört inzwschien chinesischen Unternehmen.

    Ihre Popularität verdankt sich aus einer Mischung des Abgangs westlicher Firmen, der Vermischung – durch Joint Ventures – von westlichen Marken und östlichen Eigentümern, und drittens, den Sanktionen und dem Ausschluß aus dem SWIFT-System.

    Sehr im Kommen sind außerdem Haushaltsgeräte aus Weißrußland, das sich inzwischen auch zu einem großen Lieferanten für Konsumgüter entwickelt hat.

    (Izvestija, 18.1.)

  50. Ein eher im Hintergrund stehendes Land in Schwierigkeiten:

    „Wie ein Machtkampf in einer Mafiastadt den Bürgerkrieg in Myanmar änderte

    Myanmar erlebt gerade die schlimmste Gewalteskalation seit dem Putsch 2021. Ein Schlag gegen die Mafia an der Grenze zu China gab den vielen Rebellenarmeen im Land neuen Aufwind

    In den frühen Morgenstunden des 20. Oktober versuchten mehre Dutzend Menschen vor ihren Peinigern zu flüchten. Sie waren, durch falsche Versprechungen, an die burmesisch-chinesische Grenze gelockt worden, in die notorische Grenzstadt Laukkaing. Laukkaing gilt als das Scamcenter Südostasiens schlechthin: ein Ort ohne Gesetz und Kontrolle, wo Mafiabosse das Sagen haben und – so Schätzungen – mehr als 100.000 Menschen, hauptsächlich aus China, gefangen gehalten und in riesigen Komplexen zu Telefonbetrug, Internetbetrug, Arbeit oder auch Prostitution gezwungen werden.

    An jenem Morgen im Herbst 2023 versuchte die Gruppe an Zwangsarbeitern zu fliehen, als sie aus dem größten der Scamcenter, der "Crouchig Tiger Villa", an einen anderen Ort gebracht werden sollten. Beim Fluchtversuch eröffneten Sicherheitsleute das Feuer. Mehrere Flüchtende starben, unter ihnen angeblich auch vier Undercover-Polizisten aus China.

    Es sollte das Zünglein an der Waage für Peking sein: Dort wollte man nicht länger zusehen, wie durch die Scamcenter dem Staat jährlich zig Milliarden Renminbi entgehen.“

    Das scheint eine Art Offshore-Zone zu sein, wo weder China noch Myanmar an der Geschäftstätigkeit mitnaschen.
    Eigentlich ist ja Myanmar die stärker geschädigte Partei.

    „Bereits in den Monaten zuvor hatten Vertreter Chinas in Myanmar mit Nachdruck ihr Anliegen vorgebracht, dass die Militärregierung unter Min Aung Hlaing endlich etwas gegen diese »Scamdemic«, wie es die Uno nannte, machen solle. Doch vergebens.

    Peking steht eigentlich hinter der Junta, doch in diesem Fall – so sagen Beobachter im Nachhinein – hat der mächtige Nachbar im Norden abgenickt, was in der kommenden Woche folgen sollte: Drei lokale Rebellenarmeen witterten ihre Chance in der weitgehend rechtlosen Grenzregion. Eine Woche nach den tödlichen Schüssen starteten sie eine Militäroffensive, die später als »Operation 1027« bekannt wurde.“

    Chinas Kritik an der Junta ist offensichtlich, daß sie ihr Staatsgebiet nicht kontrolliert.

    „Man wolle »Telekommunikationsbetrug, Scam-Höhlen und deren Schutzherren ausrotten«, hieß es vonseiten der Rebellen – eine Botschaft, die wohl an Peking gerichtet war. Vor allem ging es aber darum, die »diktatorische Herrschaft des Militärs zu stürzen«, wie es in der Erklärung auch hieß.

    Die Allianz aus Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA), Arakan Army, und Ta'ang National Liberation Army (TNLA) nannte sich »Three Brotherhood Alliance«. Und es überraschte wohl nicht nur die Junta, sondern auch Peking, vielleicht sogar die Rebellenarmeen selbst, wie erfolgreich sich die Truppen von einem Posten zum nächsten kämpften. 100 Junta-Posten konnten sie in kurzer Zeit übernehmen.

    War das nun der von Regimegegnern langersehnte »Gamechanger«? Der Wendepunkt, der das Pendel in dem blutigen Bürgerkrieg auf die Seite der Rebellen schwingen lassen würde? Denn nicht nur in Shan, auch in anderen Teilen des Landes sorgte die Offensive für Aufschwung. Mit Stand Ende Jänner ist nicht nur die Region um Laukkaing in Rebellenhand. So haben oppositionelle Militärs in Chin die Kontrolle über einen Grenzübergang nach Indien erlangt. Auch im Süden wird gekämpft, genauso wie an der Ostgrenze nach Thailand. Und erstmals seit Jahrzehnten hat die Junta auch mit Widerstand in ihrem Kernland, im Zentrum Myanmars, zu kämpfen.

    Seit fast drei Jahren kämpfen diverse Rebellenarmee gegen eine Militärjunta, die vom Zentrum des Landes aus, aus der Hauptstadt Naypyidaw, ihre Macht ausübt. Zehn Jahre lang führte De-facto-Staatschefin Aung San Suu Kyi das kriegsgebeutelte Land durch eine Phase der Demokratisierung.“

    Auch damals gelang es offenbar nicht, die verschiedenen Zentrifugalkräfte und die Grenzregionen dem staatlichen Gewaltmonopol zu unterwerfen.
    Die Junta, die dieses demokratische Experiment beendete, ist an dieser Aufgabe offensichtlich auch gescheitert.

    „Am 1. Februar 2021 war damit aber Schluss. (…) Wieder putschte sich das Militär an die Macht. Suu Kyi und viele ihrer politischen Weggefährten sind bis heute inhaftiert oder unter Hausarrest.

    Es folgten Monate des Protests: Nachdem das Militär die erst friedlichen Demos brutal niedergeschlagen hatte, wurde auch die Zivilgesellschaft immer gewalttätiger. Immer mehr bewaffnete Widerstandsgruppen formierten sich im Land; zu den dutzenden Rebellenarmeen der ethnischen Minderheiten kamen neue Milizen dazu, sogenannte People's Defense Forces (PDFs). Auf politischer Ebene fühlen sich die PDFs der Schattenregierung National Unity Government (NUG) zugehörig, die im Land wie auch international für Anerkennung wirbt. Sie setzt sich vor allem aus jenen Abgeordneten zusammen, die bei den letzten Wahlen vor dem Putsch noch demokratisch gewählt worden waren.

    Blutiger Krieg im Schatten prominenter Konflikte

    So entwickelte sich in Myanmar im Schatten vieler anderer, prominenterer Konflikte ein Bürgerkrieg, der über die Monate immer brutaler wurde. Mit immer größerer Brutalität geht das Militär gegen Widerstand an den vielen Fronten vor: Da gehören Luftangriffe auf Dörfer, die als Widerstandsnester gelten, genauso dazu wie das Niederbrennen von Dörfern oder willkürliche Verhaftungen.
    In den vergangenen drei Jahren sollen 4000 Zivilisten getötet worden sein; die UNO zählt rund 26.000 politische Gefangene, von denen rund 1500 in Haft gestorben sein sollen. Die UNO spricht aktuell von der schlimmsten Gewalteskalation seit dem Putsch. Rund 2,6 Millionen Menschen sind im Land auf der Flucht. Allein seit Oktober sind 660.000 dazugekommen.

    Laut Guardian kontrolliert die Junta gerade noch rund 50 Prozent des Landes. In manchen Grenzregionen, etwa in Chin, sind es überhaupt nur noch 30 Prozent. Dort schwört die lokale Chin National Army auf eine neue Wunderwaffe, wie Mitglieder im Guardian berichten. Der Einsatz von Drohnen würde das Ruder wirklich herumreißen im Kampf gegen die Tatmadaw, also die staatliche Armee. Sie beziehen diese vor allem aus China und den USA, es sind hauptsächlich junge Burschen, die sich deren Handhabe zumeist selbst, mit Youtube-Videos, beigebracht haben. Bei der Ausrüstung mit Drohnen ist die Junta zurückgefallen.

    Wie sehr die Generäle in Naypyidaw unter Druck stehen, zeigte eine Aussage von Präsident Myint Swe im November: Myanmar riskiere gerade »auseinanderzubrechen«. Während sich in vielen Ecken des Landes die Kämpfe noch einmal intensivierten, konnten aus den Scamzentren im Nordosten tausende Menschen in ihre Heimat zurückkehren. In einer Aktion scharf wurden mehrere Tausend Verdächtige nach China ausgeliefert; Laukkaings Obermafiaboss Ming Xuechang hat sich im November angeblich in chinesischer Haft das Leben genommen.

    Am Ende war es im Dezember wieder China, das ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der Brotherhood-Allianz und der Tatmadaw vermittelte. Doch es ist brüchig. So gehen die Kämpfe weiter. Und es ist kein Ende in Sicht.“

    (Standard, 1.2.)

    Über Myanmar hat China Zugang zum Indischen Ozean. Sowohl für den Handel als auch strategisch ist dieser Staat für China wichtig.
    Ein Bürgerkrieg, womöglich eine westliche Intervention käme China sehr ungelegen.

  51. Haha, wer hätte das gedacht! – oder: Marktwirtschaft, Marktwirtschaft: Wer zahlt, schafft an:

    „Taiwan gilt als Hauptlieferant für Russlands Rüstungsproduktion

    Ein Bericht deckt auf, dass Russland das Gros seiner Hochpräzisionsmaschinen für die Waffenproduktion aus Taiwan bezieht – trotz Sanktionen und obwohl Taiwan enger US-Partner ist (…)

    Bis Jänner 2023 betrafen taiwanische Sanktionen gegen Russland Produkte der Chipindustrie, Telekommunikation oder der Luftfahrt, allerdings nicht Hochpräzisionsmaschinen, wie sie zur Waffenherstellung benötigt werden. Wie nun ein Bericht zweier Investigativmedien zeigt, ist Taiwan in den vergangenen Jahren so zum wichtigsten Zulieferer für derartige Maschinen in Russland avanciert. Manche der Maschinen sollen sogar an russische Raketenentwickler und Kernforschungsinstitute gegangen sein, wie das russische Medium "The Insider" und das taiwanische Medium "The Reporter" berichten. (…)

    Drehmaschinen, Bearbeitungszentren oder Funken-Erodiermaschinen – derartige Maschinen werden für die Herstellung so gut wie jeder Waffe im russischen Arsenal benötigt, beschreibt der Bericht. In Statistiken ist zu sehen, dass ab Februar 2022 deren Exporte zum Beispiel aus Deutschland nahezu versiegten, während sie in Taiwan stiegen.

    So waren die qualitativ besten Maschinen – aus Deutschland, Japan und der Schweiz – nach dem Überfall auf die Ukraine nicht mehr für Moskau verfügbar. Mit China hatte Russland einen alternativen Zulieferer gefunden; die Qualität der Produkte ist aber minderwertig. Aushilfe schafften da die Produkte aus Taiwan, die zwar nicht so gut sind wie die der Konkurrenz, so der Bericht, aber immer noch besser als die chinesischen. Und sie konnten die längste Zeit legal erworben werden.“

    So so, die chinesischen sind minderwertig, die taiwanesischen viel besser …

    „Maschinen an Raketenentwickler

    Vor allem auf US-Druck hin verschärfte die Regierung in Taipeh Anfang 2023 aber ihre Exportschranken. Die meisten Hochpräzisionsmaschinen waren ab da tabu für Moskau. Immer noch fielen aber zum Beispiel Funken-Erodiermaschinen nicht darunter. So haben mindestens zwei staatliche Kerninstitute derartige Maschinen 2023 direkt aus Taiwan bezogen, wie der Bericht aufzeigt.

    Aber auch bei den eigentlich sanktionierten Maschinen fanden Hersteller Schlupflöcher. Dabei dienen demnach vor allem Zwischenhändler in der Türkei und China als Vermittler. Und diese schneiden gut mit: Russische Abnehmer sind bereit, hohe Geldsummen zu zahlen. Eine Maschine, die eigentlich mit einer Preisspanne zwischen 60.000 und 180.000 US-Dollar gelistet ist, ging laut den Recherchen um knapp eine Million US-Dollar nach Moskau.

    Türkei und China als Umschlagplatz

    Russische Zolldokumente verzeichnen wiederum im Zeitraum zwischen März und September 2023 den Import von mindestens 193 Made-in-Taiwan-Bearbeitungszentren nach Russland. Die meisten davon, rund 80 Prozent, gelangten demnach über die Türkei und China ins Land. So gilt die Türkei als Hauptumschlagplatz: Taiwans Exporte derartiger Maschinen in die Türkei lagen in der ersten Jahreshälfte 2023 fast 50 Prozent über dem Wert des Vorjahres. Umgekehrt erhält Russland 40 Prozent der betreffenden Maschinen wiederum aus der Türkei.

    In manchen Fällen konnten die Journalisten nachweisen, dass Produkte 2023 an den staatlichen Raketenhersteller Korporatsiya Kometa gingen, an das russische Lebedev Physical Institute und an das Budker Nuclear Physics Institute – und so möglicherweise im Ukrainekrieg Auswirkungen haben. Es sind alles Organisationen, die direkt oder indirekt unter US-Sanktionen fallen.

    Grundsätzlich haben taiwanische Unternehmen immer wieder mit fragwürdigen Handelspartnern aufhorchen lassen, meint einer der Autoren des Berichts, Yian Lee, dem STANDARD gegenüber. Da gibt es Deals mit dem Iran oder auch Nordkorea. Auch der Maschinenhandel zwischen Russland und Taiwan ist nicht neu.

    Taiwan will "braves Kind" sein

    Taiwans spezieller Status sei dabei ausschlaggebend, meint Lee: Eben weil die Insel nur von wenigen Ländern voll anerkannt ist und keinen UN-Sitz hat, herrscht in Taiwan viel Spielraum. "Taiwan will aber anerkannt werden, also versuchen wir, den internationalen Standards zu folgen und ein 'braves Kind' zu sein", sagt Lee.

    Ein Grund dafür, warum Taiwans erste Sanktionswelle im Vergleich zu anderen Ländern lax ausfiel, könnte laut Lee der ohnehin angeschlagene Markt gewesen sein. Anfang 2022 kämpfte die taiwanische Industrie demnach mit starker und billiger Konkurrenz aus Japan: Durch einen günstigen Yen konnte Kunden in Japan billig bei gleichzeitig höherer Qualität einkaufen. Für Moskau war mit Februar 2022 damit Schluss. In Taiwan fand man da plötzlich "eine der letzten verbleibenden Optionen", so Lee.

    Das taiwanische Wirtschaftsministerium reagierte vergangene Woche mit neuen Sanktionen auf den Bericht. Nicht zuletzt wolle man, so eine Erklärung, den Ruf taiwanischer Unternehmen schützen. Strafen für illegale Exporte nach Russland wurde um das 15-Fache erhöht. Aktuell sind demnach in Taiwan rund 1.900 Organisationen mit Verbindungen nach Russland sanktioniert.“

    (Standard, 12.2.)

    Nicht einmal auf die engsten Verbündeten kann man sich als freier Westen verlassen.

  52. „Indiens Regierungschef Modi in Moskau erwartet

    Indiens Regierungschef soll nach russischen Angaben Anfang Juli nach Moskau kommen. Es wäre sein erster Russland-Besuch seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs.

    Kurz nach seiner Wiederwahl wird Indiens Regierungschef Narendra Modi in Russland erwartet. »Ich kann bestätigen, dass wir die Visite des indischen Premierministers vorbereiten«, sagte der außenpolitische Berater von Kremlchef Wladimir Putin, Juri Uschakow am Dienstag.

    Von der indischen Regierung gab es keine Bestätigung. Indiens Nachrichtenagentur PTI schrieb unter Berufung auf diplomatische Kreise, ein Besuch des Regierungschefs in Moskau werde Anfang Juli erwogen. Laut der russischen Nachrichtenagentur Tass steht hingegen schon der Termin am 8. und 9. Juli fest.

    Die Visite in Russland könnte Modis zweite Auslandsreise nach seiner Wiederwahl zum Regierungschef sein – nach seinem Besuch des G7-Gipfels in Italien Mitte Juni. Der Zeitpunkt deutet nach Ansicht von Experten auf die Wichtigkeit, die Delhi den Beziehungen zu Moskau beimisst. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt sich Indien neutral. Das letzte Mal war Modi 2019 in Russland.“

    (Handelsblatt, 25.6.)

    Knirsch, Grummel.
    Indien schert sich nicht um Sanktionen usw.

  53. Man weiß nicht so recht, warum, aber der armenische Präsident scheint um jeden Preis im Orbit der NATO landen zu wollen:

    „Armenien plant Militärübungen mit den USA

    Die um eine Lösung aus dem russischen Einflussbereich bemühte Kaukasusrepublik Armenien plant Militärübungen mit den USA. Das gemeinsame Manöver solle vom 15. bis 24. Juli in Armenien stattfinden, kündigte der Bündnispartner Russlands am Samstag an.“

    Hämisch freut sich die Autorin des Artikels: Noch, aber nicht mehr lange „Bündnispartner Rußlands“!

    „Im Zentrum der Übung »Eagle Partner 2024« stünden Aufgaben im Zusammenhang mit friedenserhaltenden Missionen, erklärte das Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Eriwan.

    Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Armenien und seinem Nachbarn Aserbaidschan hatte sich Armenien enttäuscht von seinem Verbündeten Russland abgewandt. Der langjährige Konflikt war im vergangenen Jahr erneut eskaliert, als Aserbaidschan die autonom verwaltete Region Bergkarabach eroberte. Bergkarabach gehört zwar völkerrechtlich zu Aserbaidschan, wurde aber von ethnischen Armeniern bewohnt. Diese flüchteten nach Armenien. In Bergkarabach stationierte russische Friedenstruppen hatten nicht eingegriffen.“

    Man merkt, die Verfasserin tut sich hier schwer.
    Rußland hat nicht eingegriffen, kann also völkerrechtlich nicht belangt werden!
    Berg-Karabach war völkerrechtlich gesehen illegal besetzt.
    Was haben die Russen eigentlich falsch gemacht?

    „Armenien, wie Aserbaidschan eine frühere Sowjetrepublik, will das von Russland geführte Militärbündnis Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) verlassen.“

    Man fragt sich, worauf die Regierung so lange wartet, wenn sie das möchte?
    Entweder geht es im eine Art Spiel, mit dem beide Seiten hintangehalten und zu Unterstützung veranlaßt werden sollen. Eine Art Konkurrenz: Wer bietet mehr?
    Oder aber, der Widerstand im Inneren, vor allem vom Militär, ist zu groß.

    Die armenische Regierung strebt stattdessen engere Beziehungen mit den USA und der EU an. Armenien hat wiederholt erklärt, dass es Russland im Krieg gegen die Ukraine nicht unterstütze, und hatte der Ukraine humanitäre Hilfe geleistet.“

    (Standard, 6.7.)

  54. Neues von den BRICS:

    „Ein Fachmann meint, das BRICS-Zahlungssystem sei nach den Vorgaben Stalins aufzubauen

    Timur Aitov: »Zwischenstaatliche Verrechnung wird nur in einem geschlossenen Kreislauf möglich sein«

    Die Sprecherin des Föderationsrates der Russischen Föderation, Valentina Matvienko, äußerte die Hoffnung, dass auf dem BRICS-Gipfel im Oktober in Kasan eine Entscheidung über die Schaffung eines unabhängigen Zahlungssystems getroffen werden wird.

    Experten argumentieren, dass SWIFT im Falle einer Umsetzung des BRICS-Projekts zu einem Zahlungsdienst-Werkzeug für die USA und ihre Satelliten werden und seinen Status auf globaler Ebene verlieren wird.
    MK sprach mit Timur Aitov, dem Vorsitzenden der Kommission für Finanz- und Informationssicherheit des Rates der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation, berichtete über die Herausforderungen, denen sich Rußland und seine BRICS-Partner bei der Schaffung alternativer Zahlungsformen gegenübersehen.

    Ein Gegenentwurf zum SWIFT-System

    MK: Welchen Schaden hat der Ausschluß Rußlands aus dem SWIFT-System verursacht?

    TA: Schauen wir uns ein Beispiel an. Die Exporte aus China nach Russland beliefen sich im Jahr 2023 auf 110 Milliarden US-Dollar. Wenn man die zusätzlichen Provisionen aufgrund der organisatorischen Komplexität des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs auf +5 % beziffert, so belaufen sich die Verluste nur dafür auf 5,5 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
    Der tatsächliche Gesamtschaden ist jedoch größer: Denn in dieser Schätzung sind die Kosten für neue aufwendige Logistikwege, teure Versicherungen etc. noch nicht mit eingerechnet. Nichtzahlungen führen zu Ausfallzeiten, Verzögerungen bei der Lieferung von Waren und manchmal auch zu deren völliger Ablehnung.
    Alle Provisionen, realen Kosten und das Risiko neuer Verluste – all das ist im Preis chinesischer Waren enthalten und dieser steigt dadurch. Das spiegelt sich beispielsweise in den Kosten chinesischer Autos in Russland wider.

    MK: BRICS wird in Zukunft ein Finanzsystem entwickeln, das dem bereits bestehenden SWIFT ähnelt. Dies berichteten Medien unter Berufung auf den chinesischen Generalkonsul in Belfast, Zhang Meifang.
    Und kürzlich bestätigte Valentina Matvienko, dass das neue Zahlungssystem des Vereins bereits im Oktober in Kasan vorgestellt werden könnte.
    Wie realistisch ist diese Aussicht?

    TA: Den Experten ist nicht ganz klar, was uns genau als zukünftiges »Analogon des SWIFT-Systems« angekündigt wurde.
    Das aktuelle SWIFT ist nämlich eigentlich kein Zahlungssystem, sondern ein System zur Übermittlung von Finanzinformationen – eine Art spezialisiertes elektronisches Dokumente-Managementsystem. Die Zahlungen selbst laufen über völlig unterschiedliche Kanäle.

    Es gibt jedoch weltweit Beispiele für gut funktionierende SWIFT-Entsprechungen. So verfügt China über ein eigenes nationales System, das beide Funktionen gleichzeitig erfüllt – Zahlung und Übermittlung von Finanzinformationen. Chinesische Banken nutzen das System direkt.“

    Dieses System funktioniert jedoch nur im und für das Inland. Die Probleme ergeben sich im internationalen Zahlungsverkehr durch den Währungsvergleich.

    „Andererseits sprechen wir laut dem Assistenten des Präsidenten der Russischen Föderation Juri Uschakow über die Schaffung eines Zahlungssystems und, wie er betonte, als Blockchain. Um konkreter über dieses Projekt zu sprechen, ist es daher wichtig, eine sogenannte concept note in Händen zu halten – einen allgemeinen Entwurf des Projekts auf Papier und keine mündliche Absichtserklärung. Ich bin zuversichtlich, dass es nicht zu unüberwindlichen technischen Schwierigkeiten kommen wird, auch wenn die Gefahr der sekundären Sanktionen bestehen bleibt.

    MK: Neuerliche Sanktionen, obwohl das System genau darauf ausgelegt wäre, sie zu umgehen. Ist dies das einzige Risiko für das zukünftige Projekt?

    TA: Nein. Eine wichtige Frage, damit das Gesamtsystem funktioniert, lautet: Welche Zahlungsmittel werden in diesem „SWIFT-Analogon“ tatsächlich eingesetzt?
    Soweit ich weiß, wird es in den BRICS-Staaten keine einheitliche Währung geben, dieser Ansatz wurde bereits aufgegeben.“

    Das wäre mit den Vorstellungen von Multipolarität und Souveränität, die alle BRICS-Mitglieder eint, nicht vereinbar. Aber dadurch wird eben das Problem der Umrechnung zwischen den Währungen aktuell.

    „Derzeit wird über eine bestimmte Clearing-Rechnungseinheit basierend auf einem Korb nicht konvertierbarer Währungen diskutiert. Hier stellen sich Fragen, wie dieser verwendet werden soll, um auch Wirksamkeit zu entfalten. Der umstrittenste Punkt ist die hohe Volatilität des neuen Korbs.“

    Um das Problem zu verstehen: Es würde sich um einen Korb mit verschiedenen Produkten handeln, ähnlich dem Korb, der zur Berechnung der Inflation herangezogen wird.
    Die erste Frage wäre also, welche Produkte in diesen Korb kommen? Es muß sich um Güter handeln, die in allen an diesem alternativen Verrechnungssystem beteiligten Staaten hergestellt werden und auch zirkulieren. Und jedes dieser Güter muß dann in sämtlichen Währungen berechnet und miteinander verglichen werden.
    Man ist bei einer Art allgemeiner Wertform des „Kapital“, nur mit dem Unterschied, daß sich hier verschiedene Währungen einer Ware gegenüberstehen.

    „Eine weitere Frage, die diskutiert wird, ist, ob sich in diesem Korb eine Menge Gold befinden wird, usw.“

    Das käme einem Rückgriff auf den Goldstandard gleich, zumindest teilweise: Das Gold sollte hier ein allgemeines Äquivalent darstellen.
    Andererseits ist heute Gold eine Ware wie jede andere und es würde die Verhältnisse verzerren, da Staaten, die selber Gold produzieren – z.B. Südafrika und Rußland – einen anderen Preis für den Abbau und die Verarbeitung bezahlen als andere, die diese Ware auf dem Weltmarkt einkaufen müssen.

    „MK: Was können die BRICS zur der Umsetzung dieses Projekts beitragen?

    TA: Ich bin sicher, dass die erfolgreichen Erfahrungen bei der Schaffung von Zahlungssystemen von Integrationsverbänden wie dem RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe – eine zwischenstaatliche Wirtschaftsorganisation der Länder des sozialistischen Blocks, tätig in den Jahren 1949-1991) hilfreich sein werden bei der Bewertung des neuen Projekts „SWIFT-Ersatz“ und der Auswahl geeigneter Lösungen.

    Im RGW wurden übertragbare Rubel zur Bezahlung von Waren und Dienstleistungen verwendet.
    Die Abrechnungen erfolgten über ein multilaterales Saldensystem – die Importschulden eines Landes konnten durch Gegenexporte und durch Lieferungen in Drittländer gedeckt werden.
    Es gibt eine eigens dafür (1963) gegründete Internationale Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit (MBES), die diese supranationale Währung herausgab und wo es möglich war, einen Kredit zu 1,5 % in dieser Währung aufzunehmen.
    Gleichzeitig behielten die teilnehmenden Länder ihre Landeswährungen bei, d. h. bulgarische Lew, polnische Zloty, tschechische Kronen usw. blieben im Einsatz.“

    Diese Bank gibt es nach wie vor, sie ist derzeit eine Entwicklungs-Bank für wirtschaftliche Projekte, könnte aber jederzeit auch Teile ihres alten Aufgabenbereichs übernehmen.

    „Es ist bemerkenswert, daß die Initiative zur Schaffung einer supranationalen Währung persönlich von Stalin ausging, auf dessen Anweisung bereits in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts die Grundlagen der Berechnungen auf Basis des übertragbaren Rubels entwickelt wurden. Die aktuelle geopolitische Situation erinnert an diese jüngere Vergangenheit: Zahlungen zwischen Ländern sind heute ausschließlich in einem geschlossenen Kreislauf gesichert möglich, wie er in den befreundeten RGW-Ländern über den transferierbaren Rubel organisiert wurde.
    Hier sind alle Worte wichtig – sowohl, dass der Kreislauf geschlossen ist, als auch, dass die Länder befreundet sind, denn unfreundliche Länder akzeptieren keinen übertragbaren Rubel oder dessen Analogon.
    Ein Umtausch in Dollar oder Euro ist nicht möglich.“

    Die BRICS würden sich also mit diesem System aus dem Weltmarkt ausgliedern bzw. einen neuen, zweiten Weltmarkt schaffen.
    Ein Staat wie Brasilien müßte also beide Systeme auf seinem Territorium vereinen, aber nach Handelsströmen strikt trennen.

    „Ich möchte Sie daran erinnern, dass der Goldgehalt unseres übertragbaren Rubels 0,987412 g reines Gold betrug.“

    Der Transferrubel hatte also einen Goldstandard, das Problem der Einwechslung fiel aber flach, weil diese Währung nie zirkulierte, sondern nur für Kreditoperationen als Buchgeld eingesetzt wurde.

    „Hoffnung auf Kryptowährung

    MK: Wie läuft es im Bereich der Zahlungen von Ländern und Strukturen, über die keine Sanktionen verhängt wurden? Gibt es dort Lösungen, die dazu beitragen, daß Russland in dieser Hinsicht in Zukunft ohne Probleme leben kann?

    TA: Alle besprochenen großen Finanz-Kommunikationsstrukturen, wie z. B. SWIFT, sind sichtbar und können daher leicht ausgeschaltet werden. Kleine Netze hingegen verfügen nicht über eine ausreichende Anzahl von Benutzern. Daher ist es für uns angemessen, in Projekten auf dezentrale Lösungen umzusteigen – kleine aufgeteilte technologische Infrastrukturen. In diesem Fall hat der Begriff »aufgeteilte Struktur« nichts mit Blockchain zu tun. Es handelt sich vielmehr um ein System von »Microswifts« – diesen Würfeln, die wie nach dem Lego-System unabhängig voneinander zu Gruppen zusammengefasst werden können und ihre eigenen lokalen Standards haben. Die Würfel müssen so beschaffen sein, dass eine flexible Konfiguration des Gesamtsystems möglich ist und gleichzeitig sichergestellt ist, dass kein Teilnehmer der Verbindung von den Diensten isoliert oder getrennt werden kann. Dies alles ist nur eine allgemeine Idee: Die Organisation der Würfel ist nicht so einfach, denn sie können verwirrt werden oder das System kann an Effizienz verlieren. Aber das ist eindeutig eine neue Richtung – die Schaffung solcher Zellen- bzw. Maschen-Systeme für globale Dienstleistungen.“

    Dazu fällt mir das gar nicht hochtechnologische Hawala-System ein … Für dieses braucht man nur einige Smartphones.

    „Alle Mechanismen, die die Möglichkeit einer Diskriminierung von irgendjemandem ausschließen, sind heute wichtig. Ein solches System wird es beispielsweise ermöglichen, lokale Gemeinschaften innerhalb einer einzigen globalen Plattform mit eigenen Regeln zu schaffen, beispielsweise für Muslime, die möglicherweise zusätzlichen finanziellen Einschränkungen unterliegen.“

    Hawala!

    „MK: Könnten Kryptowährungen eine der Lösungen auf diesem Weg sein?

    TA: Hoffnungen werden auch auf Krypto-Tools gesetzt, auf die Schaffung einiger »trüber« Verbindungsstücke in Form von »Proxy-Börsen« mit Kryptowährungshandel zwischen bestimmten Wirtschaftsvertretern in Russland, China und anderen Ländern. »Krypto« heißt in diesen Systemen nichts anderes als ein digitales Werkzeug zur Absicherung von Tauschgeschäften, nichts weiter. Allerdings können Sanktionsverbote auch Krypto-Börsen erreichen, dafür gibt es Beispiele.

    Im Allgemeinen ist die Idee, Zahlungssysteme mit »Spurenverdeckung« zu schaffen, nicht so einfach und spart bei näherer Betrachtung keine Abrechnungen in Fiat-(also nicht Krypto-)Währungen …, einfach weil letztere es sind, die letztlich auf Bankkonten landen. Es bedarf eines geschlossenen Kreislaufs, in den ausländische Regulierungsbehörden oder transnationale Banken nicht »eingreifen« können.“

    Man fragt sich allerdings, wie das in Staaten wie Südafrika oder Indien funktionieren soll, wo es jede Menge internationaler Banken gibt?

    „MK: Was hindert Länder daran, ein Analogon zu SWIFT zu schaffen, wenn nach offiziellen Angaben zumindest seitens Rußlands und Chinas der politische Wille dazu besteht?

    TA: Ich sehe keine besondere Hindernisse. Es ist nicht so schwierig, Ersatz für SWIFT zu erstellen, und es gibt Beispiele für bereits bestehende Systeme. Ich möchte unser Zentralbank-System zur Übermittlung von Finanzdaten (SPFS) erwähnen, das in vielen anderen Ländern der Welt erfolgreich funktioniert. Ich möchte anmerken, dass bei jedem solchen Projekt neben der Funktionalität auch der Kundenstock wichtig ist – es ist seine Größe, die das bestehende SWIFT an die erste Stelle gesetzt hat.

    MK: Ist es sinnvoll, die Probleme der Umgehung von Sanktionen im BRICS-Rahmen zu lösen, oder ist es besser, beispielsweise bilaterale Systeme ähnlich wie zwischen China und dem Iran zu etablieren?

    TA: Tatsächlich verfügt die Volksrepublik China über langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit dieser islamischen Republik, die seit langem unter westlichen Sanktionen steht, über eine eigens dafür gegründete Bank. Es verbindet sich überhaupt nicht mit Systemen wie SWIFT und ist daher für transnationale Banken „unsichtbar“.
    In der aktuellen geopolitischen Realität sind wir gezwungen, doppelte Kanäle für Zahlungen, Kommunikation und einige Dienstleistungen zu schaffen. Sogar Kryptoinstrumente kommen zum Einsatz. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das alles natürlich nicht sehr effektiv, aber es verringert das Risiko von Blockierungen, Verweigerungen von Überweisungen und ähnlichen Problemen.
    Ein Großsystem mit mehreren Teilnehmern ist offenbar komfortabler, funktionaler und hat geringere Kosten pro Vorgang, ist andererseits aber auch sichtbarer.“

    (MK, 4.8.)

  55. „Erdogans Lieblingskind“ droht Russland mit Ärger: Die Türkei verschafft sich Einfluß bei den »Verwandten« 

    Fast direkt neben Russland ist eine internationale Struktur entstanden, die uns viel Ärger bereiten kann. In etwas mehr als einem Monat findet das nächste Gipfeltreffen der Mitgliedsländer der Organisation Türkischer Staaten (OTS) in der Hauptstadt Kirgisistans, Bischkek, statt.

    Aus irgendeinem Grund ignorieren unsere russischen Medien diese relativ neue zwischenstaatliche Organisation größtenteils. Und das ist nachlässig. Ihre Aktivitäten und sogar öffentlich erklärten Ziele verdienen eindeutig nicht weniger Aufmerksamkeit als der NATO-Block und sogar die EU.“

    „Sogar“ die EU – an und für sich nicht viel Aufmerksamkeit wert, laut KP …

    „Erdogans Lieblingskind

    In ihrer jetzigen Form ist die OTS vollständig eine Idee der Türkei, oder besser gesagt, sogar persönlich des Präsidenten dieser Republik, dem dominierenden Teilnehmer. Unter ihm und auf seine Initiative hin wurde der seit 2009 bestehende Türkische Rat (TR) im November 2021 auf dem VIII. Gipfel des Kooperationsrates türkischsprachiger Staaten in Istanbul in Organisation Türkischer Staaten umbenannt.

    Das bedeutete nicht nur einen Namenswechsel, sondern auch den Übergang zur Lösung von Problemen neuer Art und völlig anderer Größenordnung als die, die bisher der Vorgänger-Organisation zugewiesen worden waren.

    Die OTS stellt sich die Aufgabe, ein pantürkisches Modell aufzubauen: »Viele Staaten – eine türkische Nation«. Obwohl Erdogan wiederholt gesagt hat, dass er vom »Erscheinen von sechs Staaten einer Nation auf der Landkarte« träumt, gehen die Ideologen des Pan-Turkismus sogar noch weiter und verbergen ihr Ziel nicht, einen »Großen Turan« zu schaffen – einen einzigen Super- Konföderation, wie Wissenschaftler auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften diese Formation nannten, und Einbeziehung der gesamten Gruppe türkischer und verwandter ethnischer Gruppen in ein Projekt, einschließlich der in Russland lebenden Ural- und Altai-Ethnien, Finno-Ugrier, Tungus-Mandschus, Mongolen.

    Dies sind jedoch alles weitreichende Pläne und Träume, und inzwischen sind neben der Türkei, Aserbaidschan, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan und Ungarn auch Turkmenistan und das nicht anerkannte Nordzypern als Beobachter bei der UTG akkreditiert.

    Aber nicht in allen Turkstaaten lief alles so reibungslos. Zunächst lehnte Turkmenistan unter der Führung von Gurbanguly Berdimuhamedov die Mitgliedschaft mit dem Hinweis auf seinen neutralen Status ab. Und das zweitbevölkerungsreichste türkische Land, Usbekistan, unter der Führung von Islam Karimov, ignorierte die Organisation aufgrund der seit Mitte der 1990er Jahre sehr kalten Beziehungen zur Türkei völlig.

    Diese Staats- und Regierungschefs gingen die Beteiligung ihrer Länder an internationalen Strukturen mit großer Vorsicht an und stellten die Souveränität ihrer Staaten eindeutig an die erste Stelle. Aber nach dem Tod von Karimov wurde Taschkent unter dem neuen Präsidenten Usbekistans Schavkat Mirzijojev Mitglied der Organisation. Und Berdimuhamedow gab am Ende seiner Präsidentschaft grünes Licht für den Beobachterstatus.

    Dorfvorsteher

    Die OTS hat viele Ziele. Zum Beispiel die Lösung wirtschaftlicher Probleme. Natürlich zuallererst die der Türkei.
    Die Schaffung nicht nur einer Kooperationsorganisation, sondern einer militärisch-politischen Allianz. Und auch hier hat die Türkei die Nase vorn. Mit einem Wort, der »wichtigste Mann im Dorf«, bitte sehr, möchte diesen Status keineswegs verlieren, sondern ihn nur auf jede erdenkliche Weise stärken.

    In diesem Bereich hat Erdogan bereits seine Nützlichkeit unter Beweis gestellt, indem er Aserbaidschan im Krieg um Berg-Karabach unschätzbare Hilfe geleistet hat. Und nicht umsonst unterzeichneten die Türkei und Aserbaidschan 2021 in Schuscha in Karabach eine Erklärung, die das militärisch-politische Bündnis der beiden Länder endgültig formalisierte. Und im Jahr 2022 erklärte die Internationale Organisation für türkische Kultur Schuscha zur Kulturhauptstadt der türkischen Welt – 2023.

    All dies sah bei aller orientalischen Vorliebe zur Symbolik mehr als nur symbolisch aus. Und es lohnt sich kaum, zu verbergen, dass Russland in vielen Bereichen, die von der Türkei und der Führung der OTS zur Priorität erhoben wurden, wenn nicht ein offensichtlicher Gegner, so doch auf jeden Fall ein sehr erhebliches Hindernis darstellt. Keineswegs wird es als Verbündeter angesehen.“

    Ganz im Gegenteil, eher als eine Einschränkung Groß-Turkestans oder als Usurpator turanischen Bodens …

    „Obwohl wir natürlich gemeinsame oder zumindest übereinstimmende Bereiche und Tätigkeitsbereiche haben. Ohne die Ideologie des Pan-Turkismus hätte alles völlig anders aussehen können als jetzt. Aber diese Ideologie ist eben das Fundament der OTS.

    Darüber hinaus umfasst das Netzwerk auch Logistik, Handel, Baugrundentwicklungsprojekte und die Bildung eines einheitlichen Kultur-, Wissenschafts- und Informationsraums. Und jede von ihnen zielt darauf ab, sicherzustellen, dass nicht irgendjemand, sondern die Türkei (manchmal zusammen mit Aserbaidschan) nicht nur für die türkischen Staaten Zentralasiens, sondern für alle türkischen ethnischen Gruppen, einschließlich derjenigen, die bisher weitgehend auf Russland konzentriert sind.“

    Allerdings wird hier, das merkt man auch, der chinesischen Neuen Seidenstraße etwas entgegengesetzt bzw. versucht, ihre Ziele zu instrumentalisieren.

    „Über all diese Projekte werden wir jedoch später und in separaten Veröffentlichungen sprechen. In der ersten Phase muss man sich jedoch darüber im Klaren sein, dass diese Organisation keine reine Fassade ist zur Erfreuung des Betrachters, wie es die Bürokraten hier und in vielen Ländern gerne tun.
    Sie ist ernst zu nehmen.“

    (KP, 4.9.)

  56. „Die Weltordnung nach dem Kalten Krieg bricht rasant zusammen, und inmitten dieses Zusammenbruchs gedeiht der ungestrafte Missbrauch von Gewalt und Macht und richtet verheerende Schäden an. »Wir sehen diese Ära der Straflosigkeit überall – im Nahen Osten, im Herzen Europas, am Horn von Afrika und anderswo. … Das Ausmaß der Straflosigkeit in der Welt ist politisch nicht zu rechtfertigen und moralisch untragbar«, rief UN-Generalsekretär António Guterres diese Woche hilflos in seiner Rede vor der Plenarsitzung der Generalversammlung der USA.“

    Der Artikel ist begleitet von einem Bild Netanjahus vom Freitag, den 27. September in der UNO-Generalversammlung, wo er mit zweier Bilder andeutet, daß die Eliminierung der Staaten Libanon, Irak, Iran, Syrien und Jemen als Weg zum Glück anpreist.
    Man kann sich dabei alles vorstellen, vom Ausschalten der Führung bis zur Vertreibung und Vernichtung der ganzen Bevölkerung. Diese Staaten sind schwarz eingezeichnet und werden als „Fluch“ bezeichnet.

    (El País, 29.9.)

    Was Guterres mit „Straffreiheit“ ausdrückt, ist der Umstand, daß die USA als Weltpolizist von niemandem mehr anerkannt werden – weder von ihren Gegnern noch von ihren Verbündeten. Und daß es auch keine oberste Instanz gibt, nach dem sich irgendeine Regierung richten würde.
    Die Pax Americana ist vorbei, die US-gestiftete Nachkriegsordnung geht vor den Augen der Weltöffentlichkeit in kriegerischen Orgien unter.

    Dazu paßt diese Meldung:

    „The audacious attack, during which more than eighty bombs were dropped on residential buildings that sit atop the group’s underground headquarters, was ordered by Prime Minister Benjamin Netanyahu from New York, before delivering a speech at the United Nations General Assembly.“

    Das war die bewußte Rede mit den schwarzen Fluch-Staaten.

    „»I’ve come here today to say enough is enough,« he told the assembly. Shortly thereafter, the bombs were unleashed. Israel rarely acknowledges its military operations, but this time the Prime Minister’s office released a picture of Netanyahu on the phone communicating the order.

    The Israeli operation made a mockery of U.S. diplomacy. Just two days earlier, the Biden Administration—alongside allies in the Middle East, Europe, and Asia—had announced a plan for a twenty-one-day ceasefire between Hezbollah and Israel. In a late-night briefing on Wednesday, a senior U.S. official claimed that they had worked “tirelessly” with Israel and Lebanon on the terms. …  Just hours before the Israeli strike, John Kirby, the strategic coordinator for the National Security Council, confirmed that the U.S. believed it had buy-in from Israel. Netanyahu stiffed U.S. diplomats—again.“

    (The New Yorker, 28.9.)

    Es ist nicht klar, ob der „New Yorker“ weiß, daß die panzerbrechenden Bomben, die Nasrallah & Co. den Garaus gemacht haben, angeblich aus den USA geliefert wurden?

    Man weiß gar nicht, wie viele Personen bei diesem Raketenangriff in Beirut, der mehrere Häuserblocks pulverisiert hat, außer Hassan Nasrallah noch draufgegangen sind.

    Man merkt inzwischen an der Berichterstattung der hiesigen Medien eine gewisse Verlegenheit, wo solche gewohnten Phrasen wie „unschuldige Opfer“ oder „Kollateralschäden“ gar nicht mehr verwendet werden, in Anpassung an die israelische Haltung des „Alle müssen weg!“

    Kritischere Medien wie El País oder der New Yorker reden von der „Ermordung“ Nasrallahs, aber der Mainstream der zumindest deutschsprachigen Presse begnügt sich mit „getötet“, „ums Leben gekommen“, „israelischen Schlägen zum Opfer gefallen“ (Standard, Süddeutsche), die „Tötung“ (Presse, schon richtiges Newspreak), noch besser die FAZ: „gezielte Tötung“.
    Man hat förmlich das Gefühl, die Journaille schnappt nach Luft, um sich mit Israel zu solidarisieren, um auf der Seite der vermeintlichen künftigen Sieger zu stehen.

    Man fragt sich, was sich die vorstellen? Die westliche Welt geeint hinter Israel, umgeben von einem Trümmerhaufen?

  57. „Die israelische Invasion im Libanon beschleunigt die Diskreditierung des Westens im globalen Süden

    Aufgrund der Unterstützung der USA und mit der durch das Vetosystem gelähmten UNO konnte kein internationaler Akteur die Pläne der rechten Regierung Netanjahus stoppen.

    Die Geschichte der letzten Jahrzehnte Israels im Libanon ist eine von vielen gewonnenen Schlachten, die zu strategischen Niederlagen führten, die zu verlorenen Kriegen führten. Im Jahr 1982 gelang es israelischen Truppen, die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) aus dem arabischen Land zu vertreiben, doch diese Invasion führte zur Geburt der Hisbollah, deren Guerillakrieg teilweise den Rückzug Israels im Jahr 2000 und seinen erneuten Rückzug nach dem kurzen Krieg von 2006 erzwang.

    Die Schläge, die Israel dieser Organisation in den letzten zwei Wochen zugefügt hat und die am Freitag in der Ermordung ihres Anführers Hasan Nasrallah gipfelten, und mit der neuen Bodeninvasion im Libanon eröffnen nun ein unvorhersehbares Szenario. Um so mehr, als der Iran an diesem Dienstag begonnen hat, etwa 200 Raketen auf israelischem Territorium abzufeuern.
    Sollte die angekündigte israelische Vergeltung einen offenen regionalen Krieg auslösen, würde dieser Konflikt in den Augen vieler Bewohner des Planeten nicht nur den Zusammenbruch der Weltordnung nach dem II. Weltkrieg bedeuten.

    Es würde auch die Utopie der Gerechtigkeit und der Herrschaft des Völkerrechts in den Beziehungen zwischen Staaten, als deren Verfechter sich der Westen bisher präsentierte, endgültig begraben.

    Seit Beginn des israelischen Krieges in Gaza, der bereits mehr als 41.000 Todesopfer gefordert hat, »konnte kein Akteur«, insbesondere im Westen, »eine extremistische und kriegstreibende Regierung wie die israelische stoppen, die sich dem Angriff auf ihre Nachbarn verschrieben hat«, sagt Haizam Amirah Fernández, Experte für internationale Beziehungen im Nahen Osten.“

    Das Wort „Akteur“ ist hier im Grunde unangebracht, weil diejenigen, die agieren, betreiben und befeuern den Krieg, der Rest schaut zu – teilweise staunend, teilweise wütend-ohnmächtig.

    „Diese Situation unterstreicht den Unterschied zwischen dem »gerechten Schrei gen Himmel«, den die internationale Gemeinschaft nach der russischen Invasion in der Ukraine ausstieß, und dem »donnernden Schweigen« nach der israelischen Ankündigung einer ähnlichen Aggression gegen den Libanon.“

    Die „internationale Gemeinschaft“ ist eben nur beschränkt international, sondern betrifft nur die Staaten, die lange die Nutznießer der US-definierten Weltordnung waren und nach wie vor gerne den Ton angeben würden.

    Dieser Umstand wird im globalen Süden als „offensichtliche Doppelmoral“ gesehen und betrachtet, die die Diskreditierung des Westens vertieft.
    Weder die USA, die Israel »total unterstützen«, noch eine EU, die durch die ebenso starke Unterstützung dieses Landes durch Deutschland und »Regimes wie das von Orbán« gelähmt sei,“

    – eine wichtige Beobachtung, daß sich Deutschland und Ungarn zwar in der Ukraine-Frage uneinig, in der Israel-Unterstützung hingegen einig sind – was der deutschen Führung fast unangenehm ist –

    „betont der Experte, können Israel aufhalten.“

    Wollen sie ja auch nicht.
    Die etwas seltsame Ausdrucksweise des ganzen Artikels ist dem Umstand geschuldet, daß Spanien einerseits die Palästinenser unterstützt, aber zweitens deshalb keineswegs Streit mit Deutschland will.

    „Genausowenig kann das die UNO – die supranationale Organisation, die im Rahmen der jetzt fraglichen Weltordnung entstanden ist.
    Dies trotz der Tatsache, dass dieses Land »alle roten Linien überschritten« habe und das Ziel verfolge, so betont Amirah Fernández, »einen gerechten Frieden im Nahen Osten zu verhindern«, der das von der UNO anerkannte Recht auf freie Selbstbestimmung der Palästinenser respektiert.

    Die Lähmung des Exekutivorgans dieser Organisation, des Sicherheitsrates – zu dem Spanien an diesem Dienstag eine dringende Sitzung zum Libanon beantragt hat – ist das Ergebnis dieser jetzt im Niedergang begriffenen Machtverteilung, in der sich die fünf Gewinner Staaten des II. Weltkriegs befinden – die USA, Frankreich, Russland, China und das UK. Sie blockieren jede Verurteilung, die ihren Interessen oder denen ihrer Verbündeten zuwiderläuft, indem sie von ihrem Vetorecht Gebrauch machen.

    Im Fall der USA zum Schutz Israels, was sie seit Beginn des Krieges in Gaza wiederholt getan haben. Diese Blockade hat dazu geführt, dass die Vereinten Nationen machtlos sind, diesen Konflikt zu beenden. Das Vetorecht, sagt Amirah Fernández, »hindert die UNO daran, ihr Hauptmandat zu erfüllen, nämlich die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit.«

    Man muß hierzu jedoch bemerken, daß die UNO selbst dieses „Mandat“ nie wahrgenommen hat, sondern nur hin und wieder für oder gegen kriegsführende Parteien eine matte Rüge ausgesprochen hat – wenn überhaupt.
    Die Entscheidungen wurden immer entweder von den USA im Alleingang oder von der NATO getroffen. Der Sicherheitsrat hat manche Dinge abgesegnet, was aber nur aufgrund der weltpolitischen Schwäche Rußlands zustandegekommen ist (z.B. Haager Tribunal, Libyen).

    Der »weltweite Ruf« nach einem humanitären Waffenstillstand in Gaza spiegelt sich jedoch in der mehrheitlichen Unterstützung wider, die in den Abstimmungen der Generalversammlung der UNO zum Ausdruck kam.
    In diesem Forum hat »die Mehrheit der Bewohner des Planeten« diese Einstellung der Feindseligkeiten unterstützt, wogegen Washington später im Sicherheitsrat sein Veto einlegte. Selbst in den USA »fordert laut Umfragen eine Mehrheit der demokratischen Wähler einen humanitären Waffenstillstand.«
    Sollte im Nahen Osten ein Krieg ausbrechen,

    – ist doch schon längst ausgebrochen –

    „»wird das das Vermächtnis von [Joe]Biden sein«, ein Vermächtnis, das »zu einem Sieg von Donald Trump [bei den Wahlen] am 5. November beitragen kann«, prognostiziert der Experte.“

    Warum wohl?
    Die Republikaner unterstützen Israel ja genauso oder noch stärker als die Biden-Regierung.
    Rätsel des Wählerwillens …

    „Unterdessen “schmieden die Mächte, die der Hegemonialmacht Washingtons entgegenwirken wollen, insbesondere Rußland und China, Pläne, um die ihnen gebotene Chance zu nutzen«, sagt Amirah Fernández.
    Auf der Ebene des internstionalen Diskurses haben sie bereits einen großen Sieg errungen. Das westliche Narrativ zu den Menschenrechten wird heute von vielen im globalen Süden als bloßer Ausdruck von »Heuchelei« betrachtet.
    Am 5. September lieferte der malaysische Premierminister Datuk Seri Anwar Ibrahim ein Beispiel. In Anwesenheit des darüber sehr erfreuten russischen Präsidenten Wladimir Putin spielte er in Wladiwostok (beim diesjährigen Wirtschaftsforum) darauf an, dass die Westler »nicht mehr befugt«“ seien, den südlichen Ländern Lektionen über »Menschenrechte« zu erteilen, während sie gleichzeitig den »Völkermord« in Gaza dulden.“

    Was heißt „dulden“?! Aktiv unterstützen! Mit Waffen und eben den entsprechenden „Diskursen“ in ihren Staaten.

    „Was der Nahostexperte Jorge Ramos Tolosa und Autor mehrerer Bücher über Palästina definiert, definiert ihn als »Zynismus« eines Nordens, der die »Straflosigkeit eines Staates schützt, der in der Lage ist, fünf Länder gleichzeitig anzugreifen – Palästina, Libanon, Jemen, Syrien und Irak– ohne dass es eine Antwort gab« zeige seiner Meinung nach »die Schwäche der USA und der EU«, machtlos gegenüber der Regierung von Benjamin Netanyahu, die als die rechtsextreste Regierung in der Geschichte Israels gilt.“

    Alles sehr absurd.
    Israel hat doch mit aktiver Unterstützung der USA und vermutlich auch einiger EU-Staaten – sein Waffenarsenal auf- und ausgebaut und seine Kriegsziele formuliert.
    Man erinnere sich, wie viele Staaten die Pegasus-Software, aber auch Waffen aus Israel gekauft haben. Und wie Israel von Anfang an von USA, EU. Kanada usw. lautstark unterstützt wurde.

    „»Israels Greueltaten in Gaza und jetzt im Libanon«, analysiert der Historiker, »zerstören den Ruf [der Länder] des Nordatlantiks, der größtenteils auf ihrer politisch-militärischen Macht beruht, weiter.
    Angesichts dessen »erstarkt nach und nach die Macht des globalen Südens, insbesondere der BRICS oder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit [zu der Russland und China gehören].“

    Moskau verurteilte am Dienstag »den Angriff auf den Libanon auf das Schärfste« und forderte Israel auf, seine Truppen aus libanesischem Territorium abzuziehen. Damit ging es viel weiter als jedes westliche Land.

    Sogar ein Paria-Staat wie Nordkorea, der engere Beziehungen zum Iran anstrebt, hat »Israels Kriegsverbrechen im Libanon« verurteilt.

    Zukünftiger Haß

    Auch wenn der iranische Angriff nicht die von Netanyahu angedrohten israelischen Vergeltungsmaßnahmen auslöst und eine Ausweitung des Konflikts verhindert wird, könnte die Invasion des Nachbarlandes für Israel nicht das erwartete Ergebnis haben. Dieses Land »hat eine Geschichte militärischer Einfälle in den Libanon, die nur dazu gedient haben, seine Gegner auf lange Sicht stärker zu machen«, betont eine Analyse der Politikwissenschaftler Vanessa Newby und Chiara Ruffa, die in The Conversation veröffentlicht wurde. Diese Experten erinnern daran, dass sich Israel bei seinen aufeinanderfolgenden Invasionen »als unfähig erwiesen hat, auch nur den geringsten Teil des libanesischen Territoriums erfolgreich zu besetzen«.“

    Es fragt sich, was hier unter „erfolgreich“ verstanden wird?
    In dem Sinne, daß die Besatzung nur die Feindseligkeit der Besetzten gegenüber den Besatzern steigert, waren auch die Besetzungen Vietnams, Afghanistans, des Irak usw. erfolglos.
    Das ist allerdings für die USA auch kein Grund gewesen, dergleichen in Zukunft zu unterlassen.

    „Mit der Ermordung des Hisbollah-Führers Hasan Nasrallah und der Unterwanderung der Kommunikationssysteme der Gruppe durch die Pager-Explosionen, und mit Hunderten ihrer Militanten und Zivilisten durch die Explosion elektronischer Geräte verstümmelt, erlitt die Hisbollah einen der schwersten Rückschläge in ihrer Geschichte.

    Dies ist nicht dasselbe wie die Annahme, daß diese Organisation, die tief in den libanesischen Institutionen, der Wirtschaft und der Gesellschaft verwurzelt ist, ausgerottet wurde.

    Dies geschah nicht im Jahr 2006, beim 34-tägigen Einmarsch israelischer Truppen, trotz der überwältigenden militärischen Überlegenheit Israels. Und jetzt, betont Amirah Fernández, sei die Miliz besser bewaffnet als damals.

    Am Dienstagmorgen berichtete der Sprecher der israelischen Armee auf Arabisch, Avichay Adraee, im sozialen Netzwerk von intensiven Gefechten der israelischen Truppen mit der Hisbollah. Der Ausgang der israelischen Bodeninvasion ist unklar.
    Wir können von ihr keine neue Ordnung im Nahen Osten erwarten, betont der Experte, »in dem Israel tut und wieder rückgängig macht, was es nur will«.

    Dieser israelische Einmarsch in den Libanon und, falls er ausbricht, ein offener Krieg mit dem Iran unter Beteiligung der USA könnte auch die Saat für noch mehr Hass in der Zukunft säen. Nick Paton Walsh, CNN-Analyst, erinnerte am 23. September daran, dass der Westen »die Lektion berücksichtigen sollte, die die NATO nach und nach in Afghanistan gelernt hat«, nämlich dass das Töten von Feinden viele »wütende und radikalisierte Kinder« hinterlässt, mit denen es später unmöglich ist, zu verhandeln.

    Walsh betonte, dass Israel »seine Magie im Krieg zur Schau stellt und in der Lage ist, rücksichtslos Schäden aller Art zu verursachen, während es gleichzeitig die Augen vor zivilen Opfern verschließt.«“

    Stimmt doch auch nicht.
    Die nimmt es sehr bewußt in Kauf.

    „Allerdings sei »nicht klar, welchen Weg er vor sich sieht.« Der Historiker Ramos Tolosa beschreibt dieses Land als einen »desorientierten Goliath«, der durch die Aufrechterhaltung seines »Völkermords in Gaza« und Angriffe auf seine Nachbarn »sein eigenes Überleben bedroht«.“

    (El País, 2.10.)

    Man merkt diesem Artikel den auch von der spanischen Regierung betriebenen Eiertanz an, mit dem die Verfasserin dieses Artikels Israel und die USA kritisieren will, ohne der EU-Führung den Pelz naß zu machen.
    Dennoch sind die Beobachtungen bezüglich der globalen Folgen nicht von der Hand zu weisen.

  58. Hallo Nestor,

    FYI ein Beitrag von mir in einem schauerlichen Faden unter dem Titel Hat Israel nach dem iranischen Raketenangriff freie Hand für einen Schlag gegen Teheran?:

    Ich möchte den Beitrag von Eckhard M. Eckert 4:31 honorieren, der mit einem gewissen Erfolg ein wenig Licht in das Dunkel hier zu bringen versucht hat.
    Bevor ich was zu diesem Licht sage, will ich aber seinen Generalirrtum / -Fehler benannt haben. Eckert will zumindest hinsichtlich Israel nichts davon wissen, daß jede Territorialherrschaft an der Basis nunmal eine Militärherrschaft ist, und diese Basis wirksam bleibt, egal wie gründlich das Bürgertum versucht, die Hoheit der bewaffneten Kräfte über das Grundkapital, als das es ein nationales Territorium zu behandeln bestrebt und gezwungen ist, politisch einzubinden.

    Die iranischen Eliten sind von diesem Fehler, der sich politisch unter bestimmten Bedingungen zu einer Art Wahn und Irresein auswachsen kann, nicht befallen – dort ist ja das Bürgertum theokratisch an eine Miltärherrschaft gebunden, die, politökonomisch ausgesprochen, der bürgerlichen Herrschaft der Städte über das Land die militärische Schranke einer Herrschaft der Landbevölkerung über die Städte entgegen setzt.
    Deshalb sieht man im Iran ziemlich klar, daß “Israel” kein “Land”, keine “Nation”, sondern ein archaisches Konstrukt unter der Herrschaft einer Militäraristokratie ist. Und wenn es aus solchen Kreisen heißt, “Israel” – in Anführungszeichen – müsse “weg”, es müsse “von der Landkarte verschwinden”, und die Sprecher sind keine brutes, dann ist genau das gemeint: Nicht “die Juden” sollten weg aus Palästina, sondern die Zionisten, und die Juden, die dort ja nunmal seit Generationen siedeln, bauen, wirtschaften, sollten endlich realisieren, was sie sind, nämlich Palästinenser. Und umgekehrt müßten diejenigen, die sich heute als “Palästinenser” verstehen, weil und indem sie nur unter dem Zwang der imperialistischen “Weltordnung” von der zionistischen Militäraristokratie auf israelischem Territorium geduldete Metöken sind, die Juden wie sich selbst zu Palästinensern machen, im Sinne von “gestalten”.
    Das ist die Sichtweise, die der halt auch deswegen im Westen allseits gehaßte ehemalige iranische Präsident Ahmadinejad in zwei oder drei langen medialen Auftritten auf die für ihn vielleicht typische, aber mit Rücksicht auf seine Stellung auch nicht wenig erzwungene, sakralisierte Darstellungsweise vorgelegt hat.

    Wenn das aber so ist, dann kann das zionistische Militär unmöglich putschen! Es wäre ein Putsch gegen sich selbst!
    Solche Art Putschistenherrschaften, in denen jeder größere Wandel im Land einen neuen Putsch erforderlich macht, kennt man sattsam aus Südamerika, sie sind das Markenzeichen der Herrschaft von Kompradorenbourgeoisien, die ihr Dasein als solche politökonmisch nicht zu überwinden vermögen oder das nicht anstreben. In “Israel” geht das nicht.
    Die USA und namentlich das Pentagon haben es im Frühjahr versucht! Klarstes äußeres Anzeichen waren die Reisen von Gallant und Gantz nach Washington und ihre Konferenzen im Pentagon gegen das öffentlich ausgesprochene “Verbot” Netanyahus. Doch der gewünschte “Machtwechsel” fand nicht statt, warum nicht?
    Nun, weil weder der Genaralmajor und ehemalige Kommandeur des “Südkommandos” und jetzige Kriegsminister Galant noch der ehemalige Generalstabschef und jetzige heimliche “Oppositionsführer” Gantz sich dazu imstande sahen, und warum sie sich nicht imstande sahen, das machten die Unterführer der IAF und IDF im Gaza sehr klar. Ich erspare mir die Darstellung der häßlichen Details dazu. Im Frühjahr stellte die operative Armeeführung klar, daß sie im Gaza von einer Vernichtungsszenerie, wie es sie seit Hiroschima nicht mehr gegeben hat, nicht ablassen wird. Und um dies auch politisch klar zu stellen – gegen “Amerikaner” wie Opposition – tötete der Mossad den politischen Repräsentanten und Verhandlungsführer der Hamas in Teheran!
    Diese Ermordung eines Nichtkombattanten hat klar gestellt, die Militäraristokratie bindet sich an ein “Versprechen”, jeden Palästinenser auf “israelischem” Territorium entweder zu töten oder aus dem Lande zu treiben, beziehungsweise, so lange das weltpolitisch nicht gangbar ist, zu tun, was einst Ariel Scharon, zur Erklärung seines Motives für die Massaker in Sabra und Shatila, so formuliert hat:
    “Ich will, daß die Palästinenser so demoralisiert werden, daß sie wie Zombies auf ihrem eigenen Land herum torkeln.”.

    Diese militärische Realität hat der neue iranische Präsident genauso ignorieren wollen, wie die US-Administration sie mit professionellem Irresein ignoriert, das geht aus seiner jüngsten Rechtfertigung hervor, in der er sich für “betrogen” erklärte, weil amerikanische Unterhändler – hier muß man Namen nennen: Jake Sullivan – ihm nach der Ermordung Haniyehs versprochen hätten, in IDF und Netanyahus Horrorkabinett hinein zu regieren, namentlich zwecks Unterbindung eines erweiterten Terrorkrieges im Libanon.

    Hier ist das Interface zu Eckert:

    Und ohne Opfer zu negieren oder zu entwürdigen: Biden hat Netanjahu genug Spielraum gegeben um sich und seine Koaliation an den Abgrund zu führen oder wie die Amerikaner sagen: „Just enough rope to hang oneself“ oder um Biden zu zitieren „ironclad“.

    Mit meinen Vorbemerkungen sieht der eine oder andere – und hoffentlich Eckert selbst – wie richtig, und zugleich fundamental falsch diese Darstellung ist! Ja, Eckert beschreibt vermutlich ziemlich treffend, was ab dem Frühjahr die unfreiwillig gefasste Absicht amerikanischer Strategen gewesen ist, aber ihr Vorgehen ging halt komplett nach hinten los.

    Der übergeordnete Wahn aller Beteiligten, den hat Rötzer mit seinem Titel auf den Punkt gebracht:
    In letzter Instanz wollen die politischen Kommentatoren im Krieg weltweit keinen anderen Gegenstand mehr sehen und haben, als eine (!) Rangordnung der Nationen.
    Sowas gibt es halt nicht!
    Übrigens auch auf keinem Schiff!
    Unter dem Wahn handelte halt auch die neue iranische “Führung”. Ahmadinejad ist nicht so verrückt gewesen!

  59. Achmadinejad ist keineswegs verrückt gewesen, er war auch einer der wenigen oder sogar der einzige säkuläre Regierungschef im Gottesstaat.

    Daß Israel es auf den Iran abgesehen hat und dafür die Rückendeckung der Republikaner hat, sehe ich auch so. Jared Kushner hat kürzlich in einem Artikel darauf hingewiesen, daß die Luftabwehr des Iran recht schwach sei.
    Ich denke überhaupt, daß sich Israel schon seit geraumer Zeit eher mit den Republikanern auf ein Packl haut und die ganze Biden-Regierung hier eine Art Potemkinsches Dorf ist, die das alles abnicken muß.

    Was den Iran angeht, so ist der ja den verschiedenen US-Regierungen, auch hier vor allem die der Republikaner, seit 1979 ein Dorn im Auge.
    Zu Zeiten des Schah war der Iran eine Art großer Stützpunkt oder erweitertes Territorium der USA – diese Rolle hat seither kein anderer Staat im Nahen Osten ersetzen können.

    Erst wurde der Irak auf den Iran gehetzt und dabei unterstützt – bis klar wurde, daß Saddam Hussein es nicht schafft, den Iran kleinzukriegen. Da fiel er in Ungnade, wurde überflüssig. Das war unter Reagan. Dann kam Bush und wollte ihn demontieren, das ging schief, bis es seinem Sohn gelang.

    Die Einmärsche in Afghanistan und dem Irak hatten m.E. den Zweck, den Iran von beiden Seiten in die Zange zu nehmen. Da dürfte aber dann das US-Militär „Nein!“ gesagt haben, weil ihm der Iran eine Nummer zu groß war, neben den anderen beiden Baustellen.

    Das nächste war der Versuch, in der Gegend eine „Koalition der Willigen“ zusammenuzukriegen, die den Job, die Mullahs plattzumachen, für die USA erledigen.
    Aus Wikileaks, glaube ich mich zu erinnern, weiß man, daß Saudi-Arabien und Israel dabei gewesen wären. Ägypten hat jedoch „Nein!“ gesagt.

    Dann kam der arabische Frühling, der Sturz Gaddafis und Mubaraks usw. Die Demokraten wollten auch zeigen, was sie können.

    Und die Mullahs sind immer noch da!

    Es mag sein, daß Israel jetzt mit Unterstützung der USA wieder einmal einen Versuch machen will, sie wegzuräumen.

  60. “Die Einmärsche in Afghanistan und dem Irak hatten m.E. den Zweck, den Iran von beiden Seiten in die Zange zu nehmen. Da dürfte aber dann das US-Militär „Nein!“ gesagt haben, weil ihm der Iran eine Nummer zu groß war, neben den anderen beiden Baustellen.”

    Das ist nicht ganz korrekt, weil die US-Navy bereits 2002, nach ausführlichen Planspielen, in denen jedesmal die "Roten" die "Blauen" platt genug gemacht haben, um den Versuch zu stoppen, "no" gesagt hatte.
    Deshalb Cheneys Alleingang zur Vorbereitung eines Nuklearschlages ab 2005 oder '06. Ich persönlich bin überzeugt, er hatte in Ariel Scharon einen entschiedenen Gegner. Jedenfalls begann Israel erst unter dem Vorsitz des "Schurken" (Scharon) Olmert mit dem Aufbau einer Air-Base in Georgien, die Putin im Vorfeld des Georgienkrieges mit "zarten" Hinweisen und Aufforderungen erledigte, sie wurde kurz vor Beginn der Feindseligkeiten geräumt.

    Es tut mir gut, daß Du mein Urteil über Ahmadinejad teilst, für das ich seit über einem Jahrzehnt unter "Linken" für klinisch verrückt gelte.
    "Säkular" wollte ich ihn nicht nennen, eher einen "(Reform-)Evangelen unter Katholen", und dasselbe traf, auf etwas andere Weise, auf Nasrallah zu, es machte die Beweglichkeit und das Charisma, also die "Führungsqualitäten" Beider aus.

  61. Ich meinte damit, daß er von Beruf her kein Mullah ist.

    Die „Guten“, die Reformer, die es sich mit dem Westen gutstellen wollten, Rohani und Khatami, auch der verunglückte Raissi, waren Geistliche.

    Der jetzige, Peseschkian, ist der erste Nicht-Mullah nach Achmadinedschad.

    Das ist nicht ganz korrekt, weil die US-Navy bereits 2002, nach ausführlichen Planspielen, in denen jedesmal die "Roten" die "Blauen" platt genug gemacht haben, um den Versuch zu stoppen, "no" gesagt hatte.

    Das glaube ich sofort, aber das heißt ja nicht, daß damit für die Bush-Cheney-Clique das letzte Wort gesprochen war.
    Die dachten sich vermutlich, jetzt machen wir noch einmal einen Anlauf (Irakkrieg) und fragen wieder …

  62. „Why is the UK handing the Chagos Islands back to Mauritius?

    An agreement between the UK and Mauritian governments could see thousands of exiled Chagossians resettled again.

    After a dispute running for more than 50 years, the United Kingdom will finally hand back the Chagos Islands, an archipelago located in the Indian Ocean, to the southeast African island country of Mauritius.

    As part of an agreement on Thursday, the governments of the UK and Mauritius jointly announced that full sovereignty of the Chagos, a remote group of more than 60 islands, would again belong to Mauritius in exchange for guarantees that a United States military base could continue operating there for the next 99 years.

    The announcement has prompted mixed feelings among Chagossians who were exiled from the archipelago to Mauritius, the Seychelles and the UK in the 1960s and 1970s, and have for years fought to return to their ancestral homeland without any conditions attached.

    While many acknowledge this is a crucial step towards asserting the rights of Chagossians, some also point out that they were not included in the negotiations between the two governments.

    Here’s what you need to know about the new deal, and why there’s been much controversy over the Chagos: (…)

    According to the terms of the deal, Mauritius is »free« to legally resettle the islands of the Chagos, excluding Diego Garcia, the largest and most southerly island, home to a US military base, and the only one that has remained inhabited since the 1970s. The archipelago is otherwise empty, with no inhabitants.

    The UK leased Diego Garcia to the US in 1966 for 50 years. In return, the US provided a $14m discount on sales of its Polaris missile systems to the UK. The Polaris system consisted of nuclear-armed submarine-launched ballistic missiles.

    Diego Garcia has housed a US military base since then. Some 2,500 members of staff on the base come from the US, Mauritius and other countries.

    On Thursday, the UK also pledged to provide a financial support package to Mauritius to support its economy. The value of this financial support was not disclosed.

    In addition, the UK will also set up a trust fund to support the descendants of the 1,500 Chagossians who were forcefully evicted from the islands between the 1960s and 1970s. There are now about 10,000 Chagossians scattered in Mauritius, the Seychelles and the UK. Many complain of ill-treatment and low salaries in their adopted countries.

    Mauritius and the UK will collaborate on projects in environmental protection, maritime security and crime prevention, including tackling people and drug trafficking which are on the rise in Mauritius, according to the joint statement on Thursday.

    »The treaty will open a new chapter in our shared history,« the two countries said. The agreement would also »herald a new era of economic, security and environmental partnership between our two nations«.

    US President Joe Biden in a White House statement on Thursday commended the »historic agreement … It is a clear demonstration that through diplomacy and partnership, countries can overcome long-standing historical challenges to reach peaceful and mutually beneficial outcomes,« he said.“

    Das Drüberstreuen von Lob und Wohlwollen durch den US-Präsidenten ist eine Mischung aus Zufriedenheit und Unverschämtheit, weil der Verbleib der US-Basis ja in dem Übergabevertrag geregelt ist für die nächsten 100 Jahre.

    „Why was control of the Chagos Islands disputed?

    The islands have long been disputed because of claims and counterclaims about the Indigenous nature of Chagossians.

    The French were the first to colonise Mauritius along with the Chagos Islands in 1715. However, the UK took control of the region in 1814 after the fall of France’s Napoleon Bonaparte and the subsequent ceding of French overseas territories to conquering nations.

    In 1965, when Mauritius was pushing for independence, the UK conditioned the nation’s freedom on its relinquishing of Chagos. The UK detached the islands to create the British Indian Ocean Territory (BIOT). Three years later, in 1968, Mauritius gained independence from the UK.

    Between 1965 and 1973, the UK exiled all Chagossians who had been living on the various islands since the 18th century to Mauritius, Seychelles and, eventually, the UK after many were granted British citizenship in 2002.

    Those exiled were descendants of enslaved people from the French and Portuguese colonies of Madagascar and Mozambique who were brought forcibly to the Chagos Islands in the 1700s and were forced to work on coconut plantations for the UK government.

    UK officials claimed at the time of their exile that the coconut economy was dying and that the islanders would suffer. Critics, however, have said the UK was, in fact, fulfilling the US’s requirement to take over a single uninhabited island.

    The UK argued for many years that Chagossians were a »non-permanent population« or »transient workers« although Chagossians consider themselves Indigenous to the island.

    Meanwhile, in 1971 the US Navy began constructing a military base on the strategically located Diego Garcia. The island is close to the Maldives in Southeast Asia, countries in Southeast Africa, as well as the Middle East.

    Diego Garcia military base is still in operation. It was a key location in the US overseas »war on terror« operations following al-Qaeda’s September 11 attacks on the US in 2001. From there, the US military deployed aircraft to Iran and Afghanistan.

    Controversially, rights groups also accuse the UK and US governments of using the atoll as »black sites« or torture centres for suspected members of armed groups, such as al-Qaeda.

    How did Mauritius legally challenge the UK?

    Chagossian communities living in the UK have over the years launched unsuccessful legal challenges against the government, demanding their right to return. Chagossians, who number about 3,000 in the UK, mostly live in Crawley, West Sussex – close to Gatwick Airport – and routinely take part in »heritage visits« to the atolls to maintain their connection with the Chagos.

    In 2010, a WikiLeaks cable revealed that a UK official in the 1960s had called Chagossians »Man Fridays and Tarzans«, referring to the fictional Tarzan, a man raised by apes.

    The controversial revelation sparked anger. The same year, former Mauritian Prime Minister Navin Ramgoolam began a legal battle to win the territory back.

    Chagossian communities and rights groups pressured the UK government for action in 2016 when the US lease was set to expire. However, while officials said the UK »regretted« the manner in which Chagossians had been exiled, but they declared that the Chagossians could not be allowed to return to their homeland because of the UK’s »defence interests, expensive costs to the British taxpayer, and the feasibility« of such a project. The US lease of Diego Garcia was renewed for 20 more years until 2036.

    The UK foreign office said it would support exiled Chagossians where they lived with about 40 million pounds ($53m) over the following 10 years.

    In 2018, Mauritius dragged the UK to the International Court of Justice (ICJ). A year later, in February 2019, the court issued a non-binding advisory opinion in favour of Mauritius: The UK had wrongfully forced the inhabitants of the island to leave to make way for a US airbase and, hence, should give up its control of Chagos, the ICJ said.

    In a vote at the United Nations General Assembly in May 2019, 116 member states voted in favour of a resolution stating that the UK should give up the Chagos within six months. Only six members, including the US, voted against it.

    However, the UK flouted that resolution, despite international pressure.

    In 2022, talks between the government of former UK Prime Minister Liz Truss began with serving Mauritian President Pravind Jugnauth.

    Several British conservatives, including former UK Prime Minister Boris Johnson, opposed handing over Chagos to Mauritius, arguing that Mauritius could grant its close ally, China, access to the strategic territory, possibly proving a security threat to the US military base and undermining US-UK relations.

    China has partnered with Mauritius on dozens of developmental projects. A portion of Mauritians known as Sino-Mauritians trace their ancestry back to China.

    How do Chagossians feel about the new deal?

    Some Chagossians have also long disputed Mauritian sovereignty over the island and are campaigning for a referendum that will lead to their self-determination as an Indigenous people.

    »We’ve been stabbed in the back by the British government again,« Frankie Bontemps, a British Chagossian, told Al Jazeera, referring to the question of self-rule. Bontemps said he and other Chagossians will have to strategise on further campaigns before any plans are put into motion, in hopes that »the British government will have the decency to listen to us«.

    Some have also criticised the UK and Mauritian governments for excluding Chagossians from the negotiations that led to the deal on Thursday.

    In a statement on X, formerly Twitter, Chagossian Voices, a UK-based group campaigning for Chagossian rights, said many in their community had only heard the news through the media, like everyone else.

    »The views of Chagossians, the Indigenous inhabitants of the Islands, have been consistently and deliberately ignored and we demand full inclusion in the drafting of the treaty,« the statement read.

    However, others acknowledge that the agreement shows the British government has finally recognised and acted on its »past mistakes«.

    »This recognition is long overdue, especially for the Chagossian community,« Marie Isabelle Charlot, a UK-based Chagossian rights activist, wrote on the employment and business social media site, LinkedIn, on Thursday.

    In 2002, the British government granted citizenship to Chagossians born between 1969 and 1983, allowing hundreds to move from Mauritius and the Seychelles to the UK.

    However, Charlot wrote that many do not feel accepted in the UK. Chagossians there often say they face racism and do not have access to well-paid jobs to afford visa fees for their families.

    »Today, some of us are still being told to return to Mauritius, even offered flight tickets back, because we are family orientated and do not want to leave our children or partner behind. This painful reality reminds us of where we truly belong,« the activist wrote.

    Now, Charlot writes, with the new deal, true action to support communities abroad is essential. »It is time for [the UK] to go beyond words,« she added.“

    (Al Jazeera, 4.10.)

    Es war also eine Gemengelage aus dem wachsenden Einfluß Chinas in der Region, der steigenden Unzufriedenheit in Afrika mit dem Freien Westen und der Notwendigkeit, den Status der US-Basis zu bekräftigen, die diesen Entschluß der UK-Regierung verursacht hat.

    An der UNO-Resolution kann es nicht liegen, weil die Zahl der nicht vollstreckten UNO-Resolutionen geht in die Hunderte.

    Für das UK selbst reicht sich die Rückgabe der Chagos-Inseln an Mauritius in die schrittweise Auflösung des Commonwealth ein, und könnte noch Folgeschäden hervorrufen, denn Argentinien meldet wieder einmal seine Ansprüche auf die Falklands an.

  63. Deutschland versucht sich in Indien wichtig zu machen, blitzt aber ab:

    „Deutsch-indische Regierungskonsultationen in New Delhi: Berlin will Keile zwischen Indien und Russland treiben und das Land mit intensiverer Militär- und Rüstungskooperation gegen China in Stellung bringen. (…)“

    (German Foreign Policy, 25.10.)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert