Pressespiegel El País, 23.8.: Details zu den Attacken auf die Krim-Brücke

ZU LEISTUNGEN AUFGEBLASENE ERSATZ-AKTIONEN?

Der Umstand, daß die ukrainische Führung sich jetzt zu ihren Attentaten auf die Krim-Brücke bekennt, und auch der Umstand, daß F-16 geliefert werden dürfen, könnte so verstanden werden, daß die westlichen Allierten ihnen immer mehr gestatten, meint der Autor des Artikels.
(Diese Großzügigkeit kann auch als Ersatz für Unterstützung verstanden werden, die nicht mehr stattfindet.)

Der derzeitige SBU-Chef Maliuk beschrieb das ganze genau in CNN.
Vorher war beides deswegen ein Tabu, weil die NATO nicht zu offen selbst in die Konfrontation eintreten wollte.
(Inzwischen will sie das aus anderen Gründen auch nicht mehr, – weil sich herausgestellt hat, daß den Russen ohne WK III nicht beizukommen ist.)

Allerdings behaupten die Ukrainer, sie hätten das alles selbst gemacht, was natürlich ganz unglaubwürdig ist. (So wird auch mehr oder weniger publik gemacht, wie sich der Westen den Krieg weiter vorstellt – Ausprobieren ihrer Waffen mit Hilfe ihres ukrainischen Personals.)
Eine der vom Westen vorgestellten Entwicklungen scheint zu sein, daß die eingeschlafene Offensive von einem Seekrieg abgelöst wird – mit den so erfolgreichen Drohnen namens „Meerbaby“.
(Der Name!)

Die neue „Wunderwaffe“?

Der 1. Anschlag wird genau beschrieben und sich gebrüstet damit, wie russische Transportfirmen in das ganze eingebunden wurden, die keine Ahnung hatten, was sie da transportieren.
(Inzwischen wird das natürlich sicherlich besser kontrolliert, das ging nur einmal.)

Ebenso wird darauf hingewiesen, daß der SBU die Überwachungskameras „geknackt“ habe:

„In dem Video des Marineangriffs auf die Krimbrücke, das die SBU CNN zur Verfügung gestellt hat, gibt es ein Detail, das auf ein hohes Maß an ukrainischer Infiltration auf der von Russland besetzten Halbinsel hinweist: Neben der im Bombenboot eingebauten Kamera enthält das Video Bilder einer auf der Brücke installierten Kamera. In einem anschließenden Interview mit dem ukrainischen Sender NV bestätigte Maliuk, dass sie Zugang zu Kameras haben, die auf der Brücke angebracht sind.
Der Chef des Sicherheitsdienstes machte keine näheren Angaben, versicherte aber, dass man mit diesen Kameras den Weg der LKW-Bombe verfolgen könne, die im Oktober 2022 die Brücke schwer beschädigte und zu monatelangen Verzögerungen bei der Versorgung der russischen Truppen an der Südfront geführt habe.“

Damit soll einerseits die Bedeutung dieses Anschlages herausgestrichen werden. Allerdings wurde Kupjansk vorher erobert, nur der Abzug der russischen Truppen aus Cherson fand nach der teilweisen Zerstörung der Brücke statt. Daß die Verzögerungen diesen Abzug, also die Aufgabe von Territorium seitens Rußlands verursacht haben, ist jedoch bei näherer Betrachtung des Kriegsgeschehens unwahrscheinlich. Auch die Eroberung von Kupjansk und anderer von der russischen Armee besetzter Gebiete waren deshalb möglich, weil Rußland zu wenig Soldaten hatte, nicht deshalb, weil der Nachschub gefehlt hätte. Deshalb wurde im September, also vor dem Anschlag (im Oktober) in Rußland die Teilmobilmachung verordnet.
Zweitens wird mit dem Hinweis auf die Bilder der Überwachungskameras so getan, als würde hier eine enorme technische Überlegenheit vorliegen. Dabei ist die Sache relativ simpel: Diese Kameras waren offenbar mit dem Internet verbunden. Dann ist es nicht schwierig, an die Aufnahmen zu gelangen. Inzwischen dürfte das auch von den russischen Behörden geändert worden sein.
Es war eben ein Moment der Modernität dieser Brücke, sie mit internetfähigen Kameras auszustatten.

Zu der Sprengladung und wie sie dort hinkam, wird ebenfalls nicht mit Details gespart:

„Agenten des ukrainischen Geheimdienstes heuerten eine Gruppe »russischer Schmuggler« an, um 21 angebliche Polyethylen-Kunststoff-Rollen auf die Krim zu verladen. Was die Ausführenden nicht wußten, war, dass in jeder Spule eine Tonne Hexan, ein explosiver Kohlenwasserstoff, versteckt war.
Der russische Sicherheitsdienst (FSB) berichtete damals, dass die Fracht, die im August 2022 zunächst die ukrainische Stadt Odessa verlassen hatte, nach Bulgarien umgeladen wurde, von dort weiter nach Armenien, dann nach Georgien und schließlich nach Russland gelangte.“

Die Bemerkungen Maliuks sind für Rußland nichts Neues, also auch für die russische Öffentlichkeit nicht, nur für das westliche Publikum.

„In Russland wurden 22 Personen festgenommen, gegen die wegen angeblicher Mitschuld an dem Anschlag ermittelt wird. Maliuk behauptet, sie hätten nichts von der Operation gewusst.“

Das dürfte stimmen. Auch der Lenker, der bei dem Anschlag starb, hatte keine Ahnung, was er da transportierte.
Es geht übrigens nur so. Jeder zusätzliche Mitwisser hätte das Manöver vereiteln können.
Der ukrainische Geheimdienst kannte die Schwachstellen Rußlands gut, in diesem Falle auch die verschiedenen Zollfreiabkommen mit ehemals sowjetischen bzw. RGW-Staaten, die diese Transportmanöver ermöglichten.
Diese Anschläge hatten vor allem den Effekt, daß dergleichen Sicherheitslücken geschlossen und die Überwachung in Rußland und den annektierten Gebieten verschärft wurde.
Es wird also immer schwieriger, solche Anschläge zu verüben.

„Der SBU versteckte die 21 Tonnen Hexan in den Metallzylindern der Spulen und wählte genau die Dicke des Polyethylens, die es ermöglichte, den Sprengstoff vor den Röntgenscannern zu verbergen, die die auf die Brücke einfahrenden Fahrzeuge überwachen.
Maliuk enthüllte“ (bei einem weiteren Medienauftritt vor dem ukrainischen Medium) „NV außerdem, dass der Lastwagen über ein elektronisches System verfügte, das die GPS-Verbindung mit dem Zünder des Sprengstoffs aufrechterhielt, obwohl an den Zufahrten zur Kertsch-Brücke Satellitensignalstörsender installiert waren.“

Ein interessantes Detail.
Der LKW gehörte dem Fahrer, und enthielt dieses System vermutlich nicht. Also mußte dieses unbemerkt eingebaut worden sein, von einem SBU-Agenten, bevor der Mann zu seiner tödlichen Fahrt startete.

„Der Lastwagen detonierte am Morgen des 8. Oktober um 5:40 Uhr, zeitgleich mit der Durchfahrt eines Zuges, wodurch eine Richtung der Autobahn und ein Abschnitt der Eisenbahnlinie zerstört wurden. Die russischen Behörden meldeten den Tod von fünf Menschen, darunter dem Fahrer des Lastwagens.“

Der Zug hatte Treibstoff geladen, was die Explosionswirkung verstärkte.
Wie gelang es, den LKW gleichzeitig mit dem Zug auf die Brücke zu bringen? Hier handelt es sich um eine ziemliche logistische Leistung. Vermutlich wurde mit dem Fahrer ein genauer Übergabetermin in Kertsch vereinbart.
Der Schaden fiel nur deshalb nicht größer aus, weil es den russischen Einsatzkräften gelang, den größeren Teil der Waggons zu entkopppeln und zurück aufs Festland zu schicken, sodaß das Feuer nicht auf sie übergreifen konnte.

„Zwei Tage später, am 10. Oktober, ordnete der russische Präsident Wladimir Putin einen dreimonatigen Bombenangriff auf das ukrainische Energienetz an. Was der Kreml als Vergeltung für die Sabotage an der Kertsch-Brücke ankündigte, war laut von EL PAÍS befragten Experten in Wirklichkeit ein Monate im Voraus ausgearbeiteter Plan, die Ukraine im Winter im Dunkeln und ohne Heizung zu lassen.“

Was will uns der Autor damit sagen?
Daß der Anschlag auf die Krim-Brücke in Ordnung ging?
Daß der Kreml seinen Krieg plant?
Daß Anschläge gegen russische Infrastruktur strategisch berechnet und gerechtfertigt sind, während Rußland bei seiner Zerstörungstätigkeit gemein und böse die ukrainische Zivilbevölkerung schädigt?

„Die Enthüllungen über die Angriffe auf die Kertsch-Brücke fallen mit den Feierlichkeiten an diesem Mittwoch zum dritten Gipfel der Krim-Plattform zusammen. Hierbei handelt es sich um eine Arbeitsgruppe, die 2021 von Präsident Volodímir Zelenski gegründet wurde, um internationale Unterstützung für die Wiedereingliederung der Krim in den ukrainischen Staatsverband zu koordinieren.“

Man merkt, daß die Ukraine vor dem russischen Einmarsch durchaus Schritte setzte, die als eine Provokation Rußlands gedacht waren und auch so aufgenommen wurden.

„2022 nahmen am Treffen dieser Krim-Plattform-Gruppe per Videokonferenz die wichtigsten europäischen Staats- und Regierungschefs und seitens der USA der Außenminister Anthony Blinken teil.
Der dritte Gipfel wird von einem zunehmenden Druck auf Kiew geprägt sein, zu akzeptieren, dass eine Möglichkeit zur Beendigung des umfassenden Krieges darin besteht, einen Teil der besetzten Gebiete an Russland abzutreten.“

Also Schluß mit lustig.
Die Rückeroberung der Krim wird offenbar von keiner nennenswerten Macht mehr unterstützt.

„An dem Gipfel im Jahr 2022 hatten der französische Präsident Emmanuel Macron, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und auch der Präsident der spanischen Regierung, Pedro Sánchez, teilgenommen, um zu unterstreichen, dass die EU weiterhin entschieden von Putin verlangt, die Krim an die Ukraine zurückzugeben.“

Na, und was sagt die EU jetzt?
Das ist die große Frage.

Die Absicht der Ukraine bei diesen ausführlichen Beschreibungen ihres Attentats ist offenbar, zu zeigen, was für schlaue Burschen da am Werk sind und wie man den Russen schaden kann, wenn man es nur schlau anstellt.

Die Attentate auf Darja Dugina und Maxim Fomin/Tatarskij waren zwar auch sehr kompliziert eingefädelt, aber mit denen gibt man vielleicht doch nicht so gerne an.

Die Feier so eines Erfolges aus dem Vorjahr wirkt angesichts der mageren Performance der ukrainischen Streitkräfte in diesem Jahr eigenartig.

Soll damit Eindruck geschunden werden?

Will sich der ukrainische Geheimdienst auf diese Weise für westliche Arbeitgeber weiterempfehlen, auch wenn der Krieg für die Ukraine in die Hose geht?

Ein Gedanke zu “Pressespiegel El País, 23.8.: Details zu den Attacken auf die Krim-Brücke

  1. Der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte der Führung der Krim und Sewastopols per Telefon zum 10. Jahrestag der Rückkehr der Halbinsel in den russischen Staatsverband. Dies gab Kremlsprecher Dmitri Peskow bekannt.

    Glückwünsche gingen an den Chef der Krim, Sergej Axjonow, den Vorsitzenden des Krimparlaments, Wladimir Konstantinow, den Bürgermeister von Sewastopol, Alexej Tschalyj, und den Bevollmächtigten des Präsidenten im Föderationskreis Krim, Oleg Belavjentsev.

    (KP, 16.3.)

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