DIE NEUAUFTEILUNG DER WELT, ODER: DAUERKRIEG FÜR ALLE
Wer macht das Rennen? Wer hat die Nase vorn?
Nach diesem Winter werden wir mehr wissen.
Die Türkei und die Golfstaaten haben große Ambitionen und auch das Geld und die Waffen, sie zu verwirklichen, während die alten Weltmächte gegen ihren Abstieg kämpfen.
Roketsan-Raketenwerfer „Jobaria" im Guinness-Buch der Rekorde
Der führende türkische Rüstungskonzern Roketsan hat mit der weltweit größten Raketenartillerie einen Rekord aufgestellt.
Jobaria, ein von Roketsan für die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) entwickelter Raketenwerfer mit mehreren Batterien, hat es ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Das Unternehmen verkündete die Botschaft in einer an Journalisten gerichteten Erklärung.
(…)
https://www.dailysabah.com/deutsch/technik/2018/08/26/roketsan-raketenwerfer-jobaria-im-guinness-buch-der-rekorde
Alles natürlich mit modernen Mitteln der Welt mitgeteilt, über das Guiness-Rekordbuch – nicht etwa dezent auf einer Waffenmesse, oder einem Kommuniqué des Verteidigungsministeriums …
Alle wollen Krieg, wie es aussieht:
„Die Ukraine und Rußland schließen einen weihnachtlichen Waffenstillstand aus“ (El País, 16.12.)
Peter Decker im Dezember- Interview bei 99 zu eins. U.a. in der letzten Hälfte des Interviews über Kapitalismus, Russland und die BRIC-Staaten, wird auch die Frage diskutiert, w i e die BRICs denn die Vorherrschaft des Dollars brechen wollen ….
https://www.youtube.com/watch?v=2bCTQbuAfMo
Der Kommentator ‘Grandguisier’ bringt bei seinem Kommentar zum Vortrag erläuternd u.a. auch die Nachkriegs-Ausgangsbedingungen (nach WKII) für den modernen globalisierten Kapitalismus in die Debatte, und zwar so:
“Zu dem Abschnitt ab ca. 32:00: Wie die Universalität der Marktregeln zur Festigung und sogar Verstärkung der Ungleichheit führt. Dazu ist zu sagen, dass im Weltmarkt (…) ja nicht der “Tüchtigere” der Gewinner (oder besser: Sieger) ist, sondern der, dessen Startbedingungen die besten waren. Ein Gleichnis hierzu: Zu einem Wettlauf treten 20 Läufer an. Von außen betrachtet sind die Bedingungen für alle dieselben: Alle haben gute Laufschuhe, Sportkleidung usw., das Wetter ist logischerweise für alle dasselbe … usw. usf. also völlig faire Rennbedingungen. Der Trainingszustand der Läufer ist allerdings stark unterschiedlich! Die einen sind auf Olympia-Leistungszentrum-Niveau, andere sind gänzlich unsportlich. Und alle Zwischenstufen. Wie das Rennen ausgehen wird, ist absolut leicht vorherzusagen. Wenn jetzt noch hinzukommt, dass der Preis nach Plazierung vergeben wird: Dass der Sieger die stärkste Trainingsförderung erhalten wird, der Zweite schon weniger, und so weiter bis zum Letzten, der fast gar keine Förderung erhält; wenn also so verfahren wird, ist vorhersehbar, dass der Leistungsabstand unter den Läufern größer werden wird.
So geht es in der Weltwirtschaftsordnung der Nationalsouveräne zu. Die Schnellen, Starken, schon von jeher gut Trainierten wissen sehr gut um ihren “naturgegebenen” Vorteil (… der so sehr *natur*gegeben ja bekanntermaßen nicht ist) und um die grundsätzliche Unfairness dieser Ordnung, die fair nur ist, wenn man sie völlig unhistorisch, als Momentaufnahme des bereits Etablierten, betrachtet.”
[Quasi wird hier die Gemeinheit des erzkapitalistischen Spruchs, mit dem gelegentlich auch die Individuen, erfolgreiche wie erfolglose, sich selber gedanklich ins kapitalistische Geschäft einsortieren wollen, welthistorisch aufgeblasen: “Jeder ist seines Glückes Schmied….”]
Dazu fällt mir nur ein, daß der Weltmarkt sich derzeit ziemlich ändert.
Früher wurden durch Kolonien ausschließliche Einflußzonen definiert, zu denen Konkurrenten keinen Zugang hatten.
Dann gab es durch den sowjetischen Block und das sozialistische China eine Menge Staaten, die sich am Weltmarkt nur sehr eingeschränkt beteiligten.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs öffneten sich die ehemaligen COMECON-Staaten völlig, Jugoslawiens Nachfolgestaaten nolens volens ebenso, China jedoch nur zum Teil.
Heute leisten die Sanktionen die Aufteilung in verschiedene Einflußsphären. Durch die Sanktionierung Rußlands – aber auch des Iran, Syriens oder Venezuelas – sind diese Staaten genötigt, außerhalb des (bisherigen) Weltmarktes Wege für Export, Import und Zahlungsmodalitäten zu entwickeln.
Es entsteht also ein paralleler Weltmarkt, der dem Zugriff des westlichen Kapitals entzogen ist.
Die Araber schauen nach China
Inmitten einer Beziehungskrise zwischen den USA und Saudi-Arabien kam der chinesische Präsident Xi nach Riad. Washington sieht den Flirt seiner alten arabischen Alliierten mit China mit Sorge
Da kam nicht nur einfach der chinesische Präsident nach Saudi-Arabien: Durch die aktuelle Krise zwischen Washington und Riad, die tiefste in der Geschichte ihrer strategischen Allianz, hatte der Besuch von Xi Jinping vergangene Woche einen ganz besonderen Referenzrahmen. Es war keine "Faustgruß-Visite" wie jene von US-Präsident Joe Biden bei Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) im Sommer; der Empfang Xis war eher jenem von Donald Trump auf seiner ersten Auslandsreise als Präsident im Jahr 2017 vergleichbar. Auf Xi warteten ein bilateraler Staatsbesuch und ein Gipfel mit arabischen Staats- und Regierungschefs.
Die US-Regierung machte gar kein Hehl daraus, dass sie mit Argusaugen verfolgte, was in Riad lief. Das Pentagon sprach im Vorfeld "Sicherheitsrisiken" für die USA an, wenn "unsere engsten Alliierten und Partner zu tief mit China zusammenarbeiten".
Erhöhter Druck auf Biden
Zwischen Saudi-Arabien und China wurden 40 Vereinbarungen geschlossen, die meisten davon im Energie-, aber auch im Technologiebereich und jenem der künstlichen Intelligenz. Das ist zwar durchaus sicherheitskritisch, aber die USA können insofern zufrieden sein, als die Aussagen zu einer Zusammenarbeit im militärischen Bereich sehr vage blieben. Verteidigungsdeals wurden nicht abgeschlossen.
Dass der Druck auf Biden erhöht werden sollte, bei Waffenverkäufen mehr Entgegenkommen zu zeigen – und dabei nicht, wie man es am Golf sieht, die Menschenrechtskeule auszupacken, etwa in Bezug auf den Krieg im Jemen –, liegt auf der Hand.
Wink mit dem Zaunpfahl
Die arabischen Golfstaaten sehen die USA unter Biden als unverlässlichen Partner und winken mit dem Zaunpfahl, dass man sich gegebenenfalls auch militärisch anders versorgen könnte. "Wir werden uns nicht zurückziehen und ein Vakuum hinterlassen, in das Russland und China eindringen können", sagte Biden im Juli in Jeddah. Aber genau das scheint zu passieren.
Vor allem aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) kamen jedoch Stimmen, die betonten, dass die wirtschaftliche Zukunft der arabischen Golfstaaten in China liege, die strategische Sicherheit der Region jedoch "unmissverständlich" weiter in der Allianz mit den USA. Dass ausgerechnet der mächtige Präsident der VAE und Emir von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed, einst "Mentor" von MbS, dem Gipfel fernblieb, interpretierten manche als Statement, dass ihm die Brüskierung Bidens zu weit gehe.
Der Schatten Khashoggis
Zur Empörung der USA hatte MbS im Oktober in der Opec+ einer Reduzierung der Ölproduktion beigestimmt, was ihm als Russland-freundlich ausgelegt wurde. Immerhin haben die USA inzwischen die Immunität Mohammed bin Salmans als frischgebackener saudischer Premier – ein Posten, der laut Gesetz eigentlich der saudische König innehat – anerkannt. Es wird also keine Prozesse in den USA wegen der Ermordung des Washington-Post-Kolumnisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 im saudischen Generalkonsulat in Istanbul geben.
Von Xi Jinping haben die arabischen Autokraten in Richtung "Einmischung" nichts zu befürchten – und für die Hüter der heiligen islamischen Stätten in Mekka und Medina ist das Schicksal ihrer uigurischen Glaubensbrüder in Xinjiang ebenfalls kein Thema. So unterschiedlich die Wirtschaften sind, so ähnlich sind sich die autoritären Systeme: Modernität und technischer Fortschritt ohne innere politische Öffnung. Vom Überwachungsstaat China gibt es viel zu lernen.
Xi und der Iran
Das Investitionsfeld ist weit, vom chinesischen Seidenstraßenprojekt bis zur saudischen Megastadt Neom. Die Saudis verlangen von Investoren, dass sie im Königreich ihr regionales Hauptquartier errichten (auch das freut die VAE nicht): Chinesische Unternehmen haben damit weniger Probleme als westliche.
Im Jahr 2016 war Xi schon einmal in Riad gewesen, aber damals verband er das mit einer Reise nach Teheran, um Äquidistanz zu signalisieren. Obwohl China 2021 ein 25-jähriges strategisches Abkommen mit dem Iran abgeschlossen hat, ließ der chinesische Machthaber die Iraner diesmal nicht nur links liegen: Als Folge einer gemeinsamen Erklärung Chinas und der arabischen Golfstaaten wurde sogar der chinesische Botschafter ins Außenministerium in Teheran einbestellt.
Mehrere Punkte dieser Erklärung befassen sich kritisch mit dem Iran, seinem Atomprogramm und seiner Regionalpolitik. Was die Iraner aber richtig auf die Palme brachte, war die Anmerkung, dass die Frage von drei zwischen Iran und VAE umstrittenen Inseln im Persischen Golf (Große und Kleine Tunb, Abu Musa) in "bilateralen Verhandlungen im Einklang mit den Regeln des Völkerrechts" gelöst werden solle.
"Teil iranischer Erde"
Der iranische Außenminister Hossein Amirabdullahian bezeichnete die Inseln als "untrennbarer Teil reiner iranischer Erde", iranische Medien thematisierten die Taiwan-Frage. 1971, nach dem Abzug der Briten, hatte der Iran unter dem Schah die Inseln besetzt, die VAE beanspruchen sie jedoch ebenfalls.
Die Entwicklung zeigt den Ärger Chinas mit der iranischen Atompolitik: Mangels eines Atomdeals werden auch die Iran-Sanktionen nicht aufgehoben, und die geplanten chinesischen Geschäfte mit Teheran heben nicht ab. Xi dürfte auch nicht goutieren, dass Teheran mit Drohnen- und vielleicht bald Raketenlieferungen für Russland im Ukraine-Krieg den quasi neutralen Block verlassen hat, den China anführt. (Gudrun Harrer, 20.12.2022)
https://www.derstandard.at/story/2000141934895/die-araber-schauen-nach-china
Deckers Satz im oben verlinkten Interview bei 99 zu eins, er lasse sich nicht auf Prognosen darüber ein, ob es dereinst eine 'multipolare Weltordnung' geben täte, hat zu einer Entgegnung auf YouTube geführt. (Dass Russen, Chinesen, Europäer dgl. im Sinn haben, und sich entsprechend betätigen, das scheint auf beiden Seiten dabei sehr wohl unterstellt zu sein):
https://www.youtube.com/watch?v=cnDLkdsNf5o
Die aktuelle chinesische Ausrichtung erläutert die jw:
Unterwerfen oder entkoppeln
Chinas Platz im Weltsystem
Von Sit Tsui, Erebus Wong, Lau Kin Chi und Wen Tiejun
https://www.jungewelt.de/rlk/de/article/441339.unterwerfen-oder-entkoppeln.html
Die BRICS sind konkurrierende Staaten, die nur der Wunsch zur Überwindung der US-Hegemonie zusammentreibt. Vor allem bei Indien und China ist da einiges an Konflikten da, und viele offene Grenzfragen, die bis zu einer indischen Provinz gehen, die von China als Teil Tibets beansprucht wird.
Das ist aber etwas anderes als die EU, die sich in einer Art Quadratur des Kreises vorgenommen hatte, sich militärisch von den USA beschirmen zu lassen und sie ökonomisch zu überholen.
Man muß feststellen, diese Berechnung konnte nicht aufgehen.
Der Vergleich von Peter Decker hinkt daher, die jetzige Auseinandersetzung ist etwas anderes, da geht es wirklich ums Ganze.
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Der jW-Artikel ist zwar sehr aufschlußreich, läßt aber einige Fragen offen, z.B.
wie es mit dem Renminbi im internationalen Währungshandel aussieht und wie die chinesische Führung selbst die Stellung ihrer nationalen Währung auf dem Weltmarkt beeinflussen will?
Ebenso wäre interessant, etwas zu wissen darüber, wie die Chinesen mit ihren bei den Weltbörsen geparkten Vermögenswerten umgegangen sind. Nach der Konfiskation der russischen Assets können sie sich ja ausrechnen, daß sie die nächsten sein werden (– ebenso, wie sich die Verantwortlichen in Rußland ausrechnen können hätten, daß nach Venezuela sie dran sein werden).
Ganz interessante Artikelserie in der WSWS über die historischen und gegenwärtigen Verbindungen von Kanada und der Ukraine bzw. deren NAzi-Traditionen:
https://www.wsws.org/de/articles/2022/11/21/vxen-n21.html
https://www.wsws.org/de/articles/2022/11/26/cana-n26.html
https://www.wsws.org/de/articles/2022/12/09/wzbb-d09.html
@leser: Eine Entgegnung ist das zwar schon, in dem Sinn, dass dem René Wolf nicht gefällt was der Decker zu seiner Frage sagt, aber ein Gegenargument habe ich keines gehört. Die Frage lautet:
"Ist eine Machtverschiebung Richtung der Bricsstaaten zu beobachten, die nur durch einen Atomkrieg aufzuhalten wäre? Heißt das, dass der Dollarimperialismus gar nicht gebrochen werden kann?"
"Gar nicht"- was heißt "gar nicht"? – In alle Ewigkeit? – Kann ja nicht sein, wieso soll ausgerechnet die USA für alle Ewigkeit Weltmacht bleiben. Reiche entstehen und vergehen. Die USA sind Weltmacht geworden, also können sie diese Stellung auch wieder verlieren. Die Frage ist also unsinnig und nicht nur wenn man ihr unterstellt, sie würde eine Prognose verlangen.
Es ist z.B. die Frage, was nach einem Atomkrieg überhaupt noch an Dollarimperialismus übrig bleiben würde. Schon von daher wäre das Projekt Erhalt des Dollarimperialismus durch einen Atomkrieg eine ziemlich fragwürdige und risikobehaftete Angelegenheit. Teilt man die Frage auf: Ist eine Machtverschiebung zu beobachten? Hm. Die Macht fließt ja nicht vom Einen zum Anderen und sie wird auch nicht verschoben wie eine Figur auf dem Schachbrett. Man kann sagen China und Russland haben ein größeres Gewicht, sind mächtiger geworden. Aber die Fortführung: Sind sie soviel mächtiger geworden, dass sie nur mit Atomkrieg zu stoppen sind?
Die Frage ist tatsächlich nur eine anders formulierte Prognose. Wer das beantwortet z.B. mit "ja" sagt es wird einen Atomkrieg geben, denn dass die USA die Konkurrenten aufhalten wollen ist ja klar, so klar wie die Konkurrenten umgekehrt die USA als Weltmacht Nr.1 ablösen wollen.
Für einen Machtverlust der USA spricht z.B. dass sich die Opec gegen Biden gestellt hat. Oder dass nur der Westen, die Natostaaten + Australien, Neuseeland, Japan, Südkorea bei den Sanktionen gegen Russland mitmachen. Man kann da sicherlich noch ein paar Argumente finden z.B. Bevölkerungszahlen, Anteil am weltweit geschaffenen Reichtum. Daraus aber abzuleiten, das läuft auf den Ersatz oder teilweisen Ersatz des Dollars hinaus, ist Spekulation.
Ja danke, dass du dir dazu Gedanken gemacht hast, auch zu TomGards Positionen. Selber hatte ich mir überlegt, dass das Bekenntnis zum Multilateralismus bei den derzeitigen Konkurrenten der Weltmacht Nr.1 geheuchelt ist, denn z.B. aus Sicht der Europäer wäre eine permanente jeweilige Neuverhandlung aller wesentlichen Regeln ihres weltweiten kapitalistischen Verkehrs mit den diversen Mächten der Welt (mit jeweils vorher unklarem Ergebnis) damit verbunden, dass faktisch das bisherige US-bestimmte "Regelwerk" für die europäischen Ökonomien hinfällig wäre und alle Welt sich permanent mit aller Welt im Wirtschaftskrieg befände. (Das ist aber auch nur ein schlechter (!) “Wegdenken”-Gedanke, der das bisherige politische System der Weltwirtschaft dabei unterstellt, wenn er sich daraus die USA als Regler und Organisator der Scheiße wegdenkt.)
Dass es den beteiligten Konkurrenten um Multilateralismus gehe, finde ich weniger plausibel, als dass das die Tour ist, mit der sie eigentlich meinen, dass eigentlich nur sie die neuen Regelsetzer Nr. 1 sein sollten. Und daran arbeiten sie, gegeneinander, auch zielstrebig hin.
Innerhalb der EU gibt es ja den Standpunkt, dass alle Staaten prinzipiell mitzuentscheiden haben sollen. Aber dafür mussten sie allesamt gegeneinander einen Gewaltverzicht sich garantieren. Und selbst das hat GB nicht davon abgehalten, statt der Mitgliedschaft in der EU sein eigenes staatliches Projekt gegen die EU zu formieren.
"Multilateralismus" gibt es außerdem in der UNO – da ist es umgekehrt. Bei den wirklichen Gewaltfragen auf der Welt, also da, wo es um ihnen wesentliche Interessen geht, scheißen alle UNO-Mächte auf ihr UNO-Regelwerk und betätigen ihre Interessen gewaltmäßig gegeneinander. (Zu Zeiten des Ost-West-Gegensatzes hatte das gelegentlich das denkwürdige Resultat, dass im UNO-Sicherheitsrat gar keine Beschlüsse mehr gefasst werden konnten, weil entweder die einen oder die anderen die jeweiligen Beschlussvorlagen mit einem Veto zum Scheitern gebracht haben. Z.B. beim Thema Nahost war das jahrelang immerzu so.)
Und soll man kapitalistische Ökonomie und bürgerlichen Staat als Grundvoraussetzungen für “Multilateralismus” nun auch noch gedanklich akzeptieren???
EDIT: “Multilateralismus” ist im UNO-System die Ideologie dazu, dass der UNO-Sicherheitsrat gemeinsame Beschlüsse über weltweite Kriegsfragen dann fasst, wenn die 5 vetoberechtigten Mächte sich auf irgendeinen gemeinsamen Standpunkt einigen können. Auch das hat mit der ideologischen Vorstellung von Multilateralismus aber ja eigentlich nix zu tun. (Das bemängeln z.B. die afrikanischen Staaten, – ach ja, und auch die BRD…)
LOL. Im bin sicher die Amerikaner finden ihre Deindustrialisierung nicht so symbiotisch.
Ein Beispiel steht ja im Text, z.B. indem sie mit Dollars yuan zurückkauft um den yuan-Kurs zu stützen.
Die Frage ist halt wohin die Chinesen diese Vermögenswerte denn abziehen sollen. Denn sie sind ja ins Ausland gegangen, um dort Anlagesphären zu finden, die es zuhause nicht mehr gibt bzw. nicht in genügendem Umfang gibt. Nach dem Artikel gibt es ja einen erheblichen Kapitalüberschuss, den sie nicht unterbringen und nicht produktiv verwenden können. Deshalb kommen sie auf die Idee die Armut auf dem Land zu beseitigen, den inneren Markt anzukurbel und auf nachhaltig und ökologisch zu machen. Mag schon sein, dass da das eine oder andere Vermögen umgeschichtet wird. Aber solange es Rendite verspricht wird das Kapital wohl im Großen und Ganzen im Ausland bleiben, auch auf die Gefahr hin, dass die Vermögenswerte vielleicht eingefroren werden.
Ja geheuchelt schon. Bloß deinen Grund finde ich nicht so einleuchtend. Weil es dann ständige Verhandlungen, um die Regeln geben täte oder Wirtschaftskrieg. Das gibt es zum einen jetzt auch schon und zum anderen würde die das ständige Verhandeln wohl in Kauf nehmen, wenn sie nicht nach US-Pfeife tanzen müssten. Geheuchelt ist das doch deshalb, weil sie nicht wirklich Multilateralismus wollen, sondern dass Multilateralismus nur der Titel dafür ist die Us-Hegemonie abzuschaffen. Oder noch einfacher. Die wollen nicht Multilateralismus, die wollen selbst Hegemon werden.
"Das ist aber auch nur ein Wegdenken-Gedanke," Genau.
Na da hätte ich deinen Beitrag vielleicht vorher zu Ende lesen sollen. Da haben wir wohl denselben Schluss gezogen.
Die Emanzipation der politischen Gewalt vom Geschäft, das sie sichert: Militär – Diplomatie – Krieg
Jeder Schritt imperialistischer Politik besteht entsprechend ihrem Ziel, der eigenen Nation die Produktion von Reichtum auch unter fremder Herrschaft dienstbar zu machen, in einer Schädigung des Interesses anderer Staaten. So wenig sich die Außenpolitik um die Opfer bekümmert, die ihre Durchsetzung auf dem Erdball bewirkt, so sehr ist ihr daran gelegen, mit dem Aufbegehren derer fertig zu werden, die über eine Staatsmacht verfügen, also über einen Gewaltapparat, ohne den die Ausbeutung der Menschheit an keinem Punkt der Erde zu machen ist: So wie die Aufteilung der Welt unter selbständige Souveräne ein Resultat von Kriegen ist, bedarf der im Weltmarkt praktizierte Kosmopolitismus der militärischen Gewalt zur Absicherung seiner Erpressungsmanöver, gehört zur Souveränität die Vorbereitung auf den Krieg. Jeder Staat hält sich um des Friedens der Konkurrenz willen eine Streitmacht, d.h. er trägt der Verletzung seiner außenpolitischen Interessen, die immer droht, dadurch Rechnung, daß er einen beträchtlichen Teil seines Reichtums für das Kriegshandwerk zur Verfügung stellt und von einem noch viel beträchtlicheren Teil seiner Bürger verlangt, sich im Ernstfall für die Nation zu opfern.
https://de.gegenstandpunkt.com/kapitel/imperialismus-1/emanzipation-politischen-gewalt-vom-geschaeft-sie-sichert-militaer
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/konkurrenz-kapitalisten-iv#section21
@Kehrer
Die Frage ist, was mit „stoppen“ gemeint ist? Auflösen werden sich diese Mächte wohl nicht, und zurückstecken auch nicht.
Ob ein Atomkrieg eines dieser Ziele erreicht, darf bezweifelt werden – weil China und Rußland sind ja auch Atommächte. Bevor wer in den USA auf den roten Knopf drückt, überlegen sich auch dort die Häuptlinge, was das für sie bedeuten kann.
Ich glaube nicht, daß das die Natur der chinesischen Auslands-Assets trifft. Die Vermögenswerte, die sie z.B. in London liegen haben (oder hatten?), dienten dem Zweck, den Yuan zur Weltwährung zu machen, und nicht dem schnöden Investment, weil zu Hause nix geht.
Bei Contradictio wurde ein älterer Artikel von Peter Decker [von 1999] über das Verhältnis von Kapitalismus und Imperialismus hochgeladen, der anhand des Kosovo-Krieges zum Thema macht, was denn an Kriegen für kapitalistische Staaten sich eigentlich überhaupt" lohnt" bzw. "rechnet"
https://www.contradictio.de/blog/wp-content/uploads/kosovo.pdf
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Zwei Meldungen von heute aus der ‘Jungen Welt’:
Serbien will Erlaubnis zum Einrücken in Kosovo
Belgrad. Das serbische Militär hat bei der NATO-geführten Truppe KFOR die Erlaubnis beantragt, mit 1.000 Soldaten ins Kosovo einrücken zu können. Ein entsprechendes Schreiben überreichte eine serbische Armeedelegation am Freitag am serbisch–kosovarischen Grenzübergang Merdare an KFOR-Offiziere, wie der serbische Verteidigungsminister Milos Vucevic mitteilte. US-Diplomaten hatten aber bereits im Vorfeld erklärt, dass die Erteilung einer solchen Erlaubnis ausgeschlossen sei. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hatte dennoch am Donnerstag abend im staatlichen Fernsehsender RTS angekündigt, sie zu beantragen. Vucic berief sich auf eine UN-Sicherheitsratsresolution aus dem Jahr 1999, die die Anwesenheit serbischer Einsatzkräfte im Kosovo als Möglichkeit erwähnt. (dpa/jW)
EU: Kosovo reicht Beitrittsantrag ein
Prag. Kosovo hat am Donnerstag sein EU-Beitrittsgesuch eingereicht. Der in Pristina regierende Albin Kurti übergab den Antrag in Prag an die tschechische Regierung, die derzeit die EU-Präsidentschaft innehat. Die Antragstellung leitet einen Prozess ein, der viele Jahre bis zu einem Beitritt des Landes dauern dürfte. Die fünf Balkanstaaten Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Albanien sind bereits Beitrittskandidaten. Die EU hatte Bosniens Antrag dafür erst am Montag entschieden. Mit Staaten wie Serbien laufen bereits Verhandlungen. (Reuters/jW)
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https://www.tagesschau.de/ausland/europa/serbien-kosovo-hintergrund-101.html
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Völkerrechtsprinzipien – nur für Auserwählte?
https://www.heise.de/tp/features/Scholz-Geopolitik-der-EU-und-neuer-Kalter-Krieg-zwischen-China-und-USA-7373381.html?seite=all
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https://www.contradictio.de/blog/archives/8893#comment-11655
Betr.: Was wofür was gut ist, – z.B. für die Kosten des Gesundheits- und Rentenwesens …
Höhere Sterblichkeit verhilft Rentenversicherung zu Milliardenüberschuss
Statt eines Defizits von 6,5 Milliarden Euro erwartet die gesetzliche Rentenversicherung nun einen Milliardenüberschuss. Die Einnahmen sind gestiegen und die Ausgaben im Zuge einer höheren Sterblichkeit gesunken, begründet DRV-Präsidentin Roßbach….
https://www.manager-magazin.de/unternehmen/trotz-krise-milliardenueberschuss-bei-der-rentenversicherung-durch-hoehere-alterssterblichkeit-a-be406574-cb81-4d36-9999-89d6d3e294b5
(Das liege an einer höheren Sterblichkeitsrate bei älteren Menschen, die das Corona-Virus herbeigeführt habe. Z.B. Bolsonaro wird’s vermutlich so ähnlich prognostiziert haben…)
Der Fehler ist einfach die Verquickung von zwei Fragen. 1. Sind die Konkurrenten der USA mächtiger geworden und 2. ist ein Atomkrieg ein Mittel zum Erhalt der US-Hegemonie auf dem Globus. Aber nicht: "Ist eine Machtverschiebung Richtung der Bricsstaaten zu beobachten, die nur durch einen Atomkrieg aufzuhalten wäre?" Diese vermixte Frage lässt nur eine vermixte Antwort zu, die noch dazu von der Unterstellung ausgeht, dass Atomkrieg ein Mittel zur Aufrechterhaltung der US-Hegemonie ist.
Na so eindeutig wird die Natur der chinesischen Auslandsinvestitionen nicht sein. Die kaufen auch Firmen und Firmenanteile oder Anteile an Häfen. Das dient nicht nur der Währungspflege, sondern z.B. auch der Sicherung und Kontrolle der Exportwege. Wäre alles nur Währungspflege gäbe es sowieso keine Alternative, wie sie das durch Abzug ihres Kapitals anders bewerkstelligen könnten. Die Einzige Änderung, die ich mir als Reaktion auf den Einzug russischen Vermögens vorstellen kann, ist dass auf den Londoner Konten weniger Geld gelagert wird, sondern dass das dann kurzfristig überwiesen wird, wenn es zur Währungspflege gebraucht wird.
Manch fehlerhafter Schnell-Leser erweist sich insgeheim dann doch als Besser-Leser,
z.B. wenn man aus der Überschrift über Stephan Kaufmanns Artikel
Liebe, Halt und geldwerte Dienstleistungen
Familien sind ein unbezahlbarer Wirtschaftsfaktor, für Unternehmen ebenso wie für Regierungen
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169601.staat-und-familie-liebe-halt-und-geldwerte-dienstleistungen.html
fälschlicherweise herausliest:
Liebe, Hass und moralische Achtungserfolge für Reproduktionsleistungen ….
Dann landet man aber auch eher z.B. bei solchen Fragestellungen:
Woran liegt es denn, dass die offizielle Moral sich von der praktisch gelebten derart trennt, dass gerade zum Fest der Heiligen Familie und zum Jahreswechsel Katastrophen- und Gewaltmeldungen https://www.ndr.de/kultur/Gewalt-an-Frauen-Jeden-Tag-ein-Toetungsversuch,gewaltgegenfrauen122.html aus reichlich normalen Familien nur so heraussprudeln?
https://www.argudiss.de/doku/die-frau-im-kapitalismus
https://de.gegenstandpunkt.com/archiv/nachschlagen/systematischer-katalog/familienpolitik
Manfred Henle: Die regelbasierte Weltordnung – und ihre Feinde (Teil 4)
Die "wunderbare regelbasierte Weltordnung" sieht sich seit längerem verschiedenen, ärgerlichen, in ihrer Sicht unzumutbaren und nicht weiter hinnehmbaren Herausforderungen ausgesetzt.
Ausblick: Der Garten Eden und der Dschungel
In beeindruckend anschaulicher Weise klärt der EU-Aussenbeauftragte J. Borell die gesamte Welt über den Standpunkt der regelbasierten Weltordnung und dem, was sie zu tun hat, auf:
"Ja, Europa ist ein Garten. Wir haben einen Garten gebaut. Alles funktioniert. Es ist die beste Kombination aus politischer Freiheit, wirtschaftlichem Wohlstand und sozialem Zusammenhalt, die die Menschheit je erschaffen konnte – diese drei Dinge zusammen […] Der Rest der Welt […] ist nicht gerade ein Garten. Der größte Teil der übrigen Welt ist ein Dschungel, und der Dschungel könnte in den Garten eindringen. Die Gärtner sollten sich darum kümmern, aber sie werden den Garten nicht durch den Bau von Mauern schützen. Ein schöner kleiner Garten, der von hohen Mauern umgeben ist, um das Eindringen des Dschungels zu verhindern, wird keine Lösung sein. Denn der Dschungel hat eine starke Wachstumskapazität, und die Mauer wird nie hoch genug sein, um den Garten zu schützen.
Die Gärtner müssen in den Dschungel gehen. Die Europäer müssen sich viel stärker für den Rest der Welt engagieren. Andernfalls wird der Rest der Welt in uns eindringen, und zwar auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Mitteln. Ja, das ist meine wichtigste Botschaft: Wir müssen uns viel stärker für den Rest der Welt engagieren." (J. Borell, Opening remarks at the inauguration of the pilot programme 13.10.2022)
Bewaffnet mit einer "feministischen Aussenpolitik", bei der es erklärtermassen nicht um den Schutz von Frauen und Mädchen weltweit oder auch nur daheim geht, sondern um ein mit der "neuen Nationalen Sicherheitsstragie" untermauertes, speziell deutsch hervorgehobenes Einmischungsrecht; und ausgestattet mit einer Neufassung des §130 STGB, der dafür sorgt, dass in gegenwärtiger Kriegszeit und insbesondere in Anbetracht des ins Auge gefassten Kommenden ein klares Meinungsbild herrscht gemäss einer älteren Einsicht, demnach die herrschenden Gedanken die Gedanken der Herrschenden sind und bleiben sollen, muss der Dschungel da draussen mal so richtig hergenommen und aufgemischt werden. Und ein wenig deutsch-europäischer, neokolonial-moderner Staats-Rassismus darf ja wohl auch mal erlaubt sein, inmitten, im Herz der liberalen Demokratien.
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/ausland/die-regelbasierte-weltordnung-und-ihre-feinde-teil-4-7399.html
Teil 3: https://www.untergrund-blättle.ch/politik/ausland/die-regelbasierte-weltordnung-und-ihre-feinde-teil-3-7398.html
Teil 2: https://www.untergrund-blättle.ch/politik/ausland/die-nuklearwaffen-frage-global-gestellt-7397.html
Teil 1: https://www.untergrund-blättle.ch/politik/ausland/die-regelbasierte-weltordnung-und-ihre-feinde-7389.html
Stephan Kaufmann erläutert zum Jahreswechsel im ND, wie systemstabilisierend es sich auswirkt, dass die Resultate des Kapitalismus als Resultate privatester Willensentscheidungen der Bürger (miss-)verstanden werden.
Motiviert im Hamsterrad
Im Kapitalismus überdauern viele Formen des Aberglaubens und wirken stabilisierend
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169745.glueck-und-unglueck-motiviert-im-hamsterrad.html
“(…) Aberglauben und aus ihm folgende Handlungen stellen den Versuch dar, das eigene Schicksal zu beeinflussen – und sei es nur durch habituelles Daumendrücken. Ausgehend von einem Gefühl der Machtlosigkeit und des Ausgeliefertseins soll durch Appelle an höhere Wesen und die Befolgung magischer Regeln ein Stück Kontrolle erlangt werden. Das Gefühl des Ausgeliefertseins existiert auch in ökonomischen Zusammenhängen und zeigt sich hier in zahlreichen Wetter-Metaphern (»Dunkle Wolken am Konjunkturhimmel«) oder gebiert Börsenregeln wie »Sell in May and go away« (Verkaufe im Mai und verschwinde). Da Aberglaube das Bedürfnis nach Kontrolle befriedigt, ist es kein Wunder, dass er in schlechten Zeiten zunimmt. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Menschen in Krisen abergläubischer (und gläubiger) werden. Denn Unsicherheit und Gefahr schaffen vermehrten Bedarf an Erklärung und Steuerungsmöglichkeiten.
Eine verbreitete Form des Aberglaubens, die als solche allerdings meist nicht erkannt wird, ist der Glaube an sich selbst. In Sätzen wie »Jeder ist seines Glückes Schmied« oder »Du kannst es schaffen, wenn du nur willst« wird dem Willen die übernatürliche Kraft zugeschrieben, den Erfolg in der Konkurrenz um Jobs und Einkommen zu gewährleisten. Objektiv betrachtet ist dies zwar unzutreffend – da der Wettbewerb stets Gewinner und Verlierer produziert, kann nicht jeder »es« schaffen. Gegen diese Wahrheit ist der (Aber)glaube an sich selbst jedoch immunisiert, da jeder Misserfolg in der Konkurrenz zirkulär damit erklärt werden kann, dass es offenbar an Willen zum Erfolg gefehlt habe.(…)”
Nordkorea
Kim Jong-Un besucht mit seiner Tochter ein Lager mit Raketen, die atomare Schläge durchführen könnten
Am 1.1. wies der Führer der DVRK darauf hin, daß die USA versuchen, eine »asiatische Version der NATO« zu schaffen, indem sie die militärische Zusammenarbeit mit Japan und Südkorea ausweiten. Er ist sich sicher, dass das Vorgehen der Amerikaner mit dem Wunsch verbunden ist, den Druck auf Pjöngjang zu erhöhen.
Kim Jong-Un stellte fest, dass die Vereinigten Staaten seit 2022 den militärischen Druck auf die DVRK auf das Maximum erhöht und wiederholtermaßen verschiedene Atomwaffen zwecks permanenter Stationierung nach Südkorea gebracht haben.
Er sagte, dass Nordkorea als Reaktion darauf seine Anstrengungen zur Stärkung seiner Militärmacht verdoppeln sollte, um die Souveränität, Sicherheit und den Schutz der Interessen des Landes zu gewährleisten.
(KP, 2.1.)
Das Interesse der USA gilt freilich nicht in erster Linie Nordkorea, das von ihnen nur als eine Art Vorposten Chinas betrachtet wird.
„Am Rande eines Bruchs: Frankreich und Deutschland entfernen sich weiter voneinander
Die Zwietracht zwischen Paris und Berlin bedroht die Zukunft der gesamten Europäischen Union
In den Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich kriselt es. In letzter Zeit haben sich zwischen den beiden Staaten viele Widersprüche angesammelt, die nicht leicht zu überwinden sein werden.
Früher galt die Achse Berlin-Paris als Basis der Stabilität der EU, und mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU hat die Partnerschaft der beiden Lokomotiven des Staatenbundes noch mehr an Bedeutung gewonnen.
Allerdings haben diese Staaten nun immer mehr Ansprüche gegeneinander. Wozu eine Spaltung der deutsch-französischen Familie führen könnte, recherchierte die »Izwestija«.
Uneinig
»Emmanuel Macron und Olaf Scholz lächelten, als sie vor dem Abendessen in Berlin für Fotografen posierten, aber es lag eine Kälte in der Luft. Alltägliche Phrasen über die künftige Zusammenarbeit im Verteidigungs- und Energiebereich des französischen Präsidenten und des deutschen Bundeskanzlers standen im Widerspruch zu den Spannungen, die während des Abendessens entstanden, sagten die Teilnehmer des Treffens«, – so beschrieb die Agentur Bloomberg einen der jüngsten Gipfel in Paris.
Diesen Verhandlungen wurde besonderse Aufmerksamkeit gewidmet. In letzter Zeit geraten die Beziehungen zwischen den beiden Staaten ins Stocken, und gegenseitige Ansprüche, die die Parteien verzweifelt unter den Teppich kehren, machen sich hin und wieder bemerkbar.
Ein unangenehmer Moment entstand aufgrund der fehlenden Bereitschaft, eine gemeinsame Pressekonferenz abzuhalten, die von den Deutschen angekündigt worden war. Scholz, der nach Paris flog, versammelte eine große Menge von Journalisten um sich. Im Elysee-Palast zogen sie jedoch im letzten Moment zurück und sagten, dass nichts dergleichen geplant sei.
Die Verschiebung des jährlichen bilateralen Treffens der Regierungen beider Länder führte zu einer weiteren Anspannung der Lage. Es war für Ende Oktober im französischen Fontainebleau geplant, Paris und Berlin konnten sich jedoch nicht auf den Text der abschließenden gemeinsamen Erklärung einigen.
Das Forum wurde auf Januar verschoben.
Zunächst galt Olaf Scholz, noch bevor er Kanzler wurde, als Idealkandidat zur Stärkung der Achse Berlin-Paris. Er war persönlicher Bekannter Emmanuel Macrons und pflog langjährige Verbindungen zu den französischen Eliten. Zudem galt er als Nachfolger des Kurses von Angela Merkel.
Er wurde von den Franzosen auch dadurch respektiert, dass es ihm zusammen mit dem französischen Finanzminister Bruno Le Maire gelang, sich für die Schaffung eines EU-Wiederaufbaufonds mit einem beispiellosen Budget einzusetzen.
Aber dann lief die Sache aus dem Ruder. Bloomberg deutete an, dass die Regierungschefs nicht wirklich miteinander auskamen. »Macron liebt lange Reden und blumige Phrasen, während Scholz, wie zuvor Merkel, sachliche Diskussionen ohne unnötiges Geschwätz bevorzugt. Mit Merkel konnte der französische Staatschef jedoch immer einen Kompromiss finden. Bei Scholz scheint es schwieriger geworden zu sein«, heißt es in der Veröffentlichung.
Darüber hinaus liegt, wie die Agentur feststellt, einer der Hauptwidersprüche im Unterschied zwischen den politischen Systemen der beiden Länder. In Frankreich konzentriert man sich auf einen starken Präsidenten, in Deutschland darauf, Koalitionen zu bilden und Kompromisse zu finden.
Die Charaktere harmonieren nicht
Wie Politico schrieb, werfen sich deutsche und französische Beamte gegenseitig Egoismus und Heuchelei vor.
In Deutschland beschwerten sie sich darüber, dass ihnen zu Unrecht vorgeworfen würde, daß sie zu langsam mit Waffenlieferungen nach Kiew reagieren, sowie einseitige Energiesubventionen für deutsche Unternehmen ausschütten.
Die Franzosen sind unzufrieden darüber, dass die Deutschen sie in wichtigen Fragen nicht konsultieren und über verschiedene Themen lieber langmächtig verhandeln.
»Außerdem wird Macron zunehmend bewusst, dass Scholz und sein Team Frankreich nicht als vorrangigen Partner betrachten«, schreibt Bloomberg.
Einen unangenehmen Beigeschmack hinterließ auch die Absage eines lange geplanten Telefongesprächs mit der französischen Ministerpräsidentin Élisabeth Borne durch Scholz. Der deutsche Kanzler verwies damals auf Covid. Am selben Tag kündigte er jedoch per Video die Wiedererrichtung des wirtschaftlichen Stabilisierungsfonds an und versprach, 200 Milliarden Euro an Energiesubventionen an deutsche Unternehmen und Haushalte zu zahlen, ohne Paris davon zu informieren.
»Französische Beamte haben privat Bedenken geäußert, dass das deutsche Hilfspaket zu einer noch größeren wirtschaftlichen Spaltung führen wird«, heißt es in der Veröffentlichung. In Paris plädierten sie dafür, dass sich ganz Europa auf eine Begrenzung der Gaspreise einigt und keine zusätzlichen Hilfen gewährt.
Einer der Hauptwidersprüche in den Beziehungen zwischen den Ländern ist allerdings die Verteidigungspolitik der EU geworden.
Laut dem Projekt Future Combat Air System ist die Entwicklung von Düsenjägern der sechsten Generation geplant, die bis 2040 die spanischen EF-16 Hornets, die französischen Rafale und die deutschen Typhoons ersetzen sollen.“
Damit wäre geplant, US-Fluggerät (Hornets und Typhoons) durch EU-Flugzeuge zu ersetzen.
„Präsident Macron ist seit langem der Initiator dieses Projekts, das versucht, so viel Unabhängigkeit wie möglich von den Vereinigten Staaten zu erreichen. »Doch Deutschland und andere EU-Mitgliedsstaaten sehen darin vor allem einen Versuch französischer Unternehmen, ihren Einfluss zu stärken. Trotz ermutigender Äußerungen der französischen und deutschen Verteidigungsminister erwägen die Länder einen Alleingang. Sollte das Projekt scheitern, wird die französische Jetfirma Dassault Aviation SA den Jäger selbst entwickeln, während Deutschland voraussichtlich auf US-Importe angewiesen sein wird« – schreibt Bloomberg.
Die Parteien einigten sich auch nicht in der Frage, einen Raketenabwehrschirm zu schaffen, der den größten Teil Europas abdecken würde. Dem Plan zufolge sind dafür gemeinsame Anschaffungen von Luftverteidigungssystemen notwendig. Die Hälfte der EU-Staaten unterstützte die Initiative. Frankreich war dagegen. Paris befürchtet eine »Wiederaufnahme des Wettrüstens in Europa« und will auch an den eigenen Luftverteidigungssystemen festhalten. Außerdem waren die Franzosen unzufrieden damit, daß Berlin vorschlug, amerikanische und israelische Ausrüstung zu verwenden, anstatt die entsprechenden französisch-italienische Systeme zu wählen.
Ein weiterer Stolperstein ist der Wunsch der Deutschen, zum Pipeline-Projekt MidCat zurückzukehren, das von der Iberischen Halbinsel nach Mitteleuropa führt. Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu minimieren, sucht Berlin nach alternativen Versorgungswegen. In Paris will man jedoch nicht in das Projekt investieren, weil man glaubt, daß es sich nicht auszahlen wird.
Man muß an den Beziehungen arbeiten
»Die Entfremdung zwischen Berlin und Paris wird den Zusammenhalt der EU ernsthaft gefährden. Es ist an der Zeit, intensiv an diesen Beziehungen zu arbeiten – vor allem im Bereich des kulturellen Austauschs zwischen Menschen«, schreibt die Süddeutsche Zeitung.
Das Ausmaß der Meinungsverschiedenheiten zwischen Frankreich und Deutschland sollte jedoch nicht übertrieben werden. Höchstwahrscheinlich werden sie weiterhin nach Kompromissen suchen, sagt Sergey Fedorov, ein führender Forscher am Institut für Europa der Russischen Akademie der Wissenschaften.
Die Union Frankreichs und Deutschlands ist die Basis der EU, sie ist eine Symbiose, nützlich für beide Länder, und sie bleibt es trotz aller Schwierigkeiten. Wenn dieses Tandem auseinanderbricht, ist dies das Ende der Europäischen Union. Höchstwahrscheinlich werden sie gemeinsame Lösungen finden. Obwohl Paris versteht, dass Berlin eine andere Position einnimmt. Zum Beispiel in Bezug auf die Ukraine.
Frankreich ist auch sehr empört darüber, dass die Deutschen im Wirtschaftsbereich und in anderen Bereichen Entscheidungen treffen, ohne sie zu konsultieren. Der Stein des Anstoßes war die Entscheidung der Deutschen, die Energiepreiserhöhungen zu kompensieren.
Auch Frankreich hat diesbezüglich Maßnahmen ergriffen, aber Paris kann sich die von Berlin zugeteilte Summe nicht leisten.
Meinungsverschiedenheiten seien in der Energiepolitik und dann in militärpolitischen Fragen aufgetreten, listete der Experte auf. Dem Experten zufolge waren die Franzosen nicht erbaut über die Aussage der deutschen Behörden, sie wollten die stärkste Armee Europas aufbauen.
Paris sieht sich als Hauptpfeiler der europäischen Verteidigung. Frankreich ist ständiges Mitglied im Sicherheitsrat, es ist eine Atommacht, es hat die stärkste Armee der EU.
Macron plant eine strategische Autonomie für Europa, die Deutschen stimmten dem zu, aber widerwillig.
Die Rede war weiters von der Schaffung eines eigenen Haushalts für die Eurozone, die Franzosen schlugen fast die Einführung des Postens des Finanzministers der EU-Zone vor. In diesem Fall habe der Präsident tatsächlich die Existenz einer EU der zwei Geschwindigkeiten anerkannt, stellte der Experte fest.
Vor diesem Hintergrund wurden deutsch-französische Programme zur Schaffung zukünftiger Flugzeuge und Panzer geplant. Firmen wollen jedoch ihre Produktionsgeheimnisse nicht preisgeben.
Zudem will Deutschland wie einige andere EU-Staaten Militärflugzeuge aus den USA kaufen.
In Paris ist man über all dies unzufrieden. Den Franzosen gefiel auch der Prager Vorschlag von Scholz nicht, die EU nicht nur um den Westbalkan, sondern auch um die Ukraine, Georgien und Moldawien zu erweitern. Frankreich ist dagegen.
Scholz spreche im Namen Deutschlands, ohne sich auf seinen wichtigsten Partner in der Europäischen Union zu beziehen, erklärte der Politikwissenschaftler. Fedorov bemerkte auch, dass Scholz' China-Reise ohne Macron auch die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich nicht verbessert habe.
Damit zeigte sich, dass Berlin nur die Interessen seiner Wirtschaft verteidigt und die Europäische Union für die Deutschen an zweiter Stelle steht.“
Das gilt allerdings für alle Mitglieder der EU, ist also keine deutsche Besonderheit.
„Meinungsverschiedenheiten zwischen Berlin und Paris gebe es also genug, und die hätten sich zuletzt deutlich manifestiert, zog der Experte Bilanz.
Eine Rückkehr zum Tandem ist kaum möglich
Der leitende Forscher bei IMEMO RAW (Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen der Russischen Akademie der Wissenschaft) Alexander Kamkin glaubt, daß die Probleme in den Beziehungen zwischen Berlin und Paris größtenteils auf die Ambitionen von Macron zurückzuführen sind, der informeller Führer der EU werden will.
Kamkins Ansicht nach gab es im deutsch-französischen Tandem lange Zeit eine »vorsichtige Hegemonie« Deutschlands, angeführt von Angela Merkel und dem zweiten, jüngeren Partner in Form von Frankreich.
Nun, da einige europäische Unternehmen ernsthaft überlegen, in die Vereinigten Staaten zu gehen, gibt es gewisse Widersprüche zwischen Berlin und Paris. Bisher wurde Frankreich überwiegend aus Deutschland mit Erdgas beliefert, da die BRD seit langem eine Gasdrehscheibe in Europa ist, auch maßgeblich durch Gas aus der Russischen Föderation. Der Anteil des russischen Kraftstoffs betrug vor einem Jahr etwa 34% des Gesamtvolumens der Gasversorgung. Der explosionsartige Preisanstieg und die Ablehnung des russischen Gases durch Deutschland bedeute unter anderem die Sperrung des Gaskanals für Frankreich, erklärte Kamkin.
So traf die sehr harte Haltung der BRD gegenüber der Gaspartnerschaft mit Russland wie ein Bumerang auch auf die französische Energiewirtschaft.“
Dieser „harten Haltung“, also Absage an russisches Gas wurde, wie wir wissen, nachgeholfen …
„Inzwischen gibt es in Deutschland nicht genug Stromversorgung. Paris hat bereits angedeutet, dass es Berlin nicht mit Strom versorgen kann, obwohl das Land über eine große Anzahl von Kernkraftwerken verfügt, die nicht auf Gaslieferungen angewiesen sind.
Völlig unerwartet für die Europäer ist die passive Rolle von Scholz. Unterdessen ging Macron zu Biden und versuchte, eine intensivere Zusammenarbeit in der Wirtschaft mit den Staaten aufzubauen. Zudem versetzte Berlin der deutsch-französischen Verteidigungszusammenarbeit im Bereich der Rüstungsgüter einen Schlag. So setze Scholz’ Aussage zum Kauf von F-35 aus den USA, amerikanischer Flugabwehrsysteme, den gemeinsamen deutsch-französischen Entwicklungen eigentlich ein Ende, schloss Kamkin.
Deutschland habe sich laut dem Experten für die engste Zusammenarbeit mit den USA entschieden, was den Interessen von Paris zuwiderlaufe.
Ich sehe keine eindeutigen Beweise dafür, dass sich die Beziehungen zwischen Paris und Berlin verbessern und zu den vorherigen zurückkehren werden. Viel wird von Macrons Position abhängen, wie sehr er versuchen wird, Scholz vom Sockel des informellen EU-Führers zu entfernen, und natürlich von den Entwicklungstendenzen der EU selbst. Die sind zur Zeit recht vage.
Einige Experten prognostizieren eine Aufteilung in mindestens zwei oder drei Teile: ein osteuropäisches Konglomerat auf Basis der Visegrad-Vier, Nordwesteuropa und den südlichen Teil.
Eine Rückkehr zum deutsch-französischen Tandem aus der Regierungszeit von Angela Merkel ist kaum möglich. Wahrscheinlich wird es einige neue Formen der Interaktion geben, glaubt Kamkin.“
(Izvestija, 2.1.)
Nebenschauplätze:
Belgrad in Serbien (?)
Wo Moskau-Treue und Putin-Gegner zusammentreffen
Einerseits ist Serbien ein Verbündeter Russlands. 80 Prozent der Serben sind pro-russisch eingestellt. Andererseits leben mittlerweile etwa 200.000 Geflüchtete aus Russland, Belarus und der Ukraine dort – sie sind liberal und Putin-Gegner.
Svetlana ist eine der ersten an diesem Morgen auf dem Trg Republike, dem zentralen Platz der Republik in Belgrad. Die 28-Jährige lebt schon seit zwei Jahren in der serbischen Hauptstadt. Sie habe die repressive Stimmung in ihrer Heimat einfach nicht mehr ausgehalten.
Jetzt steht sie in einer größeren Gruppe von Freunden und Gleichgesinnten vor dem Reiterstandbild des Fürsten Mihailo, der Serbien im 19. Jahrhundert in die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich führte. „Wir sind heute hier, um die Ukraine, das ukrainische Volk zu unterstützen gegen die russische Aggression“, sagt sie. „Ich komme aus Belarus, und da klammert sich bis heute Diktator Lukaschenko an die Macht. Es stehen russische Truppen auf dem Boden von Belarus, die die Ukraine bombardieren. Ich will hier heute einfach zeigen, dass nicht alle Belarussen Lukaschenko und den russischen Krieg gegen die Ukraine unterstützen. Darum bin ich hier.“
Der Platz füllt sich langsam, vor allem jüngere Leute sind gekommen. Es wird Serbisch, viel Russisch, hie und da auch Ukrainisch gesprochen. Viele haben Transparente oder selbst gemalte Schilder mitgebracht mit Anti-Putin-Sprüchen. Svetlana und einige andere tragen T-Shirts mit dem serbischen Aufdruck: „Zajedno protiv rata“ – „Gemeinsam gegen den Krieg“. Aus einer Musikanlage auf den Treppen vor dem Reiterstandbild dröhnt Musik von Okean Elzy, einer der bekanntesten ukrainischen Rockbands.
Protestzug mit ukrainischen Flaggen
Irgendwann setzt sich die Menge, inzwischen 200 bis 300 Menschen, in Bewegung, zieht über einen der großen Boulevards durch die Innenstadt. Immer wieder wird die ukrainische Hymne angestimmt, es gibt Sprechchöre: „Ratu ne“ und „njet Vojne“ – „Nein zum Krieg“, auf Serbisch und Russisch, oder „Putin Ubitsa“ – „Mörder Putin“. Die meisten Passanten am Straßenrand blicken etwas ungläubig auf den Protestzug mit ukrainischen Flaggen und Anti-Putin-Transparenten. Eine befürchtete Gegendemonstration von Russland-Sympathisanten gibt es heute aber nicht.
Petr Nikitin hat diesen und weitere Proteste in Belgrad mitorganisiert. Der gebürtige Moskauer ist Jurist, hat schon in Kanzleien in London und Paris gearbeitet. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet Nikitin in Belgrad. An diesem Dezemberabend sitzt der 42-Jährige auf einem Barhocker im Pub 53 und zündet sich seine Pfeife an. Auch in der Bar um uns herum wird fast nur Russisch gesprochen. Inhaber Alexej hinter dem Tresen kommt aus St. Petersburg, und der Pub 53 ist seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine eine der Anlaufstellen für junge Russinnen und Russen in Belgrad.
„Ich habe angefangen, politische Treffen zu organisieren hier in Belgrad, als Nawalny in Russland verhaftet wurde 2021“, erzählt Petr Nikitin. „Es gab auch schon vorher eine wachsende Diaspora von liberalen Exilrussen hier, spätestens seit der Krim-Annexion 2014. Am 24. Februar, dem Tag, an dem Russland die Ukraine überfallen hat, habe ich dann spontan Leute zusammengetrommelt, und wir haben Blumen vor der ukrainischen Botschaft niedergelegt. Von da sind wir zur russischen Botschaft gezogen, gemeinsam mit Aktivisten aus der Ukraine, aus Belarus und hier aus Serbien, um zu demonstrieren.“
Belgrad wird von Russland noch angeflogen
Aktuell ist Petr Nikitin dabei, die NGO „Russische Demokratische Gesellschaft“ zu gründen. Seit Kriegsbeginn gibt es in Serbien eine regelrechte Welle von Menschen, die Russland verlassen, weil sie dort ihre Meinung nicht mehr frei äußern dürfen oder der drohenden Einberufung in die Armee entgehen wollen. 150.000 bis 200.000 Russen sollen inzwischen in Serbien leben, der Großteil von ihnen in Belgrad und in der zweitgrößten Stadt Novi Sad – eine beträchtliche Zahl in einem Land mit gerade einmal sechseinhalb Millionen Einwohnern.
(…)
https://www.deutschlandfunkkultur.de/belgrad-serbien-moskautreue-russland-emigranten-putingegner-100.html
Johannes Schillo: Ein Rückblick zum Jahresausklang
Der Weg ins Zeitalter der Weltkriege
Wo allenthalben Rückblicke aufs ablaufende Jahr, auf die Folgen der „Zeitenwende“, veranstaltet werden, hier ein weiterer Blick – mehr als 100 Jahre – zurück auf die Wende von 1914, als sich die Arbeiterbewegung auf den Weg ins Zeitalter der Weltkriege begab.
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/deutschland/der-weg-ins-zeitalter-der-weltkriege-7423.html
—-
Jürgen Wagner: Carte blanche für „wertegeleitete“ Rüstungsexporte
Ein neues Gesetz soll die Erfolgsgeschichte deutscher Waffenausfuhren fortschreiben. Die Exportkontrolle wird dabei löchriger als ein Fischernetz gestaltet. Und dies ist kein Versehen.
https://www.heise.de/tp/features/Carte-blanche-fuer-wertegeleitete-Ruestungsexporte-7448766.html?seite=all
In die Karten, sorry Detail-Papiere zum Rüstungsexport, will die ‘wartebasierte’ Regierung sich dabei lieber doch nicht schauen lassen…
https://www.nachdenkseiten.de/?p=92054
Die Verlautbarungen Merkels bezüglich ihrer wahren Absichten bezüglich der Minsker Vereinbarungen soll unter anderem m.E. den Umstand verbergen, daß Deutschland bzw. die EU auch schon damals nichts zu melden hatten, was die Ukraine oder die Frage von Krieg und Frieden angeht.
Unter dem Deckmantel „Ha, wir wollten doch nur die Russen täuschen!“ wird die eigene Ohnmacht in Bauernschläue umgelogen.
An dieser Ohnmacht wird sich auch mit den groß angekündigten Aufrüstungsschritten nichts ändern – abgesehen davon, daß abzuwarten bleibt, wieviel davon sich überhaupt materialisiert.
Vielleicht eine Rückerinnerung, warum das UK eine der höchst gerüsteten Nationen der Welt ist (ich glaube, auf die Bevölkerung umgerechnet mit den höchsten Ausgaben nach den USA):
Während des Kalten Krieges war GB in die Strukturen der NATO für einen etwaigen Krieg gegen die SU eingebunden. Darauf waren ihre Land- und Seestreitkräfte berechnet.
Dann kam das Frühjahr 1982 und Argentinien wollte sich ein paar britische Inseln im Südatlantik krallen.
Auf einmal stand der Nachfolger des Empires in der Unterhose da. Darauf war das Vereinigte Königreich nicht vorbereitet. Sie mußten, wie schon Churchill in WK II, auf die Handelsmarine zurückgreifen, um überhaupt ihre Soldaten dorthin zu bringen, weil die Kriegsschiffe nicht ausreichten.
Wie wollen die denn alle aufrüsten, diese europäischen Gartenzwerge? Um allein einen Krieg gegen Rußland stemmen zu können?!
Auch die Vorstellung, sich mit einer groß ausgebauten – und durch staatliche Aufträge finanzierten – Rüstungsindustrie in der Konkurrenz der Nationen sanieren zu können, wird derzeit an GB ziemlich negativ beschieden.
Die unterschiedlichen Interessen innerhalb der NATO werden hier skizziert:
https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/nato-kreise-deutschland-in-der-nato-nicht-existent/
NATO-Mitglieder wollen höhere Rüstungsausgaben
https://www.jungewelt.de/artikel/442056.nato-mitglieder-wollen-h%C3%B6here-r%C3%BCstungsausgaben.html?sstr=Russland
https://www.derstandard.de/story/2000129123382/der-britischen-ruestungsindustrie-droht-der-ausverkauf
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/macron-sagt-lieferung-leichter-panzer-zu-101.html
Jürgen Hübschen: Ist die Ukraine auf der Siegerstraße? Drei glaubwürdige Experten behaupten das Gegenteil: Die Ukraine kann bestenfalls ein Patt halten – und auch nur mit massiver Unterstützung der USA und der NATO.
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/der-krieg-in-der-ukraine-eine-katastrophe-ohne-ende/
Leserbrief/Kommentar von U.F. auf overtone
zu "Der Krieg findet zwischen Russland und der westlichen Welt statt. “
Ja so ist es und man muss hinzufügen, dass der US-Feldzug mit Unterstützung der Nato-Allierten schon seit Jahren in unterschiedlicher Ausprägung auch unterhalb der militärischen Auseinandersetzung geführt wird. Unter Obama und Trump als Sanktionsregime, Aufrüstung und Nato-Osterweiterung unter Biden mit weiteren Dollarmilliarden und Waffenelieferungen bis zum Endsieg. Der russischen Seite ist das mindestens ebenso lange bekannt und die Kreml-Führung weiss, dass spätestens seit dem Maidan-Putsch und der andauernden Kriegslage an der ukrainischen Kontaktlinie der westliche Druck die Form einer ernsthaften Containment-Politik angenommen hat. Gegen dieses kompromisslose Vorgehen wehrt sich der Kreml und startet seine „Sonderoperation“ im Vertrauen darauf, dass seine staatliche und militärische Macht ausreicht, den Zugriffswillen des Westens zu stoppen. Die Frage bleibt, ob das Kräftemessen mit einem kriegsentschlossenen Westen für die russische Nation bekömmlich ist, die Wiederaufbauleistungen unter der Ära des Jelzin-Nachfolgers Putin so robust sind, dass trotz skalierender, kriegsbedingter Schäden an Gesellschaft und Ökonomie noch ein souveränes auf Eigenständigkeit pochendes Staatswesen übrigbleibt. Denn das genau steht dem Westen im Weg.
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/es-geht-nicht-um-putin/#comment-19737
Weil alle Welt bei den Ereignissen in Brasilien auf Trump und den Sturm aufs Kapitol als Vorbild und Ursprung dieser Art von „Protest“ deutet, so sei daran erinnert, daß die Formel, gewählte Regierungen durch Straßenproteste zu stürzen, in den USA entworfen und seit dem Sturz von Slobodan Milošević – im Jahr 2000, passend für das 21. Jahrhundert – weltweit eingesetzt wurde, z.B. in Hongkong oder auf dem sattsam bekannten Maidan.
Die chinesischen Medien merkten vor 2 Jahren beim Sturm aufs Kapitol mit einer gewissen Häme an, die Methode kehre in ihr Heimatland zurück.
Bolsonaro war nicht gewillt, sich der westlichen Front gegen Rußland anzuschließen, er war für die USA als Spielkarte verbraucht – es wird abzuwarten sein, was die neue Regierung für ein Verhältnis zu den USA und zur Weltlage einnimmt.
"…Bolsonaro war nicht gewillt, sich der westlichen Front gegen Rußland anzuschließen…"
Absolut bedenkenswerter Einwurf. Die hervorgehobene und klar positionierte Berichterstattung fast aller westlichen Medien ausgerechnet für eine linke Regierung in Lateinamerika, findet ihre Entsprechung in der harschen Verurteilung der aktuellen und stramm rechten Regierungskoalition Israels unter Netanyahu (für die bedingungslos Israelsolidarischen deutschen Medien in dieser Form ein Novum).
Die mediale Abwärtskarriere Bolsonaros ist einer genaueren Betrachtung wert.
Er wurde eigentlich seinerzeit gepusht, ähnlich wie die MAS-feindlichen Politiker in Santa Cruz in Bolivien, über evangelikale Vereine, die oft, als Kirchen/Sekten eingeschrieben, jede Menge steuerfreie Geschäfte in verschiedenen lateinamerikanischen Staaten betreiben und als eine Art Gotteskrieger der USA zu betrachten sind.
Vor allem sollte er Brasilien aus den BRICS und der Nähe zu Rußland herausführen. Die BRICS waren der Grund für den Sturz Rousseffs, und die ganze Kampagne gegen Lula. Sonst war nämlich die PDT auch kapitalfreundlich und legte niemandem allzu viele Hindernisse in den Weg. Auch diese ganzen evangelikalen Vereine waren ja offenbar mit der PDT kompatibel.
Aber Bolsonaro stellte fest, daß der russische und auch chinesische Markt für die Agrarerzeugnisse Brasiliens unverzichtbar ist – und auf einmal hatte er auch nichts mehr gegen diese außenpolitische und ökonomische Orientierung.
Und damit war er politisch verbraucht.
Jemanden neuen konnten allerdings die ausländischen BRICS-Gegner nicht mehr aus dem Zylinder ziehen.
Jörg Kronauer: EU tritt NATO bei
Gemeinsame Erklärung: Krieg gegen Russland und Machtkampf der USA mit China werden auch in Brüssel geführt
https://www.jungewelt.de/artikel/442542.kooperation-eu-tritt-nato-bei.html
https://www.euractiv.de/section/innenpolitik/news/eu-und-nato-unterzeichnen-kooperationsvereinbarung/
https://www.sueddeutsche.de/politik/nato-eu-ukraine-krieg-kampfpanzer-von-der-leyen-1.5729750
https://www.tages-politik.de/Aussenpolitik/Ukraine-Krieg-Stand_Dez._2022_Jan._2023.html
In Rußland herrscht Ärger, weil Bulgarien Rußland mit Jahresanfang vom SWIFT-System ausgeschlossen hat.
Das ist insofern bemerkenswert, als die EU Rußland diesen Schritt bereits im Juni des Vorjahres gesetzt hat, Bulgarien sich dem aber offensichtlich nicht angeschlossen hat.
Seither wurde offensichtlich Druck auf Bulgarien gemacht, oder auch mit der Karotte irgendwelcher Zahlungen aus EU-Töpfen gewunken.
Stephan Kaufmann: Von der Kohle bis zum Elektroauto.
Der Schutz strategischer Branchen stand am Anfang der europäischen Einigung.
Im Gegensatz zu Menschen schließen Staaten Freundschaft per Vertrag. So auch Deutschland und Frankreich vor 60 Jahren. An diesem Wochenende würdigen die Regierungen beider Länder das Jubiläum des Élysée-Vertrags mit einem Gipfeltreffen. Bevor sich beide Staaten am 22. Januar 1963 ihrer wechselseitigen Freundschaft versicherten, waren sie allerdings schon Geschäftspartner geworden: Am Anfang der europäischen Einigung stand mit der Montanunion ein Stück Industriepolitik zum Schutz strategischer Branchen, insbesondere vor den USA. Um diesen Schutz geht es beiden heute noch immer – und immer stärker. Erhalten geblieben sind auch die Widersprüche der deutsch-französischen Kooperation, die die Widersprüche des gesamten EU-Projekts widerspiegeln. (…)
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170323.industriepolitik-von-der-kohle-bis-zum-elektroauto.html
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As Ergänzung zu dieser Lesart vgl auch diese Hinweise zur unmittelbaren Nachkriegszeit: https://de.gegenstandpunkt.com/kapitel/imperialismus-3/europa#toc_2226177455
Thomas Pany: Deutsch-französische Beziehungen am Ende?
Ukraine-Krieg, Europa-Strategie, US-Nähe und neue Rivalität: Wie es um die Freundschaft zwischen den zwei Großen in Europa steht.
https://www.telepolis.de/features/Deutsch-franzoesische-Beziehungen-am-Ende-7465863.html
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Frankreichs Ablehnung gegen den europäischen Strommarkt wächst
https://www.euractiv.de/section/energie/news/frankreichs-ablehnung-gegen-den-europaeischen-strommarkt-waechst/
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Zwischen Feier und Frust
Es hakt zwischen Deutschland und Frankreich, doch jetzt wollen die Nachbarländer mit viel Pomp 60 Jahre Élysée-Vertrag feiern. Dabei sind längst nicht alle Streitpunkte ausgeräumt.
https://www.sueddeutsche.de/politik/frankreich-deutschland-elysee-vertrag-paris-berlin-macron-scholz-1.5736253
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Jürgen Wagner: Bedingte Waffenbrüder
In Rüstungsfragen sind Deutschland und Frankreich Partner, aber auch Konkurrenten – insbesondere seit der verkündeten »Zeitenwende«
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170324.militaer-bedingte-waffenbrueder.html
Auch Frankreich plant eine gigantische Steigerung seiner Rüstungsausgaben.
Macron plant Hunderte Milliarden für Streitkräfte. Von 2024 bis 2030 soll das Budget der Armee auf 400 Milliarden Euro steigen. (…). Es soll vor allem höhere Ausgaben für die Atomwaffen Frankreichs geben. "Nukleare Abschreckung ist ein Element, das Frankreich von anderen Ländern in Europa unterscheidet", erklärte Macron. "Wir sehen erneut, bei der Analyse des Kriegs in der Ukraine, ihre hohe Bedeutung." Frankreich ist das einzige EU-Mitglied, das Atomwaffen hat. (…)
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/frankreich-militaer-ausgaben-101.html
Darin liegt immer schon, auch von Chirac 1995, französisches Misstrauen darin, dass die USA erwartungsgemäß erst einmal ihre eigenen nationalen Interessen verfolgen, und das ggf. – und immer mal wieder – auch auf Kosten europäischer Verbündeter.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/franzoesische-atommacht#section3
[Dass auch die dt. Ampel-Koalition den Atomwaffensperrvertrag 2022 nicht hat unterzeichnen mögen, zeigt, dass das US-Kontrollregime über die außerordentlichen Waffen der Staatenwelt nicht nur in Frankreich Gegner hat….]
Der ehemalige russische Präsident und heutige Stellvertretende Vorsitzende Putins Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, warnte vorgestern auf Twitter, dass eine russische Niederlage zum Atomkrieg führen könne. Er antwortete dabei direkt auf die im Davoser World Economic Forum wiederholt geäußerte Forderung, um Frieden zu erreichen, müsse Russland verlieren, und warnt damit wohl implizit vor der Ausweitung westlicher Waffenlieferungen (…). Medwedew wies darauf hin, dass keine nukleare Großmacht je in einem, für das eigene Fortbestehen essentiellen, Konflikt geschlagen wurde. Die Nachfrage, ob diese Äußerung eine weitere Eskalation der Situation darstelle, verneinte Kremlsprecher Dmitri Peskow und verwies darauf, dass dieser Kommentar der russischen Atomdoktrin entspreche, die einen Atomschlag erlaube, wenn Russlands Existenz durch einen Angriff mit konventionellen Waffen bedroht sei. (Jürgen Wagner von IMI)
https://www.imi-online.de/2023/01/20/medwedews-atomkriegwarnung/
Die Regierung von Burkina Faso forderte diese Woche, dass Frankreich seine Truppen innerhalb eines Monats aus diesem Land abzieht, wie aus Informationen hervorgeht, die an diesem Samstag von der Informationsagentur der Regierung von Burkina Faso (AIB) veröffentlicht wurden.
Am vergangenen Mittwoch kündigte die Exekutive das seit 2018 geltende Abkommen, das die Anwesenheit französischer Soldaten auf burkinischem Boden regelt und das derzeit rund 400 Angehörige der französischen Spezialeinheiten betrifft.
Damit tritt Burkina Faso, ein von Dschihadisten belagertes Land, in die Fußstapfen von Mali, das 2022 den Abzug des französischen Militärs befahl und Russland als neuem Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus die Tür öffnete, mit der Ankunft von Tausenden von Ausbildern und Söldnern der kremlnahen Firma Wagner.
Wie in Mali erfolgt die Entscheidung Burkina Fasos nach wiederholten Straßendemonstrationen zugunsten Moskaus und gegen die französische Präsenz, zuletzt am vergangenen Freitag in der Hauptstadt Ouagadougou, bei der russische Fahnen und antifranzösische Transparente geschwenkt wurden.
Kapitän Ibrahim Traoré, Interimspräsident des Landes nach dem Staatsstreich vom 30. September, hatte bereits am vergangenen Dienstag bei einem Treffen mit Studenten der Joseph-Ki-Zerbo-Universität angekündigt, dass „in den nächsten Stunden Informationen zu sehen sein werden, die auf eine Überprüfung in unseren Beziehungen zu bestimmten Staaten abzielen. Wir streben an, souverän zu sein.“
(El País, 22.1.)
Tünche zum Fest
“(…) Die Kernforderungen, die Macron im Sept. 2017 vortrug – ein schneller Aufbau schlagkräftiger EU-Truppen etwa oder die Einführung eines Euro-Zone-Haushalts –, sie sind bis heute nicht umgesetzt worden, und zwar, weil der andere Teil des immer wieder lobgehudelten »deutsch-französischen Paares«, die Bundesrepublik, sie systematisch ausbremst. Im Herbst lagen die Spannungen so offen zutage, dass die deutsch-französischen Regierungskonsultationen kurzerhand abgesagt wurden, um einen offenen Eklat zu vermeiden. Ausgeräumt sind die Differenzen nicht. Dabei gäbe es aus Sicht Berlins womöglich Anlass, ein wenig beizudrehen. Der Ukraine-Krieg und der Wirtschaftskrieg gegen Russland lassen die militärische und die ökonomische Abhängigkeit der Bundesrepublik von den USA rasch anschwellen. Hohe Energiepreise in Deutschland in Verbindung mit Hunderte Milliarden US-Dollar schweren US-Investitionsprogrammen drohen Produktionsstandorte aus Europa in die Vereinigten Staaten zu locken und Deutschland ein Stück weit zu deindustrialisieren. Macron dringt seit seiner Rede an der Sorbonne auf größere »europäische Souveränität«; Scholz hat sich ihm jetzt, wohl auf der Suche nach einem Gegenmittel gegen die US-Übermacht, zumindest verbal angeschlossen. Paris und Berlin müssten »Pioniere der Neugründung unseres Europas« werden, forderte Macron; Scholz befand, »nur mit dem anderen« – Frankreich – »an unserer Seite« habe »unser eigenes Land eine gute Zukunft«. Ob die Furcht vor der US-Übermacht aber ausreicht, den Worten auch Taten folgen zu lassen, ist ungewiss.”
(Jörg Kronauer, Kommentar)
https://www.jungewelt.de/artikel/443305.tünche-zum-fest.html
Vgl. auch: https://www.euractiv.de/section/europa-kompakt/news/frankreich-und-deutschland-ueben-den-schulterschluss/
Weitere Differenzen werden hier aufgelistet. https://www.derstandard.at/story/2000142684867/60-jahre-elysee-vertrag-paris-und-berlin-sind-zur-allianz
Die hauptsächliche Grundlage für Deutschlands Anmaßung in Sachen EU-Führung war immer die Verschuldung und die Kreditwürdigkeit.
Da das langsam Schnee von gestern ist und kein Mensch mehr von den ständig anwachsenden Schuldenbergen redet, so wäre natürlich eine neue Gewichtung in der EU an der Tagesordnung.
Vergessener Krieg:
Blockade in Berg-Karabach:
„Auch wenn es uns an Nahrung mangelt, wird Aserbaidschan uns nicht aus unserem Land werfen können“
Die Armenier der umstrittenen Enklave haben 50 Tage mit kaum Gas oder Strom und einem Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten verbracht
Ungefähr 100.000 Personen sitzen ohne Heizung, mit kaum Strom und ständig weniger Lebensmitteln und Medikamenten in der Enklave fest, seitdem Aserbaidschan die Zufahrt über den sogenannten Latschin-Korridor blockiert hat.
Nur sporadische Lieferungen der russischen „Friedensschützer“ und des Roten Kreuzes kommen durch.
Die Hochspannungsleitung aus Armenien wurde von den Aserbaidschanern gekappt. Die Gasleitung wird mit zu wenig Druck versorgt, sodaß man die Heizungen nicht einschalten kann.
Das Ganze ist vermutlich nur die Vorbereitung für eine Offensive im Frühjahr. Die Armenier sind entschlossen, bis zum letzten Mann zu kämpfen und auch die Frauen einzusetzen.
(El País, 1.2.)
Auch hier erfreuliche Aussichten für dieses Jahr …
Stephan Kaufmann: Es gibt nur eine Supermacht..
Von Trump zu Biden – wie die US-Regierung ihre Ziele für alle anderen Länder verbindlich macht
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171069.weltwirtschaft-es-gibt-nur-eine-supermacht.html
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Stephan Kaufmann: Der dt. Exportüberschuss bricht ein..
https://www.fr.de/wirtschaft/der-deutsche-exportueberschuss-bricht-ein-92080686.html
Die These Kaufmanns, daß die derzeitigen Ereignisse zeigen, daß es nur eine Supermacht gibt, fußt darauf, daß sich die USA derzeit ökonomisch als stärkste Nation präsentieren,
weil die EU unter Inflation und Energienot leidet,
weil China erst seine Lockdowns wegstecken muß
und weil der Rest der Welt keine Supermacht ist.
Aber der jetzige Krieg und die internationalen Gegensätze laufen darauf hinaus, diese Stellung in Frage zu stellen.
Stephan Kaufmann erläutert, Russland werde "Von China immer abhängiger”.
(…) „Russlands Handel verschiebt sich von sanktionierenden zu nichtsanktionierenden Ländern“, stellt der Internationale Währungsfonds (IWF) fest. Das betrifft nicht nur Rohstoffe, sondern auch Waren. Laut der US-Denkfabrik Carnegie bietet Russland einen großen Markt für chinesische Lieferungen, die westliche Güter ersetzen. China sei inzwischen zu Russlands weitaus größtem Handelspartner aufgestiegen, es nimmt schätzungsweise ein Fünftel der Ausfuhren ab und liefert 35 bis 40 Prozent der Einfuhren. (…) Für russische Bürger:innen ist das chinesische Union Pay-System inzwischen der einzige Weg, ihre Bankkarten im Ausland zu verwenden. Auch die russische Regierung muss nach Wegen suchen, Zahlungen für Im- und Exporte abzuwickeln. Dafür setzt sie zunehmend auf Chinas Yuan. (…). Laut Alexandra Prokopenko ist der Anteil von Dollar-Zahlungen in Russland in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres von 52 auf 34 Prozent gefallen, der Anteil des Euro sank von 35 auf 19 Prozent. Parallel dazu stiegen die Abrechnungen in Rubel und Yuan. Der russische Aktienhandel wird mittlerweile zu einem Drittel in der chinesischen Währung abgerechnet. Das Finanzministerium in Moskau hat die Yuan-Anlagen im Nationalen Wohlfahrtsfonds auf 60 Prozent erhöht.
„Die Ent-Dollarisierung der Wirtschaft ist im Grunde eine Yuanisierung“, so Prokopenko. Russland ersetze die Abhängigkeit vom Dollar durch die vom chinesischen Geld. Dies sei allerdings kaum eine nachhaltige Lösung. Denn dadurch würden Russlands Devisenreserven und Zahlungssysteme beeinflusst durch die Entscheidungen der Pekinger Regierung und Zentralbank. „Sollte sich das Verhältnis beider Staaten verschlechtern, drohen Moskau Verluste.“ Zudem sei die Unabhängigkeit vom US-Dollar eine relative. Denn der globale Status des Yuan als Zahlungsmittel sei abgesichert durch den gigantischen Dollar-Schatz Pekings.
Zwar hilft Russlands Yuanisierung der Regierung in Peking dabei, aus ihrer Währung ein internationales Geld zu machen. Gleichzeitig aber, so die britische Denkfabrik Economist Intelligence Unit, „wird Peking darauf achten, seinerseits nicht zu abhängig von Russland zu werden“. (…)
https://www.fr.de/wirtschaft/von-china-abhaengig-92096772.html
Alles ganz verkehrt gedacht – oder zumindest dargestellt.
China kann sich angesichts der Weltlage gar nicht leisten, Rußland nicht zu unterstützen.
Fabian Kretschmer resümiert im ND die westliche Sichtweise auf China:
" (…) Peking ist bislang gut mit seiner doppelgleisigen Strategie gefahren, die Experten als »prorussische Neutralität« bezeichnen: »Prorussisch« agiert die chinesische Regierung insofern, als sie Putin bislang nicht offen kritisiert, nicht mal als Aggressor in diesem Krieg bezeichnet. »Neutral« stimmt jedoch ebenfalls, da man keine Waffen liefert und keine Sanktionen bricht.
Auf diesem Wege profitiert China durchaus von diesem Krieg, denn es hat Russland zu einem abhängigen Junior-Verbündeten gemacht, der nicht nur im UN-Sicherheitsrat politische Loyalität an den Tag legt, sondern auch verlässlich Energie und Militärtechnologie zu günstigen Konditionen liefert. An der recht jungen Freundschaft zu Russland wird China auch langfristig nicht rütteln, und schon gar nicht unter dem amtierenden Staatschef Xi Jinping. Im Laufe des Jahres wird Xi seinen alten Bekannten Putin bereits zum 40. Mal innerhalb der letzten Dekade treffen. Die sino-russischen Beziehungen haben sich gewandelt. Seit Gründung der Volksrepublik China waren sie stets kompliziert. (…)
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171143.ukraine-krieg-peking-zu-besuch-in-russland.html
Der Westen vermutet schließlich sogar hinter der angekündigten Friedensinitiative nix als Waffenlieferungen (Motto der westlichen kriegerischen Desinformateure: ‘Haltet den Dieb’….) – und verschärft auch ansonsten permanent nicht nur die Rhetorik gegenüber China….
https://www.jungewelt.de/artikel/445335.initiative-china-auf-friedensmission.html
http://german.china.org.cn/txt/2023-02/21/content_85118612.htm
https://www.tagesspiegel.de/internationales/friedensgesprache-fordern-chinas-aussenminister-besorgt-uber-eskalation-des-ukraine-krieges-9383906.html
China betont regelmäßig seine Besorgnisse über die eigene Sicherheit, angesichts der Bedrohungslage durch den Westen. – Und macht davon seine Haltung zum Ukraine-Krieg abhängig.
Irgendwie nehmen alle diese beschwichtigenden Artikel nicht zur Kenntnis, daß Rußland und China Verbündete sind und z.B. 2018 riesige gemeinsame Manöver gemacht haben.
Vor dem Schritt, China zum Feind zu erklären und alle Wirtschaftsbeziehungen zu kappen, schrecken natürlich alle zurück, weil dann wäre die EU endgültig am Boden.
Die Bevölkerungen sind sich weiterhin eher suspekt? Wie sich beim letzten großen Völkertreffen herausgestellt hat – oder wie?
Wie jetzt? Der Chinamann mag zwar die Russen nicht sonderlich, aber den Oberrussen, den finden sie dufte.
Während der Westmensch total individuell und kreativ vom “völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg” spricht.
Natürlich ganz im Gegensatz zur westlichen Presse, die die Bevölkerung natürlich vor verderblicher russischer Desinformation und Fakenews beschützen muss.
"Gelbgesicht sprechen mit gespaltener Zunge." Das legt wohl den Schluss nahe, dass der westlichen Journalistenbevölkerung die chinesische Führung "weiterhin eher suspekt" ist.
Eine globale Sicherheitsinitiative, definiert von den Chinesen, wollen die USA ja gerade nicht, weil das die multipolare Weltordnung zementieren würde. Das ist natürlich schlau wie die Chinesen das machen. Und es entspricht voll und ganz ihren Interessen und ist überhaupt keine Flucht nach vorne oder bloße Propaganda. China geht nämlich zurecht davon aus, dass ohne einen Krieg China automatisch zum neuen Gravitationszentrum der Weltwirtschaft wird. Deshalb stört sie auch der Ukrainekrieg, weil der die für China gedeihliche ökonomische Konkurrenz durcheinanderbringt und sich negativ auf die Weltwirtschaft auswirkt. China übernimmt quasi den US-amerikanischen Standpunkt von einst, der davon ausgeht, dass die wirtschaftliche Entwicklung in der Welt automatisch letzten Endes den USA zu gute kommt.
Oder mit einem Krieg, wie dem gerade derzeit laufenden …
Na ja. Die Chinesen sind wohl der Ansicht, dass der Krieg, wie er gerade läuft, eine ziemlich risky Angelegenheit ist, sonst würden sie ja keine Friedensinitiative machen. Die Chinesen sehen nämlich durchaus die Gefahr eines Weltkriegs im Gegensatz zur hiesigen Presse, die das für eine deutsche Angstmarotte oder Psychose hält. Mag schon sein, dass auch die Chinesen profitieren, aber recht ist ihnen das nicht, dass sie es s o tun, also mit drohender Weltkriegs-Eskalationsgefahr. Wenn der Fall nämlich eintritt, dann profitiert auch China nicht mehr. Deshalb sind sie bemüht den Deckel drauf zu halten. Das steht auch so in dem von Leser verlinkten Artikel im Tagesspiegel:
Die Besorgnis kann man Qin Gang durchaus abnehmen. Ich wüsste jedenfalls nicht, warum ich daran zweifeln sollte.
Linksammlung von Tom Gard zur chinesischen Positionierung
https://tgsrevue.home.blog/2023/02/23/misachtete-kriegsmitteilungen/
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Chinas Chefdiplomat Wang in Moskau: Auf einmal ist keine Rede mehr von einem chinesischen Friedensplan – China hat Russland seine Ansichten über eine „politische Beilegung“ des Ukraine-Konflikts erläutert.
https://www.tagesspiegel.de/internationales/chinas-chefdiplomat-wang-in-moskau-auf-einmal-ist-keine-rede-mehr-von-einem-chinesischen-friedensplan-9397832.html
https://www.jungewelt.de/artikel/445474.china-und-russland-wang-in-moskau.html
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171190.strategische-partnerschaft-wang-yi-staerkt-putin-den-ruecken.html
Chinas 'Global Security Initiative Concept Paper'
Tom Gard erläutert auf seinem Blog den chinesischen Plan, zitiert dazu anfangs einige Passagen aus dem englischsprachigen Text der Chinesen, – und gibt anschließend dazu dann seinen eigenen Kommentar:
https://tgsrevue.home.blog/2023/02/24/the-global-security-initiative-concept-paper/
Die 12 Punkte der Chinesen von ihnen zusammengefasst (in English): https://www.fmprc.gov.cn/mfa_eng/wjdt_665385/2649_665393/202302/t20230224_11030713.html
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Kommentare von der ARD-Tagesschau: https://www.tagesschau.de/ausland/asien/china-russland-ukraine-krieg-waffenstillstand-friedensplan-101.html
und vom ‘Spiegel’. https://www.spiegel.de/ausland/ukrainekrieg-china-veroeffentlicht-12-punkte-papier-mit-forderung-nach-waffenstillstand-a-a0de070a-3e7e-4355-9233-35a188060734
Mehr Details zum zehnten EU-Sanktionspaket
Die neuen Handelsbeschränkungen werden nach früheren Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auch für industrielle Güter gelten, die die russische Industrie nicht über Drittstaaten wie China beziehen kann. Dazu zählen Maschinenteile, Antennen, Kräne, Spezialfahrzeuge sowie Ersatzteile für Lkw und Triebwerke.
Zudem soll es Exportrestriktionen für rund 50 neue elektronische Bauteile geben, die für russische Waffensysteme sowie Drohnen, Raketen und Hubschrauber verwendet werden können. Auch bestimmte seltene Erden und Wärmebildkameras fallen unter die neuen Regeln.
Um zu verhindern, dass Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern militärisch nutzbare zivile Güter wie Drohnen an Russland liefern, wird die Anwendung des bestehenden Sanktionsregimes ausgeweitet. So sollen Firmen künftig fürchten müssen, den Zugang zum EU-Binnenmarkt zu verlieren. Im ersten Schritt werden nach Angaben der Kommission mehrere Unternehmen aus dem Iran sanktioniert, die an der Belieferung Russlands mit Drohnen vom Typ Shahed beteiligt sein sollen. "Damit wollen wir andere Unternehmen und internationale Händler abschrecken", erklärte von der Leyen bereits Mitte Februar.
Wie bereits bei früheren Sanktionspaketen wird darüber hinaus die Liste derjenigen Personen ergänzt, die nicht mehr in die EU einreisen dürfen und deren etwaige Vermögen in der EU eingefroren werden müssen. Betroffen sollen Propagandisten, militärische Befehlshaber und politische Führungskräfte sein.
https://www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000143917816/1000297528/gemischte-reaktionen-aus-der-ukraine-auf-chinesischen-ukraine-friedensplan
Was soll man von so einem Satz halten?
„industrielle Güter …, die die russische Industrie nicht über Drittstaaten wie China beziehen kann, wie Maschinenteile, Antennen, Kräne, Spezialfahrzeuge“
Soll damit gesagt werden, China und andere Staaten hätten keine Kräne? Oder Rußland selbst wäre nicht in der Lage, Kräne herzustellen?
Wie soll den der Verkauf an die ominösen „Drittstaaten“ unterbunden werden? Zu diesen Drittstaaten, die mit Rußland Handel treiben, gehören doch nicht nur China, sondern ganz Afrika, Südostasien, Lateinamerika usw.
Ernst genommen, heißt das, daß dem hauptsächlichen Produzenten dieser Dinge, das ist Deutschland, praktisch der Export in Nicht-EU-Staaten untersagt wird.
Dieses 10. Sanktionspaket richtet sich also dezidiert gegen EU-Staaten.
Was den Rest der Welt betrifft, dem der Zugang zum EU-Binnenmarkt erschwert oder verboten werden soll, wird ebenfalls ein Stück EU-Wirtschaft ins Auge gefaßt, das auf Export ausgerichtet ist. Auch die Investitionstätigkeit in der EU wird damit ins Visier genommen.
Eigentlich sind nur mehr Investoren aus den USA, Kanada oder Australien willkommen. Sehr neugierig wäre ich auf Maßnahmen gegen Saudi-Arabien oder Katar, die russisches Öl aufkaufen und mit Aufschlag an die EU weiterverkaufen.
Da auch die verlinkten Überlegungen von Tom Gard zum chinesischen Strategiepapier keine Sau gelesen haben wird (… denn so gehts einem hier mit Links…), – bringe ich sie noch einmal im Volltext:
"Das Projekt umfasst nichts Geringeres, als einen „Langen Marsch“ zu einer New World Order, die in erheblichem Umfang auf die Ideen und Beweggründe der Haager Friedenskonferenzen und des Völkerbundes zurück greift. Letzteres ist die Organisation, welche die USA nach dem WKII auf der Grundlage ihrer im Krieg gewonnenen ökonomischen und militärischen Übermacht in Gestalt der „Vereinten Nationen“ zum Instrument ihres Anspruches genommen und gestaltet haben, den kapitalistischen Weltmarkt mit dem Mittel ihres konkurrenzlosen Staatskredits, einer konkurrenzlosen militärischen Vernichtungsmacht, und einem in zahlreichen Kriegen erprobten und eskalierten Vernichtungswillens, zusammen mit den zu Alliierten herab gesetzten ehemaligen Kolonialmächten Europas über den gesamten Globus zu entfalten.
Diese Ära ein für allemal beenden zu wollen, und mit einer neuen Charta, einer reformierten oder neuen UN abzulösen, maßt sich die Volksrepublik China mit der GSI an.
Nichts ist eine abgeschmacktere Übung, als dies Projekt an seiner Anmaßung lächerlich zu stellen. Denn die Volksrepublik steht mit ihrer schieren Bevölkerungsmasse, ihrem erstarkten Binnenmarkt, mit der ökonomischen Macht ihres Handelsverkehrs und des globalen Investitionshungers ihrer Kapitale, schon seit zwei Jahrzehnten im Zentrum der militärpolitischen Erscheinungsformen der Zerfallserscheinungen des Imperialismus in der Gestalt des sogenannten „Amerikanischen Jahrhunderts“, bzw. des Imperiums, das die Putschisten vom 11. September 2001 ausgerufen und, gestützt auf Alliierte in allen anderen Metropolen des Weltmarktes, mit einer Globalstrategie des „Constant Conflict“ aufrecht und an der Macht zu halten gesucht haben.
Die Russische Front ist nur einer unter vielen Schauplätzen eines Abwehrkampfes der imperialen Metropolen gegen den Zerfall amerikanisch initiierter und gestützter Weltordnung.
Die Prominenz dieses Schauplatzes gründet in der nuklearen Bewaffnung Russlands nebst der bedingten ökonomischen Autarkie, die das ausgedehnte Territorium einer russischen Zentralmacht verschafft. Gemessen an dem ökonomischen Gewicht Russlands auf dem Weltmarkt, der Referenz der chinesischen Initiative, ist dies tatsächlich ein Nebenschauplatz!
Gleichwohl ist China primärer Kriegsbeteiligter außerhalb der Schlachtfelder, ist diejenige Kraft, die bislang verhindert hat, daß die russische Föderationsherrschaft vor die Wahl gestellt wurde, sich entweder in die begrenzte Souveränität ihrer Regionen hinein aufzulösen, oder sich unter Einsatz von Nuklearwaffen gegen die Angriffe der imperialen Metropolen zu verteidigen.
Zusammen mit der GSI nenne ich daher das heute vorgelegte Papier Position on the Political Settlement of the Ukraine Crisis gleichbedeutend mit einem offiziellen Eintritt der Volksrepublik China in den Russlandkrieg der NATO, bzw. den Imperiumskrieg Russlands, allerdings aus einer den Kriegsparteien demonstrativ übergeordneten Position heraus, die in der GSI ausformuliert ist. Eine Entscheidung zu einer mittelbaren oder auch unmittelbaren Kriegsbeteiligung, einschließlich, im Extremfall, Beteiligung mit eigenen Truppen, ist in dieser Initiative von der Reaktion aller Beteiligter abhängig gemacht, also dem Eskalationswillen der NATO-Staaten einerseits, und dem Kompromisswillen des Kreml andererseits.
Der Kompromisswille, den Peking vom Kreml und dem Russischen Parlamentfordert, ist in GSI und Positionspapier ziemlich eindeutig formuliert, wenn man Umstände und Vorgeschichte en detail in Rechnung stellt, was ich hier freilich nicht tun kann, ohne ein 30 Seiten Essay abzuliefern:
– Rücknahme der Annexion der Oblaste Kherson und Saporoshje
– Verhandlungsbereitschaft über Abtretung von Territorien der annektierten Oblaste Donezk und Luhansk im Rahmen dauerhafter Waffenstillstandsvereinbarungen.
Selbstredend ist im Rahmen einer Waffenruhevereinbarung eine Truppenentflechtung verlangt, d.h. u.a. ein Rückzug der ukrainischen Streitkräfte von Positionen, von denen aus die Beschießung der russisch besetzten Territorien und Blockademaßnahmen gegen die Krim wieder aufgenommen werden könnten.
Sollten die NATO-Staaten nicht auf die Initiative reagieren, was aktuell der Fall ist und weiterhin erwartbar, dann verlangt der Inhalt von GSI und Positionspapier einen militärischen Eintritt der Volksrepublik in den russischen Imperiumskrieg, soll die Initiative nicht im Ansatz komplett scheitern, nämlich mit dem singulären Kriegsziel, existentiellen Schaden von der RF zu wenden, respective einen russischen Kernwaffeneinsatz zu vermeiden. Also:
– Stützung Russlands mit Waffen und Ausrüstung.
– Erwägung einer Intervention mit eigenen Truppen auf russischer Seite, sollte die NATO mit eigenem Personal in der Ukraine einrücken.
Ich rede diplomatisch von Erwägung, weil dies das Datum ist, mit dem die NATO UND Russland aktuell zu dealen haben. Im vorliegenden diplomatischen Kriegseintritt Chinas liegt ja nicht wenig innenpolitischer Zunder in der russischen Föderation! Um dies wenigstens ganz global zu begründen, verweise ich auf einen Abschnitt in der Zurückweisung des Positionspapiers der aktuellen „Tagesschau“:
Blödsinn! Die Sache mit der „Mentalität des Kalten Krieges“ ist sehr wohl auch an die russische Seite gerichtet. Das ist einer der Gründe, warum ich oben behauptet habe, die Volksrepublik werde im Rahmen ihrer Friedensinitiative die Rücknahme der Annexion Khersons und Saporoshjes verlangen – nicht sofort, aber im Rahmen langfristiger Friedensverhandlungen.
Hat Putin in seiner „State of Nation“ – Rede die chinesische Initiative berücksichtigt?
Darauf kann es nur höchst spekulative Antworten geben, aber eine Passage der Rede erscheint mir merkwürdig genug, um sie in solchen Zusammenhang zu stellen:
Die Zuhörer dürfen und sollen diese Aussage über „unsere Grenzen“ natürlich nominell auf die Grenzen der annektierten Oblaste beziehen. Andererseits fehlen an deren Eroberung 10 Tausende von Quadratkilometern – vielleicht 50 Tausend? Und die RF macht keinerlei Anstalten für eine Truppenmobilisierung, die ausreichend Personal und Waffen bereit stellte, dieses Areal nicht nur zu erobern, sondern auch anschließend gegen Übergriffe der NATO-Söldner zu sichern.
Zugleich liegen auf diesem Territorium Bevölkerungszentren mit einer (nominellen) Millionenbevölkerung, z.B. Saporoshje selbst und die Festung der Doppelstadt Kramatorsk und Sloviansk, dazu eine Fülle von Mittelstädten mit nominellen Einwohnerzahlen zwischen 30 und 100 Tausend Einwohnern. Will die RF, die, Putin zufolge, „keinen Krieg gegen das ukrainische Volk“ zu führen beabsichtigt und das bislang auch nicht getan hat*, die Hälfte davon entweder killen oder vertreiben, wenn wir mal hypothetisch davon ausgehen, daß eine andere Hälfte sich eine russische Besatzung gefallen lassen wollte?
Nein, will sie nicht, sage ich dazu, will ein gewaltiger Anteil der russischen Bevölkerung nicht! Daher nehme ich den Redeabschnitt zum zum Hinweis auf den möglichen Umfang eines russischen Waffenstillstandangebotes, sollte die US-Regierung aus der NATO-Front bedingt ausscheren. Dazu berücksichtige ich auch die Redeabschnitte zur Wirtschafts- und Sozialentwicklung, ohne das en Detail vorzuführen.
* Fußnote:
Selbst wenn man die offizielle UN-Angabe zur Zahl ziviler Kriegstoten von 8000 verdoppelt, oder mit Blick auf Mariupol gar verdreifacht, dokumentieren sie eine beispiellose Zurückhaltung der russischen Streitkräfte. Um so mehr, als es anders herum klare Hinweise darauf gibt, dass ein nennenswerter Teil dieser zivilen Opfer tatsächlich auf das Konto von Säuberungsaktionen des SBU und der Ukronazis zu rechnen sind. Für die Gesamtdiagnose braucht man übrigens Berichte über Brutalitäten von Seiten der russischen Besatzungsmacht nicht zu relativieren …
https://tgsrevue.home.blog/2023/02/24/the-global-security-initiative-concept-paper/
Der eigentliche Adressat solcher Überlegungen sind übrigens die USA, die eine multipolare Weltordnung müssten zulassen wollen. Aus Sicht der USA ist so was bekanntlich, wie grad zu sehen, aber ein Kriegsgrund. Und diese Botschaft haben die Euros geschluckt. Das Werben darum, dass auch Indien und andere staatliche Mächte sich selber als ein Teil eines Zentrums einer multipolaren Weltordnung würden vorstellen können, lebt vermutlich davon, dass alle Staaten der Welt sich ähnliche Privilegien wie jetzt die USA beim weltweiten Ordnungsstiften wünschen würden. (Damit gehe ich übrigens gar nicht inhaltlich auf Tom Gards welthistorisch gezeichnetes Gemälde ein….Allerdings zieht Tom Gerd auch den Schluss, dass eigentlich von den Propagandisten einer multipolaren Weltordnung aktuell ein Kriegseintritt an Seiten Russlands anstünde.). “Die Russische Front ist nur einer unter vielen Schauplätzen eines Abwehrkampfes der imperialen Metropolen gegen den Zerfall amerikanisch initiierter und gestützter Weltordnung” (TG). Dass die USA sich im Abwehrkampf befinden, mag sein. Dass ihre Weltordnung aktuell zerfiele, das scheint mir eher eine Wunschvorstellung zu sein…
vgl. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171069.weltwirtschaft-es-gibt-nur-eine-supermacht.html
Mittel der Chinesen aus deren Sicht soll daher vermutlich nicht die direkte Konfrontation mit der Supermacht sein, die wollen sie gerade vermeiden, und können sie für ihren eigenen Aufstieg nicht gebrauchen. Sondern sie wollen den Wunsch nach mehr chinesischer Zuständigkeit in der Welt beim kapitalistischen weltweiten Regeln nicht bei den USA implementieren, logo, sondern bei den weltweiten Staaten, zu denen sie ihre Extra-Beziehungen incl. ökonomische Beziehungen mit ihrer Seidenstraße-Initiative ausbauen. (Die Europäer hingegen wollen in den afrikanischen Staaten allenfalls negative Barrieren errichten als Mittel zur Flüchtlingsabwehr. Kein Wunder, dass die “Offerte” der Chinesen dort erfolgreicher zu sein scheint. – Ähnliches könnte sich übrigens auch auf dem Balkan abzeichnen, scheint mir….)
Dass man beim weltweiten Reisen von Scholz eher meint, seine europäischen Konkurrenzbemühungen zum chinesischen weltweiten Seidenstraßen-Projekt seien bloße Ankündigungs-Rhetorik, liegt auch darin begründet, wie europäischer Kredit funktioniert. Den können die europäischen Staatsmänner eben nicht so einfach weltweit als Konkurrenzmittel einsetzen, analog dem Geld der USA oder der Chinesen, sondern der muss sich ewiglich in seiner Daserinsberechtigung gegen den Zweifel des weltweiten Finanzkapitals am Finanzmarkt behaupten, – also mit Geschäftserfolgen rechtfertigen. Das schränkt die Freiheiten des Kreditieren ein und macht die imperialistische Gangart der Euros – verhältnismäßig – gelegentlich etwas "vorsichtiger". Zusätzlich handelt es sich ja bei Scholz Weltreisetätigkeiten auch um Konkurrenzaffären innerhalb Europas, von den EU-Mitimperialisten argwöhnisch beobachtet …..
Wiewohl die BRD sich beim Euro – im Unterschied und im Gegensatz zu ihren europäischen Konkurrenten – durchaus einige besondere Freiheiten schon herausnimmt – vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen im letzten jourfixe-Protokoll.
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf230213-Leo-Panzer%20-%20Folgen%20des%20Wirtschaftskriegs%20EU.pdf. (Dort ab S. 3 unten ff)
Und zu den damit ebenfalls anstehenden Atomfragen:
https://nestormachno.alanier.at/pressespiegel-el-pais-15-1-waffenlieferungen-an-die-ukraine/#comment-60095
https://nestormachno.alanier.at/pressespiegel-el-pais-15-1-waffenlieferungen-an-die-ukraine/#comment-60342
@Leser,
danke, daß du der Lese- bzw. Linkfolge-Faulheit hier entgegenarbeitest!
Ich denke, TG hat durchaus etwas getroffen. Die chinesische Führung will nicht nur der lachende Dritte sein, der abwartet und Tee trinkt, wie sich die anderen aneinander abarbeiten. Sondern meldet sich in der Rolle des Schiedsrichters an, der die anderen zur Ordnung rufen will.
Ich glaube übrigens nicht, daß die Position gegenüber Rußland ganz die ist, wie sie TG darstellt. Für Rußland ist m.E. sowohl der Donbass als auch die Landbrücke zur Krim essentiell und das wird es sich auch nicht nehmen lassen.
Ich würde es eher als einen Wink Chinas an Rußland deuten, einmal klare Kriegsziele zu definieren und diese Idee der „Entnazifizierung“ der Ukraine etwas bescheidener zu formulieren.
Z.B. den bisher eroberten Teil dieser beiden Oblasts Zaporoschje und Cherson, und die zwei Donbass-Republiken sowie eine entmilitarisierte Zone jenseits dieser annektierten Gebiete.
Ich nehme an, die derzeitige Strategie läuft darauf hinaus, diese Position zu erreichen und dann mit einem Waffenstillstandsvorschlag hervorzutreten.
@Nestor
weil ich kaum Leser habe und mein Zeug noch weniger diskutiert wird, verzichte ich demoralisiert zu weitgehend auf Begründungen.
Was den Donbass anbelangt, sehe ich keinen Dissens zwischen uns und Putin hat schon im wirtschaftspolitischen Teil der Rede deutlich gemacht, daß das Asow-Meer russisches Binnenmeer bleiben wird.
Was Kherson anbelangt habe ich stumm nicht nur die chinesischen Texte über "territoriale Integrität", sondern auch die UN-Abstimmungen, die Position Indiens, und die chinesischen Investitionsanliegen in der Ukraine sowie der Region insgesamt berücksichtigt.
Es ist nicht so, daß die UN-Stimmen gegen Russland aus den Reihen der Schwellenländer und der subalternen Staatswesen bloß "gekauft" oder erpresst seien und es ist umgekehrt geradezu selbstverständlich, daß den kommerziellen und politischen Eliten der nachgeordneten Staatswesen eine Rückkehr zum alten "Geist" der UN-Charta als wünschenswertes Ziel erscheint. Fast ebenso selbstverständlich scheint mir, daß dort ein sehr erheblicher Unwille gegen den Rückgriff des Kreml auf die zaristischen Traditionen des russischen Staatswesens und des russischen Patriotismus der Sowjetzeiten entstanden ist, vielleicht nicht zuletzt der Groteske wegen, das Zeug unter antikolonialistischen Titeln zu verkaufen. Obendrein weiß man dort nicht weniger, als wir es wissen, daß Putin und sein Anhang die Politik der Bevölkerungstrennung in den östlichen Oblasten praktisch abgeschlossen hatten und ein militärisches Vorgehen gegen die faktische Eingliederung der Ukraine in die NATO ohne die Annexionspolitik ausgekommen wäre, ja, daß die Annexionspolitik geradezu das Dümmste war, was Russland mit Blick auf den Zusammenschluss der konfligierenden Interessen und Agenden in der NATO-Front hat tun können.
Und auf die globale Front, die GSI aufgemacht hat, zielt ja nicht allein China, auch der Kreml tut es, mehr oder minder widerwillig und hat sich von Beginn an auf sie berufen (in der zweiten Kriegsrede Putins, weiß grad nicht das Datum).
Daß es für Kherson irgendeine "Sonderregelung" braucht, ist klar, aber gemäß der chinesischen Initiative darf die eigentlich nicht Annexion heißen.
So ungefähr der Gang meiner Überlegungen.
Ja, was man als Eliten oder Diplomaten in den Schwellenländern oder sonstwo denkt, das weiß ich nicht. Das ist aber auch nicht maßgeblich für den Verlauf des Krieges.
Faktum ist, daß die ärmere Bevölkerung dieser Länder Rußland die Daumen hält, weil es keine der alten Kolonialmächte ist. Und das wissen die Regierungen dort auch.
Aber daß Rußland die Krim und den Donbass nicht mehr hergeben wird, halte ich für eine ausgemachte Sache. Und damit stellt sich eben auch die Frage der Verbindung zwischen den beiden, was ja das nächste Angriffsziel der ukrainischen Truppen sein soll, wenn man allem Rauschen im Geheimdienst- und sonstigen Blätterwald glauben kann.
China wiederum kann es sich nicht leisten, Rußland nicht zu unterstützen.
Jürgen Hübschen: Chinas Position zu der politischen Beilegung der Ukraine-Krise
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/chinas-position-zu-der-politischen-beilegung-der-ukraine-krise/
Die “Welt” behauptet, Russlands Antwort bestünde in einem ‘Nein’.
https://www.welt.de/politik/ausland/article243991661/Ukraine-News-Russland-lehnt-Zwoelf-Punkte-Plan-aus-China-ab-und-will-Krieg-fortsetzen.html
Kommentar von Tom Gard
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/chinas-position-zu-der-politischen-beilegung-der-ukraine-krise/#comment-26090
Zur Welt kann ich nur bemerken: Die Antwort Antwort der EU bestünde auch aus in einem ‘Nein’ – sofern überhaupt irgendwer auf die Idee käme, den Friedensplan auf die westliche Kriegspartei zu beziehen …
TomGards Satz
trifft den lehrerhaften Ton des Artikels sehr gut. China wird schulterklopfend bestätigt, sein Bestes getan zu haben.
Kasachstan meldet seine Eigenstaatlichkeit an – vgl daher solcherlei merkwürdige "Zufälligkeiten" ….
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/chinas-position-zu-der-politischen-beilegung-der-ukraine-krise/#comment-26135
https://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/pck-schwedt-7-millionen-tonnen-oel-zusaetzlich-_-steigt-kasachstan-bei-der-raffinerie-ein_-69423901.html
https://www.deutschlandfunk.de/russland-pumpt-oel-aus-kasachstan-nach-schwedt-102.html
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Deutsche-Wirtschaft-richtet-Osthandel-neu-aus-article23943255.html
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/RC-9-2022-0065_DE.html
Zu Kasachstan ist zu sagen, daß es auch bisher z.B. für Österreich ein wichtiger Energielieferant war. Nach dem Sturz Ghaddafis fiel Libyen aus, die OeMV kompensierte das größtenteils mit Kasachstan.
Daß das Öl über Rußland kommt, ist auch von jeher so, und Kasachstan ist auch daran interessiert, daß es weiterhin sein Öl über russische Pipelines ausführen kann. Alle „Neuigkeiten“ über angebliche Zerwürfnisse zwischen R und K sind daher leeres Geschwätz.
Das Problem ist nur, wie dieses kasachische Öl weiter befördert wird. Bisher kommt es nämlich von einem Terminal von Novorossisk (Ende der russischen Pipeline) per Tanker nach Triest oder eben nach Rostock.
Von Triest kommt das Öl über die Transalpine Pipeline nach Österreich und Süddeutschland. Von Rostock nach Schwedt gibt es auch eine Verbindung.
Beide sind jedoch relativ schwach. Die von Kärnten nach Schwechat, Österreichs einziger Raffinerie führende Leitung hat eine Kapazität von 11 Millionen Tonnen pro Jahr, die von Rostock nach Schwedt von 6-7 Mill. Tonnen/Jahr.
Für Österreich reicht das Öl über die Pipeline für die Benzin- und Kerosin-Erzeugung, bei Diesel muß per Tankwagen importiert werden.
Für Schwedt reicht die Kapazität angeblich nicht.
Was die mittelasiatischen Staaten als neue Märkte oder Standorte betrifft, so muß man auch einmal überlegen, warum mit denen bis jetzt nicht viel gelaufen ist. Es kann ja nicht sein, daß diese Staaten auf einmal von Deutschland auf der Landkarte entdeckt worden sind.
Erstens einmal sind es kleine Märkte. Wenig Bevölkerung, dünn besiedelt, schwer erreichbar und oft auch nicht sehr zahlungsfähig. Nur Kasachstan und Turkmenistan haben nennenswerte und auch halbwegs erschlossene Rohstoffe.
Außerdem sind diese Staaten alle schon sehr in der Umarmung Chinas, die über die Neue Seidenstraße dort schon längst verankert ist und weiter vorstößt.
Das bisher in Rußland gemachte Geschäft können die nie und nimmer ersetzen.
Als Standort und Transitland für Rußlandhandel und zur Umgehung von Sanktionen können sie vielleicht eine gewisse Bedeutung erlangen und darauf setzen die dortigen Eliten natürlich. Aber das ist etwas, wo teilweise bei Null angefangen werden muß, mit unklarem Ausgang.
Teile der ökonomischen Regelungsmächtigkeit Deutschlands (das sich als Verteiler osteuropäischen Öls in Europa imaginiert hatte) im Ölgeschäft für Europa sind durch den Ukraine-Krieg stark beschädigt worden, sowohl durch die westliche Sanktionspolitik als auch durch die Zerstörung der Pipeline. Das liegt im Interesse der diversen ökonomischen Konkurrenten, die die neuen Geschäftsfelder ausnützen wollen, nicht nur aus den USA, diese z.B. mit ihrem Fracking-Gas.
Meine Überlegung ging dahin, ob ähnliches auch für die zentrale Verteilerrolle Russlands intendiert sein könnte. Und dass Kasachstan Teil der chinesischen Seidenstraßen-Projekte ist, muss dazu nicht unbedingt im Widerspruch stehen, denn nationale Energieversorgung ist nach wie vor eine brisante Angelegenheit. (Vage erinnere ich mich, dass es bereits seit Jelzin Zeiten hinter den Kulissen um Zugänge zu osteuropäischem Öl und Gas für den Weltmarkt ging.) In dieses Szenario würde eine Erstarkung der nationalen Position Kasachstans hineinpassen. (Profitieren hiervon könnte ja auch China, und ggf. war das auch ein Moment seiner diplomatischen Offensive.) Auskennen tu ich mich damit aber nicht.
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Merkwürdige Nebenfront: https://www.telepolis.de/features/Nordafrikanische-Laender-kaufen-russische-Oelprodukte-und-liefern-nach-Europa-7529482.html
Energiefragen dirigiere ich lieber hierher
Suitbert Cechura:
Das Friedensmanifest: ein Appell – ausgerechnet – an die Kriegstreiber
Verhandlungsfrieden statt Siegfrieden – was die Nation aufregt und ihre Kriegsherren gar nicht leiden können.
Eins hat das Friedensmanifest von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht geschafft: Es hat eine Gegenposition gegen die auf allen Kanälen laufende Kriegspropaganda und gegen die Selbstverständlichkeit deutscher Kriegsbeteiligung, die via Rüstungsexport, Wirtschaftskrieg und über allerlei Machenschaften eines „leading from behind“ läuft, in eine größere Öffentlichkeit gebracht.
Bestand die Kriegsberichterstattung der Leitmedien bislang vor allem in der Beschwörung der absoluten Verwerflichkeit eines „Angriffskriegs“, um seine grausamen Folgen und das Verbrechen des russischen Präsidenten vorzuführen, so haben die Medien nun einen neuen Feind zur Hand: die Kriegsmüden und unsicheren Kantonisten an der Heimatfront. Zumal die beiden Initiatorinnen des Manifestes es geschafft haben, ein breites Bündnis hinter sich zu scharen von ganz rechts bis weit nach links, von Pastorinnen wie Frau Käßmann und Philosophen wie Herrn Habermas bis zu Ex-Generälen und ehemaligen Friedensaktivisten.
Und dann gelingt es dem Duo sogar noch, am 25. Februar unter dem Titel „Aufstand für Frieden“ bei schlechtem Wetter Tausende ans Brandenburger Tor zu locken, so dass die Polizei Schwierigkeiten hat, die Zahlen kleinzurechnen, und sich mit Behinderungen des Zugangs behelfen muss. Wagenknechts Äußerung, „Neonazis und Reichsbürger“ hätten auf der Kundgebung nichts zu suchen, kann die Presse natürlich sofort entlarven. Die Veranstalter lassen keine rechtsextremen oder nationalistischen Transparente zu, damit die Journalisten sie nicht ablichten können! In Wirklichkeit sind die Friedensfreunde nämlich scharf auf die Mitwirkung des Rechten Sektors: „Wölfe willkommen, aber bitte im Schafspelz“ (FAZ, 27.2.23).
Man kann sich natürlich über den „Bruch des üblichen Totschweigekartells“ freuen. Man sollte dann aber registrieren, dass sich das Ganze keinem Aufruf zum Aufstand oder zur Illoyalität verdankt, sondern – man muss es leider sagen – einem eher schlichten Text, der ziemlich devot daherkommt.
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Träumen …
Das Manifest beginnt mit der Aufzählung von Fakten: „Heute ist der 352. Kriegstag in der Ukraine. Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert.“ Und schließt diese einleitenden Bilanz mit der Feststellung ab: „Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land.“
Dieser Einstieg ist in doppelter Hinsicht erstaunlich. Einerseits muss man den Kriegsherren, also den staatlichen Stellen, die über Leben und Tod ihrer Bürger – im nationalen Ernstfall – unwiderruflich entscheiden, nicht mitteilen, dass sie die Macht haben, das Land zu verwüsten und Menschen zu opfern. Das sind ja ihre Kriegsmittel, die sie nach reiflicher Überlegung und minutiöser Vorbereitung (übrigens in Friedenszeiten) dann einsetzen, wenn sie den Gegensatz zu ihren Gegnern nicht mehr aushalten. Dass sie für solche Zerstörungen ihre Gründe haben – dass sie diese beschönigen oder vermenschlichen –, müsste der Angriffspunkt einer Empörung sein, die sich aus dem Standpunkt „Nie wieder Krieg“ ergibt.
Andererseits muss man jedoch festhalten, dass die Forderung des „Nie wieder“, die in den bundesrepublikanischen Sonntagsreden einmal ihren Ehrenplatz hatte, heute schon einen Verstoß gegen das Staatswohl darstellt und – eigentlich – nicht geduldet werden kann. Pazifismus entzieht sich der Parteinahme in diesem Krieg, was an strafbares Handeln grenzt. Das zeigt Wirkung. So erklärte denn auch Käßmann bei ihrer Rede auf der Bonner Friedensdemonstration, dass sie sich zwar wegen der deutschen Vergangenheit weiter als Pazifistin bekenne. Aber sofort kam die Einschränkung:
„Dabei habe ich die Demut, zu wissen, dass ich schuldig werde an Menschen, die sich mit der Waffe verteidigen wollen. Ich habe auch Verständnis für den Ruf nach Waffen. Aber in einer Demokratie nehme ich mir das Recht heraus, bei meiner Position zu bleiben.“ (FR, 17.2.23)
Man darf – danke, deutsche Obrigkeit! – sich zum Pazifismus bekennen, wenn man ihn für bedeutungslos erklärt. Und so ergreifen auch die Initiatorinnen des Manifests mit ihren einleitenden Bemerkungen Partei für die Opfer des Krieges, wissen aber, auf welche Seite sich die Humanität zu schlagen hat. Die Ukraine verdient das Mitgefühl, die Opfer auf russischer Seite, die es ja auch gibt, sind hier wie sonst in den Medien kein Thema. So bewegt sich das Manifest in der Schuldfrage ganz auf der offiziellen Linie:
„Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Aber was wäre jetzt solidarisch? Wie lange soll auf dem Schlachtfeld Ukraine gekämpft und gestorben werden? Und was ist jetzt, ein Jahr danach, eigentlich das Ziel dieses Krieges? Die deutsche Außenministerin sprach jüngst davon, dass ‚wir‘ einen ‚Krieg gegen Russland‘ führen. Im Ernst?“
Die Frage nach der Solidarität ist damit regierungstreu beantwortet. Dann wird sie aber an die bisherige Politik zurückgegeben, da diese sie immerzu als ein Problem beim Umfang der Waffenlieferungen behandelt. Das ist den Autorinnen zu kurzsichtig. Den Sinn der Fortführung des Krieges ziehen sie in Zweifel, ja bezweifeln, ob da überhaupt noch politisch kalkuliert wird. Und obgleich ohne westliche Geldmittel und Waffen (wo die BRD ganz vorne mit dabei ist) die Ukraine gar keinen Krieg gegen Russland führen könnte, wollen die Verfasserinnen des Manifestes nicht glauben, dass Deutschland längst Kriegspartei ist, so wie es die Außenministerin als klare moralische Entschiedenheit des Landes formuliert hat.
Dass auch Deutschland, wie der ukrainische Präsident Selenskij, einen Sieg gegen Russland will, können solche Friedensbewegte einfach nicht glauben. Sie fragen vielmehr, ob sich das Land da nicht in etwas hineinziehen lässt: „Noch versichert der deutsche Kanzler, er wolle weder Kampfjets noch ‚Bodentruppen‘ senden. Doch wie viele ‚rote Linien‘ wurden in den letzten Monaten schon überschritten?“
Und so werden sie zu Mahnerinnen: „Es ist zu befürchten, dass Putin spätestens bei einem Angriff auf die Krim zu einem maximalen Gegenschlag ausholt. Geraten wir dann unaufhaltsam auf eine Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg? Es wäre nicht der erste große Krieg, der so begonnen hat. Aber es wäre vielleicht der letzte.“
Das ist eine seltsame Mahnung, denn einen Atomschlag wie auch einen Atomgegenschlag muss ja jemand befehlen, die Bomben „rutschen“ nicht aus heiterem Himmel in die Welt. Also müssen die Manifestlerinnen den Willen zum Atomkrieg nicht nur bei Putin, sondern auch bei der eigenen Regierung in Rechnung stellen. Und dass es dazu allen Anlass gibt, zeigt Deutschlands entschiedene Absicht, auf die „nukleare Teilhabe“, also die Beteiligung an einem Atomkrieg, nicht zu verzichten und sich deshalb neue Bomber für solche Waffen (die gerade im rheinland-pfälzischen Büchel modernisiert werden) in den USA zu bestellen. Doch sind diejenigen, die so gerade ihre Bereitschaft zum Führen eines Atomkrieges dokumentieren, die richtige Adresse für eine Mahnung?
Ein Verhandlungsfrieden – das neue Reizthema
Als ihr stärkstes Argument betrachten die Manifestlerinnen wohl eine weitere Warnung, dass der Krieg nämlich gar nicht zu gewinnen sei: „Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen. Das sagt auch der höchste Militär der USA, General Milley. Er spricht von einer Pattsituation, in der keine Seite militärisch siegen und der Krieg nur am Verhandlungstisch beendet werden kann. Warum denn nicht jetzt? Sofort!“
Das ist schon eine eigenartige Kritik, den Krieg an seinen Erfolgsaussichten zu messen. Wäre er denn dann lohnend und wären die Opfer in Kauf zu nehmen, wenn die Siegesaussichten gut sind? Natürlich kann man den Verfasserinnen nicht unterstellen, dass sie für einen Krieg bei besseren Gewinnchancen votieren. Dennoch könnte ihnen ja hier einiges auffallen: erstens die Verlogenheit der hiesigen Kriegspropaganda, die Putin einerseits als irrsinnigen, triebgesteuerten „Killer“ (Biden) zeichnet und ihn andererseits als rational handelnden Politiker einstuft, der das nukleare Inferno auf keinen Fall wollen kann; zweitens die klare Zielrichtung, rücksichtslos – auch und gerade angesichts eines ungeheuren Vernichtungspotenzials – statt zu kapitulieren die Schwächung des Gegners durch einen Verschleiß- und Ausblutungskrieg fortzuführen. Das soll kein „lohnendes“ Kriegsziel sein? Und kann man diese Kalkulationen nicht ständig der Zeitung entnehmen?
Kaum hat sich das Manifest mit seiner Verhandlungsforderung vorgewagt, sieht es sich auch schon unter Rechtfertigungsdruck: „Verhandeln heißt nicht kapitulieren, Verhandeln heißt, Kompromisse machen auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hundertausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!“
Mit ihrer Verhandlungsforderung stellt sich das Manifest gegen die offizielle Politik, die jedes Zugeständnis an die russische Seite gleich als Kapitulation vor dem Unrechtsregime geißelt. Um sich mit der Forderung ins Recht zu setzen, berufen sich die Autorinnen dann auf die Mehrheit im Volke. Ein echt demokratisches Argument. Es übersieht großzügig, dass die Mehrheitsmeinung zwar bei der Auswahl von Politikern am Wahltag – für ein paar Sekunden beim Kreuzchenmachen – eine Rolle spielt, die Bürger sonst aber nichts zu melden, sich vielmehr den Vorgaben von oben zu fügen haben. Zudem ein höchst zweifelhafter Einspruch: Soll denn der eigene Standpunkt keine Rolle mehr spielen, wenn er nicht mehr von der Mehrheitsmeinung getragen wird?
Ihre Ohnmacht kennen und bekennen auch die Verfasserinnen des Manifests: „Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern ‚Schaden vom deutschen Volk zu wenden‘.“
Und so präsentieren sich die beiden Autorinnen ganz als Mahnerinnen der deutschen Politik, in die sie wohl großes Vertrauen setzen. Scholz – von dessen unverwüstlicher Bereitschaft, über Leichen zu gehen, vorher einiges zu erfahren war – soll jetzt alles zum Guten wenden: „Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie auf europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt! Denn jeder verlorene Tag kostet bis zu 1000 weitere Menschenleben – und bringt uns einem 3. Weltkrieg näher.“
Der letzten Schlussfolgerung mag man nicht widersprechen, schließt doch die ständige Eskalation der Waffenlieferungen durchaus die Gefahr eines Dritten Weltkriegs ein. Und der hat eigentlich schon in der Ukraine begonnen, denn dort steht ja nicht einfach das Kiewer Regime der Russischen Föderation gegenüber, sondern ein vom Westen ausgestatteter und angeleiteter Staat, der für die westlichen Zwecke bluten darf, einer Ex-Großmacht, die definitiv zur „Regionalmacht“ (Obama) herabgestuft werden soll, es aber noch nicht ist. Verwunderlich, dass ausgerechnet einer der größten Unterstützer dieses Kriegs für seine Beendigung sorgen soll.
Die Reaktion bleibt nicht aus: Vaterlandsverrat!
Die Reaktion der Politiker und Leitmedien ließ nicht lange auf sich warten, sehen sie doch in dem Manifest eine Untergrabung des Kriegswillens in der Bevölkerung. Dass sie sich auch moralisch gegen Russland und auf die Seite der Ukraine stellen, hilft den Verfasserinnen nicht, es bringt ihnen statt dessen den Vorwurf ein, die Ukraine zu bevormunden. So betonte Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) schon am Vortag der Friedensdemonstration, „dass es allein an der Ukraine (sei), zu entscheiden, wann der Krieg beendet wird… Jeder, der bei Sinn und Verstand ist, wünscht sich Frieden herbei. Aber es gebe auch einige, die Putins Spiel trieben, die Frieden nur als Vokabel nähmen, um Unterwerfung vorzuschlagen.“
Nach Lesart der Kritiker aus Politik und Medien kann Solidarität mit der Ukraine einzig und allein heißen, ihr alle notwendigen Waffen für einen Sieg zu liefern. Dass die Ukraine den Krieg nur solange führen kann, wie der Westen diesen Staat mit Geld und Waffen versorgt, dass also die NATO-Staaten die Entscheidung in der Hand haben, wie lange der Krieg dauert und wie viele Opfer er noch bringt, davon will die nationale Öffentlichkeit, in der dauernd über die Fortführung und Eskalation des Konflikts debattiert wird, nichts wissen. Es fällt den Kritikern des Manifestes natürlich leicht, immer einen Ukrainer oder noch besser eine Ukrainerin vorzuführen, der oder die den Siegeswillen des Kiewer Regimes authentisch verkörpert – und den Anspruch auf die ganze Ukraine in den Grenzen von Anno Dunnemals bekräftigt.
So unterstellte Verteidigungsminister Pistorius bei Markus Lanz (22.2.23) den Verfasserinnen, dass ihre Forderung nach einem Kompromiss Parteinahme für Russlands Landnahme sei. Er machte unmissverständlich deutlich, dass ohne einen vollständigen Rückzug Russlands aus den besetzten Gebieten kein Frieden möglich sei. Was nichts anderes bedeutet, als dass nur die Kapitulation Russlands die Voraussetzung für Friedensverhandlungen sein kann.
Andere sahen sich bemüßigt ebenfalls Friedens- oder Gegenmanifeste in die Welt zu setzen: z.B. „Die Ukraine jetzt aufgeben? Nicht in unserem Namen!“ von Roderich Kiesewetter (CDU), Marcus M.Keupp (Militärakademie ETH Zürich), Prof. Dr. Joachim Krause (ISPK Kiel) u.a. Sie erreichten aber nicht die Resonanz des Friedensmanifests. Deshalb schoben Kiesewetter und Junge Union gemeinsam mit der Jugendorganisation der FDP gleich noch ein eigenes Manifest nach: das „Manifest für die Freiheit in Europa“, das auch gleich die Unterstützung von Frau Strack-Zimmermann (FDP) fand. Und natürlich von Hofreiter, zu dessen olivgrüner Kollegin Baerbock CSU-Söder letztens das Wort vom „Kriegsrausch“ einfiel!
Dass sich das Manifest auf die Unterstützung der Bevölkerung stützen kann, ist natürlich für die Medien, die deren Meinung betreuen, besonders ärgerlich. Die Resonanz musste gleich in Frage gestellt oder uminterpretiert werden. Der Vorsprung der Befürworter vor den Gegnern des Manifestes sei minimal (39% zu 38% bei einer Großzahl an Enthaltungen); die Völker der Welt unterstützten vielmehr überwiegend den Kriegskurs des Westens, so eine Umfrage des European Council on Foreign Relation (ECFR). In dem Gremium finden sich prominente Figuren des neueren Bellizismus wie Christoph Heusgen, Wolfgang Ischinger, Roderich Kiesewetter, Stefan Kornelius, Joschka Fischer, Reinhard Bütighofer, Alexander Graf Lambsdorf, Norbert Röttgen, Lars Klingbeil und einige andere wieder. Dabei sind neben Politikern auch Journalisten vertreten, so dass hier die Einheitsfront der Kriegspropaganda geschmiedet wird.
Daher ist es kein Wunder, dass sich z.B. die Kommentare verschiedener Autoren in der SZ wie von ChatGTP geschrieben lesen. Die Diskussion um das Manifest mündet dabei regelmäßig in die Frage, ob die Ukraine den Krieg gewinnen kann oder ob nicht die Forderung nach einem Kompromiss auf die Unterstützung Putins hinausläuft. Da kann sich auch noch jede Seite auf irgendwelche Militärs berufen und so die Frage von Krieg und Frieden in militärtaktischen Abwägungen enden lassen.
Wo die Argumente gegen das Manifest ausgehen, bleibt noch ein geistiger Totschläger: die Forderung, sich von rechts zu distanzieren. Dass die Initiatorinnen das tun, hilft ihnen nicht. Schließlich haben auch rechte Politiker wie Bernd Lucke und Tino Chrupalla ihre Unterschrift unters Manifest gesetzt. Beifall von der falschen Seite gelassen hinzunehmen (wie einst der deutsche Turbointellektuelle Enzensberger empfahl), ist in diesem Fall nicht erlaubt. Eine interessante Klarstellung! Wer die Regierungspolitik unterstützt, wer mit gelbblauen Fahnen und Rufen wie „Ruhm der Ukraine“ auf die Straße geht, wird dagegen nicht von Reporten nach seiner politischen Herkunft aus einer militaristischen oder nationalistischen Ecke befragt. Auch distanziert sich die Bundesregierung nicht von den faschistischen Milizen in der Ukraine, sondern versorgt sie mit Waffen.
Die Partei der Grünen hatte übrigens am Vortag der Berliner Friedensdemonstration zu einer Großdemonstration unter dem Titel „Solidarität mit der Ukraine“ aufgerufen. Sie wollte so eine Gegenbewegung ins Leben rufen, was ihr, wenn man auf die Teilnehmerzahl blickt, nur eingeschränkt gelang. Aber das Distanzierungsgebot von rechts, also das Abgrenzungsgebot von einem „neutralen“ Pazifismus, der sich nicht vor der neuen Kriegsmoral verneigt, zeigt Wirkung. Einige Prominente haben mittlerweile ihre Unterschrift unters Manifest zurückgezogen, weil sie um ihren guten Ruf fürchten…
Ansonsten geht die Kriegspropaganda in den Leitmedien munter weiter. Die nehmen den Jahrestag des Kriegsbeginns zum Anlass, den Krieg als Leitthema auf ganze Reihen auszudehnen, um ja die Bürger bei der Stange zu halten.
Mitmacher werden gebraucht
Der Druck und die Unnachgiebigkeit, mit der die Medien und die Politiker für die – moralische, noch indirekte… – Kriegsbeteiligung Deutschlands agitieren, machen eins deutlich: Es ist offenbar sehr wichtig, dass die Bürger den offiziellen Standpunkt teilen. Zum Kriegführen braucht es eben Menschen, die die Munition herstellen, die Panzer instand setzen, die Waffen zur Front transportieren und das alles als die normalste Sache der Welt betrachten.
Wenn es zum Letzten kommt, auch das zeigt der Krieg in der Ukraine, verlassen sich die Mächtigen nicht auf die Freiwilligkeit ihrer Untertanen, dann gibt es Zwangsrekrutierungen, damit die Menschen ihr Leben für die Nation einsetzen. Die Untertanen sind eben in Russland wie in der Ukraine die Verfügungsmasse der Regierenden, mit denen diese den Krieg führen, um sich, also die Staatsmacht, zu schützen. Und diejenigen, die sich in Russland wie der Ukraine durch Kriegsdienstverweigerung oder Desertion diesem Zwang entziehen wollen, sind nirgendwo willkommen. Ukrainische Deserteure können in Deutschland nicht mit Asyl rechnen, ihnen droht eher die Abschiebung. Russische Deserteure sind in Europa auch nicht willkommen. Schließlich sind das alles Menschen, die sich ihrer Obrigkeit nicht fügen.
In Deutschland ist das Mitmachen in anderer Weise gefordert. Schließlich haben alle Bürger die Folgen des Wirtschaftskrieges zu tragen, der ihnen die Inflation und damit die Entwertung ihres Einkommens beschert. Ein ernsthafter Protest dagegen ist bislang ausgeblieben. Im Blick darauf sollten sich die Friedensaktivisten einmal fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, sich an diejenigen zu wenden, die den definitiven Schaden durch die deutsche Kriegsbeteiligung haben, statt an die zu appellieren, die den Krieg durch Geld und Waffen am Laufen halten.
Wenn Arbeitnehmer nicht mehr hinnehmen, dass sie die Folgen des Krieges als Entwertung ihres Lohns oder Gehalts und damit als Absenkung ihres Lebensstandards zu tragen haben, wäre die Stimmung im Lande eine andere. Zwar liegt jetzt die Forderung nach Inflationsausgleich auf dem Tisch, doch haben die bisherigen Tarifrunden gezeigt, dass die deutschen Gewerkschaften immer wieder Lohnsenkungen zustimmen, indem sie Abschlüsse unterhalb der Inflation tätigen. Dagegen anzugehen, wäre ein Zeichen, sich nicht für den Krieg gegen Russland einspannen zu lassen. Sonst bleibt es bei der trostlosen Bitte von Nicole aus den Zeiten der alten Friedensbewegung: „Ein bisschen Frieden, ein bisschen Träumen, und dass die Menschen nicht so oft weinen…“
https://overton-magazin.de/top-story/das-friedensmanifest-ein-appell-ausgerechnet-an-die-kriegstreiber/
Auch eine interessante Initiative und die Reaktionen darauf:
Russland und Ukraine reagieren auf Initiative von Brasilien für ein Ende des Krieges
Russische Regierung "schätzt die ausgewogene Position Brasiliens". Präsident der Ukraine zeigt sich "sehr an Lulas Unterstützung interessiert"
Der stellvertretende russische Außenminister Michail Galuzin hat versichert, dass seine Regierung den Friedensvorschlag des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva für den Konflikt in der Ukraine "prüft". Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekundete am Freitag sein Interesse an einem Treffen mit seinem brasilianischen Amtskollegen.
Anlässlich des Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Januar in Brasilien hatte Lula bei einer gemeinsamen Pressekonferenz erstmals öffentlich die Bildung einer Gruppe von Ländern ins Spiel gebracht, die für eine Lösung im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine eine Vermittlung leisten sollten. Namentlich nannte der brasilianische Präsident China, Indien, Indonesien und sein Land. Er hob besonders die bedeutende Rolle Chinas dabei hervor.
Die Verschickung von Waffen und Munition an den Kriegsschauplatz, wie von Scholz angefragt, verweigerte Lula. "Wir sollten in diesem Moment in der Welt nach denjenigen suchen, die helfen können, Frieden zwischen Russland und der Ukraine zu finden", betonte er.
Zum Jahrestag des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine erneuerte Lula seine Initiative. "In einer Zeit, in der die Menschheit angesichts so vieler Herausforderungen Frieden braucht, dauert der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ein Jahr an. Es ist dringend notwendig, dass eine Gruppe von Ländern, die nicht an dem Konflikt beteiligt sind, die Verantwortung für die Aufnahme von Verhandlungen zur Wiederherstellung des Friedens übernimmt", twitterte der Präsident.
Russland nehme "die Äußerungen des brasilianischen Präsidenten zur Frage einer möglichen Vermittlung zur Kenntnis, um politische Wege zu finden, eine Eskalation in der Ukraine zu vermeiden und Fehleinschätzungen im Bereich der internationalen Sicherheit auf der Grundlage des Multilateralismus und unter Berücksichtigung der Interessen aller Akteure zu korrigieren", sagte Galuzin in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur TASS.
"Ich möchte betonen, dass Russland die ausgewogene Position Brasiliens in der gegenwärtigen internationalen Situation schätzt. Brasilien hat die einseitigen Zwangsmaßnahmen der Vereinigten Staaten und ihrer Satelliten gegen unser Land abgelehnt und sich geweigert, Waffen, militärische Ausrüstung und Munition an das Kiewer Regime zu liefern", so der russische Außenpolitiker.
Der Präsident der Ukraine äußerte indes auf einer Pressekonferenz mit internationalen Medien in Kiew, dass er "sehr an Lulas Unterstützung interessiert" sei, um eine Annäherung Lateinamerikas an die Ukraine zu erreichen. Er äußerte den Wunsch, sich mit dem brasilianischen Staatschef persönlich zu treffen, damit dieser die von der Ukraine vorgelegte "Friedensformel" befördere.
Selenskyj begrüßte die Zustimmung Brasiliens zur Resolution der UN-Generalversammlung am Donnerstag und kündigte an, dass seine Regierung an der Organisierung eines internationalen Gipfels zur Unterstützung der ukrainischen Forderungen und Vorstellungen für einen Frieden arbeite. Er erklärte, dass es wichtig sei, Lateinamerika, wo führende Politiker wie Lula ihn für den Krieg mitverantwortlich machen würden, hierfür zu gewinnen.
Die neutrale Position der meisten lateinamerikanischen Länder zum Krieg in der Ukraine führte der ukrainische Präsident auf die "Informationskampagne" Moskaus zurück.
In der UN-Generalversammlung am Freitag stimmte Brasilien für die Resolution "Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine".
"Alle Länder, die die Zerstörung anderer Staaten nicht unterstützen, sollten miteinander reden, denn wir haben gemeinsame Interessen und stehen auf der gleichen Seite", erklärte Selenskyj. Er kündigte die Eröffnung neuer Botschaften in Lateinamerika an, um die politischen und wirtschaftlichen Kontakte zu vertiefen.
Lula da Silva hatte seine Initiative für ein Friedensabkommen auch mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron und bei seinem Besuch in Washington mit US-Präsident Joe Biden besprochen. Dort, wie auch bei der deutschen Regierung, erzielte Lula keine positive Resonanz.
https://amerika21.de/2023/02/262888/brasilien-russland-ukraine-diplomatie
Der Schwenk Selenskijs, der jetzt auf einmal Brasilien doch schöne Augen macht, nachdem er vorher über mangelnde Unterstützung sauer war, ist bemerkenswert.
Ihm fällt auf, daß er ohne die Unterstützung der südlichen Kontinente keinen guten Stand hat.
Manfred Henle: Finnland und Schweden wollen in die NATO – Warum?…
https://overton-magazin.de/top-story/finnland-und-schweden-wollen-in-die-nato-warum/
„Georgische Regierung zieht Gesetzesentwurf zu "ausländischen Agenten" nach Protesten zurück
Das in erster Lesung mehrheitlich verabschiedete Gesetz sollte offiziell Geldflüsse aus dem Ausland offenlegen. Gegner kritisierten die Nähe zu einem ähnlichen russischen Gesetz
(…)“
(Standard, 9.3.)
„In Georgien versuchen sie den zweiten Tag in Folge, den Maidan nach dem ukrainischen Szenario zu zerstreuen. Am Dienstag, dem 7. März, nachdem das Parlament in erster Lesung das Gesetz „Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme“ verabschiedet hatte, marschierte eine Menge Oppositioneller zu den Mauern des Parlaments, um zu protestieren.
Im Unterschied zur Ukraine begannen sich die Ereignisse fast sofort schnell zu entwickeln, ohne Zelte aufzubauen, einen Monat lang in einer Zeltstadt zu sitzen und zu liegen und andere zwischenzeitliche Unklarheiten.
Einige Zeit später flogen Molotow-Cocktails gleich am ersten Abend in die Reihen der Polizei des Protests. Die Polizei reagierte mit Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen. Ein paar Stunden später wurde die Menge aufgelöst, ging nach Hause und 66 Personen wurden von Polizeibeamten festgenommen.
Im Unterschied zur Ukraine, wo der derzeitige Präsident Janukowitsch nach dem eigentlichen Putsch aus dem Land geflohen ist, flog die georgische Präsidentin Salome Surabishvili am Tag zuvor von Tiflis in die USA, wo sie sprach (aus irgendeinem Grund aus New York und nicht aus Washington, wo sich die staatlichen Institutionen befinden – was Überlegungen zur Art von Surabischwilis Reise beflügelt)“
– die Komsomolskaja Pravda meint damit offensichtlich die von den Medien oder Werbeagenturen initiierte und nicht offiziell staatlich gestützte Form des Auftretens –
„zur Unterstützung, nein, nicht der Staatsmacht, sondern der Demonstranten, und versprach, bei ihrer Rückkehr ihr Veto gegen die »Gesetze gegen ausländische Agenten« einzulegen, die derzeit vom georgischen Parlament geprüft werden.
Es handelt sich um zwei verschiedene Gesetzentwürfe.
Einer von ihnen, der bereits erwähnt wurde, »zur Transparenz des ausländischen Einflusses«, sieht vor, dass Medien, gemeinnützige und öffentliche Organisationen, die zu 20 % oder mehr aus dem Ausland finanziert werden, sich registrieren und eine jährliche Finanzerklärung abgeben müssen. Das georgische Parlament hat es am 7. März in erster Lesung angenommen.
Das zweite Gesetz ist viel strenger: »Über die Registrierung ausländischer Agenten«. Danach müssen sich alle natürlichen und juristischen Personen, die ausländische Mittel erhalten, als »ausländische Agenten« registrieren lassen.
Verstöße gegen dieses Gesetz werden nicht nur mit einer Geldstrafe, sondern mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren geahndet. Die Autoren dieses Gesetzentwurfs der Bewegung »Macht des Volkes« sagten, sie hätten ein ähnliches Gesetz, das 1938 in den Vereinigten Staaten verabschiedet wurde und heute noch in Kraft ist, wörtlich übersetzt.“
Das ist auch so, siehe Link zum »Foreign Agents Registration Act«.
Die KP verweist darauf, wie sehr dieses Gesetz bereits im Ausland kritisiert wurde, von Borrell, der US-Botschafterin in Georgien Kelly Dengan (die sich eine Art Schattenregierung dort anmaßt) und von Ned Price, dem Sprecher des Außenministeriums der USA.
„Die Frage ist, warum sie sich so eifrig gegen ihr eigenes Gesetz aussprechen? Und die Antwort ist ganz einfach. Diese Gesetze erfüllen, wenn sie in Kraft treten, eine Schutzfunktion gegenüber dem eigenen Staat. Sie begrenzen die Fähigkeit zum Gesetzesbruch durch ihrer eigenen Bürger, die mit ausländischen Stipendien, Gehältern und andere Einkommensarten gekauft wurden.
Hier ist die amerikanische Logik: Die USA haben das Recht auf einen solchen Schutz, während andere Staaten ein solches Recht (und viele andere) nicht haben sollten.
Wenn wir berücksichtigen, dass Georgien immer noch buchstäblich ein Paradies für alle möglichen parasitären Einflussstrukturen ist, wie Soros-Stiftungen und dergleichen, wo ein sehr bedeutender Teil der Bevölkerung beschäftigt ist (meist junge, gebildete, aktive und urbane, aber zum größten Teil Arbeitslose, für die all diese Zuschüsse die einzige Einkommensquelle sind), ist klar, dass die Zahl der Unzufriedenen im Falle der Verabschiedung dieser oben erwähnten Gesetzen Zehntausende von Menschen betreffen würde. All diese "Youth for Democracy", "LGBT Go", "Free Future" usw. usw., die das Geld, von dem sie leben und »arbeiten«, aus dem Ausland erhalten.“
(KP, 9.3.)
Nur ein Informationssplitter: Der eigentlich aus den Medien verschwundene Krieg im Jemen verbucht nach 8 Jahren den UNO-Angaben zufolge 377.000 Tote, und 80% der Bevölkerung mit unsicherem Zugang zu Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung.
Bevölkerung des Jemen: Geschätzte 30 Millionen, laut Wikipedia …
Suitbert Cechura: Mitten im Frieden wird der Krieg vorbereitet.
Für eine Militärmacht, die etwas auf sich hält, ist das zivile Leben von vornherein als Heimatfront verplant – als Hort von Wehrwillen und Kriegsmoral.
Mit der Frage, ob Deutschland nun Kriegspartei ist oder nicht, wird deutlich, dass Krieg und Frieden in der Staatenwelt gar nicht eine prinzipielle Alternative darstellen. Zwar fallen hierzulande keine Bomben und keine Soldaten, aber Deutschland lässt bekanntlich in der Ukraine Krieg führen (Baerbock: „Wir sind im Krieg mit Russland“) und tut alles, damit das Blutvergießen dort auch weitergeht. „Kriegsmüdigkeit“ (wieder Baerbock) darf auf keinen Fall einreißen.
Sind also „wir alle“, die wir „wegen Putin“ den Gürtel enger schnallen müssen, doch schon im Krieg? Seit der letzten Sicherheitskonferenz in München wird ja auch in der Öffentlichkeit die Frage nach der Einführung einer Kriegswirtschaft offensiv gehandelt. Ist das derzeitige Hochfahren der Rüstungsindustrie nun Ausdruck einer solchen Kriegswirtschaft oder noch Teil der Normalität in der Marktwirtschaft? Aber vielleicht ist diese kategorische Gegenüberstellung ebenso verkehrt?
Wenn Du Frieden willst, bereite den Krieg vor
Marktwirtschaft als Kriegswirtschaft
Ideologische Begleitmusik
Rüsten für die zweite Front
So setzen die Retter der regelbasierten Weltordnung Stück für Stück ihre Regeln gegenüber China außer Kraft, weil sie das Land mitten im Frieden hinsichtlich der Handelsbeziehungen bereits als Feind definieren. Den gilt es zu bekriegen – in dem Kampf, der von den USA um die Hegemonie in der Welt angesagt ist und der schon seine Anlässe finden wird, um das Reich der Mitte als Ausgeburt des Bösen vorzuführen. Die Sirenen und Warnsysteme wurden jedenfalls schon mal getestet und auch sonst alles getan, um die entsprechende (Kriegs-)Moral im Volk zu verankern.
Einen solchen Frieden sollte man bekämpfen – und nicht bei der Obrigkeit „bitte, bitte“ machen, damit sie ihn aufrecht erhält.
https://overton-magazin.de/top-story/mitten-im-frieden-wird-der-krieg-vorbereitet/
Die Zeitenwende der Bundesregierung, noch mehr Geld als die Jahre zuvor für den Verteidigungshaushalt auszugeben, hat einen Haken: Der Bundeswehr fehlt es mehr an Personal als an Kriegsgeräten. Auf diesen Personalmangel soll in diesem Artikel von der IMI eingegangen und gleichzeitig dazu angeregt werden, dass der Mangel ruhig noch größer werden sollte…. (Forts.):
https://www.imi-online.de/2023/03/08/zeitenwende-ohne-personal/
Die ausgerufene “Zeitenwende” sei der offizielle Abschied von der Epoche des Friedens gewesen. Aber nun müsse die BRD auch wirklich komplett auf Kriegswirtschaft umgestellt werden – so tönten gestern ziemlich einhellig die meisten Talkgäste bei Anne Will. https://www.morgenpost.de/kultur/tv/article237937109/Anne-Will-Oberst-will-Kriegswirtschaft-und-erntet-Kritik.html
Als gemäßigte Stimme gilt in solch anscheinend kriegslüsterner Runde, die der Nation den Marsch blasen will, bereits diese (vereinzelte) Wortmeldung: “(…) Ralf Stegner wollte das so nicht gelten lassen. Natürlich habe es in der Vergangenheit viele Versäumnisse gegeben, sagte der SPD-Politiker. Doch der neue Verteidigungsminister, Boris Pistorius, arbeite mit Hochdruck daran, die Zeitenwende umzusetzen.” (s.o.). Ah ja – inhaltlich alle Kriegshetze geteilt, und zwar dann auch noch vom letzten ‘Zauderer’ in dieser obszönen Runde. “Framing” ist hier der Begriff der “Zeitenwende” – und der wird nun als Denk-Vorschrift gegen die letzten Zauderer aus der SPD eingeklagt. Das ist inzwischen Konsens der Medien, dass sie die Regierung stärker in den Kriegskurs hineintreiben will. Und so sind Medien und konservative Opposition der Regierung mit solch “konstruktiver Kritik” nützlich wie nichts sonst.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/produktivkraft-opposition-fuer-zeitenwende
—–
Vgl. dazu auch Renate Dillmann bei 99 ZU EINS am 8. März 2023
– Episode.2: Schlagzeilen, Fragestellung, Framing – oder: Wie soll man etwas sehen?
Der Real Existierende Wahnsinn – Ein Podcast zu dem, was in der Welt passiert und was die Medien darüber erzählen. Von und mit Renate Dillmann.
https://www.youtube.com/watch?v=dX2HLNNFhZs
Es ist schon bemerkenswert – seit der Krieg in der Ukraine läuft, wurde immer wieder betont, was für
– offene Grenzfragen China und Rußland hätten (stimmt nicht),
– wie die kulturell nicht miteinander können (Erfindung)
– daß Putin jetzt zum Vasall Chinas verkommen sei (da reden die Richtigen! die „Transatlantiker“)
– daß der Friedensplan China eine einzige Zurechtweisung Rußlands sei,
usw.
Jetzt, nachdem der chinesische Oberhäuptling ganze 3 Tage in Moskau war und beide in schönster Eintracht ihr Bündnis vertieft und das weitere Vorgehen besprochen haben, hat man den Eindruck, daß langsam diesseits und jenseits des Teiches viele der vorherigen Hetzer etwas kalte Füße kriegen.
Dazu noch die von China gebrokerte Versöhnung zwischen Iran und Saudi-Arabien, und die unklare, aber sicher nicht prowestliche Haltung der Türkei – irgendwann merken auch die Dümmsten auf was für eine Art von Konfrontation man sich da eingelassen hat.
Gemeinsame Erklärung von Russland und China
21. März 2023
Die Russische Föderation begrüßt die Haltung Chinas zur Ukraine und China die Bereitschaft der Russischen Föderation zur Aufnahme von Gesprächen.
Russland und China sind besorgt über die Risiken, die von der Gründung von AUKUS und dessen Plänen zum Bau von Atom-U-Booten ausgehen.
Russland und China fordern AUKUS auf, seine Nichtverbreitungsverpflichtungen strikt einzuhalten.
Russland und China planen, eine umfassende Energiepartnerschaft zu stärken.
Russland und China sind der Ansicht, dass eine Blockkonfrontation und das Anheizen von Konflikten verhindert werden müssen, um die Ukraine-Krise zu lösen.
Russland und China sind besorgt über die militärischen und biologischen Aktivitäten der USA und fordern eine Klärung.
Russland und China bauen den wissenschaftlichen Austausch aus, um die technologische Führungsrolle beider Länder zu sichern.
Russland und China rufen dazu auf, eine Verschärfung der Krise in der Ukraine und ihren Übergang "in eine unkontrollierbare Phase" zu vermeiden.
Russland und China lehnen alle einseitigen Sanktionen ab, die unter Umgehung des UN-Sicherheitsrats verhängt werden.
Russland und China bestehen darauf, dass die USA die Beseitigung ihrer Bestände an chemischen Waffen beschleunigen.
Russland und China werden die Zusammenarbeit in der Landwirtschaft verstärken, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten.
Russland und China planen, die gegenseitige und globale Energiesicherheit zu fördern.
Russland und China bestehen darauf, dass die NATO den defensiven Charakter ihrer Organisation strikt beachten und die Souveränität anderer Staaten respektieren muss.
Russland und China lehnen die Bildung "geschlossener, exklusiver Blockstrukturen, Blockpolitik und gegensätzlicher Lager" in der asiatisch-pazifischen Region ab.
Russland und China werden den Umfang und die Struktur des Handels ausweiten und optimieren, unter anderem durch die Entwicklung des elektronischen Handels.
Russland und China werden die finanzielle Zusammenarbeit ausbauen und die Kooperation auf den Finanzmärkten verstärken.
Die USA sollten auf die legitimen Bedenken der DVRK mit konkreten Maßnahmen reagieren und Bedingungen für einen Dialog schaffen.
Russland und China sind besorgt über die zunehmenden Raketenaktivitäten der USA und fordern ein Ende der Untergrabung der internationalen Sicherheit.
Russland und China lehnen Versuche ab, den Weltraum für eine bewaffnete Konfrontation zu nutzen, und werden solchen Aktivitäten entgegenwirken.
Russland und China werden den gegenseitigen Zugang zu landwirtschaftlichen Erzeugnissen ausweiten und die Zusammenarbeit bei Investitionen in diesem Bereich verstärken.
Russland und China streben eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit bei der Versorgung mit Grunderzeugnissen und Bodenschätzen an.
Russland und China lehnen eine Militarisierung der IT ab; sie befürworten eine multilaterale, gleichberechtigte und transparente globale Verwaltung des Internets.
https://www.russland.jetzt/2023/03/gemeinsame-erklarung-von-russland-und.html
Diese Erklärung sucht man in normalen deutschsprachigen Medien vergeblich. Sie ist eigentlich eine globale Kampfansage an den Westen. Auch dieses hier abgedruckte Dokument ist nur eine Zusammenfassung des ursprünglichen Textes.
Nur das El País hat es für nötig gehalten, den vollständigen Text zu veröffentlichen und gleichzeitig zu kommentieren. Der Aktikel hat die Überschrift: „Das ist der Plan Yis und Putins für eine»neue Ära«“. Die spanische Zeitung weiß also um die Bedeutung dieses Dokumentes.
Es ist anzunehmen, daß alle möglichen Entscheidungsträger des Westens dieses Dokument auch zur Kenntnis genommen haben.
Diese Erklärung stellt nämlich eine Einladung an alle Staaten der Welt dar, sich der Neuen Ordnung Rußlands und Chinas anzuschließen, wo mit russischen Rohstoffen und Waffen und mit chinesischem Geld gelockt wird – und mit dem dezidierten Versprechen, sich nicht in ihre inneren Angelegenheiten einzumischen.
Dafür wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, ähnlich wie Syrien und Nordkorea, den Schutz dieses neuen Gegengewichts gegen US-Aktivitäten zu erhalten.
Diese Erklärung stellt ein echtes Angebot für den Iran und Saudi-Arabien dar. Es ist aber auch ein Angebot an die Türkei, ihre Ambitionen in Zukunft im Einklang mit Rußland und China zu regeln, was auch Auswirkungen auf die Konflikte im Kaukasus haben dürfte.
An die Ukraine ergeht damit auch ein Angebot, sich aus der Umklammerung des Westens zu lösen und den Krieg zu stoppen, in dem sie ihr Land als Aufmarschgebiet und Waffentestgelände, ihre Bevölkerung als Kanonenfutter zur Verfügung stellt und in jeder Hinsicht nur verlieren kann.
Es ist auch anzunehmen, daß auf inoffiziellen Wegen ein wirtschaftliches Unterstützungsangebot und Wiederaufbauprogramme im Rahmen der BRICS in Kiew eingelangt sind.
U.S. Navy sends guided-missile submarine to Middle East
April 8 (Reuters) – The U.S. Navy said on Saturday a nuclear-powered guided-missile submarine was operating in the Middle East in support of the Bahrain-based U.S. Fifth Fleet.
The USS Florida entered the region on Thursday and began transiting the Suez Canal on Friday, Commander Timothy Hawkins said in a statement.
"It is capable of carrying up to 154 Tomahawk land-attack cruise missiles and is deployed to U.S. 5th Fleet to help ensure regional maritime security and stability," Hawkins said.
Stephan Kaufmann: Der Dollar, das Geld der Welt.
Die Unzufriedenheit mit der Dominanz des US-Dollar wächst. Die Brics-Staaten versuchen, an seinem Leitwährungsstatus zu sägen. Doch seine Stellung bleibt unangefochten.
Die Welt spürt die Macht des US-Dollar: Steigende Zinsen in den Vereinigten Staaten zwingen alle anderen Länder dazu, ihrerseits Kredite zu verteuern. Die Stärke der US-Währung macht Rohstoffimporte für viele Ökonomien teuer und lässt ihre Devisenreserven schrumpfen. Hohe Zinsen und Dollar-Knappheit bringen Staaten wie Bolivien oder Sri Lanka an den Rand der Krise – und darüber hinaus.
„Jeden Abend frage ich mich, warum alle Länder ihren Handel auf den Dollar stützen müssen“, sagte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva kürzlich. „Warum können wir nicht auf der Grundlage unserer eigenen Währungen Handel treiben?“ Die Antwort ist simpel: Der US-Dollar ist noch immer das Geld der Welt, und daran wird sich so bald nichts ändern.
Nicht nur die steigenden Zinsen, die verbreitete Dollar-Knappheit im Globalen Süden und die Stärke der US-Währung nähren Kritik an der dominanten Stellung des US-Geldes. Für Unruhe sorgt immer wieder auch die Tatsache, dass die US-Regierung Ländern den Zugang zum Dollar sperrt, um politische Ziele durchzusetzen.
Im Vorfeld seines China-Besuchs forderte Brasiliens Lula daher, die Gruppe der Brics – Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika – solle eine Alternative zum Dollar schaffen. Versuche einer Absetzbewegung gibt es auch an anderen Orten. So stellt Russland seinen globalen Handel auf chinesische Renminbi um. Saudi Arabien erwägt, sein Öl gegen Chinas Währung statt gegen Dollar zu verkaufen. Indien verwendet für Teile seiner Ein- und Ausfuhren die eigene Währung. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte Anfang April, Europa sollte seine Abhängigkeit von der „Extraterritorialität des US-Dollar reduzieren“.
Der Wert von Gütern oder Währungen richtet sich nach ihrem Wechselkurs zum Dollar
Vereinzelt wird die US-Devise im globalen Geschäft also ersetzt. Insgesamt aber bleibt sie das Geld der Welt, an dem sich nicht nur die Güterströme messen, sondern auch alle anderen nationalen Gelder. Was sie wert sind, entscheidet sich an ihrem Wechselkurs zum Dollar.
Die Dominanz der US-Währung zeigt sich nirgendwo deutlicher als im weltweiten Devisenhandel, auf dem 6600 Milliarden Dollar umgesetzt werden – jeden Tag. Laut jüngsten Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) ist der US-Dollar hier an fast 90 Prozent aller Transaktionen beteiligt. Er dient als Vehikel-Währung – so tauscht beispielsweise ein Land seine lokale Währung nicht unbedingt direkt gegen den chinesischen Renminbi, sondern wechselt erst in Dollar und dann von Dollar in Renminbi.
Stark ist die Nachfrage nach dem US-Geld auch, weil weltweit Dollar ge- und verliehen werden. Laut BIS lautet etwa die Hälfte aller internationalen Schuldpapiere und Darlehen auf Dollar. Der Anteil des US-Geldes im grenzüberschreitenden Güterhandel beläuft sich laut BIS ebenfalls auf die Hälfte – obwohl die USA nur etwa ein Zehntel des Welthandels bestreiten.
Der US-Dollar ist eine wichtige Geldanlage
Benötigt wird das US-Geld weltweit zudem als Geldanlage. Schließlich ist der US-Anleihemarkt riesig, mit 51 000 Milliarden Dollar macht er 40 Prozent des Weltanleihemarktes aus. China kommt gerade mal auf 16 Prozent, Deutschland, Frankreich und Italien addiert machen acht Prozent aus. Leicht abgenommen hat allerdings die Bedeutung des Dollar als Devisenreserve der Zentralbanken. Hier ist sein Anteil unter 60 Prozent gefallen. Doch liegt er damit immer noch drei Mal so hoch wie der des Zweitplatzierten, des Euro. Chinas Renminbi kommt nur auf drei Prozent.
Zudem ist der sinkende Dollar-Anteil an den Weltdevisenreserven einem Anstieg des Anteils „kleinerer“ Währungen geschuldet: den Geldern Kanadas, Australiens, Schwedens, Südkoreas und Singapurs. Und bei diesen, darauf weist der britische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze hin, handelt es sich nicht um Rivalen des US-Dollars, sondern um „Pfeiler des erweiterten Dollar-Systems“. Dieses Dollar-System beinhaltet zum einen Garantien der US-Zentralbank an die Zentralbanken anderer Länder – auch der Eurozone –, sie im Falle von Krisen mit Dollar-Krediten zu versorgen. Im Gegenzug halten die Länder des Dollar-Systems große Teile ihrer Devisenreserven in der US-Währung, betätigen sich also als verlässliche Kreditgeber der USA. Dieses Kreditverhältnis wird auch militärisch gestützt: Nach Berechnungen des US-Ökonomen Colin Weiss werden drei Viertel aller staatlichen US-Dollar-Devisenreserven von Ländern gehalten, die militärisch mit den USA verbunden sind.
Zu den größten Gläubigern Washingtons gehören neben den westeuropäischen Staaten Japan, Taiwan, Südkorea, Australien, aber auch Indien und die Philippinen – alles Länder, die ein spannungsgeladenes Verhältnis zu China haben und daher die US-Unterstützung brauchen. „Selbst wenn ein Block geopolitisch nicht mit den USA verbundener Staaten sich dazu entschließen würde“, so Weiss, „ihre Dollar-Abhängigkeit im Handel und Finanzierung abzubauen, würde dies kaum die Dominanz des Dollar beenden.“
https://www.fr.de/wirtschaft/der-dollar-das-geld-der-welt-92229832.html
Ich schätze Stephan Kaufmann zwar, aber hier steht einiges, was ziemlich verkehrt ist.
So wie man sich bei manchen Altlinken manchmal fragt, was sie eigentlich unter „Volk“ verstehen, so muß man hier fragen, was Kaufmann unter der „Welt“ versteht?
Nicht nur für Unruhe, auch für andere Zahlungsmodalitäten. Sowohl Rußland als auch der Iran oder Venezuela waren genötigt, sich irgendwie anders zu behelfen.
Gehören sie noch zur „Welt“?
Offenbar lassen sie sich entweder nicht vom Dollar ausschließen, oder aber, sie haben ihn nicht mehr nötig.
den „globalen“ oder den Handel mit China? Oder mit den BRICS? Alle werden darauf nicht einsteigen, weil sie selber Dollars brauchen.
Das ist eine interessante Überlegung, weil das auf die weitere Schwächung des Euro hinweist. Ursprünglich war bei solchen Erwägungen der Euro im Gerede.
Auch nicht gerade Sierra Leone, das sich da ein Stück weit vom Dollar gelöst hat. Übrigens nicht erst seit heute. Indien war assoziierter Partner des RGW.
Geht also doch.
Vorausgesetzt, sie wollen das. Der Renminbi ist bis heute, soviel ich weiß, kein international gehandeltes Geld. Das heißt, er will und muß sich nicht am Dollar messen.
Natürlich, so eine Exklusivität kann sich nicht jeder leisten. Aber dieser Umstand widerlegt das Urteil von der Unangefochtenheit des Dollars.
Der Devisenhandel hat seine eigenen Gesetze. Dort wird eine Währung selbst zur Ware. Diese große Summe ist also nicht die Abbildung des Welthandels an Gütern. Viele Transaktionen sind reine Geld-Hin-und-Herschiebereien, die einen großen Teil der „Welt“ nichts angehen.
Der Rest des Artikels ist interessant, zeigt aber m.E. das Schrumpfen bzw. die Teilung des Weltmarktes.
Erinnern wir uns daran, daß vor 1989 ein großer Teil der Welt kaum etwas mit dem $ zu tun hatte. Bei manchen Gütern (Erdöl, Zucker) – nahmen die sozialistischen Staaten daran Maß, aber gezahlt wurde in Transferrubel oder eben in einer entsprechenden Gütermenge des anderen Staates.
Die nächsten Jahre werden weisen, wie weit es gelingt, den Dollar auf einen Teil der Welt zurückzudrängen.
https://www.thedefensepost.com/2023/04/23/borrell-european-navies-taiwan-strait/
Borrell at his best, sozusagen. So kennen und so lieben wir ihn: Großmäulig und substanzlos.
Der Größenwahn ist da, aber hat eigentlich irgendeine Nation mit Kriegsschiffen bereits reagiert?
Na, Deutschland! Die haben doch schon vor einiger Zeit eine ganze Fregatte hingeschickt!
Chișinău – Die Republik Moldau tritt aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), der Organisation, die einen Teil der Nachfolgestaaten der Sowjetunion unter einem Dach vereint, aus. Das gab Parlamentspräsident Igor Grosu (proeuropäische Partei Aktion und Solidarität/PAS) am Montag in Chișinău bekannt.
Nach Beratungen mit Staatspräsidentin Maia Sandu, der Regierung, sowie mit Vertretern der Zivilgesellschaft habe er beschlossen, als Erstes den umgehenden Austritt seines Landes aus der interparlamentarischen Versammlung der GUS-Mitgliedstaaten zu beantragen, teilte Grosu mit.
Nachdem ein Gründungsmitglied der GUS, nämlich die Russische Föderation, ein anderes Gründungsmitglied – die Ukraine – "barbarisch angegriffen, Teile ihres Territoriums besetzt und zahllose ihrer Bürger getötet" habe, könne "von einer Gemeinschaft keine Rede mehr" sein, stellte der moldauische Parlamentspräsident klar.
Grosu zufolge wird Moldaus GUS-Austritt schrittweise erfolgen, insgesamt sei das Verfahren "recht kompliziert und zeitaufwendig". Nach 30 Jahren GUS-Mitgliedschaft könne man jedoch ohne Wenn und Aber schlussfolgern, dass diese nicht einmal dazu beigetragen habe, den eingefrorenen Konflikt seines Landes mit dem abtrünnigen Transnistrien beizulegen und den Abzug der russischen Armee beziehungsweise der sogenannten "Friedenstruppen" zu bewirken. Auch habe die GUS-Mitgliedschaft Moldau keineswegs "vor einer Gas-Erpressung mitten im Winter" bewahrt, so Grosu.
Regierung und Parlament würden im Zuge des Austrittsverfahrens nun bezüglich "der nächsten Schritte" entscheiden – Schritte, die die moldauischen Bürger "von uns erwarten, damit ihre Kinder auf eine stabile, europäische Zukunft hoffen können", fügte der moldauische Parlamentspräsident hinzu.
(Standard, 15.5.)
Es scheint, daß die derzeitigen molawischen Fürher)innen) eine Art Rivalität mit Rumänien austragen, wer wohl der „bessere“ Verbündete der NATO ist.
Moldawien versucht ähnlich wie die rumänische Regierung 1999 über vorbehaltslose Unterstützung der NATO Punkte zu gewinnen.
Das zdf-TV brachte gestern zwei lange Beiträge über Moldawien – mit dem altbekannten Tenor, dass die Bewohner dort unbedingt zur EU hinwechseln wollten ( … und diesbezügliche Ambitionen der EU seien also nix wie ein Dienst am dortigen Volkskörper). Das hört sich alles ein bisschen an wie das Vorfeld einer weiteren westlichen Vorbereitung einer weiteren angeblichen inneren "orangenen Revolution" ….
Sogar dem konservativen 'Focus' fiel auf, wie inhaltlich eher dämlich dieser Film (die ‘Doku’) – deswegen! – geschnitzt war….
https://www.focus.de/kultur/kino_tv/tv-kolumne-moldawien-ungeschminkt-markus-lanz-bekommt-vom-zdf-freigang-und-stoesst-auf-wenig-gegenliebe_id_194192409.html;
Es ist der EUSA gelungen, dort ihre Marionetten – Sandu, Grosu, Recean u.a. – als Führungsriege zu installieren, und ihnen auch eine satte Parlamentsmehrheit zu verschaffen.
Wie sehr die die Bevölkerung hinter sich haben oder ob ihre Tage gezählt sind, läßt sich von außen schwer einschätzen.
Immerhin ist das ein Land, wo schon einmal ein Haufen Unzufriedene ins Parlament gestürmt sind und es kurz und klein geschlagen haben. Das war lange vor ähnlichen Ereignissen in Hongkong und Washington.
Es ist schon putzig, wie die Medien mit immer neuen „Enthüllungen“ zur Nord Stream-Sprengung kommen, die eigentlich niemand glaubt:
„Deutschland prüft, ob die Nord-Stream-Saboteure Polen als Stützpunkt nutzten. Deutsche Ermittler prüfen Beweise, die darauf hindeuten, dass ein Sabotageteam im September Polen als Operationsbasis für einen Angriff auf die Nord Stream-Gaspipelines in der Ostsee genutzt hat, berichtete das Wall Street Journal am Samstag. … Diese Ermittler haben die zweiwöchige Reise einer 15 Meter langen Yacht namens Andromeda rekonstruiert, die im Verdacht steht, an der Sabotage der Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 beteiligt gewesen zu sein, hieß es in der Zeitung.“
(El País, 10.6.)
Deutschland prüft – das WSJ berichtet – die Andromeda, ja ja – was man mit so einem Schinakl für Großtaten begehen kann …
Lateinamerikanische Staaten verpassen EU einen Dämpfer
Am 17./18. Juli wird ein Gipfeltreffen von EU- Staaten mit lateinamerikanischen Staaten stattfinden. Nicht nur beim Thema Russland bzw. Ukraine wird es Dämpfer für die EU geben.
https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/lateinamerikanische-staaten-verpassen-eu-einen-daempfer/?utm
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Die schmutzige Seite von Europas Klimapolitik
Für ihre Energiewende brauchen die EU-Staaten massenhaft Rohstoffe. Die soll Lateinamerika liefern – und mit den Folgen des Abbaus zurechtkommen….
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1174759.eu-lateinamerika-gipfel-die-schmutzige-seite-von-europas-klimapolitik.html
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Stephan Kaufmann: Metalle fürs Wachstum
Sparen, Recyceln, Freihandel: Wie Europa seinen Rohstoffhunger stillen will
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1174766.klimaschutz-metalle-fuers-wachstum.html
Die EU ist derzeit damit beschäftigt, den Besuch der zwei EU-Damen Metsola und van der Leyen in Israel zu bewältigen.
Wer hat die beiden Frauenzimmer eigentlich ermächtigt, dort aufzutauchen und sich wichtig zu machen? Der Außenbeauftragte ist doch Borrell.
Auch der macht meist keine gute Figur, ist aber doch der Zuständige in dem Fall.
Man merkt, hier haben sich zwei Personen wichtig machen und als Akteure verkaufen wollen.
Man weiß auch noch gar nicht, wie das in Israel angekommen ist. Immerhin haben sie mehr oder weniger Netanyahu den Rücken gestärkt und Israel ihre Solidarität erklärt – was einerseits eine Leerformel ist, sofern sie nicht mit konkreten Unterstützungsmaßnahmen einhergeht.
Zweitens aber ist Netanyahu in Israel starker Kritik ausgesetzt, weil ihm die Schuld an der letzten Eskalation gegeben wird. Die israelischen Eliten stehen also keineswegs so geschlossen hinter Netanyahu wie die zwei Schießbudenfiguren aus der EU.
Der Besuch wirkt um so mehr lächerlich, als der US-Außenminister gerade eine Tour durch den ganzen Nahen Osten macht und versucht, die Stimmung im arabischen Raum auszuloten.
Dann kommen diese 2 Tanten und sagen: Hurra, wir stehen hinter euch! Fürchtet euch nicht!
Die EU wird zu einer Art Operetten-Staatsgebilde.
Was sucht Macron in Astana und Samarkand?
Spezielle Beziehungen für Frankreich jenseits der EU?
Ersatz für verlorenen Einfluß in Afrika?
Öl, Gas und vor allem – Uran? (Kasachstan hat angeblich die größten Uranvorkommen der Welt.)
Und vor allem – was hat er zu bieten?
Müde Euros – als Ersatz für Dollar, Yuan oder Tauschhandel?
https://de.euronews.com/2023/11/01/macron-in-kasachstan-tiefgehende-ubereinstimmungen
https://www.lemonde.fr/en/asia-and-pacific/article/2023/11/02/macron-pushes-increasing-french-involvement-during-uzbekistan-visit_6221784_153.html
Suitbert Cechura: Krieg als Schicksal – und irgendwie tragisch
Gaza: Menschliche Tragödie, Völkermord oder ortsübliche Friedlosigkeit?
Deutsche Medien betreuen ihr Publikum mit geschärftem Unterscheidungsbewusstsein, wenn es um militärische Gewalt und ihre Verwüstungen geht.
Bei Kriegen und dem Elend, das sie anrichten, kommt es ganz darauf an, ob sie einen hohen oder überhaupt einen Nachrichtenwert besitzen. Wie empirische Vergleichsstudien zeigen, ist nicht automatisch klar, dass ein Krieg „nachrichtenrelevant“ ist. Da kann es in der deutschen Berichterstattung schon vorkommen, dass der Konflikt in Jemen, laut UN die „schlimmste humanitäre Krise weltweit", jahrelang kaum wahrgenommen wird; oder dass über den „afrikanischen Weltkrieg“, der im Ostkongo Millionen Menschen das Leben gekostet hat und immer noch nicht beendet ist, nur am Rande berichtet wird.
Wenn Kriegsgräuel thematisiert und dem Publikum hautnah präsentiert werden, kommt es ebenfalls sehr darauf an, wie der nationale Blickwinkel des jeweiligen Mediums beschaffen ist. (…)
(…). Die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord bewegt natürlich auch deutsche Journalisten. Ihre Sorge gilt dabei nicht den verhungernden Menschen, sondern dem deutschen Ansehen in der Welt (SZ, 8.3.24).
So geht eben national verantwortliche Berichterstattung: Das Elend kommt vor – und das Publikum weiß genau, wo das Böse nistet, wo die humanitäre Hilfe herkommt und was aufs Konto tragischer Verwicklungen geht.
https://overton-magazin.de/top-story/gaza-menschliche-tragoedie-voelkermord-oder-ortsuebliche-friedlosigkeit/
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/ausland/gaza-menschliche-tragoedie-voelkermord-oder-ortsuebliche-friedlosigkeit-008324.html
https://de.gegenstandpunkt.com/tondokumente/blutiges-lehrstueck-ueber-den-segen-staatlicher-souveraenitaet-menschlicher-moral
https://nestormachno.alanier.at/klima-imperialismus/#comment-76480
Ob das so ist?
Dem Publikum soll diese Sichtweise nahegebracht werden – aber ob es die so aufnimmt, wie der Autor behauptet, kann weder er noch die Verfasser der jeweiligen Hetzartikel wissen.
»Die entscheidende Bewährungsprobe der bedingungslosen Einheit von Volk und Führung findet da statt, wo sich die Staatsmacht um des nationalen Ganzen willen von den Interessen, denen sie um eben dieses großen Ganzen willen dient, definitiv emanzipiert. Nagelprobe ist die Kriegsbereitschaft der Nation.«. (Gegenstandpunkt 4/23: Die Konkurrenz der Kapitalisten (Kapitel V), Die letzte Wachstumsgarantie: Imperialistische Erfolge der Nation, S. 73)
Dieses Zitat habe ich dem Aufsatz von Schillo über die deutsche Nationalmoral (und die damit einhergehende öffentliche moralische Abqualifizierung sog. "Gesinnungspazifisten" – versus "Verantwortungspazifisten") entnommen.
Das öffentliche Motto in den Medien lautet: "Bedingungslose Einheit". https://www.jungewelt.de/artikel/471387.nationale-moral-bedingungslose-einheit.html.
“Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber”; – Wahrheit oder Unwahrheit solcher Einschätzungen wird sich ja 2024 noch zeigen. (In den 80ern und 90ern gab es übrigens linkerseits hier und da noch Erinnerungen an Konzeptionen des proletarischen weltweiten Generalstreiks als Antikriegsaufstand.). Aber es geht ja 2024 fürs hiesige Wählervolk nicht um Krieg, sondern um luftige Ausdeutungen des sogenannten nationalen “Verantwortungspazifismus” – der übrigens von oben, der zweiten Worthälfte wegen, meist nicht mehr so genannt wird. Heutzutage sagt man stattdessen schnörkellos: “Kriegsbereitschaft”. – Und rüstet für diese.
https://www.sueddeutsche.de/politik/kampfpanzer-pistorius-frankreich-1.6479023
Ich bin ganz deiner Ansicht, daß sich Politik und Medien bemühen, diese Kriegsbereitschaft herzustellen.
Allerdings ist es unrichtig, so zu tun, als sei das bereits gelungen. Erstens gibt es kein Anzeichen, das darauf hinweist. Zweitens kennen die Autoren dieser Artikel, die auf die Kriegslüsternheit dieser Meinungsmacher hinweisen, die Stimmung in der Bevölkerung nicht.
Dieses Getue, man kenne seine Pappenheimer, hat etwas erstens Lächerliches und zweitens Ekliges an sich.
Auch die oft als "zu zögerlich" abgemahnten dt. Sozialdemokraten haben ja übrigens a) als allererste die Zeitenwende der Kriegs-Aufrüstung eingeläutet, b) darin für Kriegstauglichkeit und Abschreckung als ihre politischen Mittel Propaganda gemacht, c) nämlich als passende Mittel, dadurch Russland in dessen Ambitionen kleinkriegen zu wollen bzw. zu schädigen, d) Europa nämlich sei größer in seinem europäischen Anspruch als die Grenzen der EU es aktuell festlegen würden, aber e) auf dem Schlachtfeld solle diesen Anspruch die Ukraine als Werkzeug der EU durchkämpfen.
Wie die Massen sich dazu stellen, – das weiß man nicht. Zwei Jahre vor Ausbruch des letzten Weltkrieges, 1937, meinte damals jemand:
„Vielleicht wird es der späte Historiker noch rätselhafter finden als wir Zeitgenossen, dass, obwohl allmählich fast jedes Kind wusste, dass man vor Kriegen stand, die auch für den Sieger das entsetzlichste Leiden mit sich brachten, dennoch die Massen nicht etwa mit verzweifelter Energie alles unternahmen, um die Katastrophe abzuwenden, sondern auch noch ihre Vorbereitung durch Rüstungen, militärische Erziehung usw. ruhig geschehen ließen, ja sogar unterstützten.“ (Erich Fromm, Zum Gefühl der Ohnmacht, 1937)
Wobei Unterstützung heutzutage, damals auch, allerdings weniger, was die Massen betrifft, im patriotischen Hurrageschrei und im Bejubeln bzw. Segnen der Waffen besteht. Sondern im stinknormalen Mitmachen beim kapitalistischen ‘Business as usual’.
Das stimmt.
Wer im Frieden seinen Frieden mit den Verhältnissen gemacht hat, entzieht sich dem Ganzen erfahrungsgemäß auch im Kriegsfall nicht.
Ich gebe nur Verschiedenes zu bedenken:
1. In der Ukraine kann man sehen, daß sich die Kriegsfreude angesichts der zugedachten Rolle als Kanonenfutter in Grenzen hält.
Es gibt Überzeugte verschiedener Coleur; Lämmer, die sich zur Schlachtbank führen lassen – die nicht die besten Soldaten sind, übrigens; und jede Menge Leute, die abhauen und sich verstecken. Man beachte die Probleme, die die Ukraine inzwischen bei der Mobilisierung hat: Sie bringt kein Mobilisierungsgesetz durch die Rada und sieht sich wachsendem Widerstand bei der Rekrutierung gegenüber.
2. In den meisten EU-Staaten wurde die Wehrpflicht abgeschafft. (Das neutrale Österreich hat sie noch.) Sie wiedereinzuführen, wird zwar mehrerorten angedacht, ist aber nicht ohne Tücken. Immerhin haben wir einige Jahrzehnte hinter uns, wo die EU sich als Friedensmacht selbstbespiegelt hat.
3. Wen will Frankreich z.B. hinüberschicken in die Ukraine? Die Fremdenlegion?
Es wird zwar von den kriegsgeilen Medienfritzen verschwiegen, aber es scheint allerorten größere Bedenken von Militärs zu geben, sich in irgendwelche Abenteuer einzulassen, die beim derzeitigen Stand der Bewaffnung und Mannstärke nur schlecht ausgehen können.
Es ist also noch viel zu tun.
Es ist auch erwähnenswert, daß die Berufssoldaten sich weitaus gemäßigter geben als die Schreibtischtäter in den Medien.
Das kann nicht nur mir auffallen.
Georg Schuster: Aus Anlass der Ostermärsche
Trotz ihrer bekundeten Ablehnung der deutschen Kriegspolitik verwechseln friedensbewegte Mitbürger noch immer ihre Ideale mit staatlichen Aufgaben.
Ein prominentes Beispiel dafür liefert Michael von der Schulenburg, ehemaliger UN-Diplomat, Kandidat des Bündnisses Sahra Wagenknecht für die Europawahl und Hauptredner beim Nürnberger Ostermarsch. Aus dem nachlassenden Engagement der USA im Ukrainekrieg folgert er den Auftrag an die EU, eine historische Chance zu ergreifen – um sich dann bitter enttäuscht zu zeigen. Europa sei „aufgerufen, eine Führung bei der Lösung dieses Krieges zu übernehmen. Zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hätte die EU die Möglichkeit, unabhängig von geopolitischen Überlegungen der USA, das Schicksal Europas […] in eigener Verantwortung mitzubestimmen.“
„Immerhin“
Was der Ex-Diplomat in seinem moralischen Konjunktiv zunächst übergeht, ist die eigentlich unübersehbare Tatsache, dass das maßgebliche Europa sein „Schicksal“ ganz eigenverantwortlich in einer transatlantischen Allianz unter Führung der USA zu verfolgen wusste. Deren „geopolitische Überlegungen“ kamen der Osterweiterung der EU in Konfrontation mit den Ordnungsansprüchen der Atommacht Russland gut zu pass.
Schulenburg schiebt noch nach, wie er sich denkt, dass die EU gedacht war: „Man sollte erwarten, dass sich die EU und ihre Mitglieder aus ihrem ureigensten Interesse heraus als das europäische Friedensprojekt beweisen würden, als welches es bei seiner Gründung einmal gedacht war.“ Dann jedoch muss er auf die ihn erschreckende Gegenwart zu sprechen kommen: „Erschreckenderweise ist dem aber nicht so. Im Gegenteil! […] Regierende Politiker der EU gehen genau den umgekehrten Weg und verfangen sich in immer schrilleren Kriegsaufrufen und immer irrationaleren und sinnloseren militärischen Drohgebärden.“
Warum die Regierenden ihr angeblich geerbtes „Friedensprojekt“ verraten und was an ihren Drohungen „irrational“ sei, erfährt man vom Autor bei aller Anklage der Kriegspolitik allerdings nicht. Offenbar setzt er darauf, dass es der Leserschaft wie auch ihm genügt, das ‚Sinnlose‘ als die Negation dessen zu fassen, was man selbst für sinnvoll hält: „Für Kompromisse ist kein Platz gelassen. Jeder Versuch von Verhandlungen wird so von vornherein unmöglich gemacht. Nach zwei Jahren Krieg kommt das einer Realitätsverweigerung gleich.“Regierung und C-Parteien in Deutschland machen da keine Ausnahme. „Sogar ein Kanzler Scholz […] spricht nur davon, dass Russland den Krieg nicht gewinnen darf“ – wenngleich sich Schulenburg gehalten sieht, hier einen Nebensatz einzuschieben: „[Scholz,] dem wir immerhin verdanken, die Entsendung von Taurus-Marschflugkörpern bisher verhindert zu haben“. Die Wortwahl, wonach „wir“ dem Regierungschef „immerhin“ ein wenig ‚Realitätssinn‘ zu „verdanken“ haben, lässt die Vorstellung zu, dass ein ‚besonnener‘ Kanzler ‚uns‘ zumindest aus einer drohenden Kriegsgefahr heraushalten wolle. Jedenfalls „bisher“. Das liegt erneut jenseits der Sache, um die es derzeit in der Ukraine geht. (…)
„Besonnenheit“ (…)
„Alles nichts ohne Frieden“ (…)
„Schlaraffenland“ (…)
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/aus-anlass-der-ostermaersche/
Kommentar zum Artikel zum Ostermarsch
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/aus-anlass-der-ostermaersche/#comment-113545
@Ostermarsch
Man muß darauf hinweisen, daß sich die EU in ihren Sonntagsreden bis vor ein paar Jahren gerne derjenigen Ideale bedient hat, die der Diplomat ihr heute anklagend entgegenhält.
Sie waren sozusagen das Schlagobers auf dem Kuchen der Tagespolitik.
Sie wurden für die Anhänger der EU um so wichtiger, je mehr das angestrebte ökonomische Erfolgsprojekt in Folge der Finanzkrise zuschanden wurde.
Man kann sagen, von den ursprünglichen Plänen der EU ist eigentlich nichts mehr übrig, daher dieses schrille Kriegsgeschrei, im Versuch, doch noch etwas darzustellen.
Es ist übrigens am lautesten in denjenigen Staaten, die seinerzeit bei der EU Pate gestanden sind und jetzt ihr ganzes Projekt bröseln sehen.
„Alijev äußerte sich zu den Versuchen des Westens, Armenien zu einem bewaffneten Außenposten zu machen
Alijew: … Versuche des Westens, Armenien zu einem »bewaffneten Außenposten« im Südkaukasus zu machen, werden negative Folgen haben. Dies erklärte der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijev am 5. April bei einem Treffen mit dem Leiter der Delegation des höchsten gesetzgebenden Organs der Türkei in der Parlamentarischen Versammlung der NATO, Mevlüt Çavuşoğlu.
»Die vom September letzten Jahres bis heute gegen Aserbaidschan geäußerten Äußerungen des Europäischen Parlaments und des Europarats sowie Versuche, Armenien in Zukunft zu einem bewaffneten Außenposten im Südkaukasus zu machen, werden negative Folgen haben«, – mit diesen Worten zitierte ihn die Agentur Trend.
Als weitere Bedrohungsquelle für den Südkaukasus nannte Alijev das trilaterale Treffen zwischen den USA, der EU und Armenien in Brüssel. Ihm zufolge versuchten in den letzten Tagen hochrangige Beamte der USA und der EU, Baku in Telefongesprächen davon zu überzeugen, dass diese Veranstaltung nicht gegen Aserbaidschan gerichtet sei.
Aus diesen Gründen hätten die aserbaidschanischen Behörden öffentliche Erklärungen abgegeben, um ihre westlichen Partner zu warnen, fügte der Präsident des Landes hinzu.
Zuvor hatte der Leiter der EU-Delegation in Armenien, Botschafter Vasilis Maragos, erklärt, die EU beabsichtige, die Republik (Armenien) in der Frage nicht tödlicher Waffen zu unterstützen. Außerdem kündigte die Leiterin der Europäischen Kommission (EK), Ursula von der Leyen, nach dem trilateralen Treffen in Brüssel an, dass die EU Armenien in den nächsten vier Jahren Zuschüsse in Höhe von 270 Millionen Euro gewähren werde.“
Eine Art besseres Trinkgeld für den Kaukasus-Staat, der von Überweisungen der Diaspora lebt und gerade 200.000 Flüchtlinge aufgenommen hat.
„Am 29. März äußerte der russische Botschafter in Armenien, Sergej Kopyrkin, die Meinung, dass die USA die Zusammenarbeit mit Armenien als Chance betrachten, die Beziehungen zwischen Eriwan und Moskau zu schädigen.
Die offizielle Vertreterin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, erklärte außerdem, dass der Westen die Republik zu einem Instrument zur Umsetzung seiner eigenen Pläne mache.“
(Izvestija, 5.4.)
Daß sich EU, NATO und USA in Eriwan wichtig machen, ist unbestreitbar.
Aber was für Armenien dabei herausschaut, ist fraglich.
Nikol Paschinjan könnte ja an Afghanistan (Ghani) und der Ukraine sehen, was dabei herauskommen kann, wenn man sich zu sehr mit der NATO einläßt …