Imperialismus heute, Fortsetzung Juli 2021

IST SYSTEM CHANGE NOCH AKTUELL

oder womöglich mehr denn je?

Was hat es auf sich mit dem Rückzug aus Afghanistan – ein singuläres Ereignis oder der Auftakt zu einer Umgruppierung der militärischen Ressourcen des Westens?

In welcher Weise agieren die USA in ihrem Hinterhof Lateinamerika?

Wie reagieren die als Feind definierten Staaten auf die Aggressionen des Westens?

Wie vertragen sich wirtschaftliche Verflechtung und militärische Konfrontation?

202 Gedanken zu “Imperialismus heute, Fortsetzung Juli 2021

  1. @Leser

    Vielleicht noch ein Nachtrag zu Peru: Für die einheimischen Eliten Lateinamerikas ist es immer bedenklich, wenn ein Präsident von indigenen Rechten redet, weil die ganzen großen Vermögen dieses Kontinents beruhen auf dem Raub der Kolonialzeit und dem verfassungsmäßigen Mäntelchen, das die Regierungen der souveränen Staaten dann diesem Raub umgehängt haben.

    Wenn also jemand wie Morales oder Castillo die Nachfahren der seinerzeitigen Beraubten und Ausgesteuerten hochhält, haben die besitzenden Klassen nicht ganz zu Unrecht den Verdacht, daß es auch einmal an die Eigentumsrechte gehen könnte.

  2. Dass fundamental die Ordnung des Landes angegriffen werde, ist zumindestens bei Rechten immer der Verdacht, wenn "Minderheiten" zu viel Rechte zugestanden würden,  vgl. die Brisanz der Rassismus-Debatte in den USA.

    In Chile und Peru scheint mir auffällig, dass der Einwand, es ginge um eine stärkere Berücksichtigung indigener Rechte, den dortigen 'Mitte-Links-Lagern' als Vorwand dient, wirklich eine demokratische Neugestaltung auch wegen der Verfasstheiten unter der Diktatur, die im Staatsgefüge an diversen Stellen als angebliches Notstandswesen immer noch präsent ist, zu fordern.  Daher das Ringen um eine neue chilenische Verfassung.

  3. Die sogenannte 2. Libyen-Konferenz im Sommer 2021 in Berlin
    Zum fortgesetzten westlich-imperialistischen Betreuungsbedarf in Sachen des einst vom Westen kriegerisch ruinierten Libyen

    Rückblick auf die 1. Libyen-Konferenz in 2020:
    Was auch immer die westlichen Weltmächte mit der von ihnen mit zu verantwortenden Lage in Libyen unzufrieden gestimmt hat: den Kriegsparteien dort einflößen zu wollen, sie könnten keine militärische Lösung wollen, trägt an diese sein eigenes Aufsichtsinteresse heran, was die sich nötigenfalls per Diktat zu eigen zu machen hätten: denn die legen wider den Aufsichtsansprüchen des Westens gerade Zeugnis davon ab, dass sie nichts als kriegerische Durchsetzung gegen die feindliche Fraktion im Programm haben. Der Absehung von den Eigeninteressen der Bürgerkriegsbeteiligten folgt deshalb auch schnurstracks auf dem Fuße, dass viel Aufgebot an Gewaltmaschinerie unter Schirmherrschaft der UNO, der EU etc. gegen diejenigen für nötig befunden wird, denen man unterschiebt, dass Krieg 'keine Lösung' sei: das Absurde, Waffenstillstand den Parteien abzuringen unter Fortwirkung der Gründe ihrer Feindseligkeiten und diesen dann mit UN-Mandat zu überwachen, wo dann wegen weiterbestehender Anfeindungen "Verletzungen" der Waffenruhe immerwährend zu ahnden wären.

    2021 stimmt es den Westen anscheinend zuversichtlich, dass ein errungener Waffenstillstand bis heute angeblich weitgehend gehalten habe, sich die verfeindeten inneren Parteien Libyens auf eine einheitliche Übergangsregierung geeinigt hätten und nun zielstrebig Neuwahlen angegangen werden könnten.

    Die 2020 festgehaltenen  Absurditäten sind allerdings nicht aus der Welt: Was an Befriedung eingerissen sei, stünde auf tönernen Füßen; der Waffenstillstand müsse noch zuverlässig abgesichert werden; nach wie vor ginge Kriegsgerät von außen ins Land – und auswärtige Mächte unterhielten immer noch ihre Söldnertrupps in Libyen, die zum vollständigen Abzug gebracht werden müssten. Die intern und von äußeren Mächten im Land ausgetragenen Interessengegensätze sind weiterhin in Kraft – und sollen unter Schirmherrschaft des Westens (auch Deutschlands) domestiziert werden:

    Was sich da unverfänglich diplomatisch als Friedensmission für Libyen gibt, hat es in sich: es wird nämlich unter der Losung Waffenembargo und Söldnerabzug die mit Libyen und an es verfochtenen auswärtigen politischen Berechnungen  („… In Libyen prallten und prallen die Interessen von Türken, Arabern, Russen, Amerikanern und Europäern aufeinander. Seit Jahren ist das Wüstenland Schauplatz mehrerer Stellvertreterkonflikte.“ SZ) zu durchkreuzen oder ganz rauszuhalten versucht, ja wohl zugunsten der Herstellung der Bestimmungsmacht anderer imperialistischer Nationen wie Deutsch-Europas oder USA.

    Letzteres kommt wiederum verharmlosend daher als das Kümmern um die Herrichtung eines stabilen Staatswesens in Libyen einschließlich der Abhaltung von Wahlen: auch hier geben die Antreiber des Friedensprozesses zu erkennen, dass es im Land selber gar keine Basis für einen Bedarf nach demokratie-ähnlicher Staatsmacherei gibt, sondern dies als ausländische Auftragslage den libyschen Polit- und Militärgrößen beigebracht wird, im Rahmen einer 2. Libyen-Konferenz.

    So bleibt Libyen als selbstgeschaffenens „weltpolitisches Minenfeld“ (SZ) des Westens diesem mit 'Dauereinmischungs-Bedarf' erhalten, wo dann abwechselnd die Erfolge und Rückschläge der imperialistischen „Friedensbemühungen“ aufgelistet werden.

    So letztens der dt. Außenminister Maas:
    „…Unser Ziel ist es, der libyschen Übergangsregierung den Rücken zu stärken, damit sie die Geschicke ihres Landes selbst in die Hand nehmen kann…“
    https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/libyen-node/zweite-libyen-konferenz/2467338

    – wohl weil landesintern weder die politischen Voraussetzungen noch die materiellen Mittel vorhanden sind, muss von auswärts nachgeholfen werden, ein Staatswesen von Gnaden ausländischer Mächte inszeniert werden – wo die dann auch die Richtlinien des Staatsmachens vorgeben, also der Widersinn einer Souveränität eines Staatsgebildes gar nicht aus sich heraus, was dann die politischen Gegensätze richtig schön befeuert, wenn ein restaurierter libyscher Staatswille als fremdbestimmter sich betätigt.

    https://tages-politik.de/Aussenpolitik/Libyen-2021.html

    —-

    Nach der Konferenz beteuerten diverse Milizen, Gruppen und Mächte, sie selbst wollten "einen Friedensprozess" stattdessen nun selbst in die Hand nehmen …

    "Auf zahlreiche schwarze Limousinen mit laufenden Motoren vor dem Ritz Carlton war am Donnerstag die Flagge Libyens geklebt. »Eine riesige Regierungsdelegation ohne funktionierenden Staat«, sagt ein mitreisender libyscher Journalist mit Blick auf die vielen herumstehenden Sicherheitsbeamten. Auch andere mitreisende Berater des Regierungschefs gaben sich aufgrund der komplizierten Lage in dem ehemaligen Bürgerkriegsland verhalten. »Wahlen und Abzug der Milizen oder Krieg und Spaltung, das sind die Optionen. Gestern haben wir keinen konkreten Schritt in Richtung der ersten gemacht, wir wurden nur daran erinnert«, sagt Ibrahim Dabaiba, ein Berater des Premier. Die verhaltene Stimmung der libyschen Delegation steht im Gegensatz zu den offiziellen Verlautbarungen der »Berlin 2«-Konferenz, zu der Außenminister Heiko Maas (SPD) und die Vereinten Nationen geladen hatten.

    Für die 58 Einzelmaßnahmen und Forderungen der anwesenden 18 Regierungsvertreter fehlt jedoch ein konkreter Zeitplan. Auch Strafmaßnahmen gegen diejenigen, die gegen den Berliner Prozess oder das seit 2011 geltende Waffenembargo verstoßen, wurden nicht diskutiert, denn einige Unterstützer der libyschen Kriegsparteien saßen mit am Tisch.
    Dass der seit Oktober 2020 geltende Waffenstillstand hält und dass ohne eine funktionsfähige Beobachtermission an der Frontlinie bisher kaum ein Schuss gefallen ist, liegt an einem geheimen türkisch-russischen Abkommen, ist man sich in der libyschen Delegation sicher. Ankara und Moskau haben einen Großteil der Söldner und Militärberater nach Libyen geholt und nach anderthalb Jahren Materialschlacht rund um Tripolis eingesehen, dass eine Teilung der Einflusssphäre in Afrikas ölreichstem Land im Interesse beider ist. Nun sollen sie laut dem im Januar 2020 im Kanzleramt begonnenen Berliner Prozess ihre Truppen abziehen.

    Der ägyptische Außenminister Sameh Skukry beschwerte sich nach dem Treffen über den türkischen Versuch, den Abzug der Söldner zu verzögern, und lobte seinen französischen Kollegen Le Drian für die Forderung nach einem klaren Zeitplan. Auch Ägypten und Frankreich unterstützen Haftars Armee, der im Gegenzug ihren Spezialkommandos die Erlaubnis für Einsätze gegen den Islamischen Staat und andere Islamisten gibt. Die Türkei besteht hingegen darauf, dass ihre Militärberater, alle Angehörige der türkischen Armee, auf Basis eines mit der libyschen Übergangsregierung geschlossenen militärischen Beistandspakts im Land sind und daher bleiben dürfen. (…)

    In Libyen sind die Reaktionen nach der Berliner Konferenz gedämpft. Lokale Medien berichten, dass die Straße zwischen Bengasi und Tripolis, die Dbaiba am Montag eigenhändig eröffnet hatte, nicht befahrbar sei. In einem Bagger sitzend hatte der Premier die Sandbarrieren an der ehemaligen Front vor Fernsehkameras freigeräumt. Doch um die Einschlagkrater der Granaten auf der Straße zu umfahren, müssen die Autofahrer auf vermintes Gebiet ausweichen.

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1153754.libyen-streit-um-truppenabzug.html?sstr=libyen

    https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/libyen-konferenz-berlin-109.html

     

  4. @Leser

    Zu Lateinamerika

    Bei „Minderheiten“ gibt es noch den sehr fundamentalen Unterschied, ob es sich um „importierte“ oder um eingeborene handelt. Alle Berücksichtigung indigener „Rechte“ stellt das Grundeigentum in Lateinamerika in Frage, an dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei.

    Ich weiß nicht, ob „Vorwand“ und „wirklich“ das Verhältnis von Indigenismus und Demokratiebestrebungen richtig trifft.

    Unter Allende ging es darum, die Bodenschätze Chiles in Staatseigentum zu überführen, um damit einen umfassenden Sozialstaat ins Leben zu rufen. Dabei sollten natürlich alle Bürger Chiles in den Genuß von Bildung, medizinischer Versorgung und sozialen Zuwendungen aller Art kommen, so die auch bis dahin am Rande der Gesellschaft in Slums und ländlichen Rückzugsgebieten vor sich hin lebenden Mapuche. In Chile ist die Gleichung „Demokratie = Sozialstaat = Integration der Indigenen“ die Vorstellung von dem, was du als Mitte-links bezeichnest.

    Dagegen steht das Pinochet-Modell eben für eine strikte Klassengesellschaft, wo die einen arbeiten und die anderen einstreifen, das ganze irgendwie ständisch verbrämt als „Arbeitsteilung“, und die armen Anständigen werden mit kirchlichen Stipendien belohnt. Wem das alles nicht paßt, für den gibt es Polizei, Gefängnis und Geheimpolizei.

    Warum es da die Indigenen als „Vorwand“ braucht, um das eigene Modell zu propagieren, erschließt sich mir nicht.

    Weil im Inland zieht diese Karte nicht, und das Ausland hat in Chile wenig zu melden. Dem Schutzherrn USA ist der Indigenismus schon gar nicht recht.

  5. In Libyen nichts Neues, soweit ich die obigen Beiträge zusammenfassen kann.

    Weder bei den internen Zuständen noch bei der Stellung der Interventionsmächte.

  6. auch Ecuador:

    Regierung von Ecuador hat Putschisten in Bolivien mit Waffen unterstützt

    La Paz/Quito. Die Regierung von Ecuador unter Lenín Moreno (2017-2021) hat offenbar die Putschregierung in Bolivien mit Munition beliefert. Im November 2019 soll Moreno sie nicht nur mit Tränengas, sondern auch mit 5.500 Granaten und 2.949 Projektilen "als Leihgabe" unterstützt haben.

    https://amerika21.de/2021/06/251429/regierung-ecuador-putschisten-bolivien

    Man sieht einerseits, was für volksfreundliche Regierungen die von Moreno und Macri waren. Weil diese Waffen und Kampfstoffe wurden ja auch zu Hause gegen die Bevölkerung eingesetzt.

    Zweitens rechneten diese Regierungen sicher mit Belohnung seitens der USA und der bolivianischen Putschregierung, wenn sich diese fix etabliert haben würde. Es war also nicht nur politische Sympathie, sondern auch materielle Berechnung dahinter.

    Man sieht aber drittens auch, daß es für gelungene Putsche mehr braucht als nur ein paar Hubschrauberladungen mit Waffen. Nämlich genügend Leute, die diese Waffen auch anwenden.

  7. Auch interessant die Einigung bei Nord Stream II und die Entrüstung der Ukraine: Dieses Geschöpf des westlichen Imperialismus, deren Bankrott in einem fort von der EZB abgewendet werden muß, benimmt sich wie ein Schwanz, der mit dem Hund wedelt und sich aufpudelt, als könnte es über die Energiepolitik Deutschlands entscheiden.

    Dabei, wieder einmal, ist die Möglichkeit, daß die Ukraine als Transitland umgangen wird, praktisch auszuschließen, weil am anderen Ende der Transgas-Pipeline zu viele Staaten hängen, die Kunden des russischen Gases sind. Österreich ist selber zu einem Gas-Transit-Land geworden, das gute Geschäfte mit dem Weiterverkauf des Gases an Slowenien und Italien macht.
    Was allerdings schwieriger werden dürfte, ist der Gasklau, an dem sich seinerzeit viele Vermögen in der Ukraine gebildet hatten, wie das der Frau Timoschenko – falls sich noch jemand an diese Lichtgestalt erinnert.

    Ohne großes Getöse ist übrigens dieses Jahr auf der anderen Seite auch eine Pipeline in Betrieb genommen worden:

    Serbien schließt sich an Pipeline Balkan Stream an

    Mit dem Ableger der Pipeline Turkish Stream wird Erdgas aus Russland nach Ungarn gebracht. So soll es in mitteleuropäische Netze eingespeist werden.

    Novi Sad Serbien hat am Freitag die neue Gasleitung Balkan Stream in Betrieb genommen. Der Ableger der Pipeline Turkish Stream ermöglicht den Transport russischen Erdgases durch die Türkei und Bulgarien über Serbien nach Ungarn. Dort kann es in weitere mitteleuropäische Netze eingespeist werden. An der feierlichen Inbetriebnahme in der Ortschaft Gospdjinci nahe der nordserbischen Stadt Novi Sad nahm der serbische Präsident Aleksandar Vucic teil, wie das staatliche serbische Fernsehen RTS berichtete. (…)

    https://www.handelsblatt.com/politik/international/erdgas-serbien-schliesst-sich-an-pipeline-balkan-stream-an/26762730.html?ticket=ST-11957226-9sbEdDjUJUxYH7C7m2rD-ap4

  8. Wird der Bankrott der Ukraine von der EZB aufgehalten? Oder hast du dich vertippt – und meintest eigentlich den IWF?

    Allerdings scheint es ja aktuell vor ein paar Tagen einen Deal zwischen BRD und USA gegeben zu haben, dass von den USA der BRD nunmehr Nordstram 2 erlaubt werde, wenn Europa/BRD die Ukraine unterstütze.
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154774.nord-stream-einigung-mit-hintertueren.html
    https://www.heise.de/tp/features/Nord-Stream-2-Die-Suche-nach-dem-Hebel-gegen-Russland-und-das-Klima-6146878.html

    Und ökonomisch ist die EU in der Ukraine allemal zugange …
    https://www.eib.org/de/press/all/2021-083-ukraine-eib-and-ukreximbank-enhance-access-to-local-currency-funding-for-smes-thanks-to-eu-support

  9. Ich glaube, daß die EZB mehr in die Ukraine hineinpumpt, weil es ja vor allem europäische Banken sind, die sich dort verstärkt engagiert haben. Und zwar in Form des Kaufes von ukrainischen Staatsanleihen.

    Aber es mag sein, daß sich der Schwerpunkt inzwischen auf den IWF verlegt hat. Da müßte man einmal genauer nachschauen, wozu ich im Augenblick keine Zeit habe.

  10. “Etwa 2,5 Milliarden Tonnen an Lebensmitteln gehen pro Jahr verloren, ermittelte eine diese Woche veröffentlichte Studie des World Wildlife Fund und des britischen Einzelhandelskonzerns Tesco; sie verrotten auf dem Feld oder werden von Produzenten, Handel und Verbrauchern weggeworfen. Dies entspreche rund 40 Prozent der gesamten Produktion”,

    …  so leitet Stephan Kaufmann seinen kritischen Artikel über "Mangel im Überfluss" ein,  um dann zu seinen Basics zu gelangen:

    "Viele Menschen hätten die verlorenen Lebensmittel gut gebrauchen können. (…) Drei Milliarden Menschen dürften nicht in der Lage sein, sich halbwegs gesund oder auch nur ausreichend zu ernähren, so eine Studie, die diese Woche im »Nature Food«-Journal erschienen ist. Die Corona-Pandemie hat ihre Zahl um 140 Millionen erhöht, dieses Jahr sollen noch mal knapp 100 Millionen dazukommen. Ursache ist weniger ein Mangel an Nahrungsmitteln, sondern deren Preis. Denn der ist gestiegen. (…)  

    Gründe für den Hunger sind also weniger Dürren, Stürme, Überschwemmungen, sondern die Gesetze des Marktes selbst, die vor den Anbau die renditeträchtige Investition, vor das Essen die Zahlung und vor die Zahlung das Geldverdienen setzen."

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154843.mangel-im-ueberfluss.html?sstr=Stephan%20Kaufmann

    Weitere Lesetipps über Ideologien über Konsum und Konsument in der Marktwirtschaft:
    Die Veredelung des Kapitalismus zur „Wohlstandsgesellschaft“ und der Einsatz der „Konsumentenmacht“ gegen die „Überflussgesellschaft“ und ihre „Auswüchse“ …

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/ideologien-ueber-konsum-konsument-marktwirtschaft

    … Sowie Leserbrief plus Antwort zum Thema ‘Konsum und Konsumentenmacht’

    “Hallo,  ich habe eine Frage bezüglich eurer Kritik an der Konsumentenmacht. Aus dem Text habe ich erkannt, dass ihr kritisiert, dass Menschen glauben, dass sie durch gezielte Konsumentscheidungen das "Problem" lösen können. Und letztendlich kam aus eurem Text heraus, dass es sozusagen keine Konsumentenmacht gibt.
    Da ich selbst sehr stark auf meine Konsumentscheidungen achte und versuche ein bewusstes Leben zu führen, fühle ich mich damit natürlich sofort angesprochen. Ich bin immer offen dafür mein Verhalten anzupassen und meine Meinung bzw. Haltung zu einem Thema zu überdenken. Allerdings ist mir anhand des Textes nicht ganz klar geworden, warum bzw. ob ich mein Verhalten ändern sollte?”…

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/leserbrief-zu-konsum-konsumentenmacht

     

  11. Die im Juni auf einer Libyen-Konferenz in Berlin sowie vom UN-Sicherheitsrat bekräftigten landesweiten Parlamentswahlen in Libyen sowie der geplante Abzug internationaler Söldner aus dem Land drohen zu scheitern. 75 von den UN bestimmte libysche Delegierte sollten in dieser Woche eigentlich ein Wahlgesetz und die Modalitäten der für Dezember geplanten Wahl beschließen. Doch das „Libysche Politische Dialogforum“ (LPDF) in einem Hotel in der Nähe von Genf endete nach hitzigen Debatten ohne Resultat. (…)   Gegenüber der taz äußerten sich Berater von Regierungschef Dbaiba skeptisch: „Wahlen gelten in diplomatischen Kreisen als Meilenstein im Übergangsprozess von einer Konfliktregion zur Demokratie“, sagte Abdelnasser al-Najah, „doch ohne die Etablierung von politischen Parteien werden dadurch eventuell nur die bestehenden Stammes- oder Milizenstrukturen verstärkt.  (…) Delegierte berichten von Bestechungsversuchen, Drohanrufen und Geheimabsprachen, sowie auf Geld oder Stammesbeziehungen basierende parallele Verhandlungen während der Genfer Gespräche.  (…)
    Feldmarschall Chalifa Haftar ließ derweil bereits verkünden, er werde einen neuen Versuch starten, die Hauptstadt von Milizen zu befreien, sollte die Wahl nicht stattfinden.   (taz, 9.7.)
    https://taz.de/Friedensprozess-fuer-Libyen/!5780825/

    Ja,  nichts Neues aus Libyen.
    Was aber sind denn die Grundstrukturen der aktuellen Libyen-Politik?

    "Üblicherweise firmiert als Kriegsgrund z.B. der Kampf um Ressourcen oder die Tatsache, dass sich ein Land dem falschen Lager zuordnet, oder auch die Befreiung von Völkern von Diktatoren. Warum hat Frankreich es 2011 für notwendig erachtet, in Libyen einen Krieg zu führen? Das Land ist den imperialistischen Ansprüchen doch ziemlich nachgekommen, hat lauter Zugeständnisse gemacht, Kursänderungen vollzogen und die Funktionen erbracht, die es in verschiedener Hinsicht erfüllen sollte. Was bleibt also als Kriegsgrund? …."   (aus dem neusten JF-Protokoll):

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf210719-Libyen.pdf
    https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

    Das Protokoll erläutert gegensätzliche Kriegsgründe und strategische Interessensgegensätze der führenden EU-Staaten untereinander, vor allem Frankreichs, Italiens, Deutschlands – eher am Beispiel des failed state Libyen.

  12. Die Besprechung der Kriegsgründe gegen Ghaddafi im jJF-Protokoll ist recht verkehrt. Und zwar wird Ghaddafi in seinem Plänen weder zur Kenntnis noch ernst genommen. Aber auch die kriegsführenden Parteien sind nicht richtig besprochen.

    Sarkozy hatte große Ambitionen, aus Frankreich wieder eine Grande Nation zu machen und die EU sozusagen als Trampolin dafür zu benützen. Sein Konzept dafür war die Mittelmeerunion. Das wäre auch der EU durchaus recht gewesen, mit wenigen Ausnahmen, siehe weiter unten, weil das ja auch ihren Einfluß erweitert hätte.
    Und da war Ghaddafi ein schweres Hindernis.

    Es ist verkehrt, Ghaddafi zuzugestehen, er wäre „den imperialistischen Ansprüchen doch ziemlich nachgekommen“ („doch“, „ziemlich“ – man merkt, ganz wohl ist dem Sprecher bei der Aussage nicht) – Ghaddafi hat sich umorientiert, vor allem angesichts der Zerstörung Jugoslawiens, seines Haupt-Verbündeten. Er wollte sich mit den imperialistischen Mächten als Gleicher an einen Tisch setzen. Das ist was anderes, als ihren „Ansprüchen nachzukommen“. Eher hat er diese Ansprüche übernommen.

    Ghaddafi hatte vor, Afrika unter Libyens Führung zu einigen und eine afrikanische Einheitswährung nach Vorbild des Euro einrichten, gestützt auf die libyschen Öleinnahmen. Damit kam er ein zweites Mal in einen scharfen Interessenskonflikt mit Frankreich, weil das seine währungspolitische und sonstige Dominanz in Afrika gefährdet hätte.
    (Chávez hatte übrigens Ähnliches vor für Lateinamerika, und der lebte 2011 noch.)

    Im Zuge dieser Umorientierung wollte er die Ölverkäufe in Euro abwickeln, was aber auch nur als Übergangsmaßnahme zu einer ölbasierten Einheitswährung gedacht gewesen wäre, als einem neuen Petro-Nicht-Dollar.
    Damit geriet er in Gegensatz zu den USA und den arabischen Ölproduzenten, weil ein derartiges Vorgehen ja auch die Stellung Saudi-Arabiens, der restlichen Golfstaaten und die ganze OPEC berührt hätte.

    Die ganze Aktion wurde übrigens mit ziemlicher Sicherheit bei einem Staatsbesuch Sarkozys in den USA 2010 angedacht, wenn nicht sogar geplant.

    Ghaddafi hatte dabei Sonderbeziehungen zu Italien und Österreich. Die ENI und die ÖMV hatten gesonderte Förder- und Lieferkonditionen, Ghaddafi stoppte die Flüchtlinge auf der Sahara-Route und investierte die libyschen Öldollars in diesen beiden Ländern und der Schweiz.
    Man fragt sich, wo diese Kohle heute ist? Vermutlich wurden diese beiden Länder dazu überredet, sich dem Kreuzzug gegen ihn anzuschließen, indem die Zusicherung erfolgte, das Geld zu behalten.

    Wie genau Großbritannien als dritte Kriegsmacht ins Spiel kommt, kann vielleicht wer anderer beisteuern, dazu weiß ich zu wenig. Nur als eine Art Adabei, oder um die EU als Ganzes herumzukriegen, also den Alleingang des Elysee-Zwergerls nicht allzu offensichtlich werden zu lassen?

  13. Die Haltung der EU-Staaten vor zehn Jahren gegenüber Frankreichs Kriegspolitik war nicht so, dass z.B. der BRD ein Fortschritt Sarkozys in Richtung seiner Idee einer grande nation letztlich dann doch irgendwie recht gewesen wäre. (Das ist auch später noch an den Bemerkungen von Macron über den 'Hirntod der NATO' und das Konzept französischer Militärmacht in der BRD ziemlich negativ aufgestoßen.)   Dass die BRD sich dem Kriegseintritt gegen Gaddafi verweigert hat, verweist darauf, dass aus BRD-Sicht das Konzept französischer Größe nicht mit deutscher Weltmachtstrategie: also Gesamteuropa plus USA/NATO, gut vereinbar ist. Im Protokoll ist das S. 2 unten/S. 3  formuliert worden als "…  imperialistischer französischer Anspruch, der darauf drängte, dass es für die Inbesitznahme dieses Landes unter Ausschluss der anderen imperialistischen Mächte unabdingbar sei, Gaddafi zu beseitigen. Darauf hat Frankreich versucht, die westlichen Mitimperialisten zu verpflichten. Deutschland hat sich dem nicht angeschlossen, Italien war dagegen. Die USA haben erst dann den Übergang zum Mitbomben gemacht, als Frankreich den Krieg von sich aus ohne Amerika angefangen hatte. Insofern richtete sich der Krieg nicht bloß gegen Gaddafi. Von Anfang an war der Krieg als eine europäische bzw. französische Aktion konzipiert – also nicht unter der Führung der USA oder der NATO – und richtete sich gegen Konkurrenten wie Russland und den NATO-Partner Türkei."  
    Und als solch eigenständiger französischer Krieg im eingebildeten höheren europäischen Gesamtinteresse ist der französische Vorstoß nicht nur von der BRD abgelehnt worden. (Das Protokoll thematisiert Ausführungen im GSP 2/21, der seinerseits auf einen anderen älteren Artikel über Gaddafi von 2011, S. 104, hinweist: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/lebenswerk-gaddafis-missbrauch-petrodollars-fuer-anti-imperialismus

  14. Der französische Versuch, sich als grande nation mit Atommacht zur Avantgarde europäischer Militärmacht aufstellen zu wollen, ist immer wieder mal an den europäischen "Partnern" abgeprallt. Letztens übrigens auch beim Versuch, in Syrien eine eigenständige französisch-europäische Militärrolle definieren zu wollen. Die Bundeswehr hat sich damals dann zwar irgndwie auch beteiligt, aber lediglich darin, mit "Aufklärungsflugzeugen" – Fotos – "schießen" – zu lassen. Vom sonstigen Mitmachen sonstiger europäischer Staaten ist mir gar nichts mehr in Erinnerung.

  15. Die Rolle der EU-Staaten ist noch zu erläutern. Ich habe da einiges etwas anders in Erinnerung. Aber zunächst ging es darum, den Gegensatz zwischen Frankreich und den USA einerseits, Ghaddafi andererseits richtig zu bestimmen.

    Was Deutschland betraf, so war ihnen der Krieg zunächst nicht recht, aber Frankreichs Mittelmeerunion schon. Außerdem ist Frankreich unter Sarkozy wieder der NATO beigetreten, also das war schon auch sowohl den USA als auch Deutschland genehm.

    „Dass die BRD sich dem Kriegseintritt gegen Gaddafi verweigert hat“

    – das wäre ja noch schöner, wenn der Franzos zum Krieg bläst und Deutschland läuft hinterher! Es ist sicher richtig, daß die Beseitigung Ghaddafis Deutschland kein dringliches Anliegen war, und die ganze Aktion vermutlich überraschend kam. Aber es hat es deshalb auch zu keinem Streit in der EU kommen lassen. Letztlich richtete sich Ghaddafis Programm nämlich gegen die von Deutschland betriebenen Weltmachtambitionen der EU.

    Die USA haben erst dann den Übergang zum Mitbomben gemacht, als Frankreich den Krieg von sich aus ohne Amerika angefangen hatte.

    Das ist wirklich falsch. Die USA hatten bereits vorsorglich einen Flugzeugträger dorthin manövriert und waren von Anfang an dafür, weil sich die USA damals überhaupt ein Aufmischen der ganzen Region vorgenommen hatten (Killarys Außenpolitik, in Absprache mit Saudi-Arabien, das sie zur islamischen Führungsmacht machen wollte) und auch hofften, wieder Stützpunkte in Libyen einrichten zu können.

    Dazu sind sie nicht von Frankreich genötigt worden. Es ist absurd, so etwas anzunehmen.

    Es war ein Anliegen Sarkozys, der Erste zu sein, um sein Projekt von Frankreichs Größe in Schwung zu bringen, etwas größenwahnsinnig, aber er hätte das Bombardement nie angefangen, wenn er nicht die Rückendeckung der USA gehabt hätte.

    Von Anfang an war der Krieg als eine europäische bzw. französische Aktion konzipiert

    – also was jetzt? Hat Frankreich alle an der Kandare geführt, wie du weiter oben meinst, oder war es doch eine konzertierte Aktion dreier Mächte, die den anderen Mitkonkurrenten die lange Nase gezeigt haben?

    – also nicht unter der Führung der USA oder der NATO

    Das hat ja niemand behauptet, also ist das Dementi überflüssig.

    – und richtete sich gegen Konkurrenten wie Russland und den NATO-Partner Türkei.

    Das streicht wieder durch, daß es zunächst einmal gegen Ghaddafi und sein Projekt ging. Der Mann hatte ja einen gewissen Einfluß in Afrika und auch Einnahmen, um seine Ziele durchzusetzen.

    Daß der sich mit der Türkei und Rußland auch arrangiert hätte, ist wahrscheinlich. Wie ich gerade nachlese, versuchte er, mit Rußland Beziehungen anzuknüpfen, nachdem er in der Zeit der Blockfreienbewegung sehr gegen die SU Stellung bezogen hatte. Aber zunächst einmal hat Rußland im Sicherheitsrat der Flugverbotszone zugestimmt, was darauf hinweist, daß Ghaddafi kein brennendes Anliegen für Rußland war. (Nachher hat es die russischen Politiker gereut.)

    Aber eben im Rahmen seines Afrika-Projektes wären andere Mächte als Unterstützer ins Spiel gekommen.

  16. Nur zum zeitlichen Ablauf:

    „The UN Security Council Resolution 1973 passed on the evening of 17 March 2011 gave a mandate to countries wishing to enforce a no-fly zone over Libya militarily. A conference involving international leaders took place in Paris on the afternoon of Saturday 19 March 2011.[17] International military action commenced after the conference finished, with French military fighter jets being the first to participate in the operation only a few hours after the conference finished in Paris with the first shot fired at 1645 GMT against a Libyan tank.[18]

    https://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Ellamy#Background_to_operation

  17. Kommuniquationssprech, Fortsezung:

    Am 25. März erklärte Nicolas Sarkozy, Paris und London bereiteten eine Initiative zu einer politischen und diplomatischen Lösung in Libyen vor. Man sei sich bewusst, dass die militärische Auseinandersetzung allein zu keiner Lösung führen könne. Am gleichen Tag sagte er auch, dass Frankreich „ab sofort“ immer so reagieren werde wie in Libyen: „Jeder arabische Herrscher muss verstehen, dass die Reaktion der internationalen Gemeinschaft und Europas von nun an jedes Mal die Gleiche sein wird.

     Jetzt zeigt Frankreich einer ganzen Region die militärische Keule: „Jeder arabische Herrscher muss verstehen, dass die Reaktion der internationalen Gemeinschaft und Europas von nun an jedes Mal die Gleiche sein wird”, droht Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Milit%C3%A4reinsatz_in_Libyen_2011#cite_ref-79

    Im Visier des kriegerischen Staatschefs sind damit nach Libyen auch Staaten wie Syrien, Jemen oder das Königreich Bahrain – in all diesen Ländern waren zuletzt Regimegegner gewaltsam ums Leben gekommen. Nach den Freitagsgebeten demionstrierten in Syrien und im Jemen wieder Tausende. In Libyen selbst sei der Luftraum unter westlicher Kontrolle, meldete Frankreich.   (…)

    Sarkozys Drohung machte den Spalt zwischen Frankreich und Deutschland nochmals tiefer. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schlug sich demonstrativ auf die Seite von Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Der meinte, die Probleme der Welt ließen sich nicht dadurch lösen, dass man überall militärisch eingreift. 

    https://www.abendzeitung-muenchen.de/politik/kampfansage-aus-paris-art-138980

    Gemeint war vermutlich, dass den nationalen Interessen der BRD nicht gedient sei, wenn Frankreich solchen nationalen Anspruch auf selbst Regeln setzende und selbst Missachtung bestrafende Weltordnungsmacht formuliere, und das auch noch umsetze.

  18. Nach der Libyen-Aktion wurde auch aus dem französischen Kraftspielen nix mehr.

    Hollande ging noch betteln 2013, daß sich wer beim Mali-Einsatz beteiligen möge. Die USA sagten nein, und erst 2 Jahre später und mit einem UNO-Mandat beteiligten sich dann Deutschland, Österreich und ein paar andere EU-Staaten.

    Wenn man das Ganze so aus der Distanz betrachtet, so läßt sich auch die Zurückstutzung der EU – und auch der USA – in militärischer Hinsicht betrachten. Libyen konnte sie noch mit US-Hilfe plattmachen. Aber seitdem gibt es nur mehr Rückschläge und Endlos-Baustellen, wie die Ukraine.

  19. Deutsche Energiewendungen: Vom EEG über Desertec zur Wasserstoffstrategie

    Diverse Details zur "Energiewende" bzw. dem EU-Projekten des grünkapitalistischen Wachstums werden bei Heise/TP kontrovers dargelegt, z.B. auch Auseinandersetzungen mit nordafrikanischen Staaten (vor allem Marokko) wg.  historischer bzw. aktueller 'Desertec'-Konzeptionen.

    Karl-Heinz Peil:  Deutscher Energie-Imperialismus und der Klimaschutz. Teil 1

    https://www.heise.de/tp/features/Deutsche-Energiewendungen-Vom-EEG-ueber-Desertec-zur-Wasserstoffstrategie-6149528.html?seite=all

  20. Die Regionalisierung, also Verteilung auf Kleinerzeuger, ist ein Aspekt der Energiedebatte, der regelmäßig unter den Tisch fällt.

    In Österreich wurden beim 2. Verstaatlichungsgesetzen 1947 (Energiewirtschaft) die gesamten privaten und gemeindeeigenen Kleinkraftwerke enteignet und recht schnell stillgelegt und abgebaut, oder eben im Rahmen der Verbundgesellschaft groß ausgebaut.

    Die dezentrale Energieversorgung widerspricht sowohl dem Geschäftsprinzip der Wirtschaft als auch dem Kontrollbedürfnis des Staats.

  21. Das Wichtigere auf Bidens To-Do-Liste ist anscheinend die Konfrontation gegenüber China. Und um die Zusammenarbeit des Westens in dieser Frage scheint Biden vor allem bemüht. Da ist Nordstream_2 unwichtig geworden:

    "Gemessen am konfrontativen Umgang mit China bis zu den Konsequenzen des Abzugs aus Afghanistan ist die Erdgasröhre nicht relevant genug, um in Europa politisches Kapital zu riskieren. Kanzlerin Merkel will man nicht gleichzeitig loben und brüskieren. Die Ukraine ist der US-Regierung wichtig, doch so wichtig auch wieder nicht.

    Ukrainische Proteste waren deutlich, aber nicht zu laut. Biden hat Präsident Selenski bei einem Telefonat am 7. Juni vorbeugend zu einem „Besuch in Washington später im Sommer“ eingeladen. Bei diesem Gespräch betonte Biden die Bedeutung der „territorialen Integrität der Ukraine angesichts anhaltender russischer Aggression“ und einer engen Zusammenarbeit bei der Energiesicherheit. Das amerikanisch-deutsche Übereinkommen zu Nord Stream 2 enthält die verbale Zusage, die USA und Deutschland würden Schritte unternehmen, sollte Russland „Erdgas als Waffe“ einsetzen. Der Frage, wie die Pipeline mit Klimazielen vereinbar ist, ging die US-Regierung eher aus dem Weg. Selenski soll ein bisschen Finanzhilfe bei grünen Energien erhalten. Nord Stream 2 ist erledigt auf Bidens To-do-Liste."

    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/biden-braucht-beinfreiheit

  22. Eine sehr treffende kritische Auseinandernahme des gängigen ideologischen 'Denkbildes' eines sogenannten "ökologischen Fußabdrucks" liefert  Björn Hendrig bei Heise/TP:

    CO2-Fußabdruck: Wie ein PR-Trick von den Machern des Klimawandels ablenkt.

    "Sind nicht "wir alle" mit unserem grenzenlosen Konsum schuld an der Klimakatastrophe? Müssen wir nicht deshalb bei uns selbst anfangen, unseren "Fußabdruck" verringern? Und schon verläuft sich die Spur der Täter.  (…)    

    Zunächst geht es um die Ernährung. Da ist schließlich der Kunde "König", über seine existenziellsten Bedürfnisse entscheidet er ganz allein! Neben den Kriterien Hunger, Durst und Genuss soll aber nun auch die Klimaverträglichkeit zum Zuge kommen. Da schlägt dann vor allem der Kauf von viel Fleisch, Fisch und per Flugzeug transportiertem, nicht saisonalem Obst und Gemüse negativ zu Buche, wie auch zu viele Milchprodukte und Eier. Allerdings verbessert seine CO2-Bilanz, wer häufiger Lebensmittel mit "Label" kauft wie "Bio" oder "Fair Trade". Auch wer so gut wie nie Essbares wegwirft, kommt besser weg.

    Der Grundgedanke dabei, wie bei den weiteren folgenden Punkten: Die Produktion der Waren und Dienstleistungen, die konsumiert werden, verursacht jeweils bestimmte Mengen an Treibhausgasen, die in die Atmosphäre ausgestoßen werden und damit das Klima aufheizen. Das kann man ziemlich genau berechnen. Beim Abschnitt Ernährung haben manche Lebensmittel eben weniger Ausstoß zur Folge; und wenn bei anderen generell weniger verbraucht würde, wäre ebenfalls dem Klima geholfen.

    Der Haken an dieser Logik: Sie wird vom Ende her gedacht. Der Verbraucher entscheidet nicht, wie all die Lebensmittel hergestellt werden. Er ist lediglich das letzte Glied in einer langen Kette der Anstrengungen der Hersteller und Händler, mit ihren Waren Gewinn zu erzielen.

    Wie die Böden mit Monokulturen, unter Einsatz von Pestiziden, Insektiziden, Fungiziden und allen möglichen technischen Hilfsmitteln und der Natur gegenüber rücksichtslosen Gerätschaften ausgebeutet werden, mit welchen schlecht bezahlten und extrem strapazierten Arbeitskräften dies geschieht, um möglichst viele und vermarktbare Produkte möglichst billig herzustellen – das alles entscheidet nicht der Verbraucher. Er ist nicht dafür verantwortlich und hat es daher auch nicht in der Hand, wie viele klimaschädliche Gase dabei entstehen. (…)  

    Der persönliche CO2-Fußabdruck wirft die ohnmächtigen Empfänger von klimaschädlichen Waren und Dienstleistungen in einen Topf mit deren Herstellern – und mit denen, die diese klimaschädliche Art der Herstellung sowohl grundsätzlich erlauben als auch ihr Grenzen setzen, den staatlichen Instanzen.

    Für das Kapital und den Staat ist diese Gleichsetzung sicher nützlich. Sie schürt zwei Ideologien: Zum einen die Behauptung, der Wirtschaft ginge es um die möglichst optimale Versorgung des Volks mit Lebensmitteln, wozu auch deren Klimaverträglichkeit gehöre. Zum anderen die Vorstellung, dass der Staat nichts mehr im Sinn hat, als die Bevölkerung vor dem Klimawandel zu schützen.

    Wer beides unterschreibt, sieht sich als Teil einer großen Einheit, die zusammen auf ein gemeinsames Ziel zusteuert. So leisten "wir alle", jeder "an seinem Platz" unseren Beitrag zur Weltrettung. Die Akteure des Klimawandels sind damit aus dem Schneider."

    https://www.heise.de/tp/features/CO2-Fussabdruck-Wie-ein-PR-Trick-von-den-Machern-des-Klimawandels-ablenkt-6152267.html?seite=all

  23. Beim Einkreisen Chinas soll die gesamte westliche Welt mitmachen. So lautet der US-Antrag. Deutschland will unbedingt auch mit dabei sein.

    https://www.heise.de/tp/news/Fregatte-Bayern-Den-chinesischen-Machtanspruechen-etwas-entgegensetzen-6157863.html

    Sich auf China zu konzentrieren, und sich aus Afghanistan und Irak zurückzuziehen – auch so setzt Biden die Politik seines Amtsvorgängers fort. Aber dazu braucht es, seiner Ansicht nach, die gesamte westliche Welt.
    Dazu verhält sich die deutsche Politik insgesamt ansonsten aber eher zögerlich…
    https://www.tagesschau.de/inland/laschet-china-101.html

  24. "Deutschland will unbedingt auch mit dabei sein."

    Wirklich? Woraus schließt du das denn? doch nicht aus dieser symbolischen Kriegsführung mit einer(!) Fregatte?

  25. @Leser & Neoprene

    Die Frage ist: Was heißt „dabei“?

    Wir waren ja früher schon einmal der Ansicht, daß diese Fregättchen eher symbolischen Charakter haben, um die NATO-Bündnistreue unter Beweis zu stellen.

    Ob das dann auch für den Ernstfall gilt, das Dabeisein, wird sich genau in dem Augenblick weisen, wo es den Ernstfall gibt.

  26. Übrigens fehlen mir sehr die Beiträge von NN aus jW und German Foreign Policy sowie Telepolis.

    Da NN irgendwie verschwunden zu sein scheint, will vielleicht wer anderer die übernehmen?

  27. Dass ausgerechnet die SPD, die unter dem Kanzler Schröder mit dem Sozialstaat aufgeräumt hatte wie keine andere bürgerliche Partei zuvor sich das getraut hatte, anderthalb Jahrzehnte später als Kritikerin von Sparpolitik und  "Neoliberalismus" auftritt   –  das ist  eher ein übler Treppenwitz.

    Zur heutzutage gängigen Kritik am "Neoliberalismus" meint Stephan Kaufmann:         https://www.nd-aktuell.de/artikel/1155574.soziale-sicherheit-der-staat-als-retter-helfer-finanzier.html?sstr=Stephan%20Kaufmann

    —-

    Zu der anscheinend grad nicht mehr so aktuellen Unterscheidung zwischen gesellschaftlich anständigem guten Kapital und den bösen selbstsüchtigen Finanzheinis sei für Linke und deren flotte Einsortierung von bloß ‘fiktivem’ Kapital zusätzlich noch eine Fußnote nachgetragen  (aus einem GSP-Artikel, den nestor in seinem Download-Bereich verlinkt hat):  https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/linke-zur-krise#fn1

  28. Der Schröder-Kurs der SPD ('Modernisierung der kompletten Innenpolitik der BRD und ihrer Insassen für den Weltmarkt') wird übrigens nicht gecandelt, sondern fortgeschrieben. Hatte die Schröder-SPD noch alles dafür getan, Sozialwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln lassen zu können,  so sorgt sich der Kandidat auch jetze nicht darum, dass das als Strategie falsch gewesen sei. Sondern dem kleinen Arbeiter solle der Traum weiterhin ermöglichbar bleiben, selber für seine Familie Haus und Grundstück,  oder zumindestens Wohneigentum in den Städten, sich zulegen zu können.  Angekündigt hat der Kandidat dabei lediglich, dass er diese Vorstellung über solcherart 'Lebensträume' goutiert.  Und so beim Wahlkämpfen dem Arbeiter darin seinen Respekt dafür zollt, dass der ihn dafür wählen solle. Sahen die "Wahlversprechen" früher  eigentlich mal weniger halbseiden aus?
    https://www.heise.de/tp/features/Von-Wahlversprechen-und-Gummistiefeln-6151634.html?seite=all

  29. @Leser

    „gecandelt“ ?

    Was den „Neoliberalismus“ betrifft, so war er von seinen Kritikern immer falsch bestimmt: Privatisierung schlecht, Sozialstaat gut! Sie plädierten für einen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz, bei dem die Opfer der Konkurrenz im sozialen Netz aufgefangen werden.

    Der heutige Staatsinterventionismus ist nur der gleiche politökonomische Konkurrenzgedanke, angepaßt an die neuen Bedingungen, von denen der Washington Consense und überhaupt das Credo der Freien Marktwirtschaft immer getragen war und wird: Während man sich mit „Zukunftsindustrien“ in die Pole Position bringen will, werden andere Staaten dazu animiert, doch die „marode“, „Zombie“-Gegenwartsindustrie zuzusperren.

    Man kann voraussagen, daß das eine weitere Schwächtung der EU zur Folge haben wird, weil irgendwo muß das Zeug ja eingekauft werden, was auf einem nationalen Territorium nicht mehr produziert wird, und mit welchem Geld? Also wo wird die Zahlungsfähigkeit herrühren, die mit Vernichtung von Produktion einhergeht?

    Rückerinnerung:

    Die Trostlosigkeit der Neoliberalismus-Kritik: DIE SELBSTBEWUSSTE LEUGNUNG DER WIRKLICHKEIT

  30. … nicht nur in Großbritannien …

    Der europäische Traum, erst die USA zu überholen und dann, nach Platzen der Finanzblase, wenigstens in ihrem Schlepptau noch etwas darzustellen, ist vorbei. Die Entrüstung über den US-Abzug gilt daher nicht den Afghanen, sondern dem eigenen imperialistischen Selbstverständnis, das damit einen schweren Dämpfer erlitten hat.

  31. Die USA haben nämlich hiermit Europa gegenüber klargestellt, daß sie gar nicht mehr die Lokomotive sein, wollen, die den imperialistischen Zug weiterzieht.

    Es ist schon lustig: Trump ging und die EU-Staaten atmeten auf: Endlich wieder normale Verhältnisse mit den USA! Nur haben sie sich die „Normalität“ anders vorgestellt, und nicht so, daß die US-Führung sagt: Macht euch euren Dreck alleine!

    Ich bin auch neugierig, wie sich das Verhältnis zu Rußland gestaltet, ob die USA auch da Müdigkeit zeigen angesichts dieser (Neben?)front.

  32. Ergo, wer hätts gdacht, machtvolle Diskussionen über militärische Luftschlösser und über die fällige Flüchtlingsbekämpfung werden machtvoll … diskutiert :         "Die EU brauche eine eigene schnelle militärische Eingreiftruppe, so EU-Außenbeauftragter Josep Borrell, das zeigten die Ereignisse in Afghanistan. Borrell sei gewillt, die Diskussion darüber voranzutreiben, sagte ein EU-Beamter am Dienstag in Brüssel. So hätte eine solche Eingreiftruppe einen Weiterbetrieb des Flughafens in Kabul für Evakuierungsflüge absichern können. Bisherige Überlegungen sahen eine 5000 Soldaten starke Einheit vor, die in kurzer Zeit in Krisenländer verlegt werden kann, zum Beispiel für den Anti-Terror-Kampf in Mali.  (…)    Während die UNO die Taliban auffordert, Ausreisewillige nicht festzuhalten, wollen EU-Staaten ihre Grenzen für afghanische Flüchtlinge aber nicht öffnen; insbesondere Österreich, Tschechien, Slowenien und Dänemark sperren sich. »Bleiben Sie dort«, sagte Österreichs Innenminister Karl Nehammer am Dienstag vor dem Sondertreffen der EU-Innenminister. Luxemburgs Migrationsminister Jean Asselborn kritisierte diese Linie scharf. Bundesinnenminister Horst Seehofer lehnt Kontingente für Schutzbedürftige ab: »Ich halte es nicht für sehr klug, wenn wir jetzt hier über Zahlen reden«. Er fürchtet einen »Pull-Effekt« und will die Nachbarstaaten unterstützen.           https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156168.afghanische-gefluechtete-eu-aussenchef-will-schnelle-eingreiftruppe.html

  33. Wollen hätten wir schon können, aber dürfen haben wir uns nicht getraut … oder: Hätt i do und war i do … so könnte man Borrells Äußerungen kurz zusammenfassen.

    Was die Aufnahme-Unwilligkeit betrifft, so war die schon vorher groß, aber jetzt kann man ja auch nicht mehr abschieben nach Afghanistan. Auch in die Nachbarländer wirds nicht gehen, weil die keine Schubabkommen unterzeichnet haben. Ghani war eine ideale Marionette, nachdem er – vermutlich gegen entsprechendes Bakschisch – ein solches unterzeichnet hat.

    Was den Flughafen angeht, so vermute ich eine Einigung. Die Türkei läßt sich sicher die Gelegenheit nicht entgehen, sich als jemand zu präsentieren, der mit den Taliban umgehen und Geschäfte machen kann.  Und die Taliban brauchen Piloten und Mechaniker.

  34. Nick Brauns in der jw, 4.9. über die Rolle der Türkei:

    "Taliban – Bändiger

    (…)  Türkische Soldaten zum Schutz des Flughafens wollen die Taliban zwar nicht akzeptieren, auch in der Türkei wäre so ein Militäreinsatz unpopulär. Doch Erdogan hat vorgesorgt. Mit Hilfe der Söldnerfirma Sadat wurde im türkischen Besatzungsgebiet in Nordsyrien eine 10.000köpfige islamistische Fremdenlegion aufgestellt. Deren Kämpfer, darunter frühere Mitglieder von Al-Qaida und des »Islamischen Staats« (IS), kamen bereits in Libyen und im Kaukasus zum Einsatz. Demnächst dann wohl in Kabul.   (…)

    Der Türkei komme in Afghanistan eine »Schlüsselrolle« zu, hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Bedeutung des einzigen muslimischen Mitglieds der Kriegsallianz betont. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu bereits vor einer Woche Unterstützung für den Wiederaufbau des Kabuler Flughafens zu. Vor allem erhofft sich Erdogan eine Verbesserung des Verhältnisses zu den USA. Denn zwischen beiden NATO-Mächten gibt es Spannungen wegen des Kaufs russischer »S-400«-Luftabwehrraketen durch Ankara, aber auch aufgrund der US-Unterstützung für kurdische Milizen in Syrien.

    Im Windschatten der Afghanistan-Krise hat die Türkei ihre Angriffe auf Kurden im Norden Syriens und des Irak intensiviert. In der Nacht auf Freitag beschossen Drohnen im nordirakischen Sindschar erneut eine Miliz der Jesiden, die zur Selbstverteidigung dieser Glaubensgemeinschaft nach dem völkermörderischen Überfall des IS gebildet wurde. Wenige Stunden später bombardierten Drohnen das Flüchtlingslager Machmur, dessen kurdische Bewohner in den 90er Jahren aus der Türkei geflohen waren. Nur mit Zustimmung der USA, die den Luftraum in der Region kontrollieren, kann Ankara als faktische Luftwaffe des IS dessen Massaker an Kurden und Jesiden fortsetzen. Im Gegenzug wird der Türkei als trojanischem Pferd der NATO in der islamischen Welt die Aufgabe des Taliban-Bändigers zugedacht.

    https://www.jungewelt.de/artikel/409730.taliban-b%C3%A4ndiger.html

  35. Warum überhaupt wurde denn die Bundeswehr eigentlich damals nach Afghanistan geschickt?  

    Antworten im gerade erschienenen ersten Teil einer dreiteiligen Artikelserie auf Heise/TP       

    https://www.heise.de/tp/features/Warum-wurde-die-Bundeswehr-nach-Afghanistan-geschickt-6179451.html?seite=all

    Der Artikel gibt kurz und knackig gehaltene Antworten z.B. darauf, was es mit den Werten von “Freiheit” und “Bündnissolidarität” auf sich hat, und wieso die BRD damals unbedingt “mehr Verantwortung” zu übernehen gewillt war ….

  36. Na ja, ob die Taliban unbedingt IS-nahe Söldner bei sich auf dem Flughafen haben wollen, wird sich auch erst weisen.

    Die Beteiligung der Bundeswehr am Afghanistan-Einsatz läßt sich kurz zusammenfassen als den Willen, an Weltmacht zu partizipieren. Da ist ihr jetzt ein wichtiges Einsatzgebiet abhanden gekommen. Und die bittere Erkenntnis läßt sich nicht mehr ganz leugnen, daß es mit der Weltmacht nicht so weit her ist. Weder der eigenen, noch derer die abtretenden Weltmacht USA.

     

  37. Björn Hendrig:  Was hat die Bundeswehr in Afghanistan bewirkt?

    (…) Die unübliche Antwort: Wenn die Herrschaft es befiehlt, ist es die verdammte Pflicht jedes Soldaten, sein Leben gegen den ausgemachten Feind aufs Spiel zu setzen und für den Kriegszweck zu töten. Fragen zum Sinn der Veranstaltung sind verboten. Dabei hat sich die Bundeswehr tatsächlich "professionell" verhalten: Einige starben, einige mehr wurden verwundet; und sie töteten auch, nicht nur gegnerische Kämpfer. Zwischendurch gaben sie ihr Know-how an die afghanischen Kollegen weiter und griffen zu Hammer und Schraubenzieher. So leisteten sie den "wichtigen Dienst", dass auf Deutschland grundsätzlich Verlass ist – wohlgemerkt aus Sicht der NATO-Partner, nicht der Afghanen. (…)  
    Wer [als Afghane] seinen Lebensunterhalt auf halbwegs solider Basis sichern wollte, musste entweder im Drogengeschäft sein oder sich mit den vom Westen installierten Amtsträgern gut stellen beziehungsweise noch besser selber einer sein – Einfallstor für florierende Korruption. Der größere Rest des Volkes verblieb in bitterer Armut – und hatte keinen positiven Grund, auf die vom Westen ausgehaltenen Machthaber in der Hauptstadt zu setzen, geschweige sie gegen die Talilban zu verteidigen. Die Deutschen hielten sich dessen ungeachtet von Anfang bis Ende an zugute, "zivile" Aufgaben zu erfüllen, den Einsatz nicht nur aufs Militärische zu konzentrieren. So machte man aus der Schwäche eine Stärke, distanzierte sich en passant von den Amerikanern, die, so der Vorwurf, an den nötigen Aufbau "demokratischer Strukturen" keine Minute dächten.   (…)
    [Teil 3:  'Wie lautet die Bilanz der Bundeswehr-Mission' – folgt noch]      
    https://www.heise.de/tp/features/Was-hat-die-Bundeswehr-in-Afghanistan-bewirkt-6179449.html

  38. Die Demonstration der Verläßlichkeit ging nicht nur Richtung NATO oder USA, also ins Ausland. Sicherlich war auch eine Vorbildrolle fürs Inland beabsichtigt: Wir verteidigen unsere Freiheit am Hindukusch, mit Waffe und Schraubenzieher!

    Aber das ist irgendwie in die Hose gegangen, also es ist vorstellbar, daß künftige Auslandseinsätze nicht mehr so glatt über die Bühne gehen werden, wegen Widerstand im Parlament und im Militär.

    Es ist wahrscheinlich, daß sich die NATO überhaupt von Auslandseinsätzen verabschiedet und auf den Betrieb von Basen im Ausland und Manövern an feindlichen Grenzen verlegt. Provokationen und Grenzverletzungen sind also vorprogrammiert. Alles natürlich unter dem Oberkommando der USA, weil ein anderer Pol ist im Freien Westen nach wie vor nicht sichtbar.

  39. Was die geostrategische Lage betrifft, so sei daran erinnert, daß die USA mit sehr viel Gerät und vermutlich auch Streitkräften im irakischen Kurdistan, in der Region um Erbil, präsent sind. Militärisch können sie von dort den Iran und Syrien im Auge behalten bzw. drangsalisieren. Das ganze wird finanziert durch den Abtransport syrischen Erdöls aus der Gegend von Deir-ez-Zor, und dessen Weiterverkauf über die Türkei – ein Dreiecksgeschäft, bei dem die Türkei, die USA und der Barzani-Clan zusammenarbeiten.

    Es ist anzunehmen, daß auch Militär aus EU-Mitgliedsstaaten dort stationiert ist, das wird aber nicht an die große Glocke gehängt.

    Das ist der strategische Hintergrund dafür, daß sich die USA aus Afghanistan zurückgezogen haben – sie haben dadurch ihre Kräfte in dieser Region konzentriert.

    Die Evakierungsflüge aus Kabul gingen vor allem nach Doha, einige wenige nach Taschkent. Von wo die Leute weiter transportiert worden sind, weiß man nicht. Es handelt sich hierbei weniger um Afghanen – die sind im Nordirak nur bedingt einsetzbar –, sondern vor allem um diplomatisches und militärisches Personal.

  40. Der dritte Teil der Serie bei Heise/TP von Björn Hendrig:    "Wie lautet die Bilanz der Bundeswehr-Mission in Afghanistan?"  endet wie folgt:

    “(…) Noch nicht einmal konnten die Deutschen den Flughafen in Kabul für die Evakuierung sichern. Das vermochten nur die US-Streitkräfte. Armin Laschet regt das auf: "Warum sind wir als Europäer dazu nicht in der Lage? Es muss eine Lehre sein, international – nicht in der ganzen Welt – bei bestimmten Einsätzen als Europäer handlungsfähig zu sein." (Bild TV, 22. August 2021) Da ist sie wieder, die Sehnsucht nach einer eigenständigen Gewalt – die zuschlagen kann ganz ohne die USA.

    Deutschland hat "versagt": Vor dem eigenen Anspruch, eine bestimmende Weltmacht zu sein, die als leuchtendes Vorbild für ein erfolgreiches Herrschaftssystem (i.e. Demokratie) und ebenso erfolgreiche Ökonomie (i.e. Kapitalismus) auf dem Globus gelten will – und als solches den nötigen Respekt der anderen Nationen einfordert, ob verbündet oder in Konkurrenz. Und es hat versagt, weil es eingestehen muss, militärisch immer noch nur die zweite Geige zu spielen. Das so vorgeführt zu bekommen wie nun in Afghanistan – das tut jedem aufrechten deutschen Politiker wirklich weh.

    Was bedeutet das für die nächsten Aktionen der Bundeswehr in der Welt? Bundeskanzlerin Angela Merkel hat da bereits einen Hinweis gegeben: Man sollte künftig die Ziele "kleiner fassen". Also nicht mehr allzu großspurig behaupten, bei den Einsätzen gleich das ganze Demokratie-Paket mit zu exportieren. Die Begleitmusik dürfte sich daher ändern. Ein Abschied von kriegerischen Interventionen lässt das aber nicht erwarten. Es sieht eher nach dem Gegenteil aus."

    https://www.heise.de/tp/features/Wie-lautet-die-Bilanz-der-Bundeswehr-Mission-in-Afghanistan-6179453.html

  41. Und es hat versagt, weil es eingestehen muss, militärisch immer noch nur die zweite Geige zu spielen.

    Da lach ich aber. Nicht einmal in der NATO ist Deutschland die 2. Geige, da ist immer noch Frankreich weiter vorne, und Polen holt auf. Deutschland dachte vielleicht, durch den Brexit kann es sich da in die 2. Position katapultieren.

    Was den Flughafen von Kabul angeht, so war das doch gar nie angedacht, daß Deutschland den sichern sollte. Die hätten doch gerne den zweitwichtigsten in Masar-e-Scharif übernehmen können, dort waren sie nämlich stationiert. Das war aber anscheinend nie geplant:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Camp_Marmal#%C3%9Cbergabe_an_das_afghanische_Milit%C3%A4r_und_weitere_Entwicklung

    Also daß die ganze NATO-Mannschaft von den Taliban so vorgeführt wurde, liegt schon auch an ihr selbst.

  42. Ganz interessanter Artikel im „Standard“ über die Art und Weise, wie Geheimdienste zusammenarbeiten und was dabei herauskommt:

    BVT-AFFÄRE

    Syrischer "Foltergeneral" in Wien: Wie ein Mossad-Deal zum Fiasko wurde

    Der israelische Geheimdienst bat das BVT, einen syrischen Überläufer in Wien zu verstecken. Er soll Kriegsverbrechen begangen haben, nun gibt es weitreichende Ermittlungen

    https://www.derstandard.at/story/2000129545393/syrischer-foltergeneral-in-wien-wie-ein-mossad-deal-zum-fiasko

  43. Wie (mangelnde Verfügung über) Weltgeld aktuell als Erpressungsmittel gegen die Taliban funktioniert,  wird nictht groß verschwiegen. Wie die politische Herrschaft der USA den Dollar aber auch ansonsten und ganz prinzipiell weltweit als eigentümliche 'Kriegswaffe' einsetzt, erläutert Stephan Kaufmann:

    “(…) Das war früher anders. So konnte sich im Kalten Krieg die Sowjetunion Dollar bei europäischen Banken leihen. Dass die US-Regierung nicht wusste, wer auf der Welt sich ihre Währung verschaffte, kümmerte sie jahrzehntelang nicht. Das änderte sich mit dem »Krieg gegen den Terror«. In ihm, sagte von 20 Jahren Außenminister Donald Rumsfeld, »sind wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen so wichtig wie militärische«.
    Bei der Überwachung des Weltfinanzmarkts nutzen die USA heute insbesondere die zentrale Stellung der New Yorker Banken im internationalen Zahlungssystem, das über Korrespondenzbanken abgewickelt wird. Ein vereinfachtes Beispiel: Wenn ein iranisches Unternehmen eine Maschine in Deutschland kaufen will, wird die Zahlung über die deutsche und die iranische Bank abgewickelt. »Da nun aber nicht alle Banken auf der Welt miteinander in Kontoverbindung stehen, müssen dritte und vierte Banken als Vermittler eingeschaltet werden«, erklärt der Finanzwirtschaftler Friedrich Theißen in einem Artikel im »Wirtschaftsdienst«. Es lasse sich dabei praktisch immer eine Kette von Banken finden, die miteinander Kontoverbindungen haben. Die wichtigsten Vermittler in diesem System sind jene Banken, die von vielen Marktteilnehmern benutzt werden. Und diese zentralen Knoten sind die großen US-Banken, die in der ganzen Welt Geschäfte finanzieren und für Kreditinstitute Zahlungsaufträge weiterleiten. Sie haben damit die nötigen Informationen – und müssen sie inzwischen an Washington weiterleiten.

    Daneben setzt die Überwachung bei der Übermittlung von Buchungsdaten durch die in Belgien ansässige Genossenschaft Swift an. Swift hat ein Netzwerk standardisierter Nachrichten entwickelt, über das der weltweite Auslandszahlungsverkehr abgewickelt wird. Durch das 2010 geschlossene Swift-Abkommen mit der EU erhalten die USA nun Zugang zu allen Überweisungsdaten und damit zu den Hintergründen von Zahlungen. Zudem können die USA, wie im Fall Iran, Banken eines Landes vom Swift-System abklemmen. Damit wäre eine Bank »faktisch vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten«, so Theißen.

    Ergebnis: »Spätestens seit 2009 erfahren die US-Banken und die sie beaufsichtigenden Behörden die Identität der wirtschaftlich Begünstigten jeder einzelnen Dollar-Transaktion weltweit«, erklärt Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. »Damit haben die US-Behörden die Möglichkeit, Sanktionen weltweit zu erzwingen – nicht nur bei heimischen Banken, sondern auch bei ausländischen.« Denn Washington kann auch europäischen Geldhäusern damit drohen, ihnen den Zugang zum Dollar und zum US-Finanzsystem zu versperren, sollten sie den US-Sanktionen nicht Folge leisten. Und das kann sich keine Bank leisten.
    »Nur der Status des Dollars als Welt-Leitwährung verschafft den USA die Möglichkeit, ihre Sanktionspolitik weltweit durchzusetzen«, erklärt Leuchtmann. (….)”

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156442.september-us-dollar-netze-im-finanzstrom.html

  44. So konnte sich im Kalten Krieg die Sowjetunion Dollar bei europäischen Banken leihen. Dass die US-Regierung nicht wusste, wer auf der Welt sich ihre Währung verschaffte,

    Ich nehme an, sie wußten das sehr wohl und es war ihnen auch recht. Damals ging es ja darum, sich über Verschuldung Einmischungstitel zu sichern. Die SU oder China waren ja auf die Dollars nicht angewiesen, sie hatten mitsamt ihren Satelliten- bzw. Partnerstaaten einen eigenen, auf Tausch und Barter-Verrechnung basierenden Warenumlauf und -export.

    Es war also wichtig, sie in den Strudel der $-Verschuldung hineinzuziehen, um dann die Kredit-Daumenschrauben anziehen zu können, wofür ein schönes Beispiel die Polenkrise 1980/81 war.

    Heute, nach dem Ende des Kalten Krieges, ist der Zugang zu Weltgeld das Um und Auf und deshalb ist es ein probates Mittel, Staaten davon auszuschließen, um ihnen Schwierigkeiten zu bereiten. (Unter Zahir Schah betrieben die USA genau die umgekehrte Politik gegenüber Afghanistan und drängten ihm möglichst viele kreditfinanzierte Projekte förmlich auf, um Afghanistan aus dem sowjetischen Orbit herauszulösen.)

    Das chinesische Konzept der Barterkredite und der Neuen Seidenstrasse unterläuft jedoch dieses US-System, weil es Warenströme und Infrastruktur-Investitionen ohne $ ermöglicht.

  45. Der Osthandel war bereits 1981 Gegenstand in den "Resultaten" (Imperialismus 3)  …

    https://de.gegenstandpunkt.com/kapitel/imperialismus-3/osthandel#toc_1799951551

    Politisch ging das einher mit diversen Vereinbarungen der sog. "Rüstungskontrollpolitik"/Ostpolitik/"friedliche Koexistenz".

    Interessanter finde ich allerdings die Erläuterung bei Stephan Kaufmann, wie heutzutage mittels des Dollars ganze Ökonomien abgeschnürt werden können….  (Was auch den Euro-Staaten als wuchtiges Faktum nicht nur beim Thema Iran bekannt gemacht worden ist.)

  46. Ja, sie können „abgeschnürt“ werden, aber als die Wunderwaffe, widerspenstige Staatsgewalten in die Knie zu zwingen, erweisen sich Sanktionen und Blockaden letztlich auch nicht – weil China und Rußland da sind und sich mit ihrer Hilfe Möglichkeiten finden, diese Volkswirtschaften doch weiter am Laufen zu halten.

    Kriegsträchtige Gegensätze sind dadurch in die Welt gesetzt.

  47. Nach wie vor ist es vor allem Frankreich, das sich in der EU mit einer eigenständigen Militärpolitik zu profilieren sucht. Angeblich liebäugeln sie damit, an Stelle der USA die imperialistische Oberaufsicht über den Irak zu übernehmen. Oder soll das als Drohung gegenüber den USA funktionieren?  (Eingedenk dessen, dass im kurdischen Teil bekanntlich  ein riesiger Stützpunkt des Westens existiert, von dem nestor gelegentlich berichtete.)

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/frankreich-nicht-bereit-den-irak-im-falle-eines-us-rueckzugs-zu-verlassen/

    Solche “regionale Verantwortung für Sicherheit” und zwar nur von von jeweils “willigen” EU-Staaten, – das scheint der aktuelle Konsens zur Militärpolitik innerhalb der EU zu sein.

    https://taz.de/Nach-dem-Afghanistan-Desaster/!5798663/

  48. "Solche “regionale Verantwortung für Sicherheit” und zwar nur von von jeweils “willigen” EU-Staaten, – das scheint der aktuelle Konsens zur Militärpolitik innerhalb der EU zu sein."
    Mehr ist buchstäblich nicht drin für die anspruchsvolleren Staaten der EU. Wobei es schon schwierig wird, auch nur regionjal "Verantwortung" für "robuste Einsätze" zu übernehmen und wenigstens ein Minimum an "Konsens" dafür zustande zu bringen.

  49. Oberaufsicht über die Region des Irak zu bekommen – ist deswegen interessant, weil dieser regionale Hotspot nahe an weiteren 'Krisenherden' liegt, und man deshalb als Weltordnungsmacht mitreden kann (anstatt die Region einerseits den Russen, andererseits den Chinesen zu überlassen?)???  –   Und das erbringt dann für wen – was genau ?
    Die Region wimmelt nur so von selbsternannten oder von interessierten Staaten beauftragten einander spinnefeindlichen Milizen, und die alle könne man viel besser als die Amis benutzen, oder unterordnen, oder vernichten, oder gar “einbinden” – worin denn eigentlich?

  50. Der Status des Irak ist nach wie vor völlig ungeklärt. Die USA haben zwar das Gros ihrer Trupen abgezogen, aber keiner weiß, wieviele sie noch dort haben und wo. Einmal wird ein Camp irgendwo in der Pampa von iranischen oder irakischen Milizen bombardiert und ein Ami kommt ums Leben. Dann wieder besucht Trump Truppen in Bagdad – oder außerhalb davon? – und läßt sich dort fotografieren.

    Auch die Kurdistan-Besatzung und dortige Geschäfte sind top secret – wo verläuft die Grenze und wie sieht sie aus? Die Kurden mußten Kirkuk räumen und dem Rest-Irak überlassen. Wie funktioniert der Rest-Irak und wohin wird das Erdöl verkauft, wer streift dafür Profit ein? US-Firmen, Europäer, irakische Politiker? Was fließt direkt in die Taschen der Besatzungsmacht bzw. -mächte? (Hinweis: Die Kosten der Besatzung des Kosovo wurden lange, von Kouchner als seinerzeitigem KFOR-Kommandanten eingefädelt, aus den Erlösen der unter sehr prekären Bedingungen abgebauten Erzen der Trepča-Mine finanziert, bei entsprechendem Bakschisch für Thaçi & Co.)

    Die Franzosen könnten einen Deal mit dem Iran machen und den Rest-Irak gemeinsam aussaugen, das wäre ein vorstellbares Drehbuch.

    Die ganze Idee des „nation building“ und des Einsetzens von willigen Regierungen, wofür die Jugoslawienkriege das Drehbuch lieferten, ist inzwischen in eine Art schamloses Raubrittertum gemündet, gegen das die seinerzeitigen Kolonialmächte noch gut ausschauen. Die begingen zumindest ihre Gemetzel und dergleichen öffentlich und im Bewußtsein der überlegenen Zivilisation.

    Heute wird überall in den Medien und Parlamenten von Menschenrecht, Demokratie und Emanzipation gefaselt und dort wie hier füllen sich alle nur die Taschen, und knallen links und rechts ab, was sich ihnen in den Weg stellt.

  51. Und die EU will – zumindestens den Reden nach – unbedingt mitschießen …

    "Einmal im Jahr hält die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Rede zur Lage der Europäischen Union. Traditionsgemäß blickt sie dabei auf das vergangene Jahr zurück und wagt einen Ausblick in die Zukunft. Ursula von der Leyens (CDU) diesjährige Rede, die sie am Mittwoch vorm EU-Parlament im französischen Straßburg hielt, drehte sich um das europäische Seelenleben. »Europa braucht eine Seele, ein Ideal«, zitierte sie den französischen EU-Gründervater Robert Schuman. (…)  Die Rede der Präsidentin enthielt viele brisante Punkte, die wenig Herzenswärme ausstrahlten. Etwa die Pläne zur weiteren Aufrüstung der EU, um sie als militärischen Akteur auf der Weltbühne zu etablieren. »Wir müssen Stabilität in unserer Nachbarschaft garantieren«, sagte sie und prophezeite, dass künftig bei Militäreinsätzen »Nato und UN nicht präsent sein werden, aber die EU«.   (…)  Fakt ist: Die ersten Weichen für eine »Europäische Verteidigungsunion« sind im aktuellen Haushalt bereits gestellt: Mehr als 24 Milliarden Euro stehen dort für militärische Projekte bereit."   (…)

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156614.europaeische-union-ein-herz-fuer-kriege.html

    “Auch andere, wie etwa der ehemalige CDU-Vorsitzende des EU-Außenausschusses Elmar Brok, blasen jetzt im Windschatten der Ereignisse in Afghanistan ins selbe Horn. Eine „Strategische Autonomie“ sei „angesichts der Politik der vergangenen vier US-Präsidenten dringend geboten“, wolle man nicht die „Welt in einem fließenden Prozess an China übergeben.“ Damit solle auch erreicht werden, dass die USA die EU als „gleichwertigen Partner annehmen“ und „ein wirkliches Mitspracherecht“ einräumen.”

    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/bitter-und-zynisch

  52. Da die Regierung Malis neben Truppen aus Frankreich und Deutschland auch um Unterstützung durch eine russische Söldner-Truppe angefragt haben soll, könnte sich nach dem Abzug aus Afghanistan nun auch ein schnelles Ende des dt. Bundeswehr-Einsatzes in Mali ankündigen.  So mumaßt jedenfalls gerade das zdf  'heute-journal'  –  und   bemängelt, dass diverse Prozeduren parlamentarischer Beschlussfassung hier aktuell nicht eingehalten würden…

  53. Das öde an so „kritischen“ Artikeln wie dem über Brasilien ist, daß man zwar detailliert über Machtkämpfe, die Justiz und die Korruption informiert wird, gepaart mit demokratischem – in diesem Falle negativem – Personenkult, aber über Brasilien selber eigentlich wenig erfährt.

    Wenn man ein paar Namen und Fakten auswechselt, könnte das Gleiche über Viktor Orbán und Ungarn dastehen.

    Regiert wird, um sich zu bereichern, der Führer sucht sich eine ihm genehme Justiz einzurichten, füllt sich die Taschen und klebt an seinem Sessel, damit es möglichst lange so weitergeht.

    Mit solchen Schrieben werden nur alle Ideale über Demokratie und gute Herrschaft bekräftigt, und mit vorgegebenen Textbausteinen den Bösewichten abgesprochen, daß sie in diese vorgestellte staatsbürgerliche Idylle hineinpassen.

  54. Das ganze Blabla in Deutschland um militärische Einsätze im Ausland liegt daran, daß ja keineswegs entschieden ist, wer Freund und wer Feind ist. Man möchte es zwar den USA recht machen, aber hat selbst überhaupt kein Konzept, gegen wen es denn nun gehen soll.

    Russland?
    Islamischer Terrorismus? (Wie nur? Die Zellen sitzen ja in Deutschland selbst bzw. in der EU …)
    Assad?
    China? (oh Gott, nur das nicht – brüllt die gesamte deutsche und EU-Industrie)
    Nordkorea?
    libysche Warlords?
    Maduro?

    Nach dem Afghanistan-Debakel ist das Dilemma größer den je.

  55. Die FAZ empfiehlt der EU, Australien abzuhaken. Und sich um Indien zu kümmern…

    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/u-boote-fuer-australien-eine-lektion-in-realpolitik-17548124.html

    Zwischen Indien und Australien gibt es zwar Hakeleien, – aber soll das ein Ausschlag gebender Grund für europäische Hinwendung zu Indien abgeben?
    “Indian bashing a la Australia. Alle eingebuergerten Inder, die gegenwaertig in Indien sind, duerfen nicht nach Hause kommen. Wer’s trotzdem versucht, wird mit Gefaengnis oder einer Geldbuße von 62.000 AU$ bestraft …. verfuegte vorgestern der australische PM.”
    https://www.freitag.de/autoren/hreinhardk/entwicklungshife-dringend-gebraucht

    (Es ging übrigens um eine nationalistische Variante der ‘Null-Covid-Strategie’ Australiens, die aktuell angesichts der Delta-Variante und niedriger Impfquoten in Australien komplett gescheitert ist und aktuell sogar zu Gegensätzlichkeiten innerhalb der Provinzen Australiens geführt hat.)

    Kronauer in der jw erläutert europäische Dilemmata:

    https://www.jungewelt.de/artikel/410911.die-eu-im-dilemma.html

    Einen roten Faden durch deutsche bzw. europäische Weltaußenpolitik gibt es schon deswegen nicht, weil – bisher – samt und sonders, wirklich alles, unter den Vorbehalt des Sonderverhältnisses zu den USA gestellt wurde.

  56. Macrons Idee, Frankreich könne die USA im Irak als Führungsmacht beerben, ist übrigens der Sache nach sowieso eher abwegig:

    "Die Meldung, die nach dem Treffen zwischen US-Präsident Biden und Iraks Regierungschef Al-Kasimi weithin Beifall erhielt, wird zumeist etwas knapp wiedergegeben, denn: Es geht nicht um einen Rückzug aus Irak. Washington ersetzt nur seine Kampftruppen durch solche, die die irakischen Sicherheitskräfte lenken, leiten, ausbilden und mit den gelieferten Gerätschaften vertraut machen. Man will also das Land und die geostrategisch wichtige Region nicht verlassen, sondern nur mit weniger Aufwand beherrschen. Nicht zuletzt, weil sich die USA alle Optionen gegen Iraks Nachbarn Iran offenhalten und ein Gegengewicht zu Russlands Syrien-Präsenz halten wollen."

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154974.irak-kein-ende-der-us-praesenz.html?sstr=Biden

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/frankreich-nicht-bereit-den-irak-im-falle-eines-us-rueckzugs-zu-verlassen/

    https://www.heise.de/tp/features/U-Boot-Streit-Brutal-ausgetrickst-6200080.html

  57. Die EU und ihre militärische Schiene stehen irgendwie im Nichts. Sowohl bezüglich der politischen Entscheidungen als auch in der Frage: An wen verkaufen?

    Für wen? Gegen wen?

    Was für ein militärisches Zeugs soll sie sich eigentlich zulegen? Panzer, Flieger, U-Boote, Schiffe? Gegen welche Feinde?

    Abgesehen von der politischen Ratlosigkeit ist auch die ökonomische nicht zu unterschätzen. Die Rüstungsbetriebe in Deutschland, Frankreich und den restlichen EU-Staaten tun sich inzwischen schwer, Klienten zu finden. Der Markt ist derzeit relativ klein.
    Man darf nicht vergessen, daß viele Kriege in Nahost und Nordafrika derzeit auf Eis liegen. Syrien, Libyen, Irak, Afghanistan. Außerdem ist in letzeren Kriegsschauplätzen inzwischen vor allem Rußland Lieferant Nr. 1.

    In Österreich tat sich die Frage auf: Abfangjäger wofür?

    In Afghanistan steht jede Menge Kriegsspielzeug herum, das dort keiner bedienen kann und auch keiner braucht. Die Taliban-Regierung versucht inzwischen vermutlich, das Zeug am Weltmarkt zu verscherbeln.

    Käufer?

  58. Bundeswehr lässt Funkgeräte von 1982 nachbauen … Weil sich die Beschaffung neuer, digitaler Geräte immer wieder verzögerte, wollen die Militärs nun die alten erst einmal nachbauen lassen. … Bis zu 30.000 dieser Retro-Geräte auf dem technischen Stand der Achtzigerjahre zum Stückpreis von etwa 20.000 Euro könnten dann bis zum Jahr 2035 eingesetzt werden.
    https://www.golem.de/news/600-millionen-euro-bundeswehr-laesst-funkgeraete-von-1982-nachbauen-2109-159853.html

  59. „Scholz, Laschet, Baerbock: Drei Kandidaten – drei Angebote ans politisierte Gemüt“

    Im Bundestagswahlkampf 2021 gehe es viel zu wenig „um Inhalte“ und zu sehr um vermeintliche oder tatsächliche Ausrutscher der Spitzenkandidaten – so seufzen es die Politprofis aus Parteien und Öffentlichkeit. Einen „Inhalt“ kann im diesjährigen Wahlkampf nur vermissen, wer die erteilten Auskünfte, was alle Wählerinnen und Nichtwähler in den nächsten vier Jahren von den Kandidaten zu erwarten haben, einfach für selbstverständlich nimmt…  (Forts.):

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/drei-kandidaten-drei-angebote

    Neues Protokoll zum JF  13.09.2021:  
    Wahlkampf 2021 und „Klima-Wahlkampf 2021“ (siehe auch GS 3-21)

    Die Besonderheit des aktuellen Wahlkampfs wäre als erstes zu besprechen: Die amtierende Bundeskanzlerin tritt nicht mehr an und damit entfällt das gewichtige Argument des „Kanzlerbonus“. Was ist darunter zu verstehen? Zweitens treten diesmal drei Kanzlerkandidaten an; worum konkurrieren sie, welche Argumente führen sie für sich ins Feld, wie inszenieren sie sich? Daran anschließen würde sich die neue Argumentation der CDU, Scholz schließe eine Koalition mit der Linken nicht mehr aus – also das Stichwort „Richtungswahl“: ohne die CDU mit Laschet als Kanzler gäbe es einen Linksruck in Deutschland. Und es ist zu klären, inwiefern sich „Klimaschutz“ als das Sachthema dieses Wahlkampfes so gut eignet, wie argumentiert wird und was man dagegen ins Feld führen kann.

    *  Wofür steht Merkel mit ihren 16 Amtsjahren?

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf210913-Wahlkampf.pdf

  60. „It is almost taken for granted, if not an article of faith, in the progressive milieu (e.g., here) that the US empire is declining. Does this hold up, or is it comfort food for the frustrated hoping for the revolution? …

    Yet the US imperial system still maintains decisive economic and political dominance, cultural and ideological hegemony, backed by tremendous military muscle. If US ruling class power were in decline, why have there been no socialist revolutions ­­­− the overturning of capitalist rule ­­­− in almost half a century? …

    Previous proponents of US empire decline have predicted its demise with an expanding Communist bloc, then Germany and Japan with their supposedly more efficient capitalist production methods, then the European Union encompassing most of Western Europe into a supra-national entity, then the Asian Tigers, and then BRICS (Brazil, Russia, India, China, and South Africa). All challenges turned out to be wishful thinking. Now the proponents of decline expect China itself will soon supplant US dominion.A weakened US imperialism would encourage peoples and nations to “seize the time” and score significant gains against this overlord’s hold on their countries. Yet since shortly after 1975, with the victories in Vietnam and Laos, a drought in socialist revolutions has persisted for almost half a century. If the US empire were in decline, we would find it handicapped in countering victorious socialist revolutions. However, the opposite has been the case, with the US rulers consolidating their hegemony over the world….

    This contrasts with the 40-year period between 1917 and 1959, when socialist revolutions occurred in Russia, China, Korea, Vietnam, eleven countries across eastern Europe, and Cuba. These took place in the era of US rise, not decline. During this period, the US empire had to confront even greater challenges to its dictates than presented by today’s China and Russia in the form of the world Communist bloc, associated parties in capitalist countries, and the national liberation movements. …

    During the period of alleged US imperial demise, it has been socialist revolution that experienced catastrophic defeats. In the last 30 years, the struggle for socialist revolution has gone sharply in reverse, with the US and its subordinates not only blocking successful revolutions but overturning socialism in most of the former Communist sphere. The last three decades has witnessed greater consolidation of imperial supremacy over the world, not a deterioration. …

    Proponents of US decline point to two key indicators: its diminished role in global production and ineffectiveness of the US ruler’s military as world cop. Yet, the US rulers, with the aid of those in the European Union and Japan, maintain world financial control and continue to keep both our country and the world under lock and key. …

    It is misleading to compare China’s rise to the US alone, since the US represents a bloc of imperial states. To supplant US economic preeminence, China would have to supplant the economic power of this entire bloc. These countries still generate most world production with little prospect this will change. A China-Russia alliance scarcely equals this US controlled First World club. …

    Whatever the indications of US deterioration as world superpower, recall that the Roman empire’s decay began around 177 AD. But it did not collapse in the West until 300 years later, in 476, and the eastern half did not collapse for 1000 years after that. Informing a Roman slave or plebe in 200 AD that the boot on their necks was faltering would fall on deaf ears. We are now in a similar situation. The empire will never collapse by itself, even with the engulfing climate catastrophe. Wishful thinking presents a dysfunctional substitute for actual organizing, for preparing people to seize the time when the opening arises.“

    https://dissidentvoice.org/2021/09/is-the-us-global-empire-actually-in-decline/

  61. Na ja, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs war doch Sozialismus „out“. Niemand will mehr eine sozialistische Revolution. Es gibt zwar etwas Ostalgie, die besteht aber im Sammeln von osteuropäischen Kultgegenständen wie Tatra-Autos und ähnlichem.

    Es gibt einfach niemanden mehr, der ein alternatives Gesellschaftskonzept vertritt. Die Eigentumsordnung wird nicht in Frage gestellt, und die SU und das mit ihr verbundene System von Produktion und Distribution ist diskreditiert, – mit gutem Grund übrigens. Es waren doch seine Vertreter selbst, die es demontiert haben.

    Sogar junge Leute, die wirklich unzufrieden sind mit unserem Gesellschaftssystem, haben keinerlei Vorstellung davon, wie man denn anders Ökonomie treiben könnte, und ergehen sich in den gleichen Idealismen über Demokratie, Gerechtigkeit, Gleichheit, Selbstbestimmung usw. wie die in die Jahre gekommene Linke.

  62. "Dieses Spiel, bei dem man sich wechselseitig damit bedrohe, zur nächsten Eskalationsstufe weiterzugehen", – das habe China doch auch in petto – so eine politologische Kommentatorin zur Gründung von AUKUS. Das erinnere sie an … blablabla ….

    Was da eskaliert . und warum – wäre mal die Frage ….

    Ideologisch formuliert: Einhegung und Begrenzung des Machtanspruchs eines Souveräns. hier in ‘seiner Region’, die der z.B. als seine Einflussgrenze mit einer selbst gezogenen ‘roten Linie’ markiert hat. (Z.B. Taiwan). Die Region sei sein eigener Hinterhof, also geht die Konfrontation z.B. darüber, daraus Teile rauszubrechen und Staaten auf die eigene Linie zu verpflichten. – Weil?

  63. Drei – gegen China …
    “Yun Sun, eine Asienexpertin und die Direktorin des China-Programms am Stimson Center in Washington, glaubt, dass die Zeichen eher schlecht stehen. »China sieht seine militärische Aufrüstung als Reaktion auf die US-Präsenz in der Region«, sagte die Expertin im Briefing des Lowy-Instituts. Noch nehme das Land eine »abwartende Haltung« ein, da die Bedrohung durch die U-Boote nicht unmittelbar sei. Doch sollten die USA mehr Soldaten und Raketen nach Australien schaffen, müsse Australien mit noch härterem Wirtschafts- und Handelsdruck rechnen. »Es gibt viele Stimmen in China, die das fordern«, sagte Sun. Gleichzeitig gebe es Stimmen im Land, die die Zeitspanne, bevor die U-Boote ausgeliefert werden, als eine »strategische Gelegenheit« bezeichneten, um beispielsweise Taiwan zu erobern. Zudem wolle China verhindern, dass die Partnerschaft auf andere Länder in der Region ausgeweitet werden und sich damit eine Art »asiatische Nato« bilden könnte.”

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156984.geopolitik-im-infopazifik-drei-gegen-china.html

  64. Die EU windet sich gegenüber China

    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/im-tretboot-nach-peking-1

    https://nestormachno.alanier.at/der-aufstieg-chinas-zur-weltmacht-fortsetzung/#comment-43436

    Gibt es eigentlich neuere Äußerungen aus der Biden-Administration gegenüber China? Eine Wieder-Auflage der Mechanismen des Kalten Krieges soll es angeblich ja nicht sein. Sondern? Warum genau?
    https://www.euractiv.de/section/all/news/biden-usa-wollen-keinen-neuen-kalten-krieg-mit-china/

  65. Ich nehme an, die Rivalität zu China ist zunächst nur der Aufhänger, um die ganze Bündnisstrategie der USA neu zu gestalten.

    Mit dem AUKUS wird ja nicht nur Europa etwas zurückgesetzt, sondern auch Japan und das Asean-Bündnis.

  66. Frankreichs Militärpolitik in der Falle?

    "… Der Bau der zwölf U-Boote des Typs Barracuda macht zehn Prozent des Firmenumsatzes aus – und die Arbeiten in der Naval-Werft in Cherbourg liefen bereits auf Hochtouren. Längst ist eine Debatte ausgebrochen über die Rolle der Rüstung im französischen Industrieportfolie. Weil die französische Industrie sich auf die Produktion hoch spezialisierter Waffensysteme konzentrierte – über 20 Prozent des Forschungsbudgets fließen in diesen Sektor –, sei die Wirtschaft extrem abhängig von außen- und verteidigungspolitischen Entscheidungen der Regierung. In anderen Bereichen, etwa im Maschinenbau, sei sie hingegen sogar auf Importe angewiesen.

    Frankreich steckt in einer Falle: In gaullistischer Manier setzte die Elite des Landes jahrzehntelang auf die Rüstungsindustrie, um sich einen Platz an der Tafel der Weltpolitik zu sichern. Was aber, wenn einen niemand mehr zu Tisch bittet?"

    https://www.freitag.de/autoren/linkerhand/frankreich-steckt-in-der-falle

  67. Stephan Kaufmann in der FR:

    "Wegen der Krise haben die Zentralbanken die Zinsen immer tiefer gedrückt, um die Konjunktur und Verschuldungsfähigkeit der Staaten zu schützen. Das nützt Kreditnehmer:innen, Kreditgeber dagegen machen mit dem Geldverleih kaum noch Rendite.  Nach den Gesetzen der Spekulation verlegen sich die Investoren daher auf andere Bereiche. Massen an Kapital fließen in Immobilien, aber auch in Aktien, Rohstoffe oder Kryptowährungen wie Bitcoin. „Die Welt ist eindeutig zu einer ‚Spekulationsökonomie‘ geworden“, kommentiert Patrick Artus von der französischen Bank Natixis. Gelder flössen in „sinnlose Verwendungen“, was dort zu starken Schwankungen führe. Was Bitcoin und Aktien allerdings von Immobilien unterscheidet: Man braucht erstere nicht unbedingt. Während der Börsenboom die Anlegerinnen und Anleger erfreut oder besorgt, haben höhere Hauspreise soziale Folgen. Zum Beispiel in Europa. Mit einem Plus von rund sechs Prozent stieg dort der Hauspreisindex im ersten Quartal 2021 so stark wie zuletzt 2006, berichtet das Statistikamt Eurostat. Insbesondere Immobilien in einigen Kernländern wie Deutschland, Österreich und den Niederlanden seien „inzwischen sehr hoch bewertet“, so die Commerzbank."

    https://www.fr.de/wirtschaft/die-spekulationsoekonomie-91002906.html

  68. Theo Wentzke (GSP) in der Jungen Welt:

    Joseph Biden führt neue Sitten auf dem Gebiet der Völkerverständigung ein: Erst tituliert er den Chef der russischen Föderation als »Killer«, was vor dem Hintergrund der Feindbildorgien der Öffentlichkeit zwar nicht weiter aus dem Rahmen zu fallen scheint, im Umgang unter Staatschefs, die sich gerade nicht im Krieg befinden, allerdings doch etwas ungewöhnlich ist. Dann unterbreitet der US-amerikanische Präsident seinem russischen Kollegen den Vorschlag eines Gipfeltreffens, aber nicht ohne unmittelbar nach dem Unterbreiten dieses Angebots für das rechte Verständnis zu sorgen, indem er eine Serie von Sanktionen der härteren Art gegen Russland in Kraft setzt und weitere in Aussicht stellt.

    Dieser Auftritt will verstanden sein als Reparatur der Fehler, die Bidens Vorgänger im Umgang mit Russland gemacht haben soll. Die Manier lebt von der Legende, mit der die Demokraten während Trumps Präsidentschaft ihre Konkurrenz wesentlich bestritten haben, derselbe sei ein Produkt russischer Wahlmanipulationen und daher in russischen Diensten, einer Legende, die bis heute am Leben gehalten wird, auch wenn den politischen Beobachtern durchaus bekannt ist, dass sich auf dem Gebiet dem Vorgänger eine Abweichung von der US-amerikanischen Staatsräson ernstlich nicht nachsagen lässt. Entgegen der Bidenschen Inszenierung besteht eine ziemlich bruchlose Kontinuität in der Radikalisierung der Russland-Politik, die unter Trump erreicht worden ist. Die neue Administration knüpft nahtlos an die unter dem Vorgänger seriell beschlossenen Repressalien gegen die Russische Föderation an….   (Forts.)

    https://www.jungewelt.de/artikel/411683.neuer-kalter-krieg-den-respekt-verweigert.html?sstr=Theo%7CWentzke

  69. Ich verstehe zwar nicht ganz, wie man aus einem Vertrag so einfach aussteigen kann, wenn die Produktion angeblich schon aus vollen Touren läuft, aber in der Rüstungsindustrie geht es offenbar sowieso eigen zu.

    Ich erinnere mich dunkel, war da nicht etwas mit Frankreich und Rußland und Hubschrauber-Trägern?

    2014: Paris stoppt Lieferung von Kriegsschiff an Russland

    Bei den EU-Beschlüssen über Sanktionen gegen Russland hatte Frankreich noch dafür gekämpft, dass ein Milliarden-Rüstungsgeschäft ausgenommen wird. Doch jetzt zog Präsident Hollande die Reißleine.

    https://www.dw.com/de/paris-stoppt-lieferung-von-kriegsschiff-an-russland/a-17897942

    2015: DEAL MIT KRIEGSSCHIFFEN GEPLATZT

    Frankreich zahlt rund 950 Millionen an Russland zurück

    Bestellung storniert: Wegen des anhaltenden Konflikts in der Ostukraine weigert sich Frankreich, zwei bestellte Kriegsschiffe an Russland auszuliefern. Moskau bekommt das Geld zurück – zahlt aber eine üppige Gebühr.

    https://www.handelsblatt.com/politik/international/deal-mit-kriegsschiffen-geplatzt-frankreich-zahlt-rund-950-millionen-an-russland-zurueck/12273426.html

    Es ging aber doch noch gut aus, die Ladenhüter wurden wem anderen angedreht:

    Ägypten kauft „Mistral“-Kriegsschiffe aus Frankreich

    Wegen des Ukraine-Konflikts scheiterte der Verkauf zweier Kriegsschiffe von Frankreich an Russland. Nun springt Ägypten ein – und kauft gleich noch passende Hubschrauber aus Moskau dazu.

    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/frankreich-liefert-kriegsschiffe-an-aegypten-13819419.html

    Einmal sehen, wer sich für diese Atom-U-Boote findet …

    Noch eine andere Geschichte fällt mir ein: Die für Griechenland bestimmten Schiffe, die mit Staatsanleihen bezahlt wurden – Griechenland hat sozusagen Geld gedruckt -, und die französischen Banken, die dann mit diesen entwerteten Staatsanleihen dagesessen sind und die geschwind an die EZB verscherbelt haben. Und dann die Griechenland-Schuldenkrise, wo Frankreich sich ausbedungen hat, daß diese Schiffe auf Heller und Pfennig bezahlt werden müssen, sonst stimmt es bei der "Rettung" nicht zu.

    Der Rüstungsmarkt ist auch nicht, was er einmal war. Wechselnde Bündnisse, Sanktionen, Staatspleiten, und Konflikte, wo die gestrigen Freunde auf einmal Feinde sind, oder umgekehrt – dort können leicht hohe Verluste entstehen.

    Was macht eigentlich Deutschland auf dem Rüstungssektor richtig, was Frankreich falsch macht? Warum läuft es für die deutschen Rüstungskonzerne runder?

  70. Der Stellenwert des eigenen Militärs beim imperialistischen Zugriff auf die Welt ist traditionell in Frankreich und BRD reichlich unterschiedlich. Militärisch war die BRD – glaube ich – als Bestandteil der NATO-Abschreckungspolitik gegen den Ostblock nicht in allen Waffengattungen zuständig, sondern in dem von den USA der BRD zugewiesenen Segment. Die französische Militärpolitik hatte von vornherein einen globalen eher allumfassenden nationalen Militärstandpunkt, nach wie vor legt Frankreich wert darauf, als Teil des UN-Sicherheitsrates global überall mitmischen können zu wollen.  Das also auch wirklich zu können.  Sei es in Nordafrika, in Syrien, Libanon oder angeblich zukünftig im Irak.    Nach den Ex-Jugoslawienkriegen haben dann deutsche Sozialdemokraten und Grüne getönt, die Welt warte darauf, dass D mehr Verantwortung übernehmen solle. Außer dass deswegen mehrere Weißbücher und Planungsvorhaben mit viel Getöse auf den Ideologie-Markt geworfen wurden, ist mir nicht recht klar,  nach welchen Prinzipien die deutsche Rüstungsindustrie aktuell wohin genau entwickelt wird.   Was sind denn die genauen Baustellen?  Vermutlich kann man beim SIPRI oder der Antimilitarismus-Information Aufklärung bekommen
    (Zwecks Kennzeichnung der national gewordenen historischen Unterschiede: Frankreich legte Wert darauf, eigenständige Atommacht zu sein. Die BRD wollte die USA dazu nötigen, Teilhaber an deren Atommacht sein zu wollen – ggf. dadurch, dass die USA im Frontstaat BRD Mittelstreckenraketen aufstellen sollten…)
    Über die aktuelle französische Militärpolitik und deren Benutzung Europas informiert:
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/macrons-ansage-nato-ist-hirntot#section9

  71. @Leser

    Also der Vorteil der BRD-Rüstungsindustrie scheint zu sein, daß sie aus historischen Gründen kleinere Brötchen bäckt als die französische – was auf der anderen Seite ein Ärgernis der Politik bedeutet, weil sie deshalb weltweit militärisch weniger Gewicht hat.

    So habe ich deine Ausführungen verstanden.

    —-

    Wer glaubts denn: Nord Stream II steht vor der Inbetriebnahme:

    Nord Stream 2: Fehlt die Zertifizierung der Pipeline?

    Die deutsche Bundesnetzagentur fordert von den Betreibern der umstrittenen Gaspipeline Klarheit. Diese ziehen mit einer Beschwerde vor den Bundesgerichtshof.

    Die deutsche Bundesnetzagentur hat von den Betreibern der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 Klarheit über das weitere Vorgehen verlangt. "Die Bundesnetzagentur hat die Nord Stream 2 AG heute aufgefordert, Auskunft zu erteilen und gegebenenfalls Nachweise zu erbringen, dass im Rahmen eines Betriebs der Leitung alle regulatorischen Vorgaben eingehalten werden", sagte ein Sprecher der Bonner Behörde am Montagabend der Nachrichtenagentur Reuters.

    Dies betreffe insbesondere Fragen des diskriminierungsfreien Netzzugangs und der Integration der Verbindungsleitung in das deutsche Marktgebiet. Anlass sei, dass nicht auszuschließen sei, dass in Kürze eine Inbetriebnahme der Leitung erfolgen könnte.

    Die Röhre des russischen Gazprom-Konzerns war vor wenigen Wochen fertiggestellt worden. Die Bundesnetzagentur prüft die Voraussetzungen für eine Zertifizierung. "Bei einem Betrieb ohne Vorliegen einer Zertifizierung handelt es sich um einen Rechtsverstoß, der mit Verhängung einer Geldbuße geahndet werden kann", betonte der Sprecher am Abend.

    Die Betreiber der Gaspipeline Nord Stream 2 lassen unterdessen im Streit mit der Bundesnetzagentur über eine Regulierung in Deutschland nicht locker.

    (…)

    https://industriemagazin.at/a/nord-stream-2-fehlt-die-zertifizierung-der-pipeline

  72. NORMALISIERUNG MIT JORDANIEN

    Syriens Machthaber Assad wird wieder salonfähig

    Der jordanische König Abdullah II. hat mit dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad telefoniert. Einige arabische Staaten wollen die Normalisierung mit Damaskus

    Er war im November 2011 der erste arabische Staatschef, der Bashar al-Assad angesichts des wachsenden Aufstands in Syrien zum Rücktritt aufforderte: Nun hat König Abdullah II. von Jordanien am Sonntag erstmals wieder mit dem syrischen Präsidenten telefoniert. Abdullah betonte laut Aussendung die Bedeutung der "Integrität, Stabilität und Souveränität" Syriens: Übersetzt heißt das, dass Jordanien unterstützt, dass das Assad-Regime wieder die volle Kontrolle über Syrien übernimmt. Noch ist es ein Syrien, in dem sich nicht nur auf Regimeseite Russen und Iraner und schiitische Milizen tummeln, sondern wo auch – uneingeladen – türkische und US-Truppen präsent sind, die jeweils von ihnen favorisierte Kräfte unterstützen. (…)

    Von Jordanien aus wurde nach 2011 substanzielle Hilfe für die syrischen Rebellen gegen Assad bewegt, die USA koordinierten in Amman ihre Unterstützung für den Aufstand. Heute macht Jordanien Lobbying in Washington dafür, dass man sich mit der Realität abfindet, dass "Assad bleibt".

    Ende September stellten die USA klar, dass keine Positionsänderung Assad gegenüber geplant sei, auch andere Staaten würden "nicht ermutigt", ihre Beziehungen zu Syrien zu normalisieren. Das wurde auch einer Abordnung der syrischen Opposition versichert. Nicht nur für sie ist die Vorstellung schrecklich, dass das Assad-Regime trotz seiner ungeheuren Verbrechen gegen seine Bevölkerung rehabilitiert werden könnte. (…)

    Der Sinneswandel Jordaniens und anderer arabischer Staaten kommt nicht plötzlich. 2018 öffneten die Vereinigten Arabischen Emirate ihre Botschaft in Damaskus wieder, Oman entsandte 2020 einen Botschafter. Der Front, die die Aufhebung der seit 2012 geltenden Suspendierung Syriens in der Arabischen Liga fordert, gehört neben Jordanien auch Ägypten an, und auch Saudi-Arabien soll nicht abgeneigt sein. Algerien hat den Kurs der anderen ohnehin nie mitgetragen, und Tunesiens Außenpolitik wird sich unter Präsident Kais Saied in dieser Beziehung wahrscheinlich auch ändern.

    https://www.derstandard.at/story/2000130202184/syriens-machthaber-assad-wird-wieder-salonfaehig

    Einmal sehen, ob aus Washington etwas kommt. Immerhin klauen die USA seit Jahren syrisches Erdöl, verscherbeln es über die Türkei und (teil)finanzieren damit ihren Stützpunkt im irakischen Kurdistan.

  73. @Leser

    Dieser Freitag-Beitrag mit dem Plädoyer für Defizit-Spending ist ein schönes Beispiel dafür, wie alte Hadern aus der Mottenkiste geholt werden, um sich einen progressiven Anstrich zu geben.

  74. Dass die BRD sich an der Front gegen China nicht beteilige,  ist nicht mal die halbe Wahrheit. Neben diplomatischen Kontakten mit den australischen Militärs gibt es auch direkte Rüstungskooperativen

    https://www.rheinmetall-defence.com/de/rheinmetall_defence/company/divisions_and_subsidiaries/rheinmetall_rmmv_australia_1/index.php

    Vgl. auch zur Position Australiens gegenüber China diese vermutlich etwas einseitige historische Darstellung
    https://www.nzz.ch/international/aukus-australiens-verhaeltnis-zu-china-kuehlte-sich-seit-langem-ab-ld.1646725

    Frankreichs und Deutschlands aktueller ‘Beziehungsstatus’ zu Australien und zu den USA – der ist hier Thema….

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/keine-entspannung-zwischen-frankreich-und-australien-im-u-boot-streit-in-sicht/

    https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/u-boot-bauer-naval-group-aus-frankreich-will-australien-bald-rechnung-fuer-geplatzten-deal-schicken-a-76d1bbed-5f38-4ddc-85bb-d7d77582b453

  75. Australien ist auch so ein imperialistischer Möchtegern, der sich jetzt durch die Anti-China-Front aufgewertet sieht und mehr oder weniger springt, um als Frontstaat anerkannt und ausgerüstet zu werden.

    Wenn also Deutschland mit Australien kooperiert oder sich darum bemüht, so ist es getragen von der Sehnsucht, den verlorenen Frontstaat-Status zumindest teilweise wieder aufzufrischen … oder auch nur davon zu träumen.

    Es wirkt irgendwie putzig, wenn die deutsche Bundeswehr in Fernost gegenüber China Muskel zeigen will, obwohl sie sich nicht einmal in Mali wirklich Respekt verschaffen kann.

  76. Anmerkungen zum neuen Regierungsprogramm (‘Modernisierung’) in der BRD (Okt. 2021)

    https://www.tages-politik.de/Innenpolitik/Kritik_Sondierungspapier-2021.pdf

    Dass es sich bei dem Programmpunkt “Modernisierung”. bloß um eine Leerformel handeln würde, will der Kommentar hoffentlich nicht behauptet haben. Das Bemühen, technologisch an die Standards des Weltkapitalismus Anschluss zu halten, wie sie die Marktführer in USA oder China vorgeben, ist erkennbar der Anspruch, die Konkurrenz um die kapitalistische Benutzung der Welt neu aufmischen zu wollen. “Leerformel” passt nicht gut zu diesem Anspruch. Auch wenn der erst einmal (nur) das Programm ist.

    “Klimawandel stoppen” ist erkennbar als weitere Lüge, die gezielt die Förderung deutscher Industriepolitik in ein Menschheitsanliegen verfabeln will (was ja gestern teilweise auch DemonstrantInnen von ‘FFF’ aufgefallen ist). Dafür gab es Polizeiknüppel.

    https://www.jungewelt.de/artikel/413026.umweltschutzproteste-knüppel-für-klimaretter.html

    —-

    (Weitere) Anmerkungen von Peter Nowak bei Heise/TP

    https://www.heise.de/tp/features/Fuer-Beduerftige-wird-es-kalt-in-Deutschland-6226935.html?seite=all

  77. Mit „Leerformel“ ist offenbar nur gemeint, daß man Schlagwörter verwendet, die irgendwie gut klingen — wer will schon altvaterisch sein –, aber keineswegs das widergeben, was die Absicht ist: mit den wichtigen Konkurrenten mithalten zu können.

    Man kann es vielleicht auch deshalb als Leerformel bezeichnen, weil aus der Absicht keineswegs das Ergebnis garantiert ist. Irgendwie hat das mit High-Tech ja auch etwas mit der Ausbildung zu tun, und mit der Auslagerung von Industrien. Wenn jetzt aus dem normalen Bildungssystem zu wenig Nerds herauskommen, und die weltweite Elite sich woanders versammelt, so ist Lohndrückerei eben kein probates Mittel für die Technologie-Offensive, wie man derzeit an dem Chip-Mangel feststellen kann.

  78. Die EU-Außengrenze ist offenbar undicht:

    Belarus' Diktator verkauft das Deutschland-Ticket

    Lukaschenko organisiert eine systematische Massenflucht von Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten nach Deutschland (…)
    Lukaschenkos Regierungsapparat habe eine regelrechte Luftbrücke in den Nahen Osten eingerichtet, mahnen Geheimdienstberichte. Aus Nordafrika und dem Nahen Osten kämen immer mehr gecharterte Flugzeuge voll mit Flüchtlingen nach Minsk. Vor allem aus dem Irak kämen jetzt täglich neue Maschinen, sie starteten anfangs nur in Bagdad, jetzt auch in Basra, Erbil und Sulaymaniyah.
    Die EU-Außenminister erwägen zwar neue Sanktionen gegen die staatliche belarussische Airline. Doch bereits jetzt würden manche Flüchtlingsflüge auch über Moskau abgewickelt. Russland steht Lukaschenko mit seiner Erpressungspolitik offen zur Seite.

    (…)

    https://www.n-tv.de/politik/politik_person_der_woche/Belarus-Diktator-verkauft-das-Deutschland-Ticket-article22873843.html

    Sanktionen, Sanktionen!
    Dabei ist Lukaschenko erst durch die Sanktionen auf diese Idee gekommen: Da für die weißrussische Luftlinie der E>U-Luftraum gesperrt wurde, mußte sie sich um andere Einsatzgebiete umschauen …
    Vorher war diese Fluglinie nämlich die einzige, die den Luftverkehr in Corona-Zeiten aufrecht erhielt, als andere am Boden blieben — da wurde sehr viel Geschäft gemacht.

    Für die EU und vor allem Deutschland ist guter Rat teuer. Es droht die Wiedereinführung von Grenzkontrollen und die Infragestellung des Schengenraums, und letztlich des ganzen Staatenbündnisses.

  79. Wie "Embeddes Journalism" und fake news als regierungstreue Parteilichkeit von der New York Times in den vierziger Jahren zwecks Einstimmung der Bevölkerung auf den anstehenden Krieg gegen den sowjetischen Systemfeind (und damals vor Nagasaki gegen Japan) historisch entwickelt wurde, das dokumentiert der 'Freitag' in einem Bericht über  interne Enthüllungen der NYT.

    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/1945-bombige-fake-news

  80. Die hochgestochenen Pläne bezüglich Energie-Souveränität sind ziemlich absurd angesichts der derzeitigen Energie-Verteuerung, die die Preise für alles in die Höhe treibt. Und das ungefähr eineinhalb Jahre nach dem Phänomen des negativen Ölpreises, nur zur Rückerinnerung:

    https://www.dw.com/de/%C3%B6lpreis-st%C3%BCrzt-erstmals-ins-negative/a-53192629

    Wie auch der Artikel oben anklingen läßt, verbrauchen diese neuen Energieformen nämlich mehr Energie als sie erzeugen.

  81. Der negative Ölpreis zeigte, dass wegen weit verbreiteter  Lockdowns im April 2020 Energie wenig nachgefragt wurde. Das ließ den Ölpreis fallen. Die Rechnungen über Energienotwendigkeiten und -Preise aktuell sind davon beeinflusst, dass allenthalben der nationale Boden für Energiesouveränität vorbereitet wird, woraus sich je nationale Weltmarkt-Geschäfte herausentwickeln sollen, was die Staaten zwar vorbereiten können, aber damit von den Entwicklungen des Weltgeschäftes abhängig sind. Gestiegene Gaspreise – zeigen sie den Beginn eines Boom an? Zeigen sie, wie die Krisenkosten auf die kleinen Leute abgewälzt werden? Sind es Spezialitäten des Gases?    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/abhaengig-in-die-krise

    Dass auch über die Steigerung des Gaspreises die sonstige allenthalbene inner-europäische Konkurrenz tobt, zeigt. https://www.euractiv.de/section/europakompakt/news/deutschland-nicht-an-gemeinsamen-eu-gaskaeufen-interessiert/

  82. Daß, wie in dem Freitag-Artikel behauptet wird, Energie aus Sonne und Wind billiger wäre, halte ich für ein Gerücht. Es bleibt auch in dem Artikel eine reine Behauptung.

    Eine Rückerinnerung an die schon seit langem laufende Debatte über die EU und ihre Energiepolitik:

    Die EU-Energiepolitik in der Krise 1„ALTE “ ENERGIEGEWINNUNG – NOTWENDIG, ABER LÄSTIG (3.1. 2014)

    Die EU-Energiepolitik in der Krise 2DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN – EIN FLOP? (4.1. 2014)

    Keiner der Gesichtspunkte, die heute in der Debatte auftreten, sind neu — auch der der Energie-Unabhängigkeit nicht. Gewisse, durchaus bekannte Mängel der erneuerbaren Energien werden jedoch unter den Tisch gekehrt, weil sich die EU an diese Möglichkeit der Energieerzeugung klammert wie der Ertrinkende an den Strohhalm.

  83. G 20 – Verhandlungen an diesem Wochenende
    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/g-zwanzig-kernthemen-101.html
    https://www.jungewelt.de/artikel/413406.industrie-und-schwellenländer-reichen-in-parade-fahren.html

    Schuldenerlass, Schuldenneustrukturierung – steht demnächst wieder für diverse Länder der armen Welt an.  Vorher werden mit den Geldern ihrer Staaten aber – das ist so vorgesehen – erst einmal die armen Insassen dieser Staaten bluten müssen.  Falls sie der Delta-Variante überhaupt entkommen..

    https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/die-krise-nach-der-krise

    Auch innerhalb der Staatenbündnisse zwischen solch ‘abhängigen Staaten’ knirscht es kräftig: “Argentinen und Brasilien haben sich nach zähen Verhandlungen auf eine Zollsenkung um zehn Prozent geeinigt. Für Unruhe sorgt nach wie vor der Plan Uruguays, eine eigenes Freihandelsabkommen mit China abzuschließen.”
    https://amerika21.de/2021/10/254948/zollsenkungen-fuer-den-mercosur

    Vor einem Jahr bereits wurde wegen der Corona-Folgen von Seiten der Soli-Bewegungen und von Kirchens ein globaler Schuldenerlass ins Gespräch gebracht
    https://www.evangelisch.de/inhalte/176703/08-10-2020/corona-folgen-schuldenerlass-fuer-ueberschuldete-laender-gefordert

    Angesichts dieser Lage wird von Ischinger zum Thema gemacht, Militärpolitik und Entwicklungshilfe seien dasselbe, nämlich kapitalistische Außenpolitik.
    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/heusgen-und-ischinger-aussen-und-entwicklungspolitik-aus-einem-guss-17570643.html

    Andere Oldies halten die früheren Ideale der Entwicklungshilfe aktuell wieder hoch.
    https://www.fr.de/meinung/gastbeitraege/entwicklung-braucht-eine-eigene-stimme-91057596.html

    Zwei Tage später unterstrich Ischinger, dass aktuell nichts so dringlich sei, wie die Anbindung der kompletten deutschen Staatsraison an die der USA (‘Atlantiker’). Und erhofft deswegen den Fortbestand von US-Atomraketen in der BRD.
    https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-10/koalitionsverhandlungen-ampel-sicherheitskonferenz-wolfgang-ischinger-usa-atombomben-nato?utm

    Sehr verdrechselt auch diese interessierte Ischinger-Aussage:

    “Polen ziehe es “sicherheitspolitisch den Teppich unter den Füßen weg, wenn Deutschland aus der nuklearen Abschreckung aussteigt”. In diesem Fall könnte die polnische Regierung darauf bestehen, Atombomben auf seinem Territorium zu platzieren. Eine aktive Rolle Polens bei den atomaren Plänen der Nato hätte aber wiederum “Folgen in Moskau, über die ich gar nicht nachdenken möchte”, sagte Ischinger. “Meine Vermutung ist, die Folgen wären katastrophal. Die Nato würde nuklear noch näher an Russland heranrücken.” (s.o.)

    Deutsche Friedenswaffen (sorry: Atomwaffen der USA in D) brauchts – damit nicht ansonsten Russland und Polen sich bekriegen. Man sieht: Verteidigung allenthalben.

    Vor vier Jahren las es sich anlässlich eines G20-Treffen noch so:

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/europa-ringt-um-seine-antworten-auf-trumps-amerika#section4

  84. Massenweise heiße Luft – Anmerkungen zur Klimakonferenz in Glasgow

    https://www.sueddeutsche.de/politik/g20-kein-starkes-signal-der-g20-zur-weltklimakonferenz-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-211030-99-802768

    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ab-sofort-unverzueglich

    https://taz.de/Klimakonferenz-in-Glasgow/!5811412/

    https://www.spiegel.de/wissenschaft/weltklimakonferenz-zweifel-am-gipfel-von-glasgow-mehren-sich-a-05d768f0-a745-4c45-9f56-8c23d1c916f6

    Die Position der meisten kritischen Wissenschaftler zum globalen Zustand der Erderwärmung findet sich hier:
    https://www.heise.de/tp/features/Die-Menschheit-am-Kipp-Punkt-6237344.html

    – Und nun sollen – ausgerechnet – die BRD und die USA in Glasgow eine “Koalition der Willigen” anführen – so gerade Klimaschützer im Fernsehstudio, die anscheinend vor allem sich selber den staatstreuen Idealismus, dort sollte es (eigentlich…) um die globale Bekämpfung der Erderwärmung gehen, aufrecht erhalten wollen.

    “Den Grossteil ihrer Zeit werden die Delegierten der UNO-Mitgliedländer in den nächsten zwei Wochen gar nicht mit Verhandlungen über Selbstverpflichtungen der Staaten verbringen. Diese sind nach dem Rahmen des Pariser Klimaabkommens ohnehin freiwillig und von der UNO nicht durchsetzbar. Die Hauptarbeit der Konferenz wird der weiteren Ausarbeitung eines Regelwerks zur internationalen Zusammenarbeit gewidmet werden, das in Paris erst in den Grundzügen beschlossen worden war.
    Dabei geht es vor allem um zwei Dinge. Erstens bedarf die UNO genauer Regeln zur Messung und Darstellung von Emissionsreduktionen, damit diese international vergleichbar sind und korrekt angerechnet werden können. Zweitens braucht es Regeln, um einen grenzüberschreitenden Handel von Emissionsreduktionen zu erleichtern.” (NZZ)
    https://www.nzz.ch/meinung/cop26-es-ist-zu-frueh-die-klimakonferenz-abzuschreiben-ld.1652937

    – Möglichst weltweite Regulierungen des weiteren kapitalistischen Geschäfts (‘Grünes Wachstum’) und bessere Startbedingungen für europäisches Grünwachstum, dem die anderen Staaten zustimmen sollen, stehen also zur Debatte. Kein Wunder, dass der Idealismus der anderen Staaten sich da in heißer Luft auflöst …

    "In Fragen des Klimaschutzes gelang es den G20 mit Ach und Krach, einen offenen Rückfall hinter die Beschlüsse des Pariser Klimaabkommens zu verhindern. Berichten zufolge drohte zeitweise die Bestätigung des Ziels, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, aus der Abschlusserklärung getilgt zu werden. Dasselbe galt für die Feststellung, »sofortiges Handeln« sei nötig. Nur sehr schwammige Festlegungen trafen die G20 zum Ausstieg aus dem Bau von Kohlekraftwerken sowie zur Abschaffung von Kohlesubventionen. Insider berichteten noch kurz vor Ende der Gespräche, man werde als Zeitpunkt für das Erreichen von Klimaneutralität nicht 2050, sondern nur vage »Mitte des Jahrhunderts« festlegen können. China hat sich verpflichtet, bis 2060 klimaneutral zu werden. Indien, das 70 Prozent seines Stroms aus Kohle gewinnt, weigerte sich am Sonntag, überhaupt ein konkretes Datum zu neuen."
    https://www.jungewelt.de/artikel/413274.club-der-reichen-gespielte-harmonie.html

    – Die Gegensätze zwischen den Staaten sind also immens – wenn sie sich sogar nur noch mit Mühe auf allerlei unverbindliche Leerformeln einigen können …

    https://wissenundkritik.de/wp-content/uploads/2021/07/Jour-fixe-Klimaschutzprogramm-GS-1-21.pdf

    https://de.gegenstandpunkt.com/dossier/klimawandel-klimadiplomatie

  85. Ja ja, die Schulden der sogenannten Schwelle- und Entwicklungsländer sind ja auch noch da, allen voran Argentinien, wo einfach die Frage der Bedienung der Schuld auf Eis gelegt ist:

    „Argentiniens Präsident Alberto Fernandez hat während einer Rede zu Ehren des verstorbenen Ex-Präsidenten Nestor Kirchner beteuert, dass das Land »nicht vor dem IWF niederknien wird«. Er wolle deshalb Neuverhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds beginnen und eine Rückzahlung der Schulden erwirken, welche »die Zukunft des Volkes nicht gefährdet«, verkündete er.“

    https://amerika21.de/2021/11/255272/argentinien-will-neuverhandlungen-iwf

    Argentinien will also Schulden abbauen, d.h., alle zukünftigen Zahlungen sollen nicht der Bedienung, sondern der Reduktion der Schuld dienen.
    Das ist eine ziemliche Kampfansage an den IWF und das internationale Finanzkapital, dessen Politik darin besteht, daß sich Länder verschulden, um dann abhängig zu sein und den Bedingungen der weltbeherrschenden Ländern zustimmen müssen.

    Und natürlich, gehen USA oder EU mit den Zinsen hinauf, so flüchtet alles anlagewillige Kapital aus den wackligen Hochzins-Anleihen in die vermeintlich sicheren Niedrigzins-Anleihen in $ und €.

    Vermeintlich sicheren …

  86. Zu der Waldfrage bezüglich Klimaschutz erinnere ich nur wieder einmal daran, daß die ständigen Appelle an Brasilien, doch weniger Wald abzuholzen, ein Ablenkungsmanöver sind, um die verbergen, was die EU diesbezüglich leistet.

    1. Wenn der Wald brennt in Spanien und Portugal, so wird nachher mit EU-Geldern wiederaufgeforstet und das gilt als Klimaschutz-Ausgabe.
    Aufgeforstet wird allerdings mit Eukalyptus, der beim nächsten Mal brennt wie Zunder und überhaupt für die iberische Halbinsel als Gewächs ungeeignet ist. Aber die Papierindustrie legt auf diesen Baum Wert, weil er schnellwüchsig und leicht zu verarbeiten ist.

    2. Bei uns in Österreich werden jedes Jahr große Flächen zu Gewerbegebieten umgewandelt und damit versiegelt, sodaß Regenwasser dort nicht mehr versickern kann und die Vegetation, die Schadstoffe aufnehmen könnte, ist weg.

    3. Eine besondere Aufmerksamkeit empfehle ich gegenüber den Firmen Schweighofer, Kronospan und Egger, die In Osteuropa – Rumänien, Ukraine, Rußland – Waldstücke aufkaufen und abrasieren, und damit zum Weltmarktführer für Pellets und Spanplatten aufgestiegen sind.

    https://de.wikipedia.org/wiki/HS_Timber_Group
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kronospan
    https://de.wikipedia.org/wiki/Egger_Group

    Mithilfe eines undurchsichtigen Gewebes von gemeinsamen Tochterfirmen und einem steuerlichen Firmensitz in Malta tragen sie einiges zum BIP Österreichs und der EU bei.

    Das darf doch durch Klimaschutzmaßnahmen nicht gefährdet werden! Deshalb immer auf den bösen Bolsonaro zeigen, der da wie gerufen kommt …

  87. "Zu der Waldfrage bezüglich Klimaschutz erinnere ich nur wieder einmal daran, daß die ständigen Appelle an Brasilien, doch weniger Wald abzuholzen, ein Ablenkungsmanöver sind, um die verbergen, was die EU diesbezüglich leistet." Das Motiv ist meines Erachtens weniger das Verbergen eigener Umweltsünden, als stinknormaler Imperialismus. Klima ist ein unschuldiger klingender Titel, um sich überall in der Welt einmischen zu können. Den Nationen zu sagen was sie zu tun und zu lassen haben und dadurch ein Erpressungspotential aufzubauen, das nichts kostet.

    Dass der Umgang mit dem Wald sich den gleichen kapitalistischen Kalkulationen verdankt, wird natürlich unter den Teppich gekehrt.

  88. "Den Nationen zu sagen was sie zu tun und zu lassen haben und dadurch ein Erpressungspotential aufzubauen, das nichts kostet."
    Doch, denn dazu muß man überhaupt etwas in der Hand haben, mit dem andere Nationen unter Druck gesetzt und erpresst werden können. Sonst sind es nur wohlfeile Sprüche.

  89. Was Brasilien und den Regenwald angeht, so ist er genauso Privateigentum wie die Wälder Osteuropas.

    Natürlich ist es Einmischungstitel, aber eben einer, der wenig leistet – mir US-Hilfe wurde in Brasilien genau diejenige Mannschaft an die Macht gebracht, die sich diesbezüglich nichts dreinreden läßt.

    Die gleiche Einstellung „Wenns um unseren Gewinn geht, so nach uns die Sintflut (oder die Wüste)" – herrscht in der EU auch. Deshalb bleibt es ein frommer Wunsch, dergleichen ausgerechnet in Brasilien verhindern zu können.

  90. Sich ideologisch zu den Ideologien der Klimapolitik äußern zu wollen – eint die diversen Regierungsvertreter in Glasgow.
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1158356.weltklimakonferenz-in-glasgow-ein-potpourri-an-neuen-klimazielen-und-initiativen.html
    Na sowas… Die BRD z.B. unterschreibt aber dort aktuell noch nicht mal unverbindliche  Papiere zum Kohleausstieg.

    Getrennt von solcherlei unverbindlichen Appellen werden grüne Technologien als Bestandteile nationaler Wachstumswünsche entwickelt, z.B. auch die Geothermie   https://www.euractiv.de/section/energie-und-umwelt/news/immer-einsatzbereit-das-versprechen-der-neuen-geothermischen-technologien/.  – Auffällig auch, dass die weltweiten Geldanleger zunehmend auf sich als Trendsetter für 'grünes Wachstum' setzen, (wenn sie nicht eher z.B. umgekehrt auf sich als Propagandisten für den Bitcoin setzen wollen)…, – weswegen die Firmen allerlei unverbindliches grünes Blabla als ihr angeblich zukünftiges Selbstverständnis zu formulieren bereit sind.
    Eigentümlichst übrigens, dass anscheinend vor allem manche bei den Grünen an die Selbsterfüllung solcher Ideologien (als 'grüner Aufbruch des Landes') geglaubt haben müssen,  –  und nun die Basisbewegungen zu mehr Druck aufrufen. Damit die grünen Wahlkampfideologien glaubwürdig werden sollen und die Grünen nicht als bloße Phrasendrescher blamiert sind.
    Die weltweite Umweltbewegung ist eher unzufrieden mit den staatlichen Verabredungen in Glasgow:
    “Knapp eine Woche nach dem Start der Klimakonferenz haben im schottischen Glasgow Tausende Menschen für mehr Tempo beim Klimaschutz demonstriert. Die Teilnehmer forderten am Freitag in Sprechchören einen »Systemwechsel« und mehr Klimagerechtigkeit. Auf Plakaten waren Slogans zu lesen wie »Kapitalismus killt den Planeten« oder »Handelt jetzt!« Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg erklärte am Vorabend der Demonstrationen auf Twitter: »Dies ist nicht länger eine Klimakonferenz. Dies ist ein Greenwashing-Festival der reichen Staaten.« https://www.jungewelt.de/artikel/413946.greenwashing-klimagerechtigkeit-jetzt.html.
    Ist das nun aber was anderes als bloßer Rückenwind für grüne Parteistrategen (die ja ihre Partei mit Luisa Neubauer und anderen FFFlern entsprechend jugendgemäß aufgehübscht haben)?

    RWE enteignen oder zerschlagen – das ist als Forderung eher ein Randphänomen
    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/fridays-in-die-produktion

    Vgl. auch: – Können uns Politiker eigentlich alles erzählen? (Johannes Schillo):
    https://www.heise.de/tp/features/Koennen-uns-Politiker-eigentlich-alles-erzaehlen-6254503.html?seite=all

    http://neoprene.blogsport.de/2017/01/16/off-topic/#comment-132808

  91. Was es nicht alles gibt:

    Krimi um Krim-Schatz: Gericht in Amsterdam spricht Skythen-Gold der Ukraine zu

    Eine wertvolle Sammlung goldener Ausgrabungsstücke von der Krim-Halbinsel gehört nach der Entscheidung eines niederländischen Berufungsgerichts in die Ukraine. Die als "Krim-Schatz" oder "Skythen-Gold" bekannte Sammlung solle dem ukrainischen Staat übergeben werden, entschied das Gericht in Amsterdam. Kiew begrüßte das Urteil, weil der Schatz damit nicht an die inzwischen von Russland annektierte Krim geht.

    Dmytro Kuleba, Außenminister der Ukraine:

    „Das Krim-Gold wird in die Ukraine heimkehren. Das ist ein großer Sieg. Wir werden nicht nur Museumsstücke zurückbekommen, sondern einen Teil unserer nationalen Identität – Relikte, die Tausende Jahre unserer Geschichte bezeugen.“

    Die Ausgrabungsstücke waren 2013/14 kurz vor der Annektion der Krim durch Russland für eine Ausstellung an das Bonner Landesmuseum und später an das Amsterdamer Allard-Pierson-Museum ausgeliehen worden. Vier auf der Krim gelegene Museen hatten ein Justizverfahren angestrengt, um die Rückkehr der Sammlung auf die Halbinsel durchzusetzen. (…)

    https://de.euronews.com/2021/10/26/krimi-um-krim-schatz-gericht-in-amsterdam-spricht-skythen-gold-der-ukraine-zu

    Ich nehme an, in der Ukraine warten schon einige Oligarchen, Politiker und Hehler begierig darauf, einen schwunghaften Antiquitätenhandel mit diesen Gold-Exponaten starten zu können.

  92. @Leser

    Ja, ja, ein neues „Narrativ“ wird benötigt, so stellt sich das dar, was der Freitag-Artikel anspricht. Und mehr als ein Plagiat aus den bisherigen wird nicht drin sein.

    Es ist ja dem halbwegs aufmerksamen Zuhörer/Leser nicht entgangen, daß sich leider nicht nur die Politikermannschaft, sondern auch deren diensteifrige Propagandisten seit geraumer Zeit fertiger Textbausteine bedienen, die je nach Bedarf zusammengestellt und mit Updates über das Publikum ausgeschüttet werden.
    Dieses Zeug kommt dann beim Endverbraucher teilweise so an, daß es die dann am Stammtisch schöpferisch weiterkombiniert und noch größeren Blödsinn produziert, als den, der von oben gekommen ist.

    Es ist ja auch schon selbstverständlich, daß man als Politiker Werbetexter verwendet und Wahlkampfstrategen und sich irgendwelche Hofschreiber hält, die dann weitere Stilblüten ausdenken, und wieder ihren ganzen sehr unoriginellen Cocktail über die Gesellschaft ausgießen.

    Vor allem ist es ausgesprochen schwierig, zu erklären, warum die eigene Partei gewählt werden soll und nicht die Konkurrenz, wenn man sich in fast nichts mehr voneinander unterscheidet.

  93. "Die Staatsführer als Klimaretter?" Da bin ich geneigt, die naheliegende Antwort zugeben: Ja wer denn sonst? Das sind doch die gleichen, die sich z.B. immer wieder als Friedensretter beweisen.

  94. Also zur Glasgower Konferenz kann man zusammenfassend sagen: Außer Spesen nichts gewesen. Und was die ganze Energiewende angeht, so ist die gar nicht machbar in dem Sinne, wie sich ihre Herolde das vorstellen.

    Man muß sich einmal vergegenwärtigen, warum die Dampfmaschine die Industrielle Revolution erst ermöglicht hat: Weil damit eine Energiequelle gefunden wurde, die sich von den unmittelbaren Naturgegebenheiten emanzipiert hat. Wind, Wasser und Sonne sind vom Wetter abhängig – einmal mehr, dann weniger. Auch die Pferde, die vorher für Transport, Drusch und Ähnliches eingesetzt wurden, hatten begrenzte Kapazitäten.

    Dazu kommt, daß das Wetter als Folge des Klimawandels immer unberechenbarer wird. Die Vorstellung, man könne sich von den traditionellen Energieträgern emanzipieren, ist daher wirklich schwachsinnig. Außer man fährt die ganze Produktion in Richtung einer Art Morgenthau-Plan wieder herunter.

    Bezeichnenderweise entdecken jetzt verschiedene Akteure die Atomenergie wieder – und das, obwohl bis heute das Problem der Endlagerung nicht gelöst ist. Der vorhandene Atommüll wird hin und hergeschoben und am Ende vermutlich irgendwann ins Meer gedumpt, mit Hilfe irgendwelcher Mafias. Möglicherweise treten deswegen jetzt Grönland, die Arktis und die Antarktis wieder in den Vordergrund.

  95. " Wind, Wasser und Sonne sind vom Wetter abhängig – einmal mehr, dann weniger." Vor allem auch ortsgebunden und nicht beliebig vermehrbar.

    "Die Vorstellung, man könne sich von den traditionellen Energieträgern emanzipieren, ist daher wirklich schwachsinnig." Im Moment noch schwachsinnig würde ich sagen. Es gibt ja Wasserstoff, den man mittels Elektrolyse herstellen kann, wenn genug Energie da wäre.

    Unabhängig von fossilen Energieträgen sein zu w o l l e n man nicht unabhängig. Man muss es auch können.

     

  96. Soweit ich es verstanden habe, so ist der Wasserstoff Energiespeicher, also dort kann überschüssige Energie geparkt werden, bis sie benötigt wird.
    Er ist also keine Energiequelle.

    Und die Windenergie, die einmal viel und dann wieder gar nicht da ist, kann kaum weiter ausgebaut werden, weil alle wesentlichen Windkanäle Europas bereits zugebaut sind. Alle weiteren Windparks kosten inzwischen mehr Energie in ihrer Aufstellung, als sie generieren können.

  97. Ja, natürlich ist Wasserstoff  "nur" ein transportabler Energiespeicher. Noch jedes Schulkind weiß, daß man "nur" die halbe Sahara mit Wasserstoff produzierenden Sonnenkollektoren vollstellen müßte, um Energie bis zum Abwinken zu haben. Der Nachteil ist halt, daß die Sahara außerhalb der EU liegt und für diese nun wirklich nicht einfach zu erschließen ist.

  98. Das erste "nur" sollte ironisch deinen Maximalwunsch nach jeweils lokal verfügbaren Energiequellen auf die Schippe nehmen. Das zweite "nur" bedeutet, daß eigentlich technisch sinnvolle Sachen für die Energieversorgung "der" Menschen deshalb nicht umsetzbar sind, oder nur sehr mühselig, weil die Menschheit nicht vernünftig zusammen darüber berät, was wo machbar wäre, sondern weil sie in Nationalstaaten verfaßt ist, die ihren jeweiligen Standort in der imperialistischen Konkurrenz nach vorn bringen wollen. Dann geht Vieles eben erst mal nicht.

  99. Die EU dürfe nicht Menschen zum Spielball ihrer Interessen machen – meint der deutsche Regierungsberater Knaus und plädierte 2016 dafür, übrigens genau doch deswegen,  Flüchtlinge in die Türkei zu parken und sie dort verelenden zu lassen. Heute denkt er ähnlich über [angeblich Polen und baltische Staaten – grad im ARD-Morgenmagazin aber so, wie er es eigentlich meint, nämlich über] die Ukraine, die als zukünftiges europäisches Flüchtlingslager – irgendwie dann ja auch "zum Spielball" europäischer Interessen werden solle. (Auch Marokko ist bereits mal ähnlich als europäische Flüchtlingsabwehr-Station angedacht  gewesen. Blöd nur, dass es sich dabei um eigenständige Staaten handelt, so dass vermutlich einzig die Ukraine sich könnte europäisch erpressen lassen.)

    https://www.deutschlandfunk.de/belarus-fluchtroute-migrationsforscher-knaus-eine-der.1939.de.html?drn:news_id=1319894

  100. @Neoprene

    Also wenn die Frage ernst gemeint ist: Nein. Ich finde das ziemlich verrückt. Überhaupt ist es narrisch, ständig nach neuen Energiequellen zu suchen, anstatt zu versuchen, den Energiebedarf herunterzufahren.

  101. @Leser

    In der Ukraine ist für entsprechendes Bakschisch sicher die ganze Regierung dafür, Flüchtlings-KZs zu errichten, so wie ich die dortige Politikermannschaft einschätze.

    Erpressung ist hier (wieder einmal) ein falscher Ausdruck. Es handelt sich um ein Geschäft. Wenn die Kasse stimmt, machen die ukrainischen Politruks alles.

    Ich habe auch schon an die Ukraine gedacht, die bietet sich förmlich an. Allerdings wäre dann abzuwarten, wie sich Weißrußland, Rußland und die Flüchtlinge darauf einstellen.

    Für Lukaschenko läuft jedenfalls alles blendend. Weil die Errichtung eines Grenzzauns hindert auch die weißrussische Opposition, Kleinguerilla zu treiben und einzusickern, wie ja ursprünglich geplant war.

  102. Scherzfrage: Wo soll denn der Unterschied liegen zwischen Erpressung und kapitalistischem Geschäft? Den gibt es gar nicht, außer für Lobhudler des Kapitalismus. Dass Erpressung sich positiv  ausdrückt, a la, man wolle sich freiwillig an Bedingungen des eigenen Fortschreitens halten: – ja, ja …
    (Weiteren Zugang zu Gas ungeachtet Nordstream2, Gelder für allerlei Staats- und Oligarchen-Interessen, oder eine Bekräftigung der EU- und NATO-Absicherungen und goldige zukünftige Zukünfte der Ukraine – irgendso was wird vermutlich als “Geschäft” gehandelt werden. Manches davon war ja auch bei der Türkei im Programm, inclusive dem späteren Beklagen der Türkei, dass die EU gar nicht pünktlich zahlen würde, weil die damit schon wieder weitere ungerechtfertigte Erpressungen verbinden wolle etcpp….)

  103. @Leser

    Wo soll denn der Unterschied liegen zwischen Erpressung und kapitalistischem Geschäft?

    Nun ja. Bis zur Finanzkrise 2008 ff. stellten sich doch die ganzen Beziehungen zwischen den EU-Staaten als eine Win-Win-Situation dar, wo jeder freudig dabeisein wollte, und zwar Staaten wie Individuen. Da war von Erpressung keine Rede.

    Diese neckische Zweiköpfigkeit, die du ins Spiel bringst, gehört in die Zeiten der Krise, wo jeder die Kosten derselben auf andere abwälzen will.

  104. Kapitalismus ohne Krise ist so hanebüchen – wie Klimaproblematik ohne Folgekosten in der armen Welt …

    "Allein um sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen, um zum Beispiel höhere Deiche zu bauen, brauchen die Entwicklungsländer bis 2030 mindestens 300 Milliarden US-Dollar jährlich, schätzt das UN-Umweltprogramm UNEP – und die Bedarfe werden weiter wachsen.

    Bisher landet das Geld in Maßnahmen, die in Entwicklungsländern die Emissionen senken sollen. Nur ein Viertel der Gelder wird bislang für Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen vergeben – also für den Schutz vor den Folgen veränderter klimatischer Bedingungen wie Überschwemmungen, Dürren, Waldbrände.

    Aber über die Schäden und Verluste, die schon von Extremwettern oder durch schleichende Veränderungen wie den Anstieg der Meere verursacht wurden, und wer das bezahlen soll, wollen die Industriestaaten erst recht nicht reden. Alleine diese Kosten betragen mindestens 50 Milliarden Euro pro Jahr, abhängig von den Anpassungsleistungen.

    Die Entwicklungsländer sind zu Recht sauer. Zur Klimakrise haben ärmere, lange nur wenig industrialisierte Länder kaum beigetragen, aber von den verheerenden Folgen sind sie überdurchschnittlich hart betroffen. Ihnen bleibt nicht viel mehr, als die Industrienationen an ihr Versprechen zu erinnern und die ausstehenden Gelder einzufordern."

    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/geiz-ist-ungeil-die-armen-laender-duerfen-nicht-die-verlierer-der-klimakrise-werden

  105. @Leser

    So richtig es ist, die Krise als Teil des Kapitalismus zu besprechen, so falsch wäre es, ihn bloß auf sie zu reduzieren. Zum Kapitalismus gehört die Konjunktur genauso dazu. Das ist es ja, was Marx und Engels und auch die Realsozialisten daran bewundert haben: Die Fähigkeit, wie Phönix aus der Asche aus Krisen wieder aufzuerstehen und den technischen Fortschritt voranzutreiben.

    Vielleicht muß man sagen: Bisher war das so. Aus dieser Krise bzw. den multiplen kommt er wahrscheinlich nicht mehr heraus, bzw. eben die alte Welt nicht mehr.

  106. Star Wars im Liveticker:

    Trümmerteile eines russischen Satelliten gefährden die ISS

    Es ist ein eher unangenehmes Erwachen, wenn man in einer eben erst bezogenen Unterkunft frühmorgens aus dem Schlaf gerissen wird, weil man sich vor umherfliegenden Trümmern in Sicherheit bringen soll. Aber so ähnlich dürfte es dem neuen deutschen Astronauten Matthias Maurer und seinen Kollegen am Montag ergangen sein, die erst vor wenigen Tagen an der Internationalen Raumstation ISS angekommen waren: Die gesamte Besatzung wurde von der Flugsicherung geweckt, weil Satellitentrümmer auf Kollisionskurs mit der Raumstation waren. Die Astronauten wurden angewiesen, die Luken zu mehreren "radialen" Modulen zu schließen, die seitlich von der ISS abgehen, etwa zum europäischen Forschungsmodul Columbus oder zum japanischen Modul Kibo. Die Verbindung zwischen dem US-Segment und dem russischen Segment der ISS sei offen geblieben, teilte die Nasa mit.

    Später wurde eine weitere Sicherheitsvorkehrung umgesetzt: Für zwei Stunden sollten sich alle Astronauten in ihre Raumschiffe begeben, um im Falle einer Beschädigung der Raumstation zurück zur Erde fliegen zu können. Die ISS trifft zwar etwa alle 90 Minuten auf die Trümmerwolke, aber nur das zweite und dritte Treffen wurden von den Weltraumschrott-Spezialisten der Nasa als so riskant eingeschätzt, dass sie in den Kapseln abgewartet werden sollten.

    Die Trümmer sind ein erhebliches Risiko für die ISS und für die Satelliten mehrerer Länder

    Letztlich ist alles gut gegangen. Doch der Zwischenfall verursacht weiter große Aufregung. Schnell waren Raumfahrtexperten und US-Regierungsvertreter zum Schluss gekommen, dass die bedrohlichen Teile Trümmer eines Satelliten waren, den Russland in einem Test gezielt abgeschossen hatte. Mit einiger Verspätung hat Moskau das am Dienstag schließlich eingeräumt: Der ausgediente Flugkörper Zelina-D sei getroffen worden.

    US-Außenminister Antony Blinken hatte "Russlands rücksichtslosen Test" umgehend verurteilt, ebenso wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Auch Nasa-Chef Bill Nelson zeigte sich empört: Es handle sich um eine unverantwortliche und destabilisierende Handlung. Es sei undenkbar, dass Russland mit seiner langen Geschichte in der bemannten Raumfahrt nicht nur die Partnerastronauten aus den USA und anderen Ländern, sondern auch seine eigenen Kosmonauten sowie die Taikonauten an Bord der chinesischen Raumstation gefährde. Auch Vertreter der europäischen Raumfahrtbehörde Esa sind irritiert: "Solche Tests in großen Höhen sind sehr belastend für die Raumfahrt", sagte am Dienstag Holger Krag, Leiter des Esa-Weltraum-Sicherheitsprogramms. Idealerweise mache man sie gar nicht – und wenn doch, dann in niedriger Höhe. Denn je höher das Zielobjekt, desto länger blieben Fragmente im All.

    Das russische Verteidigungsministerium jedoch weist alle Kritik zurück: Die Trümmerteile stellten keine Bedrohung dar. Den Vorwurf, Moskau gefährde die friedliche Nutzung des Weltraums, nannte Russlands Außenminister Sergej Lawrow "Heuchelei". Es gebe dafür keinerlei Belege. Stattdessen treibe das Pentagon selbst "auf aktivste Art und Weise" ein Wettrüsten im All voran, kritisierte Lawrow – etwa durch Tests von Angriffswaffen.

    Das Weltraumkommando der US-Streitkräfte teilte mit, der Test vom Montag habe bislang mehr als 1500 nachverfolgbare Trümmerteile in der erdnahen Umlaufbahn produziert. Vermutlich würden diese letztlich in Hunderttausende kleinere Trümmer zerfallen und "über Jahre und möglicherweise Jahrzehnte in der Umlaufbahn verbleiben". Dies bedeute "ein erhebliches Risiko für die Besatzung der Internationalen Raumstation und andere bemannte Raumfahrtaktivitäten sowie für die Satelliten mehrerer Länder".

    Es ist laut einem Bericht der Washington Post das erste Mal, dass Russland mit einer von der Erde aus gestarteten Rakete einen Satelliten getroffen hat. Andere Länder haben jedoch bereits ähnliche Fähigkeiten demonstriert: Ein Anti-Satelliten-Test Chinas im Jahr 2007 produzierte rund 3000 Trümmerteile, die noch heute ein Risiko für die Raumfahrt darstellen. 2008 zerstörte die US-Navy von einem Schiff aus mit einer Rakete einen außer Kontrolle geratenen Satelliten. Auch Indien hatte 2019 erfolgreich einen Satelliten-Abschuss getestet. Der Test sollte Trümmerteile minimieren, einige gerieten dennoch in die ISS-Flugbahn, wofür die Nasa Indien heftig kritisierte.

    https://www.sueddeutsche.de/wissen/raumfahrt-iss-evakuierung-russland-1.5465811

    Wem gehört das All?

  107. Online-Diskussion zur Klimapolitik in Glasgow

    Freitag, 19.11. ab 18 Uhr

    Der Arbeitskreis Auflösen lädt ein zu einer Diskussionsveranstaltung. Es geht zunächst um die Frage: Gibt es wirklich das Klima als einen Gegenstand einer gemeinsamen Politik der sogenannten Staatengemeinschaft?
    Die Auseinandersetzungen der politisch Zuständigen auf dem Weltklimagipfel in Glasgow und drum herum bieten dazu aufschlussreiches Material. 

    Zitatezettel:  http://arbeitskreisaufloesen.blogsport.eu/files/2021/11/klimapolitik_21-11-15.pdf

    Anmeldeformalitäten, weitere Infos etc. über
    http://arbeitskreisaufloesen.blogsport.eu/2021/11/16/online-diskussion-zur-klimapolitik-in-glasgow/

  108. @Leser
    Zu dem Zeitpunkt bin ich leider beschäftigt, aber sonst gerne einmal.

    Auftragspolster der deutschen Industrie erreicht Rekordhoch

    In der deutschen Industrie stapeln sich die Aufträge angesichts der Produktionsengpässe so hoch wie noch nie. Welche Folgen diese Situation hat.

    https://industriemagazin.at/a/auftragspolster-der-deutschen-industrie-erreicht-rekordhoch

    Ein Teil des Auftragshochs kommt vom Stau, der durch Materialengpässe entsteht.

    Man fragt sich jedoch, woher die Zahlungsfähigkeit kommt? Und die muß von den in der gesamten EU ausgeschütteten Corona-Hilfen kommen, die sich – wie auch bisher schon vieles – in Aufträgen an die deutsche Industrie niederschlagen.
    Mit den Coronahilfen hilft Deutschland also vor allem sich.

     

  109. Vorabveröffentlichung aus der Zeitschrift GegenStandpunkt 4-21, die am 17.12.2021 erscheint:

    Was nicht nur Österreich bewegt: Anmerkungen zum Kurz-Sturz

    Was Sebastian Kurz aktuell vorgeworfen wird, verkünden seine Kritiker schon seit Jahren, nämlich seit seinem ersten Auftritt: Ein intrigantes Arschloch, dem es nur um sich und seine Macht geht, also nicht um Österreich – er hat kein Programm! Derartige Vorwürfe sind nicht daran abgeprallt, dass sie niemand geglaubt hätte. Ganz im Gegenteil. Im Lichte des Erfolgs der Figur Kurz sind die von seinen Kritikern immer so gerne bemühten Enthüllungen schlicht für etwas anderes genommen worden, nämlich für Belege seiner Durchsetzungsfähigkeit.

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/kurz-sturz

  110. Dass die Transatlantiker bei der FDP und bei den GRÜNEN beinhartere kalte Krieger seien als die der alten Großen Koalition, wird von Lutz Herden behauptet.  Deutsches nationales Interesse weltweit voranbringen, dürfte aber ja doch die neue wie die alte Devise sein. Dass sich die Grundsätze der deutschen Außenpolitik gegenüber USA, Frankreich, EU, Russland,  China daher wirklich ändern würden, – das scheint mir eher aufgeblasene journalistische Wichtigtuerei zu sein. Die Fortschreibung der deutschen Sicht auf die Nachkriegs-Ideologie “Wir, der gemeinsame Westen unter Führung der USA” – ist gerade nicht irgendein Ende einer Ära. Gegenüber Frankreich schien ja bisher schon die Devise zu gelten, die militärischen und währungsmäßigen europäischen Ambitionen Macrons eher dadurch zu brüskieren, dass sie schon von der Merkel-Regierung offiziell nicht thematisiert wurden und weitgehend einfach ins Leere gelaufen sind. (Was auch eine unmissverständliche Absage war.)

    https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ende-einer-aera

  111. Die Veränderung liegt doch daran, daß Deutschland an seinen Ambitionen festhält, obwohl die Mittel dafür immer mehr abhanden kommen. Die EU ist keine Weltmacht, zerstritten bis zum Geht-Nicht-Mehr, nach dem Austritt des UK deutlich geschwächt, und auch die Führungsrolle Deutschlands isr vorbei.

    Da bleibt nur der Versuch, durch besondere Anhänglichkeit an die USA die Rolle Deutschlands aufzuputzen, und sich als der Statthalter der USA in der EU zu profilieren zu versuchen. Aber diese Masche versuchen andere auch.
    Es ist in Europa ein Buhlen um die Gunst der USA losgegangen.

  112. Mit einem mehr freundlichen Gesicht – auch mehr Migranten abschieben …

    Man sieht – auch in der Migrationsfrage bleibt alles beim Alten.

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1158994.koalitionsvertrag-migration-freundlicher-abschieben.html

    Besonders neu ist das gar nicht mal.
    https://taz.de/Kommentar-Gruene-und-Abschiebungen/!5557475/

    Besonders ekelhaft: die genüsslich zur Schau gestellte Selbstzufriedenheit der Grünen wegen ihrer kapitalistischen Regierungsfähigkeit.

    Daher: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/offener-brief-an-gruen-waehler-oesterreich#section5

  113. Alle – auch grünen – Abschiebungs-Bekundungen nützen nix: Wen man bis jetzt abschieben konnte, schob man ab.

    Aber seit z.B. die Taliban an die Macht gekommen sind, ist das mit Ashraf Ghani geschlossene Rückschubabkommen Makulatur. Man kann niemand mehr nach Afghanistan abschieben.

    Syrer kann man nicht nach Syrien abschieben, weil da müßte ja die Assad-Regierung anerkannt werden, um mit der überhaupt ein Schubabkommen zu verhandeln. Höchstens in die Türkei ginge es, aber Erdo ist da auch heikel.

    In den Iran abschieben geht schon gar nicht, und Ägypten und Pakistan weigern sich beharrlich, Schubakommen zu unterschreiben. Auch die beiden irakischen Regierungen (Bagdad und Erbil) scheinen sich zu sträuben …

  114. Die Zahl der Abschiebungen hat nach einem deutlichen Rückgang in der Corona-Pandemie einem Medienbericht zufolge wieder zugenommen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres seien 5688 Menschen aus Deutschland abgeschoben worden, berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie beziehen sich auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion. 

    Fast ein Zehntel der Abgeschobenen wurde demnach nach Georgien gebracht – 541 Menschen. Es folgen Albanien (456), Serbien (300) und Pakistan (241). Im ersten Halbjahr hätten die Behörden zudem 140 Menschen nach Afghanistan abgeschoben.

    https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/abschiebungen-deutschland-101.html

  115. Georgien zeichnet sich als neuer Star unter den Rückführungsländern aus.

    2011 wurde – zur Zeit der Präsidentschaft Saakschwilis – wurde ein Schubabkommen zwischen Georgien und der EU abgeschlossen, das jetzt offenbar vermehrt von der EU in Anspruch genommen wird. Auch in Österreich gab es zu Jahresanfang eine medial begleitete Abschiebung mehrer Familien nach Georgien.
    Bemerkenswert sind bei dieser Abschiebepraxis 2 Dinge:
    1. die Grünen sind in Österreich in der Regierung, und
    2. es handelt sich um Leute aus christlichem, nicht islamischem Kulturkreis.

    Serbien und Albanien mußten offenbar im Rahmen der Beitritts-Verhandlungen ein solches Abkommen unterschreiben. Da die mazedonische Grenze abgeriegelt wurde, scheint es sich bei den Abgeschobenen um Flüchtlinge zu handeln, die über diese Alternativroute in die EU gelangt sind.

    Leicht befremdlich ist Pakistan, mit dem es meines Wissens kein Schubabkommen gibt. Vielleicht wurde da gegen entsprechende Zahlungen mit einem Provinzhäuptling irgendein Deal geschlossen.

  116. Beim Klimawandel scheint es so zuzugehen wie bei der Finanzkrise: Die Kosten und Schäden sollen möglichst anderen aufgebürdet werden.

    In den USA und langsam auch in der EU wächst eine eigene Unternehmenssparte für Katastrophenbewältigung heran: Katastrophen-Schutz und nachheriges Aufräumen werden als Geschäftsfeld entdeckt, wo man Illegale oder Langzeitsarbeitslose auf irgendwelche Himmelfahrtsjobs schicken kann, teilweise unter Nicht-Zahlung des versprochenen Lohns.

  117. "Beim Klimawandel scheint es so zuzugehen wie bei der Finanzkrise: Die Kosten und Schäden sollen möglichst anderen aufgebürdet werden."

    Das ist ja nun nicht sonderlich überraschend. Oder sollte das je anders gewesen sein und ich habs nur nicht bemerkt?

  118. Natürlich nicht.
    Aber angesichts des ganzen Blabla rund um diese Glasgower Konferenz kann es nicht schaden, einmal wieder auf diesen Umstand hinzuweisen.

  119. In Wien treten die verbliebenen Partner des internationalen Atomabkommens heute wieder mit Vertretern der iranischen Regierung in den Austausch.  

    Ziel der Verhandlungen in der österreichischen Hauptstadt ist eine Wiederbelebung des Abkommens von 2015. Die USA waren 2018 unter dem damaligen Präsidenten Trump aus dem Vertrag ausgestiegen. Seitdem ist es de facto außer Kraft gesetzt. Das Abkommen soll den Iran davon abhalten, Atomwaffen zu bauen. Vor allem Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen nun vermitteln, unterstützt von Russland und China. Die Abgesandten aus den USA sind nur indirekt an den Verhandlungen beteiligt, die iranische Führung weigert sich, mit US-Vertretern zu sprechen. Der federführende Unterhändler des Iran, Bagheri, sagte vor Beginn der Gespräche, die iranische Regierung glaube nicht, dass der Westen eine Vereinbarung wolle. Die USA drohen mit härteren Strafmaßnahmen gegen Teheran, falls der Iran nicht einlenken sollte.

    https://www.deutschlandfunk.de/internationale-gespraeche-mit-dem-iran-in-wien-100.html

    Der Spiegel: “Der iranische Chefverhandler Ali Bagheri warf seinen westlichen Gesprächspartnern mangelnde Aufrichtigkeit vor. »Nach unserer Erfahrung will der Westen den Pakt nicht umsetzen«, behauptete er in einem Kommentar in der Londoner »Financial Times«. (…) Das Ziel ist die Rettung des Abkommens, das das Atomprogramm Irans einschränkte, um die Entwicklung von Nuklearwaffen zu verhindern. Im Gegenzug würden westliche Sanktionen aufgehoben.”

    https://www.spiegel.de/ausland/atomdeal-mit-iran-us-regierung-droht-teheran-a-ea30aa3d-88b2-42b5-94b1-90eaf2837965

    Der GSP 1/20 zur Haltung Trumps gegenüber Iran:

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/trumps-amerika-gegen-iran

    Iran – Ölquelle mit Volk – so lautete der alte Artikel im Band ‘Imperialismus III’ von 1981. (Der Artikel will die moderne Historie des Iran herleiten, – bis hin zu Ayatollah Khomeney.)

    https://de.gegenstandpunkt.com/kapitel/imperialismus-3/iran-oelquelle-volk

  120. Zusätze wären hier noch:

    a) Neuere europäische Drohungen/Diplomatie gegen Iran – zwischen Kanzler Schröder und dem gescheiterten Versuch, eigenständige europäische Bezahlvorgänge für den Iran an den US-Banken vorbei zu etablieren

    b) Die Haltung der frz. Regierung lautet:  https://www.rnd.de/politik/frankreich-ruft-iran-zur-reduzierung-von-nuklearen-aktivitaeten-auf-J2VIROLM6C2C27RBI74OLJ4HQU.html

    c) BRD: alle Signale aus der neuen Regierung  lauten in Richtung komplette Unterordnung der BRD-Außenpolitik unter die Direktiven der Biden-Regierung. Ansonsten vermutlich: auch die jeweilige israelische Position sei zu bedenken, Israel als Staatsraison der BRD – etcpp….

  121. Die Regierung Biden hat zum Iran noch keine sichere Position bezogen. Aber jedes Zugeständnis gegenüber dem Iran, oder was auch nur als solches gedeutet werden könnte, wird Israel auf die Palme bringen.
    Ich nehme an, derzeit wird gerade zwischen Israel und den USA sondiert, was möglich wäre.

    Die Haltung, die die USA gegenüber dem Iran einnimmt, würde auch Auswirkungen haben auf den Krieg im Jemen, den Ölklau in Syrien, und die Politik gegenüber der Hisbollah.

  122. Größtes Hindernis für Verhandlungen mit dem Iran – sei (das Regime in) Iran, meint ‘Die Zeit’. Und weiter: “(…) Als der neue Präsident Ebrahim Raisi in Teheran antrat, war erst einmal Schluss mit Reden, nach sechs Verhandlungsrunden ab Frühjahr. Gegen neue Gespräche über die Zukunft des Atomabkommens hat sich seine ultrakonservative Regierung lange gewehrt – und währenddessen die Urananreicherung vorangetrieben und die Auflagen verletzt. Die Verhandlungsposition, wenn denn überhaupt ernsthaftes Interesse besteht, ist damit sicher nicht schlechter geworden. Denn der Zeitraum, innerhalb dessen der Bau einer Nuklearwaffe möglich wäre, wird immer kürzer: Als der Iran die Bedingungen des Abkommens einhielt, hätte das noch mehr als ein Jahr gedauert; inzwischen schätzen Experten die sogenannte Break-out-time auf wenige Monate, vielleicht sogar nur einen.

    Der Iran will vor allem, "dass die illegitimen illegalen Sanktionen gegen die Islamische Republik Iran, die durch die USA verhängt wurden, wieder aufgehoben werden" – "das ist für uns ein Maßstab", hatte Chefunterhändler Ali Bagheri Kani kürzlich der ARD gesagt, als er in Deutschland, Frankreich und Großbritannien schon einmal vorsprach. Außenamtssprecher Said Chatibsadeh wurde ebenso deutlich: "Ohne wirtschaftliche Vorteile hätte das Wiener Abkommen für uns keinerlei Bedeutung mehr." Darüber hinaus will das Regime sicher sein, dass eine Rückkehr der USA in das Abkommen auch von Dauer ist – dass also nicht ein Präsident nach Joe Biden gleich wieder aussteigt. Bevor das nicht erfüllt ist, fühlt sich der Iran nicht an die bestehenden Vereinbarungen gebunden. Zugleich lehnt er zusätzliche oder neu ausgehandelte Bedingungen ab.”

    https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/atomstreit-iran-atomprogramm-verhandlungen-wien?utm

    Aus dem umfangreichen Artikel noch einmal der China-Teil:
    https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/atomstreit-iran-atomprogramm-verhandlungen-wien?utm#china-strategischer-partner-mit-erheblichem-stoerfaktor

    Zumindestens aus der Sicht des Iran sind China und Russland weitaus wichtiger als Verhandlungsergebnisse mit “dem Westen”. Schaunmermal …

  123. Einiges zur Entwicklung des Atomprogramms des Iran. Alles begann mit dem Schah:

    Der Schah wollte die Atombombe bauen

    Ende der 50er Jahre begann Iran mit seinem Atomprogramm. Die jetzt zu einem Ende gekommenen Verhandlungen zogen sich seit 2002 hin. Und immer ging es um die Frage: Will Teheran die Bombe?

    Neben Israel wollte der Iran bei der Atomtechnik als einziges Land im Nahen und Mittleren Osten von Anfang an dabei sein. Bereits Ende der fünfziger Jahre unterzeichnete seine Führung einen Kooperationsvertrag mit den USA. 1967 bekam Persien den ersten Reaktor, die Versuchsanlage in Teheran, in der radioaktive Isotope für die Strahlentherapie hergestellt werden, und die bis heute in Betrieb ist. Ende der sechziger Jahre köderte Schah Reza Pahlevi mit Milliardenverträgen Firmen aus den USA, Frankreich und Deutschland, die ihm 23 Atommeiler bauen sollten. Kernenergie zu besitzen sei ein nationales Recht, argumentierte der Herrscher auf dem Pfauenthron. 1970 ratifizierte er den Atomwaffensperrvertrag und unterstellte seine Nation damit der Aufsicht der Wiener Atombehörde IAEA.

    Vier Jahre später jedoch rutschte ihm eine Bemerkung heraus, die in Washington Alarm auslöste. Iran werde Atombomben haben "ohne jeden Zweifel und schneller als mancher denkt", brüstete sich der Diktator in einem Interview und ließ seinen damaligen Atomchef Akbar Etemad erklären, keine Nation habe das Recht, einer anderen ihre Nuklearpolitik zu diktieren. Den damaligen US-Präsidenten Gerald Ford und Jimmy Carter war schnell klar: Der Teheraner Monarch wollte über eine eigene Wiederaufbereitungsanlage Plutonium aus abgebrannten Brennstäben extrahieren und so an seine eigene Bombe kommen. Jahrelang verhandelten die USA mit dem Iran, um sich eine friedliche Nutzung garantieren zu lassen. Im Sommer 1978 war der Vertrag dann endlich paraphiert. Wegen der Islamischen Revolution und dem Sturz des Schahs jedoch kam er nicht mehr zustande.

    Die neue Führung um Ayatollah Ruhollah Chomeini zeigte zunächst wenig Interesse an dem Atomthema. Am Persischen Golf stand der von Deutschen begonnene, halbfertige Reaktor Busher. Nachdem die Anlage 1985 im irakisch-iranischen Krieg bombardiert worden war, ließ man die Ruine liegen. Erst Mitte der neunziger Jahre nahm Teheran die Konstruktion mit russischer Hilfe wieder auf. Fast zwanzig Jahre später wurde der Reaktor schließlich im Juli 2011 an das Stromnetz angeschlossen.

    Auch wenn Staatsgründer Chomeini stets versicherte, alle Massenvernichtungswaffen seien mit der islamischen Religion unvereinbar, kam es bei seinen Gefolgsleuten schon bald zu einem Sinneswandel bei der militärischen Nutzung der Atomtechnik. Auslöser war das Trauma des irakisch-iranischen Krieges – eine halbe Million Tote und zehntausende durch irakisches Giftgas verstümmelte Veteranen, die bis heute auf den Straßen der Islamischen Republik zu sehen sind. Gegen Ende des Krieges traf sich in der Stadt Kerman der damalige Chef der Revolutionären Garden, Mohsen Rezai, mit einem der führenden Kernphysiker des Landes. Wie sich der Experte erinnerte, sagte ihm Rezai damals, der Iran müsse sich mit allem bewaffnen, was für einen Sieg erforderlich sei – "auch eine Atombombe, wenn das nötig ist". Andere Kommandeure versicherten dem Forscher, der 1992 seiner Heimat den Rücken kehrte, die nötigen Haushaltsmittel stünden bereit.

    Wohin die Reise danach ging, brachten 2002 erstmals exiliranische Kreise ans Tageslicht. In Natanz war eine geheime Anlage zur Urananreicherung entstanden, neben der Plutoniumextraktion der zweite Weg, um eine Atombombe zu bauen. 2009 erfuhr die Weltöffentlichkeit von einer zweiten geheimen Anreicherungsanlage in Fordo, tief versteckt unter Felsen nahe der heiligen Stadt Qom. Verfügte der Iran anfangs gerade mal über 200 Zentrifugen, sind es heute über 20.000. Inzwischen hat das Land auch das technische Wissen, Uran bis auf zwanzig Prozent anzureichern. Von diesem Niveau aus lässt sich eine waffenfähige Konzentration von neunzig Prozent technisch leicht realisieren. Aber auch auf der Plutonium-Seite, dem einst vom Schah favorisierten Weg zur Atombombe, machte die Islamische Republik in den letzten Jahren große Fortschritte. Der Schwerwasserreaktor Arak ist nahezu fertig gestellt.

    Tagesspiegel, 14.7. 2015

    Man kann die Ambitionen des Schahs durchaus als einen der Gründe ansehen, warum die USA ihn fallenließen …

    Die Mullahs haben jedenfalls das Atomprogramm des Schah geerbt und angesichts der gebannten Feindseligkeit der USA nicht aufgegeben, sondern vorangetrieben.
    Man sieht ja, wie Atombomben Regimes schützen (Nordkorea) und die Abwesenheit solcher Superwaffen andere Regierungen – und auch Staaten als solche – zu Invasion und Abschuß freigibt (Irak, Libyen).

    Noch eine Erinnerung daran, wie einmal das ganze Steuerungssystem der Atom-Zentrifugen gehackt wurde: „Stuxnet“

  124. Da es keinen passenden offenen Thread gibt, dieser hier ist auch schon reichlich  lang ….

    Uruguayy scheint sowohl gut durch Corona durchgekommen zu sein,  als auch eine eher chinafreundliche Außenpolitik zu betreiben. (Ich hatte vage in Erinnerung, dass die Nachfolger von Pepe Mujiica auf dem Präsidentensessel einen anderen Kurs hätten einschlagen wollen – scheint aber ja doch nicht so zu sein. Oder wie oder was???)

    https://amerika21.de/2021/09/254011/mercosur-uruguay-china-abkommen-freihand

    https://amerika21.de/2021/08/252940/uruguay-fuehrend-impfkampagne-covid-19

    —-

    Kuba öffnet sich weiter für amerikanisches Kapital aus Miami

    https://amerika21.de/2021/12/255844/investitionen-kuba-miami-usa-exilkubaner

    Zur kubanischen “Gemeinde” in Miami gibts diverse Quellen, gerne werden die dortigen Insassen für die eine oder andere US-Position in Anspruch genommen, etcpp….

  125. Zum Stellenwert des Militärischen und der Rüstungspolitik und -Diplomatie nnerhalb des US-Imperialismus https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-konflikt-blinken-lawrow-101.html gab es bei Walgesang diverse Beiträge (anschließend an das GSP-Protokoll zu Biden, der Ukraine etc.)

    http://neoprene.blogsport.de/2012/01/12/gsp-thesen-zur-weltlage-nach-3-jahren-obama/#comment-133415

    https://de.gegenstandpunkt.com/jour-fixe/jour-fixe-muenchen

    —-

    Die Wandlung der neuen deutschen Regierungsparteien – im Wahlkampf vernahm man auch Töne, man wolle, dass die US-Raketen aus der BRD abgezogen würden – zum derzeitig völligem Einklang mit jedem Teil der US-Außenpolitik. https://www.heise.de/tp/features/Mrs-Dialog-und-Haerte-6286865.html. ist mir etwas auffällig. (Interessant wird auch sein, wie das Thema Europa gefasst werden wird.).

    —-

    Etwas anders: Die KPÖ gewinnt in Graz

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wahlsieg-kpoe

  126. Na ja, anderer Kurs … Der Nachfolger Mujicas, Tabaré Vázquez, war von der gleichen Partei wie er und gut mit den Kirchners und Morales.
    Der jetzige, konservative setzt eben mehr auf China. In Uruguay wird auch hauptsächlich mit dem chinesischen Impfstoff CoronaVac, einem Totimpfstoff, geimpft.

    Das Wahlkampfgetöse deutscher Parteien in Ehren, aber die Weichen wurden doch schon von Merkel gestellt, daß man sich in Treue zum US-„Partner“ förmlich überbietet, weil das die einzige Stütze ist, die die EU hat.

  127. Die Exilkubaner in Miami wurden, was ihre mehrheitlichen Ambitionen betrifft, bis gestern großteils auf Cuba  als 'gusanos' (Würmer) und Vaterlandsverräter beschimpft, weil die scharf auf ihre angeblichen ehemaligen Eigentümerrechte auf Cuba seien,  quasi so auch die zweite Garde der US-Eroberung.  Seien die Gusanos erst mal wieder auf Cuba, dann würden Kubaner aus ihren Häusern vertrieben, etcpp.   [Andererseits kennt jeder Kubaner etliche Bekannte, die abgehauen sind. Was auch zur Realität auf Cuba gehört.]

    Ausgerechnet auf das kubanische Exil in den USA nun als Hoffnung für  Investitionen in Cuba zu setzen, das zeugt entweder von der Verzweiflung kubanischer Politiker, oder von einer Kehrtwendung kubanischer Politik – oder von einer bloßen PR – Ente.   (Oder von irgendwelchen hintergründigen Verabredungen?). Amerika21 vermutet: “Auch in Bezug auf die Blockadegesetze der Vereinigten Staaten dürfte Havanna damit den Ball wieder nach Washington spielen wollen, da dort bislang keine Hemmnisse für Investments in Kuba abgebaut wurden.” (s.o.)

    So oder so – die kubanische KP hofft – ausgerechnet – auf den Kapitalismus und auf (Änderungen der) US-Politik.

  128. Der Freie Westen pirscht sich nicht nur mit viel Getöse vom Westen, sondern auch auf Zehenspitzen in Süden an Rußland heran:

    Schwankender Gefährte

    Kasachstan ist ein Verbündeter Russlands. Aber wachsender Nationalismus und US-amerikanische Ambitionen untergraben die Freundschaft

    Vielen ist Kasachstan nur ein Begriff aus dem Film »Borat« des britischen Komikers und Schauspielers Sacha Baron Cohen, auch wenn man in dem Ulkfilm über das Land nichts erfährt. Kaum bekannt ist, dass es sich bei der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan um den größten mit Russland verbündeten Staat handelt.

    Russische Staatsmedien erwecken oft den Eindruck, dass zwischen der Russischen Föderation und der Republik Kasachstan alles bestens läuft. »Wir schätzen aufrichtig die Freundschaft mit dem brüderlichen kasachischen Volk, unsere Beziehungen, die Partnerschaft«, zitierte im November etwa die Moskauer Regierungszeitung Rossiskaja Gaseta den russischen Premierminister Michail Mischustin. Der Handel zwischen beiden Ländern, so Mischustin, solle in diesem Jahr mit umgerechnet mehr als 16 Milliarden US-Dollar (etwa 14 Milliarden Euro) eine »Rekordhöhe« erreichen.

    Die Republik Kasachstan ist mehr als siebenmal so groß wie die BRD. Das Land hat 18,8 Millionen Einwohner. Mit Russland verbindet Kasachstan eine Grenze von mehr als 7.000 Kilometern Länge. Der kasachische Staat gehört zur Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) und zur Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS), gemeinsam mit Russland, Kirgistan, Tadschikistan, Belarus und Armenien. Das Land ist Mitglied in der von Russland koordinierten Eurasischen Wirtschaftsunion. Kasachstans 2019 gewählter Präsident Kassym-Schomart Tokajew, geboren 1953, ist ein Absolvent der Moskauer Diplomatenhochschule MGIMO und war noch in der Sowjetunion als Diplomat in China tätig. Er ist aufgewachsen als Sohn eines sowjetischen Schriftstellers und Veteranen der Roten Armee – scheinbar ein idealer Partner für Moskau.

    Routiniert beherrscht Tokajew die offiziellen Floskeln der Völkerfreundschaft. Der kasachische Präsident rühmt gegenüber Russland die »Freundschaft unserer Völker«, die es zu »bewahren« gelte. Im Interview mit der russischen Regierungszeitung spricht er von den »unzerstörbaren Banden der Freundschaft«, die Kasachstan und Russland vereinten. Zum Staatschef Kasachstans ist Tokajew als Günstling des früheren Präsidenten Nursultan Nasarbajew aufgestiegen, dem er als Außenminister und stellvertretender Regierungschef gedient hatte.

    Mit bewährten Methoden

    Nasarbajew, geboren 1940, war in Kasachstan noch zur Sowjetzeit im Juni 1989 auf den Posten des Ersten Sekretärs der Kommunistischen Partei Kasachstans gelangt und gehörte 1990/91 dem letzten Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) an. Danach ließ er sich 1991 zum Präsidenten wählen, mit bewährten Methoden, die ein Ergebnis von 98,80 Prozent brachten. Noch 2015 bescherte ihm die Wahlkommission ein Resultat von 97,75 Prozent. Im März 2019 legte er sein Amt nieder und protegierte als Nachfolger Tokajew, damals Vorsitzender des Oberhauses. Der benannte sogleich die kasachische Hauptstadt Astana zu Ehren seines Vorgängers in Nur-Sultan um.

    Nursultan Nasarbajew blieb gleichwohl Chef des mächtigen Sicherheitsrates und führt die Staatspartei »Nur Otan« (Licht des Vaterlandes), die sich im Kern aus Staatsbediensteten rekrutiert. Als Parteichef lässt er immer wieder mal Spitzenbeamte antreten, inklusive des Premierministers. Der »Elbasi«, der »nationale Führer«, wie sich Nasarbajew nennen lässt, predigt ihnen, sie sollten die »Stabilität« und die führende Rolle der Partei im Lande sichern – es ist eine Fürstenherrschaft mit einem Hauch von spätsowjetischem Charme.

    Nasarbajew sorgte auch dafür, dass seine Tochter Dariga am Tag seines Rücktritts zur Sprecherin des Oberhauses gewählt wurde. Theoretisch wäre sie damit im Fall eines Rücktritts oder Todes des Präsidenten automatisch Staatsoberhaupt geworden. Doch am 2. Mai 2021 setzte Präsident Tokajew die Nasarbajew-Tochter überraschend ohne Begründung als Parlamentssprecherin ab. In der kasachischen Elite gewann Tokajew damit an Ansehen und Gewicht. Denn Dariga Nasarbajewa ist in der Führungsschicht von Bürokraten und den mit ihnen verbandelten »Bisnessmen« nicht beliebt. Wer sie während der Siegesfeier bei der Präsidentenwahl im Dezember 2005 in einem Sportpalast in der Hauptstadt Astana erlebte, konnte sich davon einen Eindruck machen. Da versammelten sich um sie Hofschranzen vor dem Hintergrund eines großen Transparents mit der Parole: »Mit Nasarbajew in eine leuchtende Zukunft!« Listig lächelnd sah sich die für ihre Überheblichkeit bekannte Präsidententochter damals als künftige Herrscherin des Landes. Doch außerhalb von Konzertsälen traf die gelernte Opernsängerin Nasarbajewa eher selten den richtigen Ton. Amtsträger wie auch Durchschnittsbürger bemerkten, dass der Präsidententochter jenes taktische Geschick abgeht, das ihren Vater jahrzehntelang im Amt gehalten hatte.

    Dazu gehörte bei Nasarbajew auch die Fähigkeit, den Spielraum seines Staates gegenüber Moskau zu erweitern, ohne Russland oder die Russen in Kasachstan zu provozieren. Vor allem im Norden Kasachstans ist Russisch die vorherrschende Alltagssprache. Historisch war diese Region der Süden Sibiriens. Die sowjetische Führung fügte 1936 südliche Gebiete der Russischen Föderativen Sowjetrepublik in die Kasachische Sowjetrepublik ein. Damit sollte das rückständige Steppengebiet mit seiner überwiegend analphabetischen Bevölkerung in den werdenden sozialistischen Staat integriert werden. Dabei waren die Arbeiterklasse und die Ingenieursintelligenz der kasachischen Sowjetrepublik überwiegend russisch.

    Das hat Folgen bis heute. In einer Volkszählung von 2009 bezeichneten sich 23,7 Prozent der Bürger Kasachstans als Russen. Der Anteil der überwiegend Russischsprachigen liegt weit höher, im Norden sind es teilweise mehr als 90 Prozent. Russisch hat den Status einer »offiziellen Sprache«, was bedeutet, dass es auch im Verkehr mit Behörden verwendet werden kann. Das liegt auch daran, dass selbst ein großer Teil der Staatsangestellten Russisch besser beherrscht als die Staatssprache Kasachisch.

    Herabsetzung der Russen

    Doch seit der Unabhängigkeit Kasachstans hat sich die Lage der russischen Bevölkerung im Lande kontinuierlich verschlechtert. In Wirtschaft, Verwaltung und Politik wurden und werden Russen teils erheblich diskriminiert. Der neue Staat nahm mehr und mehr ethnokratische Züge an. Die Staatsbürokratie und das mit ihr verbandelte Businesskonglomerat von Klanstrukturen nährt sich vor allem durch Exporte von Öl und Gas.

    Das systematische Herabsetzen der Russen im staatlichen und wirtschaftlichen Leben Kasachstans führte seit den 1990er Jahren zur massenhaften Abwanderung russischer Fachkräfte. Einer offiziellen kasachischen Statistik zufolge haben allein in den Jahren 2015 bis 2020 rund 219.000 Menschen Kasachstan verlassen. Nach einer Studie des Russischen Instituts für Strategische Studien in Moskau waren 70 Prozent der im Jahre 2020 Ausgewanderten Russen. Russische Emigranten nennen als Gründe einen Mangel an Arbeitsplätzen, ein Sinken des Lebensstandards, Korruption und Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Der sinkende Lebensstandard ist eine Folge des wirtschaftlichen und sozialen Niedergangs Kasachstans als Transithandelsland, wozu auch die Auswirkungen der antirussischen Sanktionspolitik westlicher Staaten beitrugen. Hinzu kamen die jahrelang sinkenden Öl- und Gaspreise. Die jährlichen Wachstumsraten schrumpften von acht Prozent im Jahre 2012 auf 4,1 Prozent im Jahre 2018.

    In jüngster Zeit versuchen kasachische Nationalisten verstärkt, die Früchte der wachsenden Unzufriedenheit zu ernten. Zu den Wortführern der nationalistischen Kräfte in Kasachstan gehört der Aktivist und Unternehmer Muchtar Taischan, Jahrgang 1973. Der ehemalige Mitarbeiter der Präsidentenadministration unter Nasarbajew und Absolvent der Warschauer Universität gehört zu jenen Vertretern der staatskapitalistischen Klasse, die sich nach einer Anerkennung als Klassenbrüder durch die Bourgeoisien der entwickelten kapitalistischen Länder sehnen. Als Mittel dazu setzen Taischan und seine Anhänger auf eine Mischung aus düsterer Darstellung der sowjetischen Geschichte und Russophobie. Ausdruck findet dies in seiner These zum Tag des Sieges über den Hitlerfaschismus: »Vor und nach 1945 waren wir ein Kolonialvolk, und wir sind es geblieben.« Taischan nahm zur Jahreswende 2013/14 in Kiew an Kundgebungen auf dem Maidan teil, die im Februar 2014 zum Rechtsputsch und Beginn des ukrainischen Bürgerkrieges führten.

    Von ukrainischen Ultrarechten ließ sich auch der kasachische Nationalistenführer Kuat Achmetow inspirieren. Er organisierte im August »Sprachpatrouillen« seiner Bewegung »Tyl Maidana«, die russischsprachige Bürger Kasachstans an öffentlichen Plätzen, etwa auf Märkten bedrängten, weil sie Russisch sprachen. Achmetow wurde am 19. August festgenommen, doch bald wieder freigelassen und setzte sich in die Ukraine ab.

    Der kasachische Präsidentenberater Erlan Karin behauptete, verantwortlich für die Sprachpatrouillen sei eine »Informationspanik in unserem nördlichen Nachbarland«. Gemeint ist Russland. Der Tokajew-Berater rief die Nationalisten lediglich auf, »vorsichtiger in ihren Äußerungen und ihrer Tätigkeit« zu sein. Karin weiß, wovon er spricht: In den Jahren 2013/14 war er als Lehrer an der American University in Washington, D. C. tätig, einer Pflanzschule für US-Hilfswillige auf der ganzen Welt.

    Vorbild Ukraine

    Den Hintergrund für die wachsende Stärke der Nationalisten in Kasachstan analysiert der Historiker und Kasachstan-Experte des Moskauer Instituts für die GUS-Länder Andrej Grosin: In Kasachstan seien nationalistische Kräfte »in staatliche Strukturen eingedrungen«, in den »Nationalen Rat für Demokratisierung beim Präsidenten« und ins Parlament. Diese Nationalisten, so Grosin arbeiteten derzeit an Gesetzen über die Rehabilitierung der Turkestanischen Legion der Hitler-Wehrmacht. In den Reihen dieser ab 1942 geschaffenen Kollaborateurstruppe dienten auch angeworbene kasachische Kriegsgefangene aus der Roten Armee. Ein weiteres Gesetzesprojekt der Nationalisten, so Grosin, betreffe die Hungersnot in Kasachstan in den Jahren 1932/33, die als Genozid gegen die Kasachen dargestellt werden soll, obwohl gleichermaßen auch Russen von der Katastrophe betroffen waren. Kasachische Nationalisten kopieren dabei die Drehbücher ihrer ukrainischen Gesinnungsgenossen. Die versuchen seit dem Maidan 2014 verstärkt, die Hungersnot in der Ukraine in jenen Jahren als Genozid am ukrainischen Volk darzustellen, obwohl es dafür in den Archiven keinen Beleg gibt. Schützenhilfe erhalten die kasachischen wie auch die ukrainischen Nationalisten dabei unter anderem vom US-amerikanischen Sender Radio Liberty.

    Wie Kasachstans Präsident Tokajew mit der wachsenden nationalistischen Gefahr umgeht, zeigen seine öffentlichen Auftritte. Er versucht, das Problem zu ignorieren, und deckt dabei seinen Gehilfen Karin, der als Schirmherr der Nationalisten agiert. So predigte Tokajew im Funktionärsjargon die »weitere Stärkung des Systems der Verteidigung der Menschenrechte«, ohne die Rechte russischsprachiger Menschen in seinem Land auch nur zu erwähnen. Er sagt nur gelegentlich, die »Verwendung« des Russischen dürfte »nicht verhindert« werden. Doch Tokajew lässt gleichzeitig weiter an Plänen arbeiten, die schon unter Nasarbajew beschlossen wurden: Die kyrillische Schrift soll zugunsten der lateinischen abgeschafft werden.

    Insgesamt spiegeln Tokajews Auftritte vor Funktionsträgern des Staates die tiefe Krise des postsowjetischen Systems wider. In seiner ausführlichen »Botschaft« zur Lage des Landes am 1. September 2021 räumte Tokajew »Ungleichgewichte in der sozialökonomischen Entwicklung« ein – eine dezente Umschreibung für Massenarbeitslosigkeit und eine wachsende soziale Spaltung zwischen Stadt und Land.

    Korrupter Petrostaat

    Große Teile der Bevölkerung des Gasexportlandes haben keinen Gasanschluss. Die Profite aus den Exporten von Energieträgern eignet sich eine Klasse von Rentiers des kasachischen Beamtenkapitalismus an. Dabei erweist sich das klanartige System als immer schwerer lenkbar. Dies zeigt sich auch an den verbalen Eiertänzen des Präsidenten. In seinem Lagebericht vom 1. September monierte er eine »übermäßige Präsenz des Staates in der Wirtschaft«. Und er sprach von einem »quasistaatlichen Sektor« der Wirtschaft, dessen »Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht« möglichst »erhöht« werden sollte. Tokajew erwähnte, die »Hälfte der kriminellen Fälle« im Bereich Landwirtschaft befasse sich mit Subventionsbetrug, und beklagte insgesamt eine »wachsende Zahl von Betrugsfällen«, auch mit Finanzpyramiden. Und er mahnte, »der wirksame Kampf gegen Korruption muss fortgesetzt werden«.

    Wie dieser Kampf geführt werden soll, sagte er nicht. Aus den Einlassungen des Staatschefs ergibt sich das Bild eines quasifeudalen, korrupten Petrostaates, der den Kapitalismus der freien Konkurrenz nur imitiert und zusehends ins Kriminelle driftet. Das Steppenland Kasachstan erweist sich politisch und ökonomisch als Sumpf. Bemerkungen Tokajews in dieser Rede, die »Reserven an finanzieller Stabilität« seien »nicht unbegrenzt«, beweisen zudem, dass Kasachstan von der Substanz lebt. Die Regierung verfeuert die Reserven aus dem durch Öl- und Gaseinnahmen früherer Jahre gefüllten »Nationalen Fonds«, um größere Klassenkonflikte zu vermeiden. Zugleich versucht die Staatsführung, die Eskalation von Konflikten zwischen der korrupten Bürokratie und den verarmenden Massen durch politische Manipulation zu verhindern.

    So kündigte der Präsident im September an, seine Administration werde »einen wirksamen Mechanismus« zur Unterstützung von »Bürgerinitiativen« ausarbeiten. Worauf das hinausläuft, zeigt die Entwicklung des parteipolitischen Spektrums des Landes in den letzten Jahren. Schon Vorgänger Nasarbajew verstand es, reale politische Konkurrenz prophylaktisch zu verhindern. Dabei stand er vor zwei Problemen: Zeitweilig drohten die Spaltung der bürokratischen Verwalterkaste und das Anwachsen einer linken, von Kommunisten geführten Opposition. Die positiven Erinnerungen von Millionen Kasachen an die soziale Sicherheit in der sowjetischen Gesellschaft prägen nach wie vor das Alltagsbewusstsein. Nasarbajews Machtapparat gelang es im Jahre 2004, die Kommunistische Partei Kasachstans mit Repression und Korruption zu spalten. Zwölf Mitglieder des Zentralkomitees verließen die KP. Sie gründeten eine »Kommunistische Volkspartei Kasachstans«, die sich im Jahre 2020 in »Volkspartei Kasachstans« umbenannte. Deren Führung sorgt im Chor der politischen Elite für eine leicht dissonante Zweitstimme mit Plädoyers für eine »sozial gerechte Gesellschaft«. Mit dem Segen der auf betreutes Wählen abonnierten Staatsführung kam die pflegeleichte Mitte-links-Partei bei der Parlamentswahl im Januar dieses Jahres auf 9,1 Prozent. Die Nasarbajew-Partei »Nur Otan« verbuchte 71,1 Prozent.

    Um die führende Rolle als harmlose Opposition konkurriert die »Volkspartei« im Parlament mit der Partei »Ak Schol« (Leuchtender Weg), die bei der Wahl 10,95 Prozent verbuchte. Deren Vorsitzender, Asat Peruaschew, war zuvor als Berater und Bereichsleiter in der Präsidentenadministration tätig gewesen. Danach hatte er zunächst als Generaldirektor von »Aluminum Kasachstan« vom Kuchen des Staatskapitalismus genascht. Anschließend war er in die Führung von »Nur Otan« aufgestiegen, bis er 2011 sein Talent als elastischer Oppositionspolitiker entdeckte.

    Kommunisten verboten

    Im selben Jahr erfuhren Kasachstans Kommunisten aus der Presse, dass ein Gericht der Hauptstadt die Tätigkeit ihrer Partei »angehalten« hatte. Das nahm ihr die Möglichkeit, an Wahlen teilzunehmen. Im Jahr darauf wurde die Partei auf Antrag des Justizministeriums per Gerichtsbeschluss »liquidiert«. Seither arbeitet die KP, die nach Angaben der Wahlkommission 2008 noch mehr als 54.000 Mitglieder hatte, trotz Verbot weiter, auch mit Unterstützung ihrer Bruderpartei, der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation. Offenkundiger Anlass für das Verbot der KP war ihre erfolgreiche Bündnispolitik. Ab 2009 engagierten sich die Kommunisten in einem breiten Aktionsbündnis mit anderen demokratischen Kräften, darunter auch Sozialdemokraten.

    Schon vor dem Verbot der KP hatte Nasarbajew sich einer Konkurrenz aus den Reihen der Staatsbürokratie durch Verbot entledigt. Im November 2001 formierte sich die Partei »Demokratische Wahl Kasachstans«, geführt von bisherigen hohen Amtsträgern des Regimes. Zu den Gründern gehörten ein ehemaliger Energieminister, ein ehemaliger Arbeitsminister, zwei Exvizeminister für Finanzen und Verteidigung und ein früherer Leiter der »Staatsagentur für die Kontrolle strategischer Ressourcen«. Hinzu kamen führende Bankiers. In der Partei, die mit liberalen Losungen auftrat, sammelte sich ein jüngerer Teil der Staatsbürokratie und der Kompradorenbourgeoisie. Die Partei suchte Annäherung an den Westen, vor allem an die USA, und wollte sich stärker von der sowjetischen Vergangenheit und auch von Russland abgrenzen.

    Zwar konnte die »Demokratische Wahl Kasachstans« 2002 bei einer Kundgebung in der Hauptstadt kaum mehr als 2.000 Menschen mobilisieren. Dennoch drohte eine Spaltung des Staatsapparates, worauf Nasarbajew mit systematischer Repression antwortete. Gegen führende Mitglieder wurden Strafverfahren eingeleitet, unter anderem wegen Machtmissbrauchs. Parteigründer Muchtar Abljasow wurde 2018 in Abwesenheit wegen eines Auftragsmordes zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Die Vorwürfe sind im einzelnen schwer nachprüfbar. Die Verfahren spiegelten in jedem Fall sowohl die politische Lenkung der Justiz als auch die kriminellen Praktiken bei der Entstehung des Staatskapitalismus in den neunziger Jahren wider. Im Kern gilt für den Showdown zwischen Nasarbajew und dieser Opposition das Wort Kurt Tucholskys über Situationen, in denen »Gauner Gauner Gauner nennen«.

    US-Casting

    Einer der Parteiführer der »Demokratischen Wahl Kasachstans«, Galimschan Schakijanow, siedelte 2012 in die USA über. Parteichef Abljasow zog nach Frankreich um, das ihn im September 2020 als politischen Flüchtling anerkannte. Abljasow ließ 2017 die zwischenzeitlich zerfallene »Demokratische Wahl Kasachstans« wieder aufleben – politisch im Fahrwasser der US-Strategie, ablesbar auch an Stellungnahmen gegen China. Ähnlich wie die Nawalny-Gruppe in Russland propagiert die Organisation das »kluge Abstimmen«, um Einfluss auf legale Oppositionsparteien zu nehmen. In Kasachstan ist die Partei seit 2018 als »extremistisch« verboten. Am 8. März 2021 gelang es der über Messengerdienste und soziale Netzwerke organisierten Truppe, etwa 2.000 bis 3.000 Teilnehmerinnen in der kasachischen Hauptstadt zu einem »Marsch der Frauen« zu mobilisieren – ein Probelauf. Das US-amerikanische Casting von Kandidaten für einen antirussischen Umsturz in Kasachstan hat begonnen.

    https://www.jungewelt.de/artikel/415898.gus-staaten-schwankender-gef%C3%A4hrte.html

  129. Was unternähmen die USA, wollte eine russisch-kubanische Militärallianz Mexiko als Vorposten gewinnen und unablässig beteuern, man handle selbstredend nicht in provokativer Absicht, um Washington die Instrumente zu zeigen? Man solidarisiere sich lediglich mit einem befreundeten Regime. Niemand müsse sich bedroht fühlen….
    (Lutz Herden im Freitag.- Forts.:)

    https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/wie-1962-in-kuba

  130. Stephan Kaufmann hat  Artikel verfasst über  vermutete 'Disharmonien' bzw. 'Ungerechtigkeiten' innerhalb der Varianten kapitalistischen Reichtums. Der erste Artikel beschäftigt sich mit dem Vorgang des Erbens von Vermögen, welcher – oh je, – leistungslos ist, und nicht mal die Steuer des kapitalistischen Staates mit all seinen angeblichen Wohltaten kann sich daran ordentlich bedienen …

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1159427.steuern-nur-fuer-reiche-vermoegensfall-infolge-des-todes.html

    Der zweite Aufsatz ist mit dem Verhältnis von Immobilienpreissteigerungen,  Finanzvermögenzzuwächsen zu so etwas wie dem realen Wachstum realer Werte befasst –  jedenfalls   in der Darstellung dieser Verhältnisse durch die bürgerliche Wissenschaft (bzw. einer US-Denkfabrik):

    https://www.fr.de/wirtschaft/wie-gross-ist-der-wohlstand-91171948.html

    Im dritten Artikel lobt der Autor den  Kollektivbrauerei-Betrieb "Quartiermeister". Dort werden mittels des Biererlöses soziale Gemeinwohl-Projekte unterstützt. Und endlich gibts soziale Wohltaten wirklich. Mittels Saufen!

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1158535.bier-von-quartiermeister-der-gemeinschaft-zum-wohle.html

  131. Die Wirtschaftsleistung steigt wieder stärker und gibt so dem aufgeblähten Vermögen eine reale Basis. Dafür allerdings wären laut MGI massive Investitionen nötig, um neue Wachstumsfelder zu erschließen und um „die Produktivität der Arbeitnehmerschaft kontinuierlich zu steigern“. Die Aufgabe, „unseren Wohlstand und das Finanzsystem zu schützen“, bleibt also letztlich an den Beschäftigten hängen.  (Kaufmanns Beschreibung der optimistischen Wachstumsvariante der VWL in der FR)

    Die Proleten müssen eben systembewusst sich danach einteilen lassen, wann sie mit ihrer Produktivitätssteigerung mittels Reallohnverlust und Inflation sich den Gürtel enger schnallen lassen sollen, und wann sie die Spendierhosen anziehen sollen. Vermutlich beides gleichzeitig..

  132. Wie man es dreht und wendet, die Profitmaschine springt nicht so richtig an, Gewinne lassen sich nur mit Spekulation machen und der Staat ist der Zur-Verfügung-Steller von Zahlungsfähigkeit durch Aufnahme von Schulden.

    Alle „Szenarios“ und „Modelle“, die da entworfen werden, schummeln sich um den Umstand herum, daß das normale G-G’ nicht mehr so richtig laufen will. Und daß sich irgendwas „rechnen“, also über Verkauf finanzieren müsse, finden auch die alternativsten Ökonomen ganz normal.

  133. Fortsetzung des Protokolls der Debatte zu Biden, Ukraine etc  [beim. Jour Fixe vom 06.12.2021]

    1. Fortsetzung der Diskussion vom 22.11.2021 zur Ukraine und dem Gipfeltreffen zwischen Biden und Putin (GS 3-21)

    2. Rüstungsdiplomatie (GS 3-21)

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf211206-Rüstungsdiplomatie.pdf

    https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

    https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-3-21

  134. “Die russischen Medien reagierten grundsätzlich positiv auf den Online-Minigipfel. Zumindest rede man wieder miteinander, was Anlass zu Hoffnung gebe, so ein vielfach geäußertes Urteil.

    So zitiert etwa die russische Nachrichtenagentur Tass den Politikwissenschaftler Maxim Suchkow vom Russian International Affairs Council (RIAC) mit den Worten, dass "Biden versuchen wird, das Ergebnis des Gipfels als diplomatischen Sieg darzustellen, indem er behauptet, er habe Putin mit ernsthaften Maßnahmen gedroht und ihm zu verstehen gegeben, was er nicht tun dürfe".

    Dabei habe aber Moskau kein Interesse daran, die Spannungen zu erhöhen, sondern wolle seine roten Linien deutlich machen. Dem Experten zufolge ist der Kreml weiterhin besorgt, dass Kiew bei einer Verschärfung des Konflikts versuchen könnte, auf einen Nato-Beitritt zu drängen.

    Der deutsche Politikwissenschaftler Alexander Rahr, Historiker und Forschungsdirektor beim Deutsch-Russischen Forum, schätzte die Unterredung gegenüber der Rossijskaja Gaseta als "sehr nützlich" ein. "Beide Seiten müssen sich noch genauer zu den Ergebnissen äußern, aber ich hoffe, dass er wirklich zur Deeskalation beitragen wird", so Rahr.

    Positiv bewertete dieser wie auch zahlreiche andere Beobachter, dass Putin und Biden "über Abrüstung und die Situation rund um das iranische Atomprogramm gesprochen haben", was ein gutes Zeichen sei, "ebenso wie die Tatsache, dass das Gespräch etwa zwei Stunden dauerte.

    Konstantin Kossatschow, Vorsitzender des Ausschusses für internationale Angelegenheiten des Föderationsrats der Russischen Föderation, zeigte sich weniger überzeugt, auch wenn er die Gesprächsbereitschaft Bidens an sich schon als einen Fortschritt bewertet:

    In den USA gibt es eine starke Gruppe von Falken, die nicht mit Russland reden wollen. Am Vortag und in Deutschland schrieben pro-amerikanische, transatlantische Zeitungen, dass ‘Russland im Kriegsfall keine Chance gegen die Nato hat’ – dies sind keine wörtlichen Zitate, aber die Quintessenz davon. In den letzten 80 Jahren hat es in der westlichen Presse keine Artikel dieser Art gegeben, was sehr beunruhigend ist.

    Insgesamt erhofft sich aber auch Kossatschow ein positives Signal(…)

     https://www.heise.de/tp/features/Deeskalation-oder-nur-Atempause-6290021.html?seite=all

    —-

    Leak über deutsch-amerikanische Hintergrundvereinbarungen zu Nord Stream 2

    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/leak-wirft-licht-auf-deutsch-amerikanische-bemuehungen-nord-stream-2-sanktion-abzuwenden/

      —-

    Biden hat anschließend vor allem gegenüber China einen “Demokratie-Gipfel” inszeniert.

    “Der “Demokratiegipfel” war ein Wahlkampfversprechen des US-Präsidenten, der den Kampf zwischen Demokratien und “autokratischen Regierungen” in den Mittelpunkt seiner Außenpolitik gestellt hat. China und Russland waren nicht eingeladen, auch das NATO-Mitglied Türkei und das EU-Mitglied Ungarn standen nicht auf der Einladungsliste. Taiwan hingegen war zum Ärger Chinas eingeladen.”

    https://www.tagesschau.de/ausland/china-usa-demokratie-101.html

  135. Antrittsbesuch in Polen: Scholz sieht Nord Stream 2 als Druckmittel gegen Russland

    Bundeskanzler Olaf Scholz ist am Sonntagabend zum Antrittsbesuch in Polen eingetroffen. Mit dem östlichen Nachbarn gibt es von der Frage der Rechtsstaatlichkeit bis zur Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 zahlreiche Streitthemen. Und es geht um sehr viel Geld zwischen Deutschland und Polen. (…)

    https://www.rnd.de/politik/olaf-scholz-in-polen-nord-stream-2-soll-druckmittel-gegen-russland-werden-E7HRBQXESFDPRDV23N3FLAVKRQ.html

    Die EU, wie sie leibt und lebt:
    Rußland findet genug Abnehmer für sein Gas, und selbst wenn nicht – die EU braucht das russische Gas sehr dringend, sonst gehen hierzulande viele Lichter aus.

  136. @Carlos Claro

    Das ist aus US-Sicht umso wichtiger, als die EU mittlerweile ökonomisch und politisch ein ernstzunehmender Konkurrent der USA ist.

    Das wäre sie gerne, das ist aber schon lang vorbei.

    Ansonsten glaube ich nicht, daß Russland der Ukraine das Gas abdrehen will. Erstens würde das die Bevölkerung der Ukraine schwer treffen, wo fast alle mit Gas heizen und kochen.
    Außerdem hängen ja hinter der Ukraine-Pipeline auch Staaten, mit denen es fixe Lieferverträge gibt und die auch pünktlich zahlen, wie die Slowakei, Österreich und Ungarn.

    Einmarschieren würde Rußland höchstens in den Donbass, sobald die ukrainische Regierung dort einen Wiedereroberungskrieg starten würde.
    Die dortigen Einwohner sind inzwischen größtenteils russische Bürger, Rußland zahlt die Pensionen, ein militärisches Eingreifen Kiews oder der NATO dort würde nicht geduldet.

  137. Bidens Kampf gegen North Stream 2

    “Biden hat es geschafft, in einer Vereinbarung mit der BRD vom Juli 2021 diese darauf festzulegen, so Russland es wage, North Stream 2 als "politische Waffe" einzusetzen, den Russen von hiesiger Seite aus den Hahn zuzudrehen.

    Zudem hat Biden just im November 2021 neue Sanktionen gegen am Bau/Betrieb der Pipeline beteiligte Firmen angeordnet, was sich einordnet in die Trumpsche Linie, auf dem Weg zum US-Monopol auf den Energiemärkten anderen Lieferanten aus gegnerischen Staaten wie Russland den Zugang zum Weltenergiemarkt zu versperren. Ob dies nun die Pipeline überhaupt noch verhindert oder nicht: die Sanktionen sind die Klarstellung, wer die Energieprojekte eines Staates durch technische Leistungen für diese stützt, dem die Präsens auf dem Welt-Energiemarkt zu verschließen sei, bekommt dies als beteiligte Firma durch Angriffe gegen geschäftliche Gelegenheiten zu spüren überall dort, eben global, wo die Amis Zugriff drauf haben – bis hin zu deren Untergang, weshalb schon manche in North Stream 2 involvierte Unternehmung vorauseilend von der Beteiligung daran abgelassen hat.”

    https://www.tages-politik.de/Aussenpolitik/Biden_Chronik_America_first-2021.html

    "Schon manche Unternehmung" habe sich aus North Stream 2 zurückgezogen – das triffts nicht ganz. Meines Wissens ist die komplette technische  Infrastruktur des Projekts (Röhren, Schiffe, Röhrenverlegung etc.)  nach und nach durch russische Firmen durchgeführt worden – unter dem Dach eines  fadenscheinigen quasi-staatlichen "Umwelt-Projektes", das allein vom Land Mecklenburg-Vorpommern gemanagt wird  (hinter dem allerdings weite Teile des deutschen Herrschaftswesens,  nicht nur der SPD, stehen). Die letzten Sanktionen richteten sich daher gegen russische Firmen (die vermutlich extra für dieses Projekt bzw. in Erwartung der Sanktionen gebildet worden sind).

    Dass das auswärtige Österreich nun auf Vollzug der Pipeline drängt, soll vermutlich den Grünen in der BRD bzw. deren Behauptung, das Projekt beschädige Europa, in die Parade fahren: „Ich halte nichts davon, die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 mit dem russischen Verhalten in der Ukraine zu verknüpfen. Damit würde sich die Europäische Union nur selbst schaden.“
    https://www.tagesspiegel.de/politik/umstrittene-deutsch-russische-gaspipeline-oesterreich-dringt-auf-inbetriebnahme-von-nord-stream-2/27890924.html

    Die neue dt. Außenministerin von den Grünen prescht aktuell weit vor – gegen China und gegen Russland. (Am heutigen dritten Tag ihrer ersten Arbeitswoche werden zwei russische Diplomaten zu unerwünschten Figuren erklärt.) Dass zumindestens rhetorisch die zukünftige neue Außenpolitik der neuen deutschen Führung stärker scharfmacherisch ausgerichtet sein solle, so lautet Gebrüll wie Praxis der grünen Außenministerin.

  138. Was Österreich angeht, so war es ein Pionier für die Pipeline-Anbindung an die SU, die Verträge gehen bis in die 60-er Jahre zurück:

    50 Jahre russisches Gas für Österreich

    Seit 1968 lieferte Russland mehr als 218 Mrd. Kubikmeter Erdgas aus Sibirien nach Österreich.

    Als erstes westeuropäisches Land unterzeichnete Österreich vor 50 Jahren, am 1. Juni 1968, einen Gas-Liefervertrag mit der damaligen Sowjetunion. Drei Monate später kam das erste Gas aus Westsibirien in der Gasstation Baumgarten in Niederösterreich an. Heute ist die kleine Gemeinde an der March eine der wichtigsten Drehscheiben für die europäische Erdgasversorgung.

    Seit der Unterzeichnung des Vertrages zwischen dem sowjetische Unternehmen Sojusneftexport und der Österreichischen Mineralölverwaltung – der ÖMV-Generaldirektor hieß damals Ludwig Bauer – sind bis heute mehr als 218 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Österreich geliefert worden, davon 9,1 Mrd. Kubikmeter allein im vergangenen Jahr.

    Für Russland unverzichtbar

    Die russischen Gaslieferungen nach Europa erreichten 2017 den Rekordwert von 192 Mrd. Kubikmetern, für Russland sind die Gasexporte somit eine unverzichtbare Einnahmenquelle. Das unterstreicht auch Russlands Präsident Wladimir Putin mit seinem Wien-Besuch anlässlich der 50-Jahr-Feiern der Vertragsunterzeichnung.

    In Brüssel, Warschau oder Bratislava sieht man diese gegenseitige Abhängigkeit kritisch, Moskau setze sein Gas als Waffe ein, um das politische Wohlverhalten seiner früheren Vasallenstaaten zu erzwingen, lautet ein Vorwurf.

    Gute Partnerschaft mit Gazprom

    Der russische Gas-Monopolist Gazprom und ihr österreichischer Partner OMV verweisen im Gegenzug immer wieder darauf, dass es während ihrer 50-jährigen Kooperation selbst in den Zeiten des Kalten Krieges nie zu Lieferausfällen gekommen sei. "In den letzten 50 Jahren haben wir verlässlich Gaslieferungen aus Russland erhalten und konnten unsere Industrie- und Haushaltskunden immer mit Erdgas hoher Qualität versorgen", sagte OMV-Chef Rainer Seele in einer Aussendung anlässlich der Jubiläumsfeier. "Dies ist eine gute Ausgangsbasis um die Partnerschaft mit Gazprom langfristig auszubauen." Sorgen bereitet den Europäern aber der seit Jahren schwelende und immer wieder aufflammende Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine, der immer wieder zu kurzzeitigen Lieferengpässen führte.

    Die OMV hat sich zuletzt selbst um 1,75 Mrd. Euro beim sibirischen Gasfeld Juschno Russkoje eingekauft und damit ihre Gesamtproduktion auf einen Schlag um ein Drittel gesteigert. Russland wurde zu einer weiteren Kernregion im OMV-Portfolio erklärt.

    Im Rahmen des 50-Jahr-Jubiläums unterstützen Gazprom und OMV die Ausstellung "Die Eremitage zu Gast" im Kunsthistorischen Museum Wien. Im Herbst wird die Ausstellung in das Staatliche Eremitage-Museum nach St. Petersburg übersiedeln.

    https://kurier.at/wirtschaft/50-jahre-russisches-gas-fuer-oesterreich/400044050

    Der Artikel ist 3 Jahre alt, aber er zeigt, wie sehr Österreich sowohl über Gasbezug, als auch Gastransit als auch Beteiligung am Bau von Nord Stream drinhängt.
    Da ist noch einiges an Konfliktpotential drin.

    In Deutschland ist da ein bemerkenswertes Primat der Politik über die Ökonomie zu beobachten, weil das russische Erdgas käme Deutschland auch sehr gelegen, vor allem in Zeiten wie diesen, wo überall die Energiepreise steigen.

    Aber vielleicht ist das auch alles nur Theater und in Wirklichkeit fließt das Gas schon … In Zeiten wie diesen halte ich alles für möglich.

  139. "Der verharmlosende Sprech 'Europa als Dreh- und Angelpunkt' ist seinem reellen Gehalt nach der Sachverhalt, dass Deutschland in Europa sich einen Machtblock geschaffen hat, mit dem man weltpolitisch wuchern kann, sich überall in fremde Staatsaffären einbringen kann und denen seinen Stempel zum Nutzen Deutsch-Europas und auf Kosten konkurrierender Nationen aufdrücken kann."

    Stimmt das denn überhaupt? Ist das nicht vielmehr der immer mehr verblassende Traum vom deutschen "Machtblock"?

    "Impulse geben heißt also, die Richtlinienkompetenz für die weitere Ausgestaltung Europas und ihr Wirken nach außen zu beanspruchen"

    Eben, nur beanspruchen. Haben tun sie sie nämlich immer noch nicht.

    "Im Namen der höchsten völkerrechtlichen Ideale wird der Anspruch hinausposaunt, dass die Ukraine "Uns", dem Westen gehöre, welches Land derselbe erfolgreich dem Einflussbereich Russlands entrissen hat.*) Dass Russland sich dies nicht gefallen lässt, sich gegen weitere Einkreisung/Einschnürung durch EU-/Amerika-/NATO-hörige Staaten wehrt, dem wird seitens Baerbock im Namen des Westens Bescheid erteilt, dass sich die Russen dem Hinwirken des westlichen Imperialismus auf dessen ökonomische und politische Bedeutungslosigkeit zu fügen hat."

    Anspruch ja, natürlich. Aber "Bescheid"? sowas kann eine Behörde erteilen, die tatsächlich dazu befugt ist, die deutsche Außenministerin ist es nicht.

    Wenn Baerbock tönt: "Eine Welt mit weniger oder ohne Atomwaffen sei eine sicherere Welt." ist das natürlich besonders heftig, bekanntlich haben die imperialistischen Staaten, Deutschland allen voran, gerade in den Jahrzehnten vor der Erfindung der Atomwaffen ganz atomwaffenfrei die Welt in Schutt und Asche gelegt.

    "… ist hier eher der Wunsch der Vater des Gedankens, in Abrüstungsfragen als eine Macht mitreden zu wollen, die militärisch eher kleinkalibrig aufgestellt ist. Das entscheidende Sagen haben in der Hinsicht nämlich die wirklichen Atommächte."

    Wohl wahr, daran leidet der deutsche Imperialismus ja seit dem ersten Atombombenabwurf durch die USA.

  140. Ich frage mich, ob es eine Art Notwendigkeit ist, daß das deutsche Großmachtstreben inzwischen vor allem durch Frauenzimmer vertreten wird – von der Leyen, Baeböck –, weil die Lächerlichkeit oder das schrittweise Scheitern desselben so weniger offensichtlich wird?

  141. Nein, es ist ja auch anderswo in Europa im Trend, daß Frauen die Posten als Außen- oder gleich als Kriegsminister bekommen:
    Federica Mogherini in Italien und der EU,
    Liz Truss in GB
    Florence Parly und Michèle Alliot-Marie in Frankreich.
    Spanien habe ich jetzt nicht in Erinnerung.
    Und Baerbock ist ja ideologisch eh nicht weit weg von Vorgänger und Superman Heiko Maas.

  142. Aber irgendwie vertritt sie die nationalen Anliegen mit mehr Schwung …

    Doch, auch Spanien hat wieder eine VerteidigungsminsterIN, Margarita Robles, schon die dritte Frau in diesem Amt.

    Vielleicht sollte man es allgemeiner fassen, daß MinisterINNEN ihr Amt irgendwie aggressiver ausüben. Killary war ja auch so ein Fall. Wobei es in der EU eher darum geht, daß man um so lauter bellt, je weniger man beißen kann.

  143. Mag ja sein, daß bei Baerbock irgendwann noch "mehr Schwung" kommen mag. Aber erkennst du ernsthaft jetzt schon Unterschiede zwischen Merkels Maas und Scholzens Baerbock?

  144. Manfred Henle zu Belarus/Lukaschenko

    Zum sogenannten „Konflikt“ an der belarussisch-polnischen Grenze veröffentlichte die Bild-Zeitung am 11. November zwei bemerkenswerte Kurzkommentare, die Titelschlagzeilen in riesig-alarmistischen Großbuchstaben gefasst.

    Zum Geschehen an der belarussisch-polnischen Grenze… (- Analyse dieser zwei BILD-Kurzkommentare):

    https://www.untergrund-blättle.ch/politik/europa/belarus-lukaschenko-kommentare-3624.html

    —-

    Zur aktuellen Haltung des Westens gegenüber Russland und Ukraine:

    https://www.tages-politik.de/Aussenpolitik/Russland-Ukraine-EU-17.12.pdf

  145. Die neue dt. Bundesregierung legt anscheinend Wert auf das Signal, dass man neben Frankreich auch mit hauptsächlich Italien wieder starker europäisch kooperieren will.  (Immerhin stehen in Frankreich 2022 Wahlen mit unklarem Ausgang an…)

    https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/draghi-und-scholz-einigen-sich-auf-nationale-konjunkturprogramme-keine-reform-des-stabilitaetspakts/

    Vor allem Österreich und die Nordländer wollen aber keinen neuen Kurs in der EU-Schuldenregelung.

    https://www.euractiv.de/section/eurozone/news/euro-gruppe-diskutiert-rahmen-fuer-wirtschaftspolitische-steuerung/

    Ansonsten: Grenzen dicht, Frontex, Flüchtlingsbekämpfung etc.pp

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1159750.frontex-eu-grenzregime-am-pranger.html

    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/europa-darf-sich-nicht-zu-einem-rechtsfreien-raum-entwickeln

    Guten Rutsch!

    http://neoprene.blogsport.de/2012/12/09/das-fest-der-liebe-weihnachten-in-liebloser-zeit-msz-14-1976/#comment-133612

  146. Der Prozeß um den Abschuß des malaysischen Flugzeugs hat den erwarteten Schuldspruch gebracht:

    Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft
    Stand: 22.12.2021 12:42 Uhr

    Die niederländische Staatsanwaltschaft hat lebenslange Haftstrafen für vier Verdächtige im Zusammenhang mit dem Abschuss des Flugs MH17 über der Ostukraine gefordert. Sie sollen unter anderem die Luftabwehrrakete beschafft haben.

    In der Ostukraine herrschten im Juli 2014 heftige Kämpfe zwischen der Armee der Ukraine und prorussischen Separatisten. Die Maschine der Malaysia Airlines war auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur.

    Das Verfahren um den Abschuss von MH17 läuft bereits seit Frühjahr 2020 und wird in Abwesenheit der Angeklagten geführt. Nur einer lässt sich von Verteidigern vertreten. Alle bestreiten jede Verantwortung. Das Urteil wird erst im kommenden Jahr erwartet.

    Der Prozess ist politisch heikel, da Moskau jede Verantwortung zurückweist. Versuche, Moskau Verantwortung für das Unglück zuzuweisen, seien "absolut inakzeptabel", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow dem Staatssender RT. Eine Auslieferung der Angeklagten scheint daher unwahrscheinlich. Da die meisten Opfer Niederländer waren, findet der Prozess auch in dem Land statt.

    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/mh17-lebenslange-haft-forderung-anklage-101.html

    Das ganze Verfahren, das von Anfang an auf diesen Ausgang zielte, hat zwei Ergebnisse: Erstens wird die ukrainische Führung von jeder Schuld freigesprochen. Die Verantwortung der ukrainischen Seite wurde gar nicht untersucht.

    Zweitens gibt es einen Rechtstitel mehr in der EU dafür, daß Rußland ein Schurkenstaat ist. Gegen den man alle militärischen Mittel in Anschlag bringen muß und mit dem man keine Geschäfte machen sollte.
    Allerdings ist Rußland für dieses Verfahren etwas zu groß und mächtig, und nicht einmal das völlige Kappen aller Geschäftsverbindungen kann sich die EU leisten.

  147. Mal was Positives zum Fest:

    Uruguay setzt die Trennung von Staat und Kirche durch – und schafft so faktisch das Weihnachtsfest ab!

    https://www.luzernerzeitung.ch/international/weihnachten-abgeschafft-uruguays-atheisten-setzen-sich-durch-statt-jesus-und-maria-wird-jetzt-dem-strand-gehuldigt-ld.2231391

    EDIT: Ansonsten mögen sie sich dort zwar cool gebärden [vgl. auch den Film über Pepe Mujica etc…] – diese sozialdemokratische Variante des Latino-Kapitalismus … ist aber trotz alledem….

    https://nestormachno.alanier.at/serie-lateinamerika-heute-teil-14-uruguay/

    https://nestormachno.alanier.at/354-2/#comment-18406

    https://amerika21.de/2021/09/254011/mercosur-uruguay-china-abkommen-freihand

  148. Na sowas liest man doch gerne!

    Uruguay ist überhaupt recht cool.

    Erst einmal einige Bilder von Cabo Polonio, einem Hippie-Ort, der jetzt sicher bumvoll ist:

    Außerdem hat Uruguay sehr ruhmreiche politische Traditionen:

    https://de.wikibrief.org/wiki/Anarchism_in_Uruguay

    https://de.wikipedia.org/wiki/Movimiento_de_Liberaci%C3%B3n_Nacional_%E2%80%93_Tupamaros

    Nicht zu vergessen die Demos gegen die Auslieferung von 3 Basken an Spanien, was den Bewohnern von Montevideo bis heute im Baskenland zugute gehalten wird.

    Die News rund um Mujica waren da nur zum Drüberstreuen, der wurde etwas gehype-t, weil das alles in die Anti-Korruptions-Mode gepaßt hat. Um an den Idealen der Demokratie festhalten zu können, wurde ein anständiger Modell-Politiker präsentiert und quer durch die Medien herumgereicht. Vor allem in ehemals sozialistischen Staaten war das sehr populär, um die Leute angesichts der negativen Folgen des Systemwechsels bei der Stange zu halten.

    Es wäre jedenfalls verkehrt, Uruguay mit ihm gleichzusetzen.

    Wenn es um wichtige Uruguayos geht, würde ich eher die empfehlen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Viglietti
    https://de.wikipedia.org/wiki/Eduardo_Galeano

  149. Ich will nur einmal darauf hinweisen, weil das so gar nie Thema ist in den Medien, was eigentlich in der Ukraine für eine Medien- uund Internetzensur herrscht: Die russische Suchmaschine Jandex wird blockiert, die sozialen Medien VKontakte und Odnoklassniki, sowie jede Menge russische Websites und Medien.

    Das ganze wurde mit Erlässen zur Wahrung der nationalen Sicherheit begründet, völlig willkürlich – also von wegen der Rechtsstaat in Polen sei gefährdet. In der Ukraine geht das alles.
    Ende 2019 waren 461 Websites in der Ukraine verboten, seither sind noch einige dazugekommen.

    Man kann irgendwie über russische Accounts schon dran, soweit ich das bei Freunden aus Odessa mitkriege, aber das ist auch nicht so ohne, weil der Internetzugang überwacht werden kann und irgendwann steht wer vor der Tür und sagt: Sie haben den Feindsender gehört/gelesen!

    Man kann sich das gar nicht vorstellen, was an Verstößen gegen demokratische Gepflogenheiten dort derzeit alles ausprobiert wird, während hierzulande lautstark gegen den Aggressor Rußland Stimmung gemacht wird.
    Die Ukraine ist eine Spielwiese für die US- und auch israelischen Geheimdienste, die dort beste Verbindungen und freie Hand haben.

  150. Dass gemeinsame "EU-Bonds" für so eine angeblich gemeinsame Zielvorstellung wie ein angeblich gemeinsames "europäisches Wachstum" auch nach Corona nützlich seien, betonen vor allem die Südländer der EU. Nicht generell sollten solche gemeinsamen Bonds eingesetzt werden, sondern “nur in besonderen Fällen”. So zumindestens lautet die Ideologie. Dass nach und während Corona lauter besondere Fälle auftreten, und dass solche gemeinsamen Bonds sich als “Erfolg” erweisen – das heißt dann – was?

    “In einem Interview mit EURACTIV.IT sprach sich Enrico Letta, ehemaliger italienischer Ministerpräsident und derzeitiger Sekretär der Demokratischen Partei Italiens, dafür aus, den Wiederaufbaufonds zu einem festen Bestandteil der EU-Politik zu machen. Wie Gentiloni betonte er jedoch, dass eine gute Verwendung der Wiederaufbaufonds-Gelder eine Voraussetzung für einen solchen Schritt sei.
    Letta zufolge ist die Verantwortung Italiens „enorm, denn wenn Italien die europäischen Gelder nicht richtig einsetzt, ist das eine Katastrophe für Europa, und am Ende werden die Sparsamen zu Recht sagen: ‚Seht ihr, wir hätten euch das Geld nicht geben sollen und wir hätten keine großen gemeinsamen Investitionen tätigen sollen’“.
    „Es ist wichtig, dass Italien und Spanien, die beiden Hauptbegünstigten, das Geld gut verwenden“, fügte Letta hinzu.
    Im Rahmen des Wiederaufbaufonds erhält jedes der 27 EU-Länder Zuschüsse und günstige Kredite, um in die Verringerung der Kohlendioxidemissionen und in die Anpassung der Wirtschaft an das digitale Zeitalter zu investieren.
    Das Geld für die Projekte wird von der Kommission kommen, die es in Tranchen bis 2026 an die Regierungen auszahlen wird, wenn gemeinsam vereinbarte Meilensteine und Ziele erreicht werden.
    Die Kommission hat bereits 54 Mrd. € in Form von Vorauszahlungen an 18 Länder ausgezahlt, um die Projekte in Gang zu bringen. Weitere Vorauszahlungen sind in Vorbereitung, da 22 Länder ihre Ausgabenpläne bereits von der Kommission im Einklang mit den gemeinsamen Zielen der EU genehmigt bekommen haben.
    Von den verbleibenden fünf Ländern hat sich die Genehmigung der Pläne der Niederlande und Bulgariens aufgrund von Regierungswechseln in beiden Ländern verzögert, und die Kommission erklärte, dass bei der Genehmigung des schwedischen Programms gute Fortschritte erzielt worden seien.
    Die Genehmigung der Ausgabenpläne Polens und Ungarns steht jedoch vor größeren Herausforderungen, da Polen nach Ansicht der EU-Exekutive die Anforderungen an eine unabhängige Justiz nicht erfüllt und Ungarn Probleme mit der Korruption hat – beides Probleme, die die ordnungsgemäße Verwendung der EU-Mittel gefährden.
    Es wird erwartet, dass die Kommission am 22. Dezember einen Vorschlag zur Einführung neuer Eigenmittel für die EU vorlegen wird, um die für den Wiederaufbaufonds geliehenen Gelder zurückzuzahlen.”

    https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/gentiloni-zusaetzliches-eu-konjunkturprogramm-in-zukunft-moeglich/

    (Auf einem anderen Blatt steht, dass die neue deutsche Regierung anscheinend auf die “Stabilisierung” Italiens als Partner für deutsche Europa-Vorstellungen setzt. Und sei es nur deswegen, um die Partnerschaft mit Frankreich durch weitere europäische Kooperationsmodelle ergänzen zu können ….)

    “Stabilisierung” – ist auch so ein pur ideologischer Ausdruck:

    https://www.jungewelt.de/artikel/417359.italiens-wirtschaft-2021-supermario-mamma-mia.html

  151. Auch die Niederlande scheinen sich nicht mehr vor allem als Bremser und Ausgabeneinsparer in der EU – Politik hervortun wollen.   Und Österreich?

    https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/neue-niederlaendische-regierung-unter-rutte-will-ausgaben-erhoehen/
    https://orf.at/stories/3236669/

    Interessant auch, wie es mit Polen und Ungarn 2022 weitergehen wird.

    https://www.euractiv.de/section/energie-und-umwelt/news/polen-lehnt-eu-emissionshandelssystem-ab-und-droht-mit-einem-veto-gegen-fit-for-55/

    Wie sog. “Schuldenbremsen” des Staates einerseits für ihn funktional sind, andererseits deswegen ‘gebrochen’ werden, das erläutert (u.a. am dt. Beispiel) Stephan Kaufmann:

    “(…) Politisch hat die Schuldenbremse einen Nutzen. Sie dient der jeweiligen Opposition als Einspruchstitel bei der Finanzplanung der Regierung. Gleichzeitig dient sie der Bundesregierung als Einspruchstitel gegenüber den Haushalten der anderen Euroländer. »Wenn Finanzjonglage zum deutschen Finanzmodell wird, werden viele andere das nachahmen«, sagte Dobrindt (CSU) diese Woche: »Damit würde der EU-Stabilitätspakt gefährdet.« Die Schuldenbremse ist ein Instrument, bei Bedarf Druck auf andere Eurostaaten auszuüben. (…)”

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1159712.schuldenbremse-vom-beugen-der-regel.html

  152. Was Österreich angeht, so war es angeblich dasjenige EU-Mitglied – neben Spanien –, dessen BIP am stärksten zurückgegangen ist. Es ist doch in einem erheblichen Maße vom Tourismus abhängig, und der ist stark zurückgegangen. In so einer Situation kann man nicht auf Sparefroh machen und anderen den erhobenen Zeigefinger vorhalten.

    Überhaupt sind die Coronahilfen nur die sichtbare Form der Ausschüttungen an bedürftige EU-Staaten. Das Aufkaufsprogramm der EZB läuft ja weiter, Lagarde bekräftigt das auch regelmäßig. Wieviel auf diesem Weg über den Ankauf von Staatsanleihen ausgeschüttet wird, weiß inzwischen niemand mehr.
    Vermutlich sogar die Verantwortlichen nicht.

  153. Energie-Infrastruktur
    Nord Stream 2: Wer gewinnt, wer verliert?

    Die Gaspipeline von Russland nach Deutschland spielt eine wichtige Rolle im Konflikt zwischen Russland und dem Westen über die Zukunft der Ukraine. Wer sind die Hauptgewinner und -verlierer beim Streit um Nord Stream 2?

    Die befürchtete Vorbereitung eines Angriffes Russlands auf die Ukraine und die steigende Inflation in Europa – getrieben vor allem durch steigende Energiepreise – haben etwas miteinander zu tun: die Ostseepipeline Nord Stream 2 (NS2) nämlich. Viele Beobachter glauben, Russland nutze seine Macht als Gaslieferant und würde die Preise hochtreiben, um so einen Keil in die Phalanx der Ukraine-Unterstützer zu treiben.

    Die Gaspipeline NS2, die deutsche Verbraucher mit russischem Gas versorgen soll, ist ein wichtiges Element in diesem komplexen Machtspiel. Es ist noch nicht sicher, ob und wann Gas durch die Ostseeröhre fließen wird, doch stellt sich die Frage: Wer gewinnt und wer verliert, wenn das umstrittene Projekt begraben werden sollte?

    Der geopolitische Aspekt

    Die 1230 Kilometer lange und rund zehn Milliarden Euro teure Pipeline könnte die direkte Gasexportkapazität Russlands nach Deutschland auf 110 Milliarden Kubikmeter pro Jahr verdoppeln. Sollten die Aufsichtsgremien in Berlin und Brüssel ihre Zustimmung erteilen, könnte der Gastransport im neuen Jahr beginnen.

    Inzwischen aber hat die deutsche Bundesnetzagentur das Zertifizierungsverfahren für Nord Stream 2 ausgesetzt. Eine Entscheidung über die endgültige Zulassung soll erst in der zweiten Jahreshälfte 2022 fallen.

    Aber das wird die seit langem gehegten Befürchtungen in Washington, Warschau und Kiew nicht beschwichtigen, dass NS2 von Russland für politische Zwecke genutzt werden könnte. Im Gegenteil: Die Befürchtungen nahmen noch zu, als die Gasexporte aus Russland im November auf ein Sechsjahrestief gefallen und die Großhandelspreise auf etwa 800 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter gestiegen waren, weit über dem normalen Niveau von rund 300 US-Dollar.

    "Es gibt reichlich Kapazitäten auf bestehenden Routen, aber der Kreml hat seit Monaten die Entscheidung getroffen, die Erdgasknappheit in den EU-Speichern zu verschärfen, indem er es ablehnt, zusätzliche Kapazitäten über das vertraglich vereinbarte Niveau hinaus auf diesen Routen zu buchen", sagt Benjamin L. Schmitt von der Harvard University und Senior Fellow am Center for European Policy Analysis im Gespräch mit der DW. Dies, so Schmitt, untermauere die Behauptung, Russland setze seine Gasmacht ein, um die Regulierungsbehörden in Deutschland und Brüssel zu zwingen, die Zertifizierung von NS2 zu beschleunigen.

    Rückschlag für Berlin

    Deutschland steht vor einem Dilemma, seit es versucht, von fossilen Brennstoffen wegzukommen. Berlin hat entschieden, die Kernenergie aufzugeben, doch Deutschlands erneuerbare Energiequellen erzeugen auf absehbare Zeit nur eine zu geringe Menge an Strom – da schien die Gastransitinfrastruktur, die oft problematische Transitländer wie Polen und die Ukraine ausschließt, eine Zeitlang geradezu ideal.

    Und nun – angesichts von Forderungen aus den USA, die Pipeline als Druckmittel zu nutzen, um Russland von einem weiteren Eindringen in die Ukraine abzuhalten und der Sorge um die Entflechtung des EU-Energiesektors einerseits und des Widerstandes der mitregierenden Grünen Partei gegen das Projekt andererseits – befindet sich Berlin in einer Zwickmühle.

    "Ich würde sagen, dass Deutschland wahrscheinlich am meisten unter der längerfristigen Aussetzung von NS2 leiden würde", sagte Anna Mikulska vom Center for Energy Studies an der Rice University der DW. "Es hätte keinen direkten Zugang zu Gas aus Russland und kann nicht einmal daran denken, ein Gasknotenpunkt für die Region zu werden", fügt sie hinzu.

    Um aus dieser Sackgasse herauszufinden, versucht Berlin, die ukrainischen Befürchtungen, an den Rand gedrängt zu werden, zu zerstreuen. Bundeskanzler Olaf Scholz versprach, Deutschland werde "alles tun", um sicherzustellen, dass die Ukraine ein Transitland für russische Gasexporte nach Europa bleibt. Berlin hatte die Biden-Regierung im Juli davon überzeugt, einen Fonds in Höhe von einer Milliarde US-Dollar für die Ukraine zu kofinanzieren, um zur Diversifizierung ihrer Energieversorgung beizutragen. Berlin hat auch versprochen, der Ukraine die Gastransitgebühren zu erstatten, die es durch die Umgehung durch NS2 bis 2024 verlieren wird.

    Aber gleichzeitig verpflichtete eine gemeinsame Erklärung der USA und Deutschlands Berlin, Sanktionen gegen Russland auf EU-Ebene anzustreben. "Doch Berlin hat diese Realität noch nicht einmal öffentlich anerkannt, geschweige denn Sanktionen auf EU-Ebene angestrebt", fügte Schmitt hinzu. "Das ist de facto eine Schwächung genau des Abkommens, das Deutschland selbst unterzeichnet hat."

    Inzwischen werden bereits Risse im Berliner Regierungsbündnis zwischen den Grünen und der SPD sichtbar. "Ich denke, die größten Verlierer werden die deutschen und die österreichischen Gaskunden sein, deren Rechnungen um ein Viertel steigen werden – wie meine eigene auch", sagte Albrecht Rothacher, Autor des Buches Putinomics, Wie der Kreml der russischen Wirtschaft schadet, gegenüber DW.

    Andere spielen die Auswirkungen herunter: "Deutschland wäre in der Tat nicht wesentlich betroffen, wenn NS2 gestoppt würde, da die Pipeline nicht darauf ausgelegt ist, neues Gas in signifikanter Menge auf den deutschen Markt zu bringen, sondern darauf abzielt, die Ukraine zu umgehen, indem sie dieselben Mengen wie bislang durch NS2 bringt", erklärte Schmitt.

    (…)

    https://www.dw.com/de/nord-stream-2-wer-gewinnt-wer-verliert/a-60250546?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

    Es ist immer das gleiche: Will Rußland mit seinen Rohstoffen gute Preise erzielen, ist das unerhört und ein politisches Druckmittel.

    Gleichzeitig versuchen sich die Kommentatoren um den Umstand herumzuschwindeln, daß die EU das russische Gas braucht und außerdem die Gasrechnung der Ukraine bezahlen muß.

  154. Theo Wentzke:  ZIELE UND PLÄNE DER EU

    Brüsseler Weltmachtehrgeiz

    Mit Euro-Bonds raus aus der Coronakrise – hin zur Schaffung eines europäischen Weltkreditmarkts für den Euro als Weltgeld

    Zur Bekämpfung der Coronapandemie haben alle EU-Staaten ihrer Gesellschaft mal mehr, mal weniger gravierende »Lockdowns« verordnet. Das Resultat: eine von den Staaten selbst herbeigeführte kapitalistische Krise, laut der Exkanzlerin des wirtschaftsstärksten Landes der EU der »schwerste Wirtschaftseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg«. Für alle europäischen Staaten steht damit fest, dass sie ihre Ökonomien mit so viel staatlich geschöpftem Geld stützen und fördern müssen, dass die flächendeckende Schädigung von Geschäftsbilanzen begrenzt wird und langfristig auf ihren Standorten wieder kapitalistisches Wachstum stattfinden kann. (…) [Forts.]:

    https://www.jungewelt.de/artikel/417490.ziele-und-pläne-der-eu-brüsseler-weltmachtehrgeiz.html

  155. Das Geld als Hebel zur "Vergemeinschaftung" Europas zwecks imperialistischem Mittun in der allerhöchsten Gewaltklasse  wird  europäisch  als "Klimapolitik'  und. 'Digitalisierung'  gelabelt. – Das können die Franzosen natürlich auch. Also ist Atomkraftwerke bauen und französischen Atombomben den Weg bereiten, ebenfalls Klimapolitik.  Französische eben.

    Einig ist sich die deutsche wie die französische Seite darin, dass die Fiskalregeln der EU 'gelockert' werden sollen. Von der dt. FDP kommt nach deren kreativem Umgang mit Corona-Geldern vermutlich dahingehend kein Protest, schließlich sind ja auch die großen dt. Wirtschaftsverbände dafür, dass mehr Staatskredit das Wachstum anschieben soll. Und kapitalistisches Wachstum, das ist ja sowas von ‘nachhaltig’…

    https://de.wikipedia.org/wiki/Französische_EU-Ratspräsidentschaft_2022#Prioritäten_der_französischen_EU-Ratspräsidentschaft

    https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/2022-fiskalischer-showdown-unter-unsicheren-wirtschaftlichen-bedingungen/

    —-

    Weitere Ausdehnungen der EU, z.B. Richtung Balkan, scheitern u.a. am Zankapfel ‘Kosovo’, denn diverse europäische Nationen mögen den Separatismus in ihren eigenen Reihen durch Unterstützung kosovarischer Eigenstaatlichkeit lieber nicht unterstützt sehen. Blöd also, dass das ganze EU-Balkan-Projekt ja ehemals erst durch imperialistische Benutzung (und militärische Unterstützung) von Separatismus auf die Beine gestellt wurde…
    https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/praesident-von-nordmazedoniens-bosnien-kosovo-und-montenegro-sollten-sich-an-open-balkan-initiative-beteiligen/

    https://www.diepresse.com/6028329/begeisterung-am-westbalkan-ueber-eu-erweiterung-schwindet

    Obendrein sind zusätzlich auch noch alle weiteren weltweiten Großmächte in der Region kräftig eingemischt …

  156. Der Artikel der Deutschen Welle ist mir zu spekulativ und er geht auch von falschen Annahmen aus.

    Meines Erachtens will Russland die Ukraine nicht überfallen. Die Truppen an der Grenze werden zusammengezogen für den Fall, dass die Ukraine militärisch gegen den Donbass vorgeht und in diesem Fall leistet Russland Unterstützung. Das haben sie auch nicht abgestritten. Russland geht es darum von der Nato nicht weiter eingekesselt zu werden und mit dieser Absicht machen sie ernst und bereiten sich auch militärisch darauf vor sich das nicht gefallen zu lassen. 

    Der Westen muss also nur Angst haben, wenn er vorhat noch näher an Russland heranzurücken. Das hat er allerdings. In der westlichen Propaganda wird der Wille von Putin sich das nicht weiter gefallen zu lassen als russische Aggression gekennzeichnet.  Dieser verdrehten Sichtweise ist es zu verdanken, dass der Westen tatsächlich glaubt Putin mit NS2 unter Druck setzen zu können. Er versteht gar nicht, dass Putin die Einkreisung Russland sehr wohl als Frage des russischen Überlebens wahrnimmt. Da lässt er sich doch nicht wegen einer Gasleitung auf einen Deal ein. Das kann Putin gar nicht.

    Auch die Analyse die Gaspreise würden steigen, um Europa dazu zu bewegen NS2 ans Netz gehen zu lassen, ist nicht richtig. Meines Wissens war es so, dass die Energieversorungsunternehmen keine langfristigen Verträge mehr geschlossen haben, weil sie der Meinung waren auf dem Spotmarkt sich günstiger eindecken zu können. Wenn das aber alle machen steigen die Preis. Russland ist natürlich an langfristigen Verträge interessiert um besser kalkulieren zu können und verlässliche Einnahmen zu haben. Es kann natürlich sein, dass Russland das Angebot verknappt um die Energieunternehmen wieder zu langfristigen Verträgen zubewegen. NS2 dürfte dabei keine Rolle spielen.

  157. Suitbert Cechura: Ukraine: Wer will den Krieg?  –  Glaubt man der Berichterstattung der deutschen Presse, ist klar: Russland! Warum aber macht Putin dann Angebote zur Entspannung?

    Die Nato und die deutsche Außenministerin betonen ihre Gesprächsbereitschaft und erhöhen gleichzeitig die Alarmbereitschaft ihrer Truppen an Russlands Grenzen, so hieß es in der Westdetschen Allgemeinen Zeitung am 23. Dezember. Ehemalige Generäle der Bundeswehr und hochrangige Diplomaten im Ruhestand warnen – ungehört – vor einer Eskalation und fordern die eigene Regierung zur Deeskalation auf.

    Die FAZ (27.12.21) wiederum „warnt vor geopolitischem Revisionismus“ Russlands – als ob die Nato bloß am Staus quo interessierte wäre; außerdem lässt das Blatt einen ukrainischen Autor zu Wort kommen, der weiß: „Appeasement ist der falsche Weg“. Ist Putin also der neue Hitler, dem wir Antifaschisten Einhalt gebieten müssen? Was ist da los?

    Die Fronten

    Putins Vertragsangebote

    Ein Anschlag auf die Selbstbestimmung der Völker

    Deutsche Drangsale

    Schon wieder: mehr deutsche Verantwortung!

    So entdecken deutsche Militärs, die in der Regel nicht ohne politische Abstimmung handeln, Verteidigungsbedarf in Ländern, die davon gar nichts wissen wollen. Man muss eben Verantwortung übernehmen, um die Frontstellung gegen Russland weiter auszubauen. So geht Friedenspolitik der Ampel-Koalition.

    https://www.heise.de/tp/features/Ukraine-Wer-will-den-Krieg-6316096.html?seite=all
    —-

    vgl. dazu auch Manfred Henle – bezüglich der 'Gegenseite', nämlich der deutschen Lukaschenko-Berichterstattung
     
    https://www.heise.de/tp/features/Die-Inkarnation-des-Boesen-6315319.html

    https://www.heise.de/tp/features/Flucht-und-Migration-als-Machtinstrument-6315475.html

    https://www.heise.de/tp/features/Lukaschenko-Souveraenitaet-und-atomare-Abschreckung-6315824.html

  158. @Keher

    Natürlich ist der DW-Artikel ein hetzerischer wie die meisten anderen zu dem Thema auch.

    Ich wollte nur darauf hinweisen, wie die Feindbildpflege in diesem und anderen Artikeln geht.

    Will Rußland Geschäfte machen, ist das eine hinterlistige Form der Einmischung. Will eine westliche Firma Geschäfte machen, so ist das Entwicklungshilfe.

    Marschiert Rußland wo auf, so ist das Aggression. Marschiert der Westen wo auf, so ist das Verteidigung.

    @Leser

    Die Rede Vučićs ist etwas heuchlerisch, weil in Serbien war die Begeisterung für einen EU-Beitritt nie sehr groß, da hat sich nicht viel geändert. Wie immer, so scheint Serbien mit der Unzufriedenheit anderer Regierungschefs eine Art Balkan-Koalition zu versuchen, die aber auf eher schwachen Füßen steht, weil Serbien eben auch nicht viel zu bieten hat.

    Außerdem ist natürlich auch die EU-Südosterweiterung selbst eine matte Sache.
    Man kann das an Kroatien sehen, das weder arbeitsrechtlich den bisherigen EU-Mitgliedern gleichgestellt ist, noch zum Schengenraum gehört und auch recht wenig Mittel aus den EU-Töpfen erhält.
    Mit jedem Beitritts-Schritt wird den neuen Mitgliedern weniger geboten. Es ist klar, daß die nur als Hinterhof vorgesehen sind.

  159. "Marschiert Rußland wo auf, so ist das Aggression." Der Witz ist ja auch wo irgendwo die Russen aufmarschieren. In ihrem eigenen Land, auf ihrem Territorium, an der Grenze. Na klar an der Grenze – wo denn sonst, frage ich mich. Wo wär es dem Westen denn genehm, damit er es nicht als Aggression ansieht. In der Wolga? Im Nordpolarmeer?

  160. So ist es.

    Jeder Versuch der Einflußnahme in Grenznähe wird als Ungehörigkeit besprochen, so wie es ja auch skandalös war, daß seit dem Regierungsantritt Putins der Auflösungsprozeß Rußlands gestoppt wurde.

    Jelzins Performance gab ja diesbezüglich Grund zur Hoffnung …

  161. 20 Jahre Euro – dazu einige Kommentare.

    https://www.euractiv.de/section/eurozone/news/20-jahre-euro-erfolge-und-schwachstellen/

    https://www.contradictio.de/blog/wp-content/uploads/29.12.2021_-Brüsseler-Weltmachtehrgeiz-Tageszeitung-junge-Welt.pdf

    Dass die abhängig Beschäftigten den Kaufkraftverlust durch entsprechende Lohnerhöhungen kompensieren könnten – das scheint derzeit die größte Gefahr für das Weltfinanzsystem und „unser Geld“ zu sein – das meint Stephan Kaufmann.
    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-macht-des-geldes

    “Der teuerste Winter aller Zeiten droht.” (BILD)
    Aber auch hierfür gibt es nur 1 wahren Schuldigen: Putin nämlich…
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/bild-teuer-welle

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