UNANGENEHME; ABER VORAUSSEHBARE ENTWICKLUNGEN
Voraussehbar nur für den, der nicht von Wunschdenken geleitet wird …
1. Die Lage in der Ukraine selbst
Seit 2023 rücken die russischen Truppen auf allen Frontabschnitten vor. Mit der Einnahme von Selidowe ist der Weg frei nach Pokrowsk. Auch an den anderen Frontabschnitten stehen die ukrainischen Truppen auf verlorenem Posten. Tschasow Jar, Sewersk, Kurachowe stehen kurz vor dem Fall. Damit überwinden die russischen Truppen die mit Bunkern ausgebaute ukrainische Verteidigungslinie und können ab da ziemlich ungehindert vorrücken. Mit dem Fall von Ugledar wurde auch im Süden eine wichtige Verteidigungsbastion überwunden.
Mit der ukrainischen Invasion nach Kursk wurde von ukrainischer Seite der Versuch unternommen, die bedrängten Frontabschnitte zu entlasten und gegenüber der NATO einen militärischen Erfolg vorzuweisen. Auf lange Sicht war das allerdings auch ein Schuß ins Knie, weil für diesen Schritt von anderen Frontabschnitten Truppen abgezogen werden mußten, die dort jetzt fehlen.
Die russische Armee läßt sich Zeit beim Bekämpfen der ukrainischen Truppen in Kursk, weil sie die dortigen ukrainischen Truppen binden und an der Rückkehr an andere Frontabschnitte hindern wollen.
Inzwischen wurden nordkoreanische Soldaten für diesen Frontabschnitt herbeigeholt.
Nordkorea ist nämlich sehr interessiert daran, seine Elitesoldaten einmal tatsächlich im Kampf auszuprobieren. Im Rahmen der neuen wiederbelebten Freundschaft mit Rußland gefällt ihnen die Möglichkeit, auch Südkorea damit zu drohen, daß sie über wirkliche Kampfmaschinen verfügen, die zu wahren Wundertaten fähig sind. Es ist sehr wahrscheinlich, daß bei der Rückeroberung der Provinz Kursk eine ziemliche Schlächterei unter den ukrainischen Truppen stattfinden wird. Was auch westliche Söldner betreffen könnte, die dort angeblich auch im Einsatz sind.
Mit dem Nachschub an Waffen schaut es auch schlecht aus. Niemand wollte die teuren Patriot-Systeme liefern, vor allem, nachdem die russische Armee 2 oder 3 von ihnen zerstört hat. Außerdem wurde mit einem dieser Systeme von ukrainischer Seite eine der wenigen F-16 abgeschossen, was sowohl das F-16-Experiment als auch die Patriot-Lieferungen ziemlich abrupt gestoppt hat. Die Ukraine erhält also inzwischen nur noch Munition, und auch die sehr begrenzt. Panzer erhält sie praktisch keine mehr.
Ebenso ist inzwischen auch in westliche Medien vorgedrungen, daß die Desertionen in der ukrainischen Armee zunehmen. In russischen Medien konnte man schon früher darüber lesen, daß die ukrainischen Zwangsrekrutierten, die auch inzwischen fast keine Ausbildung mehr erhalten, bei der ersten besten Gelegenheit abhauen, wenn sie nicht von ukrainischen, sogar ausländischen Soldaten daran gehindert werden.
Inzwischen kann man sogar in ukrainischen Publikationen über das Phänomen lesen – auch darüber, daß viele Soldaten vom Heimaturlaub nicht mehr an die Front zurückkehren, weil sie die Nase voll haben von der aussichtlosen Vaterlandverteidigung.
Dazu kommt, daß die sich Rekrutierungsabteilungen, die seit geraumer Zeit eine wahrhaftige Menschenjagd auf Wehrpflichtige unternehmen, wachsendem Widerstand gegenüber sehen. Auch darüber gibt es Berichte, daß von diesen Abteilungen immer mehr Leute abhauen.
Bisher war nämlich dieser Job gefragt: Erstens wurde man selbst nicht eingezogen, zweitens konnte man sich an denjenigen Zahlungen bereichern, mit denen die Wehrpflichtigen sich dem Wehrdienst entzogen. Inzwischen fragen sich jedoch die Mitglieder dieser Rekrutierungsabteilungen, was mit ihnen nach einem möglichen Sieg der russischen Armee geschieht?
2. Das internationale Panorama
Dort ist inzwischen einiges geschehen.
Erstens haben sich die meisten Staaten der Welt nicht den von den USA und der EU verhängten Sanktionen angeschlossen. Das hat von Anfang an, also seit Februar 2022, gezeigt, daß die NATO und der „Globale Westen“ nicht besonders populär sind.
Auch der Ausschluß Rußlands aus dem SWIFT-System hat sich nicht als Wunderwaffe erwiesen, sondern dazu geführt, daß andere Zahlungsformen entwickelt wurden. Am Ende vom Tag wird das ganze SWIFT-System dadurch entwertet und auf immer weniger Partner zurückgeschrumpft. Auch hier hat sich der Westen ins Knie geschossen und humpelt seither, weil immer mehr Geschäfte außerhalb dieses Systems getätigt werden.
Außerdem kommt das BRICS-System voran. Immer mehr Staaten wollen diesem Bündnis beitreten. Nur deshalb wird diesem Begehr von Seiten der BRICS-Staaten nicht entsprochen, weil die bisherigen Mitglieder daran arbeiten, dieses Bündnis erst überhaupt zu etablieren.
Die Vorstellung der multipolaren Welt, innerhalb derer das BRICS-System funktionieren könnte bzw. deren Grundlage es bilden sollte, will erst einmal auf solide Grundlagen gestellt werden.
Im Zuge dessen sollten wichtige Mitglieder, wie China und Indien, erst einmal ihre Gegensätze arrangieren. Grenzstreitigkeiten müssen begraben werden.
Im Falle des Iran stehen Fragen der Art an, wie die restlichen BRICS-Staaten zu den Angriffen Israels stehen. Heißt so ein Staatenbündnis auch, daß man einander militärisch beisteht? Oder genügen ökonomische Maßnahmen, wie eine wirtschaftliche Blockade?
Schließlich treten auch Staaten wie Nordkorea, Vietnam, Laos oder die Mongolei in den Vordergrund, um Rußlands und Chinas Interessen zu befördern. Sei es militärisch oder ökonomisch, um außerhalb des SWIFT-Systems Handel zu treiben und als Transit-Staat zu fungieren, sei es, um militärische Kooperation zu betreiben, oder um aus strategischen Lagen zu profitieren. Alte Völkerfreundschaften werden neu belebt und neue geschaffen, wie mit Sri Lanka oder Myanmar.
Alle diese Staaten eilen begierig in Richtung BRICS, um der Umarmung der USA oder des IWF zu entkommen. Sie haben also zunächst ein rein negatives Interesse.
Ein eigenes Kapitel ist Afrika, wo mehrere Staaten um die Vorherrschaft rittern. Südafrika, Ägypten, Algerien und Nigeria würden sich gerne als Führungsmacht bzw. wenigstens regionale Vormacht etablieren. Auf diesem Kontinent ist noch gar nichts entschieden, aber China und Rußland haben als neue Schutzmächte die Nase vorn.
Die Frage ist vor allem, wie weit die Marktwirtschaft dort der Motor der Entwicklung wird und inwiefern das Kreditsystem der chinesischen Schanghai-Entwicklungsbank die Regierungen der afrikanischen Staaten befriedigen wird.
Schließlich kommen hinzu die US-Wahlen. Sogar wenn Kamala Harris gewinnen sollte, wird angesichts des traurigen Bildes, das sich an der ukrainischen Front herauskristallisiert, die Unterstützung aus den USA bald aufhören. Es fehlt einfach die Perspektive für weitere Unterstützung.
Gewinnt Trump, so werden die USA recht geschwind aus dem schiefgegangenen Abenteuer Ukraine aussteigen.
In beiden Fällen muß die EU überlegen, wie sie weiter mit diesem Klotz am Bein umgehen will – noch mehr, wenn die russische Armee wirklich gewinnt.
Unter einem etwas irreführenden Titel hat die Chefredakteurin von "Responsible Statecraft" erklärt, warum ihrer Ansicht nach die US-Wahl, wenn überhaupt, eine marginale Rolle im Kriegsgeschehen an der ukrainischen Front haben werde:
https://www.telepolis.de/features/Analyse-Warum-die-US-Wahl-den-Ukraine-Krieg-nicht-entscheiden-wird-10004305.html?seite=all
Nachdem ich mit meiner Bestimmung der NATO als einer Imperiumssoldateska vor zwei Jahren (eigentlich seit 2017) richtig gelegen habe – zumindest der Erscheinungsweise zufolge – will ich hinzu fügen: Die US-Wahl wird der Auftakt eines neuen NATO-Krieges werden, entweder in Moldawien / Transnistrien oder Georgien, vermutlich an beiden Schauplätzen.
Allerdings wird das nicht so schnell wirksam werden.
Denn diese beiden Schauplätze werden zunächst Verhandlungsmasse der NATO werden, in ihrem Bemühen, den Russlandkrieg in der Ukraine einzufrieren und dafür das erforderliche Mindestmaß an russischer Kooperation zu erpressen.
Diese generelle Marschrichtung ist m.E. mittelbar in der Pressekonferenz Rutte / Scholz zum Ausdruck gekommen:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/pressekonferenzen/scholz-empfaengt-rutte-2318720
Scholz:
Rutte:
Wahrscheinlich wird mir niemand beistimmen, daß folgender Hinweis Ruttes an die Anwesenden *nichts anderes* ist, als die Bekräftigung, Deutschland sei in der Vergangenheit der NATO mit *kinetischen* Mitteln verpflichtet worden, und das werde auch so bleiben:
Aber das hat hier eh eine Nebenrolle, an der nur wichtig ist, daß die NATO auf einer Führungsrolle Deutschlands in der EU *gegen* Frankreich besteht. Nicht zuletzt, weil Frankreich Nuklearmacht ist.
Die NATO-EU bzw. EU-NATO wird folglich auch in Richtung Belarus eskalieren, um D. unter Druck zu halten, falls und wenn irgend eine Einfrierung des Krieges in der Ukraine wirksam wird, aber Belarus ist nicht der vorgesehene neue Schauplatz, "den Westen" zur "Einigkeit" und Dienstleistung an der Imperiumssoldateska zu zwingen, das wäre zu riskant. Also Moldavien / Georgien.
Und an dieser Stelle kommt es wohl in vorderster Linie auf das NATO-Personal an, wie das voran und vonstatten gehen wird, und darin besonders auf das Verhältnis der "transatlantischen" Generäle zur Türkei. Über diese Verhältnisse weiß ich rein gar nichts – aber ich werde mir womöglich auch schon die Radischen von unten betrachten, bevor das für die Öffentlichkeit praktisch relevant wird.
Warten wir doch einmal ab, was die Wahlen bringen, anstatt sich in luftigen Prophezeiungen zu verlieren …
„Das Cyber-Bedrohungsforschungszentrum Solar 4RAYS der Solar-Unternehmensgruppe berichtete, dass zwei Drittel der komplexen Cyber-Angriffe, die seit Anfang dieses Jahres in Russland stattgefunden haben, von pro-ukrainischen Cyber-Gruppen durchgeführt wurden. Ihr Ziel ist es, sensible Daten zu sammeln und Infrastruktur zu zerstören. Die aktivsten Gruppen waren Shedding Zmiy und Lifting Zmiy. Sie waren an Spionage und der Ausnutzung von Schwachstellen im öffentlichen Dienst beteiligt. Mehr als die Hälfte der untersuchten Angriffe stehen im Zusammenhang mit Spionage, das sind deutlich mehr als im Vorjahr. Ein Fünftel der Vorfälle stehen im Zusammenhang mit finanziellen Motiven, ein Zehntel steht im Zusammenhang mit der Zerstörung von Daten. Cyberkriminelle gestalten ihre Angriffe immer ausgefeilter. Aber für jede ukrainische Nuss gibt es einen russischen Bolzen.“
(KP, 6.11.)
„Im Westen wurde den ganzen Vormittag über die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland diskutiert
Die Financial Times berichtete, dass der Westen vor dem Hintergrund des Sieges von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl den ganzen Vormittag über die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland diskutiert habe.
»Das ganze Gerede heute Morgen dreht sich nur darum, wie man mit Russland Handel treibt und ob die Sanktionen aufgehoben werden«, stellt die Zeitung in ihrem Artikel fest.
Journalisten zufolge wurden solche Fragen von den Wertpapierhändlern westlicher Banken gestellt. Sie interessierte vor allem, ob es nun möglich sei, mit Rubel zu handeln. Einer der Finanziers erzählte der Zeitung davon.
Gleichzeitig sind die Kurse russischer Aktien bereits unmittelbar nachdem Trump zum Sieger der US-Wahlenerklärt wurde, gestiegen.
Die Zeitung schreibt, dass der MOEX-Rubelindex der führenden russischen Aktien um 3,6 % gestiegen sei. Die größten Zuwächse verzeichneten die Aktien der russischen Energieriesen Gazprom und Novatek, die kurz nach Handelseröffnung an westlichen Börsen um 5 % zulegten.“
(MK, 6.11.)
Knut Volker hat vielleicht die Katze aus dem Sack gelassen:
Er erwartet von Trump die Drohung mit nuklearer Wiederbewaffnung der Ukraine, falls Putin nicht fügsam wird.
https://kyivindependent.com/trump-to-call-putin-seek-quick-deal-to-end-russia-ukraine-war-says-volker/
Man kann immerhin melden, daß die russischen Zeitungen verhalten auf Trumps Wahlsieg reagieren und meinen, man solle ihn an seinen Taten messen.
Freudengeheul bricht keines aus in Moskau.
Das mit der nuklearen Wiederbewaffnung der Ukraine glaube ich nach reiflicher Überlegung nicht. Trump und seine Partie sehen die Ukraine als einen Klotz am Bein der USA, der einen Haufen Geld kostet und nix bringt.
Das ganze Europa ist ihnen zuwider, sowohl als Rivale als auch als Partner. Erinner dich, wie er bei seiner ersten Präsidentschaft verärgert gesagt hat, die sollten doch endlich einmal ihre Verteidigung selbst organisieren und nicht sich immer darauf verlassen, daß die USA das schon richten werden.
Damit hat er einen Lebensnerv der EU getroffen, die seit 1991 darauf gesetzt haben, den USA die faux frais der Weltordnung zu überlassen und unter diesem Schutzschirm ökonomisch zu wachsen und dick und fett zu werden – und dann die USA zu entthronen.
Dieser feuchte Traum ist mit der Finanzkrise den Bach hinuntergegangen.
In den USA, vor allem im republikanischen Lager, gibt es viele Anhänger eines Isolationismus, die meinen, für die USA bringt die Stellung als Weltmacht nix. Einige Konzerne und Banken werden reich, aber das Land selbst verelendet. Von der pax americana profitieren andere, inzwischen China, und die Amerikaner zahlen dafür eine hohe Zeche.
Trump ist von denen gewählt worden, die hoffen, er würde die USA wieder groß machen, und damit meinen sie das Innere, nicht die Weltpolitik.
Es wäre also höchst unpopulär, wenn er weiter Geld in die Ukraine hineinleeren würde.
Zelenskij ist offenbar in Budapest durchgefallen:
„Am 7. November fand in Budapest ein außerordentliches Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft“ (ein Versuch der informellen EU-Erweiterung, der außer der EU auch sämtlich Beitrittskandidaten angehören) „statt, bei dem die Teilnehmer vor dem Hintergrund des Sieges von Donald Trump bei den US-Wahlen eine gemeinsame Position diskutierten.
Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges in der Ukraine traf Zelenskij in Ungarn ein und versuchte offenbar, seine Loyalität gegenüber Trump durch einen Besuch bei seinem Mitstreiter Viktor Orbán zu demonstrieren.
Allerdings konnte Zelenskij seine Emotionen nicht bewältigen und der Besuch endete mit einem Ausbruch der Unzufriedenheit, woraufhin er sich weigerte, ein bilaterales Abkommen mit Ungarn zu unterzeichnen.
Die Situation eskalierte, als Zelenskij Europa aufforderte, die 300 Milliarden US-Dollar an eingefrorenen russischen Reserven an die Ukraine zu übergeben, mit der Begründung, die Gelder gehörten seinem Land.“
Langsam entsteht der Verdacht, daß es diese 300 Milliarden $ gar nicht (mehr) gibt und sie nur mehr auf dergleichen Konferenzen als Textbaustein eingesetzt werden.
„Er erklärte, dass die Ukraine selbst mit diesem Geld Waffen kaufen und diese nach eigenem Ermessen einsetzen werde. Ihm zufolge sollten solche Aktionen eine Lehre für Rußland sein, das seiner Meinung nach ausschließlich Geld schätzt und moralische Werte nicht respektiert.
Zelenskij versuchte sich als Verteidiger Europas vor einer Bedrohung aus dem Osten darzustellen und deutete an, dass die Ukrainer »wilden Horden« im Weg stünden, die die europäische Zivilisation bedrohten.
Anschließend begann er, die Staats- und Regierungschefs darüber zu beraten, wie sie mit Rußland umgehen sollten. Er erinnerte daran, dass langfristige Versuche einer Annäherung an Putin zu keinen Ergebnissen geführt hätten, und zeigte sich zuversichtlich, dass die Ukraine den Weg der Verhandlungen mit der Russischen Föderation nicht brauche.
Zelenskij wies darauf hin, dass die Ukraine keine Hilfe für die Aufnahme eines Dialogs benötige, sondern die Lieferung einer ausreichenden Anzahl von Waffen. (…)
Als es an der Zeit war, das Abschlussdokument auf dem Gipfel zu unterzeichnen, verweigerte Zelenskij die Unterschrift und geriet in Hysterie.
Er erklärte, dass die Unterstützung Ungarns für den Beitritt der Ukraine zur EU und zur NATO für die Ukraine wichtig sei und betonte, dass die fehlende Unterstützung Ungarns für den Beitritt der Ukraine zur NATO in dem Dokument der Grund für seine Weigerung sei, das Abkommen zu unterzeichnen.“
(MK, 8.11.)
„Die Rede von Wladimir Putin sorgte im Westen für Aufsehen: Die führenden Medien der Welt zitieren den russischen Präsidenten
Dutzende ausländische Medien verfolgten Putins Rede auf dem Valdai-Forum
Die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin beim Valdai-Formular löste in allen führenden Medien der Welt aktive und widersprüchliche Reaktionen aus. Die Reaktion der US-Medien.
»Er nannte die NATO veraltet«
Der führende Auslandskorrespondent des amerikanischen Fernsehsenders ABC News, Ian Pannell, nannte den russischen Führer »fröhlich und selbstbewusst.
Er nannte die NATO überholt und kündigte die Bildung einer neuen Weltordnung an«, betonte der Reporter. »Der russische Führer beantwortete alle Fragen ohne zu zögern. Er genoss den Moment sichtlich. Er lobte Trump dafür, dass er sich nach dem Attentat ,mutig wie ein Mann verhalten’ habe.«
Eine der größten Nachrichtenagenturen der Welt, Associated Press, nimmt Putins Worte über Trumps Wunsch, die Beziehungen zu Russland wiederherzustellen, und den Wunsch des amerikanischen Präsidenten, die Ukraine-Krise zu beenden, zur Kenntnis: »Der Kreml begrüßte zuvor Trumps Aussage, dass er eine Beendigung des Konflikts in der Ukraine ,in 24 Stunden’ veranlassen könne.« Putin betonte jedoch, dass er auf konkrete politische Schritte warten werde. Und obwohl Trump Putin bereits öffentlich gelobt hatte, stellte der russische Staatschef fest, dass während Trumps erster Amtszeit mehr Sanktionen gegen Russland verhängt wurden als unter jedem anderen amerikanischen Präsident zuvor, erinnert sich die AP.“
Man kann das auch als Aufforderung verstehen, angesichts der brummenden Wirtschaft Rußlands die Sinnlosigkeit, sogar Schädlichkeit dieser Sanktionen für die US-Wirtschaft einzugestehen.
„Die maßgebliche ausländische Publikation The Wall Street Journal betont, dass »Putin Russlands Forderungen nach einem Abkommen mit der Ukraine wiederholte, die neutral bleiben und ihre Ambitionen für eine Integration in die NATO aufgeben muss.«
Andernfalls werde die Ukraine »ständig als Werkzeug in den falschen Händen missbraucht«, sagte Putin. Moskau will die von ihm kontrollierten Gebiete behalten. Russland komme auf dem Schlachtfeld voran, heißt es in der Zeitung.
Die amerikanische Wochenzeitung Newsweek machte auf die Aussage des russischen Staatschefs aufmerksam, daß eine Reihe von Mitgliedsländern der Nordatlantischen Allianz einen Beitritt zu BRICS anstrebe, was er als »Prototyp freier, blockfreier Beziehungen zwischen Ländern« bezeichnete: »Es gibt einige in der NATO, die sich für BRICS interessieren, und vielleicht wird die Zahl dieser Länder zunehmen«, glaubt Putin.
In seiner Rede am Donnerstag bezeichnete der russische Präsident die NATO zudem als einen »eklatanten Anachronismus«, den die USA nutzen, um ihren Einflussbereich zu dominieren. Er sagte, die Allianz unterliege dem »Diktat des großen Bruders« und bezog sich dabei auf Washington.
»Keine Ahnung, was man von Trumps zweiter Amtszeit erwarten kann«
Hier die Medienreaktionen in Foggy Albion auf die Rede des russischen Präsidenten:
Der britische Fernsehsender Sky News konzentriert sich auf die Beziehung, die derzeit zwischen dem derzeitigen Führer Rußlands und dem gewählten 47. Führer der USA aufgebaut wird. »In seiner Rede vom Schwarzmeer-Ferienort Sotschi am Donnerstag verwies der russische Staatschef auf den ,Wunsch des gewählten US-Präsidenten, die Beziehungen wiederherzustellen‘, fügte jedoch hinzu, dass er ,keine Ahnung’ habe, was er von einer zweiten Amtszeit Trumps zu erwarten habe.«“
Vladimir Vladimirovitsch hält sich alle Türen offen, macht freundliche Nasenlöcher, aber bekundet auch weitere Wachsamkeit und Wehrhaftigkeit.
Er will nicht den Fehler Lenins von 1917 wiederholen, der ein „Dekret über den Frieden“ erließ und damit der deutschen Armee Tür und Tor öffnete, um auf Petrograd vorzumarschieren.
„Sky News macht auf die Worte des russischen Staatschefs aufmerksam, dass Trump während seiner vorherigen Präsidentschaft »von allen Seiten verfolgt« worden sei.
Der London Guardian konzentriert sich auch auf Nachrichten, die von Sotschi nach Washington gesendet wurden: »Putin gratulierte Trump zu seinem Sieg bei den US-Wahlen und drückte seine Bewunderung für die Reaktion Trumps auf das Attentat aus. Er sagte, er sei zu einem Dialog mit Trump bereit, dessen Aussicht in Kiew und den europäischen Hauptstädten Anlass zur Sorge geben würde.
Die 240-jährige Times betont, dass der russische Führer bekräftigte, dass Moskau dem Druck nicht nachgeben werde, aber klargestellt habe, dass es offen für Diskussionen sei:
»Putin sagte in Sotschi, es müsse jedem klar sein, dass es sinnlos sei, Druck auf die Russen auszuüben, Moskau sei aber zu Verhandlungen unter voller Berücksichtigung der gegenseitigen legitimen Interessen bereit. Seine gestrige Erklärung gab keinen Hinweis darauf, dass Russland bereit wäre, seine Forderungen abzuschwächen oder anzupassen.«
Statt christlichen Demokraten chinesische Kommunisten
Was berichteten die Medien Kontinentaleuropas über die Valdai-Rede des russischen Führers?
Die deutsche Berliner Zeitung stellte fest, dass es in Valdai weniger Gäste aus dem Westen und mehr aus dem globalen Süden gab.
In den vergangenen Jahren sprach Putin bei Treffen des Valdai-Clubs vor einem überwiegend westlichen Publikum aus Politikern und Think-Tank-Mitarbeitern. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Ausdruck »westliche Partner« in Moskau noch nicht sarkastisch verwendet.
Das heutige Valdai-Publikum wird von Diplomaten und Politikwissenschaftlern aus asiatischen und afrikanischen Ländern dominiert. Statt Christdemokraten treffe man eher auf chinesische Kommunisten, indonesische Anhänger der Neutralitätspolitik und Nostalgiker eines neutralen Jugoslawiens, bedauert die deutsche Zeitung.
Der französische Le Figaro sah in der Rede Wladimir Putins wie seine ausländischen Kollegen zunächst einen Gruß an Trump zu seiner Wahl zum Präsidenten der USA: »Vladimir Putin gratulierte Donald Trump schließlich am Donnerstagabend, zwei Tage nach seinem Wahlsieg. Bei einer Veranstaltung des Valdai-Clubs nannte der russische Präsident Donald Trump sogar einen »mutigen Mann«. (…) Putin erklärte, er sei bereit, mit dem neuen amerikanischen Führer »den Kontakt zu erneuern«.“
(KP, 8.11.)
Die russischen Truppen stehen vor der Einnahme von Kurachowo und die ukrainischen Verteidiger haben wieder einmal einen Damm gesprengt: den des Kurachowoer Stausees in Staryje Ternyj.
Es ist nicht ganz begreiflich, warum – also wieso das die Verteidigung Kurachowos befördert. Dafür müßte man die Lage an der Front besser kennen.
Aber möglicherweise gehen die Überlegungen weiter, insofern, als der Vormarsch der russischen über Kurachowo hinaus erschwert werden soll, indem die Ortschaften weiter westlich, die noch in ukrainischer Hand sind, überflutet werden und die Umzingelung Kurachowos erschweren sollen.
„Unsere Truppen drängen jetzt die Kämpfer der ukrainischen Streitkräfte zum Stausee und umzingeln Kurachowo von allen Seiten. Für das Kiewer Regime ist das keine Überraschung: Bereits im Frühjahr kam der Auftrag, das Kraftwerk Kurachowo abzubauen und in Teilen tief ins Land zu transportieren. Die Logik solcher Plünderungen wurde vom Wall Street Journal erklärt: Im Winter werden an anderen beschädigten Energieanlagen Generatoren und Transformatoren benötigt. Und bis dahin wird Kurachowo nicht mehr ukrainisch sein. (…)
In diesem Herbst haben die russischen Truppen ihren Vormarsch deutlich beschleunigt. Besonders nordwestlich von Ugledar: Die Sturmtruppen marschierten im Schnitt 8 Kilometer pro Tag vor – eine beispiellose Geschwindigkeit.
Insgesamt hat Russland seit Anfang Oktober rund 260 Quadratkilometer Territorium erobert.“
Damit erscheint die Sprengung des Dammes in einem neuen Licht: Es geht möglicherweise nicht um strategische Überlegungen, sondern um die Taktik der verbrannten Erde.
(KP, 11.11.)
Bilanzen ziehen viele Leute. Harald Neuber hat unter dem Titel: "Atomangst lähmt Nato: Warum keine westlichen Truppen in der Ukraine kämpfen" welche zitiert, die auf dem kürzlichen IISS Prague Defence Summit 2024 gezogen worden sind:
https://www.iiss.org/
Bei Gelegenheit einer "Gegenpropaganda" Hans-Peter Waldrichs zum Meme "Putler greift Deutschland an" auf Overton habe ich das aufgegriffen und zitiere das mal (weil immer die Gefahr besteht, daß es gelöscht wird):
"Hans-Peter Waldrich und die extremistischen NATO-Megaphone nehmen sich kein Stück in punkto berechnender Verlogenheit gegenüber ihrem Publikum. Vergleicht sein “Stück” mit Harald Neubers Titel, “Atomangst lähmt Nato: Warum keine westlichen Truppen in der Ukraine kämpfen”.
Ja, auch das ist verlogen, aber in Gestalt simpler Desinformation: NATO-Truppen führen seit spätestens 2014 Krieg gegen Russland in der Ukraine, wie wir aus diversen amerikanischen Leaks wissen, und mit Kriegsvorbereitungen waren sie seit 2008 dort unterwegs.
Aber die Darstellung hält sich nah genug an der tatsächlichen NATO-Kriegführung, daß für jeden Leser, der ein wenig mitdenkt, klar wird, der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses Rob Bauer – den, nebenher gesagt, auf dieser Plattform einzig ein gewisser “Tom Gard” als einen politischen Akteur vorgestellt hat, und das vor ziemlich genau zwei Jahren! – hat in Prag öffentlich bekannt, wie NATO in den vergangenen zweieinhalb Jahren systematisch “Rote Linien” beider Seiten untergraben und überschritten hat, unter dem beständigen kalkulierten Risiko, daß der Kreml dies Spiel mit einem Nuklearangriff auf logistische / administrative NATO-Zentren in Deutschland abbrechen könnte.
Damit – und nicht nur damit, aber aus besonders berufenem Munde – sind die Laberschablonen vom Stoltenberg, die darauf berechnet waren, die Kontinentaleuropäer mit der britischen und amerikanischen Soldateska im Rücken propagandistisch vor sich her zu treiben, öffentlich vom Tisch genommen, bei aller Verstecktheit auf dieser Website:
https://www.iiss.org/
Rob Bauer sagte an, worum es jetzt “eigentlich” gehe:
NATO bekennt sich aus dem Munde ihres obersten Militärführers dazu, die politische Herrschaft über eine “Freie Welt” teils schon ergriffen zu haben, teils mit Hilfe des russischen Ukrainekrieges weiter auszubauen, mit Brüssel – nicht Washington – als dem Zentrum dieser “Freien Welt”, von dem “die Bewegung” ausgehe und weiter auszugehen habe.
Der Text ist übrigens nicht zu verlinken, man kann ihn nur von der Website kopieren.
Das ist der Feind, wenn es denn darum gehen soll, Feinde auszuheben (anstelle die Gründe für diese Entwicklung und Phänomenologie darzustellen und anzugreifen), nicht die Propagandatröten aus dem publizistischen Himmelreich der herrschenden politischen Stände in der EU – in den USA gibt es diese Gespensterdebatte nicht! – die Waldrich zum Monster aufbläht, weil er eigentlich den Pöbel zum Monster aufblähen will, den angeblich verführten und fehlgeleiteten nämlich.
Für einen Rob Bauer und seinesgleichen gibt es diesen Pöbel gar nicht – auch das ein klarer Unterschied zu Leuten und Positionen, wie die des ehemaligen NATO-Generalsekretärs – sondern nur einen Volkskörper der “Freien Welt”, den NATO zu bedienen und zu versichern habe.
Diese Leute sind recht eigentlich die “wahren” Faschisten, wenn man diese Kategorie denn nicht ad acta legen will, es sind Kriegsfaschisten, nicht weniger, und nur umständehalber anders, als die deutschen Militaristen und ihre technische Militärführung es in der Nazi-Herrschaft in Deutschland gewesen sind."
@TomGard
Mag ja sein, aber die „Freie Welt“ wird immer kleiner und leichtgewichtiger. Dazu kommt dieses Geschwätz von den „Roten Linien“, die ja nur dazu da sind, um ständig überschritten zu werden.
Damit wird das Gerede von Gestern für obsolet erklärt und gleichzeitig bestätigt, daß man versucht, den Krieg berechenbar zu machen.