Ein altes Eisen in der imperialistischen Konkurrenz

ZUR SOUVERÄNITÄT

1. Staatliche Organisation der Menschheit und Anerkennung

Das System ist vielen so selbstverständlich, daß viele überhaupt nicht nachdenken, wie es eigentlich dazu kommt: Staaten erkennen einander an und verkehren dann auf Regierungsebene miteinander. Die Staatsgewalt, so die zweite Selbstverständlichkeit ist auch souverän nach innen: Sie genießt das Gewaltmonopol über ihre Bürger und definiert ihnen, was legal und was verboten ist. Und diese halten sich daran.

Menschen erhalten ihre Existenzberechtigung nur als Staatsbürger – auf diesem System beruhen auch die vielzitierten Menschenrechte:
„Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so eine einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustande kommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Pass niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“
(Bertolt Brecht, Flüchtlingsgespräche)

Im internationalen Umgang der Staaten miteinander gibt es zwar von jeher die Großen, die sich mehr erlauben können als die Kleinen. Aber bis zum Ende des Kalten Krieges im Jahr 1990 war es doch üblich, gewisse Gepflogenheiten im diplomatischen Verkehr zu beachten, die eben die Anerkennung der fremden Souveränität trotz möglicherweise abweichender Ansichten bezüglich der Weltlage beinhalten.
Aber nach 1990 wurde die Sache etwas zügellos. Die Auflagen für die konzessionierte Souveränität, de Weltmächte subalternen Staaten zugestehen, solange sie nach ihrer Pfeife tanzen, wurden strenger. Verschiedene Staaten wurden herabgestuft, zerschlagen oder zerstört, wenn sie sich nicht in dieser Herabstufung fügen wollten: Libyen, Jugoslawien, Syrien. Um diverse Hinterhöfe ging ein Gerangel los, wobei vor allem Lateinamerika und Mittelasien zu erwähnen sind.

2. Souveränität ist nur mehr ein leerer Titel für Ansprüche auf Botmäßigkeit

Die USA und in ihrem Gefolge die EU, die bei dieser Neu-Auf- und -Einteilung der Welt unbedingt mit dabei sein will, werden bei diesem Treiben immer unverschämter: Mißliebige Regierungen, die sich in irgendeiner Form widersetzen, werden mittels Unterstützung der Opposition oder des Militärs geschwächt, weggeputscht oder ins Ausland getrieben.
Alles begleitet von einer medialen Kakophonie von offiziell abgesegneten Fake News und Hofberichterstattung der Sonderklasse, wo die westlichen Demokratien die Vertreter des Wahren, Guten und Schönen sind, die mit allen Mitteln gegen Autokraten, Diktatoren und korrupte Politiker vorgehen, vorgehen müssen, um auch fremde Untertanen von der Geißel einer falschen Führung zu erlösen. Und auch deshalb, damit die Harmonie, die hierzulande angeblich zwischen oben und unten herrscht, nicht durch ausländische Propaganda gestört wird.

Das gelingt nicht immer. In Bolivien, Weißrußland und der Türkei sind Regierungswechsel gescheitert.

Aber das größte Ärgernis bei diesen Unternehmungen ist immer Rußland, das über viel zu viele Waffen und Reichtümer verfügt, und immer wieder imstande ist, die sehr größenwahnsinnigen Pläne des Wertewestens zu durchkreuzen.

3. Die Ukraine als das „Wilde Feld“ der maßlosen Großmachtsinteressen

Wie wenig bei diesen außenpolitischen Manövern inzwischen die Souveränität gilt, sieht man u.a. bei der Ukraine. Während ständig medial angeprangert wird, wie sehr Rußland durch seine Annexion der Krim und die Unterstützung der Donbass-Volksrepubliken die Souveränität der Ukraine mit den Füßen tritt, sollte nicht übersehen werden, daß es die NATO, die USA und die EU diesbezüglich auch nicht so genau nehmen.

Als z.B. im November 2013 das ukrainische Parlament den Assoziationsvertrag mit der EU zurückwies, wurde die Majdan-Opposition unterstützt, der gewählte Regierungschef vertrieben und Neuwahlen ausgeschrieben, über deren Beteiligung und Stimmabgabe sehr wenig bekannt ist. Nur das Ergebnis war wichtig: Uns genehme Politiker müssen an die Macht.
Dabei waren die Einwände der Abgeordneten der Rada keineswegs von der Hand zu weisen: Der Ukraine würden schwere Verluste entstehen und es war nicht vorgesehen, sie dafür zu kompensieren. Das würde sich sehr nachteilig auf den Lebensstandard der Bevölkerung auswirken. Betriebe, die bisher nach Rußland geliefert hätten, müßten zusperren, die Arbeitslosigkeit würde steigen.
Ebenso wurden vom IWF Bedingungen für einen Kredit verlangt, wie den Stop der Subvention von Gas, die zu gröberen Heizproblemen angesichts der niedrigen Gehälter führen müßten.

Die Ukraine mußte das alles erfüllen, obwohl das bis heute ihre wirtschaftliche Situation sehr belastet.

Die erwarteten Investitionen blieben auch aus, vor allem in die Infrastruktur, Telekommunikation, Transportwesen, Energiesektor, sodaß sich die Situation weiter verschlechtert hat. Von russischen Zahlungen und Hilfen wurde die Ukraine durch das Abkommen abgeschnitten. D.h., dieses Abkommen diente lediglich den strategisch-politischen und auch ökonomischen Interessen der EU, die sich den Markt der Ukraine erschließen wollte, aber weder den Interessen des Staates Ukraine noch denen von deren Bewohnern.

Die Kredite, die die Ukraine erhält, dienen in erster Linie dem Schuldendienst, also der Bedienung der Altschulden, die seit der Unabhängigkeit ständig ansteigend, aber nicht sehr transparent aufgenommen werden.
Jetzt dienen sie auch noch dazu, die Waffen zu bezahlen, die verschiedene NATO-Staaten der Ukraine förmlich aufdrängen, um sich vor der russischen „Aggression“ zu schützen, was natürlich mit diesem ganzen Zeug gar nicht geht. Es läßt sich nur zur Drangsalisierung der eigenen Bevölkerung verwenden, zum Kaputtmachen von den Resten von Landwirtschaft und Industrie in den Rebellengebieten und auch denen an der ukrainischen Seite der umkämpften Regionen, aber könnte der russischen Armee nicht trotzen, sofern diese tatsächlich eingesetzt würde.
Dazu kommt noch, daß die Ukraine gar nicht das nötige Personal hat, um alle diese Minenwerfer, Drohnen und Panzerabwehrgeräte der neueren Generation in Betrieb zu nehmen. Weder nach Fertigkeiten, noch nach Verläßlichkeit.
Es verhält sich mit diesem Kriegsgerät in der Ukraine ähnlich wie in Afghanistan, wo ebenfalls recht viel geliefert wurde, was jetzt niemand mehr bedienen kann.

Die Abkommen von Minsk blieben Makulatur, weil der ukrainischen Regierung von ihren Gönnern und Kreditgebern ausdrücklich untersagt wurde, bestimmte Punkte davon umzusetzen, die der Reintegration der Separatistenrepubliken gedient hätten, aber mit den Plänen unvereinbar sind, die die NATO und EU mit der Ukraine vorhaben. Handel mit und Arbeitsemigration nach Rußland sowie administrative Autonomie hätten die Ukraine unbrauchbar für die westliche Wertegemeinschaft gemacht.
Dabei war der Hauptgrund für den Wahlsieg Selenskis das Versprechen, diese Abkommen in Kraft zu setzen.

Die Propaganda der USA, daß Rußland jeden Augenblick in die Ukraine einmarschieren wird – die von allen westlichen Leitmedien ge-echot wird –, führen zu Kapitalflucht und Versorgungsmängeln. Außerdem schießen die Gaspreise und andere Preise in die Höhe und viele Personen können ihre Gasrechnungen nicht mehr zahlen.
Natürlich hat die ukrainische Regierung anfangs auch diese Propaganda unterstützt, in der Hoffnung, dabei auf Unterstützung westlicher Institutionen und Unternehmen zählen zu können.
Das Gegenteil ist eingetreten, die Ukraine zahlt die Zeche in Form wirtschaftlicher Rückschläge. Und einen Krieg vor der Tür …

39 Gedanken zu “Ein altes Eisen in der imperialistischen Konkurrenz

  1. So schnell kann das manchmal gehen: Jetzt kam der im Artikel noch vor der Tür stehende Krieg tatsächlich. Und wie zu erwarten haben die NATO und die EU, allen voran Kriegsministerin Bearbock der Ukraine nur wohlfeile martialische Rhetorik und symbolische "Sanktionen" zu bieten. Rußland militärisch zurückzuschlagen können die EU-Staaten ja auch gar nicht und die USA wollen es nicht. All die Osterweiterungsfans haben tatsächlich bis zum Schluß geglaubt, daß Rußland sich buchstäblich den gesamten Ostblock abnehmen und umdrehen lassen würde.

  2. Rußland militärisch zurückzuschlagen können die EU-Staaten ja auch gar nicht und die USA wollen es nicht.

    Zum Glück, weil den 3. Weltkrieg würden wir nicht überleben.
    Aber im Nachhinein stellt sich mir die Frage, ob die USA einfach nur hoch gepokert haben oder ob sie diesen Ausgang herbeiprovozieren wollten.
    So auf die Art, Kopf oder Zahl – wem gehört die Ukraine?
    ————

    Österreichische Firmen stellen sich auf die neue Lage ein:

    Produktion im Ausland

    Russland/Ukraine: Porsche stellt auf Notbetrieb

    Die Porsche Holding ist Generalimporteur von VW und hat seine Niederlassung in der Ukraine auf Notbetrieb umgestellt. Doch auch hunderte andere österreichische Betriebe sind in der Ukraine und in Russland angesiedelt.

    Die Salzburger Porsche Holding, Generalimporteur des VW-Konzerns für Österreich mit Zuständigkeit für mehrere südosteuropäische Länder, hat die Geschäftstätigkeiten ihrer Tochtergesellschaften in der Ukraine auf einen Notbetrieb umgestellt. "Die österreichischen sowie in der Ukraine tätigen Expats der Porsche Holding sind im Laufe der vergangenen Woche vorsorglich auf normalem Wege ausgereist. Für alle weiteren Schritte und Maßnahmen sind wir in enger Abstimmung mit den österreichischen Behörden. Zudem stehen wir in ständigem Austausch mit unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der Ukraine, die bis auf Weiteres von zu Hause aus arbeiten", so die Porsche Holding.

    Die zugespitzte Russland-Ukraine Krise versetzt jene Unternehmen, die an Ort und Stelle Niederlassungen oder Produktionsstätten haben, in den Krisenmodus. Die ökonomischen Verflechtungen sind mit beiden Volkswirtschaften gegeben. In Teilbereichen, wie etwa dem Bankensektor oder Energiebereich in Russland, ist sie für ein kleines westliches Land teils sogar überproportional groß.

    In Russland haben heimische Firmen 650 Niederlassungen, in der Ukraine 200. Schon die bisherigen Sanktionen gegen Moskau haben der heimischen Wirtschaft jährlich rund 400 Mio. Euro Wertschöpfung gekostet. Nun sind neue viel härter Sanktionen geplant.

    Die Raiffeisen Bank International (RBI) meinte heute in einer Stellungnahme:
    "Unsere Banken in Russland und in der Ukraine sind gut kapitalisiert und finanzieren sich selbst. Zudem haben wir bereits im vergangenen Jahr im Rahmen unserer vorausschauenden Risikopolitik Rückstellungen gebildet und unseren Rubel-Hedge erhöht sowie einen Hrywnja-Hedge eingerichtet", so die RBI. Weitere Sanktionen würden erwartet. "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch keine Einschätzung über Auswirkungen allfälliger Sanktionen auf die RBI treffen", betonten die Banker.

    Bei den ÖBB werden noch keine Einschränkungen beim Güterverkehr beobachtet. Sollte es zu Problemen kommen könnten Alternativstrecken, etwa über Weißrussland und die Türkei, genutzt werden. (apa/red)

    https://industriemagazin.at/news/russland-ukraine-porsche-stellt-auf-notbetrieb/

    Spannend wird, was aus den ganzen Krediten wird, die die Ukraine erhalten hat. Möglicherweise kommt heraus, daß da – wie auch in Argentinien – einiges nicht sehr legal gelaufen ist.

  3. "Über Nacht ist der Frieden in Europa keine Selbstverständlichkeit mehr. Das Selbstverständnis einer ganzen Generation erschüttert von den Bomben eines Despoten mit Großmachtphantasien."

    Mich wundert doch ein wenig, wie diese Lüge als vernünftiges "Selbstverständnis" durchgehen kann. Die Generation, für die es keinen Krieg in Europa (außerhalb natürlich all night long) gegeben hat, kann schließlich nur gerade mit der Schule fertig sein, alle anderen Europäer könnten/können sich ja sehr wohl noch an den letzten Krieg in Europa erinnern, das ist ja mal gerade zwei Jahrzehnte her.

    "„Wir wurden eiskalt belogen“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock gestern Abend im ZDF".
    Ja, einerseits stimmt das. Aber andererseits ist das ja selber eine Lüge, denn Putin hat ja seit Jahren betont, daß Rußland die Osterweiterung der NATO bis direkt an die Grenzen Rußlands nicht hinnehmen werde. Und jetzt genau das getan, was dazu notwendig war. Die zudem ja nach dem Anschluß der DDR ja auch kategorisch seitens der NATO-Staaten ausgeschlossen wurde. Soviel zur wirklich großen strategischen Lüge.

  4. Ich überlege an der Ecke herum, was eigentlich die USA in ihrer Politik bewegt?

    Erst wurde monatelang gesagt: Die Russen werden einmarschieren! – und gleichzeitig alle Verhandlungsangebote zurückgewiesen. Der Einmarsch wurde also provoziert.

    Haben die USA gedacht, die Russen würden sich das am Ende doch nicht trauen? Das wäre blauäugig, angesichts ihrer bisherigen Entschlossenheit z.B. in Syrien.

    Sind die USA mit ihren bisherigen Ergebnissen in der Ukraine unzufrieden, wo zwar eine unglaublich korrupte kleine Elite sich die Taschen gefüllt hat und ihre Rechnungen von der EU und den USA zahlen ließ, aber in Sachen Wehrfähigkeit und NATO-Integration keinen Schritt vorangekommen ist?
    Man sieht es ja jetzt, daß sie kein Militär hat, um auch nur ihr verbliebenes Territorium zu verteidigen, geschweige denn verlorene Territorien zurückzuerobern.

    Sind die USA unzufrieden mit ihren europäischen Verbündeten, die sich immer in allem auf die USA verlassen und selber zwar laut krakeelen, wenn es gegen Rußland geht, aber militärisch ohne US-Unterstützung ziemlich matt aussehen? (Was ja auch schon Trump zur Sprache gebracht hat. )

    Ist es ein Schritt hin zum Isolationismus – was ja einer Abdankung als Weltmacht gleichkäme –, aber vor allem im republikanischen Lager sehr populär ist?

    Wollen sich die USA auf die östliche Hemisphäre konzentrieren und ihre Macht gegenüber China ausbauen? Also sich aus dem 2-Fronten-Spektakel zurückziehen und einen Hauptfeind definieren?

    Weil eines ist klar: Nach dem Rückzug aus Afghanistan ist hier ein neuer Hinweis darauf, daß mit den USA befreundete Regierungen sich nicht mehr bequem auf einem Polster ausrasten können: Wenn es auf Kopf oder Zahl steht, holen die USA nicht mehr für sie die Kartoffeln aus dem Feuer.

  5. "Zum Glück, weil den 3. Weltkrieg würden wir nicht überleben. Aber im Nachhinein stellt sich mir die Frage, ob die USA einfach nur hoch gepokert haben oder ob sie diesen Ausgang herbeiprovozieren wollten. So auf die Art, Kopf oder Zahl – wem gehört die Ukraine?"

    Genau. Wenn sich der Westen einmischen würde, hätten wir den 3. WK. Man stelle sich vor der Westen hätte weiterhin die Ukraine als Raketenbasis gegen Russland ausgebaut. Dann wäre Russland in einer Situation gewessen, dass sie nur noch mit der Pistole am Kopf hätte agieren können. Da wäre es früher oder später zwabgsläufig zu einem atomaren Schlagabtausch gekommen. 

    Jedenfalls haben die westlichen Geheimdienste gewusst, dass es sich nicht nur um eine Demonstration russischer Macht gehandelt hat. Ich hatte mich ja gefragt, warum Panzer an der russischen Grenze so eine Aufregung im Westen verursachen. Manöver an der Grenze, gab es ja nicht zum ersten Mal. Und auch in der Ukraine selbst, waren die Befürchtungen bezüglich eines russischen Einmarschs nicht besonders ausgeprägt. 

    Zur Frage, ob die USA hoch gepokert haben, oder ob sie den russischen Krieg provoziert haben. Einerseits pokern die USA aus eine Position der Überlegenheit. Das ist das was Putin in der Rede sagt, dass man im Westen russische Interessen ignoriert und nicht ernst nimmt. "Warum diese unverschämte Art, aus einer Position der eigenen Besonderheit, der Unfehlbarkeit und der Freizügigkeit heraus zu sprechen?" Man hat einfach darauf gepokert, dass Putin es schluckt, dass die Ukraine in die Nato integriert wird. Schließlich hat Russland bisher auch alles geschluckt. Wahrscheinlich hat man es auch deshalb darauf ankommen lassen, weil auch die Alternative "Russland marschiert in der Ukraine ein" den USA nicht so furchtbar ungelegen kommt. Schließlich bietet ein Krieg die Gelegenheit Russland weiter zu schädigen, als Feind auszurufen und auch Europa wieder stärker an die USA zu binden.

    "Haben die USA gedacht, die Russen würden sich das am Ende doch nicht trauen?"

    Einerseits ja, denn bisher ging ja die Natoosterweiterung auch durch. Andererseits eröffnen sich im Fall des Krieges Gelegenheiten Russland weiter zu schädigen. Außerdem verschlingt so ein Krieg immensen Reichtum. Wahrscheinlich wurde mit beiden Alternativen kalkuliert. Zu den anderen Fragen: Isolationismus und die USA – eher nicht. Russland und China sind der Feind. Du spielst mit einer Alternative, die es nicht gibt, jedenfalls nicht, wenn man keinen 3 Wk auslösen will. "Kastanien, Kohlen, Kartoffeln aus dem Feuer hollen" ist Weltkrieg. Alles an Schädigung darunter werden sie tun.

    "„Wir wurden eiskalt belogen“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock gestern Abend im ZDF". Es wird immer nur dieser Satz zitiert. Worin wurden "wir" denn eiskalt belogen? Was meint sie denn genau?

  6. @Kehrer

    aus eine Position der Überlegenheit.

    Aber eben nur angemaßter Position. Aus geographischen Gründen sind sie in diesem Fall nicht überlegen.

    Mit der Schädigung Rußlands ist es so eine Sache. Natürlich verschlingt so ein Krieg konkreten Reichtum, aber das gilt auch für die USA, wo die Weltmachtstellung die US-Bevölkerung auch sehr teuer kommt, und der staat sich immer wieder über die Frage der Schuldenobergrenze an den Rand seiner Manövrierfähigkeit bringt.

    Aber Rußland wird in den westlichen Medien immer mit den gleichen Maßstäben gemessen wie westliche, kapitalistische Ökonomien. Und die vorgestellten Schädigungen betreffen Geschäftsinteressen und Konsumtionsfähigkeit mit Importwaren.

    Aber Rußland hat, weil die Marktwirtschaft eben flächendeckend Elend hervorgebracht hat, sehr viel wieder rückverstaatlicht. Anderes, wie die Bauindustrie, wird fest subventioniert, und den Rubel druckt Rußland immer noch selber.

    Was den Außenhandel betrifft, wurde viel auf Barter-Geschäfte umgestellt, wo keine Devisen nötig sind.
    Und schließlich hat es Rußland in der Hand, Heizöl und Gas zu subventionieren, das es selber erzeugt, damit den Bürgern nicht das Gas abgeschaltet wird, – wie in der Ukraine, weil sie ihre Gasrechnung nicht zahlen können.
    Die ausgemalten Schädigungen sind daher eher Wunschdenken, die die tatsächliche Funktionsweise der russischen Ökonomie – und den Spielraum, den die Regierung hier hat – nicht zur Kenntnis nehmen.
    Sie gehen schon von der postsowjetischen Wirtschaftswelt aus, wo alles privatisiert wurde, und dann mit Krediten am Leben erhalten werden muß, was in Rußland entweder staatlich geblieben ist oder wieder renationalisiert wurde.

    Was die Frage „Rußland oder China?“ betrifft, so könnte es sein, daß die USA hier die Europäer in die Pflicht nehmen wollen, sich selber um die Aufrüstung gegen Rußland zu kümmern – was vermutlich die EU weiter spalten wird.

  7. Noch eine Bemerkung zu der leidigen Frage, ob die NATO-Osterweiterung gegenüber gegebenen Versprechen dennoch vorangetrieben wurde:

    Es ist doch bezeichnend, daß die NATO sich nach der Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Paktes nicht aufgelöst hat, ein Hinweis darauf, daß es um die Kontrolle der Welt ging und nicht bloß um die Abwehr eines feindseligen Systems bzw. „Schutz“ vor demselben.

    Von daher ist es klar, daß solche Versprechen, selbst wenn sie schriftlich niedergelegt worden wären, das Papier nicht wert wären, auf dem sie geschrieben sind.
    Wenn sich Imperien oder Mächte gegeneinander konstituieren, wird immer derjenige, der sich das zutraut, in denjenigen Raum vorstoßen, der vom anderen aufgegeben wird.

  8. Aber eben nur angemaßter Position. Aus geographischen Gründen sind sie in diesem Fall nicht überlegen.

    Die Position ist nicht angemaßt. 1. Wem ist Russland in diesem Fall aus geographischen Gründen überlegen? Der Ukraine vielleicht. Einen Schlagabtausch zwischen Russland und dem Westen gibt es nicht – zum Glück. 2. Die Überlegenheit des Westens drückt sich darin aus, dass Russland es ist, das jetzt einen Krieg führen muss, um sich wenigsten einigermaßen der Umklammerung des Westens zu entziehen. 3. Der Westen, vor allem die USA ist militärisch und wirtschaftlich überlegen. 

    Allerdings ist Russland alles andere als eine Regionalmacht und eine der beiden Mächte, die nicht nach der amerikanischen Pfeife tanzen muss. Und so wurde sie vom Westen nicht behandelt, sondern wie irgendeine untergeordnete Souveränität, die zu schlucken hat, was die USA befiehlt.

    "und der staat sich immer wieder über die Frage der Schuldenobergrenze an den Rand seiner Manövrierfähigkeit bringt." Bloß hat die USA eben den Dollar der Weltgeld ist. Das heißt sie kann sich verschulden. 

    "Die ausgemalten Schädigungen sind daher eher Wunschdenken," Das würde ich nicht gleich abtun. Ich denke schon, dass die Sanktionen sich negativ auf die Ökonomie auswirken, aber eben nicht soweit, dass Russland damit erpressbar würde. Das wäre eine Fehleinschätzung.

    "Was die Frage „Rußland oder China?“ betrifft, so könnte es sein, daß die USA hier die Europäer in die Pflicht nehmen wollen, sich selber um die Aufrüstung gegen Rußland zu kümmern –" Was auch wieder ein zweischneidiges Schwert ist, da Europa, was sie immer wollen aber nicht hinkriegen, dann militärisch plötzlich handlungsfähig werden könnte – ohne die USA. Macron will das ja schon lange.

    "und nicht bloß um die Abwehr eines feindseligen Systems bzw. „Schutz“ vor demselben." Das hat ja Putin in seiner Rede am 21.02 auch bemerkt. Um's System geht es nicht, sondern darum, dass Russland eine große autonome Macht ist, die sich ihre Direktiven nicht in Washington abholen muss.

    "Von daher ist es klar, daß solche Versprechen, selbst wenn sie schriftlich niedergelegt worden wären, das Papier nicht wert wären, auf dem sie geschrieben sind. Wenn sich Imperien oder Mächte gegeneinander konstituieren, wird immer derjenige, der sich das zutraut, in denjenigen Raum vorstoßen, der vom anderen aufgegeben wird." Ganz genau. Das ist eine Notwendigkeit der staatlichen Gewaltenkonkurrenz.

  9. @Kehrer

    1. Wem ist Russland in diesem Fall aus geographischen Gründen überlegen? Der Ukraine vielleicht.

    Ich beziehe mich dabei darauf, daß Rußland einen Krieg an seinen Grenzen führt und außerdem auf Unterstützung aus der Ukraine rechnet. Das verschafft Überlegenheit – neben Größe, Truppen usw. – gegenüber Staaten, die ihre Mannschaft erst von woanders dorthin bringen müssen.

    Einen Schlagabtausch zwischen Russland und dem Westen gibt es nicht – zum Glück.

    Einen unmittelbaren nicht, aber in Syrien z.B. waren doch alle zugegen …

    2. Die Überlegenheit des Westens drückt sich darin aus, dass Russland es ist, das jetzt einen Krieg führen muss, um sich wenigsten einigermaßen der Umklammerung des Westens zu entziehen.

    Da gebe ich dir recht, es ist aber nicht sicher, ob das so bleibt. Das wird davon abhängen, wie sich die Eroberung der Ukraine gestaltet.
    Ich habe mit einem Freund aus der Ukraine darüber geredet, ob die Ukraine als Ganzes besetzt und „umgedreht“ werden soll, oder ob eine Teilung angestrebt wird. Auch das wird von dem Verlauf der weiteren Kämpfe abhängen.

    3. Der Westen, vor allem die USA ist militärisch und wirtschaftlich überlegen. 

    Da ist es die Frage, wie „Überlegenheit“ definiert wird.
    Mehr Industrie? Mehr Devisen? Besitz von Weltgeld? Mehr Bevölkerung?

    Gerade militärisch ist Rußland m.E. nicht so unterlegen. Man muß dabei ja auch die verschiedenen Militärdoktrinen betrachten. Rußland hat nicht vor, Weltmacht Nr. 1 zu werden, führt nicht ständig rund um die Welt Krieg und unterhält auch kaum Basen außerhalb seiner Grenzen. Es braucht daher auch keine Flugzeugträger, wie sie die USA haben.
    Bei manchen Waffengattungen ist es gleichwertig, und es ist auch bezeichnend, daß Putin mit der Atombombe droht, also sich gar nicht auf eine mögliche stufenweise Eskalation einlassen will.

    Die USA mag von allem mehr haben, aber hatte auch einmal einen Sturm aufs eigene Parlament und eine Ex-Regierungsmannschaft, die auf einen Putsch hinarbeitet. Ich will damit sagen, das beste Gerät nutzt wenig, wenn die Einigkeit, es einzusetzen, flöten geht.
    Bei der EU kommt es gar nicht so weit, weil schon um die einzelnen Rüstungsschritte keine Einigkeit herrscht.

  10. Frage: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Generalmobilmachung verkündet, seine Behörden teilen Waffen aus. Was bedeutet das für die Situation?

    Antwort: Mit der Bewaffnung von Zivilistinnen und Zivilisten bewegt sich Kiew auf gefährlichem Terrain – nicht nur deshalb, weil Russland allgemein zugetraut wird, jegliche Angriffe brutal zu vergelten, sondern auch, weil man damit mit dem Unterscheidungsgrundsatz des Völkerrechts in Konflikt gerät. "Man läuft Gefahr, dass Kombattanten nicht mehr von Zivilisten unterschieden werden können", sagt Reisner. Das Risiko für die tatsächlich unbeteiligte Zivilbevölkerung würde dann noch einmal um ein Stück größer. Außerdem besteht Zweifel daran, dass die ukrainischen Kräfte in so kurzer Zeit genügend einsatzfähige Freiwillige mit Ausrüstung versorgen können.

    https://www.derstandard.at/story/2000133671615/frage-antwort-faellt-kiew-geht-es-schnell

    Abgesehen von der militärischen Dimension einer solchen Volksbewaffnung ist auch nicht gesagt, daß Leute diese Waffen nicht auch anders verwenden können, z.B. für Plünderungen.

  11. "Das verschafft Überlegenheit"

    Was du beschreibst sind Vorteile. Überlegenheit kann höchstens das Resultat dessen sein, dass viele Vorteile zusammenkommen. Aber da muss man die Vorteile der Gegenseite gegenrechnen.

    "Einen unmittelbaren nicht, aber in Syrien z.B. waren doch alle zugegen …"

    In Syrien war nicht die Nato Kriegspartei und die USA hat zunächst verdeckte CIA Operationen durchgeführt, die Kurden unterstützt und erst später reguläre Bodentruppen geschickt. Der offizielle Feind war der IS. Nicht Russland. Außerdem ist die Ukraine eine ganz andere Dimension. 

    "Da ist es die Frage, wie „Überlegenheit“ definiert wird."

    Die Nato hat ein 10 fach höheres Militärbudget wie Russland. Generell eine größere Reichtumsproduktion. "Mehr Industrie? Mehr Devisen? Besitz von Weltgeld? Mehr Bevölkerung?" Genau. Fragezeichen durch Ausrufezeichen ersetzen.

    "Ich will damit sagen, das beste Gerät nutzt wenig, wenn die Einigkeit, es einzusetzen, flöten geht."

    Gegen äußere Bedrohungen ist diese Einigkeit auf jeden Fall vorhanden. Man sollte da nicht den gleichen Fehler machen wie hiesige Journalisten gegenüber Putin, die immer drauf spekulieren, dass die Bevölkerung den missliebigen Staatswillen beseitigt.

    "Mit der Bewaffnung von Zivilistinnen und Zivilisten bewegt sich Kiew auf gefährlichem Terrain"

    Männer dürfen auch nicht aus der Ukraine flüchten, weil die ihr Land verteidigen sollen. Das ist wirklich eine miese Idee, weil irgendwelche Zivilisten eben Kanonenfutter sind. Und es sagt viel über den Zustand der russischen Armee, wenn an Tag zwei des Krieges Zivilisten bewaffnet werden, um das Land zu verteidigen.

  12. Ich vermute, du meinst „der ukrainischen Armee“.

    Rußland rechnet bei seiner Invasion auf Sympathisanten in der Ukraine. Die Ukraine hat 10.000 Gewehre an Zivilisten ausgegeben, das kann ja heiter werden. Außerdem stellt die ukrainische Armee in Kiew Raketenwerfer in Wohnvierteln auf, auch das wird die Opferzahl und die Dramatik anheizen.

    Das mit der Überlegenheit ist so eine Sache. Klar, wenn der III. Weltkrieg losgeht und die ganze Welt Kriegsschauplatz wird, hat die NATO mehr zu bieten.
    Aber bei lokalen Konflikten nützt diese Überlegenheit nichts, wenn der Gegner, wie hier Rußland, seinen Krieg vor der Tür führen kann.
    U.a. hat deshalb Rußland jetzt angegriffen, weil es sich jetzt noch Chancen ausrechnen kann.

  13. Ein recht ausführlicher Artikel von einem der Berater Putins zum Schwenk in der russischen Außenpolitik:

    Sergei Karaganow: Russlands neue Außenpolitik, die Putin-Doktrin

    Moskaus Konfrontation mit der NATO ist erst der Anfang. Es scheint, als sei Russland in eine neue Ära seiner Außenpolitik eingetreten – eine "konstruktive Zerstörung", kommentiert Professor Sergei Karaganow, Ehrenvorsitzender des russischen Rates für Außen- und Verteidigungspolitik.

    https://de.rt.com/meinung/132433-sergei-karaganow-russlands-neue-aussenpolitik/

  14. Ja. der ukrainischen Armee. 

    Überlegenheit hilft, aber sie garantiert den Sieg nicht. Das ist das blöde an der Gewaltkonkurrenz. Sie ist eine ziemlich unsichere Sache. 

    "U.a. hat deshalb Rußland jetzt angegriffen, weil es sich jetzt noch Chancen ausrechnen kann."

    “Diejenigen, die sich an der Spitze solcher Länder wiederfanden, haben ihr Land zu ihrem eigenen Vorteil verkauft, weil es keine nationale Idee gab, für die es zu kämpfen galt.” Diese Diagnose ist natürlich quatsch. Das hat Putin auch der Ukraine gegenüber geäußert.

    Das sind gar keine richtigen Nationen, weil ihre Eliten das Volk verraten. Da täuscht er sich auch in Bezug auf die Ukraine. Er denkt da muss man nur ein paar korrupte Banden absägen, schon werden die Ukrainer wieder Russenfreunde.

    “Die Frage ist: Wie kann man die Nationen auf die effizienteste und für Russland vorteilhafteste Weise “vereinen”, wenn man die zaristischen und sowjetischen Erfahrungen berücksichtigt, als der Einflussbereich über jede vernünftige Grenze hinaus ausgedehnt und dann auf Kosten der russischen Kernbevölkerung zusammengehalten wurde?”
    Das ist offensichtlich eine komplementäre Art der Blindheit, wie man sie aus den USA kennt. Den die russische Art der “Vereinigung” wechselt nur die Zentrale aus von der diese kleineren Mächte aus “gesteuert” werden.

    So erklärt sich auch der Putinsche Ausraster von gestern, wo er die Ukrainische Regierung als “Bande von Drogenabhängigen und Neonazis” bezeichnet hat.

    Ja das sehe ich auch so.

  15. Ja, es wird eine alte sowjetische Unterteilung in gutes Volk und böse Führung gemacht.

    Aber in diesem Fall hat es natürlich eine gewisse Plausibilität, weil ein guter Teil der Bevölkerung der Ukraine russisch bzw pro-russisch ist. Das ist ja auch einer der Gründe, warum die NATO-Integration so schleppend vorangegangen ist.

    Auf diesen Teil der Bevökerung verläßt sich das russische Militär, man wird sehen, mit wie viel Berechtigung …

  16. Ich habe herauszufinden versucht, woher die Beschimpfung der ukrainischen Regierung als Drogenabhängige kommt. (Daß sich da Nazis festgesetzt haben, ist ja eigentlich Allgemeingut, habe ich nicht weiter nachgeforscht.) Natürlich haben die Medien dieser Tage buchstäblich nichts dazu geschrieben, was Google hätte finden können. Aber aus dem Wahlkampf 2019, den Selenskyi gegen Poroschenko gewonnen hat, gibt es solche Geschichten: Die Poroschenkoseite soll Selenkskyi als Kokser in einem Fake-Video gezeigt haben. Die Selenskyi-Leute haben wiederum Poroschenko als Alkoholiker beschimpft. Jedenfalls hat Selenskyi durchgesetzt, daß alle Kandidaten Drogentests machen mußten. Daß seins mit dem Resultat drogenfrei ausging, dafür hat Selenskyi eventuell selber gesorgt, was aus Poroschenkos Pinkel- und Blutprobe wurde, ist mir nicht bekannt.
    Ukraine vor der Stichwahl: Kandidaten im (Drogen-)Test – taz.de

  17. Es ist nicht nur gutes Volk und verbrecherische Führung. Es wird auch gesagt, das sind gar keine richtigen Nationen, also gar keine gescheiten Völker. 

    "Die meisten lokalen Eliten haben keine historische oder kulturelle Erfahrung mit dem Aufbau von Staaten. Sie waren nie in der Lage, zum Kern der Nation zu werden – sie hatten nicht genug Zeit dafür. Als der gemeinsame intellektuelle und kulturelle Raum verschwand, traf dies die kleinen Länder am härtesten. Die neuen Möglichkeiten, Beziehungen zum Westen aufzubauen, erwiesen sich als kein Ersatz. Diejenigen, die sich an der Spitze solcher Länder wiederfanden, haben ihr Land zu ihrem eigenen Vorteil verkauft, weil es keine nationale Idee gab, für die es zu kämpfen galt."

    Es gibt keine nationale Idee. Bloß irgendwelche staatlichen Konstrukte mit korrupten Führern an der Spitze. Und weil das gar keine echten Nationen sind hat Putin auch das Recht sie zu vereinen.

     Die Frage ist: Wie kann man die Nationen auf die effizienteste und für Russland vorteilhafteste Weise "vereinen", wenn man die zaristischen und sowjetischen Erfahrungen berücksichtigt, als der Einflussbereich über jede vernünftige Grenze hinaus ausgedehnt und dann auf Kosten der russischen Kernbevölkerung zusammengehalten wurde?

    Es gibt also eine vernünftige Grenze des  russischen Einflussbereichs. Ein für Russland vorteilhafte Vereinigung anderer Staatsgebilde, die nicht den Ehrentitel “Nation” erhalten, ist also durchaus legitim. Das ist Imperialismus auf russisch. Oder “konstruktive Zerstörung”.

    Ich seh gerade, dass im letzten Post, der letzte Satz verrutscht ist. Der gehört unter das erste Zitat von Nestor.

  18. @Neoprene

    Ausgezeichnet, daß du solchen Nebenfronten nachgehst!

    Der selige Jörg Haider war ein ziemlicher Kokser, und unter den Nazi-Führungskräften sollen Amphetamine sehr beliebt gewiesen zu sein.

    Beides sind Aufputsch-Drogen und geben gerade in Zeiten wie diesen einem gewissen Größenwahn Raum, der Leute auf den Höhen der Macht gerne Wunsch und Realität verwechseln läßt … 

    @Kehrer

    Ja, das sind offenbar die neuen Rechtstitel Rußlands: „Echte“ und „künstliche“ Nationen.

    Woran erkennt man den Unterschied? An ihrer Durchsetzungsfähigkeit!

    Das Gemeinsame der beiden feindlichen Brüder ist, daß die ukrainischen Politiker und ihre Nazi-Helfer das genauso sehen: Wir haben noch nicht genug Nationalbewußtsein, dem muß man auf die Sprünge helfen!
    Deswegen wird Russisch verboten und sein Gebrauch geahndet.

  19. Hier ist übrigens die aufgezeichnete Veranstaltung vom 23.2. mit Reinhard Lauterbach:

    Vortrag und Diskussion zum Thema "Wem gehört die Ukraine?"

    Am Vorabend der russischen Invasion der Ukraine diskutierten wir mit Reinhard Lauterbach zum Ukraine-Russlandkonflikt. Erörtert werden die Interessen der verschiedenen Akteure: Ukraine, Russland, NATO und EU. Die Einschätzung, dass es wohl nicht zu einer Invasion kommen würde, hat sich am nächsten Morgen blamiert – woran man nur sieht, dass man trotz aller Expertise den Kalkulationen der Herrschenden ausgeliefert ist. Der Fehler in der Einschätzung ändert nichts daran, dass eben genau die diskutierten staatlichen Interessen sind, die Russland nun zur Invasion der Ukraine bewogen haben.

  20. Litauen blockiert inzwischen teilweise den Warenverkehr aus Weißrußland  in die russische Enklave Kaliningrad.

    Dazu bemerkt der in Kaliningrad lebende Politologie Alexandr Nosowitsch:

    Erstens ist das eine Verletzung der Verträge, die den EU-Beitritt Litauens begleiteten. Dort verpflichtete sich Litauen, diesen Transit zuzulassen. Rußland kann also seine Zustimmung zum EU-Beitritt Litauens widerrufen.
    Rußland kann auch die Anerkennung Litauens als eigenem Staat widerrufen, denn diese wurde vom Staatsrat der SU unter der Leitung Gorbatschows ausgesprochen, der zu solchen Entscheidungen gar nicht berechtigt war.

    Rußland kann mit militärischen Mitteln den Suwalki-Korridor zwischen Polen und Litauen schließen. Das bedeutet Krieg mit der EU.

    Schließlich, und das wird vermutlich bald geschehen, kann es Litauen von der Elektrizitätsversorgung BRELL abschneiden. Litauen bezieht seinen Strom nämlich immer noch aus Rußland, bzw. üüber den E-Ring Weißrußland-Rußland-Estland-Lettland-Litauen.

    Schließlich kann man auch überlegen, Litauen den Hafen von Klaipeda wieder wegzunehmen, der seinerzeit unter dem Namen Memel Teil Ostpreußens war.

    Kaliningrad selbst kann übers Meer versorgt werden, Rußland bereitet sich seit Jahrzehnten auf diesen Fall vor, da Litauen immer wieder damit gedroht hat.

    (KP, 20.6.)

    Die litauische Seite bemerkt dazu, daß es nur diejenigen Güter blockiert, die unter die Sanktionen fallen.
    Dazu gehören allerdings Eisen und Stahl, Düngemittel, Holz und Glaswaren, Kaviar, Erdölprodukte und Kohle. Alle diese Waren werden deswegen blockiert, weil sie Rußland Einnahmen verschaffen – sofern sie exportiert werden.
    Aber in diesem Fall werden sie nur über EU-Territorium ins Inland gebracht, es ist also ein klarer Vertragsbruch.

  21. Vor dem EU-Gipfel wollen die baltischen Staaten aus ihrer EU-Randlage heraustreten – und sich zum ideellen Zentrum der EU-Politik aufmanteln.  Die Aufmerksamkeit zielt darauf, dass sie ein Vorreiter einer erneuerten geostrategischen Ausrichtung der Gesamt-EU gegen Russland seien (und die BRD hat ja auch bereits Truppenunterstützung für den dortigen NATO-Stützpunkt zugesichert). Im Zweifelsfall wird auch der große Bruder in Washington für die inneneuropäischen Ausrichtungen vom Baltikum in Beschlag genommen. Weder den EU-Südländern noch z.B. Frankreich dürfte solche Akzentverschiebung in der Geostrategie der EU gefallen. Ein weiterer Knackpunkt scheint die Aufmerksamkeit der Gesamt-EU sein zu sollen, auf dem Balkan russischen und chinesischen Einfluss von Nordmazedonien bis Serbien zurückdrängen zu wollen. Slowenien will sich dafür als EU-Pate für diese Region groß aufstellen. https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/slowenien-draengt-auf-staerkere-eu-perspektive-fuer-westbalkan/ Ansonsten wird in der BRD reichlich über deutsche Führung und deutsche Weltmacht schwadroniert.
    Bulgariens Regierung zerbricht bereits in Folge solch neuer Ausrichtungen. https://overton-magazin.de/krass-konkret/ukraine-krieg-und-haltung-zu-nordmazedonien-zerbrechen-die-bulgarische-regierung/

    Die Ukraine unter den alten EU-Kriterien betrachtet: https://www.heise.de/tp/features/Die-Ukraine-das-hochgeruestetes-Armenhaus-Europas-7147424.html?seite=all

  22. Was Bulgarien betrifft, so hat eine Reportage der KP zutage gefördert, daß dort seit Monaten ein Kulturkampf tobt, im Zuge dessen alle sowjetischen Denkmäler geschleift werden und alle Erinnerung an die Verbindung Bulgariens mit dem Russischen Reich gelöscht werden soll, auch aus den Geschichtsbüchern.

    Seltsam, daß dies von der Koalitionspartei der ehemaligen KP mitgetragen wird.

    Zweitens: Was ist eigentlich mit dem Verzicht auf russische Gaslieferungen? Wie werden die ersetzt und wer zahlt etwaige Preiserhöhungen?

    Über diese beiden Punkte schweigt der obige Artikel und verweist als Ursache innenpolitischer Streitigkeiten auf Polit-Launen einzelner Führer und den Dauerbrenner Korruption.

  23. "Zweitens: Was ist eigentlich mit dem Verzicht auf russische Gaslieferungen?"  Welches Land? Welcher Artikel? Der über die Ukraine? 

    Im Deutschlandfunk wird das ständig thematisiert. Jetzt scheint sogar über Nord Stream 1 immer weniger zu kommen. Was von dort kommt füllt die Gasspeicher. Die sind jedoch noch längst nicht für den Winter gefüllt. Deshalb wird daran gedacht auf Gasverstromung zu verzichten und stattdessen, wieder Kohle zu verstromen. Außerdem ist im Gespräch drei Kernkraftwerke, die in diesem Jahr still gelegt werden sollen weiter zu betreiben. Dagegen gibt es von einigen Seiten mehr oder weniger vorgeschobene Einwände. Es bräuchte eine Sicherheitsüberprüfung und man müsste ein paar neue Brennstäbe bestellen, die man dann ausbrennen lassen muss, was so ungefähr 4-5 Jahre dauert. Man müsste ein bisschen was investieren, insgesamt wäre es aber so, dass weil die Kraftwerke ja schon stehen, das trotzdem viel billiger wäre als erneuerbare Energien.

    Dann werden die Abstände der Windkraftanlagen von Siedlungen überprüft mit der Absicht sie zu verringern. Mit anderen Worten. Der gesamte Energiesektor muss umstrukturiert werden, was natürlich die Energie extrem verteuert. Mir wird es jedes mal schlecht wenn ich einkaufen gehe. Die Preise haben sich nahezu verdoppelt. Quark hat vor ner Woche noch 55ct gekostet jetzt kosten 250g 99ct. Da frag ich mich wirklich warum? Kühe fressen Heu. Und Ställe werden nicht geheizt.

    Die EU,  Deutschland und vor allem die Grünen sind dumm. Die würgen der eigenen Wirtschaft den Kragen ab. Was glauben die eigentlich wie lange das gut geht mit den Preiserhöhungen. Die Leute können nicht mehr zahlen als sie haben und irgendwo müssen sie sparen, was dann weniger Umsatz in den entsprechenden Branchen bedeutet. Das nimmt die Regierung offenbar alles in Kauf. Es ist traurig.

  24. Von der Leyen und Scholz begrüßen den Beitrittsantrag der Ukraine für den Kandidatenstatus (plus den Beschluss der EU über diesen Status) als "Stärkung der Union". Das ist auf den ersten Blick sehr merkwürdig, jedermann weiß doch, dass die EU ein Wirtschaftsbündnis gegensätzlicher kapitalistischer Staaten ist, zwecks jeweiligem kapitalistischem Wachstum. Und dass das wachstumsförderlich für die Ökonomie des eigenen Standortes wäre, wenn die EU der Ukraine den Status eines Kandidaten (vermutlich eines ewigen…) anheftet, behauptet meines Wissens gar niemand.  (Das Hergeben von Geldern in Form von Krediten oder in Form von Militärmitteln ist ja faktisch nicht nur null Wachstum, sondern hier werden großzügigste massigste Größenordnungen von Geldern flott versenkt. Und übrigens jeder vom Lohn Abhängige andersherum weiß, wie elend lange er ansonsten auf jede minimalste Geldzusage warten muss. (Selbst wenn manches Militärgerät so schlicht modernisiert wird, indem die veralteten Vorgänger an die Ukraine weggeben werden, fällt auf, wie prinzipiell anders beim Staat gerechnet wird, wenn es dort mal um die wirklich wichtigen Belange der Nation geht, also um Macht und um strategische Positionierung für diese Macht.)

    Statt dessen ist die Botschaft der EU-Regierenden: die EU wird in ihrer antirussischen Einheit gegen Russland gestärkt. auch – und sogar! – wenn das ökonomisch desaströs ausfällt. (Und die EU im Juni 2022 grenzt sich so davon ab, dass nationale Interessen, z.B. Bulgariens, bisher Beitrittskandidaturen z.B. von Nachbarstaaten mittels des Einstiimigkeitsprinzips früher haben vereiteln können!)  Der Aufbruch zu neuen EU-Ufern sei einer, der militärische und machtmäßige Regionen für die EU gegen Russland neu eröffnen will. Und daher (und nur so gefasst) ist dann der Kandidatenstatus für die Ukraine für die EU ein “Fortschritt”.

    Dass das nicht viel bedeute, – das ist eine etwas eingeschränkte Betrachtung in der jw,, die u.a. aber auch diese Vermutung enthält:
    “(…) In diesem Zusammenhang ist ein Gerücht interessant, das verschiedene ukrainische Medien in den letzten Tagen kolportiert haben: Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Premier Mario Draghi hätten dem ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenskij bei ihrem jüngsten Besuch eine Bedingung mitgebracht. Kiew solle im Interesse eines Fortschritts bei den EU-Beitrittsverhandlungen einem raschen Friedensschluss zustimmen, notfalls auch um den Preis von Gebietsabtretungen zugunsten Russlands. Selbstverständlich wird das niemand öffentlich bestätigen, aber wenn Macron erklärt, die Ukraine müsse über ihre Zukunft selbst entscheiden, ist diese Variante ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Denn natürlich muss Kiew selbst dem zustimmen und es innenpolitisch durchsetzen. Das ist nicht so einfach: Die Nationalisten sind militant, lautstark und bewaffnet. (…)”

    https://www.jungewelt.de/artikel/429046.tag-der-vertröstung.html

    Man kanns übrigens sogar auch noch “EU-beitrittstechnisch” formulieren: Gesicherte Grenzen und keine Konflikte um das eigene Staatsgebiet , das dürften inhaltlich allererste. Grundvoraussetzungen für eine jegliche EU-Perspektive sein. Denn als Bürgerkriegsgebiet dürfte sich letztlich auch die EU nirgendwo selbst definieren wollen ….

    —- Lesetipps. nicht nur angesichts der Überhitzungen allenthalben….

    https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-2-22
    https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle
    https://wissenundkritik.de/aktuelle-analysen-und-texte-zum-krieg/

  25. Der aktuelle Kriegswille der Ukraine werde so quasi "eingenordet" in den höher dimensionierten Gesamtkriegswillen und Weltmachtordnungswillen der EU.  Dass ukrainische Bürger bis dahin im Kampf darum,  Russland  für diese Ansprüche der EU kleiner machen zu wollen, auch weiterhin erstmal ihre Dienste bis  zum eigenen Verrecken betätigen können, das ist ja anscheind  für alle westlich staatlich Beteiligten gar kein Skandal.  Sondern furchtbar klasse.

    —-

    … und noch weitere Hinweise:

    Online-Diskussion (SG) | 28. Juni 2022 | „Butscha!“ – von den Bildern des Kriegs und vom Krieg der Bilder. https://www.contradictio.de/blog/archives/9013

    —-

    https://gegen-kapital-und-nation.org/page/krieg-in-der-ukraine-analysen-zum-zeitgeschehen/

  26. Man kann es auch noch anders formulieren. Wenn die EU nur eine Wirtschaftsgemeinschaft wäre, dann wäre es schon sehr viel schwerer zu begründen, warum der Beitritt der Ukraine zu einer Stärkung führen soll. Wenn man die EU aber als imperialistischen Verein auffasst, leuchtet es sofort ein, denn die Anbindung der Ukraine an die EU schwächt Russland. Es wird ein Stück ihres Einflussbereichs einkassiert. Russland geht es im Ukrainekonflikt jedoch weniger um die wirtschaftliche Einbindung in die EU, als um die Anbindung an die Nato. Mit ersterem würde sie sich abfinden, die Anbindung an die Nato dagegen war ein Kriegsgrund.

    zu dem Gerücht: Das klingt mir einfach zu pragmatisch, wie Wunschdenken, einfach nicht durchgeknallt genug, denn zur Zeit ist Irrsinn der Normalzustand. 

    Im Interesse der EU wäre das durchaus. Aber nicht im Interesse der USA und auch nicht im Interesse der Ukraine.

    USA sagen Ukraine weitere Waffen für 450 Millionen Dollar zu

    Die USA kündigten weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Umfang von 450 Millionen Dollar (etwa 428 Millionen Euro) an. Dazu gehörten auch Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesysteme und Patrouillenboote, sagte ein hochrangiger Vertreter des Weißen Hauses, John Kirby. Die USA haben dem von Russland angegriffenen Land in den bisherigen vier Kriegsmonaten nach eigenen Angaben Waffen und Ausrüstung im Wert von rund 6,1 Milliarden Dollar zugesagt oder bereits geliefert. Die Regierung in Kiew bittet um mehr moderne Waffen, um die militärische Überlegenheit russischer Truppen einzudämmen.

    Die USA würde so einen aus ihrer Sicht "faulen Frieden" hintertreiben z.B. mit weiteren massiven Waffenlieferungen. Solange die Ukraine noch die Aussicht hat das Blatt zu wenden, stimmt sie der Abtretung von Gebieten nicht zu. Anscheinend sind auch deutsche Haubitzen an der Front angekommen. Damit die Ukraine Gebietsabtretungen zustimmt, müsste sie in einer aussichtslosen Lage sein. Soweit sind sie aber nicht und jede Waffenlieferung schürt Hoffnung. 

    Und ich bin mir auch nicht sicher, ob gegenwärtig Deutschland einen Gebietsabtretungsfrieden anstrebt. Habeck zumindest bleibt bockelhart. Die Russen haben ja eine zweiwöchige "Wartung" von Nordstream 1 angekündigt und Habeck befürchtet, dass nach der Stilllegung wegen der Wartung kein neues Gas mehr kommt. Ich halte es übrigens für wahrscheinlich, dass das die Reaktion auf die Blockade von Ostpreußen ist. Habeck Reaktion war die Gas-Alarmstufe 2 auszurufen und gleich mal anzukündigen, dass sich der Gaspreis verdreifachen könnte. 

    Das klingt alles gar nicht nach Deeskalation.

  27. Lauter offene Fragen. Stimmt. Was die längerfristigen Perspektiven betrifft, will ich aber darauf hinweisen, dass innerhalb der EU eine dicke Skepsis wenn nicht über den jetzigen, dann zumindestens über den möglichen US-Nachfolger-Präsident Trump besteht, dass der sich einzig gegen China wenden könne. Daher ist die Aufrüstung der BRD plus die Eingemeindung der Ukraine als Speerspitze gegen Russland nicht nur eine abwegige Vorstellung großdeutschen Wahns. (Im Vordergrund steht aktuell natürlich, ob und wie die Ukraine sich zum Weiterkämpfen-Wollen aufstellt. Aber angeblich soll es dabei ja zusehends bröckeln.)

    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-lage-131.html

  28. Also zu den Energien erinnere ich an meine alten Beiträge:

    Die EU-Energiepolitik in der Krise
    https://nestormachno.alanier.at/die-eu-energiepolitik-in-der-krise-1/
    https://nestormachno.alanier.at/184-2/

    Di erneuerbaren Energien sind deshalb nie so recht in Fahrt gekommen, weil sie viel teurer und witterungsbedingt, also unverläßlich sind. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Abgesehen davon, daß das vermutlich gar nicht geht, würde ein völlige Umstellung auf „grüne“ (zumindest bis vorgestern :D) Energieformen der deutschen und EU-Wettbewerbsfähigkeit den Graus machen.

    Was das Gas angeht, so erinnern russische entscheidungsträger derzeit mit einer gewissen Häme gerne daran, daß sie wiederholtermaßen ihren westlichen Partnern-Abnehmern gesägt hätten, daß man den Gasmarkt nicht nach rein marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten behandeln kann, weil es sich beim Gas um eine staatliche Versorgungsleistung handelt.
    (Im Prinzip bei allen Energieformen. Deshalb wurden in Österreich in den Jahren 1947-48 alle Energieunternehmen verstaatlicht, damit der Wiederaufbau nach WK II nicht durch privatwirtschaftliche Berechnungen behindert wird.)

    Deshalb haben die europäischen Abnehmer statt langfristigen Lieferverträgen eine Art Spotmarkt eingerichtet und wollten Gas immer möglichst günstig einkaufen. Deshalb waren auch die Speicher leer, als der Gaspreis zu steigen begann.

    Die derzeitigen Verringerungen der Liefermenge sind offenbar ein Ergebnis der Sanktionen und Verlautbarungen der letzten Monate. Wenn man gar nicht sicher sein kann, daß das Gas auch bezahlt wird, so macht man keine Lieferungen im Voraus.
    Immerhin zeigt das Einfrieren der Devisenguthaben der russischen NB im Westen, daß Betrug und Raub inzwischen zum guten Ton gegenüber Rußland gehören.
    ________________

    Betreffend die Kohle: In Österreich soll ein Braunkohlekraftwerk wieder in Betrieb genommen werden, aber niemand weiß wie.
    Es gibt keine Ausbildung mehr für den Betrieb solcher Einrichtungen, man müßte Leute aus der Pension zurückholen, und die wollen vermutlich nicht.
    Außerdem ist gar nicht klar, wo man heutzutage die Kohle herbekommt, weil die ist ja auch inzwischen zu einem raren Gut geworden.

  29. @Leser: Na ja. Es brökelt ja schon seit 4 Monaten. Jetzt haben die Ukrainer wieder ein paar Dörfer geräumt. Das kann noch lange so weitergehen.

    "Daher ist die Aufrüstung der BRD plus die Eingemeindung der Ukraine als Speerspitze gegen Russland nicht nur eine abwegige Vorstellung großdeutschen Wahns."

    Ja. Das ist BRD/Eu-Imperialismus.

    "Abgesehen davon, daß das vermutlich gar nicht geht, würde ein völlige Umstellung auf „grüne“ (zumindest bis vorgestern :D) Energieformen der deutschen und EU-Wettbewerbsfähigkeit den Graus machen."

    Die Grünen sehen das nicht so. Da ist zur Zeit wirklich ein ekelhafter Grüner Fundamentalismus am Werk, dem das alles egal zu sein scheint. Den Grünen kommen die hohen Energiepreise ja gerade recht, weil sie dann sagen können: Seht ihr's. Wir müssen auf regenerative Energien umstellen. Da hätten wir schon längst machen sollen. Das stellt sich jetzt quasi wie ein Sachzwang dar. Dabei sind es ihre eigenen Sanktionen, die für die Energiepreise verantwortlich sind. Viele europäischen Staaten deckeln die Gaspreise. Habeck: Nein machen wir nicht. Wir machen Entlastungspakete. Und warum? Weil Entlastungspakete Augenwischerei sind. Das kommt nur bei einem erlesenen Publikum an und nur in homöopathischen Dosen. Das soll das Volk ruhig halten.

    (Im Prinzip bei allen Energieformen. Deshalb wurden in Österreich in den Jahren 1947-48 alle Energieunternehmen verstaatlicht, damit der Wiederaufbau nach WK II nicht durch privatwirtschaftliche Berechnungen behindert wird.)

    Genau. Ein Gaspreisdeckel wäre eine ähnliche Maßnahme, aber da würde ja in den Markt eingegriffen. Huch, gib mir Kruzifix, Weihwasser und Knoblauch. Ein Eingriff in den Markt – das ist ein Sakrileg. Da merkt man in welchem Maß der Neoliberalismus in der Gesellschaft verankert ist, wenn auch die Grünen davor zurückschrecken, als hätte man sie aufgefordert Spiegeleier mit Palmfett zu braten. 

    "Es gibt keine Ausbildung mehr für den Betrieb solcher Einrichtungen, man müßte Leute aus der Pension zurückholen, und die wollen vermutlich nicht."

    Einfach schnell in Ostdeutschland abwerben, bevor die Deutschen auch auf den Trichter kommen wieder Braunkohle zu verstromen. (Sind sie aber wahrscheinlich schon.) 

    "Immerhin zeigt das Einfrieren der Devisenguthaben der russischen NB im Westen, daß Betrug und Raub inzwischen zum guten Ton gegenüber Rußland gehören."

    Ja. Das russische Verhalten ist völlig nachvollziehbar. Man kann nicht wirklich glauben, dass die Russen sich alles bieten lassen. In den Medien wird es aber immer so dargestellt als sei Putin an allem schuld.
     

  30. "nicht nur eine abwegige Vorstellung großdeutschen Wahns." Ja. Das ist BRD/Eu-Imperialismus.

    Beides. Die Vorstellung, aus dem Nichts die Rüstung – und auch den Wehrwillen – hinzukriegen, die Deutschland befähigen soll, es mit Rußland aufzunehmen, IST wahnhaft.

    Was den Wehrwillen in der Ukraine betrifft, so ist der notgedrungen am Bröckeln, weil die Euphorie des Anfangs verflogen ist und die triste Realität so aussieht, daß kaum ausgebildete Zwangsrekrutierte als Kanonenfutter einer inzwischen ganz gut eingespielten Armee gegenüberstehen, die sich auf die Drohnenabwehr gut versteht und die eigenen Nachschubprobleme in den Griff bekommen hat. Und nach dem Motto „Wir sind wieder wer!“ auch hochmotiviert ist.

    Die Grünen sehen das nicht so. … Das stellt sich jetzt quasi wie ein Sachzwang dar.

    Auch das ist wahnhaft. Die „grüne Wende“ hat deshalb bisher nicht stattgefunden, weil sie nach den Prinzipen der Marktwirtschaft ein Flop wäre, und sich die fossilen Rohstoffe beim derzeitigen Wirtschaftssystem auch gar nicht ersetzen lassen. Da müßte man erst einmal am Verbrauch drehen. Und damit meine ich nicht Dauerduscher, sondern das ganze Transportwesen oder die Bauindustrie.

    Der Gaspreisdeckel ist im Grunde ein Unding. In Spanien ist das schon schiefgegangen. Es heißt ja nicht weniger, als daß der Staat den Energie-Unternehmen ihre Preise subventionieren muß. (Der Ukraine wurde das nach 2014 vom IWF verboten.) Aber unter den Bedingungen der Marktwirtschaft laufen solche Subventionen – ähnlich wie Mitbeihilfe – darauf hinaus, den Unternehmen ihre Gewinne zu finanzieren.

  31.  Die Vorstellung, aus dem Nichts die Rüstung – und auch den Wehrwillen – hinzukriegen, die Deutschland befähigen soll, es mit Rußland aufzunehmen, IST wahnhaft.

    1. So eine Behauptung hat niemand aufgestellt. Es geht darum die Ukraine als Schlachtfeld zu benutzen auf dem Russland seine Kräfte aufreiben soll. Das ist gemeint mit BRD/Eu-Imperialismus. Und wieso aus dem Nichts? Du tust ja gerade so, als hätten die europäischen Staaten keine Armeen. Es geht ja nicht um atomare Potenz, dafür ist die Nato bzw. die USA zuständig, sondern um konventionelle Streitkräfte. 

    Was den Wehrwillen in der Ukraine betrifft, so ist der notgedrungen am Bröckeln, weil die Euphorie des Anfangs verflogen ist 

    Woher weißt du das denn? 

    Und nach dem Motto „Wir sind wieder wer!“ auch hochmotiviert ist.

    Wegen welchen militärischen Erfolgen soll das russische Militär so denken? Weil die Moskwa  versenkt wurde? Weil sie sich aus dem Norden zurückgezogen hat? Wegen den raschen Geländegewinnen? Weil ihre Panzer ständig liegen bleiben?

    Die „grüne Wende“ hat deshalb bisher nicht stattgefunden, weil sie nach den Prinzipen der Marktwirtschaft ein Flop wäre, und sich die fossilen Rohstoffe beim derzeitigen Wirtschaftssystem auch gar nicht ersetzen lassen.

    Aber das machen sie doch gerade. Die Wende h a t vielleicht nicht stattgefunden (Vergangenheit) Aber sie findet gerade statt (Gegenwart).

    sondern das ganze Transportwesen oder die Bauindustrie.

    Was meinst du? Güter auf die Schiene? Bauindustrie? Eine Solardachpflicht wird gerade eingeführt. Eine Dachdämmpflicht für alte Häuser gibt es auch schon. Die Förderung ist ein Witz. Das wird den Eigentümern einfach aufgebrummt. Kommt mir so vor, als würdest du vom Ideal der grünen Wende sprechen und nicht von der Wirklichkeit. Den Prinzipien der Markwirtschaft wird das auch nicht überlassen. Da wird eben so lange mit Geld nachgeholfen bist sich das rechnet oder es wird einfach verordnet. Anreize sehen heutzutage so aus, dass Co2 besteuert wird. Das heißt wer nicht mehr für eine grüne Technologie ausgibt, wird für seine konventionelle Technologie zur Kasse gebeten.

     Aber unter den Bedingungen der Marktwirtschaft laufen solche Subventionen – ähnlich wie Mitbeihilfe – darauf hinaus, den Unternehmen ihre Gewinne zu finanzieren.

     Durchschnittsprofit statt krisengewinnlerischer Extraprofit wäre ja schon ein Fortschritt. Wenn der Staat die Gewinne finanziert, hätte er immerhin auch in der Hand in welcher Höhe.

  32. Ja, bei aktuellen unklaren Entwicklungen kann man mal die Seite des Neuen, mal die des Alten betonen. Und das soll Kritik sein oder Erläuterung der kapitalistischen Sache? Oder soll das vielmehr das eigene Kritisch-Sein als Haltung an beliebigen Gegenständen herausstellen? Korinthenkackerei – oder wie sonst soll man solch nörgelndes Rechthaber-Bedürfnis charakterisieren? https://de.wiktionary.org/wiki/Korinthenkackerei
    https://de.wikipedia.org/wiki/Korinthenkacker – Lass solchen Scheiß!
    Selbstanzeige: dies hier geht jetzt leider nicht um die sachliche Klärung eines kapitalistischen Verhältnisses. In meinen sonstigen Posts soll es aber pur und nur darum gehen. Bei meinen eigenen Beiträgen hier in diesem Forum. Ende der Sende. Selbst wenn nun folgt: die Retourkutsche.

  33. Neben Hinz und Kunz melden sich zum Krieg auch die deutschen Gewerkschaften zu Wort,,  "….  die sich immerhin als Teil einer internationalen Gewerkschaftsbewegung verstehen, zu deren Ethos der Einspruch gegen Krieg gehört, und die – zwar in denkbar höflicher Zurückhaltung, aber immerhin explizit – daran erinnern, was ihre Klientel im Krieg überhaupt ist: Hauptleidtragende eben. Nicht explizit gemacht wird freilich der Grund, warum sie das sind: Im Krieg werden Lohnarbeiter hauptberuflich als Volk in Anspruch genommen, als Manövriermasse ihrer jeweiligen Staatsgewalt in deren gewaltträchtigen Händeln mit ihresgleichen. Erst recht nicht explizit gemacht wird das, was die leidtragenden Arbeitnehmer – wenn auch immer seltener – als Gewerkschaftsmitglieder sind: immerhin so etwas wie eine gesellschaftliche Macht, die gelegentlich sogar damit angibt, was sie alles sofort beenden kann, wenn sie es darauf anlegt. Die Erinnerung an diese Störungspotenz der gewerkschaftlich organisierten Hauptleidtragenden mag hier gänzlich unpassend erscheinen. Aber nur deswegen, weil deutschen Gewerkschaften der Fehler aller anderen Patrioten dummerweise so geläufig ist, dass die Opfer des Kriegs die Parteinahme im Krieg erzwingen – für die eigene Seite natürlich, die man gar nicht anders kennen will als in Gestalt der höchsten und schönsten Güter, in deren Dienst die eigene Herrschaft laut Selbstauskunft sowieso immer steht, und gegen die andere Seite, über deren Angriff damit schon alles gesagt ist. Angesichts der Güte dieser Höchstwerte kommt auch dem DGB das Wort ‚Krieg‘ gänzlich unpassend vor, sofern es um die Kriegsmaßnahmen der eigenen Seite geht: eine verteidigungspolitische Reaktion, die der DGB auch noch dafür lobt, eine notwendige Strategie der Friedenssicherung neben den zivilen zu sein, die die Regierung dankenswerterweise auch schon verfolgt."  (Forts.):

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/leistung-deutschen-gewerkschaft-kriegszeiten#section4

     

  34. Leser den vorletzten Beitrag kann ich gar nicht einordnen. Ich verstehe gar nicht worauf er sich bezieht. 

    "Im Krieg werden Lohnarbeiter hauptberuflich als Volk in Anspruch genommen, als Manövriermasse ihrer jeweiligen Staatsgewalt in deren gewaltträchtigen Händeln mit ihresgleichen."

    Stimmt zwar. Das kann man aber auch über den Frieden behaupten, dass dass Lohnarbeiter vom Staat als Volk in Anspruch genommen werden. Bloß die Art der Staatenkonkurrenz ändert sich im Krieg.

  35. Und was soll solcher Hinweis im Juni 2022 vermitteln, außer dass du den großen Durchblick hast?

    "Bloß die Art der Staatenkonkurrenz ändert sich im Krieg." Ach bloß die …. Sterben kann Mensch ja auch an einem Mückenstich. Im Krieg ändert sich bloß die Art des Ablebens.

    —-
    Und ansonsten: “Die Lohnkosten, darauf besteht der Mann der Gewerkschaft auch im Angesicht der Folgen des Wirtschaftskriegs gegen Russland, sind für die Lösung der Probleme der Unternehmen da. Im Umfeld einer unsicheren Gesamtlage im Allgemeinen und renditebedrohender Energiekosten im Besonderen hat der Faktor Arbeit nicht zuletzt mit seiner Billigkeit umso mehr für das herzuhalten, wofür er überhaupt gut ist: für die Rentabilität des gesamten Geschäfts.” (aus dem Artikel. Wer lesen kann, hat Vorteile.)

  36. @Kehrer

    Du tust ja gerade so, als hätten die europäischen Staaten keine Armeen. Es geht ja nicht um atomare Potenz, dafür ist die Nato bzw. die USA zuständig, sondern um konventionelle Streitkräfte. 

    Keine Armeen ist auch wieder übertrieben. Aber die westlichen haben eben schnelle Eingreiftruppen, und das ist wenig. Frankreich hat etwas mehr, war aber auch schon eine Zeitlang an der Grenze seiner Kapazitäten, deshalb auch der Rückzug aus Mali.
    Das größte Heer hat GB, das ist nicht mehr in der EU und kocht sein eigenes Süppchen, auch etwas größenwahnsinnig, aber vertrauend auf die USA.

    Die osteuropäischen Staaten haben nicht einmal Truppen, die mit Spanien oder Deutschland vergleichbar wären. (Ich weiß allerdings nicht, wie es in Polen aussieht.). Sie können sich ein größeres Militär gar nicht leisten. Bei den ganzen Manövern stellen sie eben die Infrastruktur und ein paar Experten, aber für irgendwelche selbständigen Schritte sind sie nicht ausgerüstet.

    So lief die NATO-Osterweiterung, daß sie eben unter einen Schutzschirm geraten wollten, um sich eigene Anstrengungen zu ersparen.

    Wegen welchen militärischen Erfolgen soll das russische Militär so denken? Weil die Moskwa  versenkt wurde?

    Das ist ja schon etwas länger her. Seither wurde einiges umgestellt und die Front rückt vor. Sogar im El País wurde zugegeben, daß die Russen inzwischen die meisten Drohnen abwehren können – vor allem die türkischen Wunderdinger – und artilleriemäßig den ukrainischen Truppen völlig überlegen sind.
    Die ukrainische Regierung ist in Panik, Arachamia war kürzlich in Washington und sprach von über 200 Mann Verlust pro Tag.

    Das ist einfach zur Kenntnis zu nehmen, man kann es auch westlichen Medien entnehmen. Die New York Times äußert sich in letzter Zeit verdächtig ukrainekritisch, man schießt sich vielleicht auf einen Wechsel an der ukrainischen Spitze ein.

  37. Eigenartige Rechtspraxis, unter dem Schutzschirm des Kriegsrechtes:

    Medvedchuk darf nicht an seiner Gerichtsverhandlung teilnehmen

    Der „Verräter“ sitzt in Kiew ein und wird in Lemberg vor Gericht gestellt

    Das Gericht in Lemberg begann mit der Prüfung des Verfahrens gegen Viktor Medvedchuk, den Vorsitzenden der Partei „Oppositionsplattform – für das Leben“, der des Hochverrats angeklagt ist. Das Verfahren findet ohne Mitwirkung des Angeklagten statt.

    Die eigenartige Rechtspraxis wird im Gericht selbst wie folgt erklärt: „Angesichts dessen, dass die Person Beschuldigter in einem anderen Strafverfahren ist, in dem für sie eine Maßnahme der Inhaftierung gewählt wurde, stellt die persönliche Beteiligung des Angeklagten an der stattfinden Gerichtsverhandlung durch seine Übergabe an das Bezirksgericht Lychakovskij ein Risiko für die Sicherheit des Angeklagten dar und behindert das Gericht bei der zügigen Abwicklung des Verfahrens.

    Daher wird Medvedchuk den Prozess über ihn per Videolink verfolgen. Natürlich stellt sich die Frage, warum es notwendig war, den Fall zur Prüfung nach Lemberg zu schicken, wenn sich der Angeklagte in Kiew befindet und der Kern der Anklage die Ereignisse im Donbass betrifft. Schließlich kaufte Medvedchuk dort laut ukrainischer Untersuchung die „unrechtmäßige Kohle“ für den Bedarf des Landes.

    Übrigens ist Petro Poroschenko der zweite Angeklagte in diesem Fall. Und der Zeuge ist der ehemalige Ministerpräsident der Ukraine Arsenij Jazenjuk, den der SBU bereits viermal vernommen hat. Ob sie alle „aus der Ferne“ an dem Prozess teilnehmen werden, ist unbekannt. Die Anhörungen wurden geschlossen.

    https://www.mk.ru/politics/2022/06/23/medvedchuka-ne-pustili-v-sud-nad-nim-samim.html

    Unter den Bedingungen des Kriegsrechts sind auch Rechtsbeugungen aller Art möglich, wie man sieht. Das Gericht in Lwow ist offenbar eine sicherere Angelegenheit für gefällige Rechtssprechung als andere ähnliche Einrichtungen in Kiew.
    Die derzeitigen ukrainischen Machthaber lassen es sich jedenfalls angelegen sein, ihre Gegner nicht nur außerjuridisch wegzuräumen, sondern gegebenenfalls auch juristisch zur Strecke zu bringen, in einer Art Jagd nach den fetten Versorgungskrippen von EU und NATO.
    Medwedtschuk ist hier nur ein Hebel zur Belangung anderer Konkurrenten.

  38. Einige Hintergründe zu dem Vorgehen gegen die Reichsbürger kommen hier heraus:

    Ermittlungen gegen »Reichsbürger«
    Behörden durchsuchen Haus von Wagenknechts Ex-Ehemann

    Nach SPIEGEL-Informationen ist Sahra Wagenknechts Ex-Ehemann Niemeyer als Zeuge in das Terrorverfahren gegen die »Reichsbürger«-Gruppe um Prinz Reuß verwickelt. Er sollte wohl Kontakt zu Putin herstellen.

    Unter den Personen aus dem Umfeld der »Reichsbürger«-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß, bei denen die Bundesanwaltschaft in dieser Woche Hausdurchsuchungen vornehmen ließ, befindet sich auch der Ex-Ehemann der Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht, Ralph Thomas Niemeyer. Das bestätigte Niemeyer, der sich nach eigenen Angaben derzeit in Moskau aufhält, auf SPIEGEL-Anfrage.

    Seine Wohnräume in München seien während seiner Abwesenheit von »zehn Beamten mit Maschinengewehren« durchsucht worden, sagte er. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft bestätigte die von Niemeyer selbst öffentlich gemachte Durchsuchung auf Anfrage. Niemeyer werde in dem Verfahren jedoch lediglich als Zeuge geführt und nicht als Beschuldigter. Zu Details wollte sie sich nicht äußern.

    Aus dem Durchsuchungsbeschluss, dessen Inhalt dem SPIEGEL bekannt ist, ergibt sich eine undurchsichtige Geschichte. Demnach sollen Aktivisten der Truppe um Prinz Reuß Wagenknechts Ex-Mann, der für seine Russlandverbindungen bekannt ist, gebeten haben, einen Kontakt zur Kremlspitze in Moskau herzustellen.

    Exklusiver Kreis für abhörsicheres Satellitentelefon

    Prinz Reuß gilt als Kopf einer radikalen Politsekte, die wilden Verschwörungsideologien anhing und einen gewaltsamen Umsturz geplant haben soll. Von Russland erhofften sich die mutmaßlichen »Reichsbürger«-Putschisten offenbar Unterstützung. Der Generalbundesanwalt beschuldigt Reuß und mehr als 50 weitere Verdächtige der Bildung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Zu den Vorwürfen wollte sich der Vertei­diger von Prinz Reuß gegenüber dem SPIEGEL bislang nicht äußern.

    Eine der Beschuldigten – eine ehemalige Bundestagskandidatin der »Querdenker«-Partei Die Basis – soll Niemeyer am 30. November 2022 angerufen und gefragt haben, ob dieser einen Kontakt zu dem russischen Außenminister Sergei Lawrow oder Präsident Wladimir Putin herstellen könnte.

    In dem Telefonat habe Niemeyer erwähnt, dass er selbst »Teil einer Exilregierung« sei, eine Kontaktherstellung zum Kreml aber nicht einfach sei. Zwar gehöre er zu einer Gruppe von 9999 ausgewählten Personen, die ein abhörsicheres Satellitentelefon mit vierstelliger Nummer erhalten hätten, mit dem man direkten Kontakt zu Kremlsprecher Dmitrij Peskow sowie der Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, aufnehmen könne. Doch um dieses spezielle Telefon zu benutzen, brauche man einen »wirklich sehr guten Grund«.

    Am 5. Dezember 2022 soll es eine weitere Kontaktaufnahme gegeben haben. Niemeyer sei nach dessen Angaben bei einer Rede in Wittenberg von einer Frau namens »Swetlana« angesprochen worden. Diese habe ihm mehrere Schreiben von Prinz Reuß an den Kreml übergeben.

    Die auf russisch verfassten Briefe seien auf Mai 2021 datiert gewesen und hätten unter anderem die Bitte an den russischen Präsidenten Putin enthalten, mit Prinz Reuß als Vertreter der Regierung des »Deutschen Imperiums« in Verhandlungen über einen Friedensvertrag nach dem Zweiten Weltkrieg zu treten.

    Das kam Niemeyer offenbar nicht ganz geheuer vor. Wenige Tage später, am 8. Dezember, meldete er sich beim Bundesamt für Verfassungsschutz und übermittelte dem Inlandsnachrichtendienst die Schreiben.

    Auf Nachfrage sagte Niemeyer zu der Razzia: »Die haben das falsche Gebäude gestürmt, denn wenn sie das Bundesamt für Verfassungsschutz durchsucht hätten, hätten sie die von mir überreichten Originaldokumente dort gefunden.« In dem Durchsuchungsbeschluss heißt es hingegen, die Unterlagen der besagten »Swetlana« seien »nur unvollständig« als Scan übermittelt.

    Laut Durchsuchungsbeschluss diente die Razzia am Mittwoch der Suche nach weiteren Beweismitteln wie »E-Mails, Chatprotokollen, SMS-Nachrichten« und anderen Daten, die Aufschluss über »Ziele, Struktur und personelle Zusammensetzung« der »Reichsbürger«-Truppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß geben könnten sowie über »Kontakte und Kommunikationswege zu weiteren Beschuldigten oder noch unbekannten Mittätern, Mitgliedern oder Unterstützern«.

    Unterstützer, die womöglich in Russland sitzen? Nach Erkenntnissen von Bundesanwaltschaft und Verfassungsschutz hatte die Politsekte schon früher Kontakt zum Kreml gesucht. So observierten Ermittler Prinz Reuß, wie er am 13. Juni 2022 mit einer Begleiterin das russische Generalkonsulat in Leipzig betrat – und erst nach knapp zwei Stunden wieder verließ.

    (Spiegel, 23.3.)

    Sieh da, sieh da.
    Die Reichsbürger wollten einen heißen Draht zu Moskau, der ehemalige Linke-Politiker (Mitglied angeblich 2011-17) besaß ihn.

    Aus Wikipedia, „Ralph Niemeyer“:

    „Im Juli 2022 erklärte Niemeyer, er habe eine »Exil-Regierung« gegründet und wolle »nach Zusammenbruch des BRD-Verwaltungskonstruktes« mit Russlands Staatspräsident Wladimir Putin verhandeln. Im September 2022 reiste er als selbsternannter »Exil-Kanzler« Deutschlands nach Russland, führte Gespräche mit hohen russischen Regierungsvertretern und handelte angebliche Verträge mit dem russischen Staatskonzern Gazprom aus. Nach seiner Rückkehr erklärte er öffentlich, die Bundesregierung von Olaf Scholz sei »am Ende« und »suspendiert«. Es gehe nur noch darum, »unter welchen Umständen sie die Macht abgibt«“.

    Und dennoch ging er petzen zum Verfassungsschutz?
    Alles sehr seltsam.

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